ac_valencia_d

Transcrição

ac_valencia_d
Valencias Coup
mit dem Cup
Spaniens drittgrösste Stadt will mit dem America’s Cup
aus dem Schatten von Madrid und Barcelona
treten und sich gleichzeitig zur neuen
Segelmetropole am Mittelmeer
mausern. Wunschdenken?
America’s Cup
Neuer Glanz
Farbenpracht der beleuchteten
Glaswände am Port America’s
Cup (links) und…
… Gemütlichkeit im Strassencafé an der Plaza de la Reina
(rechts).
Text:
Tatjana Pokorny
Martin kobel
Es ist 23 Uhr in Valencia. Das Thermometer zeigt immer noch angenehme 28 Grad. An einem kleinen
­Bistro-Tisch vor einer der vielen Bars in Valencias beliebter Conde de Altea sitzen zwei alte Männer und
nippen abwechselnd an einem Cortado, dem typischen
spanischen Espresso mit einem Schuss Milch, und ihrem Pastis. Sie reden über Gott und die Welt. Auch
über die Stadt, in der einer von ihnen geboren wurde
und in die der andere vor 30 Jahren aus Frankreich zum
Arbeiten kam – und blieb. Auf die Frage, was denn Valencias Einwohner vom America’s Cup halten, zucken
beide die Schultern. «Das Interesse steigt nur langsam»,
Fotos:
sagt der Franzose und verzieht ungläubig das Gesicht.
«Die Menschen hier lieben die See nicht – ich verstehe das nicht.»
Tatsächlich: Valencianer leben mit dem Rücken zum
Meer. Das scheint äusserst ungewöhnlich, für eine Stadt
am Mittelmeer. Doch das historisch gewachsene Desinteresse hat einen Grund: Valencias Fluss, die Turia,
wurde nach einer Flutkatastrophe 1957 trocken gelegt.
Sie verband das Meer mit der 20 Autominuten entfernten Innenstadt. Mit der Turia vertrocknete auch die
natürliche Verbindung der Valencianer zur See. Valencias bis vor einigen Jahren nur mässig attraktiven Strände
wurden vor allem von Touristen aus dem In- und Ausland zum günstigen Strandvergnügen genutzt.
Doch das Bild ändert sich. Herunter gekommene Gebäude im alten Hafenviertel weichen eleganten
Wohnkomplexen. Feine Hotels wie das von America’s
Cup-Gästen gerne frequentierte Hotel «Neptuno»
oder das imposante neue «Las Arenas» ziehen ein
­betuchtes Publikum an. Trendige Bars wie die «Estrella Lounge» am neuen Port America’s Cup, in der
sich die Segler der Cup-Teams auf ein Feierabend-Bier
treffen und neueste Gerüchte austauschen, oder der
kühl-mondäne Komplex «Veles e Vents» mit seinen
Boutiquen, Restaurants und eleganten Aussichtsterrassen gefallen inzwischen auch den Einheimischen.
In Valencia ist die Trendwende zugunsten des maritimen Lebens eingeläutet worden.
Den Grundstein für die wieder aufkeimende Liebe
zum Meer legte Alinghi. Nach dem historischen Sieg
von Ernesto Bertarelli und seinem Dream-Team 2003
in Auckland wurden die Cup-Austragungsrechte erstmals in der Geschichte an den Meistbietenden vergeben: Valencia. Stadt, Region und Staat investierten
insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Euro: in das
Prestige-Projekt America’s Cup, in Valencias Infrastruktur sowie in den allein 300 Millionen Euro teuren
America’s Cup-Hafen. Dieser wuchs binnen drei Jahren zum grössten Segelsport-Stadion der Welt heran
und ist in diesem Sommer Heimathafen von Alinghi
und den elf Herausforderern im 32. America’s Cup.
Triebfeder Politik
Der wichtigste Grund für Valencias geballtes wie
­erfolgreiches Buhlen um den Cup ist national begründet: Die Valencianer, allen voran ihre dynamische Bür-
Spanisch geniessen…
Lambrusquería, Conde Altea 31-36: Brot, Wein und Fantasie sind in dieser urigen italienisch-spanische Trattoria jeden Abend Programm.
Le Bodeguilla del Gato, Catalans 10: Tapas, Tapas, Tapas! Die traditionelle Bodega befindet sich in der schmucken Altstadt an einem der schönsten Plätze der Stadt: der Plaza
Negrito.
Ocho y Medio, Plaza Lope de Vega 4: Die ehemalige Jazzbar direkt neben der Plaza de la
Reina bietet klassische valencianische Küche kombiniert mit modernen Gerichten.
