Sexualität in der Hausarztpraxis
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Sexualität in der Hausarztpraxis
01/04/16 Sexualität als Thema in der Arztpraxis Dr. med. Karoline Bischof Zürcher Institut für klinische Sexologie und Sexualtherapie Zentrum für interdisziplinäre Sexologie und Medizin www.ziss.ch www.zismed.ch Sexuelle Probleme in der Allgemeinpraxis Männer: Vorzeitiger Samenerguss 40% Keine Lust 39% Verzögerter Samenerguss 17% Erektionsprobleme 16% Anejakulation 10% Schmerzen 6% Frauen: Keine Lust 25% Schmerzen 24% Erregungsprobleme 20% Orgasmusprobleme 20% Verkehr nicht möglich ?% - Sexuelle Störungen sind in der Arztpraxis häufig. - Nicht jeder Patient/in ist durch ein sexuelles Problem subjektiv gestört. Geiss 2003 Urology; Aschka 2001 J Fam Pract K. Bischof ZISS 1 01/04/16 Beratung Ja oder Nein? 84% der Patienten/innen möchten in der Konsultation über Sexualität sprechen können. 10% sprechen in der Konsultation von sich aus das Thema Sexualität an. 67% wünschen sich, dass Arzt/Ärztin das Thema zuerst anspricht. “Wie geht es Ihnen mit der Sexualität?” Patienten/innen wünschen sich Beratung Gute Gründe dagegen, das Thema Sexualität in der Praxis anzusprechen K. Bischof ZISS 2 01/04/16 Gründe für ausbleibende Beratung ÄrztInnen: PatientInnen: Zeitmangel 53% Mangel an Wissen 47% Vergessen 37% Schamgefühl 32% Fehlende Sprache 26% Schamgefühl 90% Fehlende Sprache 74% Fehlendes Vertrauen 37% Angst, Arzt zu enttäuschen 32% Aschka 2001 J Fam Pract Beratung in der Hausarztpraxis 4 Stufen der Beratung: Betreuender Arzt / Ärztin 1. Information vermitteln 2. Schmerzen vermeiden 3. Lust fördern 4. Spezifische Sexualberatung Sexualberater / -in K. Bischof ZISS 3 01/04/16 Fallbeispiel 1 Frau L., 43j, verheiratet, 2 Kinder (7+9j): - Keine Lust auf Sex seit Geburt des 2. Kindes - Viele „Blasenentzündungen“ „Hämorrhoidenprobleme“ Nächtliches Zähneknirschen Oft Rückenschmerzen Fallbeispiel 2 Herr K., 44j, verheiratet: - Erektionsprobleme - verzögerter / fehlender Samenerguss - Vor Jahren „chronische Prostatitis“ - immer noch gelegentlich Schmerzen, verstärkt bei / nach Ejakulation - leicht adipös, Cholesterin +/- K. Bischof ZISS 4 01/04/16 Wie kommt es zu sexuellen Störungen? Eros = gelernt l Sexuelle Erregung = angeborener Reflex l Fähigkeit, den sexuellen Erregungsreflex wahrzunehmen = gelernt K. Bischof ZISS 5 01/04/16 Wie nehmen wir genitale sexuelle Erregung wahr? l Körperbild nicht automatisch vorhanden! l Wiederholte Stimulation peripherer Nervenrezeptoren --> Synapsen in somatosensorischer Hirnrinde. Mulvey 2009 Med Hypoth; Spitzer 2002 Lernen; Komisaruk 2006 The Science of Orgasm Vom Reflex zum Eros l Sexuelle Erregung = angeborener „Reflex“ l Wahrnehmung der sexuellen Erregung = gelernt l Fähigkeit, sexuelle Erregung zu steigern, zu geniessen, mit Partner/in zu teilen = gelernt K. Bischof ZISS 6 01/04/16 Komponenten derder Sexualität Die Komponenten Sexualität BEZIEHUNG Verführung KOGNITIONEN Liebesfähigkeit Sex. Anziehungscodes