Zivi-Familientreffen 2008
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Zivi-Familientreffen 2008
Heft 87 2008 / 2. Quartal FAMILIEN Zivi-Familientreffen 2008 2. Familientreffen in Breisach vom 30. April bis 2. Mai 2008 von Ariane Mil-Guttmann Das diesjährige Familientreffen fand in Breisach statt. Von dort aus besuchten wir zwei der Orte, wo sich einige unserer Vorfahren ansiedelten, nämlich Biesheim und Dürmenach. Von unseren Zivi-Nachkommen, die mit ihren Partnern an unserem Treffen teilnahmen, stammten 4 aus Biesheim, 7 aus Dürmenach, I1 hatten ihre Wurzeln in Freiburg und 2 in Haigerloch. Doch ursprütiglich stammten die Zivi-Nachkommen von Aron Moshe ab, dessen Sohn Paul Zivi (ca.1690-I 762) sich in Müllheim irn Jahre 1727 niederliess. (Siehe auch 'Die ersten Generationen der Familie Zivi", von Günter Boll, Maajan Nr. 57/2000). In Breisach trafen wir uns fur unser zweites Zivi-Familientreffen. Die erste Family Reunion fand vor drei Jahren, auch über den 1. Mai statt. Wir besuchten damals die Wiege der Zivi-Familien, nämlich das idyllische Marktgräfler Örtchen Müllheim und das Ca. 8 km entfernte Sulzburg, wo die ältesten unserer uns bekannten Zivi-Vorfahren (Meyer Zivi, gest. 1731) begraben wurden. (Damals gab es in Müllheim noch keinen jüdischen Friedhof). Die nachfolgende Grafik gibt einen kleinen Überblick über die ((Auswanderung)) unserer diversen Vorfahren: Meycr Zivi Paul Zivi lsaac Zivi gest. 1762 I I !vfliizis hliiliieirii Meyer Zivi gest. 1795 Joseph Zivi gest. 1798 +-- Mu~ig I Kcxitigen Tsaac Zivi gest. 1786 MiiILLieirit IIieslicim Duriiic.tiitch Haiyerloeh Mcyer Zivi Paul Zivi Joseph Zivi g e s t 1839 gest. IR54 gest. 1859 I I nach der Regierungszeit von Napoleon brachte er uns die Biografien von Josel von Rosheim, der von 1478 bis 1554 lebte und von Prof. Marc Bloch ( 1886-1944) näher. Marc Bloch wurde von den Nazis wegen seiner Aktivitäten in der Resistance in der Nähe von Lyon erschossen. Es ist diesen beiden aussergewöhnlichen Männern zu verdanken, dass im Elsass ein besonderer jüdischer Menschentypus entstanden ist, vor allem in den bürgerlichen gesellschaftlichen Kreisen. Diese beiden Menschen haben die Ideale des "Franco-Judaisme" auf ihre besondere Art vorgelebt. Näheres über diese beiden jüdischen "Kämpfer" kann im Internet unter http://de.wikipedia. org/wiki/JoseI~von~Rosheim und http:/lde.wikipedia. org/Marc-Bloch nachgelesen werden. Nebenbei bemerkt, 3123 heisst eine der drei Universitäten in Strassburg seit 1998 "Universite Marc Bloch" . I von G. Boll, Mai 2008 Beim diesjährigen Treffen, das vom 30. April bis 2. Mai 2008 stattfand, folgten wir nun den Spuren unserer Vorfahren, die sich im Elsass, nämlich in Biesheim und Dürmenach Ende des 18. Jahrhunderts niederliesscn. Zu unserer Freude hatten sich Nachkommen aus Israel, Amerika, Frankreich, Deutschland und der Schweiz angemeldet. Mit Spannung erwarteten wir unsere Cousins im "Blauen Haus" , dem chemaligen jüdischen Gemeindehaus in Breisach, wo unser Treffen am Mittwochnachmittag um 17.00 Uhr begann. Die Vorsitzende des Blauen Hauses, Frau Dr, Christiane Walesch-Schneller und ich begrüssten die Teilnehmer. Unsere Tagung eröffnete Prof. Freddy Raphael aus Strassburg mit einem interessanten Vortrag über zwei beriihmte jüdisch-elsässische Persönlichkeiten. Nach einem geschichtlichen Überblick über das jüdische Leben vor und Wir wohnten alle im Hotel Kapuzinergarten, oben auf dem Münsterberg. Von den Zimmern aus bewunderten wir den herrlichen Ausblick auf die Vogesen und die Rheinebene. Für uns war jeweils am Abend ein separater Raum reserviert, wo wir nicht nur gemeinsam speisten, sondern auch genealogische Daten austauschen und uns unterhalten konnten. Die Stimmung war von Anfang an hervorragend. Man sah nur fröhliche Gesichter und erlebte spannende Unterhaltungen in englischer, französischer, deutscher und schweizerdeutscher