2.3 Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall

Transcrição

2.3 Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall
Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten
Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall
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Aufgaben des
Betriebsbeauftragten für Abfall
von Inga Schwertner
Die Aufgaben, die der Abfallbeauftragte zu erfüllen hat,
ergeben sich aus § 60 KrWG. Obwohl das KrWG den
Abfallbeauftragten als Objekt der Regelungen sieht,
begründet die Vorschrift unmittelbar keine öffentlichrechtliche Pflichtenbeziehung des Abfallbeauftragten
gegenüber der zuständigen Behörde. Das Gesetz statuiert
alleine eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Anlagenbetreibers/Abfallbesitzers gegenüber der Behörde. Für
den Abfallbeauftragten erwachsen hieraus trotz der insoweit missverständlichen Formulierung keine unmittelbaren Rechte und Pflichten.
Regelungen
des KrWG
Die Rechtsstellung des Abfallbeauftragten wird vielmehr alleine durch das zwischen ihm und dem Bestellpflichtigen begründete Rechtsverhältnis arbeitsrechtlicher oder dienstrechtlicher Art bestimmt.
Die Aufgaben sind in § 60 KrWG beschrieben:
§ 60 KrWG
§ 60 Aufgaben
(1) Der Abfallbeauftragte berät den Betreiber und die Betriebsangehörigen in Angelegenheiten, die für die Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung bedeutsam sein können. Er ist berechtigt und verpflichtet,
1. den Weg der Abfälle von ihrer Entstehung oder Anlieferung bis zu
ihrer Verwertung oder Beseitigung zu überwachen,
2. die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund
dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie die Erfüllung
erteilter Bedingungen und Auflagen zu überwachen, insbesondere
durch Kontrolle der Betriebsstätte und der Art und Beschaffenheit
der in der Anlage anfallenden, verwerteten oder beseitigten Abfälle
in regelmäßigen Abständen, Mitteilung festgestellter Mängel und
Vorschläge über Maßnahmen zur Mängelbeseitigung,
3. die Betriebsangehörigen aufzuklären über
a. Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit, welche von
den Abfällen ausgehen können, die in der Anlage anfallen, verwertet oder beseitigt werden,
Inga Schwertner
Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012
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Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten
Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall
b. über Einrichtungen und Maßnahmen zur Verhinderung von
Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit unter Berücksichtigung der für die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung
von Abfällen geltenden Gesetze und Rechtsverordnungen,
4. bei genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder solchen Anlagen, in denen
regelmäßig gefährliche Abfälle anfallen, zudem hinzuwirken auf
die Entwicklung und Einführung
a. umweltfreundlicher und abfallarmer Verfahren, einschließlich
Verfahren zur Vermeidung, ordnungsgemäßen und schadlosen
Verwertung oder umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen,
b. umweltfreundlicher und abfallarmer Erzeugnisse, einschließlich Verfahren zur Wiederverwendung, Verwertung oder
umweltverträglichen Beseitigung nach Wegfall der Nutzung,
sowie
5. bei der Entwicklung und Einführung der in Nummer 4 Buchstaben a und b genannten Verfahren mitzuwirken, insbesondere
durch Begutachtung der Verfahren und Erzeugnisse unter den
Gesichtspunkten der Abfallbewirtschaftung,
6. bei Anlagen, in denen Abfälle verwertet oder beseitigt werden,
zudem auf Verbesserungen des Verfahrens hinzuwirken.
(2) Der Abfallbeauftragte erstattet dem Betreiber jährlich einen
Bericht über die nach dem Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 5 getroffenen und beabsichtigten Maßnahmen.
(3) Auf das Verhältnis zwischen dem zur Bestellung Verpflichteten
und dem Abfallbeauftragten finden § 55 Absatz 1, 2 Satz 1 und 2,
Absatz 3 und 4 und die §§ 56 bis 58 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entsprechende Anwendung. Das Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wird ermächtigt, nach
Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit
Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, welche Anforderungen
an die Fachkunde und Zuverlässigkeit des Abfallbeauftragten zu stellen sind.
