Zentrale Entwicklungen in der ungarischen Rechtsgeschichte

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Zentrale Entwicklungen in der ungarischen Rechtsgeschichte
Prof. Dr. Dr. h.c. Herbert Küpper
Institut für Ostrecht München
Zentrale Entwicklungen in der ungarischen Rechtsgeschichte
Jahr/Zeitraum
allgemeine Entwicklungen
rechtliche Entwicklungen
896 (mythisch, unge- Einwanderung der magyarischen Stämme in das Karpatenbecken (Landnahsichert)
me; ungar.: honfoglalás); Herrschaft über die slawischen Bauern
Beibehaltung des für nomadische Völker typischen Gewohnheitsrechts
(„Recht der Steppe“)
1000-1526
Blütezeit des alten Ungarn
Aufbau einer mitteleuropäischen Staats- und Rechtskultur
1000
Krönung von István I. zum ersten (christlichen) König
1006 (?)
1102
12. Jht.
12./13. Jht.
1224
1267
1290
1367
1491
1514
Einrichtung eines Staatswesens nach fränkischem Vorbild mit einem König
an der Spitze und Grafschaften (Komitaten; ungar.: megye) in der Fläche
Übernahme des lateinischen Christentums, Einrichtung des ersten Erzbistums Übernahme des katholischen Kirchenrechts und der frühmittelalterlichen
in Esztergom
Rechtskultur, wie sie von der römischen Kirche getragen wurde, konkurrierender Einfluss der byzantinischen Kirche
Einrichtung des zweiten Erzbistums in Kalocsa, in der Folge Aufbau der
kirchlichen Verwaltungsstrukturen
Kroatien wird ungarisches Nebenland (bis 1918)
Vertrag (Pactum conventum) über die Personalunion zwischen Ungarn und
Kroatien
Entstehung von Städten im soziologischen und im Rechtssinn
Privilegienbriefe für Esztergom und Fehérvár (Stadtprivileg)
in der Folge Entstehung des Fehérvárer Stadtrechts
zunehmende Feudalisierung von Staat und Gesellschaft
1222 Goldene Bulle (ungar.: Aranybulla): Garantie gewisser ständischer Priin der Folge politische Machtkämpfe zwischen der königlichen Zentralgewalt vilegien einschließlich Widerstandsrecht
und dem Adel
1232 zweite Goldene Bulle, stärkere Berücksichtigung des Kleinadels und der
Kirche, kein Widerstandsrecht mehr
Diploma Andreanum von König András II.
politische Einigung der sächsischen Siedlungen in Siebenbürgen: Beginn der
Dreinationenverfassung in Siebenbürgen: Ungarn, Sachsen und Szekler
landesweite Adelsversammlung zu Esztergom (frühständische parlamentsUmformung der Komitate von königlichen Verwaltungseinheiten zu einer
ähnliche Versammlung)
Selbstverwaltungsinstitution des Komitatsadels
Thronpatent von König András III.
die Landesversammlung des Adels (ungar.: országgyűlés; so heißt das Parlament noch heute) soll jährlich einberufen werden; hieraus entwickelt sich im
Spätmittelalter der feudale Parlamentarismus: ab dem 15. Jht. werden Gesetze
(„Gesetzesartikel“ genannt) nur noch durch König und Landesversammlung
gemeinsam erlassen
Gründung der Universität Pécs (die jedoch nur wenige Jahrzehnte Bestand
erste juristische Fakultät in Ungarn, Anfänge der Rezeption in Ungarn mit
hat)
Hilfe dieser Universität; nach ihrem Schließen geht die Rezeption weiter, weil
ungarische Juristen nach Deutschland und Italien zum Studium gehen
Erbvertrag Ungarns mit Maximilian v. Habsburg
Dreierbuch (Tripartitum opus juris consuetudinarii inclyti regni Hungariae;
ungar.: Hármaskönyv) von István Werbőczy: erhält in Ermangelung des förmlichen Inkrafttretens gewohnheitsrechtliche Geltung bis ins 19./20. Jht.