Sprache. Unser Cousin Andreas Zivy aus Basel fesselte uns in englischer Sprache mit seinen Ausführungen über die Entstehung seines kleinen Büchleins "Brevarium Zivy" . Darin wird die Geschichte seiner Familie beschrieben. Schon beim Frühstück am nächsten Morgen wurden die Kontakte enger geknüpft. Ein Bus erwartete uns unten beim Rheintor, der uns nach Biesheim zum jüdischen Friedhof brachte. Der Friedhof liegt ausserhalb von Biesheim, umgeben von Feldern. Während den interessanten Ausführungen unseres geschätzten Günter Boll erschien auch der Biesheimer Bürgermeister, Herr Georges Trescher, der dann einige Begrüssungsworte an uns richtete. Leider ist der Grabstein des Stammvaters der Biesheimer Zivi nicht in allerbestem Zustand und liegt pietätlos am Boden. Paul Zivi (Refael ben Jischai) wurde Ca. 1765 in F Heft 87 2008 / 2. Quartal Müllheim, als Sohn von Joseph Zivi und Vögele Meyer geboren. Er verheiratete sich am 11. November 1790 in Biesheim mit Hayel Ulmann (später Caroline genannt). Neben seiner Tätigkeit als Leder- und Viehhändler war er auch Vorsteher der Synagoge und Mohel in Biesheim. Das Paar hatte 12 Kinder. ~ ten. Vor seinem Grosselternhaus blieben wir stehen und lauschten den EWlungen über seine Familie. Wir konnten Fotos von früher und heute vergleichen. Für unsere Dürmenacher Zivi-Nachkommen war der Besuch des Friedhofes von grosser Wichtigkeit. Viele Gräber konnten gefunden werden. Der Stammvater der Diirmenacher Zivi war ein Bruder des oben erwähnten Biesheimer Stammvaters und hiess Joseph. Geboren wurde er Ca. 1769 auch in Müllheim, verheiratete sich am 15. August 1802 mit Marianne Levy. Joseph verstarb in Dürmenach am 14. September 1859. Das Paar hatte 8 Kinder. Leider konnten wir den Grabstein von Joseph Zivi nicht finden. Das nächste Ziel unserer Rundreise war wieder Müllheim, um auch den Teilnehmern, die beim letzten Treffen nicht mit uns waren, die Möglichkeit zu geben, die "Wiege" der Zivis zu besuchen. Auf der Hauptstrasse "sprangen ' uns die "Stolpersteine" in die Augen, welche vor den Häusern, wo jüdische Mitbürger vor dem 2. Weltkrieg wohnten, implantiert wurden. Nachdem uns Günter und Christiane nochmals die Geschichte der Zivis in Müllheim, das Wohnhaus von Paul Zivi und die Synagoge mit ihrer Geschichte in Erinnerung riefen, geschah etwas völlig Unerwartetes. 7 Mit Günter Boll am Grab von Paul Zivi (CU.1765-1854) auf dem Friedhofin Biesheim Beeindruckt vom "Monument" zur Erinnerung an die deportierten jüdischen Einwohner von Biesheim und Neuf Brisach, wo auch einige ZivilZivy-Namen zu lesen waren, führte nun unsere Busreise Richtung Süden. Ein kurzer Halt in Häsingen erlaubte es, dass unser "Dürmenacher Guide" , Dr. Ralph Weill aus Basel, zu uns "an Bord" kommen konnte. Nach der Weiterfahrt stand das Mittagessen im Restaurant Collin in Ferrette auf dem Programm. Die berühmten "Carpes fiites" , eine Spezialität der Gegend, stillten unseren Hunger, bevor wir zur Besichtigung von Dunnenach aufbrachen. Noch während des Essens brachte uns Dr. Ralph Weill das jüdische Leben in Dürmenach näher. Er erzählte vom jüdischen Bürgermeister bis hin zum Judenrumpel (einem Pogrom,der im Jahre 1848 stattfand). Bei der Besichtigung von Dürmenach zeigte uns Dr. Weill, wo die Synagoge stand. Heute sie leider zu einer Mehrzweckhalle "umfunktioniert" worden. Im 19. JahrhundertJebten in Dünnenach mehr Juden als Chris- Foto G. Boll Günter Boll erzählte uns die Geschichte über ein kleines jüdisches Gebetbuch, das er vor vielen Jahren (siehe Foto) in einem der Häuser, wo nun christliche Einwohner zuhause sind, zu sehen bekam. Dieses kleine Sidur gehörte seinerzeit Hanna (Johanna) Zivi (Tochter von Raphael Paul Zivi und seiner Frau Babette geb. Braunschweig. Hanna lebte von 1830 bis 1896 und war später mit Jakob Josef Mayer aus Müllheim verheiratet). Die Besitzerin dieses Sidurs versprach