4.4 Teilgebiet „Alsen-Gelände“

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4.4 Teilgebiet „Alsen-Gelände“
Integriertes Stadtentwicklungskonzept Itzehoe
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Teilgebiet „Alsen-Gelände“
4.4.1 Analyseergebnisse
Die Zementfabrik hat nach ihrer Verlegung nach Lägerdorf Anfang der 80erJahre
am Standort Alsen ihren Betrieb eingestellt. Heute liegt das Areal weitgehend
brach. Auf einem Drittel der Fläche im Osten besteht ein Einzelhandelsstandort
mit einem Verbrauchermarkt und dem derzeit entstehenden ElektronikFachmarkt. Weiterhin existiert ein Reifenhandel und eine Diskothek.
Im Westen der Fläche, entlang der Bahnlinie, hat sich unter dem Label „Planet
Alsen“ eine alternative Kunstszene etabliert. Neben einem Künstleratelier und diversen Musik-Events hat sich Alsen als Standort für studentische Architekturund Kultursommer (in 2006 die zweite Veranstaltung nach 2005 unter Einbindung mehrerer norddeutscher Hochschulen) einen Namen gemacht. Alsen ist
somit Experimentierfeld für Kreatives und in besonderer Weise geeignet für die
Jugend.
Die Planungshistorie des Alsen-Geländes ist auf nachfolgendem Plan 13 dargestellt. Der B-Plan des Jahres 1966 setzt GI-Nutzung entsprechend der vorhandenen Funktion fest. Nach der Verlagerung des Zementwerks wird mit der 2. Änderung des B-Plans (1992) in einem Teilbereich eine Einzelhandelsnutzung ermöglicht. Die Eigentümer beabsichtigten im weiteren, Alsen zu einem Einzelhandelsstandort mit über 30.000 m² Verkaufsfläche zu entwickeln. Die dritte Änderung
des B-Plans (2005) eröffnet zwar die Möglichkeit zur Ausweitung des Einzelhandels, findet aber einen Kompromiss hinsichtlich des Umfangs.
Der Flächennutzungsplan von 2005 greift diesen aktuellen Stand der verbindlichen Bauleitplanung im wesentlichen auf.
Auf der Ebene der informellen Planung werden schon seit mehreren Jahren Nutzungskonzepte verfolgt, die für Alsen die Dominanz von gewerblichen und Einzelhandelsnutzungen klar ablehnen und statt dessen Kultur, Freizeit und Sport
als tragfähige Alternative darstellen. Die Innenstadtverträglichkeit der Einzelhandelsnutzungen auf Alsen muss schon heute als äußerst kritisch angesehen werden. Eine weitere Ausdehnung des Einzelhandels an diesem nichtintegrierten
Standort bei gleichzeitig sinkender Bevölkerungszahl und nachlassender Kaufkraft muss zwangsläufig zu Lasten der Innenstadt gehen.
Ein wichtiger Meilenstein auf dem Wege einer konzeptionellen Neuorientierung
für Alsen war das Konzept, das zur Bewerbung für die Landesgartenschau eingereicht wurde.
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Auf den verbliebenen Brachflächen stehen zum Teil imposante Ruinen der ehemaligen Zementfabrik, kleinere Gebäude an der Bahnlinie werden durch den Verein ‚Planet Alsen’ für qualitätsvolle Events und Ausstellungen genutzt.
Abbildung 76:
Gebäude an der Stör
Abbildung 77:
Kreide-Bottich als „Leinwand“ für hochwertige Graffitis
Abbildung 78:
Tunnelblick in der Ruine
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Aus stadtplanerischer Sicht wird das Alsengelände von folgenden Faktoren geprägt, die auf die geplanten Nutzungen einwirken:
-
Es wird von drei Seiten von lärmintensiven Straßen und einer Bahnlinie eingeschlossen. Dahinter direkt angrenzend beginnt die freie Landschaft bzw. die
Stör. Diese Lage begünstigt lärmintensive Nutzungen/Gewerbe/Industrie und
schließt Wohnen eher aus.