Seite 2
1526-1867
Zeit der Stagnation (Zweiter Feudalismus, Teilung, Habs- Bewahrung und Versteinerung des Erreichten, Verlust des
burger Herrschaft)
Anschlusses an die westeuropäische Entwicklung
29.8.1526
Schlacht bei Mohács
1608
endgültige Teilung des Parlaments in Magnatenhaus (Hochadel mit persönlichem Sitz) und Unterhaus (gewählte Vertreter der Komitate als Vertreter des
Landadels, gewählte Vertreter der freien Städte)
Gründung der juristischen Fakultät der Universität Nagyszombat
1667
1687
1691
1699
1713
1720
1722
1723
1791
Frieden von Karlovac: Ende der türkischen Herrschaft in Mittelungarn
Pragmatische Sanktion in Österreich: Einführung der weiblichen Thronfolge
in der Habsburger Dynastie
Reformdebatten im Parlament
frühes 19. Jht.
Reformparlamente
1848/49
ungarische Revolution
1849-1867
direkte österreichische Besatzungsherrschaft
22.1.-4.3.1861
Landesrichterkonferenz (Judexkurialkonferenz)
Untergang des alten Königreichs Ungarn; Teilung des Landes in drei Teile:
türkisch besetzter Teil, Königreich Ungarn (unter Habsburgerherrschaft), Fürstentum Siebenbürgen
erste juristische Fakultät in Ungarn seit dem Untergang der Universität Pécs
die ungar. Stände erklären die Habsburger in der männlichen Linie zu den gesetzlichen Königen Ungarns
Tripartitum erhält in Siebenbürgen förmliche Gesetzeskraft
Pragmatische Sanktion: Zustimmung der kroatischen Stände
Pragmatische Sanktion: Zustimmung der ungarischen Stände
Pragmatische Sanktion: Zustimmung der siebenbürgischen Stände
Entwurf einer feudalen Kodifikation des bürgerlichen Rechts (proiectum legum civilium)
gesetzliches Verbot der Folter im Prozess
1827: Entwurf einer feudalen Kodifikation des bürgerlichen Rechts
1840: Einführung eines Grundbuchs (ungar.: intabuláció)
erste handelsrechtliche Gesetzgebung (noch keine volle Gewerbefreiheit):
Wechselgesetz, Handelsgesetz, Fabrikgesetz, Handeslgesellschaftsgesetz,
Handelskammergesetz, Konkursgesetz
1844: adlige Güter können auch von Nichtadligen erworben werden
umfangreiche Revolutionsgesetzgebung zu zwei Zielen:
- nach außen Wiederherstellung der vollen ungarischen Staatlichkeit gegenüber den Habsburgern (z.B. durch ein dem ungar. Parlament [országgyűlés]
voll verantwortliches Ministerium)
- nach innen Modernisierung (z.B. durch Abschaffung der Leibeigenschaft,
durch Ausweitung des Wahlrechts auf nichtadlige Honoratioren, durch eine
teilweise Judenemanzipation)
Auflösung des Königreichs Ungarn, Einteilung des Landes in mehrere von
Wien direkt verwaltete Provinzen (Bach-System)
1850-1860 direkte Geltung des österreichischen Rechts (z.B. ABGB v. 1811)
1855 Einführung des österreichischen Grundbuchwesens
Vorläufige Regeln der Gerichtsbarkeit (ungar.: Ideiglenes Törvénykezési Szabályok): in der Praxis Ersatz für den fehlenden Zivilkodex
Seite 3
1867-1948/49
Das bürgerliche Ungarn
Modernisierung des geschriebenen Rechts im liberalen Sinn,
zögerliche Verbürgerlichung der Rechtskultur
1867
1868
1868
1869
1870/71
1875
1878
1881
Ausgleich mit Österreich: Königreich in Realunion in der Doppelmonarchie
Ausgleich mit Kroatien: Nebenland in Realunion mit Ungarn
Gesetzesartikel 1867:XII: Wiederherstellung der ungar. Rechtsordnung
Gesetzesartikel 1868:XXX; Kroatien hat eigene Rechtsordnung (stark österr.)