Erotische Kommunikation Gedankensysteme Kenntnisse Ideologien Werte Sexuelles Begehren Sex. Lusterleben Erotische Kompetenzen Sex. Selbstsicherheit Sex. Fantasien GEFÜHL DER GESCHLECHTSZUGEHÖRIGKEIT WAHRNEHMUNG EMOTIONEN Bezug zum Genitale ERREGUNGSPHYSIOLOGIE Biologische Basis XX, XY Komponenten der Sexualität Verführung Verführung Erot. Kommunikation Erot. Kommunikation Gedankensysteme Gedankensysteme Kenntnisse Ideologien Werte Kenntnisse Erotische Kompetenzen Erotische Kompetenzen Sexuelles Begehren Ideologien Sexuelles Begehren Sex. Selbstsicherheit Sex. Selbstsicherheit Werte Anziehungscodes Sex.Sex. Anziehungscodes Weiblichkeitsgefühl Liebesfähigkeit Liebesfähigkeit Sex. Fantasien Sex. Fantasien GENITALITÄT Sex.Lust Lust Sex. GENITALITÄT GEFÜHL DER GESCHLECHTSZUGEHÖRIGKEIT Biologische Basis Biologische Basis XX,XX, XY XY K. Bischof ZISS 7 01/04/16 Komponenten der Sexualität Erot. Kommunikation Verführung Gedankensysteme Kenntnisse Ideologien Werte Liebesfähigkeit Stress Erotische Kompetenzen Sexuelles Begehren Sex. Selbstsicherheit Sex. Anziehungscodes Sex. Lust Sex. Fantasien T ALITÄ GENIT GEFÜHL DER GESCHLECHTSZUGEHÖRIGKEIT Familienprobleme Beruf Krankheiten Medikamente Biologische Basis XX, XY Frauen und sexuelle Erregung K. Bischof ZISS 8 01/04/16 Neurologisches Potential der Frau l Vulva: äussere und innere Lippen, Klitoris, Scheideneingang l Analregion Neurologisches Potential der Frau Sinneszellen l Vulva / Klitoris l Vaginavorderwand („G-Fläche“) l Urethralregion („sexual urethra“) l Dehnungsrezeptoren ( subepithelial, Lamina propria) l Druck- /Propriozeption der BB-Muskeln l Motorfeedback der Muskeln l Vagus Afferenzen Zervikalregion Goldstein 2006 Women‘s sexual function and dysfuncton; Komisaruk 2006 The Science of Orgasm K. Bischof ZISS 9 01/04/16 Neurologisches Potential der Frau Georgiadis 2012 nrurol; Salonia 2010 J Sex Med Für viele Frauen macht der Geschlechtsverkehr erotisch wenig Sinn Orgasmus! Lusterleben! Begehren!" l 45%: Erregung und Orgasmus durch Koitus (+/- ohne Klitorisstimulation) l 50%: Erregung durch klitorale /äussere Stimulation, Vagina wenig erregend l 5%: wenig Erregung, kein Orgasmus Komisaruk 2011 J Sex Med Bischof-Campbell in prep.; Fugl-Meyer 2006 J Sex Med K. Bischof ZISS 10 01/04/16 Neurologisches Potential - Vagina Glückssache? l Zwillingskonkordanz l 30% für vaginale Erregbarkeit l 0% für „G-spot“ l Kein Unterschied in vaginaler Nervendichte bei Frauen ohne und mit vaginaler Erregbarkeit n be r l „Environmental factors“ rwo nt E r le = e G = l Erregung und Orgasmus durch vaginale Stimulation ist lernbar. Dunn 2005 Biol Lett; Witting 2009 Psych Med; Burri 2009 J Sex Med; Pauls 2006 J Sex Med; Wie? Wahrnehmung wird gefördert durch regelmässige, wiederholte l Berührung l Bewegung Du sollst nicht!! l spez. Beckenboden l Autoerotik mit abwechslungsreicher Stimulation und Einbezug der Scheide Chivers e.a. 2010, Laan 1993 K. Bischof ZISS 11 01/04/16 à Weibliche sexuelle Erregung = bei 60% fragiles System