-
Der Ostteil des Geländes wird überwiegend von großflächigem Einzelhandel
eingenommen, deren Investoren nur geringe Ansprüche an Gestaltung und
Funktionalität hatten. Dieses trägt nicht zu einem positiven Image des südlichen Stadteinganges bei und gibt dem Alsengelände keine gute Adresse.
-
Die Tätigkeiten des Vereins ‚Planet Alsen’ im Westen sind als feststehende
Größe im Kulturgeschehen Itzehoes einzustufen.
-
Das Gelände befindet sich nahe der südlichen Innenstadt an einem prägenden
Landschaftsteil, der Stör, und zwischen dem Südeingang der Stadt und dem
Stadtteil Wellenkamp.
-
Einige Ruinen der ehemaligen Zementfabrik bestimmen von Süden kommend
den Südeingang der Stadt. Sie sind Zeichen der Industriegeschichte Itzehoes.
-
Brachflächen im Süden des Geländes sind als schützenswerte Biotope einzustufen.
-
Die Flächen befinden sich alle im Privateigentum. Die Stadt muss im Rahmen
ihrer Planungshoheit ihre gesamtstädtischen Interessen formulieren und die
Bauleitplanung danach ausrichten.
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4.4.2 Planerisches Leitbild
Die am südlichen Stadteingang gelegene Industriebrache wies ehemals eine Gesamtfläche von ca. 26 ha auf, abzüglich der heute vorhandenen Gewerbe- und
Einzelhandelsflächen sowie wertvoller Naturschutzflächen verbleiben ca. 14 ha
inkl. Flächen „planet-alsen“, die für Folgenutzungen zur Verfügung stehen.
Das Alsen-Gelände ist sehr gut an das überörtliche Verkehrsnetz angeschlossen,
somit gut erreichbar. Außerdem ist es von den innerstadtnahen Wohngebieten
gut mit dem Fahrrad zu erreichen, die Entfernung Alsen-Gelände bis zum Stadtteil Tegelhörn beträgt ca. 4 km, die Fußgängerzone ist ca. 1,5 km entfernt.
Durch die unmittelbare Nähe zur Bahnstrecke Hamburg-Brunsbüttel, zur B 77
und zum Kremper Weg ist die Belastung durch Verkehrslärm verhältnismäßig
hoch, eine Wohnnutzung ohne größere Lärmschutzmaßnahmen nahezu unmöglich.
Im Laufe der Projektbearbeitung stellte sich heraus, dass die Stadt Itzehoe Flächen für Großveranstaltungen im Event-Bereich benötigt. Die Veranstaltungen im
Stadion am Sandberg schaffen Konflikte mit der umliegenden Wohnbevölkerung,
der Verein „planet-alsen“ möchte aus seiner Randlage heraustreten und benötigt
Unterstützung und Raum für kleine und große Events. Lautstarke Festivals auf
dem Alsen-Gelände würden keine Nachbarn stören, die gute Verkehrsanbindung
und ausreichend vorhandene Park-/Stellplätze sind wichtige Standortqualitäten
für große Veranstaltungen.
Da eine weitere Ausweitung des Einzelhandels auf dem Alsen-Gelände ausgeschlossen werden soll, bietet es sich an, die verbleibenden Brachflächen unter
das Leitbild „Event-Kultur-Freizeitsport“ zu stellen.
Unter Beachtung der vorgenannten Merkmale wird folgende Nutzungsstruktur
vorgeschlagen:
1. Beibehaltung der gewerblichen Nutzung einschließlich Einzelhandel im heute
vorhandenen bzw. im Bau befindlichen Umfang,
2. Erweiterung der Kunst-Kultur-Event-Tätigkeiten entlang der Bahnlinie bis zur
Stör. Ansiedlung von Event-Gewerbebetrieben aller Art,
3. Einrichtung der westlichen Fläche für Indoor-Freizeit, Trendsportarten, z.T.
unter Ausnutzung vorhandener Gebäude, Bottiche etc,
4. Angebot einer Festwiese für Großveranstaltungen,
5. Erhalt der grünen Randzonen im Süden und Südwesten als Lebensraum für
Tiere und Pflanzen sowie zur Eingrünung des Event-Parks,
6. Bau attraktiver Fahrradrouten vom Delftor gen Wellenkamp und am Südufer
der Stör gen Westen und Osten. Weiterhin Anbindung des Alsen-Geländes an
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die Innenstadt abseits von Hauptverkehrsstraßen mittels einer Brücke über
die Stör.