Nationalitäten- (Minderheiten-)recht
Justizgesetz: Verstaatlichung der Justiz
Einführung der kommunalen und territorialen Selbstverwaltung
Handelsgesetzbuch
Strafrecht: Csemegi-Kódex (StGB)
Konkursgesetz
Polizeigesetz: erste Maßnahmen zur Verstaatlichung der Polizei
Eherecht: obligator. Zivilehe, verstaatlichtes Personenstandswesen
StPO
Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit
Einrichtung des Kompetenzgerichts
ZPO
Pressegesetz
1894
1896
1907
1911
1914
1918
Verlust des Ersten Weltkriegs: Kapitulation Ö-U am 4.11.1918
Oktober 1918 Asternrevolution: Unabhängigkeit Ungarns, Volksrepublik
21.3.1919
1919/20
Ausrufung der Räterepublik
Sieg der Gegenrevolution unter Admiral Horthy
1920
außenpolitische Isolation in der Region durch den Revisionismus, dadurch
permanente Wirtschaftskrise
1923
1928
1929
1930
1938-1944/45
1942
1944/45
1945
1946
1947
außenpolitisches Heranrücken an die faschistischen Mächte
außenpolitisches Heranrücken an Deutschland, Rückgewinn einiger verlorener Gebiete, Kriegseintritt auf Seiten der Achse
deutsche Besetzung; Verlust des Zweiten Weltkriegs, sowjetische Besetzung
Landreform
Beginn der Vertreibung der Ungarndeutschen
Beginn der Verstaatlichungen
Abschaffung der Monarchie, Ausrufung der Republik
Friedensvertrag von Paris
Gesetzgebung im öffentlichen Recht zur Umsetzung der Revolutionsziele
Gesetze heißen jetzt „Volksgesetz“
2.4.1919: vorläufige Verfassung, 23.6.1919: endgültige Verf. (russ. Vorbild)
Revisionismus und Rechtskontinuität werden Staatsdoktrin
Gesetze heißen wieder „Gesetzesartikel“
Gesetzesartikel 1920:I Monarchie mit vakantem Thron
4.6.1920: Friedensvertrag von Trianon unterzeichnet
Hochschulzugangsbeschränkungen für jüd. und ungarndeutsche Studenten
Gesetz über den unlauteren Wettbewerb
Entwurf eines BGB: in der Folge starker Einfluss auf die Rechtsprechung
Verwaltungsverfahrensgesetz
Gesetz über GmbH und Stille Gesellschaft
antijüdische Gesetzgebung nach dem Vorbild der Nürnberger Gesetze
Einführung des Führerprinzips im öffentlichen Dienst
ungebrochene Weitergeltung des ungarischen Rechts; keine Einführung eines
deutschen oder sowjetischen Besatzungsrechts
Gesetzesartikel 1946:I über Ungarns Staatsform
Seite 4
1948/49-1989
Das sozialistische Ungarn
Aufbau und Verfall einer sozialistischen Rechtsordnung sowjetischen Typs
1948/49
Machtübernahme der Kommunisten vollendet
1949-1955
Aufbau der grundlegenden Strukturen eines Systems nach stalinistischsowjetischem Vorbild
20.8.1949: Gesetz 1949:XX über die Verfassung der Volksrepublik Ungarn
Ausrufung der „Volksrepublik“
Legislativakte heißen nicht mehr „Gesetzesartikel“, sondern „Gesetz“
1949: Abschaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Fünfjahresplan
1950: Rätesystem, allgemeiner Teil des StGB, staatliche Unternehmen
1951: ArbGB, StPO
1952: FamGB, ZPO
1953: Staatsanwaltschaft
1954: GVG, zweites Rätegesetz
