MEIN SOMMER IN ISLAND

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MEIN SOMMER IN ISLAND
MEIN
SOMMER
IN ISLAND
BERICHT
Aufgeschrieben von Victoria Storck
Arbeiten auf der Berittstation Sporthestar
Training mit dem jungen Border Collie: Smalanamskeid
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Es war schon immer mein Kindheitstraum gewesen einmal in die Heimat der Islandpferde
zu reisen, um dort die Natur und vor Allem die
Islandpferde zu erleben. Als ich dann mein
Abitur dieses Jahr in der Tasche hatte, konnte
es endlich losgehen! In Island gibt es sehr viele Höfe, die Reittouren für Touristen anbieten
und nebenbei Viehzucht betreiben. Hauptsächlich diese Höfe suchen Praktikanten zur
Mithilfe im Stall, Haushalt, auf den Reittouren
oder als Tourguide für die Touristen bei Ausflügen. Kurz vor meiner Zeugnisausgabe las
ich jedoch Birnas Anzeige auf www. meinislandpferd.de. Sie suchte einen Praktikanten der Interesse hatte mit Jungpferden zu
arbeiten und ältere, gute Pferde auszubilden.
Nach einer Bewerbungsmail bekam ich die
Zusage und zwei Wochen später saß ich im
Flieger! Ich war platt, dass ich genommen
wurde!! Nun hatte ich die großartige Chance
auf einem sehr ambitionierten Hof im Westen
Islands zu arbeiten.
ÜBER SPORTHESTAR
Der Hof Sporthestar ist eine Berittstation
nahe Borgarnes, 100 km nördlich von Reykjavik, der von Birna und Agnar geführt wird.
Den Stall kauften sie erst im Sommer 2011
und bauten einen Teil zu ca. 40 Pferdeboxen
um, denn vorher war es ein Schweinestall. In
Island ist es üblich nur die Pferde im Stall zu
halten, welche auch trainiert werden. Alle anderen Pferde leben frei auf sehr großen, außerhalb liegenden Wiesen. So war die Hälfte
der im Stall stehenden Pferde im Besitz von
Birna und Agnar, die andere Hälfte waren Berittpferde. Sporthestar ist sehr bekannt in Island und die Leute wissen Birnas und Agnars
Erfahrung und Qualifikationen zu schätzen.
Beide sind Mitglieder der Icelandic trainer
association (FT), Birna hat in Hólar studiert
Reittouren werden einmal die Woche im Winter gemacht
und hat einen deutschen FN Trainerschein.
Sie gibt Unterricht und verkauft ihre Pferde in
ganz Skandinavien und Deutschland, deshalb
spricht sie sehr gut englisch und deutsch.
Zusätzlich beschlägt Agnar alle Pferde, kümmert sich um die Heuernte und gemeinsam
stellen sie ihre Pferde auf den Turnieren vor,
wobei sie immer sehr erfolgreich waren. Es ist
also eine Menge zu tun auf Sporthestar und
nebenbei ist da auch noch Ylva Sól zu managen, die süße zweijährige Tochter.
MEIN TAGESABLAUF
An jeden normalen Tag sind wir gegen 8.00
Uhr aufgestanden, haben schnell gefrühstückt und sind dann von der Wohnung aus
zum drei Kilometer entfernten Stall gefahren.
Zuerst wurden dann die drei Border Collies
gefüttert, die ihre eigenen Boxen haben. Meine Aufgabe war es dann die Pferde, die auf
der Weide am Hof standen (also die die im
Training waren), in den Stall zu treiben. Die
Weide am Stall ist für deutsche Verhältnisse
zwar schon sehr groß, aber verglichen mit
den anderen überdimensionalen Weiden, nur
ein Klacks. Týri, der älteste Hund hat mir beim
Treiben in den Stall immer gut geholfen, denn
in Island wird viel Wert auf ein gutes Training
des Hütehundes gelegt. Waren alle Pferde in
den Boxen wurde der Stall kurz gefegt und
dann ging die Arbeit mit den Pferden los.
Beim Training der Pferde findet keine Spezialisierung der „Pferdetypen“ statt, sondern
jedes Pferd wird seinen Fähigkeiten gemäß
bestmöglich ausgebildet – ob es dann ein
Familienpferd oder ein künftiger Weltmeister wird, zeigt sich während der Ausbildung.
Meistens haben wir dann gegen 12.00 Uhr
fünf Pferde geschafft und fahren zum Mittagessen kurz nach Hause. Am Stall zurück
wurden dann meist noch einmal fünf Pferde
HESTUR 168
HESTUR 168
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MEIN
SOMMER
IN ISLAND
BERICHT
Die höchstgekörte 4jährige Stute Vissa f.