4.4.3 Handlungsempfehlungen und Kosten
Zur Umsetzung des Leitbildes bedarf es Visionen und konkreter Anregungen, die
im Folgenden beschrieben bzw. gegeben werden. Sie erheben keinen Anspruch
auf absolute Realitätsnähe, insbesondere nicht in der heutigen Zeit. Sie sind als
langfristige Perspektive zu verstehen und müssen im konkreten Fall den Gegebenheiten angepasst werden, ohne das Leitbild aus den Augen zu verlieren.
1. Die gewerblichen Flächen sollten insbesondere zur Straße „Vor dem Delftor“
besser abgeschirmt werden. Es ist zu überlegen, ob mit der neuen Haupterschließungsstraße vom Kremper Weg die Einfahrtsituation im Westen zugunsten einer gestalterisch besseren Stadteingangssituation reduziert werden
kann.
2. Die Großveranstaltungen im Itzehoer Stadion sind über die Region hinaus bekannt, führen jedoch aufgrund der umgebenden Wohnbebauung und des
Parkplatzmangels immer wieder zu Problemen.
3. Die Gebäude an der Verladestation an der Stör bieten ein hervorragendes
Ambiente für ein Alsen-Industriemuseum, ergänzt um Jugendhotel, gewerbliche Atelier-Wohnungen im Obergeschoss, Panorama-Restaurant etc. Die Einrichtung einer Anlagestelle der Stör-Schifffahrt würde das Programm sinnvoll
ergänzen.
4. Das Gebäude des Grauen Esels an der Delftor-Brücke sollte ursprünglich erhalten werden. Mittlerweile ist ein Abriss erfolgt.
5. Sollte an dieser Stelle kein neues Gebäude entstehen, bietet es sich an, hier
ein Zeichen des südlichen Stadteingangs aufzustellen. Die Künstler des ‚Planet
Alsen’ würden es sich sicherlich nicht nehmen lassen, das Delftor neu zu entwerfen und es als Kunstwerk im Bereich des Grauen Esels aufzustellen.
6. Eine sehr wichtige Infrastrukturmaßnahme ist der Neubau einer Fußgänger-/
Radfahrerbrücke über die Stör, um die Verbindung Innenstadt-AlsenWellenkamp bzw. westliche und östliche Störniederung herzustellen.
Mit der Einrichtung einer großen Festwiese auf dem Alsen-Gelände könnten
Großveranstaltungen jeglicher Art und Lautstärke ohne nachbarliche Probleme
durchgeführt werden. Die gute verkehrliche Anbindung und die direkte Nachbarschaft zu „Planet Alsen“ bieten sehr gute Vorraussetzungen, sowohl Veranstalter
als auch Zuschauer in die Stadt zu ziehen. Ein Parkplatzproblem gäbe es aufgrund der zur Verfügung stehenden Flächen, ggf. auch unter Ausnutzung der
Parkplätze des Einzelhandels in den Abendstunden, auch nicht.
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Nicht nur Popkonzerte, sondern auch größere Sportveranstaltungen führen beim
Stadion zu Problemen mit den Anliegern. Weiterhin gibt es im Stadtgebiet Sportanlagen, die von innerstadtnahen Wohngebieten umschlossen sind und potenzielle Entwicklungsflächen für attraktives Wohnen darstellen. Als Beispiel werden
hier die ISV-Sportplätze in Sude-West genannt.
Sollte langfristig die Option angestrebt werden, dass sowohl Popkonzerte als
auch Sportveranstaltungen auf dem Alsen-Gelände stattfinden können, würden
diese Nutzungen den Standort optimal ausnutzen und das Konzept eines KunstKultur-Event-Sport-Zentrum deutlich stärken.