1955: Zwangsvollstreckung, Polizeigesetz
24.10.-5.11.1956
Volksaufstand, anschließend sowjetische Intervention und Besatzung
Installierung der Regierung János Kádár
1957
1959
1966
1967
1968
Neuer Ökonomischer Mechanismus tritt in Kraft
1969
1970
1971
1972
1976
1977
1978
1979
1983
1984
ab Mitte 1980er Jahre Intensivierung der Wirtschaftsreformen in Richtung Markt
1986
1987
1988
endgültiger Schritt in eine Wirtschaftsform, in der der Markt überwiegt
Gesetz 1957:IV Verwaltungsverfahrensgesetz
Regelung der Rechtsstellung der Arbeitermilizen
Gesetz 1959:IV ZGB (relativ kurz: 685 §§)
neues Wahlgesetz: Mehrfachkandidaturen möglich
neues ArbGB: Stärkung der vertragsrechtlichen Elemente
Mechanismus selbst war Parteibeschluss, aber in der Folge umfangreiche Gesetzgebung im Wirtschaftsbereich zur Umsetzung des politischen Programms
liberale Wirtschaftsgesetzgebung: Patent-, Urheber-, Warenzeichengesetz
Änderung des Wahlgesetzes: Ende des Kandidatenmonopols der Volksfront
drittes Rätegesetz: „sozialistische Selbstverwaltung“
Genossenschaftsgesetz
neues GVG: gewisse Unabhängigkeit der Gerichte; ZPO-Reform
Umweltschutzgesetz
Gesetz über die staatlichen Unternehmen: größere Selbständigkeit
weit reichende Reform des ZGB
neues StGB
Kodifizierung des IPR
neues Wahlgesetz: Mehrfachkandidatur wird obligatorisch
Einrichtung des Verfassungsrechtsrates
Wettbewerbsgesetz
wirtschaftsrelevante Gesetzgebung orientiert sich am EG-Gemeinschaftsrecht
Pressegesetz (noch keine Pressefreiheit)
Steuerreformgesetze
Gesetz 1987:XI Rechtsetzungsgesetz: Machtverschiebung hin zum Parlament
Gesellschaftsgesetz, Ausländerinvestitionsgesetz
Seite 5
1989-heute
Das postsozialistische Ungarn
Umbau der Rechtsordnung und Rechtskultur zu einer modernen westeuropäischen, europakompatiblen Struktur
1989
politischer Reformprozess von oben, ausgehandelter Übergang am Runden
Tisch
Verfassungsänderungen: Volksrepublik wird zu Republik
erste gesetzliche Freiheiten, die der Vorbereitung freier Wahlen dienen sollen:
Vereinigungsgesetz, Versammlungsgesetz, Streikgesetz, Wahlrechtsänderung,
Volksinitiative und -abstimmung, Verfassungsgericht
Anfänge einer kleinen Privatisierung, Umwandlung von Staatsbetrieben
Verfassungsgericht nimmt seine Tätigkeit auf
weitere Verfassungsänderungen: die Verfassung ist Ende 1990 von fast allen
sozialistischen Überbleibseln gereinigt
weitere Reformgesetze: Religionsgesetz, Pressefreiheit
Wertpapiergesetz, Privatisierung: Treuhand wird geschaffen
1.1.1990
Anfang 1990
25.3./8.4.1990
ab April 1990
1991
16.12.1991
1992
1993
1994
1995
der politische Reformprozess vollendet die postsozialistische Staats-, Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
erste freie Parlamentswahlen, später im Jahr auch freie Kommunalwahlen
erste postsozialistische Regierung: József Antall (konservativ-bürgerliche
Koalition)
