sozialpädagogische Aspekte der Migration

Transcrição

sozialpädagogische Aspekte der Migration
Diplomarbeit
Titel der Diplomarbeit
„Geld macht nicht glücklich...
sozialpädagogische Aspekte der Migration.“
Verfasserin
Denk Liesa
angestrebter akademischer Grad
Magistra der Philosophie (Mag. Phil.)
Wien, im März 2009
Studienkennzahl lt. Studienbuchblatt: A 297
Studienrichtung lt. Studienbuchblatt: Pädagogik
Betreuer:
Univ.-Prof. Dr. Robert Hutterer
Ehrenwörtliche Erklärung
Ich versichere hiermit,
1. dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst, andere als die
angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst
keiner unerlaubten Hilfe bedient habe, und
2. dass ich die Diplomarbeit bisher weder im Inland noch im Ausland in
irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.
Wien, _______________
Datum
________________
Unterschrift
2
EXZERPT
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Geld macht nicht glücklich...
sozialpädagogische
Aspekte
der
Migration?“
Es
handelt
sich
um
eine
Untersuchung im Rahmen der Sozialpädagogik, die anhand von narrativen
Interviews an MigrantInnen aus Osteuropa, die in Österreich leben, durchgeführt
wurde. Es wird gezeigt, wie weit das Glücksgefühl von MigrantInnen aus
Osteuropa mit der Erfüllung ihrer finanziellen und materiellen Erwartungen
zusammenhängt und wie glücklich sie jetzt mit ihrem Leben sind. Dies soll
Menschen, die im Bereich der Sozialpädagogik tätig sind, unter anderem einen
erweiterten
Einblick
geben,
mit
welchen
finanziellen
und
materiellen
Erwartungshaltungen von Menschen aus Osteuropa sie konfrontiert werden.
Folgende Fragen werden in dieser Arbeit beantwortet werden: Kann Geld glücklich
machen? Inwieweit ist dies mit der Herkunft der jeweiligen Personen verknüpft?
Welche Rolle spielen soziokulturelle Unterschiede in Hinblick auf finanzielle
Erwartungen? Besteht eine Diskrepanz zwischen Menschen, die einen höheren
wirtschaftlichen Standard gewohnt sind und jenen für die das nicht der Fall ist?
Um diese Fragen zu beantworten, wurden narrative Interviews mit jeweils fünf
Frauen und fünf Männern, die in Osteuropa geboren wurden, durchgeführt. Diese
sind zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig Jahre alt, haben die Matura
abgeschlossen und leben seit mindestens fünf Jahren in Österreich. Die Interviews
wurden transkribiert und anschließend mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach
Philipp Mayring ausgewertet. Hierbei wurden Unterschiede in Bezug auf die
jeweiligen finanziellen Erwartungen sichtbar. In einigen der aufgestellten
Kategorien gab es Übereinstimmungen zwischen den MigrantInnen, in anderen
wiederum zeigten sich Differenzen. Grundsätzlich konnte festgestellt werden, dass
die Erfüllung von finanziellen Erwartungen tatsächlich Auswirkungen auf das
individuelle Glücksgefühl hat.
3
ABSTRACT
This thesis is about the topic "money does not buy happiness...the socialpedagogic aspects of migration". It is an analysis in the context of socialpedagogy, which is carried out with the help of narrative interviews with migrants
from Eastern Europe who live in Austria. This paper shows how far the feeling of
happiness of Eastern Europe migrants is connected with the fulfilling of their
financial and materialistic expectations and how happy they are with their lives
now. This intends to show people who work in the social-pedagogic field, with what
kind of financial and materialistic expectations they will be confronted with people
from Eastern Europe.
The following questions will be answered in this paper: Can money buy
happiness? How far is this connected with the origins of the person? Which role
play socio-cultural differences regarding financial expectations? Is there are
discrepancy between individuals who are used to a higher level of economic
standards and those who don’t?
To answer these questions, interviews have been conducted with five women and
five men, who were born in Eastern Europe. They are between twenty-five and
thirty-five years old, passed the general qualification for university entrance and
have lived in Austria for at least five years. These interviews were typed and
evaluated with the qualitative analysis of contents according to Philipp Mayring. In
doing so differences concerning individual financial expectations became
apparent. In some of the categories correspondences between the migrants could
be found, whereas in others differences were noticed. In essence this paper shows
that the fulfilling of financial expectations has an impact on a persons happiness.
4
VORWORT
Ich habe mich für das Thema „Geld macht nicht glücklich... sozialpädagogische
Aspekte der Migration“ entschieden, weil ich begreifen wollte, was Menschen aus
verschiedenen Ländern, in unterschiedlichen Lebenslagen und Situationen dazu
bewegt, in ein anderes Land zu ziehen und was sie unter Glück verstehen. Wovon
machen sie ihr Glück abhängig? Sind sie mit der Erwartung gekommen, dass sie
in Österreich glücklicher werden, weil in diesem Land die wirtschaftlichen
Bedingungen besser sind?
Besonders interessant für mich war es zu ergründen, mit welchen (verschiedenen)
Erwartungshaltungen meine InterviewpartnerInnen nach Österreich gekommen
sind und wie sie ihre Lebensqualität, ihre Zukunftschancen und ihre Perspektiven
in Österreich heute einschätzen.
An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen bedanken, die zu einem Interview
bereit waren und mir damit diese Arbeit ermöglicht haben. Zum Schutz der
Privatsphäre wurde diesen Personen Anonymität zugesichert.
Ich danke meinem Betreuer, Univ.-Prof. Dr. Robert Hutterer, der mich zu einer
kritischen Sichtweise auf das Thema angeregt hat, und für seine Beratung und
Betreuung.
Ein weiterer Dank gilt meinen Freunden, die meine Monologe über die
Diplomarbeit so geduldig ertragen haben. Im Besonderen gilt mein Dank meinem
Bruder Martin und meinen Mitbewohnern Georg, Karin und Elisabeth, sowie Petra
Kirchberger-Schmidt für ihre wertvolle Unterstützung. Sie hat mich mit viel Geduld
begleitet und meine Diplomarbeit korrigiert.
Meinem Freund, Rudolf Pöhl, den ich die Inspiration für diese Arbeit verdanke.
Letztendlich gilt mein besonderer Dank meinen Eltern, die mich in meinem Tun
immer unterstützt haben, für Ihr Vertrauen und die Liebe, die sie mir immer
entgegengebracht haben.
5
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
8
1.1. Entwicklung der Problemstellung
10
1.2. Forschungsstand und Aktualität der Fragestellung
12
1.3. Methodische Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
14
2. Migration und Osteuropa
15
2.1. Migration
15
2.2. Osteuropa
19
3. Materialismus
24
3.1. Definition des Begriffs Materialismus
24
3.2. Die Wohlstandsgesellschaft
27
4. Glück
29
4.1. Definition von Glück
30
4.2. Glücksforschung
31
4.3. Methoden der Glücksforschung
32
4.4. Glück und der materielle Wohlstand
35
5. Gegenstand und Zielsetzung
38
5.1. Die Auswahlkriterien für die Interviewpartner
39
5.1.1. Überblick über die interviewten Personen
40
5.1.2. Vorbereitung für die Interviewpartner
41
6. Methode der Datenerhebung
42
6.1. Das narrative Interview
42
6.2. Die qualitative Inhaltsanalyse als Methode zur Untersuchung der
45
narrativen Interviews
6.2.1. (1) Festlegung des Materials
46
6.2.2. (2) Analyse der Entstehungssituation
46
6.2.3. (3) Formale Charakterisierung des Materials
47
6
6.3.4. (4) Richtung der Analyse
47
6.2.5. (5) Theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung
48
6.2.6. (6) Bestimmung der Analysetechnik
48
6.2.7. (7) Definition der Analyseeinheit
48
6.2.8. (8) Analyse des Materials
49
7. Praktische Anwendung der Qualitativen Inhaltsanalyse
51
7.1. Entstehungssituation
51
7.2. Form des Materials
52
7.3. Richtung der Analyse und Definition der Fragestellung
53
7.4. Entwicklung des Kategoriesystem und Definition der Analyseeinheiten
54
8. Analyse der Interviewprotokolle anhand der qualitativen Inhaltsanalyse 56
8.1. Kategorie: verschiedene Erwartungshaltungen an Österreich
57
8.2. Kategorie Durch Herkunft und Sprachbarrieren bedingte Erfahrungen 61
8.3. Kategorie: Ist-Zustand der Befragten
66
8.4. Kategorie: Zukunftsdenken der Interviewpartner
70
8.5. Kategorie: Glücksfaktoren
72
9. Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
76
10. Literaturverzeichnis
80
Lebenslauf
86
7
1. Einleitung
Mit meiner Diplomarbeit „Geld macht nicht glücklich… sozialpädagogische
Aspekte der Migration?“ möchte ich anhand von Interviews feststellen, ob das
Glücksgefühl von MigrantInnen1 aus Osteuropa2 mit der Erfüllung ihrer materiellen
und finanziellen3 Erwartungen zusammenhängt und wie glücklich sie jetzt mit
ihrem Leben sind4. Migranten aus Osteuropa dienen als ein Beispiel für das
Streben nach Glück durch Vermehrung von materiellen Gütern. Laut Richard
David Precht (2007, S. 350) stehen „auf der höchsten Stufe unseres persönlichen
Wertesystems“ Geld und Prestige „noch vor Familie und Freunden“, obwohl „die
Wertskala der Glücksökonomen genau andersrum ausfällt“.
Diese Arbeit ist im Rahmen der Sozialpädagogik angesiedelt und steht im
Zusammenhang mit Themen wie Migration, Materialismus, Osteuropa und der
Glücksforschung und soll Menschen, die im Bereich der Sozialpädagogik tätig
sind, Einblick geben in bestimmte Erwartungshaltungen von Menschen aus
Osteuropa, die sich zumeist ein besseres und dadurch glücklicheres Leben in
Österreich erhoffen. Die Frage nach den Erwartungen und ob ein Mehr an
materiellen Gütern glücklich machen kann, erachte ich im Rahmen der
Sozialpädagogik deshalb als wichtig, da jene Personen, die nach Österreich
immigrieren wollen bzw. müssen, möglicherweise in sozialpädagogischen
Einrichtungen wieder zu finden sind, weil ihre Erwartungen sich nicht erfüllt haben
oder sie mit den Anforderungen ihrer neuen Umgebung überfordert sind. Das
postmoderne Menschenbild ist von materialistischem Streben geprägt (vgl.
Debord, 1967, S. 35) und auch das beeinflusst die Sozialpädagogik. In diesem
1
Der Einfachheit wegen werde ich im weiteren Verlauf der Diplomarbeit stets die männliche Form
verwenden, beziehe mich aber damit aber auch auf die weibliche Form.
2
Eine speziellere Definition des Begriffes Osteuropa hängt davon ab, in welchem Zusammenhang
diese Bezeichnung verwendet wird. In Kapitel 2.1. dieser Diplomarbeit wird darauf näher
eingegangen werden.
3
In der weiteren Diplomarbeit sind, wenn von Erwartungen oder Erwartungshaltungen gesprochen
wird, immer sowohl die finanziellen als auch materiellen Erwartungen gemeint.
4
Aufgrund der Aktualität des Themas wird in dieser Arbeit häufig auf Internetquellen, die aus
ästhetischen Gründen als Fußnote angegeben werden, zurückgegriffen werden. Um die aktuelle
Kritik einzubeziehen sind ebenso fachspezifische Artikel bzw. Bücher nützlich, die sich mit diesem
Thema auseinandersetzen. Dabei ist es oft notwendig die Inhalte bzw. unterschiedlichen
Begriffsdefinitionen miteinander zu vergleichen und sie im Licht neuester Erkenntnisse betrachten.
8
Zusammenhang formuliert Josef Scheipl (2000) in einem Artikel unter dem Titel An
der Schwelle zum 21. Jahrhundert, Sozialpädagogik sei
„(...) in gesellschaftliche Wandlungsprozesse verstrickt und fragt dabei,
was dieser Wandel für die Lebensführung und Lebenschancen von
Menschen bedeutet, die Probleme mit der Bewältigung ihres Lebens
haben und von welcher Art die Hilfen und Unterstützungsleistungen der
Gesellschaft sein sollten“ (S. 5).
In diesem Kontext handelt es sich also in der Sozialpädagogik um verschiedene
soziale Probleme einer Gesellschaft, die nach Lösungsvorschlägen für Individuen
innerhalb bestimmter Problemkonstellationen sucht.
Einerseits soll in dieser Arbeit untersucht werden, ob es Gemeinsamkeiten
innerhalb der Erwartungshaltungen der Befragten gibt, andererseits sollen
bestehende Unterschiede zwischen den Migranten festgestellt werden. Zusätzlich
soll die Frage beantwortet werden, inwiefern das Glücksgefühl von Migranten aus
Osteuropa
mit
der
Erfüllung
ihrer
(materiellen/finanziellen)
Erwartungen
zusammenhängt? Außerdem wird untersucht werden, wie weit die Befragten ihr
derzeitiges Glücksgefühl mit ihrer Herkunft und der Erfüllung ihrer Erwartungen in
Zusammenhang bringen. Die Ergebnisse der Interviews sollen allgemeine
Einsichten über das Streben nach Glück durch materielle Bereicherung bringen.
Meine Motivation, die folgende Diplomarbeit zu schreiben, entstand unter anderem
dadurch, weil ich in der eigenen Berufstätigkeit oft persönlich Hilflosigkeit erlebte
angesichts
der
Einstellungen
anderer
Menschen
Ausländern
gegenüber.
Immigranten werden im Rahmen von Bildungseinrichtungen von Personen
beraten, die unterschiedliche Ausbildungsstufen vorweisen. Unter anderem sind
auch
akademische
Sozialpädagogen
bzw.
in
Ausbildung
stehende
Sozialpädagogen darunter vertreten. Es wurden als Interviewpartner Migranten
aus Osteuropa gewählt, da ich selber gerne diese Länder bereise und mich
besonders für diese Sprachen und Kulturen interessiere. Ausschlaggebend jedoch
ist die Tatsache, dass immer mehr Menschen aus osteuropäischen Ländern nach
Österreich immigrieren, wie neueste Studien belegen5. Deshalb erscheint es mir
wichtig, mein Interesse in den erwähnten Themenbereichen wissenschaftlich zu
5
vgl. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/index.html [1.10.2008]
9
vertiefen, um dadurch neue Erkenntnisse und Einsichten zu erhalten über den
Zusammenhang von Glück mit der Erfüllung materialistischer Bedürfnisse.
1.1. Entwicklung der Problemstellung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Menschen, die in Osteuropa geboren
und nach Wien immigriert sind. Durch narrative Interviews soll erörtert werden, ob
bzw. inwieweit das Glücksgefühl von Menschen mit der Erfüllung ihrer finanziellen
und materiellen Erwartungen zusammenhängt und welche Auswirkungen es auf
ihr Befinden haben kann, wenn ihre Erwartungen nicht eintreffen. Migranten aus
Osteuropa werden interviewt, um dieser Frage nachzugehen.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Begriff Sozialisation, welcher ein
zentraler „...der Verhaltens- und Sozialwissenschaften“ (Brockhaus, 1993, S. 533)
ist, in meiner Diplomarbeit zu definieren. Sozialisation stellt laut Clauß et. al.
(1995, S. 431ff.) einen lebenslangen individuellen Lernprozess dar,
„in welchem sich das menschliche Individuum zur Persönlichkeit
entwickelt, indem es sich in seiner Lebenstätigkeit die gesellschaftlichen
Verhältnisse als soziale Beziehungen sowie die gesellschaftlich
geschaffenen materiellen und ideellen Werte in individueller Form als
Wissen, Können und Werten nicht nur aneignet, sondern sie auch
bereichert“.
Es handelt sich dabei um einen Entwicklungsprozess, in dem sich der Mensch zu
einer Persönlichkeit formt, der durch bestehende soziokulturelle Normen als
Entwicklungsaufgabe aufgegeben ist. In diesem Zusammenhang entstehen
mehrere Fragen: Welche Schwierigkeiten können Migranten mit der sozialen
Eingliederung in ihrem neuen Heimatland haben? Mit welchen Problemen von
Migranten aus Osteuropa können Sozialpädagogen konfrontiert werden? Welche
Einsichten aus den Interviews können dazu beitragen, die Eingliederung der
Migranten in unsere Gesellschaft so weit zu fördern, dass ihnen diese
Entwicklungsaufgabe gelingt? Welche Aspekte sind zu berücksichtigen, damit
10
Migranten sich in eine Gesellschaft, in der bestimmte soziale, kulturelle und
materielle Werte bestehen, die sich von denen ihrer Geburtsländer unterscheiden,
eingliedern können bzw. wollen? All diese Fragen gelten auch für Menschen, die
sich dem Streben nach materiellen Gütern entziehen. Auch sie besitzen andere
Werte als die, die heutzutage laut Precht (2007, S. 350) in industriellen Staaten
dominieren: Geld und Prestige.
Die pädagogische Relevanz dieser Arbeit besteht darin, dass anhand der
Ergebnisse der Interviews, Menschen, die in pädagogischen Berufen mit
Migranten arbeiten, einen (erweiterten) Einblick erlangen, wie deren finanzielle,
v.a. materielle Erwartungen an Österreich waren und wieweit ihr Glücksgefühl mit
der Erfüllung dieser zusammenhängt. Kann Geld vielleicht doch glücklich
machen? Inwieweit lässt sich diese Einstellung durch die Herkunft der jeweiligen
Personen erklären? Es ist meines Erachtens wichtig für Sozialpädagogen/-arbeiter
erstens die Erwartungen der Migranten zu kennen, um deren Probleme besser
verstehen und Antworten auf diese und andere Fragen entwickeln zu können und
zweitens, um weitere Einblicke zu bekommen über den Zusammenhang zwischen
materiellem Besitz und Glück im Allgemeinen.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der – auch wenn dies gerne ausgeblendet wird
– Vorurteile existieren. Erst wenn eine Gesellschaft andere Gesellschaften
verstehen lernt oder deren Erwartungen akzeptiert oder wertschätzt, kann sich
auch wirkliches Verständnis und Achtung seitens der dominierenden Gesellschaft
entwickeln. Das betrifft nicht nur Migranten sondern auch Menschen, für die nicht
materielle Güter den Wert besitzen, den sie heute in Industrieländern haben. Von
verschiedenen Persönlichkeiten und Institutionen wird regelmäßig betont, dass
Menschen aus Osteuropa viel zur Bereicherung der kulturellen Vielfalt Österreichs
beitragen. Damit diese kulturelle Vielfalt auch in Zukunft bewahrt wird, ist es
wichtig, dass ihre Erwartungshaltung an Österreich und Enttäuschungen nicht nur
erkannt sondern auch akzeptiert wird, dass sie die gleichen Möglichkeiten
erhalten, sich
zu entfalten
und weiterzuentwickeln,
wie
Österreich
und
Zuwanderer, die zum Beispiel aus anderen Teilen der EU stammen und nach
Österreich immigriert sind.
11
Karin Lauermann (1998, S. 15) betont die gesellschaftliche Abhängigkeit der
Sozialpädagogik und leitet daraus folgende Problematik ab:
„Sozialpädagogik ist wohl eine eigenständige, aber eben keine
eindeutige Disziplin und eine kurze, knappe Definition von
Sozialpädagogik ist nicht möglich. Die Komplexität des Begriffes
Sozialpädagogik ergibt sich unter anderem aus dem vielfältigen
Einsatzbereich von Sozialpädagogen: Sie arbeiten in Horten und
Tagesheimen, in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, in Jugendzentren,
der Erwachsenenbildung u.a.m. Die sozialpädagogische Arbeit umfasst
die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Personen und
gesellschaftlichen Gruppen im Wohn-, Schul-, Arbeits- oder
Freizeitbereich. Ihre starke Abhängigkeit von gesellschaftlichen
Entwicklungen und Perspektiven lässt immer wieder neue
Tätigkeitsfelder entstehen“.
Sozialpädagogik ist also eine eigenständige Disziplin, auf die gesellschaftliche
Veränderungen wirken, die neue Arbeitsbereiche entstehen lässt. Die EUOsterweiterung und die vermehrte Zuwanderung aus diesen Staaten ist eine
gesellschaftliche
Entwicklung
und
eröffnet
auch
neue
Perspektiven. Die
Sozialpädagogik wird dadurch also vor neue Herausforderungen gestellt.
1.2. Forschungsstand und Aktualität der Fragestellung
Meinen Recherchen zufolge wurden narrative Interviews mit Migranten aus
Osteuropa mit dem Impuls: Welche finanziellen und materiellen Erwartungen
hatten Sie an ihr neues Zuhause? bis dato noch nicht geführt.
Es gibt nur eine Arbeit, deren Thema in der Nähe meines angesiedelt ist. Diese
stammt von Ernst, B. C. (2003). Er untersucht in seiner Diplomarbeit die
Zusammenhänge
zwischen
subjektivem
Wohlbefinden,
Diskriminierungs-
erfahrungen und sozialer Unterstützung von MigrantInnen: am Beispiel von in
Wien lebenden Frauen aus dem arabisch-islamischen Kulturkreis und Frauen aus
osteuropäischen Ländern.
Auf dem Weg zu meiner Fragestellung hat mir die Lektüre zahlreicher Autoren, die
sich der Thematik der Glücksforschung verschrieben haben, einen umfassenden
12
Überblick
gegeben:
Alfred
Bellebaum
(2002)
Glücksforschung.
Eine
Bestandsaufnahme; Jay Peter (2000) Das Streben nach Wohlstand. Die
Wirtschaftsgeschichte des Menschen; sowie Michael Eid und Randy J. Larsen
(2008) The Science of Subjective Well-Being und auch Ruut Veehoven, der
Entwickler der Weltdatenbank The World Database of Happiness, wo laufend
wissenschaftliche Forschungen über die subjektive Wahrnehmung des Lebens
veröffentlich
werden
und
die
eine
einzigartige
Sammlung
von
Forschungsergebnissen zur Lebenszufriedenheit von Menschen darstellt. Sie ist
über das Internet6 zugänglich. Auf dieser Webseite finden sich Studien, wie
beispielsweise: Wie glücklich sind die Dänen verglichen mit den Deutschen?,
Wächst das Glück mit steigendem Wohlstand? und auch Macht Demokratie
zufriedener?
Primäre
Zielsetzung
dieser
Diplomarbeit
ist
es,
die
unterschiedlichen
Erwartungshaltungen von Menschen aus Osteuropa zu ermitteln und mögliche
Vorurteile, die durch die Ostöffnung der EU eventuell verstärkt wurden, wieder
abzubauen. Es gibt viele Vorurteile und die Tatsache, dass immer mehr Menschen
aus ehemaligen kommunistischen Ländern in Österreich leben, verstärkt diese
vielleicht. In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass Migranten hoffen, dass
ein Mehr an materiellen Gütern ihr Lebensglück bzw. ihre Zufriedenheit steigert.