à Kommen psychische, partnerschaftliche oder medizinische Störfaktoren (zB Geburten, Menopause) dazu, funktioniert das fragile System nicht mehr à höhere Wahrscheinlichkeit sexueller Funktionsstörungen Frauen und sexuelle Erregung Ca. 30%: Anorgasmie mit dem Partner (10% Anorgasmie auch allein) Ca. 40-60%: Geschlechtsverkehr sexuell wenig erregend (Fokus: Klitoris) à Erregungssteigerung mit dem Partner anstrengend oder unmöglich à Anorgasmie, Unlust, Schmerzen, Vaginismus K. Bischof ZISS 12 01/04/16 Fallbeispiel 1 Frau L., 43j, verheiratet, 2 Kinder (7+9j): - Keine Lust auf Sex seit Geburt d. 2. Kindes - Viele „Blasenentzündungen“ „Hämorrhoidenprobleme“ Nächtliches Zähneknirschen Oft Rückenschmerzen - Sexuelle Erregung über Klitorisstimulation (präzises Muster, störungsanfällig, Partner „traf oft nicht richtigen Punkt“) - Wenig vaginale Erregbarkeit Physiologie der sexuellen Erregung Sexueller Erregungsreflex Muskeltonus á Adäquate Stimulation Durchblutung Beckenraum á Durchblutung Körperá Genitale Vasokongestion Orgasmus K. Bischof ZISS 13 01/04/16 Physiologie der sexuellen Erregung Sexueller Erregungsreflex Adäquate stimulation Durchblutung Beckenraum á unwillkürlich Durchblutung Körperá Muskeltonus á Genitale Vasokongestion ? willkürlich Orgastic Orgasmus release Sexuelle Erregungsmodi l = Im Hirn verankerte Muster von Stimulation, Muskelspannung und Bewegung während der sexuellen Erregung l Erworben durch autoerotisches Explorieren und Wiederholen l Werden oft auch in Paarsexualität angewandt. l Funktionieren gut in Autoerotik, +/- gut in Paarsexualität l Lassen sich meist nicht ohne Übung ändern Desjardins 1996 Sexologies; Santareli 1987, Bischof-Campbell 2012 K. Bischof ZISS 14 01/04/16 Sexuelle Erregungsmodi # us# mung$ n o t At kel Mus egung+ Bew M us k Bew eltonus egun v g+ A ariabel tmun g# Ruckartige/dauernde Muskelspannung, Druck / Vibration: „archaisch“ 10-30% Hohe dauernde Muskelspannung, Reibung: „mechanisch“ 40-60% Fliessende Bewegung: „ondulierend“ 30% Bewegung in „doppelter Schaukel“: „wellenförmig“ Desjardins 1996 Sexologies; Santareli 1987, Bischof-Campbell 2012 Sexuelles Lusterleben Sexuelles Lusterleben Sexuelles Begehren „Hedonischer Input“ Affekte Sinnesreize: Lustvolle Sex. Erregung Wahrnehmung, Orgasmus hedonische Kognitionen Körper„Es ist gut“ Emotionen empfindungen Desjardins 1996 Sexologies K. Bischof ZISS 15 01/04/16 Sinnesreize Weshalb fühlt sich Sex gut an? Lustvolle Sinnesreize im Körper und Genitale: Durchblutung, Muskelspannung = interozeptiv l Wärme, Kribbeln, Spannung... Kontakt mit Aussen = exterozeptiv l Berührung, Reibung, Druck, Vibration, Temperatur... Muskulatur und Wahrnehmung Lustvolle Wahrnehmung Körper und Geschlecht $ Kampf/Flucht Exterozeptiver sensorischer Input $ Interozeptiver sensorischer Input $ Aktivierung Sympathisches Nervensystem Sensorische Afferenzen aus Körper und Geschlecht $ Durchblutung Körper und Geschlecht$ Atmung oberflächlich, Hypoxie HOHE DAUERNDE MUSKELANSPANNUNG Löken 2009 Nat