1/3 Pressemitteilungen Copyright © 2014 BVerfG

Transcrição

1/3 Pressemitteilungen Copyright © 2014 BVerfG
Pressemitteilungen Copyright © 2014 BVerfG
Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung Nr. 67/2005 vom 26. Juli 2005
Zum Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 80/95 –
Kapitalbildende Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung:
Schutzdefizit für Versicherungsnehmer bei
der Ermittlung des Schlussüberschusses
Die
gesetzlichen
Regelungen
für
den
Bereich
der
kapitalgebundenen
Lebensversicherung
mit
Überschussbeteiligung
genügen
nicht
den
verfassungsrechtlichen
Schutzanforderungen.
Es
fehlen
hinreichende
rechtliche Vorkehrungen dafür, dass bei der Berechnung des bei Vertragsende
zu
zahlenden
Schlussüberschusses
die
durch
die
Prämienzahlungen
geschaffenen Vermögenswerte angemessen berücksichtigt werden. Insbesondere
gibt es keine Möglichkeit der Klärung, ob der Schlussüberschuss etwa durch
die Nichtberücksichtigung stiller Reserven und durch nicht gerechtfertigte
Querverrechnungen zu gering festgesetzt worden ist. Der Gesetzgeber hat bis
zum
31.
Dezember
2007
eine
Regelung
zu
treffen,
die
den
verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird. Bis zur Neuregelung
bleibt es bei der gegenwärtigen Rechtslage. Dies entschied der Erste Senat
des Bundesverfassungsgerichts mit Urteil vom 26. Juli 2005.
Damit war die nach Art eines Musterprozesses mit Unterstützung des Bundes
der Versicherten erhobene Verfassungsbeschwerde eines Versicherungsnehmers,
der eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung
abgeschlossen
hatte,
jedenfalls
im
Kern
erfolgreich.
Der
Versicherungsnehmer hatte – ohne Erfolg – die Zivilgerichte angerufen, um
zu erreichen, dass bei der Berechnung seiner Überschussbeteiligung
insbesondere stille Reserven des Versicherungsunternehmens berücksichtigt
werden (siehe auch Pressemitteilung Nr. 89/2004 vom 24. September 2004).
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Führen gesetzliche Regelungen dazu, dass Versicherte ihre rechtlich
erheblichen Belange nicht selbst und eigenständig effektiv verfolgen
können, bewirkt der verfassungsrechtliche Schutz der Privatautonomie durch
Art. 2 Abs. 1 GG eine Pflicht des Gesetzgebers, für eine Ausgestaltung des
Rechtsverhältnisses der davon betroffenen Vertragsparteien zu sorgen, die
ihren Belangen hinreichend Rechnung trägt. Bezieht sich das Defizit
privatautonomer
Interessendurchsetzung
auf
eine
Position,
die
objektivrechtlich auch vom Schutz der Eigentumsgarantie erfasst wird, folgt
die gesetzliche Schutzpflicht zugleich aus Art. 14 Abs. 1 GG.
2. Ein solches Schutzdefizit betrifft im Rahmen der kapitalbildenden
Lebensversicherung
die
Überschussermittlung.
Die
Versicherungsnehmer
übertragen
den
Versicherungsunternehmen
durch
ihre
Prämienzahlungen
Vermögen, das vollständig in das unternehmerische Eigentum übergeht. Die
Versicherungsunternehmen
sind
in
der
Anlage
der
Vermögenswerte
grundsätzlich frei. Hinsichtlich der Bilanzierung haben sie allerdings die
handelsrechtlichen Bewertungsregeln über Vermögensanlagen zu beachten.
Diese Regeln erlauben die Schaffung stiller Reserven. Solche Reserven
bestehen auf der Aktivseite in der Differenz zwischen dem Buchwert und dem
Zeitwert.
1/3
Nach
den
Bewertungsregeln
bleiben
stille
Reserven
für
die
Überschussberechnung vollständig außer Ansatz, soweit sie nicht realisiert
werden, etwa durch Veräußerung einer Immobilie. Die Versicherten haben
keine Möglichkeit, die Einbeziehung nicht realisierter stiller Reserven in
die Überschussberechnung insoweit zu bewirken, als die Vermögenswerte auf
den von ihnen erbrachten Prämienzahlungen beruhen. Die Berücksichtigung der
stillen
Reserven
wird
vielmehr
pauschal
unter
Verweis
auf
das
Realisationsprinzip des handelsrechtlichen Bewertungsrechts verneint.