… und nach Mitternacht
Las Horas, Calle Conde de Almodóvar: Bei gemütlicher Kerzenlicht-Stimmung geniesst
man hier vorzügliche Cocktails und das berühmte «Agua de Valencia».
Café Madrid, Abadía de San Martin 10: Eine der populärsten Bars Valencias. Sehen und
gesehen werden…
Dockas, Calle de Juan Izquierdo: America’s Cup by Night. Zwei Terrassen mit Musik
­(Lounge, House) überblicken die Basen der Teams. Offen bis morgens um 6 Uhr!
germeisterin Rita Barberà, sind es schlicht leid, die
ewige Nummer Drei hinter der königlichen Hauptstadt Madrid und dem olympisch geadelten Barcelona zu sein. «Valencia ist meine Leidenschaft», ­diesen
Satz diktiert Rita Barberà jedem Journalisten in jedem
Interview mindestens einmal vehement ins Mikrofon.
Die ehrgeizige Antreiberin mit der männlich tiefen
Stimme hat Grosses vor mit Valencia: «Wir ­haben die
Stadt bereits in den vergangenen 15 Jahren zum Symbol für Prestige, Exzellenz und Qualität gemacht. Die
Stadt ist ambitioniert, modern, stark, innovativ, international anerkannt und bietet grossartige Möglichkeiten für die Zukunft.» Die Anzahl Drei-, Vier- und
Fünf-Sterne-Hotels hat sich seit 2003 von 51 auf 87
Einmal America’s Cup
und zurück
oder Ocean Race Charter in Biel (www.
sind. Flug ab Zürich oder Genf. Hotel-Über-
Plätze frei! Einmal angekom-
ist der Port America’s
oceanrace.ch) interessante Gesamtpakete
nachtung: mit Hotelplan im wunderschö-
men im Port America’s Cup
Cup nach einer Secu-
an. Die Auswahl dieser Anbieter ist zufällig
nen 4* Hotel Neptuno, nahe am Strand und
kommen Sie in den Genuss ei-
rity-Kontrolle ohne Ein-
csb. Für «Kurz»-Entschlossene gibt es gute
und keinesfalls abschliessend. Doch auch
unmittelbar am Port America’s Cup; mit
ner Hafenführung, bei Fert Vo-
trittsgebühr
Möglichkeiten, nach Valencia zu reisen.
bei deren An-
Fert Voyages für die
yages ist mit Aufpreis eine Be-
24 Stunden besuch- und
Wenn Sie einfach mal an den Ort des Ge-
geboten
gilt
eher Ruhe Bedürf-
sichtigung der Basis des Teams
betretbar. In den Basen
schehens reisen möchten, können Sie gün-
der
Hinweis,
tigen im Sidi Saler,
China möglich. Später gehts los
eigenen Shops können
stige Direktflüge bei Swiss, Flybaboo oder
dass gewisse
einem Hotel an der
ins Regatta Revier. Auf einem
Sie einkaufen bis zum
Helvetic buchen. Freie Hotelzimmer werden
Programm-
schönen Playa de
Zuschauerboot laufen Sie aus
Abwinken bzw. bis ca.
nach Angaben von Reiseanbietern bereits
Daten bereits
Saler, 15 Kilometer
und können aus nächs­ter Nähe
21 Uhr.
knapp. Ferienwohnungen sind noch zu ha-
fast oder ganz
südlich von Valencia.
die grossen Cupper beim Duel-
Restaurants und Bars
ben (z. B. unter www.homelidays.com), die
ausgebucht
Oceanrace hingegen
lieren beobachten – Match Ra-
sind bis gegen 1.30 Uhr
Preise steigen jedoch stetig, und die Hafen
sind. Auswäh-
lässt Sie in einer
cing at its best!
geöffnet, die berühmt-
nahen Lagen sind an den interessanten
len, entschei-
Doppelkoje auf der
Zurück im Hafen bieten sich
berüchtigte
Cup-Terminen schon ausgebucht.
den und bu-
24-Meter-Segelyacht
noch viele attraktive Angebote
Damm
Schätzen Sie es etwas bequemer, so bieten
chen ist also angesagt.