Neurosci, Ulrich-Lay 2010 PNAS K. Bischof ZISS 16 01/04/16 Muskulatur, Erregung und Schmerzen Kampf/Flucht Sexuelles Lusterleben$ Sensorischer Keine Lust Hedonischer Input $ Wahrnehmung $ HOHE SPANNUNG FLACHE ATMUNG Durchblutung Körper $ Genitale Durchblutung $ Sensorisches Potential wenig genutzt „Erregungsreflex“ Erregungsstörung, Koitale Anorgasmie, Unlust Vasokongestion + 3-4cm + 2-3cm Lubrikation Tenting Salonia 2010 J Sex Med K. Bischof ZISS 17 01/04/16 Muskulatur, Erregung und Schmerzen Kampf/Flucht Sexuelles Lusterleben$ Sensorischer Hedonischer Input $ Wahrnehmung $ HOHE SPANNUNG FLACHE ATMUNG Schmerzen, rezid. Infektionen Durchblutung Körper $ Genitale Durchblutung $ Vagina komprimiert, kein Ballonieren, Lubrikation $ Erregungsstörung, Koitale Anorgasmie, Unlust Hinter häufigen HWI oder Candida Infekten verbirgt sich oft ein hoher Beckenboden-Tonus Schmerzen, rezid. Infektionen K. Bischof ZISS 18 01/04/16 Und die Menopause? à Schleimhäute dünner, weniger elastisch, Grundfeuchtigkeit reduziert à Ist Koitus nicht erregend, wird Scheide nicht feucht dabei. à Grundfeuchtigkeit reicht nicht mehr aus --> Schmerzen à Effekt verstärkt, wenn hohe Muskelspannung à Ist Koitus erregend, genügt Feuchtigkeit eher. Spielt Sexualität nach der Menopause noch eine Rolle? 93% 93% 75 75 48 N= 750 gesunde Schweizerinnen – Wunsch nach Geschlechtsverkehr – Geschlechtsverkehr in letzten 3 Monaten – Selbstbefriedigung in letzten 3 Monaten 50-65 73 73 40 40 38 65-75 47 47 8 8 28 75+ Jahre à Sexualität wichtig auch für Frauen höheren Alters à Nicht einfach annehmen, dass ältere Patientinnen keine sexuellen Bedürfnisse mehr haben! 38 K. Bischof ZISS Hornung + Bucher 2004 19 01/04/16 Und die Hormone? • Östrogen- und Testosteronspiegel korrelieren nicht mit weiblichem sexuellem Begehren. • Systemische Androgentherapie à genitale Sensibilität á. Wirkung auf Libido umstritten. Nebenwirkungen (Androgenisierung, MammaCA)! • Ausnahme evt.: DHEA intravaginal (Prasterone, nicht auf dem Markt) wirkt intrazellulär, nicht systemisch: Atrophie â, Erregung á Schover 2008, Fertil Steril 90; Derzko 2007 Curr Oncol 14 Suppl. 1, Labrie 2010 Gynecol Endocrinol Behandlungsmöglichkeiten Schleimhäute á Elastizität á genitale Durchblutung á Wahrnehmung Lusterleben Östriol, Vit.E Vaginale Massage Feuchtwerden á Beckenbodenbewegungen K. Bischof ZISS 20 01/04/16 Und die Männer? Und die Männer? Testosteron „A ot“ l i p uto Erektionsschwelle Geburt K. Bischof ZISS 24j 21 01/04/16 Und die Männer? Viele Männer nützen nicht ihr volles sinnliches Potential Lusterleben ! Erektion ! Begehren !" Weijmar Schultz 1999 BMJ Wird das Geschlecht nur wenig wahrgenommen... à Frühzeitiger Samenerguss (30%) à Sex wenig lustvoll à Unlust (20%) à Rasche Verunsicherung, wenn Autopilot nicht mehr zuverlässig à Erektionsstörungen (10-20%) K. Bischof ZISS 22 01/04/16 Erektiles Potential Geburt 24j Erektiles Potential Stress, Krankheiten... Geburt K. Bischof ZISS 24j 23 01/04/16 Erotisches Potential Erotisches