Die in § 60 Abs. 3 KrWG enthaltene missverständliche
Formulierung soll nicht etwa bedeuten, dass die für
anwendbar erklärten §§ 55–58 BImSchG nur auf das Verhältnis des Bestellpflichtigen zum Abfallbeauftragten
Anwendung finden.
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Sinn der Regelung war vielmehr eine Gleichstellung
der Reglungen zum Abfall- und Immissionsschutzbeauftragten wegen des auch häufig sich überschneidenden Aufgabenbereichs.
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Sich überschneidende
Aufgabenbereiche
§ 60 Abs. 3 KrWG kann also nur dahingehend verstanden
werden, dass die sich aus §§ 55–58 BImSchG ergebenden
Pflichten des Anlagenbetreibers gegenüber der Behörde
und etwa dem Betriebs- bzw. Personalrat entsprechend
auch im Anwendungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes für den Anlagenbetreiber/Abfallbesitzer gelten.
2.3.1
Grundsätzliches
Die Aufzählung der Aufgaben in § 60 Abs. 1 und 2 KrWG
ist nicht abschließend. Sie stellt nur ein Mindestprogramm der Aufgaben dar, die der Gesetzgeber für besonders wichtig gehalten hat.
Nur Mindestprogramm
Der Bestellpflichtige kann den Aufgabenkreis ergänzen, d. h. erweitern, nicht aber reduzieren, da er anderenfalls seinen ihm nach § 59 KrWG obliegenden
Bestellpflichten nicht in ausreichendem Maße nachkommt.
Wo die Grenze der Erweiterung der Aufgaben des
Betriebsbeauftragten liegt, lässt sich nur im Einzelfall
bestimmen. Eine Aufgabenerweiterung muss sich
jedenfalls an der allgemeinen Zweckbestimmung des § 60
Abs. 1 Satz 1 KrWG orientieren, nämlich an der Beratungsfunktion des Abfallbeauftragten:
Beratungsfunktion
In seiner Aufgabe als Abfallbeauftragter dürfen ihm
daher keine auf sein Beratungsgebiet bezogenen
unmittelbaren Entscheidungskompetenzen übertragen werden.
Dagegen verbietet es § 60 KrWG nicht, einen Betriebsangehörigen zum Abfallbeauftragten zu bestellen, der
gleichzeitig aufgrund seiner betrieblichen Position
Entscheidungskompetenz besitzt.
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Eine derartige Zwitterstellung kann für den Abfallbeauftragten insbesondere im Haftungsfall problematisch werden.
Verpflichtung
gegenüber
der Behörde
Die Verantwortlichkeit der Wahrnehmung der Aufgaben
des Abfallbeauftragten aus § 60 Abs.1 und 2 KrWG verbleibt
beim Bestellpflichtigen. Dieser ist im Außenverhältnis der
zuständigen Behörde gegenüber verpflichtet.
Die Verpflichtung des Abfallbeauftragten ergibt sich
gegenüber dem Bestellpflichtigen aus dem zwischen
diesen zugrunde liegenden Binnenverhältnis auf
arbeitsrechtlicher oder dienstrechtlicher Basis bzw.,
soweit es sich um einen externen Abfallbeauftragten
handelt, auf der Basis des insoweit geschlossenen
Dienstvertrages.
§ 60 Abs. 1
und 2 KrWG
Aus § 60 Abs. 1 und 2 KrWG ergeben sich im Wesentlichen folgende Aufgaben:
Beratung (§ 60 Abs. 1 Satz 1 KrWG)
Überwachung und Kontrolle (§ 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
und 2 KrWG)
Aufklärung der Betriebsangehörigen (§ 60 Abs. 1 Satz 2
Nr. 3 KrWG)
Initiative und Innovation (§ 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 5
und 6 KrWG)
Berichterstattung (§ 60 Abs. 2 KrWG)
2.3.2
Die Aufgaben im Einzelnen
Im Folgenden werden die einzelnen Aufgaben, die sich
aus § 60 Abs. 1 und 2 KrWG ergeben, näher dargestellt.
2.3.2.1 Beratung
Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 KrWG hat der Abfallbeauftragte
die Aufgabe, den Betreiber und die Betriebsangehörigen in
Angelegenheiten, die für die Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung bedeutsam sein können, zu beraten.
