Simulation von Plasma Hohe Temperaturgradienten innerhalb von
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Simulation von Plasma Hohe Temperaturgradienten innerhalb von
2/2011 Simulation von Plasma Hohe Temperaturgradienten innerhalb von Millimetern Neue Packung CO2 -Abscheidung im Rauchgas CO2-Reduktion Pumpen für solarthermische Kraftwerke und CO2-Speicherung EDITORIAL Sulzer heute 1834 legten die Gebrüder Sulzer in Winterthur, Schweiz, den Grundstein zum Sulzer-Konzern, welcher heute global an über 160 Standorten im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Oberflächentechnik tätig ist. Die Divisionen nehmen weltweit Spitzenpositionen in ihren Märkten ein. Dazu gehören die Branchen Öl und Gas, Kohlenwasserstoff verarbeitende Industrie, Energieerzeugung, Papier und Zellstoff, Luftfahrt und Automobilindustrie. Im Konzern erarbeiten über 13 000 engagierte Mitarbeitende innovative technische Lösungen. Diese Produkte und Dienstleistungen ermöglichen Sulzer-Kunden, ihre Wettbewerbsposition nachhaltig zu stärken. www.sulzer.com Innovationen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts Sehr geehrte Technikinteressierte, Kunden und Partner Sulzer ist bestrebt, eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der energetischen und ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu übernehmen. Wir investieren viel in Forschung und Entwicklung, um mithilfe von technisch hochentwickelten Lösungen diese Aufgabe zu erfüllen. Mit einem systematischen Innovationsprozess identifizieren wir die Projekte mit dem größten Potenzial und beschleunigen sie gezielt. Dadurch stieg im vergangenen Jahr die Zahl neu eingeführter Produkte, und es stehen derzeit mehr Lösungen kurz vor der Markteinführung als in den letzten zehn Jahren. In dieser Ausgabe der Sulzer Technical Review (STR) werden einige unserer neuen Lösungen und Technologien vorgestellt. Zum Beispiel liefert Sulzer energieeffiziente Produkte und Komponenten für solarthermische Anlagen sowie für die Abscheidung, Speicherung und den Transport von CO2. Wir sind auch stolz auf die Unterzeichnung der Vereinbarung zur Akquisition des Flow-Solutions-Geschäfts von Cardo, das in der Abwasserwirtschaft aktiv ist. Wir freuen uns darauf, diese Akquisition abzuschließen und die Mitarbeitenden bei Sulzer zu begrüßen. Ihre Innovationskraft, kombiniert mit unserer, wird bald der gemeinsamen Kundenbasis Vorteile bringen. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Ton Büchner CEO Sulzer 2 | Sulzer Technical Review 2/2011 Sulzer Pumps Das Angebot an Kreiselpumpen reicht von komplexen Einzelanfertigungen bis hin zu standardisierten Serien. Forschung und Entwicklung anwendungsspezifischer Materialien sowie ein zuverlässiger Service unterstützen die führende Stellung der Division. Die Kunden kommen aus den Branchen Öl und Gas, Kohlenwasserstoffverarbeitung, Papier und Zellstoff, Energieerzeugung, Wasser und Abwasser sowie aus weiteren Spezialbereichen. www.sulzerpumps.com Sulzer Metco Thermisches Spritzen sowie das Dünnschichtverfahren in der Oberflächentechnik sind hier die Schwerpunkte. Die Division beschichtet und veredelt Oberflächen, produziert Materialien und Anlagen und entwickelt Fertigungsverfahren für Spezialkomponenten. Kunden sind die Luftfahrt- und die Automobilindustrie, die Energieerzeugung und weitere spezialisierte Industrien. www.sulzermetco.com Sulzer Chemtech Für Technologien in den Bereichen Trennkolonnen, Prozesstechnologie, statisches Mischen und Kartuschen ist die Division Marktführer. Mit Standorten für Verkauf, Engineering, Produktion und Service ist Sulzer Chemtech für ihre Kunden aus den Bereichen Öl und Gas, Petrochemie, Chemie und Kunststoffindustrie weltweit präsent. www.sulzerchemtech.com Sulzer Turbo Services Sulzer Turbo Services ist ein führender unabhängiger Anbieter von Reparatur- und Unterhaltsservice für Turbomaschinen, Generatoren und Motoren mit ausgezeichneten Fachkenntnissen über rotierende Maschinen. Die Division fertigt und vertreibt zudem Ersatzteile für Gas- und Dampfturbinen, Kompressoren, Generatoren und Motoren. Die Kunden von Sulzer Turbo Services kommen aus den Industrien Öl und Gas, Kohlenwasserstoffverarbeitung, Energieerzeugung, Transport, Bergbau und anderen Industriebranchen. www.sulzerts.com Sulzer Innotec Die Forschungs- und Entwicklungseinheit von Sulzer unterstützt die Divisionen des Konzerns sowie Industrieunternehmen weltweit in ihren Entwicklungsvorhaben mit Auftragsforschung und speziellen technischen Dienstleistungen. Sulzer Innotec verfügt über ein ausgezeichnetes Fachwissen in der Material-, Oberflächenund Strömungstechnik sowie der Mechanik. In diesen klassischen Disziplinen liegen auch die Kernkompetenzen in der Auftragsforschung. www.sulzerinnotec.com INHALT 4 Nachrichten Messen, Veranstaltungen 6 Gemeinsam für eine nachhaltigere Welt Divisionsübergreifende Innovation 10 Innovativer Doppelbetrieb Implementierung eines internen Wassernebel-Kühlsystems 13 Sulzer-Analogie Die Fliege mit der Dreigangschaltung 14 Neue Möglichkeiten der Prozessintensivierung MellapackCCTM – eine neue strukturierte Packung für die CO2-Abscheidung im Post-Combustion-Prozess 18 Hohe Temperaturgradienten innerhalb von Millimetern Numerische Simulation von Plasmaspritzprozessen 21 Sulzer weltweit Willkommen bei Sulzer Turbo Services in Venlo 22 Leistungsfähiger durch Versuche Pilotversuche für eine Vielzahl von Grundoperationen 26 Neue Herausforderungen und Möglichkeiten Suspensionsspritzen 30 Pumpen für die Zukunft Eine alte Technik spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts 34 Interview Felix Moser, Sulzer Chemtech 35 Impressum Innovation Titelbild: Sulzer ist ein führender Anbieter von Oberflächenbeschichtungslösungen. Das Titelbild zeigt eine simulierte Temperaturisofläche bei 18 000 K im Inneren der O3CP-Plasmaspritzpistole. Die Isofläche ist mit der Stromdichte eingefärbt – ein Maß für die Lichtbogenintensität. Sulzer Technical Review 2/2011 | 3 Messen, Veranstaltungen 4.–7. Juli 2011, Miami Beach, FL, USA AMTA/SEDA 2011 www.membranes-amta.org Information für Sulzer Pumps: Tom Tabar Telefon +1 267 953 4810 [email protected] 4.–7. Juli 2011, Qingdao, China Asia-Pacific Desalination Conference www.cda-apdwr2009.com/en/ Information für Sulzer Pumps: Zhou Peicheng Telefon +86 21 6448 5070 [email protected] 19.–21. Juli 2011, Villahermosa, Mexiko PECOM www.oilonline.com/Events/Petroleum-Exhibition-Forum/ Information für Sulzer Metco: Adriana Fitting Telefon +1 516 228 24 22 [email protected] Starke Basis für Wachstum im Abwassergeschäft Sulzer und Assa Abloy haben eine Vereinbarung zur Akquisition des FlowSolutions-Geschäfts von Cardo durch Sulzer unterzeichnet. Durch die Übernahme dieses starken Anbieters im attraktiven Abwasserpumpengeschäft wird Sulzer von langfristigen Wachstumstrends profitieren. Mit der globalen Präsenz von Sulzer und der Weiterentwicklung der komplementären Produkte will Sulzer das Geschäft weiter ausbauen und Wert generieren. «Das Flow-Solutions-Geschäft von Cardo mit seinen kompletten Pumpenlösungen für den Abwassermarkt und seinen engagierten Mitarbeitenden passt strategisch hervorragend zu Sulzer», sagte Ton Büchner, CEO von Sulzer. «Die geplante Übernahme dieses starken Anbieters im attraktiven Abwasserpumpengeschäft wird es Sulzer ermöglichen, vom hohen langfristigen Wachstum dieses Marktes zu profitieren. Durch die Nutzung der starken globalen Präsenz von Sulzer und die Weiterentwicklung der komplementären Produktportfolios von Sulzer Pumps und des Flow-Solutions-Geschäfts von Cardo wollen wir das Geschäft weiter ausbauen und Mehrwert für unsere Kunden, die Mitarbeitenden beider Unternehmen und unsere Aktionäre schaffen.» 4.–8. September 2011, Stockholm, Schweden Eurocorr – the European Corrosion Congress www.eurocorr.org Information für Sulzer Metco: Karin Gehrig Telefon +41 56 618 81 61 [email protected] 4.–9. September 2011, Perth, Australien International Desalination Congress (IDA) www.idadesal.org/t-worldcongress_start.aspx Information für Sulzer Pumps: Tiina Veini Telefon +358 10 234 3325 [email protected] Zwei Laservibrometer für berührungslose Schwingungsmessungen 8.–10. September 2011, Beijing, China CIAPE Autoshow China www.iae-china.com.cn/en/ Information für Sulzer Metco: Eileen Kong Telefon +86 20 2428 4387 [email protected] 11.–15. September 2011, Scottsdale, AZ, USA Fall CTOTF www.frame6usersgroup.org Information für Sulzer Turbo Services: Stephanie King Telefon +1 713 567 2748 [email protected] 12.–15. September 2011, Houston, TX, USA Turbomachinery Symposium http://turbolab.tamu.edu Information für Sulzer Turbo Services: Stephanie King Telefon +1 713 567 2748 [email protected] 15. September 2011, Winterthur, Schweiz Sulzer Turbo Machinery Technology Day www.sulzerinnotec.com/technology-day Information für Sulzer Innotec: Dr. Frank May Telefon +41 52 262 21 56 [email protected] 4 | Sulzer Technical Review 2/2011 Die Gruppe Maschinendynamik und Akustik (MDA) von Sulzer Innotec hat vor kurzem in ein digitales Laservibrometer Polytec PDV 100 investiert. Mit einem Laservibrometer können berührungslos die Schwingungen von Körpern in Strahlrichtung gemessen werden. Das kompakte Gerät ermöglicht schnelle und einfache Messungen ohne großen Aufwand an Vorbereitungen und Logistik. Vorteilhaft ist die berührungslose Messung vor allem bei Strukturen, bei denen ein daran befestigter Sensor die Eigendynamik merklich verfälschen würde. Zusammen mit dem bei MDA bereits vorhandenen Rotationsvibrometer, welches auch als Einpunktvibrometer verwendet werden kann, können komplexe Schwingungsformen berührungslos erfasst und analysiert werden, indem ein Vibrometer als Referenzsensor verwendet und mit dem zweiten Vibrometer die Eigenform abgetastet wird. So wurden zum Beispiel reibinduzierte Schwingungen und die damit verbundenen Lärmprobleme an einer Gleitringdichtung untersucht und wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Kontakt: [email protected] 4340 Plasmagestützte Oberflächenbeschichtung Mit innovativen Plasmabeschichtungsverfahren und -anlagen lassen sich technische Oberflächen wirtschaftlich und umweltschonend mit Hartstoffen beschichten. Die erzielbaren Effizienz- und Produktivitätssteigerungen sorgen für den Erhalt oder sogar eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Anwenders. Der Titel «Plasmagestützte Oberflächenbeschichtung» ist als Band 329 der Reihe «Die Bibliothek der Technik» in Kooperation mit Sulzer Metaplas, einer Tochtergesellschaft von Sulzer Metco, erschienen. Der Schwerpunkt liegt in der ausführlichen Darstellung der plasmagestützten Beschichtungsverfahren und der Anlagentechnik. Darüber hinaus werden die Prozesstechnik für PVD- und DLC-Hochleistungsschichten sowie konkrete Anwendungen aus unterschiedlichen Branchen beschrieben. Der Ausblick zeigt das enorme Zukunftspotenzial der plasmagestützten Oberflächenbeschichtung auf. Von Georg Erkens et al., München: Süddeutscher Verlag onpact GmbH, 2010. Fachliche Unterstützung der Sulzer Metaplas GmbH. 72 Seiten, Hardcover. 8,60 Euro. ISBN 978-3-86236-007-9. Rückfragen: Annette Norin, Telefon +49 2204/ 299-262, [email protected], http://thinfilm.sulzermetco.com Sulzer Turbo Machinery Technology Day Sulzer Innotec veranstaltet am 15. September den Sulzer Turbo Machinery Technology Day, welcher für Ingenieure im Bereich Turbomaschinen – auch von externen Unternehmen – gedacht ist. Ziel der Veranstaltung ist es, vor allem eine Plattform für den Austausch zwischen Turbomaschinenexperten zu bieten. Mit Vortragenden von der ETH Zürich, der EMPA, Sulzer Turbo Services, Sulzer Metco und Sulzer Innotec gelang es, ein vielfältiges und interessantes Programm zusammenzustellen. Für weitere Informationen und die Anmeldung siehe: www.sulzerinnotec.com/technology-day. Diese Veranstaltung kann ideal kombiniert werden mit dem am Vortag stattfindenden Blade Mechanics Seminar der ZHAW und der ASME (Swiss Section). Messen, Veranstaltungen 17.–19. September 2011, Beijing, China The 7th International Pipeline Exhibition 2011 www.pipechina.com.cn/en/ Information für Sulzer Pumps: Zhiyao Yuan Telefon +86 411 8758 1781 [email protected] 19.–24. September 2011, Hannover, Deutschland EMO www.emo-hannover.de Information für Sulzer Metco: Corinna Heinz Telefon +49 2204 299 215 [email protected] 19.–21. September 2011, Beijing, China China Paper www.chinapaperexpo.cn/ Information für Sulzer Pumps: Zhou Peicheng Telefon +86 21 6448 5070 [email protected] 21.–23. September 2011, Almaty, Kasachstan Mining World 2011 www.miningworld.kz/en/ Information für Sulzer Pumps: Juri Goldin Telefon +7 812 324 7427 [email protected] 21.–23. September 2011, Prag, Tschechische Republik GPA Annual Conference www.gpaeurope.com/events/event/19/ Information für Sulzer Chemtech: Daniel Egger Telefon +41 52 262 50 08 [email protected] 25.–29. September 2011, Berlin, Deutschland 8th European Congress on Chemical Engineering www.ecce2011.de Information für Sulzer Chemtech: Johannes Rauber Telefon +41 52 262 3895 [email protected] 25.–28. September 2011, Porto Alegre, Brasilien Fitabes 2011 www.fitabes.com.br/ Information für Sulzer Pumps: Ana Sapia Telefon +55 11 4589 2326 [email protected] 27.–29. September 2011, Kuala Lumpur, Malaysia POWER-GEN Asia 2011 www.powergenasia.com Information für Sulzer Turbo Services: Peter van Neerven Telefon +31 653 787 856 [email protected] 28.–30. September 2011, Guangzhou, China 14th China International Adhesives and Sealant Exhibition http://tradeshow.chemicalsources.com Information für Sulzer Chemtech: Hans Peter Beeler Telefon +86 21 6430 66 88 [email protected] Sulzer Technical Review 2/2011 | 5 INNOVATION Divisionsübergreifende Innovation Gemeinsam für eine nachhaltigere Welt Die Schaffung eines Mehrwerts für unsere Kunden ist die treibende Kraft für Innovationen bei Sulzer. Um den divisionsübergreifenden Innovationsprozess zu optimieren, wurde 2009 der Cluster Innovation Management innerhalb der zentralen F&E-Einheit des Konzerns geschaffen, aus dem bereits erfolgreiche Projekte unter anderem in den Bereichen Solarthermie und Energieeffizienz hervorgegangen sind. I nnovation ist seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1834 einer der Schlüsselfaktoren für den Erfolg von Sulzer im Bestreben, Kunden einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Bei Sulzer ist Innovation ein aktiv gesteuerter, integraler Bestandteil des Strategieprozesses (siehe STR 2+3/2009, S. 4, Lösungen für die Zukunft). Häufig sind als solche identifizierte Innovationsthemen für mehr als eine Division relevant. In diesem Fall kümmern sich das Innovation and Technology Council (ITC) und der Innovation-ManagementCluster bei Sulzer Innotec um die divisionsübergreifenden Aspekte. Sulzer Produkt/Technologie Bestehend Neu 1 Die Innovation auf Konzernebene konzentriert sich vorwiegend divisionsübergreifend auf neue Märkte und neue Produkte. Divisional und divisionsübergreifend Divisional Innovation and Technology Council Divisional und divisionsübergreifend Bestehend Neu Märkte 6 | Sulzer Technical Review 2/2011 Innotec ist die zentrale Forschungs- und Entwicklungseinheit des Konzerns. Das ITC ist ein Komitee unter der Leitung des Chief Technology Officer (CTO) des Konzerns, dem die CTOs der einzelnen Divisionen, der Leiter der Patentabteilung sowie andere Entscheidungsträger angehören. Aufgabe des ITC ist es, den Innovationsprozess auf divisionsübergreifender Ebene zu fördern 1. Innovation Management, ebenfalls vertreten im ITC, unterstützt dabei die Steuerung der strategischen Ausrichtung des Konzerns. Darüber hinaus fungiert Innovation Management als eine wichtige prozessgetriebene und global agierende Einheit zur Intensivierung der divisionsübergreifenden Aktivitäten des ITC, von Sulzer Innotec und des Bereichs Fusionen und Akquisitionen. Sie verknüpft diese auf detaillierter Ebene mit den Bedürfnissen der Divisionen, wobei das operative Geschäft klar im Vordergrund steht. Kurz gesagt, stellt