Außerdem wird angenommen, dass es negative Auswirkungen auf die
Gesellschaft haben kann, wenn ihre Erwartungen sich nicht erfüllen und sie es
nicht schaffen, sich ausreichend zu integrieren. Wenn es zu Kriminalität und
anderen gesellschaftlich unerwünschten Auseinandersetzungen kommt, sind
Pädagogen, vor allem Sozialpädagogen aufgefordert, Konzepte zu entwickeln, die
solchen
negativen
Entwicklungen
entgegenwirken
oder
durch
präventive
Maßnahmen gar nicht entstehen lassen.
Diese Arbeit soll neue Einsichten und Erkenntnisse über Menschen bringen, um
durch die wissenschaftliche Überprüfung folgender Hypothese: “Geld macht nicht
glücklich... Erfüllte finanzielle und materielle Erwartungen schon?“ zu neuen
Ergebnissen für die Sozialpädagogik zu kommen.
6
http://www.worlddatabaseofhappiness.eur.nl [26.09.2008]
13
Um diese und andere Fragen zu untersuchen, wird die qualitative Vorgehensweise
als Methode gewählt. Diese wird im nächsten Abschnitt vorgestellt werden.
1.3. Methodische Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Diese Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen praktischen Teil. Im
ersten Schritt werden im theoretischen Teil, der einen wesentlichen meiner Arbeit
darstellt, Definitionen und Erläuterungen vorgestellt, da sie zur Auswertung dienen
und zum besseren Verständnis der Ergebnisse beitragen. In weiterer Folge
werden die verwendete Methode erklärt und die aufgestellten Kriterien, die meine
Interviewpartner erfüllen mussten, angeführt werden. Zusätzlich wird die subjektive
Wahrnehmung der Interviewsituation beschrieben werden.
Den Hauptteil dieser Diplomarbeit wird die Auswertung der Interviews bilden. Wie
bereits erwähnt wurde, wird in dieser Arbeit die Methode des narrativen Interviews
verwendet werden. Ich habe mich für diese Methodik, die von Fritz Schütze (1977)
eingeführt wurde, entschieden, einerseits um starre Strukturen zu vermeiden und
andererseits weil „Befragte, die frei erzählen, ...hierbei gegebenenfalls auch
Gedanken und Erinnerungen preis(geben), die sie auf direkte Fragen nicht äußern
können oder wollen“ (Schütze, 1987, S.10). Jegliche Literatur bezieht sich auf das
Werk Das narrative Interview in Interaktionsfeldstudien (1987), verfasst vom
Entwickler dieser Methode Fritz Schütze.
Die Interviews wurden mit Hilfe eines Tonbandgerätes aufgenommen und
anschließend transkribiert. Als Auswertungsmethode wurde die qualitative
Inhaltsanalyse von Mayring (2003) gewählt. Mittels der qualitativen Inhaltsanalyse,
die als Auswertungsinstrument in der Wissenschaft angewendet wird, werden die
geführten Interviews ausgewertet und anhand von aufgestellten Kategorien die
Aussagen der Befragten miteinander verglichen und anschließend interpretiert
werden. Dabei werde ich mich am Werk Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen
und Techniken (2003) von Philipp Mayring orientieren.
Im Kapitel Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse werden die
Ergebnisse zusammengefasst dargestellt und offene Fragen beantwortet werden.
14
2. Migration und Osteuropa
In diesem Kapitel wird zu allererst die Herkunft des Wortes Migration beschrieben
und daran anschließend die unterschiedlichen Begriffsdefinitionen vorgestellt
werden, um zuletzt jene aus der Soziologie genau darzulegen, da diese für die
vorliegende Arbeit wichtig ist. Im zweiten Teil wird der Begriff Osteuropa kurz
dargestellt, weil die Interviewpartner alle aus (ehemals) osteuropäischen Staaten
kommen.
2.1. Migration
Lateinisch bedeutet migrare soviel wie: ziehen, um-, wegziehen oder wandern.
Ursprünglich stammt der Begriff Migration aus der Biologie und benennt unter
anderem die Wanderungen von Zugvögeln. Diese Definition ist laut Fleisch im
deutschsprachigen Raum erst seit etwa einem Jahrzehnt Ausdruck dafür, was
bislang Wanderung oder Mobilität genannt wurde (vgl. Fleisch, 1994, S. 16).
In Zusammenhang mit der vorhergehenden Begriffserläuterung wird laut
Brockhaus (2006, S. 424) „unter Migration eine dauerhafte Auswanderung
(Emigration) oder dauerhafte Einwanderung (Immigration) einzelner bis vieler
Individuen (Migranten) aus einer Population der gleichen Art“ verstanden. Dies
bedeutet, dass ein Kriterium die Dauer darstellt. Als Migration wird nur die
dauerhafte Ein- oder Auswanderung bezeichnet. Die Bedingung für Immigration
besteht in der Ansiedlung bestimmter Migranten. Die Zuwanderung ohne
Ansiedlung wird als Durchzug (Permigration) bezeichnet, beispielsweise die
zeitbegrenzte Niederlassung von Vögeln während ihres Zuges (vgl. Brockhaus,
2006, S. 424).
In mehreren Disziplinen wird der Ausdruck Migration verwendet: Geologie,
Informationstechnologie usw. In den Sozialwissenschaften handelt es sich um
einen grundlegend politisch-historischen Begriff, der räumliche Bewegungen von
Menschen in Prozessen beschreibt (vgl. Brockhaus, 2006, S. 424). Unter
15
räumlichen
Bewegungen werden die
Wanderungen
in
Europa
des
19.
Jahrhunderts, die hauptsächlich „Land-Stadt-Wanderungen (Landflucht) und
Auswanderungen“ (Lamnek & Recker, 2000, S. 717) nach Übersee, vor allem
nach Amerika, gewesen waren, erwähnt. Im 19. bzw. 20. Jahrhundert entwickelte
sich auch die Sozialpolitik, die eine Reaktion auf Probleme, welche sich durch die
Industrialisierung und Urbanisierung ergeben haben, gewesen ist. Im Zuge dessen
entstand
durch
internationale
supranationale7
und
Organisationen
eine
internationale Sozialpolitik.
Die Soziologie und Soziogeographie8 bezeichnet Migration, Wanderung als einen
„dauerhaften Wechsel des Lebensumfeldes einer Person, einer Gruppe oder einer
Gesellschaft im geographischen und sozialen Raum“9. Hier wird deutlich, dass die
dauerhafte Wohnortänderung ein Kriterium dafür darstellt, um von Migration bzw.
Wanderung sprechen zu können, dass aber – wie die folgende Definition von
Hanchler und Messner (1998) zeigt – die Distanz kein Kriterium darstellt: Der
Begriff Migration umfasst alle „internen und grenzüberschreitenden Wanderungen“
(Hanchler & Messner, 1998, S. 99).
Meine Diplomarbeit stützt sich, wie oben bereits erwähnt, auf die Definition der
internationalen Migration. Sie bezeichnet „eine Auswanderung aus einem und
Einwanderung
in
ein
anderes
Land,
also
einen
Wohnsitzwechsel über
Staatsgrenzen hinweg, sowie Durchwanderung. Internationale Migration ist daher
gleichbedeutend mit internationaler Wanderung“10.
Der Begriff der internationalen Migration bezeichnet alle grenzüberschreitenden
Wanderungen, die der Politikwissenschaftler Franz Nuscheler (2004, S. 52) in
seinem Buch: Internationale Migration. Flucht und Asyl wie folgt unterscheidet:
7
„Mit dem Adjektiv supranational werden Organisationen, Zusammenschlüsse oder Vereinbarungen
versehen, die durch völkerrechtliche Verträge begründet und deren Entscheidungen und
Regelungen für die einzelnen Mitglieder (Staaten, Nationen) übergeordnet und verbindlich sind“
(Klein & Schubert, 2006, S. 296).
8
Die Soziografie (1913) stellt eine 1913 entwickelte, empirisch begründete Disziplin von Sebald
Rudolph Steinmetz dar, „die eine Gegenposition zur geisteswissenschaftlichen und historisch
orientierten theoretischen Soziologie der damaligen Zeit entnahm ... Heute lebt sie als
Hilfswissenschaft in vielfältigen Formen der Sozialberichterstattung und der Raumplanung fort“
(Brockhaus, 2006, S. 633).
9
http://de.wikipedia.org/wiki/Migration_%28Soziologie%29 [24.07.2008]
10
http://de.wikipedia.org/wiki/Migration_%28Soziologie%29 [24.07.2008]
16
- die freiwillige Auswanderung;
- die Familienzusammenführung;
- die illegale Einwanderung, ohne gültige Papiere der Zuwanderer;
- zeitlich begrenzte Auslandsaufenthalte, wie es bei Studenten oft der Fall ist;
- Die erzwungene Flucht, ist ebenso eine Form der internationalen Migration, „die
durch
Kriege,
politische
Verfolgung,
existenzielle
Notlagen
oder
Umweltkatastrophen“ (Nuscheler, 2004, S. 52) die Staatsgrenzen überschreitet.
Nuscheler
(2004,
S.
52f.)
unterscheidet
verschiedene
Migrationsmuster:
Arbeitsmigration, Emigration, Abwanderung, Transitmigration, Pendlermigration in
Grenzräumen,
Elitemigration,
Heiratsmigration,
staatlich
gesteuerte
Rückwanderung.
Ein Kriterium, welches für die vorliegende Forschungsfrage wichtig war, ist, dass
die befragten Personen in Osteuropa geboren wurden und seit mindestens fünf
Jahren in Österreich leben. Welchen erlangten Aufenthaltsstatus die Personen
mittlerweile in Österreich besitzen, wird in dieser Arbeit nicht berücksichtigt.
Ausschließlich die Herkunft der Befragten, Alter und Ausbildung waren als
Auswahlkriterien von wesentlicher Bedeutung.
Migration ist ein sehr aktuelles Thema, wie tagtäglich aus der Berichterstattung der
verschiedenen Medien hervorgeht. Der Begriff internationale Migration wird in
dieser Arbeit als eine Form der freiwilligen Änderung des Wohnorts gesehen, wie
auch als unfreiwillige, also erzwungene Flucht aus dem Heimatland. Sie kann
sowohl von demographischen, ökonomischen, politischen, gesellschaftlichen als
auch
von individuellen Faktoren, die
unabhängig von
ihrem objektiven
Vorhandensein subjektiv empfunden werden können, beeinflusst sein (vgl.
Augstein et. al., 2002, S. 25). Die Migrationsforschung unterscheidet demnach
zwischen Push-(Druck) und Pull-(Sog-) Faktoren, was bedeutet, dass zwischen
angebotsseitigen und nachfrageseitige
n Ursachen unterschieden wird. Diese Unterscheidung ist jedoch rein theoretisch
zu sehen, denn zumeist würden beide Arten die Absicht beeinflussen, sich in ein
neues Land zu immigrieren (vgl. Berthold & Neumann, 2003, S. 102).
Als Push-Faktoren werden Bedingungen, die am Herkunftsort als abstoßend oder
17
bedrohlich empfunden werden, bezeichnet. Dadurch werden Menschen dazu
bewegt oder gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.
Als Pull-Faktoren gelten bei abwanderungsbereiten Personen die Attraktivität
anderer Staaten. Diese bieten in der Regel Möglichkeiten, die sie in ihrem
Heimatland nicht vorfinden (vgl. Nuscheler 1995, S. 32). Zusammengefasst und
empirisch durch mehrere Arbeiten nachgewiesen (vgl. Bähr, 1992, zit. nach
Waldmann & Ziemer, 1997, S. 357) erscheinen die wirtschaftlichen Beweggründe
bzw. die Unzufriedenheit mit der sozioökonomischen Situation und den
Lebensbedingungen als die dominanten Wanderungsmotive. Die Motivation sein
Herkunftsland zu verlassen, könne ein besser bezahlter Arbeitsplatz im Zielland,
der unter anderem der Existenzsicherung und einem möglicherweise angestrebten
Aufstieg im Berufsleben dient, darstellen (vgl. Nuscheler, 1995, S. 357).
Dazu stellt Rudolf Augstein (2002, S. 25) fest, dass zumindest in geringem Maße
eine gewisse Unzufriedenheit im Heimatland bestehen muss (Push-Faktor), damit
Migration erfolgt. Diese Faktoren werden oft von Schubfaktoren, welche die
Lebensqualität einschränken und lebensbedrohlich sein können, beeinflusst und
wenn diese ausreichend sind, um die Heimat zu verlassen, kommt es zu
Migration. Daraus wird deutlich, dass bei Fluchtbewegungen die Schubfaktoren als
Motive überwiegen.
Zusammenfassend
kann
festgestellt
werden,
dass
es
unterschiedlichste
Beweggründe gibt, um sich in ein neues Land immigrieren zu wollen oder zu
müssen.
Nuscheler
(1995,
S.
32)
erwähnt,
dass
im
Gegensatz
zur
Zwangsmigration die Arbeitsmigration, die dauerhafte Emigration oder bei
Wirtschaftsflüchtlingen (Abwanderung), die Attraktivität des Ziellandes und die
damit verbundenen Erwartungen auf ein besseren Leben zu dominieren scheinen.
„Zu den Zwangsmigrationen zählen auch die Flüchtlingsbewegungen und
Vertreibungen im ehemaligen Ostblock, v. a. im Gebiet der einstigen
Sowjetunion“ (Wood, 1994, zit. nach Waldmann & Ziemer, 1997, S. 391).
Dieses Zitat leitet zum nächsten Kapitel über, in welchem der Begriff Osteuropa
genauer definiert und anschließend der Begriff MOEL erläutert werden wird, der
jene Definition darstellt, welche dieser Diplomarbeit zugrunde gelegt wird, da alle
Interviewpartner aus Ländern stammen, die heute unter dem Begriff MOEL
18
zusammengefasst
werden.
Abschließend
werden
aktuelle
Zuwanderungsstatistiken von Österreich dargestellt werden.
2.2. Osteuropa
Für den Begriff Osteuropa gibt es viele unterschiedliche Bedeutungserklärungen,
wie tagtäglich in den Medien oder auch in unterschiedlichster Literatur (vgl. Han,
2006) festgestellt werden kann. Der Begriff Osteuropa umfasst je nach
Perspektive andere Staaten bzw. Regionen.
Im geographischen Sinne wird Osteuropa durch den Gebirgszug Ural11 und den
Fluss Ural und durch die Osteuropäische Ebene12 vom asiatischen Kontinent
getrennt13. Osteuropa gilt als allgemeine Bezeichnung für die Staaten im Osten
Europas. Zu diesen gehören aus geografischer Sicht Litauen, Lettland, Estland,
Weißrussland, Moldawien, die Ukraine und der europäische Teil Russlands.14 Aus
historischer Perspektive wird mit dem Begriff Osteuropa der europäische Teil von
Russland,
Weißrussland,
die
Ukraine
und
Moldawien
bezeichnet.
Die
osteuropäischen Länder standen im Gegensatz zum osmanisch beherrschten
Balkan unter der Herrschaft des Russischen Reiches und waren von den
Entwicklungen im restlichen Europa abgeschnitten15. Im sprachlichen und
kulturellen Sinne handelt es sich bei der Bevölkerung von Osteuropa zum größten
Teil um Zugehörige der slawischen Sprachgruppe. Die Bezeichnung Osteuropa
umfasst also jenen Teil Europas, der von slawischen Völkern bewohnt wird.16
Diese Einteilung ist aber ziemlich vereinfachend, da auch der östliche Teil
Deutschlands lange Zeit von Slawen besiedelt war und zum Teil heute noch wird,
wie z. B. von den Sorben. Die vierte Definition des Begriffs Osteuropa ist die
11
Als Ural (russisch Урал, Уральский хребет) wird ein Gebirge bezeichnet, das
sich
nord-südwärts
durch
den
mittleren
Westen
Russlands
erstreckt
http://www.biologie.de/cms/biocontent/Ural_%28Gebirge%29 [13.10.2008]
12
„Die Osteuropäische Ebene [(früher teils) auch Osteuropäisches Flachland bzw. -Tiefland genannt]
umfasst als sehr weit ausgedehnte Großlandschaft, welche die größte einheitlich gegliederte
Landschaftsform Europas darstellt, die Gebiete westlich des Urals in Osteuropa“
http://www.biologie.de/cms/biocontent/Osteurop%C3%A4ische_Ebene [26.10.2008]
13
vgl. http://www.in-europa-reisen.de/osteuropa-urlaub.php [07.10.2008]
14
vgl. http://lexikon.meyers.de/wissen/Osteuropa+%28Topografische+Artikel%29 [20.10.2008]
15
vgl. http://www.in-europa-reisen.de/osteuropa-urlaub.php [07.10.2008]
16
vgl. http://www.in-europa-reisen.de/osteuropa-urlaub.php [07.10.2008]
19
politische Definition und diese umfasst die ehemals kommunistischen Länder
Europas. Diese Länder lagen aus politischer Perspektive jenseits des Eisernen
Vorhangs und stellten somit die Trennlinie zwischen den osteuropäischen und den
westlich gelegenen Staaten und dem sogenannten Westen dar und wurden als
Ostblockstaaten bezeichnet. Zu beachten ist, dass aus politischer Sicht heute
Staaten wie Polen, Tschechien und Ungarn nicht mehr zu Osteuropa gezählt
werden, sondern als Ostmitteleuropa oder Mitteleuropastaaten bezeichnet
werden17. Diese werden als Mittel- und osteuropäische Staaten bzw. Länder
(MOEL) zusammengefasst. Damit werden die Staaten östlich der EU-15
bezeichnet,
die
sich
nach
dem
Zusammenbruch
der
Sowjetunion
als
Transitformationsländer dem Westen Europas zugewandt haben (Rückkehr nach
Europa) (vgl. Bergmann, 2004, S. 545).
In meiner Diplomarbeit beziehe ich mich ausschließlich auf Personen, die in den
mittelosteuropäischen Ländern (MOEL) geboren wurden. Der Begriff MOEL
beinhaltet alle Herkunftsländer meiner Interviewpersonen, unabhängig davon, ob
sie der Europäischen Union angehören oder den Status eines Beitrittslandes
besitzen.
Der Fall des Eisernen Vorhanges stellte in den Jahren 1989/90 ein großes
Ereignis dar und führte zu einer politischen Neuordnung des Kontinents im Zuge
der Erweiterungspolitik der EU (EU-Osterweiterung). Seither steht es Bewohnern
aus ehemals kommunistischen Staaten frei in den Westen zu reisen und Migration
ist auch einfacher geworden.
Der Begriff Osterweiterung wird mit dem Begriff Ostblock gleichgesetzt und ist
psychologisch
betrachtet
negativ
besetzt.
Vor
allem
„in
der
Medienberichterstattung herrschte nach der ersten Osterweiterung ein Bild vom
wilden Osten bzw. vom Osten als Bedrohung, das durch Berichte von
kriegerischen Auseinandersetzungen, Migration, organisierter Kriminalität und
Billigkonkurrenz genährt wurde“ (Brix et. al., 2007, S. 311). Der langjährige
Politiker und Jurist Erhard Busek (2002, S. 3) geht folgendermaßen auf den Begriff
Osten ein:
17
vgl. http://www.in-europa-reisen.de/osteuropa-urlaub.php [14.10.2008]
20
„In der Zeit meiner Kindheit und Jugend war der Osten für einen Wiener
klar definiert: Es war das sowjetische Imperium, das bis 1955 meine
Heimatstadt, Niederösterreich, das nördliche Burgenland und das
Mühlviertel kontrollierte und jenseits des Eisernen Vorgans seine
Fortsetzung fand, um sich in den Tiefen Asiens zu verlieren. (...) ,Der
Osten ist rot’ war eines jener vereinfachenden Schlagworte, dessen sich
die Welt des Kalten Krieges bediente und irgendwie wahrscheinlich auch
als Entschuldigung dafür galt, dass man kein besonderes Interesse am
Osten hatte, ja froh war, sich auf diese Weise eine Auseinandersetzung
zu ersparen.“
Dieses Zitat zeigt deutlich, dass der Begriff Osten aus psychologischer Sicht
emotional stark besetzt (gewesen) ist und eine abwertende Haltung sowohl in der
Literatur als auch in der Medienberichterstattung aufweist oder zumindest
aufgewiesen hat und daher psychische Spannungen verursachen kann.
Ergebnisse von internationalen Wanderungen nach Österreich wurden von
Fassmann (2007), der unter anderem in der Migrationsforschung tätig ist, im
Österreichischen Migrations- und Integrationsbericht erstellt. Er belegt, dass die
österreichische Bevölkerung von 2002 bis 2005 hauptsächlich durch internationale
Wanderungen zugenommen hat. Jedes Jahr wächst die Bevölkerung Österreichs
um ca. 40.000 Personen, welche aus den Nachbarstaaten zuwandern (vgl.
Fassmann, 2007, S. 157 f.). Die aktuellsten Jahresergebnisse wurden am 1.
Januar 2008 von der Statistik Austria ermittelt, in der festgehalten wird, dass rund
10,3%
der
Gesamtbevölkerung
mit
ausländischer
Staatsangehörigkeit
in
Österreich leben.
Die folgende Statistik, die 2008 von Statistik Austria erstellt wurde, gibt Auskunft
über das jeweilige Geburtsland der Zuwanderer, über den Gesamtanteil an der
Bevölkerung in Österreich bzw. Wien, über Personen, welche die österreichische
Staatsbürgerschaft besitzen und den gesamten Ausländeranteil in Österreich und
im Bundesland Wien. In der ausgewählten Statistik18 werden nur jene Staaten, aus
denen die Interviewpartner stammen, angeführt und somit Datenmaterial
darstellen, das für die vorliegende Forschungsarbeit relevant ist. Jene Stellen sind
18
Die vollständige Statistik ist unter verfügbar:
http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/bevoelkerungsstruktur/bevoelkerung_nach_st
aatsangehoerigkeit_geburtsland/023841.html [17.10.2008]
21
kursiv geschrieben.
Bevölkerungsstatistik: Österreich und Bundesland Wien
aufgeschlüsselt nach dem Geburtsland. Stand: 1.1.2008
Geburtsland
Österreich
Wien
Insgesamt
8331930,0
1677867,0
Österreich
7066507,0
1178363,0
Ausland
1265423,0
499504,0
Polen
57301,0
37293,0
Tschechische Republik
50525,0
21103,0
Rumänien
54476,0
16709,0
Bosnien und Herzegowina
133023,0
33268,0
Mazedonien, ehem. jug .Rep.