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Dieser erste Satz der Aufgabenbestimmungsvorschrift des
§ 60 KrWG kann einerseits als „allgemeine Zweckbestimmung“ der Aufgaben des Abfallbeauftragten gesehen werden, die in den nachfolgenden Ziffern 1–6 näher konkretisiert werden; somit umschreibt er auch die Grenzen der
Aufgaben des Abfallbeauftragten. Der erste Satz des § 60
Abs. 1 KrWG enthält aber auch eine eigenständige, sehr
weit gefasste Aufgabendefinition, die in der früheren Vorschrift des § 11d AbfG nicht enthalten war.
Die Reichweite der Beratungspflicht ist in § 60 Abs. 1
KrWG nicht näher bestimmt, sie bezieht sich vielmehr
auf alle Angelegenheiten des Betriebes, die für die Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung innerhalb des
Betriebes von Bedeutung sein können. Aus dieser Beratungsaufgabe scheint eine universelle Beratungsbefugnis
des Abfallbeauftragten zu erwachsen.
Reichweite
der Beratungspflicht
Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung umfassen
nämlich Vermeidung von Abfällen, Verminderung von
Abfallmenge und Schädlichkeit der Abfälle bis hin zum
umweltgerechten Umgang mit Abfällen und ihrer Entsorgung, also Verwertung und Beseitigung. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss der Abfallbeauftragte in technischer, rechtlicher und ggf. auch organisatorischer
Hinsicht beraten können. Allein diese Weite der von
Gesetzes wegen vorgesehenen Beratungspflicht zeigt,
dass die Vorschrift eher als vor die Klammer gezogene allgemeine Zweckbestimmung des Aufgabenkreises des
Abfallbeauftragten zu verstehen ist denn als eine ganz
konkrete Aufgabenzuweisung.
Die allgemeine Beratungspflicht ist vielmehr mit den konkreten sich aus § 60 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1–6 KrWG ergebenden
Aufgaben im Zusammenhang zu sehen. Der innerbetrieblichen Aufgabenbeschreibung für den Abfallbeauftragten
kommt daher auch für den Umfang und die Reichweite seiner Beratungsaufgabe bestimmende Bedeutung zu.
Aus innerbetrieblichen Gründen sollte daher auch der
Abfallbeauftragte darauf achten, dass seine Aufgabe
auch in Bezug auf seine Beratungspflicht konkret
beschrieben wird.
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Betreiber/
Betriebsangehörige
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Zu beraten hat der Abfallbeauftragte den Betreiber und
die Betriebsangehörigen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gehört hierzu also nicht der Abfallbesitzer. Allgemein
wird allerdings der Begriff des Betriebsangehörigen weit
gefasst. Hierzu zählen alle aufgrund ihrer Arbeit und/
oder Verantwortung in die Betriebsstruktur eingegliederten Personen, also auch etwa Abfallbesitzer oder externe
Betriebsbeauftragte.1
Die Beratungsaufgaben werden im Allgemeinen durch
Hinweise und Meinungsäußerungen wahrgenommen.
Hier ist durch betriebliche Organisation sicherzustellen, dass der Abfallbeauftragte seine Beratungsfunktion wahrnehmen kann. Dies ist durch § 60 Abs. 3
KrWG i. V. m. § 57 BImSchG gesetzlich geregelt.
2.3.2.2 Überwachung und Kontrolle
Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KrWG hat der Abfallbeauftragte den Weg der Abfälle von ihrer Entstehung oder Anlieferung bis zu ihrer Verwertung oder Beseitigung zu überwachen.
Damit kommt dem Abfallbeauftragten die Aufgabe zu,
die Einhaltung der Grundsätze der geordneten Kreislaufwirtschaft im Sinne der §§ 7 ff. KrWG zu überwachen.
Damit bezieht sich seine Aufgabe nicht nur auf die Kontrolle des Abfallstoffflusses innerhalb des Betriebes und
auf dem Betriebsgelände, sondern weit darüber hinaus.
