Verkehrte Welt

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Verkehrte Welt
Focal Electra 1028 BE:
Verkehrte
Welt
Sonderdruck
Januar 2013
i-fidelity.net
LAUTSPRECHER
D
er Erfolg des französischen Unternehmens Focal
beruht sicherlich im Kern darauf, dass die Ingenieure um Denker und Lenker Jacques Mahul den
Boxenbau von der Pike auf gelernt haben. Bei Focal werden
nicht einfach Chassis von Zulieferern in Gehäuse geschraubt,
nein, die Kernkompetenz der Franzosen lag immer schon
darin, Chassis selbst zu entwickeln und auch selbst zu fer-
gebracht, um die feinen technischen Innovationen der Utopia
und mithin deren Klangpotential einem breiterem Publikum
zugänglich machen zu können. Und das nicht nur dank günstigerer Preise, sondern auch dank wohnraumtauglicherer
Formate. Die 2008 überarbeiteten Lautsprecher bekamen aus
der Utopia unter anderem den Beryllium-Hochtöner spendiert
– natürlich eine Invers-Kalotte.
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tigen. Man denke nur an die legendäre gelbe Invers-Kalotte,
die schon vor 30 Jahren Aufsehen erregte. Man könnte sogar
behaupten, dass Focal mit diesem Ausnahme-Hochtöner
bekannt und schließlich auch groß geworden ist.
So gut wie jeder engagierte Boxenselbstbauer dürfte diesen
Hochtöner mindestens einmal in seinen Eigenkreationen verbaut haben, denn in den 1980er-Jahren gehörte Focal zu den
angesagtesten Bausatzherstellern des Marktes. Heute bietet
die französische Firma von exklusiven Fertiglautsprechern
über Car-HiFi-Systeme bis zum Kopfhörer alles an, was gut
und edel ist.
Apropos edel
Unmittelbar unterhalb der Top-Serie Utopia ist die feine
Electra-Linie angesiedelt, eine sechsköpfige Boxen-Familie
mit Standlautsprechern, einer Regalbox sowie Center, RearSpeaker und Subwoofer. Wer es eher unauffällig mag, darf
auch gerne auf die In-Wall-Lautsprecher aus der gleichen Serie zurückgreifen. Focal hatte die Electra-Serie auf den Markt
Ein Alleinstellungsmerkmal hat Focal
bekannt gemacht: Noch heute bauen die
Franzosen ihre Hochtonkalotte »falsch«
herum ein. Was der Standlautsprecher
Electra 1028 BE aus diesem Prinzip macht,
erfahren Sie im folgenden Bericht.
Für diesen Test hat sich i-fidelity.net das zweitgrößte
Electra-Modell ausgesucht, eine schlanke Standbox, die sich
allein schon wegen ihrer exquisiten Erscheinung nicht verstecken muss. Die 1028 »BE« – wie Beryllium – misst 111
Zentimeter in der Höhe und ist zugunsten höherer Gehäusesteifigkeit und ausgewogenerer Übertragungsfunktion ohne
harte Kanten gefertigt und bauchig geformt. Der 27 Millimeter
große Hochtöner besteht aus reinem Beryllium, auf ihn wollen wir zunächst unser Hauptaugenmerk legen. »Warum
konkav und nicht konvex«, fragt sich vermutlich jeder technisch interessierte Kunde?
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Linearitätsgebot
nicht nur im Hochton
Bei einer nach außen gewölbten
Kalotte sitzt die Schwingspule immer
am Membranrand. Damit ist der Radius, an dem das Musiksignal die Membran in Schwingung versetzt, relativ
groß und fest vorgegeben. Schaut
man sich jedoch einmal das Schwingungsverhalten üblicher Kalotten an,
so erkennt man, dass die Membran ab
einer bestimmten Frequenz nicht mehr
als Ganzes schwingt, sondern in Teilbereichen sogar gegenphasig. Mit
einer nach hinten gewölbten InversKalotte lässt sich die Schwingspule
dagegen gezielt an einem Radius verkleben, an dem die Krafteinleitung auf
die Kalotte hinsichtlich der Partialschwingungen optimiert ist. Das gefürchtete »Aufbrechen« der filigranen
Membran wird so zu höheren Frequenzen und damit weit weg aus dem
Hörbereich verschoben.
Die beiden 16,5 Zentimeter großen
Tieftöner sind dagegen in erster Linie
hinsichtlich hoher Steifigkeit optimiert.
Die hier auftretenden Partialschwingungen liegen außerhalb des Einsatzbereichs dieser Chassis, also deutlich
oberhalb 350 Hertz. Nach unten unterstützen »Dual Ports« die Bässe,
also eine Bassreflex-Konstruktion, die
sowohl am unteren Gehäuseboden als
auch auf der Rückseite ihre Helmholtz-Resonanzen zu Gehör
bringt. Anders verhält es sich beim gleich großen Mitteltöner:
Der ist zwar ähnlich aufgebaut, wurde jedoch mit einer
kleineren Schwingspule und einer anderen Sicke bestückt.
Da er mehrere Oktaven des Musikbereichs vor allem in einem
für unsere Ohren sehr empfindlichen Frequenzbereich wiedergibt, muss insbesondere ein Ohrenmerk auf das obere
Übertragungsende gelegt werden. Focal gibt hier 2.200 Hertz
als Übergabefrequenz zum Hochtöner an. Also sollte die
Membran bis zu diesem Bereich möglichst partialschwingungsfrei agieren können. Eine sehr leichte, steife und zugleich mit hoher innerer Dämpfung versehene Sandwich-Konstruktion soll dies in Verbindung mit einer gut absorbierenden
Sicke gewährleisten.