17496,0
7978,0
Serbien und Montenegro
189578,0
102560,0
Ukraine
6604,0
3073,0
Keine Angabe / unbekannt
9236,0
1463,0
STATISTIK AUSTRIA, Statistik des Bevölkerungsstandes. Erstellt am: 19.05.2008.
Diese Statistik wurde ausgewählt, weil sie veranschaulicht, wie viele Personen aus
dem ehemaligen Ostblock stammen bzw. aus Mittel- und Osteuropa zur Zeit in
Österreich leben. In Kapitel 5.1.1. wird eine vollständige Übersicht der
Interviewpartner gegeben werden, die unter anderem Auskunft über deren
Herkunftsländer gibt. In der oben angeführten Statistik fällt auf, dass aktuelle
Zuwanderungszahlen aller Geburtsländer der Befragten ermittelt wurden, aber der
Staat Albanien fehlt und deshalb wurden aus Albanien stammende Personen unter
22
die Kategorie Keine Angabe/unbekannt eingeordnet.
Wie im Kapitel Migration beschrieben wurde, wandern Menschen wegen Pushund Pullfaktoren ab. Meistens sind beide Faktoren daran beteiligt, wenn Menschen
sich entschließen, in ein anderes Land zu ziehen. Wenn existentielle Bedürfnisse
der Menschen (Nahrung, Kleidung usw.) nicht befriedigt werden, kann das Anlass
zur
Migration
sein
(Push-Faktor).
Bei
Menschen
die
aus
mittel-
und
osteuropäischen Ländern (MOEL) stammen, darf angenommen werden, dass ein
Faktor der Migration die materielle Attraktivität des Ziellandes darstellt. Im
nächsten Abschnitt werden die Begriffe Materialismus und Wohlstandsgesellschaft
beschrieben.
23
3. Materialismus
Zuerst wird der Begriff Materialismus erklärt werden. Er bezeichnet sowohl eine
philosophische Richtung als auch eine Lebenseinstellung. Im nächsten
Unterkapitel wird der Begriff Wohlstandsgesellschaft dargestellt.
3.1. Definition des Begriffs Materialismus
Laut Duden (2005, S. 639) werden mit dem Begriff Materialismus zwei
unterschiedliche Inhalte bezeichnet: 1. eine philosophische Lehre und 2. das
"Streben nach bloßem Lebensgenuss ohne ethische Ziele u. Ideale".
Der Begriff Materialismus stammt aus dem Lateinischen und bezeichnet eine
Grundrichtung der Philosophie, „die davon ausgeht, dass die gegenständliche und
die geistige Wirklichkeit ausschließlich aus Materie bestehen oder auf materielle
Prozesse zurückzuführen sind“ (Klein & Schubert, 2006, S. 192). Durch das
materialistische Denken entstanden wesentliche Erkenntnisse der modernen
Naturwissenschaften. Diese unterstützten religionskritische und philosophischatheistische Einstellungen und stehen im Gegensatz zum Idealismus (vgl. Klein &
Schubert, 2006, S. 192).
Alltagssprachig wird ein Mensch als materialistisch bezeichnet, wenn er nach
Wohlstand und materiellem Besitz strebt. Meistens ist der Begriff negativ gemeint.
Das heißt, dass Menschen, die als Materialisten bezeichnet werden, als
genusssüchtig gelten. Ethische Werte gelten für diese Menschen nicht, wenn sie
ihren Zielen im Weg stehen. Sie streben nach materiellem Besitz. In der
Philosophie wird diese Haltung als ethischer Materialismus bezeichnet. Unter
ethischem Materialismus wird die Befriedigung von materiellen Bedürfnissen
verstanden, der im Gegensatz zum ethischen Idealismus steht, welcher die
24
geistigen Werte, zu denen die Würde, die Freiheit und die Einsicht zählen, als
erstrebenswert auffasst19.
Es zeigt sich, dass Menschen in den westlichen Gesellschaften in zunehmendem
Maße nach Anhäufung von materiellen Gütern streben. Richard David Precht
(2007, S. 350) schreibt, „dass nicht nur unsere (Anm.: westliche Gesellschaft)
Mentalität, sondern unser ganzes Gesellschaftssystem sehr weitgehend auf dieser
materiellen Orientierung aufbaut“. Als Werte gilt Wohlstand, der ständig durch
wachsenden Reichtum an Gütern gesichert werden muss. Ein Leben, das aus
Gegenständen besteht und wo Erfolg an einem immer höheren Stand materiellen
Überflusses gemessen wird. „Unsere Generation ist so von Torheit besessen, dass
sie nur noch in einer materialistischen Welt lebt, unlösbar gekettet an den Fluss der
Atome, an den Strom des Bewusstseins, sich selbst ohne Kategorien und ohne
Wertvorstellungen betrachtend“ (Schaeffer, 1973, S. 43). Das heißt, dass
Wertvorstellungen keinen Platz im zeitgenössischen Denken haben, weil alles in
einer Welt gefangen ist, die nur das akzeptiert, was materiell ist. Absolute
moralische Grundsätze und Begriffsinhalte wie Sinn und Werte sind auf der Basis
einer rein materialistischen Philosophie nicht überzeugend zu begründen. Dies soll
an einem Zitat von dem Schweizer Wissenschaftler und Philosophen Francis A.
Schaeffer, gezeigt werden. Er schreibt zu diesem Problem:
„Das Problem ist nicht nur eins der Sprache, sondern der Wirklichkeit:
Was wird allem Seienden Einsicht und Sinn verleihen? Jean – Paul
Sartre (geb. 1905), der französische Existentialist, machte in unserer
eigenen Generation auf dieses Problem aufmerksam. In seiner
Konzeption ist ein endlicher Punkt absurd, falls er keinen unendlichen
Bezugspunkt hat. Das läßt sich am einfachsten im Bereich der Moral
begreifen. Wenn es keinen absoluten moralischen Maßstab gibt, dann
lässt sich nicht endgültig sagen, ob etwas gut oder böse ist. Mit absolut
meinen wir hier etwas, das immer gilt, das immer einen endgültigen
Maßstab liefert, 'ein Allgemeines'. Es muß [sic] ein Allgemeines geben,
wenn es Moral geben soll, und es muß ein Allgemeines geben, wenn es
wirkliche Werte geben soll. Wenn es jenseits der menschlichen
Gedanken kein Allgemeines gibt, dann gibt es keine letzte Instanz, an die
man sich wenden könnten, wenn die moralischen Entscheidungen
verschiedener Einzelner und Gruppen miteinander in Konflikt geraten. Es
bleiben lediglich widersprüchliche Meinungen, von denen eine so gut wie
die andere ist“ (Schaeffer, 2000, S. 141).
19
vgl. http://lexikon.meyers.de/wissen/Materialismus+%28Sachartikel%29 [23.01.2009]
25
Auch der französische Philosoph Guy Debord kritisiert mit seinem 1967 erschienen
Buch Die Gesellschaft des Spektakels, dass das Spektakel der Moment ist, in der
„die Ware zur völligen Besetzung des gesellschaftlichen Lebens gelangt ist. Das
Verhältnis zur Ware ist nicht nur sichtbar geworden, man sieht sogar nichts anderes
mehr: „Die Welt, die man sieht, ist seine Welt“ (1967, Debord, S. 35). Unter
anderem bezeichnet Debord (1967, S. 35), dass „nicht nur die Arbeit, auch der
Konsum ... zur „Pflicht“ für die „Massen“ geworden (sei), das ganze Leben ...
beherrscht (werde) von der „Diktatur“ der „Wirtschaftsproduktion“. Hier wird
ersichtlich, dass nicht nur die Arbeit sondern das endlose Streben nach materiellen
Gütern für das Leben in der westlichen Gesellschaft selbstverständlich geworden
ist. Debord geht so weit, dass er behauptet, dass es zur Pflicht geworden ist, zu
konsumieren. Der moderne Mensch muss Konsument sein. Weigert er sich, wird er
als Aussteiger bezeichnet. Diese Sichtweise oder Vorgabe lässt Werte wie Moral
nicht gelten, weil für sie kein Allgemeines gefunden werden kann. Es hat sich ein
Menschenbild entwickelt, das durch materielle Aspekte geprägt ist.
„Ein Menschenbild ist eine bestimmte Vorstellung über den Menschen, die aus
Annahmen und/oder Erkenntnissen zu seinem Wesen besteht“ (Hesch, 1997, S. 6).
Das heißt, dass Grundannahmen über das Wesen Mensch bestehen. Diese sind
zum Beispiel durch religiöse, gesellschaftliche usw. Einstellungen beeinflusst.
„Das Menschenbild ist der begriffliche Rahmen, auf dessen Basis menschliches
Tun beschrieben wird und der fundamentale Wert definiert. Damit liefert das
Menschenbild zugleich ein grundlegendes Erklärungsmodell und einen Rahmen für
die Entwicklung konkreter Handlungsstrategien“ (König, 2005, S. 34).
Dieses Zitat lässt die Interpretation zu, dass das Streben von Menschen nach
materiellen Gütern in einer Gesellschaft, in der der Besitz von Häusern, Autos usw.
einen Wert darstellt, als positive Tat beschrieben wird.
Wie sich gesellschaftliche Einstellungen in Wohlstandsgesellschaften äußern, soll
im nächsten Kapitel gezeigt werden.
26
3.2. Die Wohlstandsgesellschaft
Es wird zwischen absoluter und relativer Armut unterschieden. Mit absoluter Armut
ist der Mangel an lebensnotwendigen Dingen wie Nahrung, Wohnung, Kleidung
gemeint. Mit relativer Armut wird der momentane Lebensstandard einer
Gesellschaft bezeichnet (vgl. Wolski-Prenger, 1993, S. 40). Es stellt sich die Frage,
wie weit Wohlstandsgesellschaften darauf Einfluss haben, dass verhindert wird,
dass Menschen in absoluter Armut leben. Aber es ist zu beachten, dass in den
dreißiger Jahren des 20. Jahrhundert ein Konzept entwickelt wurde, dass das
Bruttosozialprodukt eines Landes misst und zum Maßstab für den Wohlstand
wurde. Es wurde eigentlich mit der Absicht entwickelt, den Arbeitsmarkt besser
einschätzen zu können (vgl. Layard, 2005, S. 151). Nur Wohlstand darf nicht mit
Wohlbefinden verwechselt werden. Precht schreibt, dass für Glücksökonomen
Arbeitslosen- und Scheidungsraten besser über das Wohlbefinden der Bevölkerung
Auskunft geben als das Bruttosozialprodukt (vgl. Precht, 2007, S. 351). Aber was
macht eine Gesellschaft zu einer Wohlstandsgesellschaft?
Mayers Lexikon20 bezeichnet eine Wohlstandsgesellschaft, als eine Gesellschaft
„die dem überwiegenden Teil der Bevölkerung die Befriedigung
materieller Bedürfnisse weit über dem Existenzminimum sowie
umfassende Möglichkeiten des Konsums ermöglicht ..., während
wirtschaftliche
und
soziale
Probleme
wie
Arbeitslosigkeit,
gesellschaftliche
Desintegration,
Armut
und
eingeschränkte
Konsummöglichkeiten lediglich als Randgruppenphänomene in
Erscheinung treten“.
Aus
gesellschaftskritischer
Perspektive
werden
Wohlstandsgesellschaften,
weitestgehend auf die westlichen Industriestaaten beschränkt und auch als
Überflussgesellschaften beschrieben21, wie auch Wolfgang Ullrich (2006) in seinem
Buch Habenwollen – Wie funktioniert die Konsumkultur? beschreibt. Macht das
überdurchschnittliche Bruttosozialprodukt im Vergleich zu anderen Gesellschaften,
die Gesellschaft glücklich? Dazu schreibt Schneider (2007, S. 16), dass der
steigende Wohlstand einer Gesellschaft das Wohlbefinden einer Gesellschaft nicht
20
21
http://lexikon.meyers.de/beosearch/quote.action?pageId=54059785 [23.01.2009]
vgl. http://lexikon.meyers.de/beosearch/quote.action?pageId=54059785 [23.01.2009]
27
vermehrt, aber der Vergleich mit den Nachbarn oder den Kollegen, mehr zu
verdienen als mein horizontaler Vergleich, eine Urtatsache menschlichen
Zusammenlebens ist (vgl. Schneider, 2007, S. 16). Das hat ein Experiment,
welches 2003 an der Cornell-Universität im Staat New York durchgeführt wurde,
bestätigt. Es wurden 100.000 Testpersonen gefragt, ob sie „lieber 100.000 Dollar im
Jahr verdienen, wenn alle Vergleichspersonen nur 80.000 bekämen – oder
150.000, also 50.000 mehr, wenn die anderen es auf 200.000 brächten? Die
Mehrzahl entschied sich für den ersten Weg: Lieber verzichten sie auf 50.000
Dollar, als unter Reicheren der Ärmere zu sein“ (Schneider, 2007, S. 16f.).
Hier wird ersichtlich, dass eine Person sich nur dann zufrieden fühlt, wenn er genau
so viel verdient, wie der mit dem er sich vergleicht (vgl. Schneider, 2007, S. 17).
Schneider (vgl. 2007, S. 17) bezeichnet diesen Vorgang als Wohlstandsparadox
oder auch die Hedonic Treadmill, so wie es auch von amerikanischen
Sozialforschern bezeichnet wird. Nur zu beachten ist, wenn die anderen Personen
wohlhabender werden, muss umso heftiger in die Mühle getreten werden (vgl.
Schneider, 2007, S. 17). Das Wirtschaftswachstum, das die meisten Staaten als ihr
Lebenselixier betrachten, trägt also zum Ideal des „größten Glücks der größten
Zahl“ überhaupt nicht bei“ (Schneider, 2007, S. 17), weil dieses Wohlstandsparadox
herrscht. Eine negative Auswirkung durch den ständigen Vergleich mit anderen ist
der zunehmende Stress, mehr verdienen zu müssen als mein Nachbar oder
Kollege. Das äußert sich in Unzufriedenheit. Materielles Streben erzeugt, schreibt
Precht (2007, S. 351), „einen dauerhaften Zustand der Unzufriedenheit, in dem kein
nachhaltiges Glück entstehen kann“.
Im nächsten Kapitel wird die Aussage von Precht überprüft werden. Wie definieren
Glücksökonomen wie zum Beispiel M. E. P. Seligmann und Alfred Bellebaum
Glück? Welche Faktoren für Glück nennen sie?
28
4. Glück
Sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende. So heißt es im Märchen.
Wer erst einmal die böse Stiefmutter oder Räuber überwunden hat, dem winkt ein
zufriedenes Leben durch dauerhaftes und beständiges Glück. Aber ist dieser
beneidenswerte
Zustand
nur
Märchenfiguren
vorbehalten?
Ist
Glück
so
märchenhaft, dass es uns nur selten zufällt oder ist jeder seines Glückes
Schmied?
Doch was ist Glück? Diese Frage lässt sich aus vielen Blickwinkeln betrachten und
so sind unter den Autoren, die sich bis dato mit der Thematik des Glücks
auseinander setzten, Philosophen, Psychologen, Theologen, Literaturwissenschaftler, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler sowie Physiker und Mediziner
vertreten. Zu diesen zählen unter anderem der Glücksforscher Alfred Bellebaum,
M. E. P. Seligmann, Mihály Csikszentmihályi, der das Flow-Erleben22 1975
beschrieb
oder
auch
der
britische
Psychologe
Richard
Layard. Mihaly
Csikszentmihalyi hat in Langzeitstudien nachgewiesen, wie Menschen mehr Flow
in ihr Leben bringen. In verschiedenen Büchern, wie auch in seinem aktuellsten
Flow - Der Weg zum Glück (2006), hat er seine Studien veröffentlicht. Uwe Jean
Heuser und Rüdiger Jungbluth veröffentlichten 2007 in Die Zeit den Artikel
Schneller? Reicher? Glücklicher!23 In diesem Beitrag werden unterschiedlichste
Forschungsergebnisse der Glücksforschung zusammengefasst darstellt.
Im nächsten Kapitel auf die Definition von Glück eingegangen werden. Es ergibt
sich die Notwendigkeit, eine Differenzierung der verschiedenen Glücksbegriffe
vorzunehmen, weil unzählige Definitionen bzw. Modelle über Glück zu finden sind.
Ich habe mich entschieden, Glück anhand des Modells von Philipp Mayring zu
definieren,
das
vier
Faktoren
von
subjektivem
Wohlbefinden
beinhaltet:
Belastungsfreiheit, Freude, Zufriedenheit und Glück.
„Der Flow, das sind Augenblicke, in denen Menschen vollständig in ihrem Tun aufgehen“
(Csikszentmihalyi, 1975, S. 19).
23
vgl. http://www.zeit.de/2007/28/Gl-ck_1?page=1 [12.12.2008]
22
29
4.1. Definition von Glück
„Ursprünglich leitet sich Glück vom mittelhochdeutschen ,Gelücke’ ab und in
weiterer Folge von ,gelingen’, das sich wiederum von ,leicht’ ableitet. Glück ist also
ursprünglich das Gelungene, leicht Erreichte“24. Das Streben nach Glück wurde
bereits in der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1794 als
Menschenrecht definiert. Im nordamerikanischen Raum finden sich vermutlich
deswegen mehr Glücksforscher als in Europa. Laut Harald Hutterer25 ist es
zunächst wichtig, „zwischen Glück haben und glücklich sein zu unterscheiden. Im
Englischen ist es einfach, da es zwei verschiedene Begriffe gibt: luck and
happiness. Im Deutschen treten da leicht Missverständnisse auf. ... In manchen
Studien würden angegrenzte oder verwandte Termini benutzt werden, wie etwa:
angenehmes Leben, gutes Leben, Lebensqualität, Zufriedenheit, subjektives
Wohlbefinden“ (Bellebaum, 2002, S. 9). Nach Philipp Mayring (vgl. 2000, S. 54f.)
ist Glück einer der vier Faktoren von subjektivem Wohlbefinden. Zu den Faktoren
gehören:
1. die Belastungsfreiheit, womit der Zustand der Unbeschwertheit gemeint ist.
2. Die Freude, die eine konkrete, kurzfristige Situation darstellt und einen
emotionalen Zustand des Sich-gut-Fühlens auslöst.
3. Die Zufriedenheit, die einen kognitiv gesteuerten Befindungszustand und
ein
Produkt von Abwägungs- und Vergleichsprozessen darstellt und
letztendlich
4. das Glück, dass einen intensiven Wohlbefindungszustand, der die ganze
Person ergreift und länger andauert als Freunde und dadurch auf ein
allgemeines Lebensgefühl basiert.
Tal Ben-Shahar (2007, S. 18), ein Psychologe, der in Harvard das Fach Glück
unterrichtet, bezeichnet hingegen Glück „nicht als Endzustand, sondern als ein
24
25
vgl. http://www.work-life-society-happiness.net [13.03.2008]
http://www.work-life-society-happiness.net [13.03.2008]
30
Ziel, das man nie vollständig erreichen wird. Denn was käme danach?“ Daraus
schließt Tal Ben-Sharar, dass es Menschen, die entweder glücklich sind oder nicht
oder dass ein äußeres Ereignis plötzlich glücklich macht, nicht gibt. „Glück ist ein
kontinuierlicher Prozess“ (Tal Ben-Shahar, 2007, S. 20) und es reiche auch nicht
als „Hedonist durchs Leben zu gehen, wir brauchen einen Sinn. Ein glückliches
Leben ist aber nicht etwa ein Leben, in dem wir ein kontinuierliches Hoch erleben“
(Tal Ben-Shahar, 2007, S. 20). Glück für Tal Ben-Sharar setzt also voraus, dass
ein Mensch Sinn in seinem Leben findet. Aber auch Menschen, die einen Sinn
gefunden haben, sind nicht endgültig glücklich, sondern müssen diesen Zustand
immer wieder anstreben. Er sagt seinen Studenten unter anderem, dass er hofft,
dass sie öfters scheitern, „(d)enn wir lernen aus Fehlern“ (Tal Ben-Shahar, 2007,
S. 20) und dadurch würden wir einen Sinn für positive Gefühle entwickeln.
Dass der Begriff Glück (im Sinne von Glück empfinden) sehr verschieden
verstanden werden kann, liegt wohl auch daran, dass unterschiedliche
Fachrichtungen wie Psychologie, Philosophie, Medizin/Neurobiologie, Etymologie/
Sprachwissenschaften und die Pädagogik, sich mit seiner Definition beschäftigen.
Im folgenden Kapitel wird eine Einführung in die Glücksforschung sowie über ihre
Methoden und Ergebnisse gegeben werden.
4.2. Glücksforschung
Glücksforschung ist die Erforschung der Bedingungen, unter denen sich
Menschen als glücklich bezeichnen und/oder glücklich sind (vgl. Enzyklopädie der
Psychologie, 2006, S. 88). Ziel der Glücksforschung ist es, herauszufinden, was
Glück fördert oder hemmt, um daraus Handlungsempfehlungen ableiten zu
können, z. Bsp. in der Wirtschaftspolitik für Unternehmen. So soll durch Schaffung
von Rahmenbedingungen, die Zufriedenheit der Mitarbeitern am Arbeitsplatz
erhöht werden. Für den Einzelnen stellt Layard (vgl. 2005, S. 45) fest, dass in den
westlichen Industrieländern der Wert an sozialen Kontakten und Mitmenschlichkeit
das Glück eher erhöht als ein Mehr an materiellen Gütern. Aber es stellt sich die
31
Frage, ob man Glück überhaupt messen kann oder ob Glück nur ein subjektives
Empfinden ist, auch weil sich die Psychologie erst seit einigen Jahren mit der
Erforschung von positiven Gefühlen beschäftigt (vgl. Seligmann, 2005, S. 32). Um
die Methoden der Glücksforschung zu erklären, werden im nächsten Kapitel die
Disziplinen zusammengefasst dargestellt werden, die es sich zur Aufgabe gestellt
haben, die Bedingungen des Glücklichseins zu erforschen.
4.3. Methoden der Glücksforschung
Um einen groben Überblick zu geben, werden zuerst die verschiedenen
Disziplinen, die sich mit der Glücksforschung beschäftigen, aufgezählt und die
relevanten Disziplinen für die vorliegende Diplomarbeit genauer erläutert werden.
Die Sozialwissenschaftliche Glücksforschung möchte anhand von Befragungen
feststellen, unter welchen Vorraussetzungen oder Bedingungen Menschen mehr
oder weniger glücklich sind und verschiedene Glücksindikatoren ermitteln. Layard
(vgl.
2005,
S.
32)
vertritt
die
Ansicht,
dass
die
Hauptaufgabe
der
Sozialwissenschaften darin bestehen sollte herauszufinden, was Glück fördert
oder hemmt. Auch der amerikanische Professor Edward Diener (vgl. Ernst, 2007,
S. 24) vertritt diese Ansicht und dass sich das Glücksempfinden auf die gesamte
Lebensführung auswirkt. Daher kann es für Nationen sinnvoll sein, das subjektive
Wohlbefinden ihrer Bürger zu beobachten und zu messen (vgl. Ernst, 2007, S. 26).
