Flugblatt Dezember 2005 - Durchschaubare Betriebsräte
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Flugblatt Dezember 2005 - Durchschaubare Betriebsräte
Kolleginnen und Kollegen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit Chemiepark Bayer Leverkusen Dezember 2005 http://www.durchschaubare.de Sparpaket BIS In der Financial Times Deutschland konnte man es schon vor Wochen lesen. BIS plant weitere Einsparungen, die selbstverständlich wieder von den Kolleginnen und Kollegen erbracht werden sollen. Verhandlungen zwischen Bayer und Gesamtbetriebsrat laufen bereits. Der Umsatzrückgang bei BIS ist höher als erwartet. Das liegt zum Teil daran, dass Lanxess sich von einigen Dienstleistungen zurück gezogen hat. Das »Kostenstrukturprojekt« sah einen Abbau von weit über 1000 Stellen vor und sollte bis 2006 eine Ersparnis von 131 Millionen Euro bringen. Doch das reicht Bayer noch nicht, um BIS aus der Verlustzone zu holen. Deshalb ließ Bayer wieder die Kolleginnen und Kollegen bluten. Die ertragsabhängige Zulage und das Aktienprogramm standen auf dem Prüfstand. Weitere 15 Millionen Euro wurden damit eingespart, aber immer noch nicht genug für die gierigen Unternehmer. In der Diskussion ist unter anderem eine Veränderung der tariflichen Wochenarbeitszeit. Die Beschäftigten sollen dann 40 Stunden pro Woche arbeiten, natürlich ohne Lohnausgleich. Laut Gerücht sollen für Kolleginnen und Kollegen, die keine chemisch-technischen Jobs ausüben, die Bindung an den Chemietarif wegfallen. Betroffen davon wären zum Beispiel Werkschutz und Feuerwehr. Es ist kein Geheimnis, dass Bayer die Verlustgesellschaft BIS los werden möchte. Alles, was keine dicken Profite erwarten lässt, soll in den Ausverkauf. Es ist kaum zu erwarten, dass sich die BayerBosse in der Weihnachtszeit anders entscheiden werden. Bayer-Betriebsrat und BIS schweigen gemeinsam Mitte November erschien von BIS TED ein schickes Extrablatt. Herr Freytag, Chef von TED, bat um das Verständnis der Kolleginnen und Kollegen, dass mit dem Betriebsrat geheim verhandelt wird. Das Schweigegelübde bis zum Abschluss und der Bekanntgabe des Verhandlungsergebnisses ist mit der Betriebsratsmehrheit einvernehmlich abgesprochen. Der verhandlungsführende Betriebsrat hat anscheinend in den letzten Monaten seine Strategie geändert. Wurde früher noch nicht einmal berichtet, dass man geheim verhandelt, wird jetzt schon wieder die Öffentlichkeit mit dieser unglaublichen Dreistigkeit der Betriebsratsmehrheit konfrontiert. Alles zum Wohle der Beschäftigten? Die Kolleginnen und Kollegen bekommen das Verhandlungsergebnis fix und fertig aufs Butterbrot geschmiert und haben keine Chance, auch nur ein Wort mitzureden. Im Wirtschaftsausschuss wurde schon im Mai über die geplanten Veränderungen bei BIS von der Arbeitgeberseite vorgetragen. Unter anderem ist geplant, im Bereich Unternehmenssicherheit viel Personal abzubauen und aus BIS eine eigene Gesellschaft zu machen. Ausführliche Informationen gab es im Leverkusener Betriebsrat erst am vergangenen Donnerstag Dort wurde auch erwähnt, dass von 300 Werkschützern 250 Kollegen »verkauft« werden sollen. Der Wirtschaftsausschuss scheint ein privates Informationsgremium der Betriebsratsvorsitzenden zu sein. In angenehmer Atmosphäre trafen sich unter anderem de Win, Zühlke, Barkowski, Bals-Wilnauer und Bahnmüller drei Tage in einem Gummersbacher Hotel, unter anderem um über die Zukunft von BIS zu verhandeln – die IG BCE nannte es Sondierungsgespräch. Mittlerweile hat sich auch ein Arbeitskreis gebildet, der die Überleitungsvereinbarung der Ausgliederung von BIS TED vorbereiten soll. Bei den im April stattfindenden Betriebsratswahlen muss dieser »Geheimratsfraktion« endlich eine Abfuhr erteilt werden. Die Beschäftigten haben am 4. November vor dem Gebäude 4818 deutlich gezeigt, dass sie bereit