Darüber
hinaus
können
die
Überschussbildung
und
damit
die
Überschussbeteiligung auch durch Querverrechnungen berührt werden, ohne
dass die Versicherten darauf Einfluss nehmen können. Gemeint ist
insbesondere die Verrechnung der durch die Prämienkalkulation nicht
gedeckten Kosten mit Überschüssen, die etwa aufgrund günstigerer Risikooder Kapitalergebnisse entstehen.
Der Wettbewerb um das Produkt Lebensversicherung funktioniert für die
Versicherten
nur
in
beschränkter
Weise.
Ihnen
fehlen
praktisch
realisierbare Möglichkeiten, selbst und eigenständig auf Änderungen der
Praxis
zu
ihren
Gunsten
hinzuwirken.
Die
Vertragsbedingungen
der
Lebensversicherer
sind
praktisch
nicht
verhandelbar.
Der
Versicherungsnehmer hat keine Chance, einen Versicherungsvertrag mit
Überschussbeteiligung
so
abzuschließen,
dass
die
stillen
Reserven
jedenfalls
teilweise
auch
ohne
Realisierung
berücksichtigt
und
Möglichkeiten der Querverrechnung transparent gemacht und inhaltlich
begrenzt werden. Nach Vertragsschluss sind die Möglichkeiten, auf das
Vertragsverhältnis Einfluss zu nehmen, noch beschränkter. Insbesondere ist
die Kündigung des Vertrages keine wirtschaftlich sinnvolle Option, da sie
regelmäßig mit erheblichen Nachteilen verbunden ist.
3. Angesichts der fehlenden Möglichkeiten der Versicherungsnehmer, ihre
Belange selbst und eigenständig effektiv zu verfolgen, trifft den
Gesetzgeber ein verfassungsrechtlicher Schutzauftrag. Er hat hinreichende
rechtliche Vorkehrungen dafür vorzusehen, dass bei der Ermittlung eines bei
Vertragsende
zuzuteilenden
Schlussüberschusses
die
Vermögenswerte
angemessen berücksichtigt werden, die durch die Prämienzahlungen geschaffen
worden sind. Diesem Auftrag ist der Gesetzgeber nicht in ausreichendem Maße
nachgekommen.
Er
hat
weder
im
Versicherungsvertragsrecht
noch
im
Versicherungsaufsichtsrecht für hinreichende Schutzvorkehrungen gesorgt.
Das (zivilrechtliche) Versicherungsvertragsrecht regelt – jedenfalls in der
Auslegung durch den Bundesgerichtshof – nicht die Feststellung des
Überschusses selbst, sondern dessen Verteilung an die Versicherten. Der
Bundesgerichtshof verweist für die Ermittlung des Überschusses auf die
Kontrollmöglichkeiten des Versicherungsaufsichtsrechts. Der Maßstab des
(öffentlichrechtlichen)
Versicherungsaufsichtsrechts
ist
der
der
Missstandsaufsicht. Die aufsichtliche Tätigkeit orientiert sich nicht am
einzelnen Versicherungsverhältnis, sondern an den Belangen der Versicherten
in ihrer Gesamtheit und an der Sicherung der Funktionsfähigkeit des
Versicherungswesens. Der Blick auf die Funktionsfähigkeit legt es nahe,
stille Reserven möglichst für zukünftige Zeiten zu halten; den Belangen
einzelner aus dem Versicherungsverhältnis ausscheidender Versicherten kann
dies aber widersprechen.
Die Rechtslage wird den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten nicht
gerecht.