«Lydia of Bodrum» nächtigen – dies für die
und Möglichkeiten, die Sie auf
Nachtschwärmer
z. B. Fert Voyages (www.voyages.fert.ch),
Dies fällt insofern schwer (oder doch nicht?),
ganz Nautischen und äusserst Rasch-Ent-
eigene Faust nutzen und ent-
morgens um 6 Uhr am
­Hotelplan (www.hotelplan.ch/trendboxx)
als dass sich die Programme sehr ähnlich
schlossenen: Es sind nur noch sehr wenige
decken können. Grundsätzlich
Drink nippen und zu E
America’s Cup
marina.ch mai 07
mai 07 marina.ch
während
Estrella
Lounge
America’s Cup
lässt
bis
seine Mitstreiter beim Bau für Beton, Stahl, Glas,
­Keramik und die Farben Weiss und Blau. Die Stadt
der Künste und Wissenschaften lockt mit einem
­Planetarium, einem Museum, dem Oceanogràfic und
dem atemberaubenden Opern- und Musikhaus mit
seinem freischwebenden Dach. Seit 2001 ist das faszinierende Bauwerk ein Europa weit beachtetes und
beliebtes Ausflugsziel für Schüler, Studenten, Familien und bildungshungrige Touristen.
Unsichere Zukunft?
Konsequente Fortsetzung dieser Bauten ist der neue
America’s Cup-Hafen. Doch die immer noch nicht
­abgeschlossenen Bauarbeiten im Viertel «El Grau» zwischen den Kulturstätten und dem Hafen können erst
nach der Regatta fortgesetzt werden. Dann soll «El
Grau» im Rahmen des Projekts «Valencia del Mar»
seine neue Bestimmung finden. So will Barberà verhindern, dass die teuren Cup-Basen und Pilgerstätten im
Blick aus dem Openair-Bus auf
die Plaza de la Reina.
Hafen zu Bauruinen verkommen. Allerdings sind die
Details des ambitionierten Projekts noch nicht festgelegt und über die Errichtung von Wohngebäuden und
Geschäftszentren wird schon lange diskutiert.
Dank des segelbegeisterten spanischen Königs Juan
Carlos I. und der furiosen Rita Barberà hat sich Valencia mit dem America’s Cup erstmals ein Sportereignis
von weltweitem Interesse gesichert. In kleinen Schritten gelingt es Stadt und Region, ihre bislang auf so
­eigentümliche Weise vom Meer abgewendet lebende
Bevölkerung für das Segelsportereignis und den Segelsport im Allgemeinen zu begeistern. Tausende America’s
Cup-Flaggen in der ganzen Stadt zeugen ebenso von
diesen Bemühungen wie die Senkloch-Deckel mit
America’s Cup-Prägung im Hafengebiet.
In diesem Sommer leben und arbeiten rund 2500 Mitglieder der internationalen America’s Cup-Familie in
Valencia. Millionen Touristen sollen bis im Juli CupLuft geschnuppert und Valencias Schokoladenseite
erhöht. Der Tourismus soll allein im Jahr 2007 1,3 Milliarden Euro in die Stadt spülen – etwa ein Viertel davon wird dem Einfluss des America’s Cup zu verdanken sein.
Ihren markigen Worten lässt Rita Barberà meistens
Taten folgen. In ihrer Legislaturperiode entstand Valencias imposante neue Kunst- und Kulturstätte, die
«Ciudad de las Artes y las Ciencias». Die Entwürfe zu
den futuristischen Bauten entstammen der Feder des
revolutionären Valencianischen Architekten Santiago
Calatrava. Inspiriert vom hellen mediterranen Licht
und dem Mittelmeer, entschieden sich Calatrava und
Eindrückliche Architektur in
Valencia: das Oceanogràfic
(oben), El Palau de la Musica
(links) und das spektakuläre
Opernhaus (Palau de les Arts
Reina Sofía, rechts).
lautem Sound wippen. Sind Sie tagsüber
der «GBR 52», einer ehemaligen America’s
Falls Sie bei all dem Treiben den Überblick
mit etwas sportlicheren Ambitionen unter-
Cup Yacht. Dieses Abenteuer ist für ca. 180
verloren haben, empfiehlt sich ein Flug in
wegs, so bieten sich die beiden grossen
Euro zu haben.
luftige Höhe. Im weltgrössten Heissluftbal-
Screens bei den Nord- bzw. Süd-Basen an.
lon können Sie
Hier können Sie in Mitten von Segelfans
aus 150 Metern
den Direktübertragungen der Races beiwoh-
über Meer einen
nen, atemberaubend schneller, britischer
Blick über das
Fach-Kommentar inklusive.
gesamte Hafen-
Wenn Sie selbst Crew-Feeling erleben
gelände genies-
möchten, können Sie dies in einer etwas ge-
sen – Weitblick
mächlicheren Variante auf dem Simulator
und
von Alinghi tun. Eine nachgebaute Cupper-
sind Ihnen si-
Schale, mit viel High-Tech, echten Schoten
cher.
und sogar einem Mast ausgestattet, lädt
Doch noch nicht
zum Segeln an Ort ein – mit 5 Euro sind Sie
genug? Klicken
dabei. Diejenigen unter Ihnen, die mehr
Sie auf www.