der InnovationManagement-Cluster auf der Basis eines kontinuierlichen Prozesses ein hochwertiges, internationales Netzwerk innerhalb des Konzerns und darüber hinaus bereit, unterstützt die strategische Planung und ermöglicht die erfolgreiche Initiierung von Innovationsinitiativen basierend auf den Werten von Sulzer. Offene Innovation und Vernetzung – die Verbindung zur Außenwelt Der aktive, divisionsübergreifend agierende Innovation-Management-Cluster ist eingebettet in ein globales Netzwerk aus verschiedenen bedeutenden Unternehmen, Instituten und Hochschulen rund um den Globus, mit Schwerpunkt in Europa, Nordamerika und Asien. Dieses Netzwerk dient als Austauschplattform und ermöglicht die Durchführung gemeinsamer Projekte unter Verwendung 2 Die aktive Steuerung des Innovationsportfolios ist ein integraler Bestandteil des Strategieprozesses bei Sulzer. Kundenbedürfnisse Geschäftsstrategie Innovationsstrategie «Wissen nutzen» Technologiestrategie Forschungs- und Entwicklungsstrategie «Wissen erwerben» Wissenschaftlicher Fortschritt 4341 INNOVATION © bvland.com Schiefergas kann helfen, die Zeit zu überbrücken, bis der weltweite Energiebedarf durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann. Foto: Alberta, Kanada. Sulzer Technical Review 2/2011 | 7 INNOVATION neuester Technologien zur Entwicklung wettbewerbsfähiger Produkte und Lösungen für die Bedürfnisse der SulzerKunden 2. Ein wichtiges Instrument zur Förderung der Zusammenarbeit an Themen von gemeinsamem Interesse sind in diesem Zusammenhang akademische Abschlussarbeiten. Bei Sulzer wird offene Innovation gelebt. Ideengenerierung und -beurteilung – die Geburt von etwas Neuem Für Sulzer ist Innovation die erfolgreiche Einführung eines neuen Angebots (eines Produkts oder einer Methode), das durch Umsetzung, Kombination oder Synthese von Wissen in geeignete, wertschöpfende neue Produkte, Dienstleistungen, Lösungen oder Prozesse realisiert werden kann. Innovation basiert auf kreativen Ideen. Für eine erste, einfache Beurteilung einer Idee wurde bei Sulzer eine systematische und standardisierte Checkliste entwickelt. Diese fragt Hintergrundinformationen ab, aus denen dann die konkreten Möglichkeiten für Sulzer und allfällige offene Fragen abgeleitet werden, die in einem nachfolgenden Schritt zu beantworten sind. Doch was ist eine gute Idee für Sulzer? Auf der Grundlage der erfassten Daten aus der Checkliste lässt sich die Marktattraktivität und die Wettbewerbsstärke von Sulzer in Bezug auf eine Idee mithilfe klar definierter, vereinheitlichter Kriterien quantifizieren 3. Ein wichtiges Element für die Beurteilung einer Idee ist die Übereinstimmung mit der Unternehmensstrategie von Sulzer, d.h. das Streben nach Innovation angrenzend an die bestehenden Geschäftstätigkeiten der Divisionen in den Hauptmärkten des Unternehmens. Ein weiterer bedeutender Faktor ist die Nachhaltigkeit, denn Sulzer ist bestrebt, durch die Bereitstellung energieeffizienter und ressourcenschonender Lösungen und Dienst- 3 Matrix zur Beurteilung der Marktattraktivität in Verbindung mit der Wettbewerbsstärke von Sulzer (Hinweis: Die Größe der Blasen ermöglicht die Darstellung eines bestimmten Kriteriums in dem Diagramm; z.B. Möglichkeit zur Differenzierung). 9 Idee 1 Hoch Idee 2 Idee 3 Idee 4 Idee 5 Idee 6 Mittel Marktattraktivität 6 Idee 7 Idee 8 3 Niedrig Idee 9 0 0 Niedrig 3 Mittel 6 Wettbewerbsstärke von Sulzer 8 | Sulzer Technical Review 2/2011 Hoch 9 leistungen in allen ihren Branchen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beizutragen. Neben ihrer eigenen unternehmerischen Tätigkeit profitiert Sulzer auch von anderen aufstrebenden Firmen – zum Beispiel von Startup-Unternehmen – die in der Regel äußerst innovativ und dynamisch sind, aber häufig zusätzliches technisches Wissen und globale Vertriebskanäle benötigen. Dies bietet eine gute Chance für etablierte Industrieunternehmen, Lücken zu schließen und eine Win-Win-Situation zu schaffen, bei der die Beteiligten voneinander profitieren. Das Aufspüren solcher Startup-Unternehmen und die Entwicklung einer gemeinsamen Zukunft kann als externes Corporate Venturing (CV) bezeichnet werden. Dies ist nichts anderes als die Beteiligung an solchen innovativen Unternehmen (z.B. Startups), hauptsächlich in Form von Allianzen, strategischen Projekten und Akquisitionen, ggf. aber auch durch Investitionen mit Beteiligungskapital (Venture Capital, VC). Hier übernimmt der Innovation-ManagementCluster eine Schnittstellenfunktion. Innovationsinitiativen – Initiierung erfolgreicher Innovationsprojekte Die Steuerung von Innovationsinitiativen erfolgt auf der Grundlage des systematischen, mehrstufigen Innovationsprozesses von Sulzer. Der Schritt von der Generierung einer Idee zum Start einer autonomen Innovationsinitiative in einem sich entwickelnden Umfeld auf divisionsübergreifender Ebene ist jedoch kritisch 4. Dabei erleichtert der Innovation-Management-Cluster die Identifizierung der entsprechenden Personen und die Initiierung von Machbarkeitsstudien in Zusammenarbeit mit den Divisionen. INNOVATION FähigkeitdesmittlerenManagements,dieInitiativeamLebenzuhalten Sichentwickelndes Umfeld Autonome Innovationsinitiative Strategischer Kontext (neu?) ändern Steuern der Verbindung Konzept der Unternehmens- Bestehendes Umfeld strategie Inkrementelle Innovation (Entwicklung) Struktureller Kontext Prozesse und Systeme Ein geeignetes Mittel zur Initiierung einer Innovationsinitiative ist ein Workshop, bei dem die detaillierten Bedürfnisse für das neue Angebot – häufig in Zusammenarbeit mit einem wichtigen Kunden und den entsprechenden Experten aus den Divisionen, zum Beispiel aus dem überregionalen Management, dem Vertrieb und Marketing sowie der Produktentwicklung – identifiziert werden. Aufgrund der funktionsübergreifenden und internationalen Zusammensetzung des jeweiligen Kernteams besteht eine weitere kritische Phase darin, die neu ins Leben gerufene autonome Innovationsinitiative mithilfe eines geeigneten kontinuierlichen Prozesses in einem sich entwickelnden Umfeld jenseits bestehender Strukturen «am Leben» zu halten. Reale Beispiele für Innovationsinitiativen – für eine nachhaltige Welt Im Hinblick auf eine Reduzierung von Umweltbelastungen wurden bei Sulzer drei Bereiche identifiziert 5, die durch folgende laufende Projekte charakterisiert werden: • Solarthermie (Concentrated Solar Power, CSP), eine Form der Nutzung erneuerbarer Energien, bündelt die Sonnenstrahlen, um ein Fluid – meist ein Wärmeträgeröl – zu erwärmen, das 5 Drei interessante Tätigkeitsbereiche – heute und morgen. Erneuerbare Energien 4 Eigenschaften von autonomen Innovationsinitiativen (Siehe Robert A. Burgelman (Stanford Business School) et al. (2004): „Strategic Management of Technology and Innovation“, 4th Edition. ISBN 0-07-253695-0) Energieeffizienz Umwelt Energieeffiziente Lösungen für eine sauberere Zukunft Fähigkeiten des Unternehmens dann zur Dampferzeugung und anschließenden Stromerzeugung mithilfe herkömmlicher Dampfturbinen genutzt wird (siehe STR 1/2010, S. 20, Die Kraft der Sonne). Die CSPInitiative von Sulzer wurde 2009 ins Leben gerufen und hat erheblich zur Ausrichtung aller funktionsübergreifenden, divisionsinternen und divisionsübergreifenden Aktivitäten beigetragen. Mittlerweile ist CSP ein Millionen-Dollar-Geschäft für Sulzer, das – auch dank neuer Produkte und Dienstleistungen – zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von SulzerKunden beiträgt. • Ein Schlüsselmerkmal intelligenterer Produkte ist eine höhere Energieeffizienz. In Zusammenarbeit mit den Divisionen wurden vom Innovation Management Projekte initiiert und abgestimmt, die gleichzeitig in den Divisionen ausgeführt werden. Zur Förderung des gegenseitigen Austauschs und zur Entwicklung konkreter Lösungen für intelligentere Produkte und Dienstleistungen finden regelmäßige divisionsübergreifende Veranstaltungen statt, die durch Vorträge von internationalen externen Experten ergänzt werden. • Erdgas trägt aufgrund seines geringeren Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnisses im Vergleich zu anderen fossilen Brennstoffen wie Öl oder Kohle zur Senkung des CO2-Ausstoßes bei. Trotz der weltweiten Bemühungen zur Entwicklung erneuerbarer Energien wird die Welt in den nächsten Jahrzehnten – auch angesichts der Reduktion von Treibhausgasen – weiterhin stark von fossilen Brennstoffen abhängig sein. In diesem Zusammenhang kann sogenanntes unkonventionelles Gas wie Schiefergas dabei helfen, die Zeit zu überbrücken, bis der weltweite Energiebedarf durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann. Besonders in den USA ist man in diesem Bereich sehr aktiv. Da die Förderung solcher Gase große Mengen Wasser erfordert, könnte die Wasseraufbereitung ein weiterer vielversprechender Einsatzbereich für neue Produkte und Dienstleistungen von Sulzer sein. Insgesamt gilt es für ein verantwortungsbewusstes, nachhaltigkeitsorientiertes Unternehmen wie Sulzer jedoch, die Chancen und Risiken vernünftig gegeneinander abzuwägen. Als Unternehmen ist Sulzer bestrebt, eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben und gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit in einer sich ständig verändernden Welt sicherzustellen. Die Innovation als kundenorientierter Prozess spielt hierbei eine bedeutende Rolle. Marc Heggemann Sulzer Markets and Technology AG Sulzer Innotec Sulzer-Allee 25 8404 Winterthur Schweiz Telefon +41 52 262 82 36 [email protected] Literaturhinweise • Lösungen für die Zukunft, STR 2+3/2009 http://www.sulzer.com/de/Portaldata/7/Resources/03_ newsmedia/str/2009/2009_2_3_Schlaepfer-d.pdf • Die Kraft der Sonne, STR 1/2010: http://www.sulzer.com/de/Portaldata/7/Resources/03_ newsmedia/str/2010/20_Heggemann_d.pdf • Fokus: Energieeffiziente Lösungen: www.sulzer.com/fokus • Your Partner for Concentrated Solar Power Generation: http://www.sulzerpumps.com/Portaldata/9/Resources/ brochures/power/ConcentratedSolarPowerGeneration_ en_E10052_10_2010.pdf Sulzer Technical Review 2/2011 | 9 INNOVATION Implementierung eines internen Wassernebel-Kühlsystems Innovativer Doppelbetrieb In einem einzigartigen Retrofit-Projekt ist es Sulzer Turbo Services gelungen, eine Dampfturbine für eine doppelte Nutzung nachzurüsten. Damit ist der Kunde nun in der Lage, im Sommer Strom zu erzeugen und im Winter Dampf an eine pharmazeutische Anlage zu verkaufen. Ausgerüstet mit fundiertem technischem Know-how, bietet Sulzer Turbo Services Lösungen für individuelle Probleme an. S ulzer Turbo Services erhielt den Auftrag, eine Machbarkeitsstudie zur Implementierung eines Kühlnebelsystems für eine Dampfturbine in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage durchzuführen und ein entsprechendes System zu entwerfen. Ziel des Kunden war es, eine vollständige Entnahme des Dampfes nach der zweiten Stufe zu ermöglichen, da es für das Unternehmen lukrativer ist, den Dampf im Winter an eine nahegelegene pharmazeutische Anlage zu verkaufen, als damit Strom zu erzeugen. Vorgesehen war daher eine Auskopplung des gesamten Dampfes nach der zweiten Turbinenstufe – aller- dings nur in den Wintermonaten. Da die pharmazeutische Anlage im Sommer keinen Dampf benötigt, sollte die Turbine in dieser Zeit mit ihrer vollen Kapazität zur Stromerzeugung genutzt werden. Dieser Doppelbetrieb (Winter und Sommer) stellte die Konstrukteure vor In Wärmekraftwerken kann der Dampf für die Stromerzeugung, Heizung und chemische Prozesse verwendet werden. Die Ingenieure von Sulzer legen das Verhältnis nach den Bedürfnissen der Kunden aus. © tamapapat | shutterstock.com 10 | Sulzer Technical Review 2/2011 4342 INNOVATION einige Herausforderungen. So würde die Turbine im Winterbetrieb ohne einen ständigen Dampfstrom durch die Stufen nach dem Entnahmepunkt mit Sicherheit überhitzen. Außerdem musste ein normaler Betrieb in den Sommermonaten möglich bleiben (d.h. Dampfstrom durch alle Stufen). Die Lösung bestand aus einem internen Wassernebel-Kühlsystem und der dazugehörigen Leittechnik. Das einzigartige Retrofit-Projekt wurde 2007 realisiert, und die Turbine ist seitdem erfolgreich in Betrieb. Diese Anwendung von Wassernebelvorhang-Technologien im großen Maßstab erforderte Weitblick und Ideenreichtum sowie klassische Ingenieurarbeit. So wurden zum Beispiel einige renommierte Experten zu Rate gezogen, um die mit Ventilationsverlusten verbundenen Probleme zu lösen. Die Lösung erfüllte die Anforderungen des Kunden auf revolutionäre Weise und lieferte dem Unternehmen einen deutlichen Mehrwert verbunden mit einer größeren Flexibilität. Wassernebel eingesprüht, um das Gehäuse optimal zu kühlen. Die zweite Einspritzstelle befindet sich hinter den Schaufeln der achten Stufe, wo das Kühlwasser fächerförmig eingesprüht wird. An verschiedenen Stellen wurden Thermoelemente zur Überwachung der Gehäusetemperatur und Sammler zur Ableitung von Kondenswasser aus der Turbine angeordnet. Um die gewünschte Kühlwirkung zu gewährleisten, werden in der dritten Stufe 0,7 und in der achten Stufe 1 bis 1,3 Liter Kühlwasser in der Minute benötigt. Damit sind die Anforderungen an die Kühlwasserzufuhr relativ gering. Der Durchfluss des Systems ist etwa um 25 bis 50% höher als der geschätzte Wert und wird über Nadelventile in der Nähe der Einspritzstellen gedrosselt. In der achten Stufe wird das Kühlwasser mit 4,13 bar eingespritzt, um der turbulenten Strömung von den Schaufeln entgegenzuwirken. Die Wassertemperatur liegt zwischen 39 °C und 42 °C. Technische Analyse Bei der technischen Analyse wurden die Ventilationsverluste mithilfe von empirischen Formeln berechnet. Die Dampfzustände (Druck und Temperatur) in den einzelnen Turbinenstufen wurden auf der Grundlage von Erfahrungen mit diesem Konstruktionstyp näherungsweise ermittelt. Der Kühlwasserfluss wurde auf der Basis einer zulässigen Höchsttemperatur für das Turbinengehäuse von 300 °C für die Stufen 3 bis 6, von 188 °C für die Stufe 7 und von 85 °C für die Stufe 8 errechnet. Die errechnete Leckage aus der Wellendichtung der dritten Stufe liegt für den einfachen bzw. doppelten Nennwert des Dichtspalts zwischen 6,3 und 16,8 l/min. Die doppelte Dichtspaltgröße diente hierbei als «WorstCase-Szenario», zum Beispiel hervorgerufen durch übermäßigen Verschleiß oder Reibung. Die Berechnungen ergaben, dass die Kühlwasserzufuhr 1 Kühlnebel- und Sprühwasser-Einspritzstellen in der dritten und achten Stufe. Realisierung einer vollständigen Dampfentnahme Um die vollständige Auskopplung des Dampfes zu ermöglichen, wurde ein relativ einfaches System entwickelt, das gleichzeitig dafür sorgt, dass die Gehäusetemperaturen innerhalb sicherer Grenzen bleiben. Außer dem Leckagedampf, der durch die Labyrinthdichtung zwischen der zweiten und dritten Stufe dringt, wird kein zusätzlicher Dampf zur Kühlung benötigt. Kühlwasser wird ausschließlich in den Stufen 3 und 8 zugeführt. Bild 1 zeigt einen Querschnitt durch die Turbine, bei dem die Wassereinspritzstellen grün hervorgehoben sind. Die erste Einspritzstelle befindet sich vor den Laufschaufeln der dritten Stufe. Hier wird das Kühlwasser in Form von Leitapparat Stufe 3 Kühlwasser Stufe 8 Kühlnebel Stufe 3 Sulzer Technical Review 2/2011 | 11 INNOVATION Passende Regelungsstrategie Kühlwasserdüse (6 Stück) 2 Verteilerrohr für die Wasserdüsen nach der achten Stufe. zur dritten Stufe für alle betrachteten Leckagewerte auf einen Wert festgelegt werden konnte, ohne dass die Temperaturgrenzen der einzelnen Stufen überschritten werden. Lösung mit minimalem Eingriff Bild 2 zeigt den Turbinenabschnitt mit dem Verteilerrohr und den Sprühdüsen aus einem anderen Blickwinkel. Um den Umfang des Verteilerrohrs sind in regelmäßigen Abständen sechs fächerförmige Sprühdüsen angeordnet. Die Düsen ragen etwa um eine halbe bis dreiviertel Schaufellänge hinter den Schaufelaus3 Kühlnebelsystem der dritten Stufe. Leitapparat Stufe 3 (halbe Beaufschlagung) trittskanten in die Turbine hinein und sind auf die Schaufelplattform gerichtet. Eine Rohrleitung zur Versorgung des Verteilerrohrs