Während
die
Zivilgerichte
darauf
verweisen,
dass
die
Versicherungsaufsicht Missstände beseitigt, stellen sie insoweit eine
eigene
Prüfung
der
hinreichenden
Berücksichtigung
der
Belange
der
Versicherten zurück. Das Versicherungsaufsichtsrecht ist andererseits nicht
in positiver Weise auf die Wahrung der Belange der Versicherten
ausgerichtet. Es gibt für die Versicherten insbesondere keine rechtlichen
Möglichkeiten zur Überprüfung, ob eine angemessene Berücksichtigung der
Vermögenswerte vorliegt, die bei den Versicherungsunternehmen mit den
gezahlten Versicherungsprämien gebildet worden sind.
2/3
4. Die seit Ablauf des vorliegend maßgeblichen Vertrages erfolgten
Neuregelungen haben die aufgezeigten Probleme noch nicht bewältigt. Der
Gesetzgeber wird im Rahmen des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums
Lösungen zur Beseitigung des Schutzdefizits bereitzustellen haben. Auf die
bisherigen im Versicherungsaufsichtsrecht und Versicherungsvertragsrecht
vorgesehenen Instrumente ist er nicht beschränkt. In die Prüfung
angemessener
Lösungen
können
Möglichkeiten
zur
Sicherung
größerer
Transparenz hinsichtlich der Entwicklung von Überschussquellen und der
Auskehrung von Überschüssen und zur Verbesserung des Informationszugangs
ebenso einbezogen werden wie neue verfahrensmäßige Wege zum Schutz der
betroffenen Belange. Auch kann die Funktionsweise des Wettbewerbs zu
Gunsten der Versicherten verbessert werden, etwa durch Erleichterungen beim
Wechsel des Versicherers. In Betracht kommen auch versicherungsspezifische
Arten der Bilanzierung.
Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 80/95 –
Karlsruhe, den 26. Juli 2005
3/3
Aus dem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen
> Das Versicherungs-Aufsichts-Gesetz (VAG) <
§ 89 Zahlungsverbot; Herabsetzung von Leistungen
(1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens,
daß dieses für die Dauer nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung
des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die
Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, auch die Vertreter des Unternehmens
auffordern, binnen bestimmter Frist eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder sonst die
Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Alle Arten Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen,
Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des
Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden. Die
Vorschriften der Insolvenzordnung zum Schutz von Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und abrechnungssystemen sowie von dinglichen Sicherheiten der Zentralbanken und von
Finanzsicherheiten finden entsprechend Anwendung.
(2) Unter der Voraussetzung in Absatz 1 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die
Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem
Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig
verfahren, wenn es besondere Umstände rechtfertigen, namentlich wenn bei mehreren Gruppen von
Versicherungen die Notlage des Unternehmens mehr in einer als in einer anderen begründet ist. Bei
der Herabsetzung werden, soweit Deckungsrückstellungen der einzelnen Versicherungsverträge
bestehen, zunächst die Deckungsrückstellungen herabgesetzt und danach die Versicherungssummen
neu festgestellt, sonst diese unmittelbar herabgesetzt. Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die
Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht
berührt.
(3) Die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 können auf eine selbständige Abteilung des
Sicherungsvermögens (§ 66 Abs. 7) beschränkt werden.
<><>
Anmerkungen: § 89 VAG in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV)
Nach dem Betriebsrentengesetzt (§ 1) haften Arbeitgeber für sämtliche Zusagen innerhalb ihrer bAV, auch
wenn diese Leistungsversprechen auf Dritte (Versicherungen) übertragen wurden. Das gilt für Renten- und
Kapitalleistungen aber auch für alle weiteren Leistungsbausteine wie z. B. die Berufsunfähigkeit.
Sobald dem Arbeitgeber eine entsprechende Mitteilung nach § 89 VAG vorliegt, kann er die Verträge nicht mehr
kündigen und ist gesetzlich verpflichtet, Beiträge weiter an ein u. U. insolvenzbedrohtes Versicherungsunternehmen zu zahlen.
Außerdem greift jetzt die Haftung nach dem Betriebsrentengesetz bei Leistungsempfängern. Das Unternehmen
bürgt weiterhin für alle Zusagen und ist verpflichtet, Fehlbeträge auszugleichen und zahlt diese direkt an diese
Mitarbeiter aus.
Auch heute glauben noch viele Arbeitgeber, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, dass die bAV nur
m i t Versicherungen funktioniert. Dass ist ein immer noch weit verbreiteter Irrtum!
bAV hatte noch nie etwas mit Versicherungen zu tun. Es handelt sich vielmehr um Arbeitsrecht.
