Haushaltsführungsschaden - Medizinrechts
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Haushaltsführungsschaden - Medizinrechts
Haushaltsführungsschaden Begleitmaterial zum Vortrag auf dem 15. Deutschen Medizinrechtstag am 13.09.2014 in Berlin Referent: Vorsitzender Richter am Landgericht Frank Pardey, Braunschweig Inhaltsverzeichnis Primärschaden und Anspruchsrecht bei Verletzung 2 Schadensarten 4 Berechnungsweisen 4 Elemente der Einschätzung des Hausarbeitsschadens 5 Zeitkomponente 6 Konkret objektive bzw. gemischt subjektiv objektive Beurteilung 6 Fremd- oder/und eigennützige, typische, übliche Arbeitsbereiche - materielltechnische Hausarbeit 7 Tatsächliche Einflüsse auf die Arbeit 8 Erfassung der Hausarbeitszeit 9 Beispiel mit Berücksichtigung der Schadensarten 10 Berechnungsvariante 11 Vorteilsausgleich 11 Vereitelte handwerkliche Eigenleistungen 12 Haushaltsspezifische Einschränkung 13 Schadensbestimmung durch Differenzbildung 14 Quotenbildung 15 Wertkomponente: Bemessung in Geld 16 Abrechnungsbeispiele 17 Berechnungsbeispiel nach OLG Schleswig VersR 2006, 938 17 Forderungsübergang 18 Kombination der Berechnungsweisen bzw. Abrechnungsmodalitäten 19 Vorschlag: Tagessatzsystem 20 Regulierungstabelle 20 Variante: Werttabelle zur unentgeltlichen Hausarbeit - Auszug - 21 Abrechnungsbeispiel 21 Ergebnis 21 Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 1 Haushaltsführungsschaden ist die Einschränkung oder der Verlust der Fähigkeit, Arbeiten im Haushalt für sich selbst oder für andere zu erledigen. Gemeint sind Beeinträchtigungen ausführender oder organisierender Tätigkeiten im Haushalt, ebenso geschlechts- wie altersunabhängig. Die unentgeltliche Haus-, Familienarbeit bzw. Haushaltsleistung betrifft Arbeiten im Haushalt und mit gewichtigen Aktivitäten in diversen Bereichen Betreuung/Erziehung der Kinder oder/und Betreuung pflegebedürftiger Partner/Familienangehöriger wobei eine emotionale/psychische Zuwendung nicht ersatzfähig ist. Von der Regulierung bei Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Arbeit im Haushalt im Verletzungsfall ist strukturell der Schadensausgleich bei Tötung der im Haushalt arbeitenden Person zu trennen. Der Unterhaltsschaden hat (Unterhalts-) Ersatzfunktion und knüpft an die ausfallende gesetzliche Unterhaltsleistung an. Die Ersatzberechtigung der mittelbar geschädigten Person bestimmt der Zeitpunkt der körperlichen Verletzung des später verstorbenen Unterhaltspflichtigen. Unterhaltsschadensersatz bei Tötung Totalausfall: Versorgungsbedarf aller Hinterbliebenen Teilausfall: Betroffenheit der Hinterbliebenen in einzelnen Tätigkeitsbereichen oder durch Wegfall einer Mitarbeit der getöteten Person Freiwillige (beabsichtigte) Unterhaltsleistungen bleiben bedeutungslos. Das Regulierungsmaß geben nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht §§ 249 ff. BGB vor, weil der BGH dazu keinen objektiv messbaren Herstellungsbedarf sieht. Primärschaden und Anspruchsrecht bei Verletzung Primärschaden ist die Verletzung des Rechtsguts, die mit „lebenspraktischer Gewissheit“ nachgewiesen sein muss. Ein Krankheitsbefund kann physisch oder psychisch sein. Maßgebend ist die nachhaltige Störung. Schon ein Erkrankungsrisiko kann eine Gesundheitsverletzung im Rechtssinn darstellen, die weder Behandlungsbedürftigkeit noch Behandlungsfähigkeit voraussetzt. Ohne Funktionsbeeinträchtigung bzw. eine Beeinträchtigkeit der geistigen oder körperlichen Leistungsfähigkeit mit kausaler, zurechenbarer Verknüpfung zum Haftungsereignis und seinen unmittelbaren Folgen leitet sich aber nichts für einen Haushaltsführungsschaden1 her. 1 Kostenlos zugängliche Kurzinformationen zum Thema im Internet auf der Seite www.personenschaeden.info unter Hausarbeitsschaden – Haushaltsführungsschaden bzw. über die Seite www.schadensberechnungen.de unter Infos zu Personenschäden. Zu allen Einzelnen s. Pardey, Der Haushaltsführungsschaden, 8. Auflage 2013; ders., Bemessung des Haushaltsführungsschadens, VersR 2010, 26-34; ders., Neues zum Haushaltsführungsschaden, DAR 2010, 14-18; ders., Haushaltsführungsschaden bei Verletzung oder Tötung, DAR 2006, 671-679. Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 2 Materiell sachbefugt (aktivlegitimiert) ist der Träger des verletzten Rechts. Kongruente Sozialversicherungsleistungen sind zu beachten. Denn Drittleistungen führen ggf. zum gesetzlichen Anspruchsübergang. Das geltende Recht sieht nicht die Liquidation eines (Vermögens-) Schadens der Hausgemeinschaft vor. Stattdessen trennt die herkömmliche Ansicht zwischen auf die eigene Person bezogene Hausarbeiten und den Arbeiten im gemeinsamen Haushalt, die den anderen Haushaltsangehörigen nutzt. Anspruchsrechte: Single (1- Personen-Haushalt) Ehepartner – (eingetragene) Lebenspartner als „Nur Hausfrau bzw. Mann“ und als (Teil-)Berufstätige Strittig ist die Anspruchsberechtigung: Eine Ansicht tritt für die normative Begrenzung auf die Unterhaltspflicht ein. Dann wird auch das Verhältnis zu einem Stiefkind ausgeblendet. Gelegentlich wird hinzugesetzt, dass es jedenfalls bei Bezug der Arbeit auf eine Gegenleistung nicht einer Unterhaltsbeziehung bedarf. Die Gegenmeinung lässt die (nachhaltige tatsächliche) Leistung innerhalb eines gemeinsamen Haushalts ausreichen, evtl. auch bei Fremdversorgung der Schwiegereltern. Alleinerziehende Eltern Bei dem im Haushalt erheblich helfenden minder- oder volljährigen Kindes ist nach überwiegender Ansicht der eigene Schaden des Kindes wegen entgehender Mithilfe/Aktivität im Haushalt zu bejahen (auch bei der Arbeit zugunsten von Geschwistern?). Andere wollen nur einen Anspruch der Eltern aus § 845 BGB in Betracht gezogen wissen. Der AK V des 15. VGT 1977 hat zum Schadensersatz beim Ausfall der Hausfrau formuliert: II. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 1974 (VersR 1974, 1016)2 kommt es für den Ersatzanspruch verletzter Hausfrauen nicht auf den geschuldeten Unterhalt, sondern auf den tatsächlichen Umfang der Haushaltsführung vor Eintritt des Schadensereignisses an. Der AK I des 45. VGT 2007 hat zum Hausarbeitsschaden in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft festgestellt: a) Bei Verletzung der haushaltsführenden Person entsteht dieser wegen der Beeinträchtigung der Eigenversorgung ein ersatzfähiger Mehrbedarf. b) Die Versorgung eines eigenen Kindes der verletzten Person ist grundsätzlich beim Haushaltsführungsschadenberücksichtigungsfähig. Der AK hat zudem empfohlen: Haben sich die in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Partner verpflichtet, zur Lebenshaltung gegenseitig beizutragen, ist die verletzungsbedingte Beeinträchtigung bei der Hausarbeit wie bei Ehegatten zu ersetzen. Die wechselseitige Verpflichtung ist im Einzelfall nachzuweisen. 2 Später u.a. BGH NJW 2002, 292. Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 3 Schadensarten Fremdnützige Hausarbeit (Familienarbeit, Sorgearbeit, Betreuung), Hilfeleistung im und für den Haushalt, Fremdversorgung Eigennützige Hausarbeit, Eigenversorgung Einkommens-, Vermögensschutz, d.h. Ausgleich eines verringerten Ertrags der Arbeitsfähigkeit 3 bzw. Arbeitswertorientierung als angemessener bzw. „nicht zuzumutender" Vermögensfolgeschaden Vermehrter Bedarf wegen dauernder Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens mit Orientierungsmaß bei Lebensumständen des gesunden (unbeeinträchtigten) Menschen unter Tätigkeitsbezug mit Blick auf die konkrete, ganz oder teilweise vereitelte (infolge Verletzung nicht realisierte oder/und nicht realisierbare) Arbeitschance als objektivierbare Einbuße in der Vermögenssphäre bei Dispositionsfreiheit mit Restitution zur Aufrechterhaltung der gewohnten Lebensumstände bei Dispositionsfreiheit zum Geldersatz ohne Ausgleich zu Veränderungen außerhalb der Aufrechterhaltung der alltäglichen Lebensumstände Obliegenheit, die verbliebene Arbeitskraft einzuund ohne Ausgleich zur beeinträchtigten setzen Lebensfreude Folge: Schadensberechnung über den Wert der hypothetisch unbeeinträchtigten Arbeit zur ausgefallenen Leistung (dem Arbeitszeitdefizit) oder wegen der zur Abhilfe geleisteten Arbeit bzw. als/wie Ersatzkraftkosten ? Oder/und: - Immaterielle eigene oder familiäre Belastung - Immaterielle, verstärkte, familiäre oder freundschaftlicher Hilfe und Unterstützung, Betreuung, Zuwendung ? Berechnungsweisen konkret Die Abrechnung ist möglich als oder oder gemischt konkret typisiert pauschaliert bzw. typisiert Abgestellt wird auf reale Ausgaben zur Bewältigung des Schadensfalles, also einen (zusätzlichen) Geldaufwand Andere sprechen von abstrakter 4 Berechnung oder vom fiktiven Schaden bzw. fiktiven Ersatz-, 5 Hilfskraft . 6 Anstellung Ersatzkraft, BeschafHilfe Dritter, Eigenmehrarbeit – fung Haushaltsgeräte - BruttoErsatzkraftmodell, Nettoababrechnung rechnung Rente oder Kapitalbetrag nur unterschiedliche Zahlungsform ? 3 Der subjektive Nutzen eines Einsatzes lässt eine objektive Schadensbemessung nicht zu. 4 OLG Oldenburg ZfS 2009, 436 als Vorinstanz zu BGH VersR 2009, 515 = NJW 2009, 2060: Für die Höhe der Vergütung einer fiktiven Ersatzkraft im Haushalt ist eine abstrakte Schadensberechnung vorzunehmen. 5 Zoll NJW 2014, 967: Ein unfallbedingt entstandener Haushaltsführungsschaden kann fiktiv abgerechnet werden. 6 Wenn die Hausarbeit nur noch mit überobligationsmäßigem Einsatz bewältigt werden kann; vgl. u.a. OLG Saarbrücken SP 2014, 11: Denn es wäre unbillig, wenn der Geschädigte aus dem überobligationsmäßigen Einsatz oder der unentgeltlichen Mitarbeit Dritter Vorteile genösse. Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 4 Elemente der Einschätzung des Hausarbeitsschadens Var. 10 Std./Wo 2. Bsp. (1) MengenkomAusgleichsfähi- 10 Std./Wo 2,5 Std./Wo ponente, Zeitger Zeitansatz Bagatelle? faktor (Ausfall- Zeitdefizit bei 7- Tage/Wo: 0,36 Std./Tag zeit, Stundenbzw. 21 min./Tag zahl) Bagatelle? Monatsumrechnung (über 30,4 Tage bzw. 4,348 oder 4,3 oder) 4,3452 also 43 Std/Monat 43 Std/Monat 11 Std/Monat (2) Wertkomponen- Stundensatz 8,50 €/Std. 6,00 €/Std. te bzw. Geldfaktor, Entgelt (3) Ausgleichs-, Monatswert 365 € /Monat 257 € /Monat 65 € /Monat Geldersatzwert 2,14 €/Tag (Einmalbetrag, bzw. Bagatelle? ggf. Rente) Nicht zu klärende Unsicherheiten hinsichtlich einzelner Bemessungsfaktoren bzw. verbleibende Risiken der Beurteilung und Einschätzung rechtfertigen im Rahmen des Schätzungsermessens stets „Abschläge“ von einem zunächst ermittelten Ergebnis. Von Zuschlägen wird zu Gunsten Geschädigter eher nicht gesprochen, weil die Schätzung schon die gebotene Hilfe bedeutet, wie man meint. Die Überprüfung der im Rahmen des Schätzungsermessens des Tatrichters nach § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden Bewertung der unfallbedingt entgangenen Tätigkeit eines Verletzten im Haushalt durch das Revisionsgericht ist darauf beschränkt, ob das Berufungsurteil auf grundsätzlich falschen Erwägungen beruht oder entscheidungserhebliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat7. 7 Vorübergehende Beeinträchtigung Dauerschaden Regulierung: eines zurückliegenden Zeitraums für die Zukunft BGH NJW 2009, 2060. Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 5 Zeitkomponente Die Arbeit im Haushalt ist nach den konkreten Verhältnisse am Aufenthaltsort bzw. Lebensmittelpunkt u.U. mit Prognose über Jahre hin oder in der Rückschau bei Entscheidung zu vergangenen, abgeschlossenen Zeiträumen (mit Regulierung von Rückständen) zu erfassen. Konkret objektive bzw. gemischt subjektiv objektive Beurteilung Kleinere (Hilfe-) Leistungen im Haushalt, die über eine geringfügige und unschwer zumutbare Unterstützung nicht hinausgehen, haben keinen ausgleichswürdigen Charakter8 und bleiben außer Betracht. Nach einer Rechtsmeinung ist die Zeit maßgebend, die eine mehr oder weniger erfahrene Ersatz-, Hilfskraft für die nicht mehr ausführbare oder nicht mehr zumutbare Arbeit bei objektiv vergleichbarer Leistung aufbringen muss. Der Vorschlag9, in einem 1. Schritt den konkreten (tatsächlichen) wöchentlichen Arbeitszeitaufwand vor dem Haftungsereignis festzustellen - unter Berücksichtigung der Anteile von Familienmitgliedern oder Dritten - und sodann in einem 2. Schritt den ausgleichspflichtigen Zeitaufwand dadurch zu ermitteln, dass der erforderliche Zeitaufwand festgestellt wird, den eine bezahlte Ersatzkraft benötigen würde, wobei so eventuell die Stundenzahl zu reduzieren ist, da es entscheidend auf die Zeit ankomme, die eine fiktive Ersatzkraft benötigen würde, möchte diese Ansicht praktikabel umsetzen. Auf einen abstrakt erforderlichen Zeitaufwand darf aber nicht abgestellt nicht. Das Ersatzkraftmodell ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zudem - lediglich darauf ausgerichtet, die wirtschaftliche Einbuße sich an der Vergütung zu orientieren, die für die verletzungsbedingt in eigener Person nicht ausführbaren Arbeiten an eine Hilfskraft zu zahlen ist. Denn das Schadensrecht verlangt die subjektbezogene Schadenbetrachtung10. Dies bedeutet, dass die verletzte Person bei der Schadenbehebung im Rahmen des Zumutbaren und nach der individuellen Lage grundsätzlich den wirtschaftlichsten Weg zu wählen. Die Regulierung des Personenschadens ist aber nicht auf ein Wirtschaftlichkeitspostulat auszurichten wie die Regulierung eines Sachschadens bei Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens. Dabei muss aus Rechtsgründen der Lebensstandard und -zuschnitt der verletzten Person und ihrer Familie soweit wie möglich aufrechterhalten werden. Auf die Lebensgestaltung darf über den zu ersetzenden Aufwand allenfalls sehr begrenzt Einfluss ausgeübt werden. Die ersatzfähige Zeit bestimmen die tatsächlichen Verrichtungen der verletzten Person. Soweit die Ansicht vertreten wird, „überobligatorische“ Anstrengungen im Haushalt“ hätten außer Ansatz zu bleiben, bleibt völlig unklar, was individuell überobligatorisch sein könnte. Den Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft muss die verletzte Person freilich 8 So im Anschluss an Pardey, Berechnung von Personenschaden, 4. Aufl., Rn. 2507, OLG Celle SP 2011, 215. Quaisser, NJW-Spezial 2013, 585, 586. 10 OLG München v. 26.5.2010, 20 U 5620/09, bei juris: Entscheidend ist, welche Tätigkeit die verletzte Person ohne den Unfall künftig geleistet haben würde, die unfallbedingt wegfällt. Der Schaden ist messbar an der Entlohnung, die für die verletzungsbedingt in eigener Person nicht mehr ausführbaren Hausarbeiten an eine Hilfskraft gezahlt wird oder gezahlt werden müsste 9 Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 6 stets wahren. Die objektivierte Notwendigkeit der Arbeit und Abhilfe und damit die Angemessenheit des Ersatzes verlangt, dass die verletzte Person in gewisser Weise „sinnvoll disponiert“. Die Maßgabe der Erforderlichkeit (§ 249 BGB) lässt sich immerhin anführen, um bloß subjektiv nützliche und wünschenswerte von objektiviert bei der konkreten Lebensführung notwendigen Leistungen und so werthaltige und deshalb über Ersatzkraftkosten auszugleichende Arbeiten von Elementen der Lebensgestaltung und –freude bei subjektiver Wertigkeit und individueller Beliebigkeit mit Abgeltung über ein Schmerzensgeld abzugrenzen. Fremd- oder/und eigennützige, typische, übliche Arbeitsbereiche - materielltechnische Hausarbeit 1 Einkauf/Beschaffung: Tagesbedarf, Vorrat, auch: Einrichtung – Kleidung S. auch unter 5.: Krankenkasse: Besorgen auch von Arzneimitteln 2 Ernährung: Zubereitung, Vorratshaltung Aber (s. nachfolgend unter 5.): Krankenkasse: Mahlzeitenzubereitung (auch Diät) Pflegekasse: Kochen 3 Abwaschen (Geschirrspülen), Einräumen, Tisch decken, Pflege des Geschirrs 4 Reinigen der Wohnräume: Putzen (Wischen, Saugen), Pflegen - Betten beziehen S. auch unter 5.: Krankenkasse: Unterhalts-, ggf. Grundreinigung 5 Reinigung, Pflege, Instandhaltung, Wechseln von Wäsche und Bekleidung (waschen, aufhängen – bügeln - einräumen) Müllentsorgung Beheizen Wird bei der hauswirtschaftlichen Versorgung im Rahmen der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie (zuletzt geändert am 23. Januar 2013) ausdrücklich aufgeführt. Zur hauswirtschaftlichen Hilfe - durch die Pflegekasse - wird bisher an das Beschaffen und das Entsorgen von Heizmaterial gedacht. Dort kommt (für die häusliche Versorgung insgesamt) die Grundpflege hinzu mit: 1. Körperpflege: Waschen, Duschen, Baden; Zahn-, Mundpflege; Kämmen, Rasieren, Haut-, Gesichtspflege; Darm-, Blasenentleerung; nicht täglich anfallend: Haare waschen, Schneiden von Finger-, Fußnägeln 2. Ernährung: mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung 3. Mobilität innerhalb der Wohnung und außerhalb der Wohnung, soweit zur Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich und wegen des persönlichen Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig: Aufstehen, Zu-Bett-Gehen; An-, Auskleiden; Gehen, Stehen, Treppensteigen; Verlassen, Wiederaufsuchen der Wohnung Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 7 aber nicht zu medizinisch/pflegerischen Tätigkeiten. 