wurde auf einer Seite des gefertigten Austrittsgehäuses angeschweißt. Die Wasserzufuhr zur dritten Stufe ist schematisch in Bild 3 dargestellt. Über eine Stichleitung gelangt das Wasser in die Nähe der Zwischenwände. Dank dieser Lösung kann das Wasser trotz der beengten Platzverhältnisse in der oberen Gehäusehälfte effektiv zu den Nebelköpfen gleitet und die Bearbeitung des Gehäuses minimiert werden. Für die Stufen 3 und 8 wurde eine getrennte Regellogik implementiert. Die Tatsache, dass der Kühlwasserfluss für die Stufe 3 konstant bleiben konnte, vereinfachte die Regelungsstrategie. Lediglich der Kühlwasserfluss für die achte Stufe musste mit geringer Variation geregelt werden, was mithilfe eines Ein/Aus-Thermostats mit einer recht breiten Totzone – ca. 85 °C ein, 65 °C aus – erreicht wurde. Als geeignet erwies sich eine Regelungsstrategie, bei der der feste Kühlwasserzufluss eingeschaltet wird, wenn die Rückführventile der dritten Stufe die geschlossene Stellung fast erreicht haben. Die genaue Anstiegsrate und der Einschaltpunkt wurden im Rahmen von einfachen Inbetriebnahmeprüfungen bestimmt. Innovatives Engineering Aufgrund der Kühlanforderungen in der dritten Stufe bestand die potenzielle Gefahr von Erosionsschäden in den nachfolgenden Stufen. Auch wenn die Erosionsrate nicht vorhersehbar war, wurden die Stirnflächen der Rotorscheiben und Schaufeln mit einer Erosionsschutzschicht versehen. Außerdem wurde dem Kunden eine regelmäßige Überprüfung der Rotorscheiben und Schaufeln auf Erosion empfohlen. Mit innovativem Engineering ist es Sulzer Turbo Services gelungen, eine Lösung zu entwickeln, die es dem Kunden ermöglicht, seine Turbine in zwei Betriebsarten zu nutzen und somit einen bedeutenden Mehrwert und eine höhere Flexibilität zu erzielen. Nun wird die Turbine genutzt, um im Winter Dampf zu erzeugen, der verkauft wird, und im Sommer Strom zu produzieren. Luis E. Rodriguez Sulzer Turbo Services Houston Inc. 11518 Old La Porte Rd. La Porte, TX 77571 USA Telefon +1 713 567-2776 [email protected] Kühlnebeldüse (4 Stück) 12 | Sulzer Technical Review 2/2011 John O’Connor Sulzer Turbo Services Houston Inc. 11518 Old La Porte Rd. La Porte, TX 77571 USA Telefon +1 713 567-2773 [email protected] SULZER-ANALOGIE Die Fliege mit der Dreigangschaltung Technische Innovationen gelten gemeinhin als Ausdruck menschlicher Intelligenz und Experimentierlust. Die Natur bringt jedoch seit Urzeiten die erstaunlichsten Erfindungen hervor. Etwa eine Dreigangschaltung für den Flügelschlag der Schmeißfliege. Die mechanischen oder chemischen Kreationen im Tierreich entspringen zwar nicht einer momentanen Inspiration des Tiergehirns sondern sind das Ergebnis einer sehr langen Kette von zufälligen genetischen Mutationen. In eher seltenen Fällen wird daraus eine physische Variante, die dem Tier einen Überlebensvorteil bringt und im Wettbewerb um Nahrung und Fortpflanzungschancen zum entscheidenden Pluspunkt wird. Obschon eine solche evolutionäre Innovation also ein Kind der launischen und zufälligen Natur ist, vermag sie unser Erstaunen und unsere Bewunderung zu erwecken. Von der Schuppenhaut bis zur Echoortung Der neugierige Mensch hat schon früh der Natur den einen und andern Trick abgeschaut. So schnitt vor 200 Jahren Sir George Cayley gefrorene Forellen in Scheiben und konstruierte gemäß diesen Querschnitten ideale Schiffsrümpfe. In neuerer Zeit kopierte man die Schuppenhaut der Schlange für Langlaufski; die Waben der Honigbiene führten zu besseren Lautsprechermembranen. Und findet der Mensch selber die technische Die Calliphora erythrocephala fliegt mit 150 bis 200 Flügelschlägen pro Sekunde. Dies ermöglicht dem kleinen Insekt eine Fluggeschwindigkeit von 10 km/h. Gangschaltung für die Schlagamplitude © Noam Armonn | Shutterstock.com 4343 Lösung, muss er oftmals später erkennen, dass ihm die Natur um Jahrmillionen zuvorgekommen war. 1904 erhielt Christian Hülsmeyer ein Patent auf sein «Telemobiloskop», eine Verkehrskontrolle mithilfe von Funkwellenechos. 1938 zeigten dann Untersuchungen an Fledermäusen, dass diese Tiere Ultraschallsignale für just eine solche Echoortung beim Aufspüren von Beute und Erkennen von Hindernissen einsetzen. Eine unlängst entdeckte Einrichtung hat die Fachwelt besonders beeindruckt. Für ihr blitzschnelles Umhersurren braucht die Schmeißfliege Calliphora erythrocephala eine entsprechend rasante Flügelarbeit. Aufnahmen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera haben Frequenzen zwischen 150 und 200 Flügelschlägen pro Sekunde enthüllt, was das kleine Insekt mit über 10 Stundenkilometer durch die Luft sausen lässt. Solcher rascher Flügelschlag kann nicht durch normale, direkte Muskelarbeit geleistet werden. In der Insektenbrust versetzen eingespannte Längs- und Quermuskeln die steife Brustkapsel wie eine elastische Feder in schnelle Schwingungen. Diese überträgt ein spezieller Mechanismus auf die Flügelgelenke und setzt sie dort in Flügelbewegungen um. Mit zusätzlichen Muskeln, die jetzt direkt an den Flügeln angreifen, können Anstellwinkel und Profil des Flügels justiert werden, was sowohl den Auftrieb verändert als auch Flugmanöver erlaubt. Eine wichtige Feinsteuerung ist zudem © A. Wisser | Universität des Saarlandes Die Schmeißfliege hat eine Dreigangschaltung für den Flügelschlag. Die REM-Aufnahme zeigt die erste Schaltposition. die Schlagamplitude, also die Länge des Bogens, den der Flügel während des Schlages nach unten und oben beschreibt. In den siebziger Jahren tauchte die Vermutung auf, die Schlagamplitude werde bei der Schmeißfliege durch eine Art Gangschaltung reguliert. Alfred Wisser und Werner Nachtigall von der Universität des Saarlandes in Saarbrücken gingen in den 1980er Jahren der Sache auf den Grund – und fanden eine veritable Dreigangschaltung: Mit dem Flügelgelenk kombiniert ist ein «Getriebegehäuse», ein dreihöckriger Knorpel, dem ein gefurchter Zahn aufsitzt. Steuermuskeln können diesen Zahn seitwärts zu den verschiedenen Knorpelhöckern ziehen und dort einrasten. Die unterschiedliche Zahnstellung verändert nun die Position der Drehachse beim Flügelgelenk, was zu einer unterschiedlich großen Schlagamplitude führt. So kann die Fliege ähnlich einem Pferd verschiedene Gangarten wählen. Sie kann mit den Gängen aber auch die Flugbahn ändern, indem sie die beiden Flügel unterschiedlich schaltet. Herbert Cerutti Sulzer Technical Review 2/2011 | 13 INNOVATION MellapakCC™ – eine neue strukturierte Packung für die CO2-Abscheidung im Post-Combustion-Prozess Neue Möglichkeiten der Prozessintensivierung Sulzer hat eine neue strukturierte Kolonnenpackung zur effizienteren Abscheidung von Kohlendioxid (CO2) aus Rauchgasen fossil befeuerter Kraftwerke entwickelt. Die neue MellapakCC™ ermöglicht die Abscheidung von CO2 aus großvolumigen Gasströmen bei gleichzeitiger Reduktion der Kolonnengröße und des Druckabfalls. Für den Kunden bedeutet dies eine deutliche Senkung der Investitions- und Betriebskosten. B ei der Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (Carbon Capture & Storage, CSS) geht es darum, die CO2-Emissionen, welche bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehen, zu reduzieren, indem CO2 aus dem Rauchgas abgeschieden, verdichtet und Kraftwerk mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung in Niederaußem, Deutschland. dann gelagert wird. Die CO2-Emissionen, insbesondere aus Kohle- und Gaskraftwerken, gelten gemeinhin als eine der Hauptursachen für die globale Klimaerwärmung. Das große Interesse an der Minderung dieser Problematik hat zu einer sprunghaften Zunahme von Pilot- und Demonstrationsprojekten geführt, die nachweisen, dass Technologien zur Abscheidung von CO2 aus den Rauchgasströmen von Kraftwerken technisch und wirtschaftlich tragbar sind 1. Da die CO2-Abscheidung sehr viel Energie benötigt (hauptsächlich zur Regeneration © RWE 14 | Sulzer Technical Review 2/2011 4344 INNOVATION des Absorptionsmittels), befassen sich die einzelnen Technologieanbieter vornehmlich mit der Senkung dieser Energiekosten. Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus der Tatsache, dass Rauchgasströme aus Kraftwerken, welche typischerweise zwischen 3,5 und 14% Vol. CO2 enthalten, äußerst groß sind. Dies macht sehr große Kolonnen erforderlich. Um das Rauchgas durch den Absorber zu drücken, benötigt es – wegen des zu überwindenden Druckabfalls – ein Rauchgasgebläse. Die aufzuwendende elektrische Energie stellt einen erheblichen Kostenfaktor dar, wobei durch entsprechende Maßnahmen große Einsparungen erzielt werden können. In diesem Zusammenhang spielt die Wahl der Kolonneneinbauten für den Stoffaustausch eine wichtige Rolle. Strukturierte Packungen sind hier eine hervorragende Lösung, da sie zur Reduktion der Kolonnengröße (und damit der Investitionskosten) beitragen und einen geringen Druckabfall über dem CO2-Absorber bieten, was sich wiederum positiv auf die Betriebskosten auswirkt. Sulzer Chemtech hat eine neue strukturierte Packung vom Typ Mellapak™ speziell für die CO2-Abscheidung aus Rauchgasen nach dem Verbrennungsprozess (Post-Combustion Capture) entwickelt. Das Ziel ist eine Prozessintensivierung durch eine deutliche Reduktion des Druckabfalls und somit der Betriebskosten sowie eine Maximierung der Trennleistung zur Senkung der Investitionskosten. Es konnte eine bedeutende Kostenreduktion für die CO2-Abscheidung in Post-Combustion-Anlagen erzielt werden. Design eines modernen CO2-Absorbers Bild 2 zeigt eine schematische Darstellung von auf Amin basierendem CO2Wäschern für einen Rauchgasstrom, wie er zum Beispiel in einem Kohlekraftwerk realisiert werden könnte. Zwar bieten alle drei der dargestellten Kolonnen Möglichkeiten zur Prozessintensivierung, doch dieser Artikel befasst sich ausschließlich mit der CO2-Absorberkolonne, welche die größte Kolonne des Prozesses darstellt. Der Rauchgasausstoß eines typischen 800-MW-Kohlekraftwerks beträgt ca. 3 000 000 m³/h, und es werden mehr als 6 000 000 Tonnen CO2 im Jahr in die Atmosphäre emittiert. Bei einer Gasgeschwindigkeit von 2,1 m/s ist die erforderliche Querschnittsfläche des Absorbers etwa 400 m², was einem Kolonnendurchmesser von etwa 23 m entsprechen würde. Eine von Sulzer Chemtech durchgeführte Studie (Menon et al. 2009) hat gezeigt, dass strukturierte Packungen im CO2-Absorber einen effektiveren Stoffaustausch bieten als Schüttfüllkörperpackungen. Hier können (durch die Reduktion der Höhe der Packungsbetten) bis zu 15% der Investitionskosten eingespart werden. Darüber hinaus zeichnen sich strukturierte Packungen im Vergleich zu Schüttfüllkörpern durch einen deutlich (bis zu einem Faktor 2) geringeren Druckabfall aus. Diese Verbesserung ermöglicht entweder eine Verringerung des Kolonnendurchmessers (mit Einsparungen bei den Investitionskosten von bis zu 10%) oder eine erhebliche Senkung der Betriebskosten aufgrund des reduzierten Druckabfalls über den Absorber und den dadurch geringeren Strombedarf des Rauchgasgebläses. Ein weiterer Vorteil der strukturierten Packung ist die geringere benötigte Materialmenge, die im Vergleich zu Schüttfüllkörperpackungen erforderlich ist, was sich ebenfalls positiv auf die Investitionskosten auswirkt. Im Folgenden werden die Auswirkungen des Druckabfalls auf die Wirtschaftlichkeit des Prozesses analysiert. Die neue Sulzer-MellapakCC-Packung ist in der Lage, den Druckabfall im CO2Absorber gegenüber der bereits effizienten herkömmlichen Sulzer-Mellapak um 20 bis 35% zu reduzieren. Hierbei ist zu beachten, dass die typische Lebensdauer von Kraftwerken – anders als bei Anlagen der chemischen und Kohlenwasserstoff verarbeitenden Industrie, die für eine Betriebszeit von 10 bis 15 Jahren ausgelegt sind – 30 bis 40 Jahre beträgt. Eine einfache Analyse der Lebenszykluskosten für ein typisches 800-MWKraftwerk über einen Zeitraum von 30 bis 40 Jahren zeigt, welche Einsparungen bei den Stromkosten (durch Reduktion des Druckabfalls) erzielt werden können. Jedes Millibar, um welches der Druckabfall reduziert wird, führt zu erheblichen Einsparungen bei den Betriebskosten. Abbildung 3 zeigt eine Berechnung der jährlichen Einsparungen bei den Stromkosten, ausgehend von 1 Typisches Beispiel einer dem Verbrennungsprozess in einem Kraftwerk nachgeschalteten CO2-Abscheideanlage. Details siehe Bild 2. Mechanische Energie Niedertemperaturwärme Rauchgasgebläse (Atmosphäre) Kessel Kohlendioxid (CO2) CO2-Verdichter Niedertemperaturwärme Dampfturbine Kühler Entschwefelung Generator CO2Absorber Brennstoff Luft CO2-Stripper Partikelabscheidung Dampf Schlacke Schwefel Kühlwasser Flugasche Rauchgasgebläse CO2-beladenes Absorptionsmittel CO2-armes Absorptionsmittel Sulzer Technical Review 2/2011 | 15 INNOVATION Rauchgas (in die Atmosphäre) Absorber Frischwasser CO2 (zum Verdichter) Regenerator Regeneriertes Lösungsmittel Direktkontaktkühler Rauchgas (von REA) Rauchgasgebläse Beladenes Lösungsmittel Kondensat 2 Schematische Darstellung einer CO2-Abscheideanlage nach dem Prinzip der Aminwäsche. einer Reduktion des Druckabfalls von 5 mbar über die Länge der CO2-Absorberkolonne. Die Berechnung ergibt eine Einsparung bei den Stromkosten für das Rauchgasgebläse von EUR 225 000 pro Jahr. Über eine Betriebsdauer des Kraftwerks von 30 Jahren ließen sich durch eine Reduktion des Druckabfalls von 5 mbar also bis zu EUR 6 750 000 an Stromkosten einsparen. Diese Kosten müssen bei der Konstruktion des Absorbers und bei der Wahl der Packung sowie der dazugehörigen Kolonneneinbauten berücksichtigt werden. Prozessintensivierung: Entwicklung der MellapakCC™-Packung Der entscheidende Einfluss des Druckabfalls auf die Betriebskosten der Anlage hat Sulzer Chemtech dazu bewogen, ein 3 Stromkosteneinsparungen für das Rauchgasgebläse für ein mittelgroßes europäisches 800-MW-Kraftwerk. Prozessparameter Wert Rauchgasdurchflussmenge, G 3 000 000 m3/h Druckabfallreduktion, Δp 5 mbar Gebläsewirkungsgrad, η 0,75 Betriebsdauer, t 8100 h/a Stromkosten1, c 0,05 EUR /kWh Jährl. Energie, E = G • Δp • t/η 4,5 • 106 kWh /Jahr Stromkosten, C = E • c EUR 225 000 /Jahr 1 Durchschnittl. Stromkosten in EU25-Ländern (Eurostat 2007) 16 | Sulzer Technical Review 2/2011 F&E-Programm ins Leben zu rufen, um das Verhältnis von Stoffaustausch und hydraulischer Leistungsfähigkeit der strukturierten Packung zu optimieren. Ziel des Programms war es, die effektive Stoffaustauschfläche (bzw. die Benetzung) zu maximieren bzw. zu erhalten und gleichzeitig den Druckabfall zu minimieren. Um eine solche Optimierung der Packungsgeometrie zu ermöglichen, musste das Testsystem (Lösungsmittel) festgelegt sowie ein herkömmlicher Mellapak-Typ als Vergleichsmaßstab gewählt werden. Die Absorption von CO2 beim PostCombustion-Prozess ist vorwiegend flüssigseitig kontrolliert und zeichnet sich durch eine schnelle chemische Reaktion aus. Als Vergleichsmaßstab zur Optimierung wurden herkömmliche MellapakTypen mit einer relativ geringen geometrischen Fläche (zwischen 200 und 250 m2/m3) gewählt, weil diese bessere Benetzungseigenschaften aufweisen als Packungen mit größeren spezifischen Flächen. Dies führt zu einer besseren Nutzung der installierten Oberfläche und einer Optimierung der damit verbundenen Packungskosten. So wurden die Mellapak-Ausführungen Mellapak 2X (200 m²/m³) und Mellapak 250.X (250 m²/m³) zur weiteren Optimierung ausgewählt. Im Rahmen einer systematischen parametrischen Studie wurde der Einfluss der Mikrostruktur, der Lochgröße, der Lochanzahl und des Winkels des Wellenprofils genau untersucht. Die Studie führte zur Entwicklung von zwei neuen Packungsausführungen mit speziellen geometrischen Merkmalen, MellapakCC-2 und MellapakCC3, die sich in ihren spezifischen Oberflächen unterscheiden. Die beiden Packungstypen sind das Ergebnis einer Optimierung der Packungsgeometrie im Hinblick auf die Materialanforderungen (niedrigere Investitionskosten), den Druckabfall (niedrigere Betriebskosten) und eine maximal mögliche Grenzfläche (niedrigere Investitions- und Betriebskosten). Leistungsfähigkeit der MellapakCC™-2 und MellapakCC™-3 Die Bilder 4 a und 4 b geben einen Eindruck von der hydraulischen Leistungsfähigkeit der beiden Typen MellapakCC-2 und MellapakCC-3. Die hydraulische Leistungsfähigkeit wurde mithilfe eines Luft-Wasser-Systems in einer Kolonne mit einem Durchmesser von 1000 mm bei verschiedenen Flüssigkeitslasten gemessen, wie sie typischerweise in Post-Combustion-Anwendungen auftreten. Die Messungen bestätigten die deutliche Reduktion des Druckabfalls der neuen MellapakCC-Struktur im Vergleich zur herkömmlichen Mellapak. Tatsächlich ist der Druckabfall beim Typ MellapakCC-2 um bis zu 20% geringer als bei der herkömmlichen Mellapak 2X 4 a. Vergleicht man die MellapakCC-3 mit der Mellapak 250.X, ist der Druckabfall sogar um bis zu 35% geringer 4 b. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Druckabfallkurven der MellapakCC-2- und MellapakCC-3-Packungen bei einer konstanten Flüssigkeitslast von 25 m³/(m2 • h) und bei variierender Gasdurchflussmenge nahezu identisch sind 4 c. Die Trennleistung der neuen Packungen wurde durch Experimente bestimmt, bei denen CO2 (aus der Luft) in einer INNOVATION NaOH-Lösung absorbiert wurde. Hierbei handelt es sich um ein flüssigseitig kontrolliertes System mit schneller chemischer Reaktion. Da für das CO2/NaOHSystem alle relevanten physikalischen Eigenschaften bekannt sind, lässt sich die für den Stoffaustausch effektiv verfügbare Fläche errechnen, die die Trennleistung der Packung bestimmt. Die Trennleistung der neuen Packungen 4 d wird dargestellt mittels der erzielten effektiven Stoffaustauschfläche bei einer konstanten Gasdurchflussmenge gegenüber einer variierenden Flüssigkeitslast. MellapakCC-2 und Mellapak 2X weisen nahezu die gleiche Stoffaustauschleistung auf. Das Gleiche gilt für die Typen MellapakCC-3 und Mellapak 250.X. MellapakCC-3 hat eine bessere Trennleistung als MellapakCC-2. Dies ist auf die größere geometrische Fläche der MellapakCC-3 gegenüber der MellapakCC-2 zurückzuführen. Dies bedeutet auch, dass für die neue MellapakCC-3 im Vergleich zur herkömmlichen Mellapak 2X eine um etwa 20% geringere Packungshöhe erforderlich ist und sich dadurch sogar ein bis zu 35% geringerer Druckabfall realisieren lässt (aufgrund im CO2-Absorber bei gleicher Trennleistung verglichen mit herkömmlichen Mellapak-Typen. Damit bieten die MellapakCC-Packungen ein erhebliches Potenzial zur Senkung der Investitionsund Betriebskosten im Bereich der Post-Combustion-Abscheidung. Beide Packungstypen, MellapakCC-2 als auch MellapakCC-3, sind bereit, in naher Zukunft in Pilot- und Demonstrationsanlagen eingesetzt zu werden. Auch wenn der Typ MellapakCC-3 der ideale Kandidat für die Optimierung des Absorberdesigns zu sein scheint, gibt es gute Gründe für den Einsatz der MellapakCC-2, zum Beispiel wenn ein bestehendes Mellapak2X-Design mit der MellapakCC-2 nachgerüstet werden soll. In diesem Fall bleibt die Packungshöhe die gleiche, aber der Druckabfall über den Absorber wird um 20% reduziert. Bei der Wahl des richtigen Packungstyps geht es letztlich um die Optimierung von Investitionskosten zu Betriebskosten bzw. darum den richtigen Mittelweg zwischen Kolonnengröße, Trennleistung und Druckabfall zu finden. der reduzierten Packungshöhe und des geringeren Druckabfalls pro Meter Packungshöhe). Damit ist die MellapakCC-3 die bevorzugte Packung für diese Anwendung, denn sie bietet zusätzlich zum geringeren Druckabfall eine höhere Trennleistung (aufgrund der größeren geometrischen Fläche). Zu beachten ist dabei, dass die erhaltenen Ergebnisse mit dem CO2/NaOH-Testsystem übertragbar sind auf andere Systeme mit schneller chemischer Reaktion (z.B. die CO2 -Absorber für den Post-Combustion-Prozess). Mit anderen Worten: Ist die benötigte Packungshöhe mit einer herkömmlichen Mellapak 250.X für ein solches System bekannt, ist mit MellapakCC-3 für das gleiche Lösungsmittel bei gleicher Packungshöhe der Druckabfall um 35% geringer. Einsatz der MellapakCC™ in Pilot- und Demonstrationsanlagen Wie aufgezeigt, ermöglicht die neue Familie der speziell für die CO2-Abscheidung nach der Verbrennung entwickelten Sulzer-Packungstypen MellapakCC eine deutliche Reduktion des Druckabfalls 4 Hydraulische Leistungsfähigkeit und Stoffaustauschleistung der MellapakCC-2 und MellapakCC-3. Vergleich des Druckabfalls: MellapakCC-2 und Mellapak 2.X a) 1,5 System: Wasser-Luft Kolonnen-ID: 1000 mm Packungshöhe: 3 m 20% niedriger MellapakCC-2: 0 m3/m2h MellapakCC-2: 25 m3/m2h MellapakCC-2: 50 m3/m2h Mellapak 2X: 25 m3/m2h 1,0 0,5 MellapakCC-3: 0 MellapakCC-3: 25 MellapakCC-3: 50 Mellapak 250.X: 25 1,0 ∆p/∆z (mbar/m) ∆p/∆z (mbar/m) System: Wasser-Luft Kolonnen-ID: 1000 mm Packungshöhe: 3 m 35% niedriger m3/m2h m3/m2h m3/m2h m3/m2h 0,5 0 0 0 0,5 1 1,5 F-Faktor 2 2,5 3 1,5 System: Kolonnen-ID: Packungshöhe: Flüssigkeitslast: 1,0 0 0,5 1 1,5 (Pa0.5 ) 2 2,5 3 F-Faktor (Pa0.5 ) Druckabfall der Mellapak-Packungen c) 300 Wasser-Luft 1000 mm 3m 25 m3/m2h 0,5 System: NaOH/CO2 /Luft F-Faktor: 2 Pa0,5 Literaturhinweise 200 150 0 MellapakCC-3 MellapakCC-2 Mellapak 250.X Mellapak 2X 100 1,5 Markus Duss Sulzer Chemtech AG Sulzer-Allee 48, Postfach 65 8404 Winterthur Schweiz Telefon +41 52 262 6714 [email protected] 250 MellapakCC-3 MellapakCC-2 Mellapak 250.X Mellapak 2X 0 Abhilash Menon Sulzer Chemtech AG Sulzer-Allee 48, Postfach 65 8404 Winterthur Schweiz Telefon +41 52 262 6184 [email protected] Effektive Grenzfläche der Mellapak-Packungen d) ∆p/∆z (mbar/m) ∆p/∆z (mbar/m) Vergleich des Druckabfalls: MellapakCC-3 und Mellapak M250.X b) 1,5 2 F-Faktor 2,5 (Pa0.5 ) 3 0 10 20 30 Flüssigkeitslast (m3/m2h) 40 50 • Menon, A., Duss, M., Bachmann, C.: «Post-combustion Capture of CO2 (Case study of a generic amine-based absorption process)». Petroleum Technology Quarterly (Quarter 2, 2009): Seiten 115–121 • Duss, M., Menon, A.: «Optimized Absorber Design for Post-combustion CCS». Proceedings of the 9th Distillation and Absorption Conference. 12–15 September, Eindhoven, Niederlande • Eurostat (2007), http://epp.eurostat.ec.europa.eu/ Sulzer Technical Review 2/2011 | 17 INNOVATION Numerische Simulation von Plasmaspritzprozessen Hohe Temperaturgradienten innerhalb von Millimetern Die Entwicklung numerischer Modelle zur Simulation von Plasmaspritzprozessen bei Sulzer Innotec hat in den letzten Jahren viel zum Verständnis der physikalischen Vorgänge in Plasmaspritzpistolen beigetragen. In Zusammenarbeit mit Sulzer Metco wurden die Modelle kontinuierlich erweitert, auf verschiedene Spritzprozesse angewendet und nach Möglichkeit validiert. B ei Plasmaspritzprozessen wird ein Gasgemisch in einer Düse beschleunigt. Direkt nach dem Düsenaustritt wird das Pulver radial zugegeben, welches dann die Schicht auf dem Substrat bildet 1. Die thermische Energie, welche zum Aufschmelzen des Pulvers notwendig ist, wird durch einen elektrischen Lichtbogen innerhalb der Düse erzeugt. Um diese komplexen phy- sikalischen Phänomene innerhalb und außerhalb der Düse auf numerischer Ebene abzubilden, ist eine Kopplung der Strömungstechnik (Navier-Stokes) mit der Elektromagnetik (Maxwell) erforderlich. Diese Kopplung wird über die Widerstandserwärmung im Gas sowie die Lorentzkraft aus Magnetfeld und Stromstärke ausgeführt und nennt sich Magneto-Hydrodynamik (MHD). Gastemperaturen von 30 000 K Die elektrische Leistung, welche durch den Lichtbogen in Wärme umgewandelt wird, liegt typischerweise im Bereich von 25–130 kW. Daraus folgen maximale Gastemperaturen von bis zu 30 000 K innerhalb der Pistole. Für die Simulation des Prozesses ist es deshalb unerlässlich, dass die Stoffdaten des Gasgemisches bis zu diesen hohen Temperaturen hin 1 F4-Plasmaspritzpistole, montiert auf einem ABB-Roboter, beim Spritzen von Turbinenteilen. 18 | Sulzer Technical Review 2/2011 4345 INNOVATION richtig hinterlegt sind, da die Dissoziation und die Ionisation der Teilchen die Eigenschaften der Gase stark beeinflussen. Solch hohe Leistungsdichten führen natürlich auch zu hoher Beanspruchung des Düsenmaterials, weshalb eine Kühlung der einzelnen Komponenten unabdingbar ist. Dies geschieht bei den meisten Prozessen über einen integrierten Wasserkreislauf. Bis zu 50% der elektrischen Leistung wird bei Plasmaspritzprozessen hauptsächlich über Strahlung an das Düsenmaterial und somit an das Kühlwasser abgegeben, um ein Überhitzen der Komponenten zu vermeiden. Folglich ist es sehr wichtig, dass auch der Energieverlust durch Strahlung des Lichtbogens numerisch möglichst genau abgebildet wird. Modellvalidierung anhand der TriplexPro™-200 Die Validierung solcher komplexer physikalischer Phänomene ist enorm wichtig. Für die Anwendung der ersten MHD-Simulationen wurde die Modellierung der TriplexPro™-200 von Sulzer Metco ausgewählt, da sich diese mit ihren drei Kathoden durch eine hohe Prozessstabilität auszeichnet. Quantitativ konnten nur globale Größen wie die elektrische Leistung, die Wärmeverluste an das Kühlwasser und der Druck am Eintritt gemessen und mit den Resultaten verglichen werden. Da die Messung von einzelnen Zustandsgrößen wie Gasgeschwindigkeit, Gastemperatur usw. in der Pistole nicht möglich ist, wurde zur weiteren Validierung der Simulationsresultate auch auf qualitative Vergleiche zurückgegriffen. Solche qualitative Vergleiche sind Form und Position der LichtbogenAnsatzpunkte auf der Kathode 2 und der Anode. Weiters weist die TriplexPro-200 einen sogenannten «consolidation point» auf. Dies ist jene Position in der Kammer, wo die Strömung der einzelnen Gaseinlässe in eine axiale Drallströmung wechselt. Die exakte Position lässt sich durch Spuren an der Kammerwand erkennen und mit den Resultaten aus der Strömungssimulation vergleichen. Es wurden trotz numerischen Verein- 2 Der qualitative Vergleich der Lichtbogen-Ansatzpunkte aus der Simulation mit abgenutzten Kathoden der TriplexPro™-200 dokumentiert die Genauigkeit der Simulation. fachungen und einigen Modellannahmen sehr gute Übereinstimmungen zwischen Realität und Simulation erzielt. In einer zweiten Runde wurden die Modellparameter noch leicht angepasst und anschließend für verschiedene Prozessparameter erfolgreich getestet. Anwendung des Modells auf die F4-Spritzpistole Das bestehende und anhand der TriplexPro-200 validierte Simulationsmodell wurde anschließend auf eine andere Spritzpistole des Typs F4 von Sulzer Metco angewendet. Dabei stand die Optimierung des Kühlkreislaufes im Vordergrund, was eine Erweiterung des Modells nötig machte. Es galt die Wasserführung geometrisch so zu verändern, dass die Belastung im Material nicht zu groß wird und trotzdem möglichst wenig Energie an das Kühlwasser abgegeben wird. Auch müssen die Temperaturen im Kühlwasser unterhalb des Siedepunktes gehalten werden, da dies lokal zu einer drastischen Verringerung des Wärmeübergangs führen würde. Die Simulation wurde aufgrund der physikalischen und geometrischen Komplexität in zwei Simulationsschritte unterteilt. Als erstes wurde die Plasmaströmung und die daraus resultierende Wärmebelastung durch Strahlung und Konvektion auf die Düsenwand berechnet. Da es sich bei der F4 um eine einkathodige Pistole handelt, konnte die Strömung in der Düse nicht mehr als quasi-stationär betrachtet werden. Der Ansatzpunkt des Lichtbogens auf der Anode ändert sich zeitlich stark in axialer wie auch in Umfangsrichtung, was am Sägezahnverlauf der elektrischen Spannung zu erkennen ist. Diese Schwankungen liegen jedoch im kHz-Bereich und dürfen in einer guten Näherung in Umfangs- und in axialer Richtung zeitlich gemittelt werden. Die gemittelte thermische Belastung wurde anschließend einer weiteren Simulation übergeben, welche die Wärmeleitung im Material und die Strömung im Kühlkreislauf berücksichtigt. Mit geeigneten Variationen des Designs konnte die Führung des Kühlwassers optimiert und die thermische Belastung des Düsenmaterials entscheidend verringert werden 3. Entmischung des Plasmagases – ein Phänomen hoher Gradienten In den meisten Fällen werden Gasgemische (z.B. Argon-Helium) als Plasmagas verwendet. Bis anhin wurden die Gase als homogenes Gemisch berücksichtigt und deren Eigenschaften entsprechend gewichtet. In der Realität kommt es jedoch, getrieben durch lokale Gradienten im molaren Anteil, in der Temperatur, im Druck und im elektrischen Feld, zu 3 Die hohen Temperaturen führen zu einer hohen Beanspruchung des Materials, weshalb eine Wasserkühlung notwendig ist. Das Bild zeigt die Stromlinien und Temperaturverteilung im Kühlwasserkreislauf der F4-Spritzpistole. Kalt Heiß Sulzer Technical Review 2/2011 | 19 INNOVATION Anode Kathode Molarer Anteil von Argon Gering Hoch 4 Die hohen Temperaturgradienten führen zu einer Entmischung der Prozessgase. Das Bild zeigt den molaren Anteil von Argon im Gasgemisch innerhalb einer vereinfachten F4-Spritzpistole. Entmischung der einzelnen Gaskomponenten 4. Dies wiederum resultiert in einer ortsabhängigen variablen Zusammensetzung des Gases und führt somit zu unterschiedlichen Stoffeigenschaften. Mit der Implementierung der temperatur- und druckabhängigen Diffusionskoeffizienten konnten wichtige Entmischungseffekte im Bereich der Kathode gezeigt werden. Thermische Belastung der Elektroden Die Elektroden einer Plasmaspritzpistole sind einer starken thermischen Belastung ausgesetzt. Gerade am Ansatzpunkt des Lichtbogens auf der Kathode treten enorme Temperaturgradienten auf, da die Temperatur auf einer sehr kurzen Distanz von der Oberflächentemperatur der Kathode auf Plasmatemperatur ansteigt. In diesem Bereich kommt es im Betrieb zu einem Ungleichgewicht von Ionen und Elektronen 5. Die leichten Elektronen diffundieren schneller in dieses Gebiet geringeren Ionisationsgrades. Aufgrund dieser ambipolaren Diffusion entsteht direkt an der Kathode ein zusätzliches elektrisches Feld, welches die Ionen in Richtung Kathode beschleunigt. Dort kommt es in Kathodenähe zu der Rekombination und somit zu einer Freisetzung der Ionisationsenergie. Gleichzeitig emittiert auch die heiße Kathode Elektronen und kühlt diese durch die sogenannte Thermoemission. Diese thermische Wechselwirkung zwischen Kathode und Plasmagas wurde in einem weiteren Projekt numerisch untersucht. Dazu wurde die vereinfachte, rotationssymmetrische Umströmung einer F4-Kathode im Betrieb gewählt, da im Elektrodengebiet ein sehr feines Rechengitter benötigt wird. Es hat sich gezeigt, dass die Belastung am Rand des Ansatzpunktes am höchsten ist, da in dieser Randzone die Kühlung durch Thermoemission fast komplett wegfällt. Der direkte qualitative Vergleich mit abgenutzten Kathoden zeigte eine gute Übereinstimmung mit den erzielten Resultaten aus den Simulationen. Neuartiger Prozess zur Erzeugung thermischer Schutzschichten Ein neuartiger Prozess zur Erzeugung von thermischen Schutzschichten (TBC) ist das PS-PVD (Plasma Spray Physical Vapor Deposition). Dabei wird eine Hochleistungspistole des Typs O3CP in einer Vakuumkammer bei Absolutdrücken von 1,5 mbar betrieben. Das Pulver wird dabei innerhalb der Düse zugegeben und im Flug aufgeschmolzen und sogar verdampft. Dieser Dampf kondensiert wiederum auf dem relativ kalten Substrat und bildet so eine kolumnare Schicht. Die Strömung in der Vakuumkammer kann mit standardmäßigen CFDMethoden, welche auf der Kontinuumsmechanik basieren, nicht mehr abgebildet werden. Aus diesem Grund wurde die Düsenaustrittsregion auf ein Minimum reduziert. Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Untersuchung des Partikelverhaltens vom Eintritt in die Düse bis zur Verdampfung. Dabei wurden auch verschiedene Geometrievariationen der Pulverzuführung in die Düse und deren Einfluss auf die Partikelbewegung untersucht. Vertiefte Prozesskenntnisse dank modernster Simulationsmethoden Die Anpassung und Erweiterung der MHD-Methodik auf Anwendungen in der Plasmaspritztechnik haben in den letzten Jahren zu einem vertieften Verständnis der physikalischen Vorgänge in Spritzprozessen beigetragen. Die stetige Steigerung der Rechnerleistung hilft dabei, die hohen Anforderungen an die numerische Simulation komplexer Prozesse zu befriedigen. Das so generierte Prozessverständnis hilft den Entwicklern von Sulzer Metco, bestehende Produkte zu optimieren. Ebenfalls fließen die gewonnenen Erkenntnisse in die Entwicklung neuer Produkte ein. Reto Wäger Sulzer Markets and Technology AG Sulzer Innotec Sulzer-Allee 25 8404 Winterthur Schweiz Telefon +41 52 262 42 50 [email protected] 5 Schematische Darstellung der physikalischen Vorgänge im Elektroden-Fallgebiet. Fallgebiet Anode Kathode Kathode Plasmalichtbogen Plasmalichtbogen Kathode Gasströmung 10-5 m 20 | Sulzer Technical Review 2/2011 Plasmalichtbogen SULZER WELTWEIT Willkommen bei Sulzer Turbo Services in Venlo Das Werk von Sulzer Turbo Services im niederländischen Venlo bietet Vor-Ort-Services, spezialisierte Dienstleistungen in der eigenen Werkstatt, Engineering, Beschichtungen, Wartungsverträge, dynamisches Wuchten, Bearbeitungsdienstleistungen sowie die Fertigung von Teilen und Neuteilen für rotierende Maschinen an. Wir sind sieben Tage die Woche rund um die Uhr bereit für umfassende Reparatur-, Wiederherstellungs- und Instandhaltungsdienste für Turbomaschinen und elektrische rotierende Maschinen. Ein komplettes Engineering-Team steht dabei bei allen Reparatur-, Aufrüstungsund Neubemessungsarbeiten zur Verfügung. Finite-Elemente-Analyse, Rotordynamikanalyse, Analyse von Schadenfällen und Konstruktionsverbesserungen sind einige der vielen Dienstleistungen in Venlo. Kompetenzen des Standorts Venlo Sulzer Turbo Services ist mit thermischen Turbomaschinen aller Hersteller vertraut – unabhängig von Ausführung und Modell. In unserem Werk in Venlo werden regelmäßig vollständige Rotoren und andere Bauteile gefertigt. Für viele Bauteile bieten wir zudem Upgrades, Modifizierungen und Nachrüstungen an. Sulzer Turbo Services betreibt in Venlo ein voll ausgestattetes metallurgisches Labor inklusive Rasterelektronenmikroskopen zur Bewertung der Lebensdauer von Bauteilen, digitalen Röntgengeräten zur Untersuchung der internen Mikrostruktur von Turbinenschaufeln und Vakuum-Wärmebehandlungsöfen. Wir setzen ultrapräzise Koordinatenmessgeräte, computergestützte Konstruktion Mitarbeitende von Sulzer Turbo Services reparieren eine Gasturbine vor Ort bei einem Kunden. 4350 und Entwicklung, 3D-Scanner, Kameras zur thermographischen Analyse und die Finite-Elemente-Methode ein. Zur Verlängerung der Lebensdauer betriebskritischer Turbomaschinen bietet Sulzer Turbo Services eine Vielzahl von Beschichtungen an, die dazu dienen, dass Ihre Maschinen länger und effizienter laufen. Ein weiterer Vorteil ist unsere enge Kooperation mit Sulzer Metco, einer anderen Division des SulzerKonzerns. Sulzer Metco gehört zu den globalen Marktführern für Lösungen und Dienstleistungen in punkto Oberflächentechnik. Kundendienstleistungen vor Ort Bei Sulzer Turbo Services in Venlo haben wir ein engagiertes Team aus technischen Leitern, Diagnoseingenieuren, Inspektoren und erfahrenen Labortechnikern. Wir können für Reparaturarbeiten und Notdienste das komplette Personal aus den eigenen Reihen stellen. Zudem haben wir in unseren mobilen Außendienstfahrzeugen die modernste Technologie dabei. Wenn die Mannschaft an Ihrem Standort anrückt, ist sie voll ausgerüstet und sofort einsatzbereit. Unser Außendienst setzt qualifizierte und erfahrene Mechanikerteams ein – unabhängig davon, ob Sie Instandsetzungsarbeiten nach einem Komplettausfall des Werks oder die Neuinstallation von Anlagen vor Ort benötigen. Außerdem sind unsere Ingenieure und Techniker mit den modernsten technologischen Ausrüstungen vertraut. Unsere Technikerteams sind weltweit einsetzbar und können rund um die Uhr mobilisiert werden. Serviceverträge und Engineering Die Instandhaltung der Turbomaschinen im Rahmen Ihrer Prozesse ist eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Betrieb Ihres Werks. Wir erhöhen die Verfügbarkeit Ihrer Turbomaschinen – damit Sie sich auf das konzentrieren können, was für Ihr Unternehmen am wichtigsten ist. Im Zentrum unserer Serviceleistungen stehen Instandhaltung, Reparatur und Modernisierung, um die optimale Lebensdauer und Rentabilität Ihrer bestehenden Anlagen sicherzustellen. Sulzer Turbo Services hat Konstruktions- und Fertigungskompetenzen für Teile im Hochund Niedertemperaturbereich, einschließlich Laufrädern, Schaufeln, Auskleidungen oder Heißgasgehäusen. Auf alle gelieferten Teile geben wir eine umfassende Garantie, die zur Vereinfachung Ihres Kostenmanagements auf den gesamten Lebenszyklus der Teile verlängert werden kann. Sicherheit, Qualität und Umwelt Nachhaltigkeit bildet ein Kernelement der Strategie und Vision unseres Unternehmens. Sulzer entwickelt energiesparende Lösungen für seine Kunden, handelt als Hersteller umweltbewusst und investiert in seine Mitarbeiter. Sulzer Turbo Services Venlo ist zertifiziert gemäß ISO 9001. Sue Hudson Sulzer Technical Review 2/2011 | 21 INNOVATION Pilotversuche für eine Vielzahl von Grundoperationen Leistungsfähiger durch Versuche Die modernen Versuchszentren des Geschäftsbereichs Prozesstechnologie von Sulzer Chemtech bieten Serviceleistungen zur Durchführung von Pilotversuchen für einzelne und kombinierte Grundoperationen. Dazu stehen eine umfangreiche Anzahl von trenn- und polymertechnischen Anlagen, hoch qualifizierte Versuchsingenieure und Analysetechnik für die Prüfung von Systemen im Miniplant- und Pilotmaßstab zur Verfügung. Die Versuche dienen unter anderem dazu, die im Prozessdesign getroffenen Annahmen zu validieren und Kunden bei ihren Entwicklungsprojekten zu unterstützen. D er Bereich der Prozesssimulation hat sich gewaltig weiterentwickelt. So stehen heute umfangreiche elektronische Datenbanken mit den physikalischen Eigenschaften von Reinstoffen und Gemischen zur Verfügung, auf die problemlos mit dem PC zugegriffen werden kann. Dank dieser 1 Dünnschicht- verdampfer. Werkzeuge sowie benutzerfreundlicher grafischer Oberflächen, effizienter Programme und umfangreicher Korrelationsbibliotheken ist es Chemie- und Prozessingenieuren gelungen, ihre Effizienz und Produktivität erheblich zu steigern. So können heute binnen kurzer Zeit alternative Designs und hybride Prozess- lösungen entwickelt werden, bei denen Prozessschritte mit parametrischen Sensitivitätsanalysen kombiniert werden. Dies wiederum ermöglicht es den Ingenieuren, immer komplexere Optimierungslösungen anzubieten. Schon 1966 stellte Sherwood fest, dass jeder technische Designprozess mit Annahmen verbunden ist 1 und schlug folgende Möglichkeiten vor, die fehlenden Daten zu ermitteln: Nutzung des unternehmenseigenen Labors, Bau einer Pilotanlage oder Einkauf des Wissens. Mehrere Jahrzehnte später haben sich zwar die Werkzeuge weiterentwickelt, doch die Beschreibung bleibt noch immer sehr zutreffend. Vielfältiger Bedarf für Pilotversuche Aus wirtschaftlicher Sicht werden Pilotversuche notwendig, sobald es teurer ist, die Unsicherheit der Annahmen durch entsprechende Reserven abzudecken, als einen Pilotversuch durchzuführen. Natürlich gibt es auch Fälle, bei denen sich der Umfang der Unsicherheit nicht quantifizieren lässt. Die Rektifikation ist ein Trennverfahren, das intensiv untersucht wurde. Heute können viele chemische Trennprozesse zuverlässig simuliert werden, ohne dass dafür Versuche erforderlich sind. Wenn der «Unsicherheitsrahmen» identifiziert ist, können die Ingenieure entsprechende konstruktive Reserven ein- 22 | Sulzer Technical Review 2/2011 4346 INNOVATION bauen. Dies geschieht typischerweise durch Erhöhung des Rücklaufverhältnisses, Hinzufügen weiterer Trennböden oder Verlängerung der Packungsbetten. Ein gutes Beispiel für ein System, das sich sehr gut vorhersagen lässt, ist die Konzentration von wässrigem Wasserstoffperoxid durch Verdampfung und Rektifikation. Die Simulation von Reinigungsprozessen hingegen kann sich schwierig gestalten, wenn der Zulauf viele verschiedene Chemikalien enthält. Bei der Dimensionierung von Rektifikationskolonnen zur Herstellung von Produkten aus Steinkohlenteer weist das Chromatogramm des Einsatzstoffes nicht selten über 100 Peaks auf. Einige der exotischen Chemikalien sind nicht einmal in gängigen Datenbanken zu finden. In solchen Fällen könnte die Durchführung eines Validierungsversuchs zur Simulation der Rektifikation helfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch die Rektifikation die Konzentration bestimmter Komponenten aufgrund ihrer Toxizität unter einen bestimmten Grenzwert gesenkt werden soll und das Vertrauen in die Simulationsergebnisse begrenzt ist. Der Prozess der Verdampfung als verfahrenstechnische Grundoperation ist recht gut bekannt. Die Herausforderungen bei der Modellierung der Dampf- Flüssigkeits-Gleichgewichte ähneln denen bei der Rektifikation. Für Vakuumprozesse und Einsatzstoffe mit höherer Viskosität wird häufig das Verfahren der Filmverdampfung eingesetzt. Hier können Pilotversuche dabei helfen, die Anzahl von niedrigsiedenden Restverunreinigungen in einem hochsiedenden Produkt bzw. die Verluste an einem niedrigsiedenden Produkt bei der Verdampfung aus einem höhersiedenden Ausgangsgemisch zu optimieren bzw. zu verifizieren 1 . Darüber hinaus können Pilotversuche zur Überprüfung des errechneten Wärmeübergangskoeffizienten eingesetzt werden. Ein weiterer Prozess, bei dem Pilotversuche erforderlich sind, ist die Trennung durch fraktionierte Kristallisation. Dieses mehrstufige Trennverfahren basiert auf dem Übergang von der flüssigen in die feste Phase und einer Selektivität im Fest-Flüssig-Gleichgewicht. Mithilfe dieses Verfahrens können Stoffmischungen mit mehreren Komponenten in kleine Fraktionen mit hoher Reinheit der ausgewählten Komponenten aufgespalten werden. Auch wenn die Fest-Flüssig-Gleichgewichte für viele binäre und ternäre Systeme bekannt sind, lässt sich die Trennung ohne Durchführung von Pilotversuchen nicht genau 2 a und 2 b Anlage zur Kristallisation von Acrylsäure und Kristallisations-Pilotanlage. a) b) 3 Gerührte Kolonne für die FlüssigFlüssig-Extraktion im Pilotmaßstab. vorhersagen. Eine der Schwierigkeiten liegt in der Auswirkung des Kristallhabitus (Form) auf die Fähigkeit der kristallisierten Masse, Teile der Mutterlauge mit den Verunreinigungen zurückzuhalten 2. Mithilfe der Ergebnisse aus den Pilotversuchen lässt sich ein zuverlässiges Design für eine industrielle Anlage realisieren. Ein typisches Beispiel ist die Reinigung von Acrylsäure durch Kristallisation 2 . Ähnlich verhält es sich beim Scale-up von Kolonnen zur Flüssig-FlüssigExtraktion. Diese Technologie zeichnet sich durch einen niedrigen Energieverbrauch aus und ermöglicht die Konzentration und Reinigung von in großen Flüssigkeitsmengen gelösten Chemikalien. Für viele Anwendungen werden bevorzugt Kolonnen mit bewegten Einbauten eingesetzt, da diese eine kontrollierte Energiezufuhr in den bewegten Abschnitten ermöglichen. In den meisten Fällen sollten jedoch Pilotversuche durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass sich das System so verhält, wie es die Daten zu den Flüssig-Flüssig-Gleichgewichten vermuten lassen. Manche Stoffmischungen enthalten Salze oder Verunreinigungen, die sich auf die Grenzflächenspannung und somit auf die Tropfenbildung und die Sulzer Technical Review 2/2011 | 23 INNOVATION Phasentrennung auswirken können. Mithilfe von Pilotversuchen konnten Kolonnen mit bewegten Einbauten 3 erfolgreich auf Durchmesser von bis zu 3,1 m skaliert werden. Für größere Volumenströme werden aufgrund ihres höheren spezifischen Durchsatzes häufig Packungskolonnen bevorzugt. Der Durchmesser einer Kolonne zur FlüssigFlüssig-Extraktion lässt sich mit hoher Zuverlässigkeit skalieren, solange die axiale Rückvermischung entsprechend berücksichtigt wird. Zur Überprüfung dieses Phänomens sind häufig Versuche in einer Pilotkolonne erforderlich3. Membrantrennverfahren wie die Pervaporation und Membranfiltrationsprozesse (Umkehrosmose, Nanofiltration in wässrigen und Lösungsmittelgemischen) stoßen in der Industrie aufgrund ihrer Fähigkeit, Azeotrope zu trennen, und ihrer Energieeffizienz auf zunehmendes Interesse 4. Der komplexe Aufbau von Membranen und ihre vielseitige Einsatzfähigkeit erfordern in diesem vielversprechenden Gebiet rasche Innovationszyklen. Die Grundlagen des Membrandesigns sind zwar bekannt 4, doch der spezifische Durchsatz und die Selektivität einer Membran für ein bestimmtes Gemisch lassen sich selten genau vorhersagen. Da auch die Größe der benötigten Membranfläche einen Einfluss auf die Investitionskosten einer Anlage hat, ist die Durchführung entsprechender Pilotversuche generell empfehlenswert. Hierbei können neben Selektivität auch die Auswirkungen von Verunreinigungen auf die Leistungsfähigkeit der Membran durch Langzeit-Stabilitätstests überprüft werden. Die Herausforderungen im Bereich der Verarbeitungsverfahren gehen häufig über die Konzentrations- und Reinigungsprozesse hinaus, zum Beispiel bei der Verarbeitung von färbungsanfälligen Produkten wie Triethanolamin oder ungesättigten Fettsäuren. Bei diesen Produkten sind je nach verantwortlichem Mechanismus Maßnahmen erforderlich, die die Farbbildung minimieren oder verhindern. Beispiele für solche Mechanismen sind Oxidation durch Luft (Undichtigkeit) oder andere im Einsatzstoff vorhandene Oxidationsmittel, thermisches Cracken an den heißen Wänden eines Wärmetauschers oder thermisches Cracken innerhalb der Produktmasse bei längerer Verweildauer. Zur Überprüfung der Farbe der Endprodukte kann ein entsprechender Pilotversuch in einem Fallfilmverdampfer, einem Dünnschichtverdampfer oder einer Rektifikationskolonne durchgeführt werden. Einige Anwendungen dienen der Entfernung von Geruchsstoffen wie zum Beispiel für Oleochemikalien in der Kosmetikindustrie. Andere Anwendungen dienen der Konzentration von Geruchsstoffen, wie beispielsweise Mischungen in der Lebensmittelindustrie. Die für den Geruch verantwortlichen Moleküle können nicht als Chemikalien simuliert werden. Wenn noch keine Erfahrungen für die betreffende Anwendung vorliegen, müssen Pilotversuche durchgeführt werden, um eine zuverlässige Vorhersage des Ergebnisses zu ermöglichen. In der Polymertechnik werden Pilotversuche häufig für die Auslegung spezieller Produktionsprozesse und die Skalierung von Prozessausrüstungen benötigt 4 . Bei Polymerisationsprozessen verändert sich die Viskosität um mehrere Größenordnungen – in manchen Fällen sogar um den Faktor 10 6 und mehr. Dies macht eine Vorhersage des Fließverhaltens und der Phasengleichgewichte sehr schwierig. Hier sind vor der Auslegung einer industriellen Anlage besonders bei neuen Polymeren und Elastomeren Versuche im Pilotmaßstab erforderlich. Anforderungen an Pilotversuchsanlagen 4 Polymerisations-Pilotanlage. 