Denken Sie bitte auf Grund dieser Information über folgenden Satz einmal in Ruhe nach:
> Versicherungen sind in der bAV überhaupt nicht zwingend erforderlich. <
Capital-Vital GmbH, Nordhorn
Telefon: 05 29 1 / 71 37 5 – 0
Bewertungsreserven: Keine Neuregelung
vor Bundestagswahl
Freitag, der 22.02.13
Am 26. Februar 2013 soll sich der Vermittlungsausschuss treffen, um unter anderem eine
Lösung im Streit um die Bewertungsreserven zu finden. Doch der Unions-Fraktionsvize
Michael Meister teilte heute in Berlin mit, dass der Ausschuss „alle Fragen herausnehmen
[wird], die sich mit Bewertungsreserven befassen“. Eine Neuregelung für
Lebensversicherungen ist somit vom Tisch.
Wenn sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat in der kommenden
Woche trifft, so wird der Streit um die Bewertungsreserven kein Thema mehr sein. Das sagte
Michael Meister, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, am
Freitag in Berlin. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe, die ursprünglich Lösungsvorschläge im
Konflikt um die stillen Reserven ausarbeiten sollte. Doch die Fronten sind zu sehr verhärtet,
ein Kompromiss ist nicht zu erreichen. Als nächstes soll nun geprüft werden, welche
Auswirkungen die gegenwärtige Niedrigzinsphase und das künftige Regulierungsvorhaben
auf die Lebensversicherungen haben. Meister erklärte, dass aus seiner Sicht „die Fragen in
dieser Wahlperiode nicht mehr zu beantworten sind.“
Beteiligungen für Versicherte an stillen Reserven
Es ist wahrlich ein Dilemma. Still und leise wollte die Bundesregierung die Beteiligung der
Lebensversicherungskunden an den Bewertungsreserven der Lebensversicherer reduzieren.
Im November 2012 wurde dazu ein entsprechendes Gesetz mit dem Sepa-Begleitgesetz durch
den Bundestag gewinkt. Im Bundesrat wurde jedoch kritisiert, dass diese Regelung vielen
Versicherten Nachteile bringen würde. Experten rechnen sogar mit Einbußen in Höhe von bis
zu 10.000 Euro, Verbraucherschützer wie Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten (BdV)
übten scharfe Kritik. Das umstrittene Gesetz um die sogenannten stillen Reserven landete also
im Vermittlungsausschuss und gelangte von dort in die Arbeitsgruppe, die am gestrigen
Donnerstag ohne Kompromiss ihre Arbeit beendet hat.
Bewertungsreserven: Bestandskunden vs. ausscheidende Versicherte
Hätte die schwarze-gelbe Koalition von Beginn an vermittelt, warum eine Änderung der
Teilhabe an den Bewertungsreserven aus Sicht der Versicherten notwendig ist, wäre der Streit
um die Reserven vermeidbar gewesen. Stille Reserven entstehen bei den Lebensversicherern
dann, wenn der aktuelle Marktwert einer Anlage, etwa festverzinsliche Wertpapiere, über den
damaligen Kaufwert liegt. An den Bewertungsreserven müssen die Versicherten zur Hälfte
beteiligt werden. Durch die derzeitige Niedrigzinsphase steigen die Reserven jedoch stark an,
sodass Kunden, deren Verträge in diesen Tagen auslaufen, eine deutliche höhere Auszahlung
bekommen als vor etwa einem Jahr. Doch die Bewertungsreserven, so das Argument der
Lebensversicherer, sind nur scheinbare Gewinne, deren Auszahlung zulasten der restlichen
Versicherten geht. 95 Prozent der Kunden sollen Einbußen drohen.