Option Entwicklungskonzept ISV-Sportplätze
Das nachfolgende Teilkonzept zur Verlagerung des ISV-Sportplatzes ist aktuell
nicht realisierungsfähig. Das Teilkonzept wird im ISEK dennoch als Option dargestellt, weil es exemplarisch aufzeigt, dass Verlagerungen von störenden Nutzungen an unproblematische Standorte und die Nachnutzung der freiwerdenden Flächenpotenziale durch höherwertige Funktionen (z.B. Wohnen) eine städtebaulich
sinnvolle Strategie sein können. Ein ähnliches Vorgehen wäre auch bezüglich des
Stadion-Geländes vorstellbar.
Die ISV-Sportanlagen befinden sich in einer attraktiven Wohnlage nahe der Innenstadt. Unter Beachtung der Leitziele „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ und „Verdichtung zentrumsnaher Wohnquartiere“ bietet es sich an, die
lärmintensive Sportnutzung aus dem Wohngebiet herauszunehmen und nach Alsen umzusiedeln. Einige kleinere Sportanlagen werden von den Schulen am
Lehmwohld genutzt und sollten sinnvoller Weise dorthin verlegt werden.
Es soll hier nicht die besondere Problematik einer solchen Verlegung verschwiegen werden: Sportvereine leben vom privaten Engagement vieler Einzelpersonen. Sie investieren viel Zeit und Kraft in unsere Kinder und Jugendlichen und
hängen an ihrem Vereinsstandort. Während in früheren Zeiten die Sportler vielfach aus der direkten Umgebung kamen, ist in der heutigen Zeit das gesamte
Stadtgebiet das Einzugsgebiet. Somit ist abzuwägen, ob nicht aus gesamtstädtischer Sicht den Sportlern zugemutet werden kann, zu den Sportanlagen auf dem
Alsen-Gelände zu fahren.
Hinzu kommt die Inanspruchnahme von Teilflächen des Lehmwohlds für die neuen Schulsportanlagen, die aus naturschutzfachlicher Sicht kritisch zu beurteilen
sind. In der Abwägung erscheint dieser Weg aus gutachterlicher Sicht aber gangbar. Die entsprechenden Kosten für Ausgleich sind in der Kalkulation berücksichtigt.
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Die verkehrliche Erschließung kann von der Suder Allee erfolgen. Es sollte eine
Grünverbindung von der Suder Allee aus zur Straße am Lehmwohld entstehen,
die die Schulwegverbindung von Westen zu den Schulen am Lehmwohld aufnimmt.
Aufgrund der demographischen Entwicklung und der steigenden Mobilitätskosten
wird der Trend ‚Zurück in die Stadt’ weiter zunehmen. Häuser auf dem Lande
werden deutlich an Wert verlieren, innenstadtnahe Lagen werden teurer.
Wegen der hohen Lagegunst erscheint es deshalb denkbar, Stadthausvillen und
Stadthäuser / Stadtreihenhäuser mit gehobenem Standard anzubieten.
Abbildung 79:
Farbigkeit und Nutzungsvielfalt; Stadtreihenhaus in Freiburg
Abbildung 80:
Abbildung 81:
Wohnen im Grünen
Reihenhaus mit Dachterrasse
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Alternativ zur Verlagerung der ISV-Sportplätze ist auch zu überlegen, ob nicht
das Stadion am Sandberg aufgegeben und auf das Alsen-Gelände verlegt
werden kann. Auf den Flächen des Stadions könnten kompakte, zu den Straßen abgeschirmte Wohnformen entstehen. Denkbar wäre auch die Anlage von
Kleingärten, um dafür an für das Wohnen attraktiveren Stellen andere Kleingärten aufzugeben und dort Wohngebiete einzurichten.
Durch die Umnutzung von in attraktiven Wohnanlagen befindlichen Sportflächen zu Wohngebieten wird mit dem gestiegenen Grundstückspreis ein Mehrwert initiiert, der als Startkapital für das Alsen-Gelände herangezogen werden
kann.
Indoor-Sport, Kunst-Kultur-Event
Für die Nutzung alter Industriebrachen als Kunst- und Kulturstätten gibt es
bereits zahlreiche Beispiele, von denen einige inzwischen sogar „Kultstatus“
erreicht haben und auch kommerziell erfolgreich sind.