24 | Sulzer Technical Review 2/2011 Große Unternehmen verfügen für gewöhnlich über eigene Versuchseinrichtungen. Zu den Standardausrüstungen gehören normalerweise Rührkesselreaktoren, Rektifikationskolonnen, Verdampfer und Flüssig-Flüssig-Extraktionskolonnen. Je nach Marktsegment werden auch spezielle Technologien wie Membrantrennanlagen implementiert. Die Herausforderungen beim Betrieb von Inhouse-Einrichtungen liegen hauptsächlich in der Kontrolle der Kosten und der Erhaltung des Know-hows. Alle möglichen Versuchsanlagen bereitzuhalten ist mit hohen Kosten verbunden. In manchen Fällen stellen Mietanlagen eine gute Alternative dar, doch neben den Finanzierungskosten für die Versuchsanlagen müssen in jedem Fall auch bestimmte Anforderungen in puncto Sicherheit, Personenschutz und Umweltschutz erfüllt werden. Außerdem sind INNOVATION neben den eigentlichen Pilotanlagen noch Analysegeräte, ein Chemikalienlager und eine Lüftungsanlage erforderlich. Häufig müssen die Installationen explosionssicher ausgeführt sein, was weitere teurere Ausrüstung erfordert. Besonders wichtig ist eine korrekte Installation im Hinblick auf die Dichtheit und Isolierung. Da Pilot- und Miniplantanlagen einen geringeren Betriebsinhalt und relativ große Oberflächen aufweisen, wirken sich Leckagen und Wärmeverluste wesentlich stärker auf die Versuchsergebnisse aus als bei Anlagen im industriellen Maßstab. Um diese Auswirkungen zu minimieren, sind umfangreiche Begleitheizungs- und teure Dichtungssysteme erforderlich. Unternehmen, die Polymerisationsprozesse betreiben, sehen sich mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Häufig beschränken sich die eigenen Einrichtungen auf einen Rührkessel. Die Implementierung und der Betrieb eines Schlaufenreaktors und eines FinishingAbschnitts sind kostspielige Investitionen für gelegentliche Prozessentwicklungen. Ein weiterer nahezu unerschwinglicher Aspekt von Inhouse-Versuchen ist die erforderliche Kompetenz des Betriebspersonals. Pilotversuche sollten die getroffenen Annahmen bestätigen und das Vertrauen in das Prozessdesign festigen. Letztlich liefert der Pilotversuch die Grundlage für die Konstruktion einer Anlage im großtechnischen Maßstab. Da ein unerkannter Fehler beim Versuch zu verheerenden Konstruktionsfehlern und finanziellen Verlusten führen kann, muss das Versuchspersonal gut geschult sein. Langjährige Erfahrung und Praxis sind dabei äußerst wertvoll. Die korrekte Bedienung der Regelkreise verdeutlicht dies. In einer großen Anlage dauert es für gewöhnlich eine Woche oder länger, bis die Regelkreise richtig eingestellt sind. Bei einem Pilotversuch sind die verfügbare Zeit und die Menge an Einsatzstoffen begrenzt, d.h., die Einstellung muss innerhalb weniger Stunden erfolgen. Innovation ist der Schlüssel zu neuen Lösungen, hybriden Prozessen und zur allgemeinen Prozessintensivierung. Die Kombination von Technologien wie Destillation und Pervaporation, FlüssigFlüssig-Extraktion und Stripping oder Verdampfung und Kristallisation stellt viele chemische Pilotversuchsanlagen vor große Herausforderungen. Diese kombinierten Technologien sind nicht nur im Hinblick auf die Pilotierung, sondern auch im Hinblick auf die Reserven bei der Dimensionierung der Ausrüstung und die Prozesssteuerung äußerst anspruchsvoll. Die damit verbundene Komplexität begrenzt den Zugang zu neuen und wettbewerbsfähigen Lösungen. 5 Versuchszentrum in Allschwil, Schweiz. Kundenversuchseinrichtungen bei Sulzer Chemtech Im Jahr 2009 übernahm Sulzer Chemtech das Unternehmen Kühni. Die vorhandenen Kompetenzen auf dem Gebiet der Prozesslösungen wurden im Geschäftsbereich Prozesstechnologie vereint. Dieser bietet Prozessdesign- und Engineeringleistungen, Prozessausrüstungen, modulare Anlagen und Einheiten für eine Vielzahl von Prozesslösungen. Zum Leistungsangebot gehören auch Pilotversuche für alle verfügbaren Grundoperationen mit der Möglichkeit, diese zu kombinieren. Folgende Pilotanlagen und Analysegeräte stehen an verschiedenen Standorten zur Verfügung 5 : • Destillation – 7 Kolonnen (ø 30 bis 500 mm) – Kontinuierlich oder diskontinuierlich – Glockenböden, Schlitzböden, strukturierte Packungen • Verdampfer – 3 Fallfilmverdampfer – 3 Dünnschichtverdampfer 1 – 2 Kurzwegverdampfer • Flüssig-Flüssig-Extraktion – 4 Kolonnen (ø 32 bis 150 mm) 3 – 3 Mischer-Abscheider ø 40 mm, 3 Mischer-Abscheider ø 100 mm • Membrantechnik – Labortestanlagen – Pilotanlagen – Druckgetriebene Membraneinheit im Pilotmaßstab • Kristallisation – 3 Fallfilmkristallisatoren 2 – 2 Statische Kristallisatoren – 1 Suspensionskristallisator • Polymertechnik – Statische Mischreaktoren für die Polymerisation verschiedener Monomere, z.B. Styrol und Lactide (ringförmige Diester der Milchsäure) 4 – Anlage zur Entgasung von verschiedenen Polymeren – Pilotlinie für expandierbares Polystyrol (EPS) – Verschiedene Extruder und statische Mischer für additive Mischversuche • Analysetechnik – GC-FID, GC-HWD, Headspace-GC – HPLC – UV/VIS-Spektrometrie – Titration (Säure-Base, Karl-Fischer, volumetrisch und coulometrisch) – Feststoff- bzw. Feuchtigkeitsgehalt per Thermowaage • Messung von physikalischen Eigenschaften – Dichte – Viskosität – Oberflächen- oder Grenzflächenspannung – Rheologie Laurent Zuber Sulzer Chemtech AG Gewerbestraße 28 Postfach 4123 Allschwil Schweiz Telefon +41 61 486 3708 [email protected] Literaturhinweise 1 Sherwood, T.K.: A Course in Process Design. Cambridge, MA: MIT Press, 1963. 2 Chianese, A., Parisi, M.: Kinetics: Fundamentals of Nucleation and Crystal Growth. Erscheinungsort: Verlag. Ulrich, J. und Glade, H.: Melt Crystallization. Erscheinungsort: Shake Verlag, 2003, S. 41– 69. 3 Mögli, A., Bühlmann, U.: The Kühni Extraction Column. Handbook of Solvent Extraction. Hg.: T.C. Baird, M. H. I. Lo, und Hanson, C. New York: Wiley Interscience, 1983. 4 Jonquière, A., et al. Industrial state-of-the-art of pervaporation and vapour permeation in the western countries. Journal of Membrane Science 206, 2002, S. 87–117. Sulzer Technical Review 2/2011 | 25 INNOVATION Suspensionsspritzen Neue Herausforderungen und Möglichkeiten In der Industrie herrscht ein stetig wachsendes Interesse an Plasmaspritzbeschichtungen unter Verwendung von flüssigen Suspensionen. Diese neue Technologie ermöglicht die Entwicklung von Beschichtungen mit feinerem Pulver, was wiederum einige Vorteile gegenüber herkömmlichen Beschichtungen bietet. Die Ingenieure von Sulzer Metco haben den Prototyp eines neuen Förderers entwickelt, der den Transport dieses feinen Pulvers ermöglicht und mit allen Plasmabrennern des Unternehmens kombinierbar ist. F F4-Plasmaspritzpistole beim Beschichten von medizinischen Implantaten. ür herkömmliche Plasmaspritzbeschichtungen werden pulverförmige Werkstoffe mit einer typischen Korngröße von 30 bis 80 µm verwendet, die pneumatisch transportiert und in den Plasmastrahl injiziert werden. Mit dem zunehmend besseren Verständnis von thermischen Spritzschichten wurde jedoch deutlich, dass Beschichtungen mit feineren Korngrößen aufgrund von Korngrenzeneffekten, die erst bei Pulverkorngrößen im Submikron-Bereich messbar werden, einige Vorteile bieten. 26 | Sulzer Technical Review 2/2011 Die vermehrte Verwendung von feineren Pulvern erfordert neue Methoden für den Transport und die Injektion des Pulvers, mit denen sowohl praktisch-technische Hürden überwunden als auch die mit Submikron-Pulvern verbundenen Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen berücksichtigt werden können. Auch wenn der Einsatz flüssiger Suspensionen nicht neu ist, besteht doch ein zunehmender Bedarf an praktischen und robusten Lösungen, die einen erfolgreichen kommerziellen Einsatz dieses Verfahren ermöglichen. Prinzipien der Flüssigkeitsförderung Anders als bei der Pulverförderung, bei der das Pulver mithilfe eines Gasstroms transportiert und in den Prozessstrahl injiziert wird, wird das Beschichtungsmaterial bei der Flüssigkeitsförderung mithilfe eines flüssigen Mediums transportiert und injiziert. Folgende Varianten werden unterschieden: • eine Suspension aus Pulverpartikeln und einem flüssigen Medium, vorzugsweise Wasser oder Ethanol (die gängigste Form von auf Flüssigkeit basierenden Spritzzusatzwerkstoffen), • eine Lösung, bei der das aufzubringende Material in einem flüssigen Medium, ebenfalls vorzugsweise Wasser oder Ethanol, gelöst ist, oder • ein Prekursor, bei dem das flüssige Medium Chemikalien enthält, die im Prozessstrahl miteinander reagieren und das Beschichtungsmaterial bilden. Das flüssige Medium wird in den thermischen Spritzstrahl injiziert und zerfällt in einzelne Tröpfchen, bevor sich die Flüssigkeit erhitzt und verdampft. Sobald die Flüssigkeit verdampft ist, kann der Beschichtungswerkstoff aufgeheizt, aufgeschmolzen und in Richtung des Substrats beschleunigt werden, wo er dann die Schicht bildet. Dabei müssen die Auswirkungen des flüssigen Mediums auf den Prozessstrahl berücksichtigt werden. So bewirkt die zusätzliche Energie, die 4347 INNOVATION 5 psi Raleigh Zerfall (~ 0.5 bar) 1 Zerfallsmechanismen in Abhängigkeit vom Förderdruck. 20 psi Erster windinduzierter (~ 1.5 bar) Zerfall 100 psi Zweiter windinduzierter (~ 7 bar) Zerfall 500+ psi Vollständige Zerstäubung (~ 35 bar) zum Aufheizen und Verdampfen der Flüssigkeit erforderlich ist, eine Abkühlung, während einige Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Alkohol, durch Verbrennung Wärme zuführen. Ist der Massenfluss der Flüssigkeit zu groß, hat der Strahl entweder nicht genügend Energie zur Verarbeitung des Pulvers (bei Wasser), oder es gibt einen Energieüberschuss (bei Alkohol). Bei der Injektion einer Flüssigkeit in einen thermischen Spritzstrahl stellt die Zerstäubung eine weitere Herausforderung dar. Idealerweise sollte der Flüssigkeitsstrom bei der Injektion in den Strahl in kleine Tröpfchen zerfallen, um das Verdampfen der Flüssigkeit zu unterstützen. Sind die Tröpfchen jedoch zu klein, kann es sein, dass sie nicht in den Strahl eindringen können. Sind sie hingegen zu groß, besteht die Gefahr, dass sie nicht schnell genug verdampfen. Bei der Zerstäubung wird ein Flüssigkeitsstrom unter Druck beim Austreten aus einer Düse aufgebrochen. Hierbei gilt: Je höher der Druck, desto höher der Durchfluss und desto kleiner die Tröpfchen. Auch Einspritzanlagen in Kraftfahrzeugen arbeiten nach diesem Prinzip. Es gibt drei Methoden der Zerstäubung: • Auf Druck basierende Zerstäubung – hierbei wird eine Flüssigkeit unter Druck durch eine Düse gepresst und in Tröpfchen aufgebrochen. • Gasgestützte Zerstäubung – hierbei wird das Aufbrechen des Flüssigkeitsstroms beim Austreten aus einer Düse durch ein unter Druck stehendes Gas unterstützt (diese Methode wird häufig zur Zerstäubung von Flüssigkeiten in Spraydosen verwendet). • Mechanische Zerstäubung – hierbei wird die Flüssigkeit beim Verlassen der Düse mechanisch aufgebrochen und verteilt. Die Bewertung und Prüfung der drei Methoden hat gezeigt, dass sich mit einem einfachen Drucksystem im Hinblick auf den erforderlichen Gesamtmassenfluss, die Kontrolle der Tropfengröße, den erreichbaren Zerfallsmechanismus und die Komplexität bei der Injektion von Flüssigkeit in einen Plasmastrahl die besten Ergebnisse erzielen lassen. Die Versuche haben ferner ergeben, dass der ideale Zerfallsmechanismus für das Eindüsen von Flüssigkeiten in einen Plasmastrahl zwischen dem sogenannten «Ersten windinduzierten Zerfall» und dem «Zweiten windinduzierten Zerfall» liegt 1 . Die erzeugte Tröpfchengröße liegt dann zwischen 50 und 200 µm, was der typischen in Plasmabrennern verwendeten Pulverkorngröße entspricht. Aufnahmen, die mit einer Hochgeschwindigkeitskamera an einer 0,2 mm großen Injektordüse gemacht wurden 2 , bestätigen diese theoretischen Daten. Der Injektor besteht aus einem Edelstahlgehäuse mit einem austauschbaren Keramikeinsatz. Fast unmittelbar nach dem Verlassen des Injektors zerfällt der Strahl in einzelne Tropfen, die sich innerhalb von wenigen Millimetern verteilen. Diese Bedingungen eignen sich ideal für die radiale Injektion in einen Plasmastrahl. Reihe von eigen- und fremdfinanzierten, kundengetriebenen Programmen zur Entwicklung verschiedener auf Flüssigkeit basierenden Beschichtungslösungen durch. Auf der Grundlage der dabei gewonnenen Erfahrungen wurde ein einfaches Druckfördersystem für Suspensionen zu Testzwecken entwickelt 3. Dieses System wird zurzeit bei der Entwicklung von Kundenanwendungen mit verschiedenen Plasmabrennern, wie zum Beispiel dem TriplexPro™-200, eingesetzt. Die technischen Merkmale des Förderers wurden durch die bereits beschriebenen Grenzen der Flüssigkeitsförderung definiert. Der Durchmesser der Injektordüsen liegt zwischen 0,1 und 0,3 mm, je nachdem, welcher Volumenstrom und welcher Tropfenzerfallsmechanismus für die jeweilige Anwendung benötigt wird. Bei der gewünschten Durchflussmenge von 10 bis 80 ml/min ergab sich ein erforderlicher Druck für das Fördersystem von 0,5 bis 7 bar. Bei der Messung des Durchflusses in Abhängigkeit vom Druck für verschiedene Flüssigkeiten 4 zeigte sich, dass die 2 Tröpfchenbildung am Injektor (vergrößerte Hochgeschwindigkeitsaufnahme). Entwicklung des Fördersystems Sulzer Metco hat verschiedene Technologien zur Beherrschung des Flüssigkeitsstroms getestet und führte eine Sulzer Technical Review 2/2011 | 27 INNOVATION 3 Prototyp des Fördersystems für Suspensionen. Druck-Durchfluss-Kurve unabhängig vom verwendeten Medium relativ konstant blieb, was die Anforderungen vereinfachte. Im Laufe der Entwicklungsarbeiten wurde festgestellt, dass die Injektordüse durch Ansammlung feiner Partikel zum Verstopfen neigte, was sich zunächst negativ auf die Zuverlässigkeit des Fördersystems auswirkte. Der Hauptgrund hierfür waren Resttropfen der flüssigen Suspension, die nach dem Abschalten im Injektor oder in den Förderleitungen zurückblieben. Diese Tropfen trocknen aus, wobei die getrockneten Rückstände dann beim Wiedereinschalten des Förderstroms zu einem teilweisen oder vollständigen Verstopfen des Injektors führen. Verstopfungen und ein ungleichmäßiger Durchfluss wurden auch beim Wiedereinschalten des Flüssigkeitsstroms beobachtet, nachdem sich der Plasmabrenner längere Zeit im Leerlauf 4 Druck-Durchfluss-Kurve für verschiedene getestete flüssige Medien. VergleichverschiedenerFlüssigkeiten 70 De-ionisiertes Wasser Isopropylalkohol Aceton Methanol Staudruck(psi) 60 50 40 30 20 10 0 0 10 28 | Sulzer Technical Review 2/2011 20 30 Durchflussmenge(ml/min) 40 50 befunden hatte (ohne Suspensionsförderung). Dabei wurde der Injektor so stark erhitzt, dass das restliche flüssige Medium sofort verdampfte. Zur Lösung des Problems wurde ein neu entwickeltes System in den Förderer integriert, das den Injektor spült und für eine kontinuierliche Durchströmung mit feuchtem Gas sorgt, sobald die Zufuhr der Suspension abgeschaltet wird. Das befeuchtete Gas verhindert das Austrocknen bzw. die Ansammlung von Partikeln und hält den Injektor sauber. Das Spülen mit trockenem Gas oder einer Flüssigkeit allein reicht nicht aus, um Verstopfungen sicher zu verhindern. Durch die Integration des Spül- und Befeuchtungssystems hingegen wird ein kontinuierlicher und reproduzierbarer Flüssigkeitsstrom über längere Zeiträume hinweg gewährleistet. Bei der Entwicklung des Fördersystems wurde ferner festgestellt, dass die richtige Vorbereitung der Suspensionen von entscheidender Bedeutung für den Betrieb des Systems ist. So ist der Einsatz von grenzflächenaktiven Substanzen und Dispersionsmitteln erforderlich, um die korrekten Konzentrationen in der Suspension zu erhalten und damit die Gefahr eines Verstopfens oder Absetzens der Feststoffe zu minimieren. Dabei wird die zulässige Konzentration auch durch das physikalische Verhalten der Flüssigkeit begrenzt. Ein hoher Feststoffgehalt führt zu einem nicht-newtonschen Verhalten, das wiederum zu Schwankungen in der Tropfengröße und zu Verstopfungen in der Injektordüse und den Filtern führen kann. Diese sollen ein Eindringen von Verunreinigungen in die Förderleitung verhindern. Ein weiteres wichtiges Merkmal des Systems ist eine Verstelleinrichtung zur flexiblen Positionierung des Injektors in Relation zum Plasmastrahl. Schon früh wurde erkannt, dass die Wechselwirkungen zwischen Tropfenzerfall, Massenfluss und Größe der Injektordüse eine radiale und axiale Verstellbarkeit der Injektorposition erfordern. Der verstellbare Injektor einschließlich des Spül- und Befeuchtungssystems wurde als integrierte Einheit konzipiert und kann an jeden Plasmabrenner montiert werden 5. Parameterentwicklung Es wurden umfangreiche Tests unter Verwendung verschiedener flüssiger Medien und Submikron-Pulver mit dem Fördersystem 3 und dem Injektorsystem 5 durchgeführt, um herauszufinden, welche Auswirkungen die Suspensionen auf die Entwicklung der Spritzparameter haben. Eine zentrale Frage dabei war, ob die Parameter von Grund auf neu entwickelt werden müssen oder ob allenfalls eine Ableitung von bestehenden, auf Pulver basierenden Spritzparametern möglich ist. Gewisse Erkenntnisse für die Entwicklung von Spritzparametern liefern die Prinzipien der Förderung. Sind die Auswirkungen der Flüssigkeit auf die Energie des Plasmastrahls bekannt, lässt sich der Unterschied kompensieren. So kann ein gegebener Spritzparameter für eine bestimmte Anwendung oder einen bestimmten Werkstoff durch Erhöhen oder Senken der Stromstärke angepasst werden. Auf diese Weise können die Kühlwirkung von Wasser oder die zusätzliche