sind, für ihre Interessen zu kämpfen. Wenn es um die Existenzfrage jedes Einzelnen geht, darf nicht eine kleine Verhandlungskommission im stillen Kämmerlein sitzen, um über unsere Zukunft zu entscheiden. Wir fordern laufende Information über den Stand der Verhandlungen und das Recht, Entscheidungen abzulehnen und Forderungen zu stellen. Der Saltigo-Pool Fast 500 Kolleginnen und Kollegen von Saltigo werden sich ab dem 1. Januar 2006 in einem neuen Pool wiederfinden, der mit dem wohlklingenden Namen Job-Center bedacht wurde. Dieses Job-Center wurde in Manfort auf dem geschichtsträchtigen ehemaligen Wuppermanngelände eingerichtet. Hier wurde vor Jahren auf Grund kapitalistischer Gier nach Geld ein gut gehendes Unternehmen einfach platt gemacht. Einen psychologischen Hintergrund hat die Standortwahl des JobCenters ebenfalls. Dadurch, dass sich diese Abteilung fernab der Mauern des Chemieparks befindet, sollen sich die Kolleginnen und Kollegen schon »draußen« fühlen. Was bedeutet es nun für den Einzelnen, im Pool zu sein? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Es sind sicherlich Kolleginnen und Kollegen dabei, die auf Grund ihrer Ausbildung, Qualifikation und ihres Alters leicht einen neuen Arbeitsplatz vermittelt bekommen können. Aber bedeutet der neue Arbeitsplatz dann gleichzeitig Existenzsicherung? Damit ist nicht unbedingt zu rechnen. Da man wirklich überall hin vermittelt werden kann, ist es schwer vorstellbar, einen Job zu finden, der in etwa ebenso bezahlt wird, wie bei Lanxess. Gerade am Anfang des Jahres, als der Übertarif gestrichen wurde haben die Beschäftigten schon schwer bluten müssen. Dann folgte im Sommer die Einführung der 35-Stunden-Woche, wieder mit Entgeltverlusten. Diese Einschnitte waren schon für die meisten Betroffenen unzumutbar. Bald wieder Geld zu verlieren, kann für einige unserer Kolleginnen und Kollegen den Totalabsturz bedeuten. Betriebsrat und Unternehmensleitung werden zwar über eine »Zumutbarkeitsvereinbarung« verhandeln, aber dort wird sicher nicht festgeschrieben, dass die Betroffenen nicht weniger verdienen dürfen, als es bei Lanxess der Fall war. Zumutbar könnte zum Beispiel sein, dass der angebote- ne Arbeitsplatz innerhalb von 1,5 Stunden Wegezeit von der Wohnung des Arbeitsplatzsuchenden erreicht werden kann. Was ist mit denen, die bis Ende 2007 keinen Job vermittelt bekommen haben? Da das Abbaupotential vorher festgeschrieben wurde, könnte es sein, dass der Arbeitgeber Kündigungen aus- spricht. Dann müsste eine Sozialauswahl erfolgen. Kolleginnen und Kollegen mit den ungünstigsten Sozialdaten, wie zum Beispiel geringes Alter, geringe Unternehmenszugehörigkeit, keine Schwerbehinderung oder keine Unterhaltsverpflichtungen, beißen dann zuerst ins Gras Wir fordern, dass alle Beschäftigten, nicht nur die im Pool, regelmäßig weiter qualifiziert werden. Bildungsurlaub nach 2006 übertragen! Der jährliche Anspruch auf Bildungsurlaub verfällt am Jahresende. Es besteht aber die Möglichkeit, den Anspruch von zwei Jahren zusammen zu fassen. an einer dreitägigen Bildungsveranstaltung nicht mehr die vollen fünf Tage zur Verfügung stehen, sondern nur noch zwei Tage aus dem Kontingent des laufenden Jahres verbleiben. Damit ergibt sich die Option, im kommenden Jahr zum Beispiel sieben Tage für zusammenhängende Seminare zu nutzen. Wer bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen Bildungsurlaub in Anspruch genommen hat, sollte diesen ins Folgejahr übertragen. Dieses muss der Personalabteilung ausdrücklich noch im laufen- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer für diese Zeit den Jahr erklärt werden, und zwar in schriftlicher Form. Es ist bezahlt von der Arbeit freizustellen. Seminar-, Übernachtungsdabei nicht erforderlich, dem Arbeitgeber schon im Vorfeld be- und Verpflegungskosten sind in der Regel vom Teilnehmer