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­Aktivität, Spritzwasser und ein «echtes»
a m e r i c a s c u p.
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com und ­ gehen E
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e­ rkundet haben. Zu dieser gehört das urtypische Ausgehviertel Barrio del Carmen mit seinen Taperías und
trendigen kleinen Boutiquen ebenso wie der charmante
Kern der Altstadt und das Zentrum mit Einkaufsläden
rund um die Calle Colón. Am frühen Nachmittag lohnt
sich ein Bummel durch den schön renovierten Mercado
Colón. Hier finden sich viele Bars, in denen die Spanier
zwischen 14 und 16 Uhr beim Lunch sitzen. Das sind
zumeist Tapas, ein Mix aus unterschiedlichen kleinen
Köstlichkeiten wie Schinken, Fischspezialitäten,
­Muscheln oder die klassische Tortilla Española. Ist der
Hunger gestillt, nehmen Cup-Fans nachmittags Kurs
auf den Hafen. Inzwischen finden sogar die anfangs
verwirrten spanischen Taxifahrer den Puerto America’s
Cup ohne Mühe, auch bei englischer Ansprache.
Was von diesem Mammutprojekt nach Cup-Ende
bleibt, entscheidet traditionell der nächste America’s
Cup-Sieger: Er gewinnt mit der Trophäe auch die
Rechte für die nächste Austragung. Bleibt die Kanne in
Alinghis Händen, stehen die Zeichen für eine schnelle
zweite Auflage vor Valencia zumindest günstig. Valencia hätte dann doppelt gewonnen.
Weitere Informationen: www.americascup.com;
www.valenciasailing.com; www.comunitatvalencia.com;
www.turisvalencia.com; www.portamericascup.com
Tatjana Pokorny ist Journalistin (dpa, «Die Welt») und
Buchautorin mit dem Spezialgebiet Regatta-Segeln. Im
September erscheint ihr neues America’s Cup-Buch mit
dem Titel «Gipfeltreffen der Giganten». Sie wohnt mit
­ihrer Familie für vier Monate in Valencia.

Einzigartige Impressionen:
Santiago Calatrava
Museu de les Ciències Principe
Ob die im 19. Jahrhundert erschaffene «Plaza
Calatrava», durch den Volksmund zur «Plaza Negrito» umbenannt, etwas mit dem berühmten
Sohn der Stadt zu schaffen hat, bleibt ungelöstes
Geheimnis. Klar ist jedoch, dass viele Plätze, Brücken und Gebäude nicht nur in Valencia von Santiago Calatrava geprägt wurden. Berühmteste
Werke sind die Passerelle des Bahnhofs Stadelhofen in Zürich, wo Calatrava sein Architekturbüro und seinen Wohnsitz hat. Auch der Torre
Telefonica in Barcelona trägt seine Handschrift.
Felipe (oben), das Planetarium
Hemisfèric und die Flanierzone
am Port America’s Cup (mitte)
sowie die Gartenpromenade
über einem Parkhaus und der
Mercato Central.
Sie auf Ihre ganz persönliche
Zentrum der Segel-
virtuelle Entdeckungsreise.
welt
Übrigens: Der Port America’s
americascup.com).
Cup wurde am 11. Mai 2006 of-
Wem nach noch
fiziell eröffnet, nach einer knapp
mehr Luxus ist, der
zwei-jährigen Bauphase. Das
kann
öffentlich zugängliche Hafen-
­eigens für Mega­
gebiet umfasst ca. 250 000 Qua-
yacht-Eigner
dratmeter, einen Viertel des ge-
bauten Anleger fla-
samten Hafens – Valencia hat
nieren und findet
den grössten Containerhafen
dort
Spaniens. Reisen Sie auf eige-
weise die Yachten
nem Kiel an, werden Sie auf
von
einem der 636 Liegeplätze in
Patrizio
der neuen Marina bestimmt
oder Alinghi-Boss
festmachen können. Ein nicht
Ernesto Bertarelli.
gerade günstiges, dafür aber be-
Liegegebühren: auf
sonderes Vergnügen Mitten im
Anfrage…
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America’s Cup
(www.port
über
den
ge-
beispielsPrada-Mogul
Bertelli
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