Auch die durchgeführte Studie von Bergheim (vgl. 2006, S. 54) zeigt, dass OECDLänder (Australien, Dänemark, Großbritannien, Irland, USA) die Forderungen, die
die World Commission on Environment and Development 1987 formulierte, dass
neue Wege beschritten gehören, um den nachhaltigen Fortschritt von Ländern zu
messen und zu bewerten, erfüllte. Diese Länder setzten sich intensiv mit der
Frage, was für das Wohlergehen der Bürger wichtig ist, auseinander. Dazu
schreibt die amerikanische Psychologin Sonja Lyubomirsky (vgl. 2008, S. 14),
dass Umfragen nicht in der Lage seien, die Frage zu beantworten, was zuerst
komme: das Glück oder dessen Begleitumstände? Außerdem gäbe es
Beobachtungen, dass Menschen mit starken sozialen Bindungen glücklicher sind
32
als der Durchschnitt, aber keine Auskunft darüber, ob Freunde glücklich machen
oder glückliche Menschen leichter Freunde gewinnen.
Die größte Auswahl an Arbeiten auf dem Gebiet der Glücksforschung findet sich
an der Erasmus Universität Rotterdam, die von Ruut Veenhoven geleitet wird: die
World Database of Happinee (http://worlddatabaseofhappinee.eur.nl/). Dort
werden alle Forschungsarbeiten fortlaufend systematisiert und aufbereitet.
In der Psychologischen Glücksforschung („Positive Psychologie“) ist Michale
Argyle, der 1925 geboren ist, einer der ältesten Pioniere der Psychologie des
Glücks. Er misst Glücklichsein nicht mit einer einzigen Frage, wie es bei
soziologischen Umfragen meistens üblich ist, sondern nach dem Vorbild des
Neurotizismus-Tests von Eysenck und Maudsley, der aus einem ganzen
Fragenkatalog besteht (vgl. Argyle, 1998, S. 5.).
Ein Durchbruch auf dem Gebiet der Glücksforschung ist in den letzten Jahren der
Hirnforschung
gelungen.
Mit
neuesten
Messtechnologien,
wie
z.B.
der
Magnetresonanztomografie (MRT), können mittlerweile positive und negative
Gefühle sichtbar gemacht werden (vgl. Bergheim, 2007, S. 5).
In der Ökonomischen Glücksforschung wird das Streben nach Glück als eine
wirtschaftliche
Triebkraft
gesehen.
Die
Marketing-Expertin
Anne
Schüller
verspricht in ihren Kursen, dass, wenn den Kunden Momente des Glücks
verschafft werden, man dauerhaft erfolgreich sein wird (vgl. Schüller, 2005, S. 8).
Was hier auffällt ist, dass die Wirtschaft ihren Nutzen aus der Vermittlung von
Glück zieht und dauerhaftes Erfolgreichsein denjenigen verspricht, die es
schaffen, den Kunden glückliche Augenblicke zu ermöglichen.
Ein Problem stellt der materielle Vergleich und der Neid auf materielle Güter, die
andere Menschen besitzen, in einer Gesellschaft dar. Richard Layard (2005)
untersuchte die persönliche Zufriedenheit in Abhängigkeit vom materiellen bzw.
Zeit-Reichtum der umgebenden Personen. Es zeigte sich, dass sich die
Teilnehmer der Studie deutlich weniger zufrieden fühlten, wenn die Umwelt in
materiellen Dingen reicher war, sie aber wenig Neid auf Zeitwohlstand haben.
Glenn Firebaugh, Soziologieprofessorin an der State University in Pennsylvania,
und Laura Tach, Forscherin an der Havard University, haben in ihrer Studie nun
33
erstmals die Hypothese belegt, dass sich Glück vor allem über den Vergleich mit
den Mitmenschen definiert. Sie belegten in ihrer Studie Relative Income and
Happiness (Umfragen26 zwischen 1972-2002) die Hypothese, dass Glück vor
allem über den Vergleich mit den Mitmenschen definiert wird: „Wer Geld hat ist
vielleicht zufrieden, aber nur wer über mehr Geld verfügt als seine Altersgenossen
und Kollegen, ist wirklich glücklich“27.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Glück im Sinne von subjektiver
Lebenszufriedenheit in den meisten Fällen durch direkte Befragung der
Betroffenen erhoben wird. Dabei werden entweder mehrere oder nur eine einzige
Frage
verwendet.
Die
Antwortmöglichkeiten
können
in
beiden
Fällen
unterschiedlich gestaltet sein. In manchen Tests werden offene Fragen gestellt
und in anderen Antwortkategorien vorgegeben usw.
In der Pädagogik wird das Streben nach Glück mit dem Menschen als einem
denkenden, fühlenden, suchenden Wesen unlösbar verbunden, ist meist aber nur
latent gegenwärtig, wie Gerhard Mertens (2006) in seinem Buch Balancen Pädagogik und das Streben nach Glück ausführlich beschreibt. Laut Mertens
(2006) ist es auch ein Zeichen der Bildung, sein sinnhaftes Dasein zu hinterfragen
und zu versuchen, sich auf das sinnhafte Gelingen einzulassen (vgl. Mertens,
2006, Klappentext) Fritz-Schubert. Er führte 2007 das Fach Glück ein, welches
von einem Team von Experten entwickelt wurde, das sowohl an der zweijährigen
Berufsfachschule Wirtschaft als auch am dreijährigen Wirtschaftsgymnasium
unterrichtet wird. Es handelt sich um ein Pilotprojekt von der Willy-Hellbach-Schule
in Heidelberg28, das Jugendliche dazu veranlassen soll, sich mit den Fragen: Was
bedeutet Glück? und Was brauche ich eigentlich dazu? auseinander zu setzen.
Ziel ist es, mit dem Unterrichtsfach Glück zu versuchen, den Schülern Bildung im
ursprünglichen Sinn zu vermitteln. Diese umfasst, laut Schubert, zusätzlich zur
Vermittlung von Fachwissen die „Förderung von persönlicher Zufriedenheit,
Selbstsicherheit, Selbstverantwortung und sozialer Verantwortung“29. Glück ist ein
26
Genaueres
über
die
Umfrage
und
deren
Ergebnisse
http://www.sueddeutsche.de/kultur/64/404842/text/ [20.12.2008]
27
http://www.sueddeutsche.de/kultur/64/404842/text/v [20.12.2008]
28
vgl. www.whs.hd.bw.schule.de [26.10.2008]
29
http://www.whs.hd.bw.schule.de [26.10.2008]
34
finden
sich
unter:
Begriff, der in allgemeinen Worten schwer auszudrücken ist, weil er eine Sache
des individuellen Erlebens darstellt. Daher sollen Jugendlichen Mittel und Wege
gelehrt werden, über das eigene Glücksempfinden nachzudenken und gezeigt
werden, wie es sich in ihr Leben integrieren lässt.
4.4. Glück und der materielle Wohlstand
Viele Glücksforscher mit unterschiedlichen Vorgehensweisen haben die These:
Geld macht nicht glücklich immer wieder begründet, wie auch der Psychologe
Richard Layard (2005) in seiner Untersuchung Die glückliche Gesellschaft, in der
er übereinstimmend feststellt, dass das Glücksempfinden mit dem Einkommen nur
über eine beschränkte Strecke ansteigt. Sobald die Grundbedürfnisse befriedigt
sind, entstehe durch mehr Wohlstand nur mehr wenig bis gar kein Zuwachs an
Glück. Layard (2005, S. 13) bemerkt auch, dass,
„wer unsere westlichen Gesellschaften aufmerksam betrachtet, einen
seltsamen Widerspruch fest(stellt). Die meisten Menschen wünschen
sich mehr Geld und tun sehr viel dafür, dieses Ziel zu erreichen. Doch
obwohl die Menschen im Westen seit Jahrzehnten immer reicher
werden, sind sie keineswegs glücklicher geworden.
Dies ist kein Ammenmärchen, sondern eine Tatsache, die in zahlreichen
wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen wurde. ... Diese
Untersuchungen beweisen, dass die Menschen heute nicht glücklicher
sind als vor 50 Jahren. Und das, obwohl sich das reale
Durchschnittseinkommen in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt hat.
Diesem Widerspruch begegnen wir in fast allen Ländern der westlichen
Welt, ob in den USA, Großbritannien oder Japan“.
Geht man von diesen Thesen aus, könnten auch die Interviews zeigen, dass die
Migranten nach anfänglichen Glücksgefühlen, die durch das Mehr an Geld und
materiellen Gütern nach ihrer Migration, ausgelöst wurden, nachgelassen haben,
weil alle Interviewpartner seit mindestens fünf Jahren in Österreich leben.
Laut Bellebaum (vgl. 2002, S. 280) wird das Glücksgefühl von der Selbstdeutung
des Einzelnen zutiefst von gesellschaftlich-kulturellen Vorgaben, die zumeist
unbedacht bleiben, beeinflusst. Ihm zufolge hängt das Glücksgefühl von der
Selbstdeutung des einzelnen Menschen ab und gewinnt erst in einem großen
35
interpretativen Kontext an Kontur. Wie bereits oben erwähnt, sind Menschen nur
glücklich, wenn sie über mehr Geld als ihre Altersgenossen verfügen30. Wenn
diese These richtig ist, sind Migranten gegenüber ihren Freunden und Verwandten
bevorzugt, wenn davon ausgegangen wird, dass die Migranten in Österreich mehr
Geld verdienen gegenüber ihren Verwandte und Freunden, die nach wie vor in
Osteuropa leben. Das könnte zu einem erhöhten Glücksgefühl beitragen. Aber
auch wenn die materiellen Erwartungen sich erfüllen, könnte das die Migranten,
sobald sie sich an den österreichischen Standard gewöhnt haben, erneut
unzufrieden machen, wenn sie im Vergleich zu ihrer Altersgruppe nicht über mehr
Geld verfügen. Meine Interviews sollen dazu beitragen, weitere Einsichten in
diesem Bereich zu gewinnen.
Viele Menschen unserer Kultur glauben noch immer, dass viele ihrer täglichen
Sorgen gelöst wären, wenn sie über mehr Geld verfügen würden (vgl. Argly, 1998,
S. 49). Dazu ist anzumerken, dass es sich hier um Menschen handelt, deren
Grundbedürfnisse befriedigt sind. Untersuchungen von Lottogewinnern zeigen
allerdings, dass ein Gewinn einer großen Geldsumme auf Dauer nicht glücklicher
macht (vgl. Bellebaum, 2005, S. 23). Diese Erkenntnis, wie bereits im Kapitel 3.2.
erwähnt wurde, wird auch als hedonistische Tretmühle31 bezeichnet. Glück und
Geld gehören in gewisser Weise aber doch zusammen. Der Volksmund sagt:
„Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt“. In diesem Kontext lasse sich ein
geringer, jedoch signifikant positiver Zusammengang zwischen Einkommen und
Wohlbefinden feststellen (vgl. Furnham & Argyle, 1998, S. 187).
"Je gleichmäßiger das Einkommen verteilt ist, desto glücklicher werden die
Menschen
eines
Landes
im
Schnitt
sein"
(Layard,
2005,
S.
89).
Einkommenszuwächse machen Arme glücklicher, Wohlhabende nicht unbedingt.
Diese Aussage begründet Precht (2005, S. 349) wie folgt: „Sind bestimmte
Ansprüche erfüllt, wachsen schnell neue Ansprüche nach, während man sich an
das, was man hat, schnell als selbstverständlich gewöhnt“. Alle Untersuchungen
zeigen, dass die Menschen heute nicht glücklicher sind als vor 50 Jahren, obwohl
das wirtschaftliche Wachstum kontinuierlich zugenommen hat (vgl. Seligmann,
30
vgl. http://www.sueddeutsche.de/kultur/64/404842/text/ [20.10.2008]
Laut Layard (2005, S. 60) funktioniert die hedonistische Tretmühle so ähnlich wie Alkohol oder
Drogen: „Wenn ich eine angenehme Erfahrung gemach habe, dann brauche ich mehr davon, um
weiterhin das gleiche Glück zu empfinden“.
31
36
2005, S. 77).
Im nächsten Kapitel werden sowohl Gegenstand als auch Zielsetzung der
vorliegenden Arbeit erläutert werden.
37
5. Gegenstand und Zielsetzung
Die
Situation
von
Migranten
in
Österreich
ist
Thema
verschiedender
wissenschaftlicher Arbeiten und es gibt zahlreiche (empirische) Untersuchungen
darüber. Etliche Autoren haben sich mit der Thematik der Glücksforschung,
Migration in Österreich und mit der Psychologie des Geldes beschäftigt. Aber wie
bereits erwähnt wurde, geht meinen Recherchen zufolge, keine dieser
Untersuchungen näher auf den von mir gewählten Forschungsschwerpunkt ein.
Im Mittelpunkt meiner Untersuchungen stehen die Fragen nach den finanziellen
und materiellen Erwartungen von Migranten in Österreich und wie glücklich sie
jetzt mit ihrem Leben sind. Es handelt sich um eine Erhebung anhand von
narrativen Interviews, die mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring
ausgewertet werden. Die verwendeten Methoden werden in Kapitel 7 beschrieben
werden.
Als Ergebnis meiner Überlegungen eröffnen sich folgende Themenbereiche und
die damit verbundenen Fragen, auf die im Zuge der qualitativen Erhebung
eingegangen werden wird:
-
Wohlstand:
Welche finanziellen/materiellen Erwartungen hatten sie an ihr neues
Zuhause?
-
Zukunftsdenken:
Was beschäftigt Männer und was Frauen, wenn sie an Ihre Zukunft
denken?
-
Herkunft:
Welchen Platz nimmt die Herkunft im jeweiligen Leben des Befragten ein?
-
Ist-Zustand:
Haben sich ihre finanziellen Erwartungen erfüllt?
Wie glücklich sind sie jetzt mit ihrem Leben?
-
Faktoren des Glücks:
38
Welche Faktoren werden von den Befragten zusätzlich angesprochen, auf
welche reagieren sie eher nüchtern und auf welche emotional?
Im nächsten Kapitel werden die verschiedenen Auswahlkriterien für die
Interviewpartner erklärt und anschließend anhand eines Überblicks dargestellt
werden.
5.1. Die Auswahlkriterien für die Interviewpartner
Insgesamt wurden 10 Migranten im Alter zwischen 25-35 Jahren befragt (5
Männer/ 5 Frauen), die seit mindestens 5 Jahren in Österreich leben, Matura
haben und studieren oder bereits ein Studium abgeschlossen haben. Für diese
Auswahlkriterien habe ich mich entschieden, da ich zu dieser Personengruppe am
ehesten Zugang habe. Das nächste Unterkapitel stellt einen Überblick über die
interviewten Personen dar.
39
5.1.1. Überblick über die interviewten Personen
Kürzel
Geschlecht
Herkunft
Ausbildung
verh./ledig/Kind
Jahrgang
A
W
Polen
studiert
verheiratet,
1978
Pädagogik,
ein Kind
Uni Wien
B
W
Tschechien
Studium:
ledig
1980
Studium:
verheiratet,
1977
Germanistik,
ein Kind
Slawistik,
Uni Wien
C
W
Ukraine
Ukraine
D
W
Serbien
Studium:
verheiratet
1979
Studium:
ledig,
1977
Sportwissenschaft,
ein Kind
HW, WU Wien
E
W
Ukraine
Uni Wien
F
M
Rumänien
Studium:
ledig
1981
ledig
1982
ledig
1977
ledig
1983
ledig
1983
Kunstgeschichte,
Uni Wien
G
M
Bosnien
studiert
Maschinenbau,
TU-Wien
H
M
Albanien
Studium:
Kriminologie,
Albanien
I
M
Tschechien
studiert Publizistik,
Uni Wien
J
M
Mazedonien
Studium:
Informatik,
TU-Wien
Unter den für diese Arbeit interviewten Personen befinden sich sowohl welche, die
emigrierten (politische Beweggründe, Krieg) als auch welche, die wegen des
40
Studiums nach Österreich gekommen sind. E wanderte z. Bsp. ab, weil sie in ihrer
Heimat (Tschechien) keine Arbeit finden konnte. C lernte in der Ukraine ihren
Mann kennen und übersiedelte deshalb nach Österreich. G flüchtete mit seinen
Eltern als Schulkind, weil Krieg in Bosnien herrschte. Es finden sich unter den
interviewten
Personen
somit
welche,
bei
denen
die
Push-Faktoren
ausschlaggebend gewesen sind, aber auch Leute, die durch die sogenannten PullFaktoren emigrierten. Es finden sich auch verschiedene Migrationsmuster wie z.
Bsp. Abwanderung bzw. Arbeitsmigration (E) und Emigration (G).
5.1.2. Vorbereitung für die Interviewpartner
Bevor ich mit dem Interview begonnen habe, stellte ich in ein paar Sätzen meine
Diplomarbeit vor, um dadurch eine Einführung in das Thema zu geben und habe
Begriffe, die auf Anhieb möglicherweise nicht verstanden werden, wie z. Bsp.
Narratives Interview, erklärt. Dadurch erhielten die Kandidaten vorweg einen
groben Überblick über meine Diplomarbeit, warum gerade sie ausgewählt wurden
und auch darüber, warum diese Befragung im Rahmen von Pädagogik
durchgeführt wird.
Die Aussagen der Befragten werden nach der Methode des narrativen Interviews
miteinander verglichen werden. Diese wird im folgenden Abschnitt beschrieben
werden.
41
6. Methode der Datenerhebung
6.1. Das narrative Interview
Das von Schütze (1977) eingeführte narrative Interview ist eine Spezialform des
qualitativen Interviews. Es zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass weder die
Fragen vorab formuliert sind, noch dass deren Anordnung vorgeschrieben ist, was
starre Strukturen im Interview vermeidet. Hierzu schreibt Schütze, dass Befragte,
die frei erzählen, „gegebenenfalls auch Gedanken und Erinnerungen preisgeben,
die sie auf direkte Fragen nicht äußern können oder wollen“ (Schütze, 1987, S.
10). Es handelt sich dabei um eine weitgehend offene Gesprächstechnik, bei der
der Interviewer anregend-passiv bleibt und der zu Interviewende die aktive
Steuerung des Gesprächs übernimmt. Der Interviewer beschränkt sich im Laufe
des Interviews darauf, nur wenige und eher allgemein gehaltene Fragen zu stellen,
die dazu anregen sollen, den Befragten frei erzählen zu lassen (vgl. Schütze,
1987, S. 9). Auch Mayring (1999, S. 18) beschreibt in seinem Buch Einführung in
die qualitative Sozialforschung, dass die Grundidee dieser Methode darin besteht,
dass subjektive Bedeutungsstrukturen zutage treten, die sich im freien Erzählen
über bestimmte Ereignisse herausschälen, sich aber einem systematischen
Abfragen verschließen würden. Auch im Alltag spielen Erzählungen eine
wesentliche Rolle. Dabei berufe ich mich auf Wiedemann (1986), der Erzählungen,
als „natürliche, in der Sozialisation eingeübte Diskursverfahren, mit denen sich
Menschen
untereinander
der
Bedeutung von
Geschehnissen
ihrer
Welt
versichern“ (Wiedemanm, 1986, S. 24), erklärt.
Im narrativen Interview werden also die Interviepartner aufgefordert, zu einem
bestimmten Thema eine Geschichte aus ihrem Leben zu erzählen. Der Interviewer
greift während der Erzählung nicht ein. Nur, wenn der rote Faden der Geschichte
verloren geht, schreitet er ein. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, ist der
Grundgedanke beim narrativen Interview, dass durch das freie Erzählenlassen von
Geschichten der Interviewer zu subjektiven Bedeutungsstrukturen gelangt, die sich
bei systematischer Befragung nicht zeigen würden und dass „die Strukturierung
42
des Gesprächs durch den universellen Ablaufplan von Erzählungen (geschieht),
den der Interviewer unterstützt“ (Mayring, 1999, S. 55).
Das narrative Interview lässt sich in drei zentrale Teile gliedern:
Phase 1: Zwischen Interviewtem und Interviewer wird zu klären versucht, unter
welchen
Aspekten
selbsterlebte
Ereignisse
erzählt
werden
sollen.
Die
Eingangsfrage wird vorgestellt. Diese ist sehr wichtig, weil sie auschlaggebend
dafür ist, dass das Gespräch nicht ausufert und eventuell anvisierte Gegenstände
des Gesprächs verfehlt werden.
Phase 2: Hier beginnt die eigentliche Erzählphase des Interviewten. Das Erzählte
kann durchaus von Schweigen und Pausen unterbrochen werden, sie darf aber
erst dann als beendet gelten, wenn der Befragte es tatsächlich so meint. Die Rolle
des Interviewers beschränkt sich auf interessiertes Zuhören.
Phase 3: Auf den Abschluss der Erzählung folgt eine Nachfragephase, falls diese
erforderlich ist. In dieser sollen, wenn möglich, noch offen gebliebene Fragen oder
Widersprüchlichkeiten in der Erzählung geklärt werden. Auch hier wird auf die
narrative Kompetenz des Befragten zurückgegriffen (vgl. Mayring, 1999, S. 55ff.).
Am Ende des narrativen Interviews wird das vorhandene Material, welches
meistens auf Tonbandaufnahmen festgehalten wird, transkribiert. Für diese Arbeit
wurden die Interviews mit dem Programm Express Dictate auf einen Laptop
aufgenommen und mit Express Scribe transkribiert.
Das narrative Interview eignet sich für Thematiken mit starkem Handlungsbezug.
Wenn es um die Erschließung von subjektiven Bedeutungszusammenhängen
geht, die schwer direkt abfragbar sind, oder um unerforschte Gebiete, wird das
narrative Interview verwendet. Bei dieser Methode wird immer nur eine Person
befragt, wobei man sich genau auf die subjektiven Bedeutungsstrukturen des
einzelnen einlassen kann, denn viele Einstellungen oder Meinungen sind stark an
soziale Zusammenhänge gebunden. Mayring (1999) schreibt, dass, wenn man im
Einzelinterview Menschen z. Bsp. nach ihren antisemitischen Vorurteilen fragt, es
sehr schwierig ist, Antworten darauf zu erhalten. In einer Gruppe von 5-15
Menschen könnte es leichter passieren, dass sich ein Gespräch „hochschaukelt
und die Vorurteile und Ideologien offenbart werden“ (Mayring, 1999, S. 58, vgl.