selbst kannt zu geben, welche Veranstaltung besucht werden soll. Es zu tragen. Ausnahmen gibt es unter anderem bei Gewerkschaftsmuss auch nicht ein einziges zusammenhängendes Seminar be- mitgliedern, die einen Bildungsurlaub ihrer Organisation besusucht werden. Gefordert wird lediglich, dass auch mehrere kür- chen. Das Bildungsprogramm der IG BCE kann bei uns eingesezere Veranstaltungen inhaltlich, zeitlich oder organisatorisch zu- hen werden.Entsprechende Formularsätze zur Übertragung des sammen hängen. Die Möglichkeit der Zusammenfassung besteht Bildungsurlaubes gibt es bei unseren durchschaubaren Betriebsim übrigen auch dann, wenn wegen der Teilnahme zum Beispiel räten. –2– Eine schöne Geschichte über Herrn Müller Das hier, das ist der Herr Müller. Der Herr Müller kommt aus Aretsried, das liegt in Bayern, also ganz im Süden. Der Herr Müller ist ein Unternehmer und das, was in den Fabriken von Herrn Müller hergestellt wird, habt ihr sicher alle schon mal gesehen, wenn ihr im Supermarkt wart. Der Herr Müller stellt nämlich lauter Sachen her, die aus Milch gemacht werden. Na ja, eigentlich stellen die Kühe die Milch her, aber der Herr Müller verpackt sie schön und sorgt dafür, dass sie in den Supermarkt kommt, wo ihr sie dann kaufen könnt. Die Sachen, die der Herr Müller herstellt sind so gut, dass sogar der Herr Bohlen dafür Werbung gemacht hat. Weil der Herr Müller ein Unternehmer ist, hat er sich gedacht, er unternimmt mal was und baut eine neue Fabrik. Und zwar baut er sie in Sachsen, das ist ganz im Osten. Eigentlich braucht niemand eine neue Milchfabrik, weil es schon viel zu viele davon gibt, und diese viel zu viele Milchprodukte produzieren, aber der Herr Müller hat sie trotzdem gebaut. Und weil die Leute in Sachsen ganz arm sind und keine Arbeitsplätze haben, unterstützt der Staat den Bau neuer Fabriken mit Geld. Arbeitsplätze hat man nämlich im Gegensatz zu Milchprodukten nie genug. Also hat der Herr Müller einen Antrag ausgefüllt, ihn zur Post gebracht und abgeschickt. Ein paar Tage später haben ihm dann das Land Sachsen und die Herren von der Europäischen Union in Brüssel einen Scheck über 70 Millionen Euro geschickt. 70 Millionen, das ist eine Zahl mit sieben Nullen, also ganz viel Geld. Viel mehr, als in euer Sparschwein passt. Der Herr Müller hat also seine neue Fabrik gebaut und 158 Leute eingestellt. Hurra, Herr Müller! Nachdem die neue Fabrik von Herrn Müller nun ganz viele Milchprodukte hergestellt hat, hat er gemerkt, dass er sie gar nicht verkaufen kann, denn es gibt ja viel zu viele Fabriken und Milchprodukte. Na ja, eigentlich hat er das schon vorher gewusst, auch die Herren vom Land Sachsen und der Europäischen Union haben das gewusst, es ist nämlich kein Geheimnis. Das Geld haben sie ihm trotzdem gegeben. Ist ja nicht ihr Geld, sondern eures. Klingt komisch, ist aber so. Also was hat er gemacht, der Herr Müller? In Niedersachsen, das ist ziemlich weit im Norden, hat der Herr Müller auch eine Fabrik. Die steht da schon seit 85 Jahren und irgendwann hatte der Herr Müller sie gekauft. Weil er jetzt die schöne neue Fabrik in Sachsen hatte, hat der Herr Müller die alte Fabrik in Niedersachsen nicht mehr gebraucht, er hat sie geschlossen und 175 Menschen haben ihre Arbeit verloren. Wenn ihr in der Schule gut aufgepasst habt, dann habt ihr sicher schon gemerkt, dass der Herr Müller 17 Arbeitsplätze weniger geschaffen hat, als er abgebaut hat. Dafür hat er 70 Millionen Euro bekommen. Wenn ihr jetzt die 70 Millionen durch 17 teilt, dafür könnt ihr ruhig einen Taschenrechner nehmen, dann wisst ihr, dass der Herr Müller für jeden vernichteten Arbeitsplatz über 4 Millionen Euro bekommen hat. Da lacht er, der Herr Müller. Natürlich nur, wenn niemand hinsieht. Ansonsten guckt er ganz traurig und erzählt jedem, wie schlecht es ihm geht. Aber der Herr