Energiezufuhr bei der Verwendung von Alkohol kompensiert werden. Versuche mit verschiedenen Flüssigkeiten und Suspensionen haben gezeigt, dass dieses Verfahren zumindest einen geeigneten Ausgangspunkt für eine Optimierung liefert. Den Gesetzen der Physik folgend, richten sich Geschwindigkeit und Temperatur der Submikron- oder der noch kleineren Partikel genau nach dem Energiezustand des Plasmastrahls. Aufgrund der geringeren Verweilzeit der Partikel im Plasmastrahl muss der ideale Spritzabstand stets ermittelt und angepasst werden. So ist der nutzbare Bereich beim Plasmaspritzen mit Suspensionen wesentlich kleiner als beim herkömmlichen Spritzen mit pulverförmigen Werkstoffen. Während die Toleranzen für die Spritzabstände beim herkömmlichen Spritzen in Zentimetern gemessen werden, sind es beim Suspensionsspritzen mit Submikron-Partikeln nur wenige Millimeter. Aufgrund der Kühleffekte können die Spritzabstände insgesamt deutlich kürzer sein als beim herkömmlichen Pulverspritzen und liegen häufig nur im Bereich von 50–75 mm im Gegensatz zu den typischen 100–200 mm. INNOVATION Schichteigenschaften und -strukturen Das Herstellen von Schichten mit Suspensionen kann als weiterentwickelte Form des thermischen Spritzens betrachtet werden. Konventionelles thermisches Spritzen ist im Wesentlichen ein Verfahren, das es ermöglicht, Werkstoffpartikel im Mikrometer-Maßstab zusammenzufügen. Mit dieser speziellen Methode der additiven Fertigung lassen sich Materialgüten erzielen, die weder in der Natur noch in anderen Fertigungsprozessen zu finden sind, aber zu einer Vielzahl von wichtigen Anwendungen geführt haben. Das thermische Spritzen mit Suspensionen dehnt nun den Anwendungsbereich des thermischen Spritzens in den Submikron- und Nanobereich aus und erweitert auf diese Weise die einzigartige Palette der Eigenschaften thermisch gespritzter Beschichtungen. Es ist bekannt, dass die Vielzahl von Korngrenzen in einer thermischen Spritzbeschichtung für eine gewisse Dehnungstoleranz sorgt, da jede Korngrenze eine gewisse relative Bewegung zwischen den Körnern zulässt. Somit führt der größere prozentuale Anteil an Korngrenzen in submikron- und nanostrukturierten Beschichtungen zu Beschichtungen mit einer deutlich höheren Toleranz gegenüber Schädigungen. Die Korngrenzen dienen darüber hinaus als Fehlstellen in der Beschichtungsstruktur, welche die Wärmeübertragung hemmen und Werkstoffen für Wärmedämmschichten, wie Yttrium- oxid-stabilisiertem Zirkonoxid (YSZ), zusätzliche Dämmeigenschaften verleihen. Die höhere Dehnungstoleranz und die geringere thermische Leitfähigkeit sollten somit zu einem erweiterten Anwendungsbereich dieser Schichten führen. Bild 6 zeigt die Mikrostruktur einer derartigen Schicht, die unter Verwendung einer Suspension aus Methanol und submikrongroßen YSZ-Partikeln mithilfe eines Plasmabrenners vom Typ 9MB und einer verstellbaren Injektoranordnung 5 aufgebracht wurde. Neben ihrer Submikron-Struktur weist die Beschichtung 6 weitere besondere Merkmale in der Struktur auf. Gut zu erkennen sind die vertikalen Bereiche höherer Porosität, mit denen vertikale Risse nachgebildet werden können. Die beschriebenen Merkmale sowie ein Oberflächenprofil, das dem des Substrats ähnelt, bieten neue Möglichkeiten für die Entwicklung von Beschichtungen. Die größere Anzahl von Partikeln bewirkt außerdem eine deutliche Vergrößerung der Oberfläche, was u.a. reaktiven Beschichtungen wie Titanoxid und Beschichtungen für Brennstoffzellen (SOFC) zugute kommt. Theoretisch ließe sich damit auch die Leistungsfähigkeit von Targets für die Kathodenzerstäubung (Sputtern) im Hinblick auf die Sputterrate verbessern. Zu den weiteren charakteristischen Merkmalen von submikron- und nanostrukturierten Beschichtungen gehören hydrophobe Eigenschaften, die zur Verbesserung der chemischen Beständigkeit 100 µm 6 Mikrostruktur einer YSZ-Beschichtung, hergestellt durch Plasma-Suspensionsspritzen. in feuchter Umgebung genutzt werden können. Damit ließen sich thermische Spritzbeschichtungen mit einer generell verbesserten Korrosionsbeständigkeit realisieren. Die bei der Entwicklung des Fördersystems für flüssige Medien gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse versetzen Sulzer nun in die Lage, die bestehenden Bedürfnisse von Kunden bei der weiteren Entwicklung des Plasma-Suspensionsspritzens in kommerziell nutzbare Anwendungen umzuwandeln. Dank Die Entwicklung des Prototyps für das Flüssigkeitsfördersystem wurde durch das Advanced Technology Program des US-Handelsministeriums und des National Institute for Standards and Technology unter der Kooperationsvereinbarung Nr. 70NANB7H7009 teilfinanziert. 5 Verstellbare Injektoranordnung für einen Plasmabrenner vom Typ 9MB. Ronald J. Molz Sulzer Metco (US), Inc. 1101 Prospect Ave. Westbury, NY 11590-0201 USA Telefon +1 516 338 2580 [email protected] Elliot Cotler Sulzer Metco (US), Inc. 1101 Prospect Ave. Westbury, NY 11590-0201 USA Telefon +1 516 338 2277 [email protected] Sulzer Technical Review 2/2011 | 29 INNOVATION Eine alte Technik spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts Pumpen für die Zukunft Sulzer Pumps ist die älteste Division von Sulzer. Seit seiner Gründung im Jahre 1857 ist der Geschäftsbereich bestrebt, seine Produkte an neue Kundenanforderungen anzupassen und deren Einsatzmöglichkeiten auf neue Bereiche auszudehnen. Eine der großen technischen Herausforderungen der Gegenwart ist die Reduktion des Treibhausgasausstoßes. Pumpen von Sulzer unterstützen neue, CO2-emissionsfreie Technologien wie die Nutzung der Sonnenenergie, die Herstellung von Biokraftstoffen und die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS). S eit vielen Jahren liefert Sulzer Pumps innovative, fortschrittliche und zukunftsweisende Lösungen für verschiedenste Pumpenanwendungen. Dabei arbeitet das Unternehmen eng mit seinen Kunden zusammen, um deren Anforderungen besser zu verstehen und entsprechende Lösungen entwickeln zu können. Ein eingehendes Verständnis der Kundenprozesse und der für die Zukunft der jeweiligen Branche entscheidenden Entwicklungen ist eine wichtige Voraussetzung für neue Ideen und Lösungen zur Erfüllung der Kundenanforderungen. Viele Kunden von Sulzer im Energiesektor sind sich der Auswirkungen des Einsatzes von fossilen Brennstoffen und deren teilweise begrenzter Verfügbarkeit bewusst. Bei jedem Verbrennungsprozess wird Kohlendioxid (CO2) freigesetzt, das sich in der Atmosphäre anreichert und für die globale Erwärmung mitverantwortlich ist. Maßgeschneiderte Lösungen Zahlreiche Unternehmen im Energiesektor arbeiten zurzeit an neuen Technologien zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Einer der Ansätze ist die Nutzung von CO2-neutralen Energiequellen wie Sonnenenergie oder Biokraftstoffen. Solange fossile Kraftstoffe verbrannt werden, stellen die Abscheidung des dabei entstehenden CO2 und die anschließende Einlagerung an Orten, wo es keine Auswirkungen auf die Erdatmosphäre 1 Biokraftstoffe der zweiten Generation werden aus ligno-zellulosehaltigen Rohstoffen und verschiedenen organischen Abfällen gewonnen. Ihre Herstellung basiert auf Nicht-Nahrungsmittelpflanzen oder Abfällen und steht nicht in Konkurrenz zur menschlichen oder tierischen Nahrungskette. 30 | Sulzer Technical Review 2/2011 4348 INNOVATION Solar-Dampferzeuger Dampfturbine Solar Receiver KUP Dampfspeichersystem KUP: KSP: KP: KWP: Kesselumwälzpumpe Kesselspeisepumpe Kondensatpumpe Kühlwasserpumpe Kondensator Entgasung Solarfeld KSP hat, eine weitere Alternative dar. Solche zukunftsorientierten Konzepte sind ein erhebliches Potenzial im Kampf gegen die globale Erwärmung. Die neuen Technologien erfordern spezielle Pumpenlösungen, die auf die besonderen Anforderungen dieser Anwendungen, wie die Bewältigung hoher Temperaturen oder die Förderung feststoffbeladener Flüssigkeiten, zugeschnitten sind. Reduzierung der Treibhausgase Biokraftstoffe sind Brennstoffe, die aus Biomasse gewonnen werden. Als Biomasse werden alle Quellen für organischen Kohlenstoff bezeichnet, die binnen kurzer Zeit nachwachsen. Aufgrund ihrer schnellen Erneuerung tragen Biokraftstoffe zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes bei. Im Jahr 2008 lag der Anteil von Biokraftstoffen am weltweiten Energiemix im Transportsektor bei 1,8%. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) könnte bis zum Jahr 2050 über ein Viertel des weltweiten Kraftstoffbedarfs im Transportsektor durch Biokraftstoffe gedeckt werden. Biokraftstoffe der ersten Generation sind Kraftstoffe, die aus Zucker, Stärke oder Pflanzenöl hergestellt werden. Sulzer verfügt über beträchtliche Erfahrung in diesem Bereich, denn rund 70% der US-amerikanischen BioethanolAnlagen sind mit Pumpen und Destillationssystemen von Sulzer ausgestattet. Da Biokraftstoffe der ersten Generation aus Nahrungsmittelpflanzen gewonnen werden, stehen sie häufig in der Kritik. Berücksichtigt man die bei der Produktion und dem Transport entstehenden Emissionen, unterscheiden sich Biokraft- KP KWP Kühlturm stoffe der ersten Generation in ihrer CO2Bilanz häufig kaum von herkömmlichen fossilen Kraftstoffen. Biokraftstoff aus Nicht-Nahrungsmittelpflanzen Biokraftstoffe der zweiten Generation sind Kraftstoffe, die aus ligno-zellulosehaltigen Rohstoffen und verschiedenen organischen Abfällen gewonnen werden 1 . Die Rohstoffe zur Herstellung von Biokraftstoffen basieren auf Nicht-Nahrungsmittelpflanzen oder Abfällen und stehen nicht in Konkurrenz zur menschlichen oder tierischen Nahrungskette. Die zur Herstellung von Biokraftstoffen der zweiten Generation erforderliche Verfahrenstechnik ist komplexer und anspruchsvoller als die für Biokraftstoffe der ersten Generation. Die Herstellung der Biokraftstoffe der zweiten Generation entwickelt sich rasch – es gibt jedoch noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Die ersten kommerziellen Anlagen sind in Betrieb und befinden sich in der Optimierungsphase. Viele weitere Projekte sind angekündigt und werden zurzeit entwickelt oder gebaut. Die Verfügbarkeit von öffentlichen Geldern, staatlichen Zuschüssen, Kreditbürgschaften und Beteiligungskapital beschleunigt die Kommerzialisierung von Bioraffinerien der zweiten Generation. Der zugrunde liegende Prozess basiert auf der thermischen und biochemischen Umwandlung verschiedener Rohstoffe. Die technischen Herausforderungen liegen hier hauptsächlich in den hohen Drücken und Temperaturen sowie in der Korrosion und dem Verschleiß. Die Pumpenanforderungen sind denen in 2 Die Sonnenkraftwerke mit geschmolzenem Salz als primäre Wärmeträger ermöglichen die Wärmespeicherung während des Tages. der Zellstoff- und Papierindustrie sehr ähnlich, da auch hier Suspensionen mit Spänen, Halmen und anderen Festkörpern gefördert werden. Rückmeldungen von Kundenseite zu der Technologie und den Fähigkeiten von Sulzer waren äußerst positiv. Sulzer arbeitet eng mit Kunden zusammen, um entsprechende Lösungen für deren verfahrenstechnische Herausforderungen zu finden. Referenzen in der Biokraftstoffherstellung Sulzer Pumps und Sulzer Chemtech können bereits mehrere Referenzen von Raffinerien zur Herstellung von Biokraftstoffen der zweiten Generation vorweisen. Raffinerien dieser Art benötigen eine Vielzahl von Pumpen, Mischern und Rührwerken für verschiedene Zwecke. Bei einer prognostizierten Hauptaktivität des Marktes zwischen 2013 und 2025 ist auch eine starke Nachfrage nach Equipment und Know-how von Sulzer zu erwarten. Sulzer Pumps verfügt nicht nur über umfangreiche Erfahrung im Umgang mit verschiedenen Flüssigkeiten, Suspensionen und deren Anwendungen, sondern auch über ein ausführliches Wissen über korrosions- und verschleißfeste Materialien. Zusammen mit dem umfassenden Know-how des Unternehmens auf dem Gebiet der Rührtechnik und der In-Line-Mischung von Suspensionen ist Sulzer bestens positioniert, um Kreiselpumpen- und Mischlösungen mit ausgezeichneter Hydraulik sowie Design für diesen zukunftsträchtigen Markt zu liefern. 3 Die Kesselspeisepumpe GSG ist eine mehrstufige, horizontale, radial geteilte Diffusorpumpe mit Topfgehäuse. Sie kann einen Druck von bis zu 300 bar erzeugen und Flüssigkeiten mit einer Temperatur von bis zu 425 °C fördern. Sulzer Technical Review 2/2011 | 31 INNOVATION Strom von der Sonne Während bei Biokraftstoffen die Energie der Sonne indirekt über die Pflanzen genutzt wird, gibt es verschiedene Technologien, die eine direktere Nutzung der Sonnenenergie ermöglichen. Photovoltaikanlagen wandeln das Sonnenlicht direkt in Strom um, während bei der Solarthermie (Concentrated Solar Power, CSP) die Sonnenstrahlen gebündelt werden, um ein Arbeitsfluid zu erwärmen 2. Diese Wärme wird in einem Rankine-Zyklus zur Stromerzeugung genutzt. Dieser ist identisch mit dem Prozess in einem herkömmlichen Wärmekraftwerk, d.h., es wird Dampf erzeugt, der in einer Turbine entspannt wird und einen Generator antreibt. Die heute gängigste Form von CSPAnlagen sind Kraftwerke mit Parabolrinnen-Kollektoren. Sulzer bietet Pumpen zur Zirkulation des Primärfluids (Wärmeträgeröl) durch Wärmetauscher, in denen der Dampf zum Antrieb der Turbine erzeugt wird. Darüber hinaus bietet Sulzer Pumpen für Parabolrinnen-Kraftwerke mit einem zweiten Wärmeträgerfluidkreislauf an. Dieser zweite Kreislauf dient zur Speicherung der Wärme während des Tages mithilfe von geschmolzenem Salz (Flüssigsalz). Nach Sonnenuntergang wird diese Energie eingesetzt, um die Auslastung des Kraftwerks zu verbessern. Sulzer Pumps unterstützt sowohl konventionelle Prozesse zur Stromerzeugung (mit Kesselspeise-, Kondensat- und Kühlwasserpumpen) als auch solarthermische Prozesse (mit Wärmeträgerölpumpen und Umwälzpumpen für Flüssigsalz). Sulzer Pumps hat auch Erfahrung mit anderen solarthermischen Anlagen 4 Die Pumpe vom Typ ZF wird als Kesselumwälzpumpe in Kraftwerken eingesetzt. Sie kann einen Druck von bis zu 100 bar erzeugen und Flüssigkeiten mit einer Temperatur von bis zu 450 °C fördern. 