Besonders viele positive und erfolgreiche Anschauungsobjekte finden sich im
Ruhrgebiet, wo mit der IBA Emscherpark in den 90er Jahren einschneidende
Umstrukturierungen von großen Industriebrachen vorgenommen wurden. Exemplarisch sind hier auch im Hinblick auf die Größenverhältnisse folgende
„Vorzeige-Projekte“ zu nennen:
·
Zeche Zollverein in Essen,
·
Landschaftspark Duisburg-Nord,
·
Kampnagelfabrik und Zeisehallen in Hamburg,
·
Halle 400 in Kiel (Einzelobjekt),
·
Funbox Amalie in Essen (Einzelobjekt).
In allen Fällen sind über viele Jahre (in der Regel über 10 Jahre Planungs- und
Entwicklungszeit) sukzessive Angebote mit den Schwerpunkten „Sport / Freizeit“ und „Kunst / Kultur“ entstanden, die wichtige Impulse für ganze Regionen gesetzt haben. Den Ideen für konkrete Nutzungen sind dabei nahezu keine Grenzen gesetzt, wobei die Standortqualitäten ganz gezielt einzusetzen
bzw. als Potenziale zu nutzen sind:
·
Große Flächenverfügbarkeit und große Nutzungsflexibilität,
·
keine oder geringe Beschränkungen für lärmintensive Nutzungen,
·
besonderes Ambiente / Atmosphäre einer Industriebrache,
·
gute verkehrliche Erreichbarkeit aus Stadt, Region und Großraum.
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Die konkreten Nutzungen sind dabei sowohl mit den stadtstrukturellen und
städtebaulichen Rahmenbedingungen des Geländes und der Umgebung als
auch mit dem Nachfrage- bzw. Marktpotenzial nach bestimmten Nutzungen
abzustimmen.
Die Initiative „Planet Alsen“ und der seit 2005 organisierte Architektursommer
haben gezeigt, dass bereits mit relativ wenig Aufwand Projekte realisiert werden können, die sogar über die regionalen Grenzen ausstrahlen und zum
Stadtimage einen positiven Beitrag leisten. Zudem ist mit diesen Initiativen
bereits ein wichtiges Fundamt gelegt, auf dem neue Projekte aufbauen können.
Für Kunst- und Kulturschaffende üben alte Industriebrachen und
Industriedenkmäler immer schon einen besonderen Reiz aus, der vor allem
aus dem unverwechselbaren Ambiente und der hohen Nutzungsflexibilität
resultiert. Diese Potenziale gilt es konsequent zu nutzen. Folgende Projekte
bzw. Nutzungen sollten auch bei Alsen als Planungsoptionen einbezogen
werden:
· Industrie-Museum / Industrie-Landschaft,
·
Filmpark (Kulisse für Filmaufnahmen und Fotoshootings),
·
Kunstpark (Ateliers, Graffiti, Ton- und Lichtinszenierungen etc.)
·
Musikpark (Übungsräume, Open-Air-Bühne, Musicaltheater, Disco etc.),
·
Zukunftspark (Visonen für neue Technologien),
·
Präsentationsbühne (Firmenpräsentationen, Konferenzen, etc.)
·
Erlebnisgastronomie,
·
Durchführung von Musik-Großveranstaltungen auf der Plaza.
Trendsport, Indoor-Freizeit:
Die Bedarfsanalyse für den Breitensport ergänzende Sport- und Freizeitangebote sollte sich auf Aktivitäten fokussieren, die zum Einen posititive Entwicklungstrends aufweisen, zum Anderen aber auch einen kommerziellen Erfolg
ermöglichen. Dabei bildet der noch vorhandene Gebäudebestand einen wichtigen Orientierungsrahmen für eine Nachnutzung. Als aussichtsreiche Ansätze
sollten in die weiteren Überlegungen einbezogen werden:
·
Tauchsportzentrum / Tauchsportanlage unter Ausnutzung der vorhandenen Becken, (Anm.: Im Landschaftspark Duisburg wird ein alter Gasometer als Tauchbecken genutzt),
·
Klettergarten / Hochseilparcour,
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·
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Funsport / Trendsport (Skaterbahn, Kartbahn, Crossrad, Ballspiele
etc.).