6 Haustiere11 Gartenarbeit: Wohngarten - Nutzgarten - Fällen von Bäumen – Umgraben, Blumen12 7 Planung, Kontrolle, Organisation (Haushaltsführung i.e.S.) 8 Betreuung/Pflege anderer (erwachsener) Personen, Altenpflege Versorgung von Kleinkindern und Säuglingen (Mahlzeitenzubereitung; Hilfe bei der Mahlzeiteinnahme; Hilfe beim An- und Auskleiden; Wickeln, Körperpflege); Betreuung und Erziehung der Kinder, Hilfe bei Hausaufgaben, Kinder begleiten, transportieren, mit Kindern spielen, Hausaufgaben machen 9 Häusliche Kleinarbeit, sonstiges. Zu vereitelten handwerklichen Tätigkeiten s. am Schluss. Tatsächliche Einflüsse auf die Arbeit Alter, Geschlecht der leistenden Person Familiensituation: Zahl der Haushaltsangehörigen, Alter des jüngsten Kindes, Pflegebedürftigkeit von Haushaltsangehörigen; Arbeits-, Funktionszuweisung(en), Arbeitsteilung Erwerbsarbeit, Einkommensverhältnisse Lebensstil der Haushaltsangehörigen, u.a. Kleidungsstil, Zustand des Haushalts und der Gemeinschaft (Aufwand, Ausschmücken, Einrichtung, Niveau); Kultur des Zusammenlebens, Beziehungsarbeit; soziale Kontakte bzw. Interaktionen Zustand der Wohnung, Gestaltung, Größe und Zuschnitt der Wohnflächen; soweit Gartenarbeit zu berücksichtigen ist: Grundstücksgröße Ausstattung des Haushalts (Geschirrspüler, Waschmaschine, Trockner, Mikrowelle) Gewohnheiten bei der Aufgabenerledigung (z.B. Unterbrechungen durch Information, Unterhaltung), Erfahrung, Einfühlung, Fertigkeiten, Geschicklichkeit, Intuition, Spezialkenntnisse, 11 Leistungen für Tiere sind wohl nicht ersatzfähig; s. aber zu Kosten wegen der Versorgung einer Katze OLG Brandenburg v. 8.3.2007, 12 U 154/06, bei juris. 12 Von Gartenarbeiten wie beim Haushaltsführungsschaden spricht OLG Hamm SP 2001, 376 und gewährt sogar 15,00 DM/Std. Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 8 Erfassung der Hausarbeitszeit Anhörung - Tagebuch, Aufschreibungen Zeugenvernehmung - Gutachten (mit Erhebungen vor Ort) • Arbeitszeitbedarf ist die für die Ausführung einer bestimmten Aufgabe als erforderlich ermittelte Zeit (Soll-Wert). • Arbeitszeitaufwand ist die von einer Arbeitskraft effektiv verbrauchte Arbeitszeit zur Durchführung einer bestimmten Aufgabe (Ist-Wert). Tabellarische Zeitaufwandszahlen folgen Zeitstudien an einzelnen Personen oder Selbstaufschreibungen (Tagebuch) oder Selbstbeobachtungen für einen bestimmten Zeitraum. Haushaltsanalyse Spezifische, individuelle Situation: Lebensstil, Anspruchsniveau Usus: Erfahrung (Statistik) bei Typen-, Gruppenbildung, gesellschaftlicher Standard ? Plan-(Soll-) Zeitwerte des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft: Die (alten) KTBL-Daten zur Kalkulation von Kosten und des Zeitbedarfs beruhen auf Zeitstudien mit definierten Rahmenbedingungen unter Einsatz von Versuchspersonen mit normaler Übung, Erfahrung und Geschicklichkeit bei gleichen Versuchsbedingungen. Vorteil der Datensammlung: klar umrissene Arbeitsbereiche, definierte Verhaltensalternativen. Zeitbudget- (Zeitaufwands-) Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes: Die Erhebung zur Zeitverwendung der Bevölkerung in 2012/2013 wurde von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder zwischen August 2012 und Juli 2013 unter Beteiligung von rund 5 000 Haushalten mit 12 000 Personen durchgeführt. Haushaltsmitglieder ab 10 Jahre erfassten die Verwendung der Zeit an drei vorgegebenen Tagen (zwei aufeinanderfolgende Wochentage sowie Samstag oder Sonntag) in 10-Minuten-Intervallen im bereitgestellten Tagebuch mit eigenen Worten. Neben Hauptaktivitäten wurden gleichzeitig stattfindende Tätigkeiten sowie Aufenthaltsort, benutzte Verkehrsmittel und anwesende Personen erfragt. Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE), unbezahlte Haus-, Familienarbeit: Stichprobenerhebung als telefonische Haushaltsbefragung der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren, pro Haushalt 1 Person befragt (seit 2010 vierteljährlich ausgewertet). Datensatz zugänglich unter: http://www.bfs.admin.ch. Vorteil der Aufwandsuntersuchung: Es sind Durchschnittswerte erkennbar mit objektivem Bezug ohne eine spezifizierte Aufwandsbetrachtung im individuellen Haushalt zu ersetzen, Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 9 Die zeitliche Dynamik des Haushalts und der Arbeit kann ohne weiteres ebenso über die Bedarfsbetrachtung wie eine durchschnittliche (typisierte) Aufwandsbetrachtung berücksichtigt werden. Dagegen ist die „ganz konkret individuelle“ Betrachtung kompliziert (wie es freilich aus Rechtsgründen nicht entscheidend sein darf) und ohnehin nicht unproblematisch ist (wozu auch an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gedacht werden darf), eine Substantiierung letztlich doch zur Fiktion führen kann und bei einem Dauerschaden zur Regulierung gar über Jahrzehnte den konkreten Ansatzpunkt in der Haushaltssituation im Moment des Haftungsereignisses fast als zufällig bezeichnen lassen kann. Beispiel mit Berücksichtigung der Schadensarten 4 PH, verletzte nichterwerbstätige Frau, Kinder unter 6 Jahren, HH - Typ 6 (1) Gesamtberechnung (einheitliche Abrechnung des