die politischen und rechtlichen Reformen werden durch das erste frei gewähl- Einführung der kommunalen Selbstverwaltung statt Rätesystem
te Parlament mit seiner demokratischen Legitimation in Angriff genommen
Freigabe der Preise; Privatisierungsgesetz für die kleine Privatisierung
Neuregelung der öffentlichen Gebühren
individuelle Gewerbefreiheit: Gesetz über die Einzelunternehmung
Wiedereinführung eines vollen Verwaltungsrechtsschutzes
Arbeitslosenversicherung
Konkursrecht
Unterzeichnung des Europa-Abkommens EG-Ungarn: Assoziierung
Bemühenspflicht Ungarns zur Rechtsangleichung in marktrelevanten Bereichen
Reform des Arbeitsrechts und des öffentlichen Dienstrechts
gesetzliche Regelung des Datenschutzes
Rechtsgrundlagen für die große Privatisierung
Neuregelung der Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer)
Regelung der Ombudsleute
Einführung der Minderheitenselbstverwaltung
Reform des Schul- und Hochschulrechts
Produkthaftungsgesetz
gesetzliche Regelung der Sozialverwaltung und der Sozialhilfe
zweite postsozialistische Regierung: Gyula Horn (sozialliberale Koalition)
Reformen im Justizbereich: Zwangsvollstreckung, Schiedsgerichtsbarkeit
Reform des Polizei- und Ordnungsrechts
grundlegende Umgestaltung des Umweltschutzrechts
grundlegende Umgestaltung des Privatisierungsrechts
Sorgerechtsreform: auch bei Getrenntleben grundsätzlich gemeinsames Sorgerecht
Seite 6
1996
1997
1998
dritte postsozialistische Regierung: Viktor Orbán (konservativ-nationalistische Koalition)
1999
2000
2001
2002
vierte postsozialistische Regierung: Péter Medgyessy, später Ferenc
Gyurcsányi (sozialliberale Koalition)
2003
12.4.2003
16.4.2003
1.5.2004
2004
Referendum über EU-Beitritt: fast 84 % Zustimmung
Unterzeichnung des Beitrittsvertrags zur EU
Inkrafttreten des EU-Beitritts
Neuordnung des Rundfunkrechts: Zweisäulenmodell
Neuregelung des Bankrechts, des Wettbewerbs- und Kartellrechts
neues Wahlrecht
umfassende Justizreform, Schaffung des Landesjustizrates
neues Gesellschaftsrecht, Verbraucherschutzgesetz
tief greifende Reform der Sozialversicherung
Neuregelung der landesweiten Volksabstimmungen und -initiativen
Regelung der Risikokapitalgeschäfte
Reform des Urheberrechts
Aufhebung des Kammerzwangs, Förderung kleiner Unternehmen
Nichtraucherschutzgesetz
Beginn der „Vorratsgesetzgebung“: gemeinschaftskonforme Gesetze werden
erlassen, treten aber erst mit dem Beitritt in Kraft
Regelung der Abfallwirtschaft
Modernisierung des Internationalen Privatrechts
Statusgesetz: Fürsorge für die magyarischen Minderheiten im Ausland
Änderung des Devisenrechts: Forint wird völlig frei konvertibel
Regelung der elektronischen Unterschrift für alle Rechtsgebiete und der elektronischen Dienstleistungen (e-commerce)
Einführung der Strafbarkeit juristischer Personen
Verfassung wird beitrittsfähig gemacht: supranationale Öffnungsklausel
(Übertragung von Souveränitätsrechten) in § 2/A, Referendum über den Beitritt in § 79 Verf.