Abbildung 82:
Landschaftspark Duisburg-Nord: Out- und Indoor-Events auf ehemaligem Industriegelände
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Im Landschaftspark Duisburg-Nord verbinden sich Industriekultur, Natur und ein
faszinierendes Lichtspektakel. Hier präsentiert sich eine riesige, 200 Hektar große Industriebrache, die im Laufe von über zehn Jahren zu einem Multifunktionspark umgestaltet wurde. Im Zentrum steht ein stillgelegtes Hüttenwerk, dessen
alte Industrieanlagen heute vielfältig genutzt werden: Die ehemaligen Werkshallen sind für Kultur- und Firmenveranstaltungen hergerichtet, in einem alten Gasometer entstand Europas größtes künstliches Tauchsportzentrum, in Erzlagerbunkern wurden alpine Klettergärten geschaffen, in einer ehemaligen Gießhalle
wurde ein Hochseilparcours eingerichtet und ein erloschener Hochofen ist zum
Aussichtsturm ausgebaut. Mit 510.000 Besuchern war der Landschaftspark Duisburg-Nord 2003 vor dem kahlen Asten im Sauerland und dem Drachenfels im
Siebengebirge die beliebteste Kulturlandschaft in Nordrhein-Westfalen.
Kurz vor der Stilllegung im Jahr 1986 wurde „Zollverein Schacht XII“ unter Denkmalschutz gestellt und zusammen mit der Gründerschachtanlage und der Kokerei
Zollverein 2001 von der UNESCO in die Liste Weltkulturerbe aufgenommen. Neue
Nutzungskonzepte schaffen seit den 90er Jahren Flächen und Gebäude unter
dem Lietmotiv „Freiräume für neue Ideen“. Bei den Sanierungs- und Umbauarbeiten stehen immer wieder die Themen Design, Kunst und Kultur im
Mittelpunkt, so dass Zollverein als das Wahrzeichen eines gelungenen Strukturwandels in der Region steht. Unter dem Leitbild „Kunst und Design auf Zollverein“ haben sich viele Institutionen aus den Branchen Kunst, Kultur, Design und
Neue Medien in den restaurierten Hallen und Räumen eingerichtet.
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Zeche Zollverein (Essen) und Kampnagel (Hamburg) als etablierte Kulturmagneten
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Veranstaltungszentrum Halle400 in Kiel
Die Halle400 ist ein Veranstaltungszentrum direkt am Ostufer der Kieler Förde.
Die ehemalige U-Bootsmontagehalle wurde 2001 saniert und zu einem modernen
Veranstaltungszentrum ausgebaut. Dank des modularen Raumkonzepts sind die
vier Haupträume der Halle400 sowohl als kleine, voneinander unabhängige Einheiten mit separatem Eingang, als auch als großer Veranstaltungssaal nutzbar.
Zudem gibt es ein in die Halle integriertes Restaurant mit großer Außengastronomie. Die Freianlage ist die zweitgrößte Kiels und erhält durch ihre unmittelbare
Nähe zur Hörn einen ganz besonderen Reiz.
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Museum der Arbeit und Medienfabrik Zeisehallen (Hamburg) als neue Highlights der
Industriekultur
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Funsporthalle (Essen) als kommerzielles Trendsportangebot
In der Kulisse der ehemaligen Zeche Amalie findet der Trendsportler alles was
das Herz begehrt: Miniramps, Banks, Curbs, ein Wheely Table, ein Picnic Table,
einen großen Street-Parcours sowie eine Kletterwand. Ein großer Freibereich bietet Platz für Kurse und Sportunterricht. Im Gegensatz zu den meisten anderen
Hallen sind BMX-ler in der Funbox gern gesehene Gäste und runden das sportliche Angebot ab. Die Funbox ist aber auch ein flexibler Veranstaltungsort für jegliche Events. Hip-Hop- und Rock-Konzerte werden hier ebenso abgefeiert wie
Techno- Parties.