Hausarbeitsschadens) Haushaltsangehörige: 4 Zahl und Anteile Arbeitszeit im Haus89 Std./Wo halt Zuschlag 0 Std./Wo Mithilfe, fremde Ar42 Std./Wo beits-, Betreuungszeit, Abschlag Berücksichtigungsfä- 47 Std./Wo higer tatsächlicher als 53%, davon Zeitaufwand verletzte Person Jetzt leistbare Zeit der 37 Std./Wo verletzten Person Ausfall/Nachteil 10,0 Std./Wo Pardey, Haushaltsführungsschaden (2) (3) Normativer ErMehrbedarfs-, werbsschaEigenanteil densanteil (Unterhaltsaufwand) 75% Fremdversorgung 66,75 Std./Wo 25% Eigenbedarf 22,25 Std./Wo 31,5 Std./Wo 10,5 Std./Wo 35,25 Std./Wo, 40% (relativ) 12 Std./Wo, 13% (relativ) 27,75 Std./Wo 9,25 Std./Wo 7,5 Std./Wo 2,5 Std./Wo 21% MdH Stationäre Behandlung - Abzug Eigenbedarf? Laufzeiten gleich? Geldwerte identisch ? S. 10 Berechnungsvariante (1) (2) Eigenbedarf Arbeitszeit Zeitaufwand Anderer Tatsächlicher Zeitaufwand verletzte Person Jetzt leistbare Zeit der verletzten Person (Grenze: hypothetischer Aufwand) Ausfall/Nachteil Vorteil bzw. Anrechnung: Hilfe für die anderen Haushaltsangehörigen? Ausgleichsfähig Eine Mithilfe gibt es normativ nicht. 22 Std./Wo (3) Fremdversorgung im Haushalt 67 Std./Wo 42 Std./Wo 25,00 Std./Wo 47,00 Std./Wo 9 Std./Wo 37,00 Std./Wo 13 Std./Wo 10,5 Std./Wo 10,0 Std./Wo 2,5 Std./Wo A B E R: Ausgleichsfähig (1) 22 Std./Wo 21% MdH 4,6 Std./Wo (2) 25 Std./Wo 21% MdH 5,3 Std./Wo (3) 47 Std./Wo 21% MdH 10 Std./Wo Vorteilsausgleich Wird bei der konkreten Schadensabhilfe der Haushaltsstandard von z. B. „mittel“ auf „hoch“ verändert, ist zu erwägen, inwieweit sogar ein realer Aufwands nur begrenzt erstattungsfähig ist. Bei einer Arbeitsunfähigkeit und der Möglichkeit, die nun zusätzlich freie Zeit im Haushalt zu nutzen, kann ein Ausgleichsanspruch jedenfalls begrenzt sein, wenn sich zugleich konkrete Vermögensvorteile zeigen. Ein wegen Abwesenheit oder veränderter Abläufe ersparter Geldaufwand wird zunehmend vor allem bei Dauerschäden als anrechenbar empfunden, z.B. betr. Fahrtkosten; Einkauf, Mahlzeiten; Reinigungs-, Waschmittel, ggf. wegen verminderter fixer Haushaltskosten (Heizung, Strom, Wasser). Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 11 Vereitelte handwerkliche Eigenleistungen Arbeiten im häuslichen Wirkungskreis Bau-, Umbaumaßnahmen (z.B. Dachdecken, Erstellen eines Wintergartens) Gartenarbeiten (oder Hausarbeit i.e.S.?) Herstellung oder Herrichtung von Möbeln oder kunstgewerblichen Gegenständen Pflege, Reparatur oder Wartung eines (Kraft-) Fahrzeugs, auch z.B. (spezieller?) Fahrräder? Renovierungen, (andere) Reparaturen Von Hausarbeit i.w.S. wird zum allgemeinen Schriftverkehr, Verhandlungen mit Behörden oder Versicherungen, Arbeiten im Garten, die Herrichtung von Möbeln gesprochen. Die Hausarbeit i.w.S. meint wohl nicht die häusliche Kleinarbeit bzw. Sonstiges im Sinne der Zeitverwendung. Grenzen bleiben indessen konturlos, wenn nicht zwischen „flüchtigen Diensten“ und „handwerklicher Produktivität“ getrennt werden soll. Bedarfsschaden i.S.d. § 843 BGB? Unterhaltsschaden bei Tötung ohne Vermögenszuwachs? 13 Realisiertes Vorhaben Erwerbsschaden bzw. entgangener Gewinn bei Verletzung (Vermögensbildung)? Realistisches14, aber vereiteltes Vorhaben Stellt der Verlust der Einsparung durch Ausfall der eigenen Arbeitskraft den Schaden dar? Oder kommt es auf reale Mehrkosten, ggf. Darlehenszinsen an? Oder ist auf den Wert der vereitelten realistischen Leistung oder den Entgang des Wertzuwachses (Komfortverbesserung, Steigerung Verkehrs-, Substanz-, Ertrags-, Mietwert) abzustellen? Bsp. für „sonstige, kleinere, häusliche Arbeit“: Vereitelte eigenhändige Steuererklärung: Nur reale Kosten für Steuerberater ersatzfähig. 13 Pardey in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., § 4 Rn 136: kein Schadensausgleich zu „bloßen Träumen“, gesicherte Prognose zur Verwirklichung der Leistung erforderlich; daran anschließend OLG Frankfurt SP 2013, 11. 14 Auf BGH, NZV 2004, 513 im Todesfall dazu, dass der Anspruch erst mit tatsächlicher Einstellung der Ersatzkräfte, nicht entsteht nicht der Notwendigkeit der Einstellung von Fremdkräften, stellt z.B. LG Dortmund SP 2008, 215 im Verletzungsfall unreflektiert und m.E. unrichtig ab. Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 12 Haushaltsspezifische Einschränkung Es bedarf der Darlegung des konkret spürbaren, hypothetisch zukunftsorientierten oder bei der Regulierung eines abgeschlossenen Zeitraums zurückliegenden Nachteils. Wer die Arbeit wie vorher ausführen kann, hat keinen (Hausarbeits-) Schaden. Wer wie vorher eine Hilfe beschäftigt, hat ebenfalls keinen ausgleichsfähigen Schaden. Wird formuliert, es liege „kein hundertprozentiger Haushaltsführungsschaden“ vor, wenn mit der Führung des Haushalts keine Unterhaltspflichten gegenüber anderen erfüllt werden, wird zum 1-PH15 vernebelt, dass zum Zeitansatz während verletzungsbedingt stationärer Abwesenheit lediglich problematisch ist, dass die hauswirtschaftliche Eigenversorgung andernorts gedeckt ist16. Wer stationär versorgt wird, soll wegen eigener Bedürfnisse nach teilweise vertretener Ansicht freilich ohnehin gar keinen Abhilfebedarf zum eigenen Haushalt haben oder einen Vermögenswert doch lediglich zu „notwendigen Tätigkeiten“ bzw. unerlässliche Erhaltungsmaßnahmen erhalten. Jedenfalls wäre z.B. bei einem bloß mehrtägigen Krankenhausaufenthalt in der Tat konkret zu schildern, wer was in dieser Zeit hauswirtschaftlich veranlasst hat. Unmittelbar nach einem stationären Aufenthalt mit Operation kann erfahrungsgemäß der Haushalt nicht „ohne nennenswerte