1/3
BaFin steht hinter Lebensversicherern
Die Chefin der Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin), Elke König, stärkt daher der
Lebensversicherungs-Branche wiederholt den Rücken. Erst am Donnerstag sagte sie in
Leipzig, dass eine Lösung gebraucht wird, „die den Interessen aller dient und nicht nur den
gerade Ausscheidenden.“ Den Sturm der Entrüstung könne König nicht nachvollziehen,
schließlich sind bereits drei Milliarden Euro aus der Bewertungsreserve zulasten des
Versicherungskollektiv abgeflossen. Wird die aktuelle Regelung beibehalten, so müssten die
Lebensversicherer weitere Milliarden Euro an ausscheidende Kunden auszahlen, die dann an
anderer Stelle, also für die Bestandkunden, fehlen würden. Einigen Lebensversicherern fällt
es ohnehin schwer, aufgrund der niedrigen Zinsen ausreichend Erträge zu erwirtschaften, um
ihre Kunden wie vertraglich geregelt auszahlen zu können.
Falsche Informationspolitik?
Um die verschiedenen Positionen der Gegner und Befürworter besser nachvollziehen zu
können, muss man wissen, dass die Bundesregierung mit dem Gesetz eigentlich das Ziel
verfolgt, die finanzielle Lage der Lebensversicherer langfristig zu stabilisieren. Wer weniger
auszahlt, ist finanziell stabiler, gerät also auch nicht in Notlage und muss nicht gerettet
werden. Doch das zuständige Finanzministerium musste vor einiger Zeit einräumen, dass
„keine konkrete Anhaltspunkte dafür vor[liegen], dass ein bestimmtes
Versicherungsunternehmen künftig in Schwierigkeiten geraten könnte.“ Es ist also
nachvollziehbar, dass sich eine Mehrheit gegen die Änderung der Beteiligung an den
Bewertungsreserven gebildet hat, wenn es dabei nur um die wirtschaftliche Position der
Lebensversicherer geht. Die Auswirkungen auf alle Kunden sollte jedoch auch nicht aus den
Augen verloren werden.
Bewertungsreserven der Lebensversicherung: kein Kompromiss
Eine Einigung vor der Bundestagswahl am 22. September 2013 wurde ohnehin immer
unwahrscheinlicher. Einerseits blieben der Arbeitsgruppe nun nur noch wenige Tage, bis sich
der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat am 26. Februar 2013 erneut trifft,
andererseits hatte der Unionsfraktionsvorsitzende Michael Meister bereits angedeutet, dass es
„mit hoher Wahrscheinlichkeit“ keine Lösung im Streit um die Bewertungsreserven geben
wird.
2/3
1. Kapital-Lebensversicherungen „Legaler Betrug“ (Az 74 047/83)
Der Bund der Versicherten (BdV) hatte im Jahre 1982 zusammen mit der
Verbraucherzentrale Hamburg eine Broschüre mit dem Titel "Versicherung - ja, aber..."
herausgegeben hatte, in der zu lesen war:
"Die Lebensversicherung zur Altersversorgung ist ein „Legaler Betrug“.
Diese Kapital-Lebensversicherung ist zu neunzig Prozent überhaupt keine
Versicherung, sondern ein langfristiger Sparvertrag mit einer Rendite, die
oft unter der Inflationsrate liegt und dann gleich Null ist. Mit den
Geldern, die Lebensversicherte langfristig hingeben, verschaffen sich die
Unternehmen
aber
inflationssichere
Kapitalanlagen
mit
hohen
Wertsteigerungen, an denen die Versicherten nur selten beteiligt werden.
Und der Staat verschafft sich hier billige langfristige Kredite, so dass
man Beiträge für Kapital-Lebensversicherungen in vielen Fällen auch als
„Steuer für Dumme“ bezeichnen kann, die man hier mit angeblichen
Steuervorteilen (die kaum zum Tragen kommen) zur langfristigen Geldhingabe
verführt. Millionen Bundesbürger haben durch den Abschluss falscher
Kapital-Lebensversicherungen Zigmilliarden Mark verloren - vor allem beim
vorzeitigen Aussteigen aus diesen Verträgen und die dann meist sehr geringe
Beitragsrückzahlung Gewinner sind Staat und Lebensversicherungsunternehmen,
die hier Hand in Hand arbeiten."
Der Verband der Lebensversicherungsunternehmen, an derart massive und öffentliche
Kritik nicht gewöhnt, wollte diesen Vorwurf natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Er
klagte gegen den Bund der Versicherten auf Unterlassung dieser „verletzenden
Äußerungen“.