Sobald ein Stoff die Abfalleigenschaft im Sinne des § 3
KrWG erwirbt bzw. als Abfall in den betrieblichen
Ablauf kommt, hat der Abfallbeauftragte seinen Weg
bis zur endgültigen Verwertung und Beseitigung zu
verfolgen, erforderlichenfalls also auch über das
Betriebsgelände hinaus zum Verwerter bzw. Entsorger.
Kontrolle
über Betriebsgrenzen
hinaus
Diese Nachsorgepflicht des Abfallbeauftragten kann
für den Bestellpflichtigen weitreichende haftungs- und
entschädigungsrechtliche Bedeutung haben.
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So Kotulla in: Brandt/Ruchay/Weidemann, KrW-/AbfG B 100, § 55
Rn. 41.
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Der Abfallbeauftragte hat aber nicht nur den Weg des
Abfalls zu überwachen, sondern entsprechend § 60 Abs. 1
Satz 2 Nr. 2 KrWG auch darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen
sowie die in Bescheiden erteilten Bedingungen und Auflagen eingehalten werden:
Dies geschieht insbesondere durch Kontrolle der
Betriebsstätte und der Art und Beschaffenheit der in
der Anlage anfallenden, verwerteten oder beseitigten
Abfälle in regelmäßigen Abständen.
Dabei sind festgestellte Mängel mitzuteilen und Vorschläge über Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel zu unterbreiten.
Sachlich begrenzt wird seine Überwachungspflicht auf
die Einhaltung der Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sowie der darauf basierenden Verordnungen.
Damit obliegt dem Abfallbeauftragten nicht mehr die Verpflichtung, auch die Einhaltung anderer für den Betrieb
einschlägigen Rechtsnormen, wie etwa die des Immissionsschutzgesetzes oder des Wasserrechtes sowie des Bauoder Arbeitsschutzrechtes, zu beachten.
Begrenzung
der Überwachungspflicht
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Abfallbeauftragte daher nicht zur Überwachung der Vorschriften,
die sich etwa aus dem Abfallverbringungsgesetz,
den Landesabfallgesetzen und
den kommunalen Abfallwirtschaftssatzungen
ergeben, verpflichtet.1
Bei diesem Verständnis des § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KrWG
ergibt sich in der Tat eine ganz erhebliche Lücke der
vom Gesetz übertragenen Überwachungsaufgaben. Wenn
man allerdings auch die vielfältigen Generalklauseln des
KrWG einbezieht, auf die sich die Überwachungspflicht
offensichtlich auch bezieht, so wird man dem Gesetz auf
1
Lücke des
Gesetzes
So jedenfalls Kotulla in: Brand/Ruchay/Weidemann B 100, § 55 Rn. 48.
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dem Auslegungswege zumindestens eine sehr weitreichende Überwachungspflicht des Abfallbeauftragten entnehmen können.
Abgrenzungsprobleme dürften sich auch bei der Überwachung der Erfüllung erteilter Bedingungen und Auflagen
ergeben. Wenn sich diese Überwachung nur auf Bedingungen und Auflagen auf der Basis des KrWG bezieht,
ergibt sich wieder das zuvor dargestellte Eingrenzungsproblem. Es dürfte sich hier nach verständiger Auslegung
allerdings wohl um auch im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren bzw. im baurechtlichen
Genehmigungsverfahren erlassene Bedingungen und
Auflagen handeln, die den Anlagenbetrieb bestimmen.
Als Überwachungsmittel nennt § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
KrWG
die Kontrolle der Betriebsstätte und der Art der
Beschaffenheit der in der Anlage anfallenden, verwerteten oder beseitigten Abfälle,
die Mitteilung festgestellter Mängel und
Vorschläge zu ihrer Behebung.
Bei der Kontrolle ist der Abfallbeauftragte von dem
Bestellpflichtigen zu unterstützen (§ 60 Abs. 3 KrWG
i. V. m. § 55 Abs. 4 BImSchG). Der Abfallbeauftragte kann
sich Kenntnis auch von den Betriebsangehörigen beschaffen, die aber aufgrund der Vorschriften des KrWG
nicht gesetzlich zur Auskunft verpflichtet sind.