Beeinträchtigung“ versorgt werden17. Der reine Zeitverlust bedeutet keinen ersatzfähigen Schaden, solange die Verlängerung der für die tägliche Hausarbeit aufzuwendende Zeit in Anbetracht der persönlichen Situation nicht die Grenze der Zumutbarkeit überschreitet. Eine gewisse Veränderung der Lebensgestaltung, der qualitative oder quantitative Verzicht ist unter Vermögensaspekten nicht als ersatzfähig einzuordnen, weil fiktiv höchstpersönliche Belange immateriell verortet bleiben. Schmerz und Leid wegen Beeinträchtigung der Hausarbeit (bzw. der darauf bezogenen Leistungsfähigkeit) müssen in die in die Schmerzensgeldbemessung einfließen. Wer aber auf die Mithilfe des Lebensgefährten angewiesen ist, da er insbesondere beim längeren Stehen oder Gehen Schmerzen verspürt, kann doch einen Geldausgleich (und nicht nur Geldentschädigung) durchsetzen18. Schätzmethode wird es genannt, auf eine konkrete Behinderung in einzelnen Tätigkeitsbereichen abzustellen, um festzustellen, welche haushaltsspezifische Tätigkeit in welchem Umfang ausgeführt werden kann und welche nicht. Dies ist aber keine Methode i.e.S., sondern schlicht die Erfassung des Schadens über einzelne Tätigkeiten statt über die Gesamtarbeit. Das subjektive Schadenverständnis spricht für solches Vorgehen. 15 OLG Oldenburg ZfS 2009, 436 Bei stationärer Behandlung ist auf Geldersparnisse zu achten. 17 OLG Hamm SP 2010, 361. 18 OLG Saarbrücken v. 31.3.2009, 4 U 26/08, bei juris (NZV 2010, 77 nur LS). 16 Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 13 Schadensbestimmung durch Differenzbildung WÄRE / HÄTTE / SOLL als unbeeinträchtigter hypothetischer Zustand = Lage ohne das Haftungsereignis unter Einschluss der ohne das Haftungsereignis möglichen Entwicklungen abzgl. IST/ Nachher = Jetzt = reale Lage nach dem Haftungsereignis (leistbare oder zuzumutender Zeiteinsatz) Mögliche Quelle einer Schätzung können eigene Aufzeichnungen der betroffenen Personen, Beschreibungen und die Beobachtung eines Arbeitseinsatzes, Tests sein. = reale Beeinträchtigung = vom Schädiger auszugleichender Nachteil wegen Minderleistung angesichts des Ausfalls an Arbeit bzw. der Mehrinanspruchnahme, dem Mehraufwand bzw. – bedarf als Zusatzbelastung mit Zuwachs an Arbeit (1) Vorherige oder künftig nachweisbar geplante, ernsthafte, nicht nur unwesentliche (unbeeinträchtigt ausführbare) häusliche Tätigkeit nach Art und Zeitaufwand Aufschreibung (2) Nach dem Haftungsfall aufgewendete Zeit, ggf. Bezeichnung der helfenden Person oder/und der Umstände bei der veränderten Aufgabenerledigung (3) (4) Art der Beeinträch- Beweismittel unter tigung (BeschreiAngabe des Bebung des Grundes, weisthemas der die eigene Ausführung hindert oder erschwert) Beispiel einer Aufschreibung Einkaufen des Wochenbedarfs, 6 Std./Wo Kochen, 10 Std./Wo Tätigkeiten hat die im Nebenhaus wohnende Schwiegermutter übernommen. Kein Bücken, kein Stehen möglich Beispiel einer Differenzrechnung (1) Unverletzt geplante Arbeit Noch leistbar oder zuzumuten Minderleistung Pardey, Haushaltsführungsschaden 47 Std./Wo als Basisgröße 37 Std./Wo als 79% 10 Std./Wo als 21 % MdH ärztliches Attest, Name und Anschrift der Schwiegermutter (2) ABER: 127 % MdH Basisgröße 27 % MdH Differenz der Quoten: 6% S. 14 Quotenbildung Die Minderung der Hausarbeitsfähigkeit als Grad der Beeinträchtigung bzw. Prozent oder Quote soll die Schadensabrechnung vereinfachen. Abstrakt bestimmte Grade der Erwerbsminderung (MdE), die davon ausgehen, dass Arbeitnehmer dem gesamten Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, sind unergiebig. Für orthopädische Behinderungen im Haushalt wird aufgrund von Erfahrung für typische Verletzungen mit spezifischen Auswirkungen auf die Arbeit eine Minderung der Hausarbeitsfähigkeit in Prozent für ermittelbar gehalten (Münchner Modell in Weiterentwicklung der erstmals 1981 von Vogel veröffentlichten Tabelle Reichenbach/Vogel). Ein eingeschränktes Leistungsvermögen ist freilich nicht mit statistischen Daten festzustellen. Funktionsbeeinträchtigungen zeigen sich aufgrund individueller Gewohnheiten und Handhabungen, auch z.B. unter Heranziehung von Alter und Erfahrung. Wer auf eine MdH abstellt, muss zudem das Bezugssystem bedenken. Diese offenbart der (ärztliche) Sachverständige nicht, der schlicht eine Prozentzahl nennt. Juristen dürfen zudem für die Schadensregulierung auch nicht Rechtsfragen in medizinische oder wirtschaftliche Fragen „umdeuten“ und so die Entscheidungsverantwortung auf Sachverständige verlagern. Feststellungen zur Arbeitszeit und die Festlegung einer MdH sind wechselseitig voneinander abhängig. Unverletzt geplante Arbeit leistbar Defizit (1) 47 Std./Wo 37 Std./Wo als 79% 10 Std./Wo als 21% MdH (2) 27 Std./Wo 17 Std./Wo als 63% 10 Std./Wo als 37% MdH Schon deswegen überzeugt es nicht, einen Grundsatz anzuerkennen, dass eine Beeinträchtigung unter 10% „schadlos“ kompensierbar ist. Ein Abschlag auf einen Schadensersatz betrag soll es bei einer körperlichen Vorbehinderung oder einen psychischen Fehlverarbeitung geben, die früher oder später vergleichbar beeinträchtigende Auswirkungen gehabt hätte. Es kann personell/räumlich/sachlich eine Umorganisation, Umverteilung im Rahmen der Schadensminderungsobliegenheit Einfluss nehmen. Dergleichen ist einzelfallbezogen zu prüfen, keiner typisierenden und schon gar nicht einer generalisierenden abstrakten Bewertung zugänglich. Veränderungen der Beeinträchtigung wie veränderte Haushalts-, Familienverhältnisse verlangen zur Regulierung eines Dauerschadens differenzierende Abrechnungen. Hausarbeit unterbleibt nicht mit einem bestimmten Lebensalter. Es gibt keine Regelaltersgrenze und kein Höchstalter19 zum eigenen Haushalt. Die lebenslange verlet19 AK IV des 48. VGT 2010 in Empfehlung Nr. 4. Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 15 zungsbedingte Behinderung bei der Hausarbeit begründet deshalb vom Ansatz her das Ersatzrecht bis zum Lebensende20. Freilich nimmt die Arbeitsfähigkeit im Alter ab, wird jedenfalls schwere körperliche Hausarbeit erfahrungsgemäß altersentsprechend reduziert. Häufig ist zur Fremdversorgung mit dem 75. Lebensjahr die Situation zur Hausarbeit grundlegend verändert. Den Leistungsausspruch i.S.d. § 258 ZPO kann im Einzelfall sogar schon die Vollendung des 65. Lebensjahres begrenzen lassen. Wertkomponente: Bemessung in Geld Das Schadenrecht sucht nicht abstrakt nach einem betriebswirtschaftlichen oder einem spezifisch haushaltswissenschaftlichen Wert. Entscheidend ist vielmehr die angemessen Bewertung des unentgeltlichen Einsatzes, die in der üblichen/ angemessenen/ erforderlichen Vergütung für eine vom Einsatz her vergleichbare professionelle Ersatzkraft gefunden wird. Tatrichter müssen erkennen lassen, wie sie auf den konkret für angemessen erachteten Betrag gekommen sind. Analytische Bewertung: Das Hohenheimer Verfahren findet einen konkreten Entgeltwert für den analysierten Haushalt beim Vergleich mit Arbeitsplätzen in Industrie und im Dienstleistungssektor. Das Verfahren arbeitet mit Anforderungsprofilen und Haushaltstypen und finder Durchschnittsentgelte. Dieses Verfahren halten nicht alle für ausreichend transparent und nachvollziehbar. Marktkosten: Bei summarischer Arbeitsbewertung, die die Anforderungen des Arbeitsplatzes als Ganzes sieht, wird auf hauswirtschaftliche Vergütungs-, Entgeltgruppen nach einheitlichen Maßstäben – als Mindestentgelt - abgestellt. Stundensatz-Abrechnungsmodell: Die pauschalierende Abgeltung über Stundensätze mit immanenter bzw. weitere Nettokorrektur erleichtert jede Schadensabrechnung, ohne den gebotenen konkreten Ansatz zu verlieren. Die unentgeltliche Hausarbeit braucht flexibel, nicht regelmäßig Zeit, kennt keine Überstunden, keinen Urlaub, keine Sondervergütung, keine Allgemein- und Nebenkosten des Arbeitsplatzes, keinen Arbeitsschutz, keine sozialen Rechte, keine sozialen Errungenschaften. Ortsbezogen sind Stundensätze von 7,50 Euro/Stunde oder 8,00 Euro/Stunde möglich. Zum Stundensatz von 10,00 Euro sieht OLG Saarbrücken v. 25.7.2013, 4 U 244/12, 21 das Schätzermessen gewahrt zumal bei einer stundenweisen Beschäftigung für die Haushaltshilfe regelmäßig Fahrtkosten anfallen, die in die Vergütung als gesonderter Aufschlag oder als unbenannter Aufschlag einfließen. 20 OLG Düsseldorf NJW 2011, 1152. LG Tübingen v. 10.12.2013, 5 O 80/13, bei juris, will auf § 21 JVEG mit 12 € bzw. 14 € zugreifen. Das Entschädigungssystem des JVEG dient seinem Sinn und Zweck nach aber dazu, einen Aufwand und den Nachteilen wegen der Wahrnehmung eines Termins zu begegnen. Dies hat nichts mit dem Schadensersatzsystem gemeinsam, BGH NJW-RR 2012, 761. 21 Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 16 Abrechnungsbeispiele Berechnungsbeispiel nach OLG Schleswig VersR 2006, 938 Befund: 2- PH, Einfamilienhaus, Wohn- und Nutzfläche ca. 200 qm, Grundstück 950 qm: Fensterputzen Fremdvergabe, Mangelwäsche außer Haus, Anspruchsstufe 3; Ehemann Lehrer, volle Stundenzahl, verletzte Ehefrau Grundschullehrerin, 21 Wochenstunden, vorzeitige Pensionierung am 1.3.2001, reguläre Pensionierung mit Vollendung des 65. Lebensjahres April 2010. Arthrotische Veränderungen infolge umfangreicher Sprunggelenksverletzung, die sich zu einem Verschleißleiden entwickelt hat, verspricht auf Dauer - so der Sachverständige - keine Besserung, sondern allenfalls eine Verschlechterung. Aus den Gründen: Schon statistisch liegt bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks nach Tab. 6 a bei Schulz-Borck/Hofmann eine Beeinträchtigung von 17 % vor. Dies erhöht sich bei einer Bewegungseinschränkung von oberem und unterem Sprunggelenk auf 26 %. Dass der Sachverständige Dr. L. konkret zu einer Beeinträchtigung der Klägerin von rund 33 % kommt, ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin hat glaubhaft geschildert, dass es bei Belastungen - wie sie im Haushalt bei schwereren Tätigkeiten die Regel sind - immer wieder zu Schwellungen und erheblichen Schmerzen im Bereich von Sprunggelenk und Unterschenkel kommt, mithin nicht nur Bewegungseinschränkungen, sondern auch darüber hinausgehende Beschwerden vorliegen. Im Gegensatz zu den statistischen Werten liegt bei der Klägerin gerade keine Versteifung des bzw. der Sprunggelenke vor, sondern es handelt sich um konkrete weitergehende Beschwerden, die sie glaubhaft geschildert hat. Das OLG bezeichnet den „statistischen Mittelwert" von Schulz-Borck, 6. Aufl., Tab. 1, 2-PH, Verhaltensalternative 3, als Korrektiv. (1) Abrechnung nach Gutachten durch OLG Zeit unbeeinträchtigt Kochen Waschen Bügeln Putzen kleine Einkäufe große Einkäufe Gartenarbeit, durchschnittlich Haushaltsführung (3) Berechnung mit Tab. 1 43 Std./Wo 25,5 Std./Wo 7 Std./Wo 1,5 Std./Wo 2 Std./Wo 6 bis 7 Std./Wo, als Mittelwert: 6,5 Std./Wo 1 Std./Wo 3,5 Std./Wo 1 Std./Wo Real? Jahreszeiten 3 Std./Wo Anteil Frau - bei (Teil-) Erwerbstätigkeit: Einschränkung Defizit (2) Anmerkung 2/3 28,67 Std./Wo 33% funktionsbezogen? 