endgültige gesetzliche Regelung der Tafelgerichte (Abschluss der Justizreform von 1997)
Reform des Rechts der Versicherer und des Versicherungsmarkts
Regelung der Europäischen wirtschaftlichen Vereinigung
neue Agrarmarktordnung, neues SteuerverfahrensG
Beitrittsvoraussetzung gemäß § 79 Verf. erfüllt
Gesetz 2004:XXX
EU-Primär- und Sekundärrecht wird in Ungarn verbindlich
das gesamte Jahr 2004 über (vor und nach dem Beitritt) flächendeckende Anpassung der ungar. Rechtsordnung an Gemeinschaftsrecht durch punktuelle
Änderungen zahlloser Gesetze und untergesetzlicher Rechtsakte
Abschaffung der Wehrpflicht
neues Verwaltungsverfahrensgesetz (ersetzt die Regelung aus 1957)
Freigabe des Grunderwerbs für EU-Ausländer; Ausnahme: landwirtschaftlicher Boden
Zugang von EU-Ausländern zum ungar. Arbeitsmarkt nur im Rahmen der Gegenseitigkeit
Verschärfung des Drogenstrafrechts durch ein Verfassungsgerichtsurteil
Seite 7
23.12.2004
Parlament kommt durch den Ratifikationsbeschluss zur Europ. Verfassung
Bestrebungen zur Abhaltung einer Volksabstimmung zuvor
2005
2006
fünfte postsozialistische Regierung: Ferenc Gyurcsány (sozialliberale
Koalition fortgeführt)
Herbst 2006: politische Krise im Gefolge der sog. „Lügenrede“
23.10.2006: 50-Jahr-Feiern zum Aufstand von 1956
steigende Inflation wegen zu hoher Staatsverschuldung
2007
22.12.2007
Parlament ratifiziert den Vertrag von Lissabon durch Gesetz
2008
April 2008: Regierungskoalition zerbricht, Sozialisten führen eine
Minderheitsregierung
2009
Wirtschaftskrise in Ungarn: das ist v.a. eine Verschuldenskrise der
öffentlichen Hand ebenso wie der privaten Haushalte
Parlament billigt die Europäische Verfassung durch Beschluss (Ratifikation)
Fortführung der flächendeckenden Anpassung des ungar. Rechts an Gemeinschaftsrecht durch punktuelle Änderungen zahlloser Gesetze und untergesetzlicher Rechtsakte
Fürsorge für die Auslandsmagyaren: Gesetz über den Heimatfonds
Neuregelung des Verfahrens beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge
Einführung des Handels mit Emissionzertifikaten für Treibhausgase (KyotoProtokoll)
Neuregelung des Binnenhandels
Neuregelung des Hochschulwesens
Neuregelung des Gesellschafts-, Genossenschafts- und Firmenregisterrechts
Steuererhöhungen: erhöhte Mehrwertsteuer, Einführung von Quellen- und
Solidaritätssteuer
begleitend dazu: sukzessive Reform des Staatshaushaltsrechts, Beginn einer
Reform des Sozialsystems und des Sozialrechts
Verwaltungsreform: Reorganisation der Ministerien, Rahmengesetz für die
obersten und oberen Staatsbehörden, Reorganisation der oberen und mittleren
staatlichen Verwaltungsebene
Neuregelung der staatlichen Vermögensverwaltung: hin zu einer marktorientierten Nutzung selbst des Verwaltungsvermögens
Novellierung des Enteignungsrechts: erstmals zusammenhängende Regelung
Liberalisierung des Strommarkts (reiner Markt anstelle des Mischsystems)
erstmalige Regelung der Rückversicherer
in einem begleitenden Beschluss macht das Parlament deutlich, welche Hoffnungen es mit der Aufnahme der Minderheitenrechte in den EU-Vertrag für
den Minderheitenschutz auf europäischer Ebene verbindet
amtliche elektronische Publikation ist genauso authentisch wie die Fassung
im Gesetzblatt
Verfassungsgericht: Urteil über die vorübergehende Verfassungswidrigkeit
des Auslieferungsabkommens mit Island und Norwegen
Regelung der huamgenetischen Forschung: Freiraum für Forschung, aber