Lambanesi (eigene Zucht) 9 für Pass und
Temperament
Hengstaufzucht auf Sporthestar
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geritten und danach noch andere anfallende
Arbeiten erledigt, wie z.B. Paddocks bauen,
Boxen ausmisten oder einen Hot Pot vor dem
Stall errichten, damit man gemeinsam nach
getaner Arbeit entspannen kann! Abends
haben wir noch eine Kleinigkeit gegessen,
englisches Fernsehen geschaut und den
nächsten Tag besprochen. Das schwierigste
war dann aber immer das Einschlafen, denn
im Sommer in Island geht die Sonne nicht
mal eben so schnell unter, nein sie scheint die
ganze Nacht durch!
In Island ist vieles anders als in Deutschland
Mir wurde gleich am ersten Tag klar, dass man
in Island seine Pferde zwar sehr hoch schätzt,
aber doch etwas anders mit den Tieren umgegangen wird. Erst mal werden die Pferde
natürlich auch aus Zeitgründen nicht so ausgiebig geputzt wie man es bei seinen eigenen
Pferden gewohnt ist. Dazu wird es eher als
positiv angesehen, wenn das Pferd sich nicht
zum „Schmusepferd“ entwickelt, sondern
stets großen Respekt vor dem Menschen hat.
Dieser Respekt, den viele in Deutschland aufgezogene Pferde leider nicht mehr besitzen,
ist natürlich unbedingt nützlich und macht
das Arbeiten viel angenehmer. Leider haben
viele in Deutschland aufgezogene Pferde
diesen Respekt nicht mehr, dadurch dass die
Fohlenweiden beispielsweise direkt an den
Reitplatz grenzen und nicht von Menschen
abgeschottet sind wie in Island.
Dazu gestaltet sich auch das Training der
Pferde anders. Bei uns wurden Reithalle und
Roundpen hauptsächlich nur für die noch
recht rohen Pferde genutzt, alles andere wurde im Gelände gemacht. Da es nicht viele tolle Geländestrecken bei uns gab, heißt das: die
Pferde werden am Straßenrand auf kleinen
Schotterpisten trainiert. Liegen im Sommer
ein paar Silageballen auf den Wiesen, werden
diese genutzt um die Pferde noch mehr zu
biegen. So habe ich in Island auch wirklich
viel gelernt, mit wenigen Hilfsmitteln sehr
viel aus einem Pferd herauszuholen. Immer
und immer wieder habe ich gedacht: meine
eigenen „deutschen“ Isländer würden sich
in Island die Beine brechen. So jagt man auf
den Reittouren im Tölt eine lange, harte Steigung in das Gebirge hoch (zuhause hätten
wir unsere eigenen Pferde im Schritt hoch
geführt) und ignoriert dabei das Gelände
komplett. Erstaunlich war immer wieder die
unglaubliche Trittsicherheit und Ausdauer
der Pferde, die klaglos durch Bäche oder über
ausgedehnte Schotterflächen tölten. Diese
Reittouren sind ein zusätzliches Training für
alle Pferde im Stall und werden mindestens
einmal im Monat gemacht. Wir waren dazu
bei meiner ersten Tour elf Reiter, alles Pferdezüchter und Nachbarn von unserem Hof, die
alle ihre Pferde mitbrachten, sodass es ca. 40
Pferde waren.
mich absolut nervenaufreibend, für die Isländer eher eine gemütliche Kaffeetour. Da das
Ganze über fünf Stunden ging, wurden viermal die Pferde gewechselt. Dabei fängt sich
jeder ein einigermaßen frisches Pferd aus der
Herde und wechselt es mit dem zuvor gerittenen Pferd durch. Am Ziel angekommen
wird dann meist in einer kleinen Hütte übernachtet, während die Pferde auf eine eingezäunte Weide kommen. Im Ganzen war diese
Reittour eines der besten und lustigsten Erlebnisse, die ich in Island hatte!
Mein Praktikum musste ich dann aber leider
früher abbrechen durch einen Beinbruch.
Jungpferdearbeit ist eben doch nicht ungefährlich – ein Pferd ist mir darauf gesprungen. Ich werde aber auf jeden Fall noch einmal nach meinem Studium zurück kommen!
Abschließend kann ich so ein Praktikum in
Island jedem nur empfehlen! Die Erfahrungen sind wirklich unbezahlbar und haben
mir jetzt schon viel geholfen. Man erlebt die
„echten Isländer“ in jedem Fall komplett anders als unsere „heimischen“ und Islands Natur ist atemberaubend. Die Arbeit kann zwar
hart sein und das Leben rustikal, aber das
Land und die Islandpferde dort sind absolut
lohnenswert!
Victoria Storck
DANN GEHT’S LOS!
Im flotten Tölt wird die Herde, umschlossen
von den Reitern an der Spitze und am Ende,
über etliche Straßen und Schotterwegen
getrieben. Immer wieder muss ein Reiter
Straßenabbiegungen versperren, damit kein
Pferd einen falschen Weg einschlägt. Die
Pferde die zwischendurch einfach in einen
Bach springen, oder eine steile Bergwand
neben der Straße erklimmen wollen, müssen immer wieder zurück geholt werden. Für
Nonnenmacher
Reittour mit freilaufender Herde in Valbjarnavallarmúli
Ylva Sól und Mama Birna

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