43
Studie von Pollock, 1955). 120 Gruppen mit insgesamt 1800 Personen aus
Deutschland diskutierten über die Nazi-Vergangenheit und die demokratische
Gegenwart der BRD und es zeigte sich, dass in einem großen Teil des Materials
Ideologien und Vorurteile zu finden waren. Diese sozialwissenschaftliche Methode
(Gruppendiskussion) wurde vom Frankfurter Institut für Sozialforschung entwickelt,
das auch diese Studien durchgeführt hat (vgl. Studie von Pollock 1955). Es wird
davon ausgegangen, dass subjektive Bedeutungsstrukturen so stark in soziale
Zusammenhänge eingebunden sind, dass sie nur in Gruppendiskussionen
erhebbar sind, weil psychische Strukturen durchbrochen werden können, „um
auch zu kollektiven Einstellungen und Ideologien zu gelangen“ (Mayring, 1999, S.
58).
Trotz der Vorteile von Gruppenbefragungen ist das Ziel meiner Studie, zu
subjektiven Bedeutungsstrukturen zu gelangen, die in engem Zusammenhang mit
der Biografie der Befragten steht. Es ist die Lebensgeschichte von einzelnen
Personen gefragt, um deren ganz persönliche Einstellungen, Erwartungen und
Wahrnehmungen erfassen zu können.
Die narrativen Interviews mit Migranten aus Osteuropa wurden mit dem Impuls:
Ob das Mehr an Geld und materiellem Gut glücklich macht durchgeführt. Die
Einstiegsfrage lautete ursprünglich: Was waren Ihre finanziellen und materiellen
Erwartungen an Österreich und inwiefern haben sie sich erfüllt? Wie sich
herausstellte, war diese Frage zu allgemein und daraufhin wurde das Interview mit
folgender Frage eröffnet: Wieso sind Sie nach Österreich gekommen, welche
finanziellen und materiellen Erwartungen hatten sie an Österreich und inwiefern
haben sie sich erfüllt? Während der Erzählung beschränkte ich mich auf die Rolle
des Zuhörens. Nur, wenn etwas akustisch oder sprachlich nicht verständlich war,
wurde das Gespräch unterbrochen, um weiterhin der Erzählung folgen zu können.
Am Ende der Erzählungen folgte eine Nachfragephase, in der Fragen gestellt
wurden, die im Laufe des Gesprächs offen geblieben sind.
44
6.2. Die qualitative Inhaltsanalyse als Methode zur Untersuchung
der narrativen Interviews
Die narrativen Interviews, die für diese Arbeit mit 10 Migranten aus Osteuropa
durchgeführt wurden, werden in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse nach
Mayring (2003) ausgewertet werden. Diese wird in diesem Kapitel näher erläutert
werden. Im Hinblick auf die Beantwortung der Fragestellung wird außerdem
begründet werden, wieso diese Methode ausgewählt wurde.
Die gewählte Forschungsmethode ist laut Mayring (vgl. 2002, S. 114) eine
Methode zur wissenschaftlichen Interpretation von Texten. Die Texte werden
durch die qualitative Inhaltsanalyse im Zuge der Bearbeitung des Materials
anhand von Kategorien in Einheiten zerlegt und schrittweise und theoriegeleitet
analysiert. Im Zentrum steht ein Kategoriesystem, welches theoriegeleitet am
Material entwickelt wurde. Dieses Kategoriesystem legt jene Aspekte fest, welche
für die Interpretation herausgefiltert werden sollen. Den Grundgedanken der
qualitativen Inhaltsanalyse formuliert Mayring (2002, S. 114) folgendermaßen:
„Qualitative Inhaltsanalyse will Texte systematisch analysieren, indem sie das
Material
schrittweise
mit
theoriegeleitet
am
Material
entwickelten
Kategoriesystemen bearbeitet.“
Lamnek (2005) entwirft für das inhaltsanalytische Vorgehen ein allgemeines
Ablaufmodell der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring, welches aus neun
Stufen besteht und schrittweise bei jeder Anwendung der Inhaltsanalyse
durchlaufen wird. Dabei werde ich mich am Werk von Siegfried Lamnek
Qualitative Sozialforschung (2005) orientieren. Die neun Stufen nach Mayring
werden wie folgt aufgezählt:
(1) Festlegung des Materials
(2) Analyse der Entstehungssituation
(3) formale Charakterisierung des Materials
(4) Richtung der Analyse
(5) theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung
45
(6) Bestimmung der Analysetechnik
(7) Definition der Analyseeinheit
(8) Analyse des Materials
(9) Interpretation
(vgl. Lamnek, 2005, S. 510)
Anschließend wird mit der Festlegung des Materials begonnen und ein
theoretischer Überblick über die Auswertung der qualitativen Inhaltsanalyse
gegeben werden. Im folgenden Unterkapitel wird auf die Festlegung des Materials
der Analyse eingegangen werden.
6.2.1. (1) Festlegung des Materials
Der erste Schritt ist die genaue Definition des Materials, dass der Analyse
zugrunde liegt. Zunächst werden nur die Ausschnitte der Interviewprotokolle, in
denen sich der Interviewpartner explizit und bewusst zum Gegenstand der
Forschungsfrage äußert, ausgewertet (vgl. Lamnek, 2005, S. 518).
Der nächste Schritt laut Lamnek (vgl. 2005, S. 518) besteht darin, die
Entstehungssituation zu analysieren. Diese wird im folgenden Unterkapitel
erläutert werden.
6.2.2. (2) Analyse der Entstehungssituation
Laut
Lamnek
(2005,
S.
518)
ist
es
wichtig,
Informationen
über
die
Entstehungssituation des Analysematerials zu geben, um die möglichen
Fehlerquellen bei dessen Interpretation zu minimieren. Zunächst wird auf dieser
Stufe
der
Inhaltsanalyse
beschrieben,
welche
Personen
während
der
Interviewsituation anwesend gewesen sind und der emotionale, kognitive,
soziokulturelle und Handlungshintergrund des Befragten dargestellt. Außerdem
wird die Entstehungssituation beschrieben (vgl. Lamnek, 2005, S. 518).
46
Im nächsten Schritt ist nach Mayring (2003, S. 47 zit. nach Lamnek, S. 518)
festzulegen, in welcher Form das Material der qualitativen Untersuchung vorliegt.
6.2.3. (3) Formale Charakterisierung des Materials
Bei der Beschreibung des Materials muss laut Lamnek (2005, S. 518f.)
insbesonders auch „darauf geachtet werden, auf welche Weise die akustische
Aufzeichung auf dem Band in ein schriftliches Protokoll umgewandelt wird“. Nach
Lamnek (2005, S. 519) können „neben der rein sprachlichen Wiedergabe“ auch
„Betonungen,
Pausen,
Sprechgeschwindigkeit
und
Stimmlage
transkribiert
werden“.
Nach der Beschreibung des zugrundeliegenden Materials erfolgt die Festlegung
der Richtung der Analyse.
6.2.4. (4) Richtung der Analyse
Nach Mayring (2003, S. 50) gilt es sich zu fragen, „was man eigentlich daraus
herausinterpretieren möchte“. Es gibt verschiedene Formen, in welche Richtung
die Analyse gehen soll. Die Richtung kann sich auf den Inhalt des Protokolls, auf
gefühlsmäßige und kognitive Aspekte des Interviewten beziehen. Sie kann sich
auch auf die Handlungen, die der Text beschreibt, oder auf die Wirkungen der
Aussagen auf einen zur Zielgruppe gehörenden Leser beziehen (vgl. Lamnek,
2005, S. 519). In der qualitativen Sozialforschung beschreibt Mayring (2003, S.
52), dass die Richtung der Analyse dahin gehen soll, dass „durch den Text
Aussagen über den emotionalen, kognitiven und Handlungshintergrund der
Kommunikatoren“ gemacht werden können.
Im Anschluss an die Erläuterung der Richtung der Analyse stellt die nächste Stufe
nach Lamnek (vgl. 2005, S. 519) die theoriegeleitete Differenzierung der
Fragestellung dar, die im folgenden Unterkapitel erklärt werden wird.
47
6.2.5. (5) Theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung
Die theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung bedeutet nach Mayring
(2003, S. 52) „dass die Fragestellung der Analyse vorab genau geklärt sein muss,
theoretisch an die bisherige Forschung über den Gegenstand angebunden und in
aller Regel in Unterfragestellungen differenziert werden muss“. Das heißt, dass vor
Beginn der Analysetätigkeit die Frage festgelegt und in den aktuellen
Forschungsstand eingebettet werden muss. Außerdem sollte eine Gliederung in
Unterfragen erfolgen.
Auf der folgenden Stufe beschreibt Lamnek (vgl. 2005, S. 519) die Bestimmung
der Analysetechnik, wo entschieden wird, welches interpretative Verfahren
verwendet werden soll.
6.2.6. (6) Bestimmung der Analysetechnik
Schließlich wird in diesem Stadium der qualitativen Inhaltsanalyse in einem
weiteren Schritt ein spezifisches Analysemodell im Hinblick auf die Untersuchung
des Fallmaterials ausgewählt (vgl. Lamnek, 2005, S. 519). Drei Grundformen des
Interpretierens unterscheidet Mayring (2003): Zusammenfassung, Explikation und
Strukturierung (vgl. Lamnek, 2005, S. 519). Diese drei Formen werden in Kapitel
7.2.8. näher erklärt werden.
Die siebente Stufe nach Lamnek (vgl. 2005, S. 519) ist die Definition der
Analyseeinheit. Vorab wird der Begriff Analyseeinheit nach Mayring (2003) konkret
erläutert werden.
6.2.7. (7) Definition der Analyseeinheit
Um die Untersuchung des Materials nachvollziehbar und überprüfbar zu gestalten,
wird im Vorfeld der Begriff der Analyseeinheit erklärt werden.
48
Mit dem Begriff Analyseeinheit fasst Mayring (2003) die Kodiereinheit, die
Kontexteinheit und die Auswertungseinheit zusammen. „Die Kodiereinheit legt fest,
welches der kleinste Materialbestandteil ist,… die Kontexteinheit legt den größten
Textbestandteil fest… . Die Auswertungseinheit legt fest, welche Textteile jeweils
nacheinander ausgewertet werden“ (Mayring, 2003, S. 53 zit. nach Lamnek, 2005,
S. 530). Zusätzlich wird bestimmt, „wie ein Textstück, eine Phrase, beschaffen
sein muss, damit sie als Ausprägung für eine Kategorie genommen werden kann“
(Lamnek, 2005, S. 519). Kategorien sind Merkmale, die der Wissenschaftler durch
das Lesen des Materials entwickelt hat, „um den Text beschreiben zu können“
(Lamnek, 2005, S. 519).
Den größtmöglichsten Textbestandteil, der unter eine Kategorie fallen kann, ist
nach Mayring (vgl. 2003, S. 53 zit. nach Lamnek, 2005, S. 530) die Kontexteinheit
und stellt das gesamte Interview eines Interviewpartners dar.
Sind Fallmaterial, Fragestellung und Analyseeinheiten theoretisch geklärt, erfolgt
auf der nächsten Stufe die Analyse des Materials (vgl. Lamnek, 2005, S. 520).
6.2.8. (8) Analyse des Materials
Wie bereits erwähnt wurde, werden in diesem Unterkapitel die drei grundlegenden
qualitativen inhaltsanalytischen Analyseverfahren vorgestellt werden:
Die zusammenfassende Inhaltsanalyse hat zum Ziel, das Material derart zu
minimieren, dass es auf das Wesentliche beschränkt wird (vgl. Mayring, 2003, S.
58 zit. nach Lamnek, 2005, S. 520).
Bei der Explikation wird „zu einzelnen interpretationsbedürftigen Textstellen...
zusätzliches Material herangezogen, um diese zu erklären, verständlich zu
machen, zu erläutern
(und) zu explizieren“ (Mayring, 2003, S. 77 zit. nach
Lamnek, 2005, S. 522).
Die strukturierende Inhaltsanalyse hat „zum Ziel, eine bestimmte Struktur aus dem
Material herauszufiltern“ (Mayring, 2003, S. 75 zit. nach Lamnek, 2005, S. 526).
Durch das Material wird mit Hilfe von vorab festgesetzten Ordnungskriterien ein
Querschnitt gelegt, um das gesamte Material aufgrund dieser Kriterien
einschätzen zu können (vgl. Lamnek, 2005, S. 526).
49
Für diese Forschungsarbeit wurde die strukturierende Inhaltsanalyse gewählt, weil
diese es ermöglicht, eine bestimmte Struktur nach festgelegten Ordnungskriterien
aus dem Material herauszufiltern (vgl. Mayring 2003, S. 82f.). „Diese Struktur wird
in
Form
eines
Kategoriesystems
an
das
Material
herangetragen.
Alle
Textbestandteile, die durch eine Kategorie angesprochen werden“ (Mayring, 2003,
82f.), werden aus den Protokollen herausgefiltert. Daher steht im Mittelpunkt der
Analyse die Entwicklung eines Kategoriesystems (vgl. Mayring, 2003, S. 53). Die
Kategorien selbst können induktiv aus dem Material gewonnen oder deduktiv
(theoriegeleitet) ermittelt werden. Um genau erkennen und nachvollziehen zu
können, welche Textbestandteile welcher Kategorie zuzuordnen sind, müssen
diese Kategorien definiert werden. Dies erfolgt durch sogenannte Ankerbeispiele.
Als Ankerbeispiele gelten konkrete Textstellen, die beispielhaft für Kategorien sind
(vgl. Mayring, 2002, S. 118). Es darf innerhalb der Kategorien zu keinen
inhaltlichen Überlappungen kommen. Sollte das doch der Fall sein, müssen die
Kategorien neu geordnet bzw. definiert werden (vgl. Mayring, 2002, S. 518). Es
werden Regeln formuliert, um eine Zuordnung des Textes zu Kategorien klar und
deutlich zu ermöglichen (vgl. Lamnek, 2005, S. 526).
Im 7. Kapitel soll nun praktisch dargestellt werden, wie die qualitative
Untersuchung in Anlehnung an die Inhaltsanalyse nach Mayring durchgeführt
wurde. Es beinhaltet unter anderem alle Informationen über die durchgeführten
Interviews und deren Entstehungssituation, der Verarbeitung der Daten und deren
Analyse.
50
7. Praktische Anwendung der Qualitativen Inhaltsanalyse
Für diese Forschungsabeit wurden, wie bereits erwähnt, narrative Interviews mit
Migranten aus Osteuropa durchgeführt und daher stellen die Interviewprotokolle
das zu interpretierende Material dar. Diese werden mittels der gewählten
Forschungsmethode analysiert und interpretiert werden.
Für die Durchführung der Interviews wurde zunächst eine Einstiegsfrage
entwickelt, die bereits im Kapitel 6.1. besprochen wurde. Bevor näher auf die
Forschungsfrage eingegangen wird, soll zunächst die Entstehungssituation der
Analyse geschildert werden. Es wird auch die Kontaktaufnahme zu den
Interviewpartnern, welche Schwierigkeiten aufgetreten sind, wo die Interviews
stattgefunden haben und welche Rahmenbedingungen von Vorteil waren,
beschrieben werden.
7.1. Entstehungssituation
Die Interviewpartner waren teilweise Studienkollegen, Freunde, Bekannte und es
wurde auch Kontakt zum Slawistik Institut der Universität Wien aufgenommen,
worauf sich zahlreiche Studentinnenen bereit erklärt haben, an der qualitativen
Studie teilzunehmen. Daraufhin wurde telefonisch bzw. über E-Mail mit den
potenziellen Interviewpartnern Kontakt aufgenommen, um Termine für die
Interviews zu vereinbaren.
Schwieriger
gestaltete
sich
die
Kontaktaufnahme
zu
den
männlichen
Interviewpartnern. Zwei männliche Studienkollegen sagten zu, verweigerten aber
dann ein Interview. Erst durch die weiblichen Interviewpartner kam es zu Zusagen
von männlichen Personen.
Die Befragung wurde entweder beim jeweiligen Interviewpartner zuhause oder in
Kaffeehäusern durchgeführt. Es zeigte sich, dass eine angenehme, ruhige
51
Atmosphäre ohne Hintergrundgeräusche, sowohl für die Interviewpartner als auch
für mich von Vorteil bei der Befragung gewesen ist. Die Personen, die sich
wohlfühlten, erzählten von Anfang an offener und freier im Gegensatz zu jenen
Personen, die sich schon zu Beginn des Interviews unwohl fühlten und deshalb
einen Ortswechsel wollten. Der Großteil der Befragten wirkte aber ruhig und
gelassen. Nervosität und Anspannung konnte bei keiner Person erkannt werden.
Lediglich eine Interviewpartnerin hatte die Befürchtung etwas Falsches zu sagen.
Ich habe sie jedoch darauf hingewiesen, dass es nicht möglich ist, etwas Falsches
zu sagen, weil es um ihre persönlichen Gefühle und Eindrücke geht und es sich
um ihre eigene Lebensgeschichte handelt und diese daher nicht falsch sein kann.
Letztendlich dauerte es drei Monate, bis sich alle Interviewpartner fanden und die
Interviews, die zwischen 20 und 45 Minuten gedauert haben, durchgeführt waren.
Im Anschluss an die Erläuterung der Entstehungssituation wird festgelegt, in
welcher Form das Material vorliegt und die Regeln zugrunde gelegt.
7.2. Form des Materials
Die Interviews wurden mit Hilfe eines Tonbandgerätes aufgenommen und
anschließend nach im Vorhinein festgelegten Regeln transkribiert und stellen
somit Kommunikation in Textform dar32, welche die Form des Materials darstellen.
Es wurden alle Interviews vollständig und wörtlich transkribiert.
Um die verwendeten Zeichen in den transkribierten Interviews besser verstehen
zu können, werden die Regeln dafür erläutert.
Einfache, häufig benutzte Transkriptionsregeln, die von Christa Hoffmann-Riem
(vgl. 1984, S. 331) verwendet werden, sehen wie folgt aus:
32
Im Anhang finden sich alle transkribierten Interviews.
52
Zeichen
Bedeutung
..
kurze Pause
...
mittlere Pause
....
lange Pause
......
Auslassung
/eh/
Planungspausen
/ehm/
((Ereignis))
nicht-sprachliche Handlungen, z.B. ((Schweigen)) ((zeigt auf ein Bild))
((lachend))
Begleiterscheinungen des Sprechens (die Charakterisierung steht vor den
((erregt))
entsprechenden Stellen)
((verärgert))
sicher
auffällige Betonung, auch Lautstärke
sicher
gedehntes Sprechen
()
unverständlich
(so schrecklich?)
nicht mehr genau verständlich, vermuteter Wortlaut
Die Interviews werden streng vertraulich behandelt und bleiben anonym.
Relevante Dialektausdrücke wurden nach Gehör transkribiert.
Zunächst wird die Richtung der Analyse im folgenden Kapitel näher erläutert und
im Anschluss daran auf die theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung
eingegangen werden.
7.3. Richtung der Analyse und Definition der Fragestellung
In der vorliegenden Forschungsarbeit wird die Analyse ausschließlich auf den
Gegenstand des Protokolls gerichtet bzw. auf das ausgewählte Thema. In diesem
Fall stellt das die Erwartungshaltungen der Migranten dar.
53
Bezogen auf diese Forschungsarbeit zielt die Fragestellung darauf ab, ob erfüllte
Vorstellungen
bzw.
Erwartungshaltungen
mit
dem
Glücksgefühl
zusammenhängen. Die konkrete Forschungsfrage lautet:
Inwiefern hängt das Glücksgefühl von Migranten aus Osteuropa mit der
Erfüllung ihrer (materiellen/finanziellen) Erwartungen zusammen?
Diese Fragestellung wird im Bereich der Sozialpädagogik behandelt und daher
werden die aufgestellten Kategorien ausschließlich von relevanten Themen der
Sozialpädagogik abgeleitet und anhand der strukturierenden Inhaltsanalyse
analysiert werden.
7.4.
Entwicklung
des
Kategoriesystem
und
Definition
der
Analyseeinheiten
In der vorliegenden Arbeit werden Kategorien induktiv gebildet, weil sich diese
Form
der
Kategorienbildung
aufgrund
der
Forschungsfrage
als
sinnvoll
herausstellte. Wie sich gezeigt hat, wurden tatsächlich fast alle Themenbereiche
angesprochen, die durch die Interviews ermittelt werden sollten.
Den nächsten Schritt bildet die Zuordnung der Textstellen aus dem Transkript in
das angefertigte Kategoriesystem (Kodieren). Die Interviewprotokolle werden nach
einem
vorgefertigten
Kategoriesystem
kodiert,
wobei
die
kleinstmögliche
Analyseeinheit, die für eine Kategorie gilt, ein einziges Wort darstellen kann.
Im nächsten Arbeitsschritt werden in einem Probelauf die einzelnen Kategorien
überprüft (vgl. Mayring, 2003, S. 84). Dabei kann es vorkommen, dass einzelne
Kategorien neu entwickelt bzw. verworfen werden müssen33.
33
Da in der vorliegenden Arbeit das zu bearbeitende Material nur aus 10 Protokollen besteht, wird
auf die Schritte, die Mayring nach dem Überprüfen der einzelnen Kategorien festlegt, verzichtet. Bei
umfangreichem Ausgangsmaterial erfolgt nach Mayring die Paraphrasierung des extrahierten
Materials und im nächsten Schritt wird das exzerpierte Fallmaterial den Kategorien zugeordnet und
danach in Hauptkategorien zusammengefasst (vgl. Mayring, 2003, S. 89).
54
Im folgenden Kapitel werden die Endergebnisse anhand der strukturierenden
Inhaltsanalyse dargestellt. Somit werden auf dieser Stufe der Inhaltsanalyse, „die
Ergebnisse in Richtung der Hauptfragestellung interpretiert“ (vgl. Mayring, 2003, S.
53). Die individuellen Einzelfälle der Interviewprotokolle wurden fallübergreifend
analysiert und somit kommt es im folgenden Kapitel „zu einer Gesamtdarstellung
typischer Fälle anhand der Kategorien“ (Lamnek, 2005, S. 528).
55
8. Analyse der Interviewprotokolle
qualitativen Inhaltsanalyse
anhand
der
Im vorliegenden Kapitel werden nochmals die Kriterien der Interviewpartner und
die ausgewählten Kategorien aufgezählt. Danach wird jede einzelne Kategorie und
deren Ankerbeispiel, welches als Beispiel für die jeweilige Kategorie dient,
vorgestellt. Anschließend werden die zutreffenden Aussagen der Interviewpartner
der jeweiligen Kategorie angeführt und interpretiert werden. Somit stellt das 8.
Kapitel den Teil der Arbeit dar, der zur Beantwortung der Fragestellung führt.
Die narrativen Interviews wurden mit Migranten aus Osteuropa im Alter von 25-35
Jahren, die seit mindestens fünf Jahren in Österreich leben und die Matura
abgeschlossen haben, durchgeführt. Die Aussagen der Interviews, die sich auf
den Gegenstand beziehen, wurden exzerpiert und anschließend generalisiert.