Herrn Boll, ihm dieses Büchlein auszuhändigen. Doch in der Zwischenzeit ist diese Frau verstorben und deren Sohn bewohnt nun das Haus. Als wir gerade vor dem Haus standen, kam plötzlich der Sohn heraus. Einer unserer Teilnehmer, ein Urururenkel ~ F I I L E , r 1 i FAMILIEN Heft 87 2008 12. Quartal von Hanna, fragte den Sohn, ob er noch jüdische Bächer. zuhause hätte. Zuerst verneinte er die Frage, dann ist er doch ins Hausinnere zurückgegangen und kam dann mit drei jüdischen Büchern zurück. Eines davon war das kleine "wertvolle" Gebetbüchlein, das nun wieder im Besitze der Familie ist. Die beiden andem Bücher werden dem Museum in Müllheim, das eine kleine jüdische "Abteilung" besitzt, als Erinnerungsstücke übergeben. Auf der Rückreise von Müllheim nach Breisach ging das alte Büchlein von Hand zu Hand. Alle bestaunten den Eintrag auf der linken Seite, auf dem zu lesen ist: "liebes Buch ich mus dir etwas sagen, wenn dich einer will vorttr-agen, so sag, las mich inn meiner Ruh, ich gehör Hanna Zivi von Müllheim zu". ~ a c dem h guten Nachtessen im Hotel Kapuzinergarten war nun Genealogie, Stammbäume, PC-Programme, Internet die Hauptthemen. Unser Computerspezialist GCrard Zivy aus Genf, dem wir auch unsere tolle Webpage www.zivy.net/zivi zu verdanken haben, erklärte uns deren Aufbau. Die diversen Programme auf den mitgebrachten Notebooks wurden verglichen, angepasst, erläutert oder noch fehlende Informationen beigefügt. I Falls unter den Lesern ZiviIZivy-Nachkommen sind, die nicht oder nur teilweise auf unserem Geneanet-Starnrnbaum im Intemet vertreten sind, bitte ich um direkte Kontaktaufnahme mit Nicole Cousinou-Zivy unter ([email protected] französisch oder englisch), die unseren Stammbaum betreut. Voll gestärkt vom ausgiebigen Frühstiick ging es nun am Freitag, unserem letzten Tag, zu Fuss zur Radbrunnenallee auf dem Münsterberg, wo sich im 14. Jahrhundert eine Siedlung mit vielen jüdischen Händlem befunden hatte. Dort begann die Führung durch das "jüdische Breisach". Vom Münsterberg spazierten wir gemütlich durch malerische Gässchen hinunter zum Synagogenplatz, wobei uns Christiane viel Neues über das damalige jüdische Leben in Breisach berichtete. Da am 2. Mai 2008 Jom Hasikaron war, gedachten wir auf dem Platz der ehemaligen Synagoge, die auch in der Kristallnacht zerstört wurde, mit einer Schweigeminute und dem Kadisch-Gebet der verstorbenen jüdischen Opfer. Gleich hinter dem Synagogenplatz befindet sich der alte jüdische Friedhof, der 1769 eingeweiht wurde. Gross war die herraschung, als Günter uns zum Grab meiner Ururururgrossmutter Kendel, geb. Geismar, verheiratet in 1. Ehe mit Moses Zivi, in 2. Ehe mit Lukas Hirsch Blum, führte, die am 8. Oktober 1833 gestorben ist. Dr. Chnstiane Walesch-Schneller erzählte den Teilnehmenden die Geschichten über die damaligen Bewohner der Judengasse, die heute Rheintorstrasse heisst. Der Abschluss der Führung durch das "jüdische" Breisach , r oto A . M Z I Grabstein von Kendel Blum, geb. Geismar; verwitwete Zivi - - - fand wieder im Blauen Haus statt. Wir wurden mit einer wunderschönen "Serenada EspaAola" verwöhnt. Die jüdischen Solisten Ariana Burstein, Violoncello, und Roberto Legnani, Gitarre, begeisterten die Teilnehmer mit ihrer feinfühligen Musik. Und schon hiess es, wieder Abschied nehmen. Das Spargelessen auf der Terrasse des Hotels Kapuzinergarten bildete den Abschluss dieser intensiven Tage. Es wurden viele neue Freundschaften geschlossen, Einladungen ausgesprochen und natürlich äusserte man den Wunsch, bald wieder ein Treffen zu organisieren. Vielleicht 201 l ? Einige Links und Informationen: - - Die ersten Generationen der Familie Zivi, von Günter Boll, Maajan Nr. 5712000 www.zivy.net/zivi www.juedisches-leben-in-breisach.de http://judaisme.sdv.fr www.jewishencyclopedia.com wwwalemania-judaica.org www.ais-comlliteracy/jewishhistosr/Napoleon~ 3x23