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Instrumente
Zur Umsetzung der Entwicklungsziele auf Alsen muss die Stadt nach der Festlegung als Teil des Stadtumbaugebiets konsequent auch die planungsrechtlichen Grundlagen anpassen. Das heißt, dass der Flächennutzungsplan für den
Teilbereich Alsen geändert werden muss: die Darstellung von gewerblicher
Baufläche im Westteil von Alsen ist in Sonderbaufläche mit der Zweckbestimmung Freizeit abzuändern.
Die vom Bürgermeister bereits aufgenommenen Verhandlungen mit den
Grundstückseigentümern sind mit dem Ziel zu führen, Teilflächen mit öffentlichen Funktionen durch die Stadt zu einem angemessenen Preis zu erwerben. Im Rahmen dieses Grundstücksgeschäfts sollten auch für die weiteren
Flächen wechselseitige Rechte und Pflichten im Rahmen eines städtebaulichen
Vertrags fixiert werden. In diesem Zusammenhang ist nach Möglichkeit konsensual zu klären, dass ein neuer Bebauungsplan für den Westteil aufzustellen ist.
Für die Realisierung der öffentlichen Maßnahmen auf/am Alsen-Gelände werden
zunächst folgende Kosten geschätzt:
A
Option Verlagerungsprojekt ISV-Sport (beispielhaft)
Baureifmachung
€
20.000,00
Herrichten Baufeld in Waldfläche Scholl-Gymnasium
€
25.000,00
Bau Schulsportanlagen am Scholl-Gymnasium
€
500.00,00
Aufforstung Waldfläche 1:3 inkl. Grundstückskosten
€
75.000,00
Planungskosten
€
75.000,00
Verkehrsanbindung und interne
Verkehrserschließung (7.200 m²)
€
870.000,00
Öffentliche Grünfläche (2.100 m²)
€
42.000,00
Spielplatz (errichtet durch Bauträger)
€
--
€
1.600.000,00
Einnahmen Grundstückverkauf
(33.800 m² Nettobauland x 130€ / BRW bei 100 € für EFH)
€
4.400.000,00
Erlös für Gegenfinanzierung Alsen
€
2.800.000,00
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Alsen-Gelände
Entwicklungsachse für Kunst und Kultur Planet Alsen
Geschätzte Gesamtkosten ca.
€
600.000,00
Beräumung / Herrichtung Plaza
€
250.000,00
(Altlasten)
€
???
Grunderwerb (35.000 m² x 10€)
€
350.000,00
€
2.165.000,00
(Altlasten)
€
???
Grunderwerb (12.900 m² x 5€)
€
65.0000,00
Industriemuseum
€
1.250.000,00
Störbrücke
€
600.000,00
Wegebau Radweg
€
250.000,00
Geschätzte Gesamtkosten ca.
€
3.450.000,00
Teilabriss, Beräumung
€
120.000,00
Grunderwerb (58.250 m² x 10€)
€
590.000,00
Alsen-Halle und Tribüne 1.000 Plätze
€
1.700.00,00
Erschließung
€
240.000,00
Freiflächen, Parken sowie Planungskosten
€
800.000,00
Denkbare Gegenfinanzierung aus Verlagerung ISV-Sportplätze €
2.800.000,00
Störufer und Störbrücke
Geschätzte Gesamtkosten ca.
Gelände für Großveranstaltungen
Bereich für kommerzielle Sportnutzungen (ca. 25.300 m²)
Soccer-Arena
privat
Fitness-Center
privat
Tauchen indoor/outdoor
privat
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Freiflächengestaltung im südlichen Randsaum und Wegeverbindung
nach Wellenkamp
Geschätzte Gesamtkosten:
€
67.000,00
Beräumung
€
20.000,00
(Altlastengutachten)
€
???
Grunderwerb (44.850 m² x 0,15 €)
€
7.000,00
Wegeverbindung (810 m² x 50€)
€
40.000,00
Gesamtkosten öffentliche Aufgaben
Alsen-Gelände ca.
€ 6.282.000,00
(ohne Gegenfinanzierung)
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