Folgende Kategorien haben sich dadurch ergeben:
1. unterschiedliche Erwartungshaltungen an Österreich
2. Durch Herkunft und Sprachbarrieren bedingte Erfahrungen
3. Ist-Zustand der Befragten
4. Zukunftsdenken der Interviewpartner
5. Glücksfaktoren
Die befragten Personen hatten unterschiedliche Beweggründe, ihr Land zu
verlassen und dadurch auch verschiedene Erwartungen an ihr neues Zuhause.
Bevor mit der Analyse begonnen wird, wird an dieser Stelle nochmals erwähnt,
dass in dieser Arbeit nicht berücksichtigt wird, welchen erlangten Aufenthaltsstatus
die Personen mittlerweile in Österreich besitzen und dass die Interviewpartner
56
unter unterschiedlichen Bedingungen
aufgewachsen
sind
und
auch
aus
unterschiedlichen Schichten kommen. Ausschließlich die Herkunft der Befragten,
Alter und Ausbildung waren als Auswahlkriterien von wesentlicher Bedeutung und
dass die Herkunftsländer zur Zeit der Migration der interviewten Personen noch
nicht zur EU gehörten.
8.1.
Kategorie:
unterschiedliche
Erwartungshaltungen
an
Österreich
Anfangs wird die Kategorie: unterschiedliche Erwartungshaltungen an Österreich
dargestellt und hinterfragt. Welche Erwartungen hatten die Interviewpartner an ihr
neues Zuhause?
Diese Kategorie umfasst unter anderem alle Aussagen darüber, welche
finanziellen bzw. materiellen Erwartungen die Personen an ihr neues Zuhause
ursprünglich gehabt haben. Es werden auch Aussagen über mögliche andere
Erwartungshaltungen dieser Kategorie zugeordnet werden.
Als Ankerbeispiel dient folgender Ausschnitt aus einem Interview:
H: Ich dachte über Ö .. sehr schön, Kultur, viel Café .. /mmh/ einfach ein besseres
Leben. Mehr Luxus .. ich lerne Deutsch .. ist gut für die Arbeit. Ich hatte die Wahl
nach Österreich und nach Deutschland zu gehen und habe mich für Österreich
entschieden, einfach so .. kein bestimmter Grund.
Folgende Zitate werden der Kategorie: unterschiedliche Erwartungshaltungen an
Österreich zugeteilt und anschließend miteinander verglichen werden.
A: Ausland .. wo man Geld verdienen kann, wo meine Mutter schwarz arbeitet ..
wo ich eventuell Ferienjob machen kann. Wo ich wie ein Schwein arbeiten kann
und schlecht behandelt werde und so weiter. Also, ich habe keine guten
Verbindungen mit Wien gehabt, ich hab meine Mutter dort besucht und ich war in
Schönbrunn und hin und her, aber ich habe mich hier immer so gefühlt, ich passe
57
ich da nicht hin, niemand braucht mich auch hier, wieder eine Ausländerin, die
man erhalten muss.
Im nächsten Zitat bringt A deutlich zum Ausdruck, wie sie über ihre Mentalität bzw.
die Mentalität ihrer Landsleute denkt und dass sie die Hoffnung hatte, dass es in
einem anderem Land besser sein kann.
A: Ich hab keine fixen Vorstellungen gehabt wohin, aber ich wollt schon immer
raus, weil mir in Polen die Mentalität .. einerseits wir sind so l u s t i g und so o f f e
n .. gastfreundlich, aber anderseits wir sind ganz .. ich weiß nicht .. ein bisschen
Angeber, ein bisschen künstlich das Ganze, ich weiß nicht, auf jeden Fall, ich hab
gedacht, wo anders sollte besser sein ((lacht)), die Mentalität uns so.
Diese Vorstellung in Bezug auf eine Mentalität eines anderen Landes stellt auch
eine Form der Erwartungshaltung dar. A hatte die Adaption über ein fremde
Mentalität, die sie zwar noch nicht kennen gelernt hatte, aber ihr Hoffnung gab,
dass die Mentalität eine andere ist als in ihrem Geburtsland. Denn mit der
Mentalität ihrer Landsleute, kann sie sich nur schwer identifizieren. Sie findet zwar
die Fröhlichkeit, Offenheit und Gastfreundlichkeit der polnischen Bevölkerung
positiv, dass sie angeberisch sind und alles gekünstelt wirkt, mag sie jedoch nicht.
C: Also, ich glaube, das war für mich eine Selbstverwirklichung. Irgendwie man
kann es vergleichen mit, wenn ein Österreicher ins Ausland geht, z. Bsp. nach
Frankreich. Ich habe damals meine Modedesignausbildung abgeschlossen gehabt
und ich hab schon einen Job gehabt, aber man weiß ganz genau, wenn man
anfängt, kommt man niemals weg und die Möglichkeit was anderes anzuschauen
.. Ja, sich selber ausprobieren. Das war eigentlich für mich das Wichtigste.
E: Also, damals war mein größter Wunsch, irgendeinen Job hier zu finden. Ich
wäre natürlich glücklich gewesen, wenn ich als Lehrerin auch hier anfangen hätte
können, aber wegen meiner geringen Sprachkenntnisse damals, mit 2000 Wörter
((lacht)) ist es schwierig, habe ich als Kellnerin angefangen, ein Jahr habe ich
gearbeitet in einem Restaurant. Und .. //ehm// .. wenn du einfach jahrelang arm
bist und dann kriegst du auf einmal als Kellnerin, 1000 Euro als Gehalt und
Trinkgeld jeden Tag 30-50 Euro, dann denkst du in den ersten Jahren nicht so, wie
soll ich das sagen .. du bist einfach glücklich, dass du dir endlich ein normales
Essen leisten kannst, dann habe ich mir () gleich gekauft, das war mein Wunsch,
dass ich mir ganz normale Sachen leisten kann, die eigentlich zum Alltag gehören.
I: Wie kleines Kinder halt .. cooler Westen, dort hat’s viel gegeben, viel Spielzeug,
wie Lego oder so, so was hat’s bei uns nicht gegeben. Und bessere Autos hat’s
gegeben ...... ich wollte wohin, wo was los ist! Und in Österreich bin ich jetzt schon
neun Jahre.
58
J: Also, okay, ich komme aus einem balkanischen Staat und wenn man hört über
die EU, klingt das sehr schön, aber in Wirklichkeit ist das nicht so. Jeder will im
Ausland studieren oder irgendwas machen ... das ist so wie ein Traum für die
Jugendlichen ... Naja, ich hab mich entschieden für Österreich, weil ich schon viele
schöne Sachen über Österreich gehört habe, besonders über Wien.
Analysiert man diese Aussagen der Interviewpartner, so kann festgestellt werden,
dass die Erwartungshaltungen an Österreich sehr unterschiedlich waren und
vorwiegend - außer bei A, die eine negative Einstellung zu sich selbst im
Zusammenhang, dass sie in Österreich Ausländerin ist, hat - die Vorstellungen in
Österreich zu leben, positiv waren. Idealistische Erwartungen hat es gegeben, wie
im Fall von I, die Erwartung sich weiter zu entwickeln (C), aber auch die
Notwendigkeit eine Arbeit zu finden (E). Es waren hauptsächlich wirtschaftliche
und soziale Gründe dafür ausschlaggebend, nach Österreich zu immigrieren, aber
auch politische, wie folgende Zitate zeigen. Es muss auch differenziert werden, ob
die Personen die Wahl gehabt hatten, in welches Land sie einwandern wollen,
oder ob sich ihr Heimatland damals im Krieg befand, wie folgende Ausschnitte
deutlich machen:
F: Du hast nicht offen sagen können, dass du den Diktator zum Beispiel schlecht
findest, weil er halt Leute umbringt oder Menschen verhungern lässt oder solche
Sachen. Also, man hat irgendwie, und wo mein Vater, glaube ich, sehr darunter
gelitten hat, dass er sich verstellen musste, wenn man eigentlich weiß, was läuft
und man lebt in einer Gesellschaft und man darf nichts sagen und wenn, dann ist
man dran und nicht nur selber sondern auch die Familie. Also, es waren alle
betroffen. Also, dieser Impuls war sehr stark und weniger wirtschaftliche Gründe,
also mehr ein ... psychischer Grund, wir wollten uns befreien, aus diesen Zwängen
irgendwo.
Von der Wende (1989-1990) war auch G betroffen, der während des Krieges
geflüchtet ist und seine Erinnerung an die Vorstellung über Österreich im nächsten
Zitat deutlich zum Ausdruck bringt.
G: Die Erwartungen an Österreich damals als Kind ... es war eine schwierige
Situation damals, wenn du aus einem Krieg kommst. Man kann sich denken, wenn
man Kind ist, dass man die normalsten Sachen vermisst und .. deshalb hast du da
keine Erwartungen. Es reicht, wenn dir keine Bomben am Kopf fallen, also das
reicht im Prinzip. Erwartungen hatte ich damals nicht in Wirklichkeit, ich wusste ja
nicht, wo ich hingehe, was ich mache, das war nicht klar, sag’ma mal so.
59
F ging noch zur Schule, als er mit seinen Eltern aus Rumänien flüchtete und auch
G folgte seinen Eltern in den Westen – im Gegensatz zu den anderen
Interviewpartnern, die im frühen Erwachsenenalter bzw. im Erwachsenenalter34
nach
Österreich
immigriert
Erwartungshaltungen
an
ihre
sind.
F
künftige
und
G
Heimat,
hatten
keine
konkreten
aber
Angst
in
ihren
Herkunftsländern. In Bezug auf den finanziellen Aspekt fällt auf, dass es zwar
hauptsächlich wirtschaftliche Gründe waren, die zur Auswanderung führten, aber
das doch nicht ohne den sozialen Kontext zu sehen ist, weil nur E definitiv betont,
dass sie vorwiegend deshalb nach Österreich gekommen ist, um eine Arbeit zu
finden und Geld zu verdienen, um sich Dinge leisten zu können, die Zuhause
undenkbar gewesen wären und dass sie das glücklich gemacht hat. In diesem
Zusammenhang lässt sich feststellen, dass ein Mehr an finanziellen bzw.
materiellen Gütern glücklich machen kann, aber aus diesem Interviewausschnitt
geht nicht hervor, ob E dadurch auf Dauer glücklich ist oder das nur in der
Anfangsphase zu einem erhöhten Glücksgefühl geführt hat. In Kapitel 4.4. Glück
und der materielle Wohlstand wurde die These angeführt, dass Menschen nur
glücklich sind, wenn sie über mehr Geld als ihre Altersgenossen verfügen35. Wenn
diese These richtig ist, sind Migranten gegenüber ihren Freunden und
Verwandten, die nach wie vor in Osteuropa leben, bevorzugt, wenn die Migranten
in Österreich mehr Geld verdienen. Das könnte bei vielen Migranten zu einem
erhöhten Glücksgefühl beitragen. Bezieht man diese These auf E, bedeutet dies,
dass sie sich gegenüber ihren Verwandten und Freunden aus der Ukraine mit
ihrem Verdienst glücklich fühlte und somit über ein Mehr an Geld bzw. über ein
Mehr an Kaufkraft zu einem erhöhten Glücksgefühl beitragen kann. Vergleichen
sich diese Personen aber mit Freunden und Bekannten, die in Österreich leben
und arbeiten, müsste das Glücksgefühl wieder geringer werden, wenn sie nicht
mehr verdienen.
34
Laut Bruchka (2003, S. 31) beginnt das frühe Erwachsenenalter mit 18 Jahren und endet mit 25
Jahren, wo das Erwachsenenalter beginnt und bis 45 andauert.
35
vgl. http://www.sueddeutsche.de/kultur/64/404842/text/ [20.10.2008]
60
8.2. Kategorie: Durch Herkunft und Sprachbarrieren bedingte
Erfahrungen
Auffällig oft sprachen die Befragten über Ihre Herkunft, über ihre Erfahrungen mit
dem Erlernen der deutschen Sprache, über ihre eigene Kultur und verglichen
diese mit der österreichischen Kultur. Welchen Platz nimmt die Herkunft und die
Sprache im jeweiligen Leben des Befragten ein?
Diese Kategorie beinhaltet alle Aussagen darüber, welche Erfahrungen die
Interviewpartner in Bezug auf ihre jeweilige Herkunft mit dem Erlernen der
deutschen Sprache gemacht haben und über die Integration der Migranten in
Österreich. Es werden auch jene Vergleiche angeführt, die zwischen dem
Herkunftsland der Interviewpartner und ihrem neuen Zuhause gemacht wurden.
Als Ankerbeispiel dient folgender Ausschnitt aus einem Interview:
F: Die Österreich sind schon anders .. ich komme aus Rumänien .. dort ist zwar
vieles auch lange nach der Wende noch chaotisch, aber die Menschen gehen
aufeinander zu. Ist in Österreich teilweise auch so, aber es ist nicht normal für die
meisten ... Gut, am Anfang war es schwierig, weil meine Familie und ich die
Sprache noch nicht beherrschten, jetzt sprechen wir alle gut, und eigentlich habe
ich positive Erfahrungen gemacht, obwohl ich aus Rumänien komme.
Folgende Zitate werden der Kategorie: Durch Herkunft und Sprachbarrieren
bedingte Erfahrungen zugeteilt und anschließend miteinander verglichen.
A: Ah, was mich stört ist diese Mentalität. Die ist wieder anders .. im Gegensatz
zur polnischen .. und ich glaube vor allem die Wiener-Mentalität, weil ich kenne ja
viele Leute, die nicht aus Wien kommen und die sind eher offener und wirklich
herzig, und .. in Wien selbst, dass das ist alles so .. weiß nicht .. snobistisch oder
die Leute sind sehr verschlossen oder haben Vorurteile gegenüber Ausländern.
B: Und die Mentalität ist gleich, die Mentalität ist genau gleich! Da kann man
überhaupt nichts sagen, die einen sprechen Deutsch, die anderen Tschechisch,
aber die haben Jahrhunderte zusammengehört und gleiche Schulbildung und
gleiche Religion und alles genau gleich. Vielleicht sind die Tschechen ein bisschen
gastfreundlicher. Das ist das gleiche wie bei ihnen vielleicht, als sie nach Wien
gekommen sind, haben sie auch gemerkt, dass die Wiener anders sind wie die
Burgenländer. Und vielleicht sind in Tschechen die Prager anders als die Leute
61
am Lande und so sieht das jeder anders, aber ich würde sagen, im Grunde
genommen ist die Mentalität ganz gleich. In Österreich gibt es, finde ich auch nicht
so große Unterschiede, ein bisschen anders sind die Burgenländer, weil die haben
zu Ungarn gehört und dann zu Österreich und dann sind die Burgenländer ein
bisschen herzlicher, offener .. Die Tschechen haben auch die gleiche
Familienstruktur und die gleiche Denkweise, die gleiche Verwaltung, die gleiche
Ausbildung .. also mit der Mentalität habe ich keine Probleme.
E: Riesengroße! Ich bin seit fünf Jahren hier und ich kenne meine Nachbarn noch
immer nicht, bei uns gibts sowas nicht! Wirklich gar nicht, also man geht zum
Nachbarn, wenn es dir schlecht geht um 11h in der Nacht. Wenn dich dein Freund
verlassen hat. Du klopfst bei deinem Nachbarin ((lacht)) und sitzt bei ihr bis zwei
drei Uhr in der früh und weinst und erzählst, wie das Leben Scheiße ist. /Ah/ oder
ja, es ist alles komplett anders. Bei uns sind die Menschen viel offener, also du
kennst von deinem Nachbarn alle Geschichten, wer geheiratet hat, wer
geschieden ist, was die Eltern im Dorf machen, wie sie aufgestanden sind, mit
dem linken oder mit dem rechten Fuß. Also du kennst alles! Hier ist es anders,
aber ich glaube auch, dass es einen Unterschied macht, wo man aufgewachsen
ist, also in einer Stadt oder am Land. Ich bin in einer kleinen Stadt aufgewachsen.
Wahrscheinlich hier in Österreich, die Städte haben wahrscheinlich auch eine
andere Mentalität als in Wien. Weil Wien ist natürlich .. erstens es ist die
Hauptstadt und zweitens da sind sehr viele Migranten und nicht wirklich jeder will,
dass man von ihnen was weiß. Also, ich denke, Unterschied ist nicht nur von
Mentalität sondern auch von großer und kleiner Stadt. Aber natürlich, die
Österreicher sind anders. Ich seh jetzt, wie es bei mir in der Arbeit läuft. Also, alle
Migranten sind einfach glücklich, dass sie einen Job haben und sie als Menschen
behandelt werden, dass sie Pause haben, dass die Pause geregelt ist, das alles
halt. Und Österreicher die .. die regen sich auf, wenn das Geld, also unsere Firma
hat die Bank gewechselt und wir haben unser Gehalt zwei Tage später
bekommen. Zwei Tage später .. nicht sechs Monate später!
I: Es war schon anders, die Österreicher sind schon ein bisschen anders als die
Tschechen, aber in der Schule waren auch viele Ausländer, im Gymnasium. Also,
habe ich eigentlich nie ein Problem mit Österreichern gehabt. Aber habe ich schon
gehört, keine Ahnung .. dass ältere Menschen etwas gegen Tschechen haben. Ja,
in Wien wahrscheinlich ist das auch anders, ich weiß jetzt nicht, wie das am Land
ist. Es wäre vielleicht auch anders, wenn ich in Prag oder in einer anderen Stadt,
wo was los ist, aufgewachsen wäre.
Auffallend ist, dass E und I erwähnen, dass es zwar Mentalitätsunterschiede
zwischen
dem
jeweiligen
Herkunftsland
des
Interviewpartners
und
den
Österreichern gibt, aber es einen wesentlichen Unterschied ausmacht, ob man am
Land oder in der Stadt aufgewachsen ist und lebt. Einerseits betonen B, E und I,
dass aufgrund der Tatsache, in einer Großstadt zu wohnen, Anonymität herrscht.
Das führt laut B, E und I dazu, dass Integration von Ausländern aufgrund des
mangelnden Kontakts, z. Bsp. zu den Nachbarn, schwer ist. I hingegen behauptet,
dass es in einer Großstadt mehr Ausländer gibt und daher der Umgang mit
62
Ausländern zur Normalität des Alltags gehört und dass das integrationsfördernd
sein kann. B aber sagt, dass es keinen Unterschied zwischen der Mentalität von
Tschechen und Österreichern gibt. I, sie kommt ebenfalls aus Tschechien, sagt,
dass die Österreicher ein wenig anders sind. E, sie ist in der Ukraine geboren,
betont, dass die Mentalität in Österreich total anders ist. Ihr fehlt in Österreich die
Möglichkeit, seine Sorgen mit den Nachbarn zu teilen. Freunde zu finden ist laut E
in Österreich schwieriger als in der Ukraine. Ob sie das unglücklich macht, geht
aus diesem Ausschnitt nicht hervor.
Im Folgenden wird von F beschrieben, dass er bisher noch nie aufgrund seiner
Herkunft Probleme in Österreich hatte und er dies auch auf seine Bereitschaft, die
Sprache zu lernen, zurückführt.
F: Also, ich persönlich muss sagen, ich hab nie ein Problem gehabt, dass ich ein
Ausländer war, oder so, also es war überhaupt kein Thema. Also, das muss ich
wirklich sagen, dass das auch die Leute sehr anerkannt haben, dass man sich
bemüht hat, die Sprache zu lernen um sich zu integrieren und dass man
interessiert war und das ist sehr honoriert worden, immer.
F erzählt in weiterer Folge, dass seine Familie und er versucht haben, gewisse
Verhaltensmuster, die sie typisch für Österreicher fanden, zu übernehmen. Aber
es stellte sich heraus, dass sie einerseits in Bezug auf die Wohnsituation
angepasst waren und nicht in einem Zimmer wohnten, wie sich viele vielleicht
vorstellten, dass aber andererseits, wie F betont, der Umgang mit Geld den
größten Unterschied ausmachte, wie F im folgenden Zitat betont.
F: Also, die Tiroler sind uns extrem geizig vorgekommen ((lacht)). Also, es war
keine Großzügigkeit, wir waren halt eher gewohnt, dass die Leute halt nix haben
und dass sich jeder irgendwie hilft. Dass jeder irgendwas gibt, nicht unbedingt
Geld, aber irgendetwas ... Und in Tirol ist es halt so gewesen, dass die Leute zwar
Geld haben, aber es für nix ausgeben, die kaum und essen wenig ((lacht)). Also,
uns ist das total schräg vorgekommen am Anfang. Wir waren sofort immer so total
opulent, viel zu essen, viel von allem ((lacht)). Also, vielleicht hat sich sozusagen
eine gewisse finanzielles Bedürfnis gar nicht so viel in Geld ausgedrückt sondern
in Objekte haben wollen, also im Materiellen eher. Das hält irgendwo bis heute an.
Also, wir haben immer noch nicht das Minimalistische, wo wir sagen würden, man
braucht nur das, was man braucht, sondern man braucht mehr als man braucht
((lacht)). Also, das hält an, vor allem bei meinen Eltern. Die gehen regelmäßig zum
Flohmarkt und kaufen wie verrückt, sie sammeln, was schon irgendwo eine
Leidenschaft geworden ist, was auf das vielleicht zurückzuführen ist.
63
Die folgenden Textstellen beziehen sich auf die Anfangsschwierigkeiten mit der
deutschen Sprache.
G: Bei den technischen Fächern brauchst du ja die Sprache nicht unbedingt so ...
Zumindest am Anfang, wenn man es noch nicht so gut kann. Man braucht mehr
das technische Verständnis, weil man mehr rechnet und dann braucht man die
Sprache nicht so. Das war auch der Grund, warum ich mich für Technik
entschieden habe, aufgrund der Sprache, weil damals konnte ich es ja auch nicht
so gut. Das ich jetzt sagen kann, keine Ahnung, ich kann jetzt Publizistik oder Jus
oder irgendwas studieren, wo man viel schreiben muss. Das Reden war in
Ordnung, aber Schreiben, dass hab ich erst nachher gelernt, erst nach fünf, sechs
Jahren, wie es grammatikalisch richtig ist. Für mich war Deutsch gar nicht einfach
zu lernen ..
I: Ja, es war nur am Anfang schwierig, ich hab kein Deutsch gesprochen und jeder
hat halt auch dann meine Akzent bemerkt.