Der Abfallbeauftragte kann auch darauf hinwirken,
dass ihm die Kontrolle erleichtert wird, etwa durch
Führung eines Abfalltagebuches.
Der Abfallbeauftragte hat die von ihm festgestellten
Mängel dem Anlagenbetreiber mitzuteilen und nach
Möglichkeit auch Vorschläge zu unterbreiten, wie
diese Mängel zu beseitigen sind.
Pflicht zu
unverzüglichem
Handeln
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Je nach Gefahrensituation, die von einem festgestellten
Mangel ausgeht, ist der Abfallbeauftragte zu unverzüglichem Handeln verpflichtet. Unverzüglich bedeutet
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ohne schuldhaftes Zögern, mit anderen Worten also,
soweit dies tatsächlich möglich ist, sofort. Dabei muss er die
festgestellten Mängel genau bezeichnen oder aber, soweit
ihm eine genaue Bezeichnung nicht möglich ist, auf die
Umstände hinweisen, aus denen sich nach seiner Auffassung ein Mangel ergibt.
Zur Mitteilung ist er gegenüber dem Bestellpflichtigen
bzw. gegenüber dem Anlagenbetreiber/Abfallbesitzer verpflichtet, nicht jedoch gegenüber der Behörde. Die Mitteilungspflicht ist insbesondere bei gefahrbringenden
Mängeln sehr ernst zu nehmen.
Es ist nicht auszuschließen, dass – obwohl die Überwachungsaufgabe des Abfallbeauftragten keine unmittelbare Außenwirkungen entfaltet – eine Haftung in
Betracht kommt, wenn nachgewiesen wird, dass das
Unterlassen der Mängel-Mitteilung kausal für einen Schadeneintritt verantwortlich war und der Verantwortliche
bei rechtzeitiger Kenntniserlangung gefahrenmindernde
Maßnahmen ergriffen hätte.
Aus diesem Grunde sollte der Abfallbeauftragte seine
Mitteilungen genauestens dokumentieren.
Mögliche
Haftung
Genaue Dokumentation
Ein Recht oder eine Pflicht, die Mängeln der Behörde
anzuzeigen, bestehen nicht. Die unberechtigte Anzeige
der Mängel an die Behörde kann für den Abfallbeauftragten betriebsinterne Konsequenzen haben und sich als Verstoß gegen die Arbeitnehmer-Loyalitätspflicht erweisen.
Nur in besonders krassen Fällen, wenn ein Gefahreneintritt aufgrund des festgestellten Mangels unmittelbar
droht, kann der Abfallbeauftragte zur Gefahrenbeseitigung unmittelbar tätig werden und erforderlichenfalls
auch behördliche Hilfe in Anspruch nehmen. Hierbei
dürfte es sich aber um die Ausnahme handeln.
2.3.2.3 Aufklärung
Der Abfallbeauftragte hat die Betriebsangehörigen gemäß
§ 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KrWG aufzuklären
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über Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit, welche von den Abfällen ausgehen können, die in der Anlage
anfallen, verwertet oder beseitigt werden und
über Einrichtungen und Maßnahmen zu ihrer Verhinderung unter Berücksichtigung der für die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen geltenden Gesetze
und Rechtsverordnungen.
Die Aufklärungsaufgabe des Abfallbeauftragten ist in
engem Zusammenhang einerseits mit der innerbetrieblichen Kommunikation und andererseits dem Vorsorgegebot zu sehen.
Die Praxis zeigt, dass Umweltschäden sehr häufig entstehen
aus Unkenntnis der betrieblichen Zusammenhänge,
der Eigenschaften der in der Anlage vorhandenen
Stoffe und ihrer Wechselwirkungen und
des Weiteren daraus, dass insbesondere bei Eintritt
von Betriebsstörungen nicht richtig reagiert und
kommuniziert wird.
Voraussetzung
Voraussetzung der Aufklärungsaufgabe des Abfallbeauftragten ist, dass dieser von den betrieblichen Vorgängen volle Kenntnis hat.
Zur Aufgabenerfüllung des Abfallbeauftragten ist es
daher notwendig, ihm Informationen über alle maßgeblichen Betriebszustände und die jeweils eingesetzten
Stoffe zu verschaffen. Hier steht dem Abfallbeauftragten
also ein weitgehendes Informationsrecht gegenüber den
Betriebsangehörigen in den jeweiligen Betriebseinheiten
zu.