strikte Anonymisierung
Liberalisierung des Gasmarkts (reiner Markt anstelle des Mischsystems)
Gesundheitsreform scheitert an einem Referendum: Auflösung der Einheitskrankenversicherung muss rückgängig gemacht werden
neues BGB, kann aber nicht in Kraft treten
Einarbeitung von Rom I und Rom II in das IPR
eingetragene Lebenspartnerschaft für homosexuelle Paare
Einführung der staatl. Förderung von Kurzarbeit als Reaktion auf die Krise
Neuregelung der Sozialpartnerschaft (Tripartität)
Seite 8
2010
2011
sechste postsozialistische Regierung: Viktor Orbán (nationalpopulistisch:
Fidesz in Scheinkoalition mit der Christlich-demokratischen Volkspartei)
Fidesz erringt in den Wahlen eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament
die neue Regierung erhebt den Anspruch, Staat, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft von Grund auf neu zu gestalten
Wirtschaftskrise spitzt sich weiter zu
Regierung führt ihren Umgestaltungskurs fort, zugleich Bekämpfung der
Auswirkungen der Verschuldungskrise
2012
2013
2014
siebte postsozialistische Regierung: Viktor Orbán (nationalpopulistisch:
Fidesz in Scheinkoalition mit der Christlich-demokratischen Volkspartei)
Fidesz verteidigt in den Wahlen die Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament
Wirtschaftskrise hält unvermindert an
umfangreiche Gesetzgebung zur Reorganisation der öffentlichen Sphäre
Unterstellung der öffentl.-rechtl. Medien unter Regierungseinfluss und Beschränkungen der Presse- und Medienfreiheit
Beschneidung der Kompetenzen des Verfassungsgerichts und Ausschaltung
der Opposition aus dem Nominierungsverfahren für Verfassungsrichter
Neuregelung der Rechtsetzung: stringenteres Rechtsquellensystem
Ferneinbürgerung ethnischer Ungarn im Ausland
Gesetzgebung zur Reorganisation des öffentlichen Sektors wird fortgeführt:
neue Verfassung („Grundgesetz“), Neuregelung der meisten Verfassungsorgane: Verfassungsgericht, Parlamentswahl, Ombudsleute, Rechnungshof,
kommunale Selbstverwaltung, Nationalbank, Staatshaushalt und -vermögen,
Justiz, Schuldenbremse
neues Minderheitenrecht, Beamtenrecht
Neuregelung fast des gesamten Bildungswesens: Zentralisierung und Stärkung des Regierungseinflusses
Einschränkung der Vertragsfreiheit zum Schutz der verschuldeten Privathaushalte gegenüber den kreditgebenden Banken
weitere Reorganisationen des öffentlichen Sektors: Neuregelung des Parlaments (erhebliche Verkleinerung ab 2014), Schaffung von Kreisen als weitere
staatl. Behördenstufe, Fortführung der Verwaltungsreform
Streit um die richterliche Unabhängigkeit (Absenkung des Rentenalters)
Ausgliederung der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichts aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit: „Verwaltungs- und Arbeitsgerichte“
neues StGB und Ordnungswidrigkeitengesetz
neues Arbeitsgesetzbuch: Stärkung der Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern
und Gewerkschaften
4. GrundG-Änderung: u.a. Stärkung des Regierungseinflusses auf die Justiz,
5. GrundG-Änderung: macht viele umstrittene Maßnahmen der 4. GrundGÄnderung wieder rückgängig
neues Wahlverfahrensrecht (mit abgeschwächter Wählerregistrierung)
neues BGB (noch ohne Einführungsgesetz)
Stärkung der staatlichen Aufsicht über den Finanzsektor
Inkrafttreten des BGB, umfangreiche begleitende Gesetzgebung
Beginn der Neukodifikation der ZPO
Versuch einer endgültigen Lösung der devisenbasierten Immobilienkredite