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Wochenbericht 11. bis 17. September 2013
Stand: 11. September 2013
Russland und USA einigen sich auf weitere Vorgangsweise, Militärintervention vorerst vom Tisch
Ölindustrie wegen Streiks beeinträchtigt, steigender Druck auf Regierung
Lage beruhigt sich weiter, Armee setzt
Operationen auf Sinai-Halbinsel fort
Polen: Massendemonstration gegen Regierung
Vorschau:
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18. bis 19. September, Streik der öffentlich Bediensteten, Griechenland
22. September: Bundestagswahl, Deutschland
22. September: Syrien muss Chemiewaffenlager offenlegen
Übersicht
Der Konflikt um Syrien hat sich nach einer Einigung zwischen Russland und den USA beruhigt, eine
Militäraktion ist vorerst vom Tisch. Bis zum kommenden Wochenende muss die syrische Regierung
ihre Chemiewaffenbestände melden, diese sollen dann von internationalen Spezialisten bis 2014
vernichtet werden. Experten gehen davon aus, dass dies langwierig, teuer und angesichts des
anhaltenden Bürgerkriegs auch schwierig durchzuführen sein wird. Die UNO hat mittlerweile
festgestellt, dass bei dem Angriff nahe Damaskus am 21. August tatsächlich chemische Waffen
eingesetzt wurden, über die Urheber des Einsatzes wurden keine Untersuchungen angestellt.
In Ägypten stabilisiert sich die politische Lage weiter, die Sicherheitslage bleibt punktuell aber prekär.
Die Armee setzt ihre Offensive auf der Sinai-Halbinsel weiter fort, laut Armee wird diese bis zur
„Vernichtung der Terroristen“ andauern.
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Naher und Mittlerer Osten
Syrien, USA, Russland
Eine militärische Intervention der USA und ihrer Verbündeten gegen Syrien ist vorerst vom Tisch.
Nachdem Syrien zugesagt hatte, seine Chemiewaffen zu vernichten, einigten sich Russland und die
USA am vergangenen Samstag auf die weitere Vorgangsweise: Demnach muss Syrien bis zum
kommenden Wochenende alle Chemiewaffenbestände offenlegen, die Vernichtung durch
internationale Experten soll dann bis 2014 abgeschlossen sein. Syrien hat ausserdem offiziell seinen
Beitritt zur internationalen Chemiewaffenkonvention (OPCW1) beantragt. Syrien wird ausserdem mit
einer Resolution des UNO-Sicherheitsrates aufgefordert, seine eingegangenen Verpflichtungen
einzuhalten. Die Resolution enthält auf Drängen Russlands aber keine Drohung mit militärischer
Gewalt.
US-Präsident Obama verteidigte die Vereinbarung mit Russland als Sieg für die US-Diplomatie, die
Drohung mit einer militärischen Intervention bleibe allerdings aufrecht. Die Umsetzung des
Abkommens dürfte laut Experten allerdings schwierig werden: Die Vernichtung der Chemiewaffen
dürfte zumindest viele Monate in Anspruch nehmen, darüber hinaus dürften die laufenden
Kampfhandlungen die Arbeiten auch behindern und verzögern. Einige islamistische Milizen haben
bereits angekündigt, den Experten den Zugang zu den von ihnen kontrollierten Gebieten zu
verweigern.
Vor dem Hintergrund der erfolgreichen Verhandlungen haben die UNO-Experten gestern
bekanntgegeben, dass laut ihren Untersuchungsergebnissen am 21. August nahe Damaskus definitiv
Giftgas eingesetzt worden ist. Über die Urheber des Angriffs wurden keine Untersuchungen
durchgeführt.
In Syrien selbst halten die Kampfhandlungen weiter an. Laut einer kürzlich veröffentlichten britischen
Studie rekrutiert sich ca. die Hälfte der etwa 100.000 Aufständischen aus Islamisten: etwa 35.000
davon sollen aus Syrien stammen, weitere 10.000 sind internationale Jihadisten die der Al-Qaeda
nahestehen.
Gestern schossen türkische Kampfflugzeuge einen syrischen Mi-17 Militärhubschrauber ab nachdem
dieser ca. zwei Kilometer auf türkisches Hoheitsgebiet eingedrungen war. Laut türkischen
Regierungsangaben hatte die Besatzung auf wiederholte Signale nicht reagiert, daraufhin wurde der
Hubschrauber angegriffen und zerstört.
Beurteilung:
Syrien dürfte alles daran setzen, seine Meldepflichten zu erfüllen um eine US-Intervention
abzuwenden. Diese ist – obwohl die Drohung aufrecht bleibt – allerdings ohnehin wenig
konkret: der US-Kongress ist mehrheitlich gegen einen Einsatz, auch die US-Bevölkerung kann
einem weiteren Krieg im Nahen Osten wenig abgewinnen. Darüber hinaus stehen im Oktober
die neuen Verhandlungen über eine Anhebung des Schuldenlimits an, damit können die
Republikaner den Druck auf Präsident Obama weiter aufrechterhalten. In den USA selbst war
1
Die OPCW, Organization for the Prohibition of Chemical Weapons, überwacht die Einhaltung der
Chemiewaffenkonvention. Diese verbietet die Entwicklung, Herstellung, den Besitz, die Weitergabe und den Einsatz
chemischer Waffen.
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die Debatte um den Militäreinsatz gegen Syrien dem Ruf von Präsident Obama nicht eben
zuträglich.
Die Börsen und der Ölpreis haben auf die Entwarnung bereits positiv reagiert. Für Syrien
bedeutet dies freilich, dass sich der Bürgerkrieg weiter hinzieht. Eine klare Entscheidung über
Sieg und Niederlagen dürfte noch Monate dauern und Tausende weitere Opfer fordern.