Lernen Automatismen Geburt 24j Muskulatur, Erregung und Lusterleben Kampf/Flucht Versagensangst Lusterleben $ Sensorischer hedonischer Input $ Keine Lust Wahrnehmung $ HOHE SPANNUNG FLACHE ATMUNG Schmerzen Sensorisches Potential wenig genutzt K. Bischof ZISS Genitale Durchblutung $ Vorzeitiger Samenerguss Erektionsverlust 24 01/04/16 Männer und Erektion l Erektion = männliche Identität à Leistungsdruck; Versagensangst + l Autopilot: Testosteron à Spontanerektion à Sexuelles Lernen nicht nötig + l Biophysiologie der Erektion: Störanfällig (Altern, Krankheiten, Medikamente) = Relevantes Problem in der Praxis! Veränderung der Sexualphysiologie Beim Mann (schon ab 40-50j): Erektion - langsamer - weniger hart - geht schneller zurück - längere Erholungszeit Das ist normal! à Lernen, mit wechselnden Erektionsstärken zu spielen, zu geniessen K. Bischof ZISS 25 01/04/16 Wechselnde Erektionsstärken Verunsicherung Sympathicus Versagensangst Selbstbeobachten Verkrampfen Erektionsprobleme Erektionsprobleme Prostataoperation Diabetes m. Medikamente Erektionsproblem Bluthochdruck e Hypercholesterinämie Rauchen Koronare Herzkrankheit Montorsi Eur Urol. 2003 K. Bischof ZISS 26 01/04/16 Und die Hormone? Altersabhängig physiologischer Testosteronabfall % kein Einfluss auf sexuelles Begehren Testosteronmangel (<11nmol/l) % Libidoabnahme Übergewicht, Insulinresistenz, Metabolisches Syndrom Gades 2008 J Sex Med; Traish 2009 Andrology; Arver 2009 Front Horm Res. Fallbeispiel Herr K., 44j, verheiratet: - Erektionsprobleme verzögerter / fehlender Samenerguss Vor Jahren „chronische Prostatitis“ immer noch gelegentlich Schmerzen, verstärkt bei / nach Ejakulation - Erregungsmodus: archaisch-mechanisch, sehr enges Muster - Hypertoner BB, kaum Willkürsteuerung - St. n. mehreren OP (Zirkumzision, Appendicitis perf.) als ca. 4jähriger à Tendenz zu „posttraumatischer“ muskulärer Hypertonie K. Bischof ZISS 27 01/04/16 Praktische Tipps bei sexuellen Störungen 4 Stufen der Beratung: Betreuender Arzt / Ärztin 1. Information vermitteln 2. Schmerzen vermeiden 3. Lust fördern 4. Spezifische Sexualberatung Sexualberater / -in 1. Information wann? • Nicht abwarten, ob Patient/in Sexualität thematisiert (>80% möchten darüber sprechen, nur 10% tun es von sich aus). • Bei Vorsorgeuntersuchung • Bei Vorbesprechung allfälliger Therapie: Aufklärung über mögliche sexuelle Nebenwirkungen und Möglichkeiten zur Behandlung à Patient/in erhält Erlaubnis, Sexualität auch später zu thematisieren. • Bei Begleitung und Nachsorge: Haben Sie ein Anliegen im Zusammenhang mit der Sexualität?“ K. Bischof ZISS „Einige Menschen erleben bei dieser Erkrankung Veränderungen ihrer Sexualität. Ist das für Sie oder Ihren Partner ein Thema?