Die Aufklärung erfolgt gegenüber den Betriebsangehörigen, nicht also gegenüber Externen (Behörden, Bevölkerung).
Aufklärung
Dritter
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Das Informationsbedürfnis externer Behörden kann
nur im Rahmen der Überwachungsinstrumentarien
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durchgesetzt werden. Das Informationsbedürfnis außen
stehender Dritter kann außer durch die Beteiligungsrechte in einem Genehmigungsverfahren ggf. über die
Informationsrechte nach dem Umweltinformationsgesetz befriedigt werden.
Die Aufklärungspflicht bezieht sich auf
Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit, die von den Abfällen ausgehen können, und
Maßnahmen zu ihrer Verhinderung.
Was unter Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu verstehen ist, kann sich beispielhaft aus § 15
Abs. 2 Satz 2 KrWG ergeben. Wenn man sich zur Bestimmung des Begriffs „Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit“ auf diese Vorschrift beruft, so muss der
Abfallbeauftragte bei seiner Aufklärung weitgehend alle
nur denkbaren Folgen des Einsatzes der Abfälle in der
Anlage berücksichtigen.
„Wohl der Allgemeinheit“
Die Aufklärungspflicht bezieht sich damit nicht nur auf
einzelne Medien (Boden, Luft, Wasser), sondern ist medienübergreifend und muss alle nur denkbaren Auswirkungen, insbesondere des fehlerhaften Umgangs mit Abfällen berücksichtigen. Damit dürfte die Aufklärungspflicht
des Abfallbeauftragten in Bezug auf die Abfallstoffe
weiter sein als die vergleichbaren Aufklärungspflichten
der Immissionsschutz- und Gewässerschutzbeauftragten,
deren Aufklärungsbereich eingegrenzt ist.
Im Ergebnis wird man sagen müssen, dass der Abfallbeauftragte über alle von dem Einsatz der Abfälle in der
Anlage und darüber hinausgehenden Auswirkungen aufklären muss, soweit es zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit führen kann.
Zur Aufklärungspflicht gehört auch der Hinweis auf
Maßnahmen zur Verhinderung der Beeinträchtigung
des Wohls der Allgemeinheit. Angesprochen sind hiermit
im Wesentlichen betriebliche Vorkehrungen über den
Umgang mit Abfällen, aber auch über das Verhalten bei
einer Störung des Betriebsablaufs.
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Information der Betriebsangehörigen: Der Abfallbeauftragte hat dabei die Betriebsangehörigen auch über alle
einschlägigen Rechtsvorschriften zu informieren.
Mittel der
Aufklärung
Als Mittel der Aufklärung kommen
Seminare,
Lehrgänge,
persönliche Gespräche,
Rundschreiben,
Anschläge im Betrieb oder
Einsatz betriebsinterner Mailing-Systeme
in Betracht.
Der Abfallbeauftragte kann bestimmen, welche Form
der Aufklärung er wählt. Dabei muss er auf betriebliche Besonderheiten Rücksicht nehmen.
2.3.2.4 Initiative und Innovation
§ 60 Abs. 1
Satz 2 Nr. 4
und 5 KrWG
§ 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und 5 KrWG verpflichtet den
Abfallbeauftragten auf die Hin- und Mitwirkung bei Entwicklung und Einführung umweltfreundlicher und
abfallarmer Verfahren und Erzeugnisse bei Anlagen, die
im Sinne des § 4 BImSchG genehmigungsbedürftig sind,
und in Anlagen, in denen regelmäßig gefährliche Abfälle
anfallen.
Der Anwendungsbereich dieser Aufgabe des Abfallbeauftragten ist daher sachlich zunächst einmal begrenzt.
Die Aufgaben beziehen sich auf alle Anlagen, die nach
§ 4 BImSchG genehmigungsbedürftig sind, also nicht
nur auf die in der 4. BImSchV genannten Abfallentsorgungsanlagen.
