44 - Arznei

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44 - Arznei
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arznei-telegramm® 2013; Jg. 44, Nr. 11
Warenzeichen in
Österreich
und Schweiz
(Beispiele)
Esomeprazol:
NEXIUM
(A, CH)
Lansoprazol:
AGOPTON
(A, CH)
Omeprazol:
ANTRA
(A)
ANTRAMUPS
(CH)
Pantoprazol:
PANTOZOL
(A, CH)
Rabeprazol:
PARIET
(A, CH)
Sildenafil:
VIAGRA
(A, CH)
Deutschen Schmerzliga e.V., an, die individuelle Patientendaten von sechs randomisierten kontrollierten Doppelblindstudien mit insgesamt 783 Patienten auswertet.3 Nur drei der Untersuchungen4-6 sind veröffentlicht,7 sodass eine unabhängige
Bewertung der Wirksamkeit nicht möglich ist. Weder diese
drei Studien noch eine weitere, die seit unserer letzten Bewertung publiziert worden ist,8 prüfen das Präparat gegenüber
Plazebo, wie es die europäische Arzneimittelbehörde EMA aktuell für einen Wirksamkeitsnachweis bei Arthrose fordert.
Auch ist die Nachbeobachtung mit maximal sieben Wochen
zu kurz: Die EMA fordert eine Studiendauer von wenigstens
drei Monaten.9 Nutzenbelege, die Mindestanforderungen genügen, fehlen somit.
Für die Indikation Schwellungen und Entzündungen als
Folge von Verletzungen finden wir an randomisierten Doppelblindstudien in PubMed lediglich eine 2004 publizierte.
674 Patienten mit akuter Verstauchung des Sprunggelenks
verwenden in acht Gruppen WOBENZYM PLUS, ein oder
zwei Einzelwirkstoffe des Mittels bzw. Plazebo. Nach sieben
Tagen sind Schmerzen beim Gehen sowie Schwellung und Bewegungsumfang des Sprunggelenks unter dem Mittel nicht
besser als unter Plazebo.10 Nicht bestätigt werden damit positive Effekte, die in zwei älteren plazebokontrollierten Doppelblindstudien11,12 beschrieben sind. Diese mit 40 bzw. 60 Patienten kleinen, methodisch mangelhaften und nicht in
PubMed auffindbaren Studien haben wir vom Anbieter erhalten.
Zur Indikation Thrombophlebitis wurden laut Anbieter
keine Studien veröffentlicht,13 sodass sich der Nutzen nicht
beurteilen lässt.
Angesichts unzureichender beziehungsweise fehlender
Nutzenbelege raten wir von der Einnahme von WOBENZYM
PLUS ab, für das pro Monat 40,50 € aufzuwenden sind (bei
täglich 6 Tabletten, 800 Tabletten 179,95 €, Listenpreis), –Red.
(R = randomisierte Studie)
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1 Mucos Pharma: WOBENZYM PLUS bei aktivierter Arthrose – so wirksam
wie Diclofenac, so verträglich wie Plazebo, Internetseite, 23. Aug. 2013
http://www.wobenzym.de/nc/de/neuigkeiten/detail/news-item/44/
2 Mucos Pharma: WOBENZYM PLUS, Internetseite; http://www.
wobenzym.de/de/sortiment/wobenzym-plus/; Zugriff Nov. 2013
3 Mucos Pharma: Pressemitteilung vom 23. Aug. 2013
4 KLEIN, G., KULLICH, W.: Clin. Drug Invest. 2000; 19: 15-23
5 SINGER, F. et al.: Int. J. Immunotherapy 2001; 17: 135-41
6 AKHTAR, N.M. et al.: Clin. Rheumatol. 2004; 23: 410-5
7 Mucos Pharma: Schreiben vom 30. Aug. 2013
8 KLEIN, G. et al.: Clin. Exp. Rheumatol. 2006; 24: 25-30
9 EMA: Guideline on clinical investigation of medicinal products used in the
treatment of osteoarthritis, 20. Jan. 2010; http://www.ema.europa.eu/docs/
en_GB/document_library/Scientific_guideline/2009/09/WC500003440.pdf
10 KERKHOFFS, G.M.M.J. et al.: Br. J. Sports Med. 2004; 38: 431-5
11 BAUMÜLLER, M.: Zeitschrift für Praxis und Klinik 1994; 10: 171-8
12 RAHN, H.D. et al.: Dtsch. Z. Sportmed. 1995; 46: 426-31
13 Mucos Pharma: Schreiben vom 18. Juli 2013
ein Witzheftchen von ratiopharm,2 das abgestandene Sex-Klischees bedient, steht im Widerspruch zu seriösem Pharmamarketing. Zudem verbreitet Teva für das Sildenafil-Produkt
VALEDONIS in Fachkreisen die Broschüre „Kurios, skurril,
Sildenafil”,3 mit dem offenbar Off-label-Anwendungen des
Phosphodiesterasehemmers gefördert werden sollen. Ein Thema wie das längere Frischhalten von Schnittblumen („Sildenafil macht auch Blumenstängel stramm”) mag zwar für Männer
unschädlich sein. Bei Texten, in denen das Potenzmittel jedoch als „Tuning fürs Gehirn” bezeichnet wird, als potenzieller „Durchbruch in der ALZHEIMER-Therapie”, als „potenzielle Waffe gegen Hüftgold” oder gar als Dopingmittel, dessen
Einnahme „kein Verstoß gegen die Dopingrichtlinien” sei, da
Sildenafil bislang nicht auf der Liste der Anti-Doping-Agentur
stehe, werden mit der als „Faktensammlung” bezeichneten
VALEDONIS-Broschüre Grenzen überschritten: Wir erachten
diese als Werbung für nicht zugelassene Indikationen und haben das Heftchen der für die Firmenaufsicht zuständigen Landesbehörde überlassen, –Red.