Müller sitzt nicht nur rum, sondern er sorgt auch dafür, dass es ihm besser geht. Er ist nämlich sparsam, der Herr Müller. Sicher kennt ihr die Becher, in denen früher die Milch von Herrn Müller verkauft wurde. Die schmeckt gut und es passten 500 ml rein, das ist ein halber Liter. Seit einiger Zeit verkauft der Herr Müller seine Milch aber in lustigen Flaschen, nicht mehr in Bechern. Die sind praktisch, weil man sie wieder verschließen kann und sehen hübsch aus. Allerdings sind nur noch 400 ml drin, sie kosten aber dasselbe. Da spart er was, der Herr Müller. Und sparen ist eine Tugend, das wissen wir alle. Wenn ihr jetzt fragt, warum solche ekelhaften Schmarotzer wie der Herr Müller frei herumlaufen dürfen und bei ihren Verbrechen gegen die Arbeitnehmerschaft auch noch unterstützt werden, dann muss ich euch sagen, dass das System, in dem wir leben, das System von Herrn Müller ist. Da ist so etwas völlig normal. Wenn ihr aber das nächste Mal im Supermarkt seid, dann lasst doch einfach die Sachen vom Herrn Müller im Regal stehen und kauft die Sachen, die daneben stehen. Die schmecken genauso gut, sind meistens billiger und werden vielleicht von einem Unternehmer hergestellt, für den der Begriff »soziale Verantwortung« noch eine Bedeutung hat. Weg mit Müller-Milch-Produkten aus unseren Kantinen im Chemiepark! –3– 100 Millionen Dollar Strafe In der Vergangenheit gab es eine ganze Reihe von Verfahren gegen Bayer wegen Preis- und Kartellabsprachen. Unter anderem verhängten die brasilianischen und portugiesischen Kartellbehörden allein im vergangenen Jahr Strafen von 100 Millionen Dollar gegen den Konzern. Corporate Compliance Grundsätze verpflichten alle Bayer-Beschäftigten die Gesetze einzuhalten. Dies hat sogar Wenning bekräftigt. Die Tatsache, dass wiederholt so hohe Kartellstrafen gezahlt werden zeigt, dass es genug Bayer-Manager gibt, denen der schnelle Profit über alles geht, sogar über den Konzernnutzen. Bayer und Lanxess mussten jetzt auf Grund weiterer zu erwartender Strafen Rückstellungen in der unglaublichen Höhe von 336 Millionen Euro vornehmen. Lanxess ist davon »nur« mit 61 Millionen betroffen. Bayer geht sogar davon aus, dass weiter große Aufwendungen wegen illegaler Preisabsprachen auf sie zukommen. Wer die Zeche am Ende zahlen muss, ist klar. Die Verbraucher und die Beschäftigten müssen durch höhere Preise und Lohnabbau das gesetzwidrige Handeln der Bosse finanzieren. Hier sieht man wieder deutlich, dass der Kapitalismus reibungslos funktioniert. Betriebsratswahlen 2006 bei Bayer Jetzt ist es amtlich. Der Wahlvorstand hat sich am vergangenen Freitag konstituiert und beschlossen, die BR-Wahlen 2006 vom 6. bis zum 8. April durchzuführen. Auch wir als Durchschaubare werden wieder als Alternative gegen die IG BCE-Fraktion mit ihrer Politik der bedingungslosen Sozialpartnerschaft antreten. Wer Interesse hat, mit uns für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit einzutreten und zur Kandidatur bereit ist, möge sich bitte bei unseren BR-Mitgliedern melden. Wir wünschen unseren Kolleginnen und Kollegen schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins Neue Jahr! Unsere Betriebsräte im Chemiepark: Erkan Bayraktar Josef Daiminger Sevket Dumanoglu Christian Heinzmann Thomas Holtey* Klaus Jagusch Herbert Janke Bülent Kilic Norbert Loehe Michael Prenzlow Vedat Sicimoglu* BIS-HR Betriebsrat LXS-HR Betriebsrat BMS-Chlorfabrik LXS-AED BTS BMS-HR Betriebsrat BIS-HR Betriebsrat LXS-ZeTO1 LXS-FFK LXS-TS-IHS LXS-VS * Ersatzbetriebsräte 4815 F44 R17 P31 Q18 4815 4815 H5/1 H12 P21 O9 23867 25878 21739 23312 65721 21588 23638 41835 32451 53518 66430 Vorwahl 021430 V.i.S.d.P.: Anneliese Milton • Lessingstraße 36-38 • 50825 Köln • Telefon 0221/5594782 • http://www.soliserv.de • http://www.labournet.de http://www.durchschaubare.de • eMail: [email protected] –4–