“ 28 01/04/16 2. Schmerzen vermeiden • = Kompetenzbereich der ärztlichen Sprechstunde! Da Schmerzen häufig und behandelbar sind, lohnt es sich, danach zu fragen. • Schmerzen im Narbenbereich, Gliederschmerzen: • Stellungswechsel ausprobieren (z.B. „Löffelstellung“ seitlich, auf der gesunden Seite liegend). • Ggf. vorgängig Analgetika (Achtung: Opiate verlängern Erregungszeit und erschweren das Erreichen des Orgasmus). Schover 1991 2. Schmerzen vermeiden: Dyspareunie • Bei mangelnder Lubrikation: – Längere genitale Stimulation vor Penetration. – Grosszügig Gleitmittel (z.B. Pjur med Repair) oder Pflanzenöl (z.B. Mandel-, Oliven-, Rosenöl). Die trockene Vagina tut auch dem Partner weh. – Vagina im Alltag feucht halten • Bei Ejakulationsschmerzen, CPPS, chronischer Prostatitis: – BB-Physiotherapie. Beim Sex wiederholte schmerzhafte Erlebnisse vermeiden! Sonst vergeht die Lust daran und das Verlangen danach. K. Bischof ZISS 29 01/04/16 3. Lusterleben fördern • Täglich sanftes Einmassieren (Östriol- oder Pflegecreme) Vulva und Vagina = sinnliche Auseinandersetzung à Beziehung mit eigenem Geschlecht à Verbesserte Antwort auf lokale Stimulation • Langsames An- / Entspannen Beckenbodenmuskulatur à fördert Durchblutung, Trophik, Wahrnehmung von Vagina und Penis: – regelmässig im Alltag – als Unterstützung der Erregung beim Sex 3. Lusterleben fördern - variable genitale und körperliche Stimulation - Körper bewegen (Katze), Atmung - Fantasien, Bilder, Werte Unterstützung von Lernprozessen / bei deutlicher organischer Komponente bei Männern: - PDE-5 Hemmer (neu: Avanafil) - MUSE - Vakuumpumpen - Priligy (Dapoxetin) für EP K. Bischof ZISS 30 01/04/16 4. Sexualtherapie: Sexocorporel Behandlungsansatz Sexuelles Lusterleben Hedonischer Input # Sympathikus $ Tiefe Atmung Bewegte Muskulatur Doppelte Schaukel Wahrnehmung # Durchblutung # Variable Stimulation Genitale und Körper Sexuelle Erregung # Take home messages l Sexueller Erregungsreflex + Potential, Sexualität zu geniessen = angeboren. l Sexuelles Funktionieren + Geniessen = nicht angeboren, sondern gelernt. (Selbstbefriedigung!) l Sexuelles Lernen = gesellschaftlich nicht unterstützt à normal, in Sexualität an Grenzen zu stossen. l Je mehr Grenzen im sexuellen Lernen, desto störungsanfälliger ist Sexualität für indirekte Einflüsse (Krankheiten, Medikamente, psychosoziale Belastung). K. Bischof ZISS 31 01/04/16 Take home messages l Viele indirekte Störfaktoren lassen sich nur begrenzt beeinflussen - that‘s life! l Jeder Mensch kann lernen, sein Potential an sexuellem Lusterleben zu erweitern und gegen indirekte Störungen resistenter zu machen. l Ein positiver sinnlicher Bezug zum eigenen Geschlecht schützt gegen Störfaktoren. l Ein Körper in Bewegung kann mehr Lust erleben als ein angespannter Körper (Stichwort: Katze). Weiterführende Infos www.ziss.ch (Infotexte, Ausbildung) www.zismed.ch (Therapeuten) www.lilli.ch (Für Jugendliche/ Eltern und alle anderen) [email protected] K. Bischof ZISS 32 01/04/16 Weiterführende Literatur Henning Ann-Marlene: Make Love und Make More Love Raaflaub Walter: Tote Hose www.ziss.ch/veroeffentlichungen/ Buchkapitel über Erektion, Vaginismus/Dyspareunie und Weibliche Orgasmusprobleme, sowie Artikel über Sexocorporel und sexuelle Lust K. Bischof ZISS 33