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Netzwerk aktuell
Tinnitus unter Protonenpumpenhemmern: Ein 46jähriger Arzt berichtet uns von einem jeweils mehrere Tage
anhaltenden Tinnitus nach eintägiger Einnahme von Esomeprazol (NEXIUM, Generika) bzw. Pantoprazol (PANTOZOL,
Generika, NETZWERK-Berichte 13.640, 13.641). Bei einer 92jährigen Rentnerin mit Hörminderung und Nebengeräuschen
wenige Tage nach Beginn der Einnahme von Omeprazol
(OMEP u.a.) bessern sich die Beschwerden nach Absetzen,
sind aber einen Monat später noch nicht ganz abgeklungen
(15.942). Das niederländische Pharmakovigilanzzentrum
Lareb überblickt sechs Berichte zu neuem oder verstärktem
Tinnitus in Verbindung mit Omeprazol und vier zu dessen
linksdrehendem Isomer Esomeprazol. Die Nebenwirkungsdatenbank der WHO in Uppsala dokumentiert 349 entsprechende Berichte zu Protonenpumpenhemmern, wobei etwa die
Hälfte davon Omeprazol betrifft.1 Störende Ohrgeräusche unter Omeprazol sind erst nach dessen Markteinführung aufgefallen, in Studien mit den Nachfolgesubstanzen Esomeprazol,
Lansoprazol (AGOPTON, Generika), Pantoprazol und Rabeprazol (PARIET, Generika) wurden sie von jeweils weniger als
1% der Probanden berichtet.2 Somit können alle Protonenpumpenhemmer Tinnitus auslösen oder verstärken.
1
Kurz und bündig
Teva/Ratiopharm – Werbung für Sildenafil-Generika
auf unterstem Niveau: Seit im Juni 2013 das Patent des
Phosphodiesterasehemmers Sildenafil (VIAGRA) abgelaufen
ist, kämpfen Nachfolgeanbieter um Marktanteile. Der Wettbewerb hat eine neue Wirkstärke (75 mg), neue Zubereitungsformen (Schmelz- und Kautabletten) sowie kleinere bzw. größere Packungen (2, 20, 24 und 36 Tabletten) mit sich gebracht
– und niedrige Preise, die bis zu 85% unter denen des unverändert teuren VIAGRA liegen. In der Folge hat sich die Zahl
der verkauften Sildenafil-Packungen insgesamt verdoppelt –
zu Lasten anderer Phosphodiesterasehemmer. Die Werbung
für manche Nachfolgepräparate ist allerdings ausgesprochen
niveaulos. Insbesondere der Teva-Ratiopharm-Konzern
scheint keine Anzüglichkeiten auszulassen. So erhielten Ärzte
von Ratiopharm unaufgefordert und per Boten – und damit
am Rande der Legalität (vgl. a-t 2012; 43: 12) – SildenafilMusterpackungen zusammen mit einem Playboy-Heft.1 Auch
MÜLLER, A.: apotheke adhoc, 15. Juli 2013
http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/sildenafilkampagnen-werbung-generika-ratiopharm-hexal-stada/
Ratiopharm-Broschüre: Patentfrei, aber nicht spaßfrei, 2013
Teva: VALEDONIS-Broschüre Nr. 239698: „Kurios, skurril, Sildenafil”, 2013
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Lareb: (Es)omeprazol and tinnitus, Juli 2013; http://www.lareb.nl/
getmedia/bedb05df-8be3-44b6-9317-66198d0a0585/KWB_2013_1.pdf
Drug Facts and Comparisons Publishing Group: „Drug Facts and Comparisons” St. Louis, USA, Stand 2011, Seite 1137-38a
Nebenwirkungen
EMA: THROMBOEMBOLIE-HÄUFIGKEIT
UNTER KONTRAZEPTIVA NEU BEWERTET
Der europäische Risikobewertungsausschuss im Bereich
der Pharmakovigilanz (PRAC) hat seine Überprüfung des Risikos venöser Thromboembolien (VTE) unter niedrig dosierten kombinierten hormonalen Kontrazeptiva abgeschlossen
und bescheinigt allen Präparaten eine positive Nutzen-Schaden-Bilanz. Das VTE-Risiko sei gering, bei insgesamt kleinen
Unterschieden,1 lautet das Fazit, das eine eindeutige Positionierung vermissen lässt. Allerdings sollen verordnende Ärzte
das Thromboembolierisiko der verschiedenen Präparate gegeneinander abwägen.1 Und das ist auch nach der aktuellen
Einschätzung am niedrigsten unter Hormonkombinationen
vor