33% 8 Std./Wo (rund) 8,42 Std./Wo 9,46 Std./Wo Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 17 Von der Verletzten in beeinträchtigter Lage leistbarer Zeitaufwand 17 Std./Wo Nettostundensatz für Haushaltshilfe (Das 8,50 € OLG hat im Hamburger Randgebiet 18,00 DM für angemessen, aber auch ausreichend erachtet. 8 Stunden x 4,3 Wochen = 43,4 Stunden pro Monat x 18 DM = 619,20 DM/316,59 €/mtl., aber durchschnittlich 4 Wochen im Jahr im Urlaub (ohne Haushaltsführung), deshalb Reduktion um 1/12 pro Monat. Zuerkannt: 290,21 €/mtl. Juni 2000 bis Februar 2001 (9 Monate) in voller Höhe, Rückstand 2.611,89 € März 2001 bis Januar 2005 (46 Monate), Klägerin macht unter Antragsbeschränkung 70,52 € geltend, Rückstand 3.243,92 €; bis einschließlich April 2010 monatlich 70,52 € als Rente. Bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres höchstens monatlich 290,21 € 19,21 Std./Wo Urlaubsabwesenheit ? Ohne Reduktion: 307,57 € /mtl. 345,76 € /mtl. Erhöhte oder verringerte Arbeitszeiten? Veränderte Entgeltwerte ? Forderungsübergang Haushaltsfüh3.524,80 rungsschaden bei 4-PH nach Aufwand für Haushaltskraft Erwerbsminderungsrente 1.346,88 Lücke als eigener Schadensanteil Falsche erstinstanzliche Berechnung: Schaden 3.524,80 abzüglich 3/4 der Drittleistung als Erwerbsanteil mit Forderungsübergang 1.010,16 Rest der Drittleistung für den Betroffenen mit: 336,72 Forderungsaufteilung nach Kopfanteilprinzip ergibt stattdessen: Mehrbedarfs881,20 restlicher anteil (1/4) Anteil: Erwerbsschadensanteil (Unterhaltsaufwand, -bezug; Forderungsteil restlicher 3/4) 2.643,60 SozVers-Träger: 1.346,88 Anteil: Pardey, Haushaltsführungsschaden 2.177,92 881,20 1.296,72 S. 18 Kombination der Berechnungsweisen bzw. Abrechnungsmodalitäten (1) Zeitfaktor 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 (2) (3) = (1) x (2) GeldGeldersatzwert (monatfaktor lich) Reale (Brutto-) Abrechnung der Kosten für die Ersatzkraft Zeitansatz reale Ersatz4 Std./Wo Umrechkraft nungsfaktor: 4,3 vereinbartes Entgelt pro Stunde: 11 € Monatswert 189,20 € Real aufgebrachte, auf den Monat umgerechnete Sozialversicherungsbeiträge als Arbeitgeber 24,20 € sonstiger realer monatlicher Aufwand zum realen Einsatz (z.B. Fahrkosten) 0€ Konkreter Aufwand als Folge der gewählten Abhilfe 213,40 € Haftungsquote 60% ausgleichsfähig 128,04 € Ergänzende (pauschalierende, normative Netto-) Abrechnung Gesamter wöchentlicher Zeitansatz als gesamtes berücksichtigungsfähiges 40 Zeitdefizit Std./Wo 1.462,00 € 19 konkret abzurechnende Zeit 4 Std./Wo offener (normativ abzu36 rechnender) Zeitansatz Std./Wo konkreter (örtlich und zeitlich angemessener) Stundensatz 8,50 € Offener, pauschalierender (normativer) Monatswert ausgleichsfähig Gesamtersatz Differenz bei den Stundensätzen, auch wegen des Netto-, Bruttoansatzes Summe konkrete Mehrbelastung zum Arbeitseinsatz Gesamtbetrag konkrete Mehrbelastung Gesamtberechnung wie: Ausgleichsfähiger Gesamtersatz 21 22 Haftungsquote 60% Insgesamt ersatzfähige (quotierte) Schadensersatzforderung 11 12 13 14 15 16 17 18 Pardey, Haushaltsführungsschaden 1.315,80 € 789,48 € 917,52 € 2,50 € 43,00 € 67,20 € 1.529,20 € 917,52 € S. 19 Vorschlag: Tagessatzsystem Regulierungstabelle 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 Haushaltstyp Zeitaufwand Frau Wertansatz 1-PH 2-PH (Partner) 3-PH (Partner mit Kind) 4-PH (Partner mit 2 Kindern) 5-PH (Partner mit 3 oder mehr Kindern) Alleinerziehend mit 1 Kind Alleinerziehend mit 2 Kindern 19,6 Std./Wo 25,8 Std./Wo 44,9 Std./Wo 6,00 €/Std. 7,00 €/Std. 7,50 €/Std. 17 €/Tag 26 €/Tag 48 €/Tag 49,7 Std./Wo 8,00 €/Std. 57 €/Tag 53,8 Std./Wo 8,00 €/Std. 61 €/Tag 34,3 Std./Wo 7,50 €/Std. 37 €/Tag 41,9 Std./Wo 8,00 €/Std. 48 €/Tag Haushaltstyp Zeitaufwand Mann Wertansatz 1-PH 2-PH 3-PH 4-PH 5-PH Alleinerziehend mit 1 Kind Alleinerziehend mit 2 Kindern 15,3 Std./Wo 16,2 Std./Wo 25,2 Std./Wo 25,7 Std./Wo 24,8 Std./Wo 25,2 Std./Wo 6,00 €/Std. 7,00 €/Std. 7,50 €/Std. 8,00 €/Std. 8,00 €/Std. 7,50 €/Std. 13 €/Tag 16 €/Tag 27 €/Tag 29 €/Tag 28 €/Tag 27 €/Tag 397 €/Monat 490 €/Monat 817 €/Monat 888 €/Monat 857 €/Monat 817 €/Monat 25,4 Std./Wo 8,00 €/Std. 29 €/Tag 878 €/Monat Pardey, Haushaltsführungsschaden Pauschalwert 508 €/Monat 780 €/Monat 1.455 €/Monat 1.718 €/Monat 1.860 €/Monat 1.112 €/Monat 1.449 €/Monat Pauschalwert S. 20 Variante: Werttabelle zur unentgeltlichen Hausarbeit - Auszug Haushaltsgröße Pauschalierter Zeitaufwand Geldwert Nettowert pro Kalendertag 1-PH (Alleinlebende Person - Single-Haushalt) Frau NE 20,8 Std./Woche 6 €/Std. 18 €/Tag 1-49% EW 24,1 Std./Woche 6 €/Std. 21 €/Tag Ab 50% EW 19,5 Std./Woche 6 €/Std. 17 €/Tag NE 17,0 Std./Woche 6 €/Std. 15 €/Tag 1-49% EW 20,6 Std./Woche 6 €/Std. 18 €/Tag Ab 50% EW 15,9 Std./Woche 6 €/Std. 14 €/Tag Mann 4-PH (Lebenspartner mit 2 Kindern) Frau NE 60,1 Std./Woche 6 €/Std. 52 €/Tag 1-49% EW 49,3 Std./Woche 6 €/Std. 42 €/Tag 29,5 Std./Woche 6 €/Std. 25 €/Tag Mann 1-49% EW Abrechnungsbeispiel (1) Pauschalierende, typisierender Durchschnittswert der unbezahlten Arbeit z.B. 29 €/Tag (2) Grad der spezifischen haushaltswirtschaftlichen Arbeitsunfähigkeit (Minderung der Hausarbeitsfähigkeit), z.B. Hörverlust einseitig 9% (3) Ausgleichswert pro Tag 2,61 €/Tag Zumutbare Kompensationsmöglichkeit ? (4) Ausgleichswert pro Monat 78,56 €/Monat Bagatelle ? Ergebnis In einer eigenständigen Schadensgruppe Hausarbeitsschaden könn(t)en die Besonderheiten des Schadens für Individuen und Familien von der Beeinträchtigung der Integrität her bis hin zu geschützten und ausgleichsfähigen Werten rechtssicher und nachvollziehbar, angemessen erfasst und abgewickelt werden. Pardey, Haushaltsführungsschaden S. 21