32 | Sulzer Technical Review 2/2011 wie Solarturmkraftwerke oder FresnelReflektoranlagen, bei denen der Dampf in konventionellen Dampfkreisläufen direkt erzeugt wird. Die technischen Herausforderungen für die Pumpen liegen hier in den hohen Fluidtemperaturen in Verbindung mit starken Temperaturwechseln, da die Sonne nicht ständig scheint. So kann die Aufwärmphase zu thermischen Spannungen und besonderer Beanspruchung der Dichtungen führen. Hohe Temperatur, hohe Effizienz Bei Sulzer Pumps wurden zwei Produktentwicklungsprojekte mit dem Ziel ins Leben gerufen, den Markt für Umwälzpumpen für Wärmeträgeröl und Flüssigsalz in solarthermischen Anlagen besser bedienen zu können. Entwickelt wurde eine komplette Serie von doppelflutigen, beidseitig gelagerten Pumpen, die speziell für die Zirkulation von Wärmeträgeröl in Parabolrinnen-Kraftwerken ausgelegt sind. Diese Pumpen bieten die gleiche Robustheit, optimale Effizienz und hervorragende Hydraulik wie die Sulzer-Druckerhöhungspumpen, allerdings bei höheren Auslegungsdrücken und Fluidtemperaturen von 400 °C. Besonderes Augenmerk wurde bei der Produktentwicklung auf die Temperaturwechselbeständigkeit und die Optimierung der Dichtungssysteme gelegt, um ein Austreten des Wärmeträgeröls zu verhindern. Zu den konstruktiven Neuerungen bei den vertikalen Umwälzpumpen für Flüssigsalz in Pararbolrinnen-Anlagen gehören die Beseitigung des saugseitigen Inducers und die Integration eines Schirms, der den Abstand zwischen Ansaugtrichter und Tankboden sowie die Tauchtiefe auf ein Minimum reduziert. Das Design und die verwendeten Materialien wurden im Hinblick auf Temperaturwechsel und die Verlängerung der Pumpe optimiert. Die Pumpen stehen bereits für geeignete Projekte zur Verfügung. Bei Solarturmkraftwerken wird neuerdings auch Flüssigsalz als primäres Wärmeträgerfluid eingesetzt, um eine Speicherung der Wärme während des Tages zu ermöglichen. Der erste Prototyp dieses innovativen Konzepts wird zurzeit in Spanien in Betrieb genommen. Solarturmkraftwerke benötigen weniger Platz als Parabolrinnen-Anlagen und arbeiten mit einer Primärfluidtemperatur von 500–600 °C. So hohe Temperaturen ermöglichen die Erzeugung von überkritischem Dampf und somit eine höhere Effizienz des thermischen Kreisprozesses. Da das Flüssigsalz auf den Solarturm befördert werden muss, auf dem sich der zentrale Absorber (Receiver) befindet, ist Sulzer Pumps dabei, eine entsprechende Vertikalpumpe mit dem erforderlichen hohen Druck (60 bis 80 bar) und der notwendigen hohen Leistungsdichte zu entwickeln. Bereits seit Anfang der 1980er Jahre beliefert Sulzer Pumps solarthermische Anlagen mit Pumpen, als die ersten großen Parabolrinnen-Kraftwerke SEGS I und II in der kalifornischen MojaveWüste gebaut wurden. Bis heute hat das Unternehmen über 250 Pumpen für CSP-Anlagen in den USA, Spanien und Nordafrika geliefert und wird auch in Zukunft den Markt mit spezifischen Produkten bedienen 3 4. Speicherung von CO2 Während Biokraftstoffe und die Solartechnik auf die Vermeidung von CO2 abzielen, ist davon auszugehen, dass die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen auch in den kommenden 20–30 Jahren eine bedeutende Rolle für die Energieversorgung spielen wird. Dennoch muss der CO2-Ausstoß deutlich reduziert werden, um der globalen Erwärmung entgegenzuwirken. In ihrem World Energy Outlook 2010 führt die Internationale Energieagentur (IEA) die Abscheidung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS) als eine der wichtigsten Technologien zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes an. Laut IEA könnte durch CCS etwa ein Fünftel der Emissionssenkungen erreicht werden, die zur Begrenzung des mittleren globalen Temperaturanstiegs auf 2 °C bis zum Jahr 2050 erforderlich sind. Der Grundgedanke von CCS besteht darin, das von fossil befeuerten Kraftwerken oder von CO2-intensiven Industrieanlagen (z.B. Raffinerien oder Zementwerke) freigesetzte CO2 aufzufangen, zu verdichten und einzulagern 5. Als INNOVATION Lagerstätten kommen zum Beispiel erschöpfte Öl- und Gasfelder oder salzhaltige Grundwasserleiter in Frage. Weiters kann das CO2 auch zur Verbesserung der Ölförderung oder zur Gewinnung von Methangas aus Kohleflözen eingesetzt werden. Sulzer Pumps bietet entsprechende Pumpen für sämtliche CCS-Verfahrensschritte an, d.h. Lösungsmittel-Umwälzpumpen für die CO2-Abscheidung vor und nach der Verbrennung (Pre- und Post-Combustion), Pumpen zum Transport von überkritischem oder flüssigem CO2 sowie Hilfspumpen für verschiedene Aufgaben. 1 CO2-Abscheidung Lösungsmittelumwälzung, Hilfspumpen 1 2 3 2 CO2-Verdichtung Überkritisches Fluid (> 74 bar), letzter Schritt nach Kompressor 4 3 CO2-Transport Druckerhöhungspumpen (100– 250 bar) 4 CO2-Injection Erforderlicher Druck abhängig von Speicherort/-bedingungen 25 Jahre Erfahrung Die Pumpenanforderungen für die Abscheidung, Verdichtung und Injektion von CO2 sind dem Portfolio von Sulzer Pumps sehr nahe. Das Unternehmen ist seit über 25 Jahre in der Förderung von gering schmierfähigen Fluiden (CO2, Ethylen) in den USA und Europa tätig und verfügt über langjährige Erfahrung in der Herstellung und im Betrieb von Pumpen für die Aminwäsche, bei der CO2 in Gasaufbereitungsanlagen unter hohem Druck abgeschieden wird. In Vorbereitung auf diese neue Anwendung hat Sulzer Pumps Richtlinien und Berechnungsprogramme für die Auswahl und den Betrieb der Pumpen entwickelt. Bei der Förderung von Aminlösungen zur CO2-Abscheidung gilt es, mögliche Beeinträchtigungen der Pumpenleistung durch freies Gas und die Gefahr von Laufradschäden durch Lösen des freien Gases in der Flüssigkeit zu prüfen. Die von Sulzer entwickelten Berechnungsprogramme basieren auf Versuchen, die zur Überprüfung dieser Risiken auf dem Prüfstand durchgeführt wurden. Die Richtlinien liefern Empfehlungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer zusätzlichen Druckerhöhungspumpe oder zum Standort der Pumpe innerhalb des Prozesses, womit ein Erreichen der erforderlichen Haltdruckhöhe (NPSH) gewährleistet wird. Beim Pumpen von überkritischem CO2 sind die Berechnung der Temperatur und der Dichte in jeder Pumpenstufe sowie eine sorgfältige Auswahl der mechanischen Dichtung erforderlich. 5 Der Grundgedanke von CCS besteht darin, das von fossil befeuerten Kraftwerken oder von CO2-intensiven Industrieanlagen (z.B. Raffinerien oder Zementwerke) freigesetzte CO2 aufzufangen, zu verdichten und einzulagern. Das erwähnte Tool ist in der Lage, die Thermodynamik von überkritischem CO2 und von typischen Verunreinigungen zu berücksichtigen. Die Berechnungsergebnisse bilden die Grundlage für das hydraulische Design. Die Richtlinien liefern Informationen zur Auswahl der mechanischen Dichtung (typischerweise werden Trockengasdichtungen in Tandemanordnung empfohlen), zur Materialwahl und zum Betrieb – insbesondere zur Inbetriebnahme der Pumpe mit überkritischem CO2. Hier geht es unter anderem darum, wie sichergestellt wird, dass die Pumpe vollständig trocken ist, und wie diese mit überkritischem CO2 gefüllt wird. In den vergangenen zwei Jahren wurde Sulzer Pumps mit mehreren bedeutenden CCSProjekten betraut und lieferte unter anderem sechs Pumpen für eine CO2Pipeline in den USA sowie spezielle Lösungsmittel-Umwälzpumpen und die Hilfspumpen für eine Pre-CombustionPilotanlage. Kontinuierliche Innovation Die drei beschriebenen Technologien befinden sich noch in der Entwicklungsbzw. Demonstrationsphase des Innovationszyklus. Eine Beschleunigung der Kommerzialisierung durch politische Unterstützung und öffentliche Finanzierung ist zu erwarten. Experten und Politiker aus aller Welt betonen die Bedeutung von Technologien zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes, und die meisten von ihnen sagen den Märkten für Biokraftstoffe, Sonnenenergie und CO2-Abscheidung und -Speicherung ein schnelles Wachstum voraus. Doch bei der Frage, wie lange es dauern wird, bis diese Technologien vollständig kommerzialisiert sind, gehen die Schätzungen erheblich auseinander. Sulzer Pumps wird die Akteure auf diesen neuen Märkten weiterhin mit technischem Know-how und innovativen Lösungen unterstützen und im Rahmen solcher Partnerschaften zur Gestaltung einer ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Zukunft beitragen. Sabine Sulzer Sulzer Pumps AG Zürcherstraße 12 8401 Winterthur Schweiz Telefon +41 52 262 39 65 [email protected] Miguel Angel Rivas Sulzer Pumps Spain Paseo de la Castellana, 163 28046 Madrid Spanien Telefon +34 91 414 46 40 [email protected] Tuomo Nykanen Sulzer Process Pumps (US) Inc. 555 Sun Valley Drive Suite J-4 Roswell, GA 30076 USA Telefon +1 678 507 1204 [email protected] Sulzer Technical Review 2/2011 | 33 INTERVIEW Felix Moser: «Innovation ist wichtig für Sulzer Chemtech» Sulzer Chemtech ist Marktführer für Technologien in den Bereichen Trennkolonnen, Prozesstechnologie, statisches Mischen und Kartuschen. Wir sprachen mit Felix Moser – Leiter Technologie und geistiges Eigentum – über neue technische Entwicklungen in der Division. Innovation ist ein Kerngebiet von Sulzer. Können Sie uns einen Überblick über die konkrete Vorgehensweise bei Sulzer Chemtech geben? Bei Sulzer wurde 2008 konzernweit ein mehrstufiger Innovationsprozess, ein sogenannter Stage-and-Gate-Prozess, eingeführt. Der Kernansatz ist konzernweit definiert, im Detail gibt es aber Unterschiede zwischen den Divisionen. Dieses Konzept ist Vorraussetzung für mehr und schnellere Innovation. Wie passiert die Ideengenerierung? Der Sulzer-Innovationsprozess hat einen besonderen Prozessschritt, den sogenannten «Stage 0». Dieser soll es den Mitarbeitenden ermöglichen, mit wenig Aufwand Ideen einzubringen. Denn wenn der Prozess zu kompliziert ist, werden viele abgeschreckt. Ein großer Teil der Ideen kommt aus Kundenanfragen, Bedürfnissen, die in Projekten auftauchen, und natürlich aus der F&E-Abteilung und dem Entwicklungslabor. Sulzer Chemtech veranstaltet regelmäßig Innovationstage, wo Innovation in unterschiedlichen Facetten the- 34 | Sulzer Technical Review 2/2011 matisiert wird. Die Teilnehmenden erlernen die Handhabung von Werkzeugen und setzen diese auch gleich für die Ideengenerierung ein. Sie erstellen und besprechen Roadmaps. Im Weiteren vergibt Sulzer Chemtech auch einen Innovationspreis für die Mitarbeitenden. Initiativen, die im mehrstufigen Innovationsprozess gewisse Meilensteine erreichen, werden prämiert. Wie offen ist das Management der Division für Innovation? Das Managementteam von Sulzer Chemtech ist sehr innovationsfreundlich. Technologie wird regelmäßig an der Managementkonferenz thematisiert, und Anlässe werden sehr aktiv unterstützt. Auch während der Konjunkturabschwächung wurden die Investitionen in F&E bewusst nicht reduziert. Die Division hat auch ein Karrieremodell für technische Experten eingeführt. Dieses Modell ermöglicht unseren Spezialisten aufzusteigen, ohne eine klassische Führungsfunktion inne zu haben. Damit wollen wir unsere technischen Experten gezielt fördern und halten. Was ist Ihre Rolle im Innovationsprozess bei Sulzer Chemtech? Jede Geschäftseinheit ist für ihre individuellen Entwicklungen verantwortlich. Ich leite den Technologierat, den wir vor ein paar Jahren eingeführt haben. Er dient dazu, Aktivitäten wie Innovationsanlässe, Richtlinien und Budgetplanung zu koordinieren. Im Weiteren unterstütze ich die Geschäftseinheiten bei Fragen zu geistigem Eigentum. Werden zu den oben genannten Technologietagen auch Externe eingeladen, die einen industriefremden Hintergrund haben? Externe Experten – renommierte Fachleute – haben wir erst kürzlich eingeladen. Im Weiteren nehmen nebst den internen Fachleuten auch Mitarbeitende aus Verkauf, Geschäftsleitung und Business Development an den Technologietagen teil. Der Beitrag von fachfremden Experten ist insbesondere bei der Erarbeitung von Roadmaps und zu Fragen wie «Wohin bewegt sich die Welt?» sinnvoll. Bei sehr konkreten Fragestellungen wie zum Beispiel: «Wie 4351 können wir unsere Trennbodentechnologie weiter optimieren?» können nur Topspezialisten mitreden. Erneuerung kann inkrementeller oder radikaler Natur sein. Wie steuern Sie inkrementelle Innovation? Die inkrementellen Erfindungen kommen aus dem täglichen Geschäft. Zum Beispiel müssen für neue Applikationen die Kolonneneinbauten korrosionsbeständiger sein, weil sie einem aggressiveren Medium ausgesetzt sind. Ein anderes Beispiel ist die Rauchgasreinigung. Bei einer Anwendung ist sehr viel Feststoff im Rauchgas vorhanden. Dieser verstopft die Einbauten. Man muss daher neue Lösungen für diese besondere Problemstellung finden. Das sind Beispiele für Anforderungen, die vom Markt kommen. Alle Geschäftseinheiten nehmen diese Bedürfnisse auf. Seit den Anfängen von Sulzer Chemtech treffen sich Mitarbeitende aus Verkauf, Technologie und Business Development jeder Geschäftseinheit regelmäßig in speziellen Technologiekonferenzen, um die Ideen zu analysieren und über ihre Weiterverfolgung zu entscheiden. Die radikale Innovation verdrängt eine bestehende Technologie durch eine neue. Wie entsteht radikale Innovation? Ein Beispiel ist die Entwicklung von Technologien zur Speicherung und Abscheidung von CO2. Auf diesem Gebiet arbeiten seit Jahren verschiedene Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Aus diesen Entwicklungen ist bei Sulzer Chemtech eine neue strukturierte Packung entstanden, die MellapakCC™, die speziell für die für CO2-Abtrennung aus den Rauchgasen nach dem Verbrennungsprozess geeignet ist. Unser Prozess zur Herstellung von Polylactid (PLA) auf der Basis erneuerbarer Rohstoffe ist ein weiteres Beispiel. Dieser Biokunststoff aus Milchsäure wird unter Nutzung der Polymerisationstechnik hergestellt, die von Sulzer und der niederländischen Firma Purac gemeinsam entwickelt worden ist. Radikale Innovation ist ein großartiges Schlagwort, sie ist jedoch selten. Der Ertrag, die Amortisationsdauer und das Marktvolumen sind schwierig abzuschätzen. Das Risiko ist daher groß, und alle Beteiligten geraten immer wieder in Versuchung, inkrementelle Entwicklung vorzuziehen. Die Sulzer Technical Review (STR) ist die Kundenzeitschrift des Sulzer-Konzerns; sie erscheint periodisch in Deutsch und Englisch sowie einmal jährlich in Chinesisch. Die Artikel sind auch auf www.sulzer.com/str verfügbar. 2/ 2011 93. Jahrgang der STR ISSN 1660-9034 Herausgeber Sulzer Management AG Postfach 8401 Winterthur, Schweiz Was sehen Sie als der kritische Faktor für erfolgreiche Innovation? Entscheidend ist, dass wir die externen Marktbedürfnisse gut kennen. Schließlich braucht es einen Käufer für die neue Technologie. Intern ist das Umfeld wichtig. Vor allem bei radikaler Innovation muss man Vorgesetzte haben, die bereit sind, Risiken einzugehen. Die Organisation darf nicht erwarten, dass die Amortisationsdauer nur zwei Jahre beträgt. Chefredaktor Gabriel Barroso [email protected] Eine letzte Frage: Gibt es technologische Entwicklungen, mit denen Sie sich verstärkt befassen? Ganz generell ist es Nachhaltigkeit – energieeffiziente Lösungen für eine Zukunft mit niedrigerem Treibhausgasausstoß. Dazu zählen wir den Umgang mit den Ressourcen und die Herstellung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen. Selbstverständlich ist Abscheidung und Speicherung von CO2 ein Thema, und generell Energieeffizienzgewinne dank unseren optimierten Komponenten. Ein Beispiel sind Einbauten, die weniger Druckverlust verursachen. Übersetzungen Thore Speck, Flensburg (D) Interserv AG, Zürich Interview: Gabriel Barroso Felix Moser studierte Verfahrenstechnik an der ETH Zürich. 1984 trat er in die Abteilung Kältetechnik des SulzerKonzerns ein und befasste sich mit Entwicklungen für Wärmepumpen und Kälteanlagen. In seinen bisher 26 Jahren bei Sulzer ist er in verschiedenen technischen und Management-Funktionen tätig gewesen, unter anderem als Technologieleiter in den Bereichen Mass Transfer Technology (Trennkolonnen) und bei Misch- und Reaktionstechnologie von Sulzer Chemtech. Seit 2010 ist er verantwortlich für Technologiemanagement und geistiges Eigentum bei Sulzer Chemtech. Redaktionssekretariat Laura Gasperi [email protected] Beirat Mia Claselius Ralf Gerdes Thomas Gerlach Hans-Michael Höhle Sue Hudson Ernst Lutz Hans-Walter Schläpfer Heinz Schmid Shaun West Gestaltungskonzept Partner & Partner AG, Winterthur Gestaltung Typografisches Atelier Felix Muntwyler, Winterthur Druck Mattenbach AG, Winterthur © Juli 2011 Der Nachdruck von Beiträgen und Illustrationen ist nur mit Genehmigung der Redaktion gestattet. Die Sulzer Technical Review (STR) wurde nach bestem Wissen und Gewissen der Sulzer Management AG und der Autoren zusammengestellt. Allerdings können weder die Sulzer Management AG noch die Autoren für die Qualität der Informationen verantwortlich gemacht werden, insbesondere wird jegliche Gewährleistung für die Korrektheit und die Vollständigkeit der publizierten Informationen abgelehnt. Auflage 16 000 Exemplare Magno Satin 135 g/m2 aus nachhaltiger Forstwirtschaft. For readers in the United States of America only The Sulzer Technical Review is published periodically by Sulzer Management Ltd., P.O. Box, 8401 Winterthur, Switzerland. Periodicals postage paid at Folcroft, PA, by US Mail Agent – La Poste, 700 Carpenters Crossing, Folcroft PA 19032. Postmaster: Please send address changes to Sulzer Technical Review, P.O. Box 202, Folcroft PA 19032. Sulzer Innotec ist die zentrale Forschungs- und Entwicklungseinheit des Sulzer-Konzerns für Innovation und Technologie. Sie unterstützt die Divisionen und Industrieunternehmen weltweit in ihren Entwicklungsvorhaben. Die Kernkompetenzen im Bereich der Auftragsforschung sind Werkstoffe und Oberflächen sowie Strömungstechnik. Im Bereich der technischen Dienstleistungen bietet das Unternehmen Fertigungsengineering, Verbindungstechnik und Wärmebehandlung, Laserschweißen, die Fertigung von Präzisionsteilen und Prototypen sowie Materialprüfungen und Schadensanalysen an. Sulzer Innotec Sulzer Markets and Technology AG Sulzer-Allee 25 8404 Winterthur Schweiz Telefon +41 52 262 21 21 Fax +41 52 262 00 15 [email protected] www.sulzerinnotec.com