Diese ganze Technik ist verpackt in ein Gehäuse, das keinen Vergleich scheuen muss. Drei hochglanzlackierte Furniervarianten sowie die Ausführungen Hochglanz Schwarz und
Weiß stehen serienmäßig zur Auswahl. Auf Anfrage lassen
sich aber noch weitere Varianten realisieren. Die Verarbeitung
ist über jeden Zweifel erhaben – besser geht es nicht. Auf die
Option der getrennten Verkabelung von Bass- und Mittelhoch-
tonfraktion muss der Kunde jedoch verzichten. Dafür sind die
Single-Wiring-Terminals massiv und erfreulich griffig ausgeführt, was eine feste Klemmverbindung und mithin sicheren
Kontakt zum Lautsprecherkabel erlaubt.
Fels in der Brandung
Im Hörraum machte die Electra 1028 BE Bekanntschaft mit
dem Audionet DNA, der für diesen Test noch um das Zusatznetzteil EPS erweitert wurde. Als Quellen standen das famose Analoglaufwerk EAT E-Flat und der SACD-Spieler Marantz
SA-KI Pearl bereit. i-fidelity.net verwendet inzwischen eine
ganze Reihe von High-Resolution-Alben für Hörtests. So
begannen wir die ausführlichen Hörtests mit Nils Landgrens
neuem 24-Bit/96-Kilohertz-Album »Funky Abba«, das bei
ACT erschienen ist.
»Gimme! Gimme! Gimme!« groovte von der ersten Sekunde an und wir waren uns zunächst nicht sicher, ob wir die
Perfektion akkuratester Basswiedergabe und den von unverschämter Leichtigkeit geprägten Hochtonbereich dem Medium oder dem Lautsprecher zuschreiben müssen. Im Verlauf
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Das solide Single-Wiring-Terminal der Electra 1028 BE
nimmt Bananen- und Hufeinsenstecker sicher auf. Im
Zuge des Kostendrucks ist es eine sinnvolle Entscheidung
von Focal statt zweier mittelprächtiger Bi-Wiring-Terminals
ein hochwertiges einzusetzen.
Besser konnte ihre große Schwester 1038 BE das auch nicht.
Dabei litt das Klangbild durch die hohe Fokussiertheit nie
unter einer sonst vielfach vorkommenden Sterilität. Damit sind
Klangbilder gemeint, die zwar bis in den letzten Winkel fehlerfrei und exakt sind, die den Hörer aber nicht einmal im Ansatz mit der Botschaft erreichen. Das ist bei der Focal 1028 BE
gänzlich anders, weil sie nicht nur emotionalen Gehalt sendet,
sondern den Hörer hemmungslos mit ins Geschehen zieht.
des Tests kristallisierte sich jedoch heraus, dass dieses Ergebnis zu gleichen Teilen der Hires-Aufnahme und der Electra 1028 BE geschuldet ist: Legten wir eine CD in den Player,
ging ein Teil der Plastizität und der Spannung verloren, was
allerdings in identischer Form auch bei zum Vergleich herangezogenen Lautsprechern geschah.
Dass diese Focals bis zu Ende gedacht sind, zeigte auch
der Umstand, dass sich das Klangbild in Richtung höherer
Pegel nicht verändert. Da bricht nichts auf, da wird nichts
unsauber und es gibt auch keine tonalen Verschiebungen.
Selbst bei höchster »Tadel-Motivation« gab die schlanke Französin keinen Anlass zur Nörgelei. Im Gegenteil, sie bot die
Stimme von Dido im Titel »Sand In My Shoes« so klar und
fokussiert an, dass es für die Preisklasse zum Maßstab wird.
Testergebnis
Die Focal Electra 1028 BE sind Ausnahme-Schallwandler.
Präzision, Räumlichkeit und Pegelfestigkeit liegen deutlich
über dem Klassendurchschnitt. Um dieses Ergebnis zu erzielen, bedarf es aber zwingend einer musikalischen Kette. Wunderbar ist ihre Fähigkeit, den Charme analoger Aufnahmen
ebenso wie maximale Auflösung und höchsten Druck von
High-Resolution-Audiofiles darzustellen. Mit diesen echten
Highlight-Lautsprechern ist höchste Zufriedenheit für lange
Zeit garantiert und nicht nur beim Hochtöner sondern auch
beim vergleichsweise günstigen Preis attestieren wir eine
»Verkehrte Welt«.
Michael Jansen ifn
Focal Electra 1028 BE
Standlautsprecher
Konstruktion: Drei-Wege-Bassreflexsystem
Bestückung: 2 x 16,5-cm-Tieftöner,
1 x 16,5-cm-Mitteltöner, 1 x 27-mm-Hochtonkalotte
Durchschnittliche Impedanz: 8 Ohm
Übergangsfrequenzen: 350 Hz und 2.200 Hz
Ausführungen: Schwarz, Weiß, Mahagoni, Basalt (grau),
Champagner, Sonderausführungen sind möglich
Abmessungen (B x H x T): 26,5 x 111 x 36 cm
Gewicht: 33 kg
Paarpreis: 5.998 Euro
Garantie: 10 Jahre
Kontakt
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Hainbuchenweg 14–18
21224 Rosengarten
Telefon: 0 41 05 / 7 70 50
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High
lig
Klangqualität
überragend
Labor
gut - sehr gut
Verarbeitung
sehr gut
Gesamtnote
sehr gut
i-fidelity.net
Focal Electra 1028 BE
Testurteil: sehr gut
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