Artikel e\lok\bap(P)

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SCHLOSS-FESTIVAL EYRICHSHOF
BAP-Konzert: Diese Spielfreude haute 1800 Fans vom Hocker
VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED
RALF KESTEL
Ebern — „Warum haben wir bloß
die Stühle aufgestellt?“ Gaby
Heyder zweifelte am eigenen
(Sach-)Verstand. Die Chefin des
Bamberger Veranstaltungsservices erkannte sehr schnell, dass
die 1800 Besucher des „BAP“Konzertes am Freitagabend im
Eyrichshöfer Schlosshof gar
nicht sitzen wollten (bzw. sitzen
bleiben konnten). Und die, die
Platz genommen hatten, waren
vom ersten Ton an vom Hocker
gerissen. Wolfgang Niedecken
und Band hauten sie vom Hocker, zogen drei Stunden lang eine Tour de force durch 40 Jahre
Bandgeschichte durch, die nicht
nur eingefleischte Fans begeisterte. Deutsche Rockmusik vom
Feinsten, schnörkellos, aufrichtig – einfach gut. Spielfreude
pur. Der Spaß an den eigenen
Werken hält an (und jung) – lebenslänglich.
„Bitte noch ein Kölsch“ lautete denn auch der Wunsch, als
„BAP“ um kurz nach 23 Uhr abtrat. Abtreten musste. Mehr
ging nicht, mehr durfte nicht
sein. Der (genehmigte) Antrag
auf „außergewöhnliche Störereignisse“, so heißt der Bescheid im Behördenjargon wirklich, lässt nicht mehr zu.
Denn trotz seiner 66 Lenze
fängt Niedecken unter drei
Stunden Programm eigentlich
gar nicht erst an, wie er in einem
Interview mit unserer Zeitung
im Vorfeld verriet.„Deswegen
hatte es vor dem Konzert sogar
einige Diskussion gegeben“, be-
„Wollt Ihr wirklich Kölner sein?“, fragte Wolfgang Niedecken die 1800 Franken im Schlosshof.Foto: Barbara Herbst
stätigte Gaby Heyder BAPs Lust Liebeslied schenkt, obwohl „es
auf Longplayer. Und schließlich schon Tausende gibt“.
Die Rock-Puristen mögen es
heißt das Programm ja „Lebensmir verzeihen: Auch das beste
länglich“.
Lied, das „BAP“ je herausgeSoll das ein Störereignis sein?
bracht hat, ist auch eine Hymne
Von wegen Störereignis: Am auf ein Kölner Urvieh. „Der
Feitag waren die Kölner beson- Jupp“ zieht nicht nur sein Segel
ders gut drauf. Der Sommerur- hoch, sondern mit seiner melanlaub steht bevor. Den freien Tag cholischen Tiefe die Massen in
zuvor hatten Band und Crew in seinen Bann. „Von Stalingrad
Bad Staffelstein verbracht, um erzählt er nie.“ Das Schicksal eiausgeruht nach Ebern zu düsen. nes Kriegsteilnehmers, für den
Dabei schweifte so mancher es noch kein KriseninterventiBlick aus dem Fenster. „Ihr habt on-Team gab, sondern nur die
es so schön hier“, schwärmte Flucht in den Suff. Eine WahnNiedecken, der Meister des sinns-Nummer. Gänsehaut pur.
Natürlich wurde mehr geBAP-Gebabbels. Er hat also
nicht nur Augen für seine Hei- rockt als geschwoft, aber die
matstadt, der er ein weiteres BAP-Balladen sind eine Klasse
für sich. Der „Liebeslieder-imSitzen“-Zyklus riss jedenfalls
mit. „Halt dich irgendwo fest“,
erschallte aus 1800 Kehlen.
„Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr
gerne Kölner seid? Ihr singt in
einer Sprache, die nicht die Eure
ist?“, fragte Niedecken die
Franken, wobei er dem Autoren
im Interview verraten hatte, wie
sehr er den fränkischen Zungenschlag mag. „Ihr seid ein romantisches Völkchen, Ihr Eberner.
Ich hätt’ Euch auch allein singen
lassen können“, lobte er sein Publikum, das aber auch von weiter
weg angereist war, um dem Idol
zu huldigen. Einer trug ein Konzert-T-Shirt, das 30 Jahre auf
dem Buckel hat.
Der Schlosshof-Sound? Wie
an den Vortagen schon: Brillant
perfekt, glasklar. Die Beleuchtung: Standard, ergänzt durch
eine wunderbare Laser-Illumination des Gutshofes, die nach
dem Konzert zum Verweilen
verführte.
„Verdamp lang her“, das „älter ist als unser Schlagzeuger“
(Sönke Reich, Jahrgang 1983)
erklang nach zwei Stunden vor
den Zugaben. Die Band stieg
noch mehrfach auf die Bühne
(siehe vorne).
Bedauerlicherweise
hat
„Kristallnach“ auch nach 34
Jahre noch aktuelle Bedeutung.
„Ich hoffe, dass wir trotz der
wirren Ereignisse dieser Tage
für ein bisschen Freude sorgen?“, lautete das Motto der
Band, die sich aus vorzüglichen
Musikern zusammensetzt.
Nicht nur optisch eine Attraktion: Anne de Wolff, die anscheinend jedes Instrument beherrscht, das es im Musikhaus
Thomann in Treppendorf zu
kaufen gibt. Dazu noch Gitarrist
Ulrich Rode und Keyboarder
Michael Nass, der im guten alten
Stil die Hammond-Orgel durchs
Leslie jagt, was einfach natürlich
klingt als diese ComputerSounds.
„Dä Herrjott meint et joo met
mir“ urteilt Niedecken über sein
Musiker-Dasein, seine Touren
und Konzerte. Mit uns hat es am
Freitag auch einer gut gemeint.
Am heutigen Montag endet
das Schlosshof-Festival im Eberner Stadtteil mit der Aufführung
der Verdi-Oper „Aida“.