E: Und in sieben Monaten hatte ich alle Dokumente fertig und habe auch in der
Zeit selbst die Sprache gelernt, weil ein Sprachkurs war auch zu teuer. Mit einem
Buch und zwei Audiokassetten, das war aber in der Ukraine. Dann bin ich wieder
nach Österreich gekommen und ich hab gedacht, dass ich eine falsche Sprache
gelernt habe ((lacht)). Ich habe kein einziges Wort verstanden. Aber dann in zwei
Monaten habe ich angefangen, selbst zu sprechen. Alle haben sich dann
gewundert, wie schnell das bei mir gegangen ist. Ich habe aus reiner Neugierigkeit
die Wörter gezählt, die ich damals konnte, als ich nach Österreich kam. Das waren
ca. 2000 Wörter .. mit dem habe ich sozusagen angefangen, mein Leben zu
organisieren.
B: Naja, ich wollte studieren. Dann habe ich an der Uni einen Vorbereitungskurs
gemacht, das waren, glaube ich, zwei Semester Deutsch, und dann musste man
eine Prüfung ablegen, das war wie Matura, das war wie Maturaniveau und dann
war man für das Studium zugelassen. Deutsch hab ich lernen müssen. Das war
kein Problem, weil wenn man studieren möchte, muss man die Sprache gut
beherrschen. Außer man beherrscht die Sprache schon vorher so gut. Ich habs
verstanden, ich konnte mich verständigen, aber .. fürs Studieren muss das anders
ausschauen.
Laut Bellebaum (vgl. 2002, S. 280) wird das Glücksgefühl von der Selbstdeutung
des Einzelnen zutiefst von gesellschaftlich-kulturellen Vorgaben beeinflusst.
Bezogen auf die angeführten Aussagen der Interviewpartner, stellt die deutsche
Sprache etwas Neuartiges dar. Laut Bellebaum (vgl. 2002, S. 280) bleibt der
Einfluss soziokultureller Faktoren meist unbedacht, obwohl es die Personen
beeinflusst. Ihm zufolge hängt das Glücksgefühl von der Selbstdeutung des
einzelnen Menschen ab und gewinnt erst in einem großen interpretativen Kontext
an Kontur (vgl. 2002, S. 280).
64
Die Erfahrungen der Interviewpartner im Zusammenhang mit ihrer Herkunft und
Sprache zeigen, dass sie um Aufnahme und Integration in die deutschsprachige
Gesellschaft bemüht sind, was durchaus in Zusammenhang mit dem Bildungsgrad
der Interviewpartner gebracht werden kann. Schon allein die Tatsache, dass
Ausländer in Österreich nur zum Studium zugelassen werden, wenn sie
ausreichend gut Deutsch sprechen, führte dazu, dass sie die Sprache ihrer neuen
Heimat lernen mussten.
Nur A fühlt sich augrund ihrer Herkunft minderwertiger im Gegensatz zu
Österreichern. Als konkretes Beispiel wird folgende Aussage angeführt:
A: Ich spreche zum Beispiel mit meiner Tochter polnisch und alle wissen, ich bin
Ausländerin und wenn ich mit ihr französisch gesprochen hätte, wäre das
wahrscheinlich ein bisschen anders. Ich fühle mich schon ein bisschen
minderwertiger .. Nur ich bin einfach der Meinung, mein Kind sollte meine
Muttersprache kennen lernen und naja, die Zeiten ändern sich sowieso. Also, das
wird schon immer besser.
Generell bestätigt der Großteil der Befragten, sich anders zu fühlen aufgrund
seiner Herkunft und dass sich diese Tatsache auch in einem offeneren Umgang
mit Menschen äußert. Die Österreicher werden als eher distanziert und wenig
sozial beschrieben. In ihren Heimatländern wären die Menschen kontaktfreudiger
und helfen einander mehr. Folgendes Zitat bringt die Unterschiede deutlich zum
Ausdruck.
C: Was allerdings in der Ukraine mehr entwickelt ist, sind die Familien, dass heißt
es ist viel mehr Beziehungen zu den Menschen und man kommt öfter zu Besuch.
Es ist viel typischer in der Ukraine als in Österreich. Man bekommt auch viel
schneller Unterstützung und es wird nachgefragt, brauchst du da und da Hilfe und
das Gemeinschaftsgefühl wird sehr gestärkt .. viel mehr Kommunikation. Also, ich
glaube, dass man hier im Westen zwar selbständiger ist, aber durch diese
Selbstständigkeit ist man mehr allein ... Am Abend kommt man nachhause und
schaut fern. Man geht zwar fort, aber nicht jeden Abend und in der Ukraine trifft
man sich viel öfters, dass man sich zusammensetzt oder irgendwas macht .. das
ist etwas, was ich sehr schätze, dieses Lebensgefühl oder wenn man feiert, dann
feiert man so, dass es wirklich lustig ist, mit viel Tanzen.
D: Viel mehr Angebot hier, natürlich auch freizeitlich. Ich glaube, die Leute
betreiben hier auch viel mehr Sport als bei uns. Das ist eine andere Mentalität. Wir
sind mehr so eine Kaffeehausmentalität. Man trifft sich gerne im Kaffeehaus,
quatscht. Die Leute sind auch ein bissl fauler /eh/ typisch für Südländer, wie
Griechenland oder so. Was mir aber auch hier fehlt.
65
Sowohl C als auch E, beide kommen aus der Ukraine, betonen, dass die
Österreicher distanziert sind. Beide vermissen, das kann man in den Interviews
erkennen, in dieser Hinsicht ihre Heimat. Auch D (Serbien) vermisst die
Kontaktfreudigkeit der Menschen aus ihrer Heimat.
Anhand der folgenden Aussage von G wird deutlich, dass G zwar die
wirtschaftliche Situation mit seinem Herkunftsland vergleicht und sich dadurch
selbst zwar zufriedener fühlt, aber die Österreicher in diesem Zusammenhang
nicht versteht.
G: Es ist halt für mich schwierig zu sehen, dass Leute teilweise gar nicht wissen,
wie gut es ihnen geht, hier zumindest. Im Vergleich zu unten, weil die Leute
mussten ja eher erfinderisch sein, aber sie können mit weniger Sachen fast
genauso viel machen wie ein Österreicher, nur halt die wirtschaftliche Situation
war problematischer, weil die ganze Industrie .. im Prinzip nur so ausgelegt war
und immer noch ist .. dass es die Leute ausnutzt, zumindest bei uns zuhause, also
da wird nicht wirklich viel investiert. Es ist eine politische Frage .. aber das ist mit
Österreich nicht vergleichbar. Österreich ist korruptionsfrei beispielsweise, was
unten nicht möglich ist und es mir mit diesem System besser geht.
Die These, dass sich Migranten dadurch glücklicher fühlen können, wenn davon
ausgegangen wird, dass sie mehr Geld in Österreich verdienen als ihre
Verwandten oder Freunde in Osteuropa, trifft bei G nicht zu. Aus dem Interview
geht nur hervor, dass G sich zufriedener fühlt aufgrund des politischen Systems in
Österreich. G zeigt sich aber irritiert darüber, dass den Österreichern nicht
bewusst ist, wie gut es ihnen geht.
Im nächsten Kapitel wird der Ist-Zustand der Befragten analysiert und in welchen
Zusammenhang die Herkunft mit der Erfüllung ihrer Erwartungshaltung steht.
8.3. Kategorie: Ist-Zustand der Befragten
Durch die verschiedenen Erwartungshaltungen der Interviewpartner an Österreich
entstanden auch verschiedene Ansprüche an das Land. Daraus wurde die nächste
Kategorie entwickelt: Ist-Zustand der Befragten und es ergaben sich folgende
Fragen:
66
Haben sich ihre (finanziellen/matriellen) Erwartungen erfüllt?
Wie glücklich sind sie jetzt mit ihrem Leben?
Diese
Kategorie
umfasst
alle
Aussagen
darüber,
ob
sich
die
(finanziellen/materiellen) Erwartungen erfüllt haben und wie glücklich sie jetzt mit
ihrem Leben sind. Sie beinhaltet auch jene Aussagen, die Auskunft über die
Entwicklung der Persönlichkeit geben. Dazu gehört zum Beispiel die Entwicklung
von Selbstvertrauen.
Als Ankerbeispiel dient folgender Ausschnitt aus einem Interview:
A: Also, bei mir hat sich wahnsinnig viel geändert. Am Anfang habe ich mich
selbst, als eine, die schlecht ist, gesehen .. und ich glaube, ich wurde auch so
gesehen von anderen. Jetzt ist mein Selbstwert gewachsen und .. ich trau mir
schon zu, mit Leuten normal zu sprechen. Als zum Beispiel meine Chefin am
Anfang hat mich angerufen und meine Mutter hat abgehoben und hat gesagt, ich
bin momentan nicht da und mit Kollegin in der Oper. Die hat sich s o gewundert.
Ich weiß nicht, als wäre ich im Weltall ... Die geht zur Oper .. Ich gehe sowieso
nicht wirklich jede Woche in die Oper. Das war einfach so was Abnormales für
meine Chefin .. Eine Ausländerin, die bei mir arbeitet, geht zur Oper .. Ja, und so
Sachen. Jetzt ist es ein bisschen anders .. jetzt fühle ich mich eigentlich fast
gleichwertig gegenüber Österreichern.
Folgende Zitate werden der Kategorie: Ist-Zustand der Befragten zugeteilt und
anschließend miteinander verglichen.
A: Das ganze Sozialsystem so gut geregelt, die ganzen Förderungen, jetzt
interessieren natürlich mehr dafür, weil wir es brauchen. Das gefällt uns und also
jetzt bin ich in Karenz und ich kann mit meiner Tochter zwei Jahre zu Hause
bleiben, ohne mir irgendwelche größere Sorgen machen zu müssen, das gibt’s in
Polen sicher nicht .. so Sachen sind einfach hervorragend geregelt!
D: Und sozusagen die Erwartungen sind erfüllt, weil /eh/ Wien zeigt eine super
Lebensqualität und /ahm/ das war vor kurzem auch im Radio, erste in Europa und
zweite in Belgrad und ist finanziell gesehen vom Standard her viele Möglichkeiten
gibt es hier. Passt perfekt, von meiner Heimat ist es nicht so weit, 600 km. Das ist
auch okay. Die Familie oder dieses Heimweh hab ich nicht viel, weil ich bin schon
lange hier, seit elf Jahren. Also, die Distanz passt. Ich bin nicht in Amerika.
Standard passt. Sowieso habe ich mich assimiliert einfach. Also, von der Seite
passt für mich, gefällt mir sehr gut. Natürlich gibt es Sachen manchmal.
67
D betont auch, dass es nicht möglich gewesen wäre, zur damaligen Zeit der
Wende in ihrem Heimatland zu studieren.
D: Ich habe Erfahrungen gesammelt und alles das wäre unmöglich gewesen,
wenn ich in Belgrad geblieben wäre, weil dort einfach wir das nicht wirklich leisten
konnten zur Zeit. Wir brauchten immer Visum und alles wurde immer komplizierter.
Ja, und dann habe ich es gut gehabt und mir hat es gut gefallen und ich habe mir
schon irgendwie gedacht .. ich wollte nicht dann nach dem Studium nachhause.
Also, ich habe so dann nach 5, 6 Jahren fertig studiert und bin hier geblieben.
Für D hat sich die Erwartung, die sie an Österreich hatte, erfüllt. Sie konnte ihr
Studium in Österreich machen. Auch für E haben sich die anfänglichen
Erwartungen total erfüllt, wie sie wie folgt zum Ausdruck bringt:
E: Was mir hier in Österreich wirklich sehr gut gefällt, dass ich ein
Selbsterhaltungsstipendium bekomme, weil ich ja vier Jahre gearbeitet habe. Mein
Studium habe ich mit 30 angefangen. Jetzt gehe ich nur einen Tag in der Woche
arbeiten und kann beruhigt studieren, hab genug Zeit auch für meine Tochter.
Also, wenn ich von Anfang an irgendwelche Erwartungen gehabt hatte, dann sind
sie heuer in 2008 komplett erfüllt worden für mich.
Wie bereits erwähnt wurde, ist F im Schulalter nach Österreich ausgewandert und
im Verlauf des Interviews war festzustellen, dass er bestimmte Werte seiner Eltern
übernommen hat.
F: Ich glaube, die Erwartungen haben sich entwickelt, weil ich in einem Alter war,
wo ich gar nicht hätte viel erwarten können. Wie soll ich sagen. Ich bin erst hier ins
Alter gekommen, wo man merkt, hoppla, ich kann ja eigentlich in dieser Welt was
machen. Ich kann es aktiv gestalten und die Möglichkeiten, die sich hier geboten
haben, waren viel besser und viel klarere Strukturen. Die helfen auch, dass man
sich eher aussucht, was man machen möchte ... und man geht nicht so im Chaos
unter. Ich glaube, dass die Erwartungen von mir und meiner Familie sehr erfüllt
worden sind. In wesentlichen Aspekten, einerseits im Finden eines Platzes, wo
man das Gefühl hat, man ist der Gestalter seines Lebens. Das wäre vielleicht auch
dort gegangen, aber auf eine andere Art und Weise.
Die durch den Staat gebotenen Sicherheiten und Möglichkeiten schätzen alle
Interviewpartner. Es lässt sich feststellen, wenn die zuvor angeführten
Interviewausschnitte begutachtet werden, dass alle Befragten verschiedene
Erwartungshaltungen an Österreich hatten oder aber keine besonderen wie G und
F, da sie noch zu jung gewesen sind. Im Laufe der Zeit stellten aber auch sie fest,
68
dass Österreich eine hohe Lebensqualität bietet und dies zu ihrem Wohlbefinden
beiträgt.
Sowohl F, H als auch J betonen den finanziellen Aspekt, wie in den folgenden
Aussagen festzustellen ist:
F: Und .. finanziell glaube ist es auch uns auch gut ergangen, letztendlich, wir sind
nicht reich geworden, aber mein Vater hat sehr viel Wert darauf gelegt, dass er
selbstständig ist, dass er weiß, das ist seine Leistung, die er bringt; anerkannt
wird.
H: Die finanziellen Erwartungen haben sich erfüllt, noch mehr als erwartet, aber
ich bin nicht glücklicher ... Ich war glücklicher zum Beispiel, als ich zuhause in
Albanien studiert habe und 100 mal weniger Geld gehabt habe. Ich möchte in ein
Land gehen, wo Sonne ist, aber nicht nur Sonne am Himmel, sondern auch in den
Straßen, Cafés .. in den Häusern. Das ist hier nicht so. Das fehlt mir. Das
Finanzielle ist super, aber glücklich bin ich dadurch nicht geworden. Meine Familie
hat jetzt durch mich mehr Geld. Das ist gut, aber ich werde nicht hier bleiben. Die
Straßen, Häuser, Essen alles gut hier, gute Qualität, aber es fehlt die Sonne. Zum
Beispiel, ein Freund war in Afrika, hat gearbeitet dort. Afrika ist bekanntlich sehr
arm. Er hat nicht mit den Armen gewohnt, hatte schönes Haus und so und die
Kinder gingen in eine Privatschule, aber Straßen alles kein Luxus dort. Aber er
sagt, das war ein Abenteuer, er hat was erlebt und die Menschen waren oft
kriminell, aber die es nicht waren, haben gemeinsam miteinander gelebt .. Er
möchte zurück, kann aber nicht, weil Kinder hier zur Schule gehen und sie
wachsen hier mit mehr Sicherheit auf als in Afrika. Ja, so ist das. Man ist anders,
man ist aufgeschlossener, man hat ein Meer zuhause, viele wachsen in einer
großen Familie auf, aber das Geld fehlt .. oft. Bei uns zuhause schon. Jetzt hab ich
Geld, aber was mach ich damit .. alles kann man bekanntlich nicht kaufen.
J: Na, können wir so sagen, machen wir eine Skala von 1-10, dann würde ich
sagen 6,5%. Das ist ein bisschen mehr als die Hälfte so 70% ... Also, ich meine
den ganzen Prozess, das Leben, das Finanzielle, die Zufriedenheit. Ich hab das
ganze zusammengefasst, man will immer die 100% ... Ja, jetzt ist es 70%.
Im Nachfrageteil des narrativen Interviews habe ich J gefragt, was die 100% für
ihn darstellen würden.
J: Natürlich, die Familie nebenbei zu haben, das ist sehr wichtig, das kann man
15% oder mehr .. der finanzielle Aspekt ca. 10%, weil was man verdient, gibt man
aus, weil wenn man mehr verdient, gibt man mehr aus. Aber das ist normal im
Leben. Ein bisschen Finanzielles, Familie, aber es gibt andere EU-Staaten, wo
man mehr verdienen kann. Aber es ist das Problem, dass man als NichtÖsterreicher schwer einen Job bekommt ... weil wenn du gehst Interviews36
machen, dann hast du 95% Österreicher und du musst zwei, drei mal besser sein
36
In diesem Zusammenhang sind mit Interviews Vorstellungsgespräche gemeint.
69
als die Österreicher, sonst bekommst du nicht den Job. Wenn du nicht so gut bist,
bekommst du nicht den Job .. Die müssen dann noch Arbeitserlaubnis für dich
machen, den ganzen Prozess.
Es zeigt sich, wenn man die Antworten der Interviewpartner miteinander
vergleicht, dass sich generell die Erwartungen erfüllt haben. Auffallend oft wurde
der finanzielle Aspekt angeprochen und wenn dieser erfüllt wurde, konnte bei den
Interviewpartner mehr Wohlbefinden festgestellt werden. Nur H betont, dass er
durch den finanziellen Zuwachs nicht glücklicher geworden ist; dass er zwar jetzt
seine Familie zuhause versorgen kann und seine finanzielle Erwartungshaltung
zur Genüge erfüllt worden ist, aber er dadurch nicht glücklicher geworden ist. H
betont auch, dass er glücklicher war, als er zuhause in Albanien studiert hatte und
noch nicht soviel Geld verdiente wie jetzt. Daher zeigt sich bei H, dass – so wie
Layard (2005, S. 13) in seinem Buch Die glückliche Gesellschaft schreibt – das
Geld nicht glücklich macht. In diesem Buch wird übereinstimmend festgestellt,
dass das Glücksempfinden mit dem Einkommen nur über eine beschränkte
Strecke ansteigt. Sobald die Grundbedürfnisse befriedigt sind, entsteht durch mehr
Wohlstand nur mehr wenig bis gar kein Zuwachs an Glück.
Im nächsten Kapitel soll dargestellt werden, welche Gedanken sich die
Interviewpartner über ihre Zukunft in Österreich machen.
8.4. Kategorie: Zukunftsdenken der Interviewpartner
Interessant war es zu beobachten, welche Ähnlichkeiten oder Unterschiede
zwischen Männer und Frauen auftreten, wenn die Befragten über ihre Zukunft
sprechen.
Daher
stellt
die
folgende
Kategorie
Aussagen
über
die
Zukunftsvorstellungen der Interviewpartner dar. Was beschäftigt Männer und was
Frauen, wenn sie an Ihre Zukunft denken? Lassen sich geschlechtsspezifische
Unterschiede feststellen?
70
Diese Kategorie umfasst alle Aussagen darüber, wie die beteiligten Personen aus
Osteuropa ihre Zukunft einschätzen. Sie beinhaltet Aussagen, die Auskunft geben,
ob die Personen, die ein Studium abschlossen haben, eine Arbeit gefunden
haben,
die
ihrer
Ausbildung
entspricht
und
alle
Äußerungen
bzw.
Wunschvorstellungen, wie sie sich in anderen Bereichen wie Beziehung,
Weiterbildung etc. ihre Zukunft vorstellen.
Als Ankerbeispiel dient folgender Ausschnitt aus einem Interview:
A: Meine Kolleginnen wohnen in Warschau und die sagen, dass ich jetzt so gut
Deutsch spreche und im Ausland studiert haben und dass dein Mann sowieso
Englisch, Deutsch und Spanisch spricht .. Ihr könnt in Warschau eine gute Arbeit
finden. Warschau ist jetzt multikulti! Aber ich würde nie nach Warschau gehen.
Sowieso mit einem Mann, der Ausländer ist und mit einem .. Nein, das wäre für
mich überhaupt keine Frage. .. Wir wollen schon im Ausland bleiben, wir sind nicht
sicher, ob wir in Österreich bleiben wollen. Obwohl, ich glaub schon, dass wir in
Österreich bleiben, aber es ist nicht ausgeschlossen, wenn wir zum Beispiel super
Jobangebot bekommen würden in USA oder Deutschland, dann würden wir auch
wegziehen.
Bei dieser Kategorie lagen die Aussagen der Interviewpartner sehr knapp
beieinander. Auffallend war, dass nur eine weibliche Interviewpartnerin ihre
Zukunftsaussichten angesprochen hat. Im Gegensatz zu den fünf männlichen
Befragten. Vier von fünf männlichen Personen sprachen über ihre beruflichen
Zukunftsaussichten, wie folgende zwei Zitate von G zeigen, die stellvertretend für
die anderen drei männlichen Interviewpartner stehen, da sie einander sehr ähneln.
G: Österreich ist korruptionsfrei beispielsweise, was unten nicht möglich ist. Also,
ich kann unten, selbst unten, wenn ich die Uni fertig hätte, ist es noch lang nicht
sicher, dass du ohne Beziehungen einen normalen Job findest. In Österreich ist
das eher nicht so, auch wenn du Ausländer bist und wenn du was kannst, kriegst
du auch die Chance das zu nutzen, sagma mal so oder wenn du das willst, was
halt bei uns nicht der Fall ist. Also, da brauchst du schon wirklich gute
Beziehungen, damit du irgendwo eine Stelle bekommst und .. Das ist halt im
Allgemeinen im Osten seit eh und je üblich. Daher sehe ich meine Zukunft sehr
positiv hier.
G: Also, mein Vater hat zum Beispiel Kollegen, die waren Doktoren und die haben
am Bau gearbeitet und irgendwie ist das auch nicht das Ziel .. Ja, und bei meinem
Vater war’s genauso .., also das, was er gemacht hatte, konnte er hier nicht
machen, wegen 1000enden Gründen .., auch wegen der Arbeitserlaubnis .. und
dann hat er dann als Schlosser gearbeitet in Österreich.
71
Die
Frage,
ob
sich
geschlechtsspezifische
Unterschiede
bezogen
aufs
Zukunftsdenken feststellen lassen, lässt sich nicht vergleichend beantworten. Wie
bereits oben erwähnt, sprechen hauptsächlich Männer über ihre berufliche
Zukunft. Nur eine der fünf interviewten Frauen spricht über die Zukunft. Sie sagt,
dass sie sich nicht vorstellen kann nachhause zurückzugehen, um dort zu
arbeiten. Sie kann sich aber sehr wohl vorstellen in ein anderes Land, wo die
beruflichen Chancen besser sind, zu übersiedeln. Andere Formen von
Zukunftsvorstellungen wurden von den Interviewpartnern nicht angesprochen.