Die Klage wurde im Juni 1983 durch Urteil des Landgerichts Hamburg abgewiesen. Die
Branche legte aus optischen Gründen Berufung ein, zog diese aber in der Erkenntnis,
dass sie diesen Prozess nicht gewinnen konnte, gleich wieder zurück.
Das Landgericht Hamburg führte in seiner Urteilsbegründung aus:
"Die streitige Äußerung dient der Aufklärung der Verbraucher über das Wesen
der Lebensversicherung zur Altersversorgung. Durch die Einstufung dieser
Versicherung als „Legaler Betrug“ wird von dem Abschluss solcher Verträge
abgeraten. Es ist ein öffentliches Interesse daran vorhanden, dass
potentielle Versicherungsnehmer über die verschiedenen Möglichkeiten, das
Todesfallrisiko zu versichern, aufgeklärt werden. Angesichts dessen, dass
in
der
Werbung
des
Klägers
und
seiner
Mitgliedsunternehmen
die
Lebensversicherung zur Altersversorgung im Vordergrund steht, besteht ein
Aufklärungsbedürfnis über die Versicherungsart Risikolebensversicherung.
Die Aussagen in der Broschüre zum Thema Risiko-Lebensversicherung und
Lebensversicherung zur Altersversorgung ergeben, dass hier ein Vergleich
zwischen diesen Versicherungsarten vorgenommen und im Interesse der
Verbraucher - als für diese günstiger - der Abschluss von RisikoLebensversicherungen empfohlen wird."
Versicherungen leiden unter Niedrig-Zinsen
Gepostet von Walter Feil am 8. Mrz 2012
Nur 0,79 % Zinsertrag bieten die jüngst emittierten Staatsanleihen der Bundesrepublik
Deutschland mit fünfjähriger Laufzeit. Diese Mini-Zinsen entlasten den Staatshaushalt, führen
jedoch zunehmend zu Problemen bei den deutschen Versicherungen, die einen Großteil ihrer
Vermögensreserven in Staatsanleihen angelegt haben.
Versicherungen müssen Staatsanleihen kaufen
Auf der Handelsblatt-Jahrestagung “Assekuranz 2012“ in Düsseldorf diskutierten die
Teilnehmer über die neuen Regeln zur Auswahl von Vermögensanlagen. Solvency II soll die
Versicherer dazu bringen, dass sie ihre Risiken besser mit Eigenkapital absichern. Über
Vorschriften in Zusammenhang mit der Eigenkapitalunterlegung können die Staaten
offensichtlich durch die Hintertür Einfluss auf die Anlage-Entscheidungen der Versicherer
nehmen. Immobilienanlagen z.B. müssen mit 25 % Eigenkapital unterlegt werden, Anleihen
der Euro-Staaten dagegen nicht.
Bafin verweist auf politische Entscheidungen
Wie das Handelsblatt vom 7.3.2012 berichtet, wird diese Regelung schon seit langem
kritisiert. Auf der Assekuranz 2012 wollte sich die Bafin-Exekutivdirektorin Gabriele
Hahn jedoch nicht inhaltlich dazu äußern. Stattdessen verwies sie darauf, dass “dies Dinge
sind, die auf politischer Ebene entschieden” werden.
Versicherungskunden als Staats-Finanziers?
Die Solvency-II-Regeln sehen vor, dass Versicherer für jede Form der Kapitalanlage
Eigenkapital vorhalten müssen. Staatsanleihen gelten weiterhin als risikolos und müssen – im
Gegensatz zu Anlagen in Immobilien, Aktien und Unternehmensbeteiligungen – nicht mit
Eigenkapital unterlegt werden. Da das Eigenkapital der Versicherer nicht beliebig erhöht
werden kann, übt diese Einstufung erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der
Kapitalanlagen von Versicherungen aus.
So schließt sich der Kreis: Versicherungskunden möchten nicht in Staatsanleihen investieren,
wenn sie hierfür nur 0,79 % Zinsertrag erhalten. Sie zahlen jedoch Beiträge auf ihre
Versicherungspolicen ein. Die Versicherer wiederum investieren schwerpunktmäßig in
Staatsanleihen. Auf lange Sicht werden die Versicherungskunden damit indirekt zu
Staatsfinanziers.