Ägypten
Während sich die politische Lage in Ägypten weiter stabilisiert bleibt die Sicherheitslage prekär. Am
vergangenen Donnerstag hat Übergangspräsident Adly Mansour den Ausnahmezustand um weitere
zwei Monate verlängert. Eine weitere Verlängerung ist laut Verfassung nur durch ein Referendum
möglich.
Unterdessen setzt das Verfassungskomitee seine Arbeit am neuen Entwurf fort. Weitgehend
unbestritten ist bisher, dass die Regelung beibehalten wird, dass die Scharia die wichtigste Quelle der
Gesetzgebung ist2.
Die Sicherheitslage in Kairo ist dzt. weitgehend ruhig. Am vergangenen Freitag kam es in mehreren
großen Städten erneut zu Protesten von Anhängern der Moslembruderschaft, die Teilnehmerzahlen
sind aber insgesamt rückläufig. Es macht sich immer deutlicher bemerkbar, dass die
Moslembruderschaft aufgrund der umfangreichen Verhaftungen von führenden Mitgliedern kaum
handlungsfähig ist.
Die Armee hat auch in der vergangenen Woche ihre Operationen gegen Terroristen auf der SinaiHalbinsel fortgesetzt. Im Zuge der seit dem 9. August andauernden Offensive wurden bisher 309
Verdächtige verhaftet und zahlreiche Waffen sichergestellt. Im Gegenzug kam es im Bereich Rafah –
in der Nähe des Gazastreifens – zu mehreren Anschlägen auf die Sicherheitskräfte. Am Sonntag
kündigte der Sprecher der Armee an, dass die Operationen bis zur endgültigen Zerschlagung der
Terrorzellen auf dem Sinai fortgesetzt würden.
Gestern rückten Einheiten der Armee in Dalja, Gouvernorat Minya, südlich von Kairo ein. In der Stadt
war es in den vergangenen Wochen zu mehreren Übergriffen gegen Christen gekommen, die Region
gilt als Hochburg der Islamisten. Die Armee verhaftete 45 Verdächtige und verhängte vorübergehend
eine Ausgangssperre.
Irak
Die massive Gewalt im Irak hält weiter an, auch in der vergangenen Woche wurden bei mehreren
Bombenanschlägen in verschiedenen Städten Dutzende Menschen getötet. Die meisten Opfer waren
erneut schiitische Zivilisten, bei einigen Racheaktionen kamen auch Sunniten ums Leben. Laut
jüngsten Berichten aus dem Irak wurden einige schiitische Milizen wieder mobilisiert um ihre
Glaubensgenossen vor terroristischen Angriffen zu schützen.
Die Sicherheitslage im Irak bleibt insgesamt weiterhin prekär, die Spannungen zwischen Sunniten
und Schiiten dürften tendenziell zunehmen.
Libyen
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Die Bestimmung wurde bereits 1971 unter Anwar al-Sadat eingeführt um die islamistischen Kräfte zu beschwichtigen.
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Während die Sicherheitslage in Libyen weiterhin prekär ist, steigt der Druck auf Premierminister Ali
Zeidan.
In der vergangenen Woche war vor allem der Jahrestag von 9/11 mit Spannung erwartet worden,
war doch vor einem Jahr am 11. September US-Botschafter Christopher Stevens bei einem Anschlag
ermordet worden. Während die Lage in Tripolis ruhig blieb, explodierte vor einem Gebäude des
Aussenministeriums in Benghazi eine massive Autobombe und verursachte umfangreichen
Sachschaden. Zwei Wachen und mehrere Zivilisten wurden teils schwer verletzt. Gestern
explodierten in Benghazi zwei weitere Autobomben. Am Wochenende war es in Derj, nahe der
Grenze zu Algerien, zu Auseinandersetzungen zwischen einem lokalen Stamm und einer Miliz aus
Zintan gekommen, zahlreiche Stammeskrieger brachten sich nach Algerien in Sicherheit.
Vor dem Hintergrund der weiterhin prekären öffentlichen Ordnung steigt auch der wirtschaftliche
Druck auf das Land. In den vergangenen Wochen wurde die überlebenswichtige Ölindustrie durch
mehrere Streiks von Ölarbeitern und Wachpersonal massiv lahmgelegt, teilweise standen alle
Exportterminals still. Mehrere große Konzerne haben ihr Engagement in Libyen inzwischen deutlich
verringert und orientieren sich erneut in Richtung anderer Exportländer. Premierminister Ali Zeidan
sah sich zuletzt zu der Drohung veranlasst, illegal beladene Tankschiffe bombardieren zu lassen
sobald diese libysche Häfen verlassen.
Die Sicherheitslage in Libyen bleibt weiterhin prekär.
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Europa
Polen
Am vergangenen Samstag demonstrierten im Zentrum von Warschau nach einem Aufruf der
Gewerkschaften mehr als 100.000 Menschen gegen die Sparpolitik der Regierung und die jüngste
Pensionsreform. Die Veranstalter warfen Premierminister Donald Tusk unsoziale Politik vor. Am
Freitag war das umstrittene Budget für 2014 durch das Parlament bestätigt worden.
Trotz der zunehmenden Kritik und der schlechten Umfragewerte konnte die Koalitionsregierung eine
Mehrheit für den Budgetbeschluss sichern und damit vorgezogene Neuwahlen vorerst vermeiden.
Die Gewerkschaften haben bisher noch keine weiteren Demonstrationen angekündigt.
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