Zusammenfassend kann auch festgestellt werden, dass sich keine Auffälligkeiten
bei den Befragten, auf die Frage, ob Frauen oder Männer zufriedener sind,
ergeben haben. Wie auch folgende Statistik37 zeigt, die belegt, dass sich Männer
und Frauen kaum von ihrem Glücksempfinden unterscheiden, außer wenn
Faktoren wie Einkommen, Alter und Arbeit ausgeblendet werden, sind Frauen
etwas glücklicher als Männer. Nach Layard38 unterscheiden sich Männer und
Frauen hinsichtlich psychischer Erkrankungen, da Frauen mehr an Depressionen
leiden und Männer zu Alkoholmissbrauch neigen, wenn sie unzufrieden sind.
In
Kapitel
8.5.
werden
die
Faktoren,
die
zum
Glück
beitragen,
aus
Interviewausschnitten gezeigt. Danach kann die Frage, ob ein Mehr an Gütern
glücklich macht, beantwortet werden.
8.5. Kategorie: Glücksfaktoren
Meine Einstiegsfrage lautet: Ob das Mehr an materiellen und finanziellen Gütern
glücklich macht. Auffallend war, dass oft andere Faktoren des Glücks bzw. des
Wohlbefindens von den Interviewpartnern angesprochen wurden. Diese Faktoren
des Glücks stellen die nächste Kategorie dar. Es soll ein Überblick darüber
gegeben werden, welche Faktoren im Prozess der Sozialisation der Befragten zu
einem angenehmen Leben beitragen. Welchen Stellenwert hat Geld und das Mehr
37
38
vgl. http://www.campus.de/goto/layard [20.10.2008]
vgl. http://www.campus.de/goto/layard [20.10.2008]
72
an materiellen Gütern? Welche Faktoren des Glücks werden von den Befragten
zusätzlich angesprochen, auf welche reagieren sie eher nüchtern und auf welche
emotional?
Der Kategorie Glücksfaktoren werden jenen Äußerungen zugeordnet, welche sich
auf Erkenntnisse der Personen, die sie durch ihre Auswanderung in ein neues
Land gewonnen haben und wie sie damit umgehen. Sie beinhaltet außerdem
Äußerungen über Glücksfaktoren wie beispielsweise Familie, Arbeit, soziale
Umwelt, Werte oder Freiheit.
Als Ankerbeispiel dient folgender Ausschnitt aus einem Interview:
B: Ich wollte frei leben, es geht mir finanziell nicht gut, aber ich lebe frei. Ich muss
nicht hungern ((lacht)), ich muss nicht frieren und .. es war nicht vorwiegend .. ich
gehe in den Westen, dass ich mir einen großen Wagen kaufen kann und ich dann
angeben kann mit den Sachen, die ich gekauft habe. Das interessiert mich
überhaupt nicht. Ich hab eh eine kleine Wohnung und ich hab das Geld eher für
Bücher und für Reisen ausgegeben und ich hab auch ein tibetisches Patenkind
und einen jungen Mann in Armenien habe ich sein Jusstudium finanziert. Das hat
mir was gegeben!
Folgende Zitate werden der Kategorie: Glücksfaktoren zugeteilt:
A: Das ganze Sozialsystem so gut geregelt, die ganzen Förderungen, jetzt
interessieren natürlich mehr dafür, weil wir es brauchen. Das gefällt uns und also
jetzt bin ich in Karenz und ich kann mit meiner Tochter zwei Jahre zu Hause
bleiben, ohne mir irgendwelche größere Sorgen machen zu müssen. Das gibt’s in
Polen sicher nicht .. So Sachen sind einfach hervorragend geregelt ...... Aber es ist
schon schwieriger oder problematischer, gute Freunde zu finden, vor allem wenn
man in der Arbeit nicht so wirklich Möglichkeiten hat und die meisten
Freundschaften hat man von Kindergarten, von Schule ... Ich weiß nicht.. und das
fehlt uns, weil wir diesen Hintergrund hier nicht haben ... Aber langsam oder sicher
gewinnen wir auch Freunde und das ist schon natürlich super! Auch, dass wir so
multikulti leben, das gefällt mir auch gut.
A bringt im folgenden Interviewausschnitt zum Ausdruck, wie sich die
Selbstwertung im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung verstärkt hat.
A: Die Tatsache, dass Polen in der EU ist, das hat wahnsinnig viel gebracht. Auch
für meine Freunde, Bekannte, die in Österreich leben. Das hat ihnen so viel
73
Selbstsicherheit und Selbstwert gegeben. Auch das Gesetzliche, Finanzielle
kommt langsam, aber von diesem Gefühl, wir gehören dazu und wir gehören
genauso dazu, das ist unglaublich, wie viel das gebracht hat. Ich glaube sogar bei
den Leuten, die schwarz arbeiten noch mehr als bei mir! Weil ich hab sowieso
einen Mann. Ich habe Arbeitserlaubnis durch ihn. Man kann jetzt sagen, wir
gehören auch zur EU und wir gehören alle zusammen, das hat schon sehr viel
gebracht. Das ist Wahnsinn!!
An den folgenden Beispielen ist festzustellen, welche zusätzlichen Faktoren des
Glücks noch angesprochen wurden.
B: Aber trotzdem, wie gesagt, ich habe eine schöne eingerichtete W o h n u n g,
ich habe die halbe Welt gesehen und ich bin hier zu Hause. Ich wollte in der freien
Welt leben, ich wollte studieren, ich wollte was sehen, ich wollte .. /ah/ es ist blöd,
aber ich wollte Frank Zappa hören! Der war dort verboten. Einfach frei leben hier.
Das hat sich erfüllt, nur ich wollte auch ein Teil der Gesellschaft sein und nicht der
Gesellschaft zu Last fallen und das belastet mich, weil ich arbeitslos bin. Aber was
soll ich machen.
C: Ich habe ukrainische Freunde hier, österreichische .. Also, sobald man Freunde
hat, weil abgesehen jetzt von Familie, weil das ist auch sehr schwierig, aber
sobald man Freunde hat, fühlt man sich super gut. Zum Beispiel in Freiburg, wo
ich Au-pair gemacht habe, /ehm/ auch dort habe ich noch viele Freunde und diese
Stadt ist für mich irgendwie ((lacht)) Heimat geworden. Das ist schön und ich sag
immer, ich fahr immer nach Hause, egal in welche Richtung ((lacht)), Richtung
Ukraine, Österreich oder Deutschland.
F: Wir sind auch als Familie zusammengewachsen, aber wir haben auch unsere
Plätze hier gefunden und dadurch, dass wir eigentlich nicht primär wegen Geld
gekommen sind, weil eigentlich .. wegen .. um ein geregelteres Leben zu führen.
Geregelt nicht im Sinne von /ah/ angestellt sein, sondern in Ruhe, in Frieden
leben. Sein Leben zu gestalten. Natürlich gehört das Geld dazu, das ist klar. Auf
der anderen Seite muss man sagen, in Rumänien war das so, dadurch dass es ein
kommunistisches Land war, bist du versichert gewesen vom Staat aus. Niemand
war arbeitslos. Das sind die Dinge, wo man sagen muss, das gibt’s hier halt nicht.
Also, deswegen war das Leben auch nicht besser. Es ist auch relativ gesehen,
glaube ich, das Ziel war nicht das Geld, definitiv nicht .. meine Eltern waren
einfach zu .. zu abenteuerlich drauf. Die hätten irgendetwas gefunden, um sich
das Überleben zu sichern.
G: Ich weiß es nicht. Es ist zwar sehr schön in Wien und ich mag Wien .. bleiben ..
ja die nächste Zeit schon. Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass ich
weggehe. Wie gesagt, ich fahr immer gerne nachhause und es ist auch mein
zuhause, weil ich dort verwurzelt bin und meine Familie vermisse. Aber dort leben,
nein, eher nicht.
H: Ja, eins möchte ich noch sagen, vielen reicht das Geld. Ich kenne Leute, die
arbeiten sehr viel, gehen dann nachhause. Jeden Tag das gleiche, immer und
74
immer, aber die hatten meistens Krieg zu Hause. Die haben keine Sicherheit,
glauben nicht daran, dass es so bleibt. Sie haben Angst, dass wieder Krieg
kommt. Sie wollen die Sicherheit, viele die aus Kroatien, Serbien kommen. Ja, die
sind vielleicht glücklicher, ich weiß es nicht, jeder ist anders.
Die verschiedenen Interviewausschnitte zeigen, welche Faktoren unser Glück
beeinflussen können. An dieser Stelle beziehe ich mich auf Layard (vgl. 2005, S.
77f.). Er stellt fest, dass Alter, Geschlecht, Aussehen, Intelligenz und Bildung nur
in geringem Maße unser Glück beeinflussen. Welche Faktoren laut Layard (vgl.
2005, S. 77) uns wirklich beeinflussen, hängt von sieben Faktoren ab: familiäre
Beziehungen, die finanzielle Lage, die Arbeit, unsere Umgebung und Freunde, die
Gesundheit, die persönliche Freiheit und unsere Lebensphilosophie.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass alle Faktoren, außer der
gesundheitliche Faktor, in den Interviews angesprochen wurden. Bezogen auf die
Interviewausschnitte, gaben drei der Interviewten an, dass ihnen die Familie sehr
wichtig ist und zwei davon, dass sie ihre Familie zuhause sehr vermissen, aber
trotzdem bevorzugen, in Österreich zu leben aufgrund der höheren Lebensqualität.
Drei von sechs Befragten betonen, dass ihnen die Freiheit sehr wichtig ist und ein
Interviewpartner hebt deutlich hervor, dass es für viele Menschen, die Krieg
miterlebt haben, an oberster Stelle des Glücks die Sicherheit steht, weil sie Angst
haben, nochmals in eine solche Situation der Angst und Armut zu geraten.
In der vorliegenden Forschungsarbeit wurden die Antworten der Interviewpartner
miteinander verglichen, um Ähnlichkeiten und Unterschiede festzustellen. Im
Zusammenhang mit dem Begriff bzw. Prozess der Sozialisation entstanden die
behandelten Kategorien, aufgrund der Annahme dass die Befragten zusätzlich zur
finanziellen Erwartung andere Bereiche ansprechen werden. Wie sich gezeigt hat,
hat sich diese Hypothese bestätigt. Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse
der Interpretationen zusammengefasst und im Hinblick auf die Fragestellung
beantwortet werden.
75
9. Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
Die Ausgangshypothese lautete: Geld macht nicht glücklich... Erfüllte finanzielle
und materielle Erwartungen schon? Es wurden auch die Fragen gestellt: Kann
Geld vielleicht doch glücklich machen? Inwieweit lässt sich diese Einstellung durch
die Herkunft der jeweiligen Personen erklären?
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass alle Personen das Mehr an
Geld und materiellen Gütern nicht als einzigen Glücksfaktor nennen. Sie nennen
viele andere Faktoren, die zu ihrer Zufriedenheit beitragen.
E, sie kommt aus der Ukraine, war durch ihren hohen Lohn als Kellnerin in
Österreich zufrieden, weil sie sich dadurch mehr leisten konnte. Sie machte das
Mehr an Geld und Kaufkraft glücklich. Die anderen Migranten schätzen das Mehr
an Geld und Gütern nicht so hoch ein. Eine weitere Person (F), der als Kind mit
seinen Eltern nach Österreich ausgewandert ist, gab an, dass seine Eltern im
Vergleich zu Österreicherin viel kaufen und sich mittlerweile daraus eine
Sammelleidenschaft entwickelt hat. Auf die Frage, ob sich ihre Erwartungen erfüllt
haben, nennen zwei Personen (A, E) die staatlichen Förderungen (Karenzgeld,
Stipendium) und eine (D), die Möglichkeit in Österreich ihr Studium machen zu
können. Finanzielle Erwartungen werden nur von F, H und J angesprochen. Alle
drei sagen, dass sich ihre Erwartungen erfüllt haben. H gibt an, dass die
finanziellen Erwartungen mehr als erfüllt worden sind, ihn dies aber nicht glücklich
macht, mit der Aussagen, dass nicht alles käuflich ist. Er will in ein anderes Land
auswandern, weil für ihn in Österreich zu wenig Sonne ist. Er sagt, dass in den
Straßen, Kaffeehäusern und Häusern zu wenig Sonne ist. Mit dem Wort Sonne
meint H Lebensfreude, Kontaktfreudigkeit, Gemeinschaftsleben und er diese
Einstellungen an Österreich vermisst.
Fasst man alle Aussagen der Interviewpartner zusammen, kann festgestellt
werden, dass ein Mehr an Geld und Gütern nicht glücklicher macht. Was zur
Zufriedenheit am meisten beiträgt, sind politische Sicherheit, Stabilität und
Ordnung, Meinungs- und Redefreiheit, Wahlmöglichkeiten, die die eigene
Lebensplanung betreffen und staatliche Förderungen, wie Karenzgeld, Stipendium
usw. Alle Befragten sagten auch, dass Freunde und Familie sehr wichtig sind. Das
empfinden die Migranten als negativ an Österreich, wie der folgende Abschnitt
76
zeigt.
Die
Ergebnisse
der
Interviews
bestätigen
die
Aussagen
der
Glücksökonomen. Menschen sind, behauptet Seligmann (vgl. 2005, S. 77) nicht
glücklicher, wenn sie über mehr Einkommen bzw. mehr Kaufkraft verfügen. Nur
Arme werden dadurch glücklicher, also Menschen die in absoluter Armut (vgl.
Wolski-Prenger, 1993, S. 40) leben. Dazu zählen jene Personen, die um ihre
Existenz kämpfen müssen, weil lebensnotwendige Dinge wie zum Beispiel
Nahrung nicht ausreichend vorhanden ist. E betont, dass sie anfangs in Österreich
der Zuwachs von Geld glücklich gemacht hat. Der Grund dafür, dass sie heute
weniger zufrieden ist, könnte daran liegen, dass sie jetzt – im Vergleich zu ihren
Nachbarn – über weniger Einkommen verfügt. Das würde die These von
Bellebaum (vgl. 2002, S. 280) bestätigen. Er behauptet, dass nur die Menschen
glücklich sind, die über mehr Geld als ihre Altersgenossen verfügen. Auch Layards
Behauptungen (vgl. 2005, S. 45) konnten durch die Interviews bestätigt werden.
Die Migranten gaben alle an, dass Mitmenschlichkeit, Familie und andere soziale
Kontakte wichtiger sind als Geld und materielle Güter. Der Interviewpartner H
möchte auswandern aus Österreich, weil die Österreicher ihm zu wenig Wärme
ausstrahlen.
In der Diplomarbeit wurde auch die Frage gestellt: Welche Schwierigkeiten können
Migranten mit der sozialen Eingliederung in ihrem neuen Heimatland haben? Alle
Migranten sagen, dass die Mentalitätsunterschiede zwischen ihren Heimatländern
und Österreich groß sind. In diesem Zusammenhang nennen sie vor allem die
wenigen sozialen Kontakte, die zwischen den Nachbarn und in den Familien
herrschen. In ihren Geburtsländern sind die Menschen offener und toleranter
anderen gegenüber. Sie leben in einer sozialen Gesellschaft und verbringen
weniger Zeit alleine. In Österreich sei es schwer, Freundschaften zu schließen.
Die Hilfsbereitschaft und der Zusammenhalt zwischen den Menschen sei sehr
gering, wenn es mit der Heimat verglichen wird. Alle Migranten, die sich zu diesem
Thema äußerten, gaben an, dass sie diese Eigenschaften an Österreich
vermissen. In diesem Bereich ist es für die Interviewpartner schwierig gewesen,
sich den soziokulturellen Normen der österreichischen Gesellschaft anzupassen.
Nur eine Interviewte (A) gab an, dass es keine Mentalitätsunterschiede zwischen
ihrer Heimat und Österreich gibt. Sie macht die gleiche Religion und die
gemeinsame
Geschichte
dafür
verantwortlich.
77
Dass
Menschen
weniger
kontaktfreudig sind, führt sie darauf zurück, dass Wien eine Großstadt ist. Auch
zwei
andere
Interviewpartner
(E,
I)
bestätigten,
dass
nicht
der
Mentalitätsunterschied zwischen den Ländern, sondern die Tatsache, dass Wien
eine Großstadt ist, für die Anonymität verantwortlich ist.
Mit welchen Problemen von Migranten aus Osteuropa können Sozialpädagogen
konfrontiert werden? Wenn man die Interviewausschnitte betrachtet, zeigt sich,
dass die meisten Migranten Probleme mit der österreichischen Mentalität haben.
Sie bezeichnen die Österreicher als wenig hilfsbereit und kontaktarm. Dies kann
zu Isolation der Migranten führen. Sie können sich dadurch sehr einsam fühlen.
Sozialpädagogen können durch verschiedene Programme dagegen steuern. Eine
Möglichkeit ist, Treffen zu veranstalten, bei denen Migranten neue Sozialkontakte
knüpfen können. Diese Treffen können z. Bsp. multikulturell angelegt sein. Dies
trägt dazu bei, die Eingliederung zu erleichtern. So können sie mit anderen
Migranten über ihre Schwierigkeiten sprechen und sich gegenseitig unterstützen.
In dieser Arbeit wurde auch die Frage gestellt: Welche Aspekte sind zu
berücksichtigen, damit Migranten sich in eine Gesellschaft, in der bestimmte
soziale, kulturelle und materielle Werte bestehen, die sich von denen ihrer
Geburtsländer unterscheiden, eingliedern können bzw. wollen? Wichtig in diesem
Zusammenhang
ist,
sozialpädagogischen
dass
Praxis
die
unterschiedlichen
nicht
ausgeblendet
Mentalitäten
werden.
in
der
Migranten
sind
wahrscheinlich eher dazu bereit, sich in die österreichischen Strukturen
einzugliedern,
wenn
sie
sich
als
Personen
mit
ihrer
jeweiligen
Kultur
ernstgenommen fühlen. Das bedeutet, dass es in der praktischen Arbeit mit
Migranten wichtig ist, dass ihr kultureller und religiöser Hintergrund gekannt wird,
damit sie sich als Menschen respektiert fühlen. Dieses Wissen kann außerdem
dazu beitragen, dass Schwierigkeiten, die sich durch diese Unterschiede ergeben
haben, schneller erkannt werden und erleichtert Lösungen zu finden.
Auch Sprachschwierigkeiten können zur Isolation beitragen. Die interviewten
Personen haben mittlerweile alle Deutsch gelernt. A gibt an, dass sie mit ihrer
Tochter polnisch spricht, es aber besser wäre, wenn sie französisch reden würde.
Sie hat das Gefühl, dass ihre Heimat und die Sprache für Österreicher
78
minderwertig sind. Das kann zu einem schlechten Selbstbild und Problemen
führen. Warum sie diese negative Einstellung hat, geht aus dem Interview nicht
hervor.
Welche Aspekte können sich in der Zusammenarbeit mit Migranten aus Osteuropa
ergeben, wenn diese Personen sich in einem Stadium der nicht geglückten
Sozialisation
befinden?
Sozialpädagogen
kann
es
helfen,
die
Erwartungshaltungen der Migranten zu kennen. Jeder hat andere Erwartungen an
seine neue Heimat. Das haben die Interviews gezeigt. Deswegen sollte der
Pädagoge die ganz persönlichen Erwartungen kennen, wenn er einen Migranten
unterstützen möchte, der sich in einem Stadium der nicht geglückten Sozialisation
befindet. Dadurch können die Erwartungen analysiert werden. Die Frage kann
gestellt werden, ob die Erwartungen realistisch waren. Wenn sie nicht realistisch
gewesen sind, kann der Sozialpädagoge gemeinsam mit dem Migranten
Maßnahmen erarbeiten, die er setzen kann (Ausbildung etc.), um dieses Ziel zu
erreichen. Waren die Erwartungen unrealistisch, können sie korrigiert und durch
erreichbare
ersetzt
werden.
Diese
Folgerungen
können
nicht
nur
in
Zusammenarbeit mit Migranten wichtig sein. Auch Menschen aus Österreich, die
sich den materialistischen Regeln nicht unterordnen, können in diesem
Gesellschaftssystem scheitern. Es ist sicher schwierig sich in einer Gesellschaft
zurechtzufinden, in der materialistische Werte vorherrschen, wenn für einen selbst
diese nicht an erster Stelle stehen. Precht (2007, S. 350) behauptet, dass die
Menschen frei werden wollen und deshalb nach materiellem und finanziellem
Besitz streben. Der Grund für diese Bestrebungen ist das Bedürfnis nach
Sicherheit, „die sie wahrscheinlich nie erlangen“. Das Mehr an Essen, Autos usw.
verbessert nicht unseren Seelenzustand (Precht, 2007, S. 352).
Die Auswertung der Interviews kann mit folgenden Worten von Schneider (2007,
S. 17) zusammengefasst werden: „Glücklicher geworden sind wir nicht – so sagen
es die Leute und die Lebenserfahrung (Anm. des Autors: Auswertung) spricht
dafür, dass man ihnen glauben kann“ .
79
10. Literaturverzeichnis
Argyle, M. & Furnham, A. (1998). The Psychology of Money. New York:
Routledge.
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Verfügbar
unter :
LEBENSLAUF
PERSÖNLICHE DATEN:
Name:
Denk Liesa
Geburtsdatum:
22.04.1980
Staatsangehörigkeit:
Österreich
E-mail:
[email protected]
SCHUL- UND BERUFSAUSBILDUNG :
2001
Studium der Erziehungswissenschaften,
Universität Wien, Schwerpunkte:
Sozial- und Psychoanalytische Pädagogik
2004 - 2005
Ausbildung zum Gesundheits- und
Vitaltrainer, Hauptuniversität Wien
2000 - 2001
Berufsreifeprüfung, Dr. Roland-Schule,
Wien
1994 - 1998
Fachschule für wirtschaftliche Berufe, Kochund Servierausbildung, HBLA-Neusiedl am
See
BERUFLICHER WERDEGANG:
2007 - 2008
Österreichische Nationalbibliothek Wien
2006 - 2007
Student Point, Hauptuniversität Wien
2005 - 2006
WAG-Wiener Assistenzgenossenschaft.
Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz, Wien
2000 - 2001
Art Ware AG, Kunst & Marketingfirma, Wien
1998 - 1999
Ordinationshilfe (praktischer Arzt), Apetlon,
Burgenland
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PRAKTIKA:
06/2005
Kinderfreunde Steiermark
09/2005
Praktikum im AKH Wien (HIV-Station),
Betreuung von Menschen mit besonderen
Bedürfnissen
04/2008
Europa in Action: Bildung für alle!
Internationale Konferenz über inklusive
Bildung, Wien
ANGESTREBTE TÄTIGKEIT:
Nach Beendigung meiner Ausbildung möchte ich gerne im Bereich der Kinder- und
Jungendberatung tätig sein. Aufgrund meiner Ausbildung bin ich befähigt in den
verschiedensten sozialen Berufen tätig zu sein.
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