Griechenland-Misere trifft auch Versicherungskunden
Neben anderen Versicherungen hielt auch der Allianz-Konzern (als risikolos eingestufte!)
Anleihen diverser Euro-Staaten. Im August 2011 gab der Konzern bekannt, dass er seine
griechischen Staatsanleihen von rund 1,3 Milliarden Euro auf fast die Hälfte auf den
(damaligen) Marktwert abgeschrieben habe. Der Nettogewinn sei damit um 326 Millionen
Euro gesunken, “den Rest müssen die Versicherten tragen”.
Niedrig-Zinsen verschärfen das Problem
Schwerwiegender als der Ausfall der relativ geringen Anlagesummen in griechische
Staatsanleihen ist jedoch die anhaltende Entwicklung zu niedrigen Zinserträgen für die
Anleihen der noch als “sicher” geltenden Staaten Europas. Jede auslaufende Anleihe aus
früheren Zeiten führt zu neuem Anlagebedarf, der heute nur noch mit niedrig verzinsten
Anleihen gedeckt werden kann. Dies führte in den letzten Jahren bereits zu einer stufenweisen
Reduzierung der Garantieverzinsung, die seit Januar 2012 bei nur noch 1,75 % liegt.
Politisch beeinflusste Konzentration des Anlagemixes auf Staatsanleihen und gleichzeitig
extrem niedriger Zinsertrag für das neu anzulegende Kapital sind ein Teufelskreis, der das
Renditeproblem der Versicherer Monat für Monat verschärft. Wie soll das Asset-Management
der Versicherer die aus früheren Zeiten stammenden Zusagen einer Garantieverzinsung bis
über 3,5 % erfüllen, wenn das Zinsniveau der bevorzugt einzusetzenden Staatsanleihen noch
längere Zeit so niedrig bleibt?
Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung
Erster Teil
Arbeitsrechtliche Vorschriften
Erster Abschnitt
Durchführung der betrieblichen Altersversorgung
§1
Zusage des Arbeitgebers auf betriebliche Altersversorgung
(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus
Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die
Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den
Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber
steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht
unmittelbar über ihn erfolgt.
(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn
1. der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder
Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2. der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für
Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der
gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten
Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür
zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
3. künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden
(Entgeltumwandlung) oder
4. der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die
Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für
Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen
Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.
§ 1a
Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung
(1) Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4
vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch
Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Die Durchführung des
Anspruchs des Arbeitnehmers wird durch Vereinbarung geregelt. Ist der Arbeitgeber zu einer Durchführung
über einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse (§ 1b Abs. 3) bereit, ist die betriebliche Altersversorgung
dort durchzuführen; andernfalls kann der Arbeitnehmer verlangen, dass der Arbeitgeber für ihn eine
Direktversicherung (§ 1b Abs. 2) abschließt. Soweit der Anspruch geltend gemacht wird, muss der
Arbeitnehmer jährlich einen Betrag in Höhe von mindestens einem Hundertsechzigstel der Bezugsgröße nach §
18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch für seine betriebliche Altersversorgung verwenden. Soweit der
Arbeitnehmer Teile seines regelmäßigen Entgelts für betriebliche Altersversorgung verwendet, kann der
Arbeitgeber verlangen, dass während eines laufenden Kalenderjahres gleich bleibende monatliche Beträge
verwendet werden.
(2) Soweit eine durch Entgeltumwandlung finanzierte betriebliche Altersversorgung besteht, ist der Anspruch
des Arbeitnehmers auf Entgeltumwandlung ausgeschlossen.
(3) Soweit der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltumwandlung für betriebliche Altersversorgung nach
Absatz 1 hat, kann er verlangen, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach den §§ 10a, 82 Abs. 2 des
Einkommensteuergesetzes erfüllt werden, wenn die betriebliche Altersversorgung über einen Pensionsfonds,
eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt wird.
(4) Falls der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis kein Entgelt erhält, hat er das Recht, die
Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen fortzusetzen. Der Arbeitgeber steht auch für die
Leistungen aus diesen Beiträgen ein. Die Regelungen über Entgeltumwandlung gelten entsprechend.