Außerdem werden Anlagen erfasst, in denen gefährliche Abfälle regelmäßig anfallen. Dies ist immer dann
der Fall, wenn die Anlage nach ihrer Betriebsweise
typischerweise geeignet ist, dass der Anfall der ent-
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sprechenden Abfälle zur erwarten ist. Auf ein
bestimmtes zeitliches Intervall kommt es dabei nicht
an.
Hinwirkungspflicht
Der Abfallbeauftragte hat auf umweltfreundliche und
abfallarme Verfahren und Erzeugnisse hinzuwirken.
Unter umweltfreundlich wird dabei nicht nur verstanden, dass schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des
§ 3 Abs. 1 BImSchG nicht hervorgerufen werden.
Die Einhaltung der Schutzpflichten des § 5 Abs. 1 Nr. 1
BImSchG reicht hier nicht aus. Vielmehr soll ein möglichst hoher Maßstab an die Verfahrensweisen angelegt werden, der auch dem Vorsorgegesichtspunkt
gerecht wird.
Einhaltung
der Schutzpflichten
nicht ausreichend
Diese Verpflichtung bezieht sich auf Verfahren.
Darunter versteht man nicht nur den eigentlichen
Produktionsvorgang, sondern auch die damit zusammenhängenden Auswirkungen wie Abfallvermeidung,
Abfallverwertung und Abwärmenutzung bzw. Vermeidung und Verminderung des Abwasseranfalls.
Unter Erzeugnissen im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 2
Nr. 4 b KrWG sind nicht nur die Endprodukte, also das
Ziel des Produktionsverfahrens zu verstehen, sondern
auch Einsatz- und Zwischenstoffe. Auch diese sollen
möglichst umweltfreundlich und abfallarm sein.
Mitwirkungsaufgabe
Während sich die Hinwirkungspflicht weitgehend auf
verbale Einflussnahme, also Kommunikation beschränkt,
ist die in § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KrWG vorgesehene Mitwirkungsaufgabe darauf gerichtet, die Kenntnisse des
Abfallbeauftragten insbesondere durch Begutachtung zu
nutzen. Eigene Entwicklungstätigkeit des Abfallbeauftragten ist selbstverständlich ebenfalls möglich.
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Optimierungspflicht
§ 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KrWG postuliert schließlich noch
die Aufgabe, auf Verbesserungen des Entsorgungsverfahrens hinzuwirken.
Die Optimierungspflicht trifft in diesem Falle nur
Abfallbeauftragte in Abfallverwertungs- und Beseitigungsanlagen.
2.3.2.5 Berichtspflicht
§ 60 Abs. 2
KrWG
Gemäß § 60 Abs. 2 KrWG hat der Abfallbeauftragte dem
Betreiber jährlich einen Bericht über die nach § 60 Abs. 1
Nr. 1–5 getroffenen und beabsichtigten Maßnahmen zu
erstatten.
Berichtsempfänger ist der Betreiber der Anlage, nicht
also der Abfallbesitzer.
Die Funktion des Berichtes ist darin zu sehen, zum
einen die Aufgabenwahrnehmung des Abfallbeauftragten im abgelaufenen Jahr zu dokumentieren.
Sie dient aber auch und vor allem dem Betreiber dazu,
einen Überblick über den Zustand des Betriebes zu
erhalten, und der Dokumentation der geplanten Maßnahmen.
Das Gesetz enthält keine Vorgabe darüber, ob der Bericht
schriftlich oder mündlich abzustatten ist. Die zuvor dargestellten Funktionen kann der Bericht in aller Regel
allerdings nur bei einer systematischen schriftlichen Darstellung entfalten.
Außerdem ist es wegen der Beweisfunktion des Berichtes auch für den Abfallbeauftragten sinnvoll, diesen
schriftlich zu verfassen.
Wie die sonstigen Pflichten des Abfallbeauftragten
besteht auch die Berichtspflicht nur gegenüber dem
Betreiber, nicht gegenüber Externen.
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Aus diesem Grunde ist der Abfallbeauftragte weder verpflichtet noch berechtigt, den Bericht den Behörden oder
der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies würde
einen schweren Verstoß gegen seine betrieblichen Pflichten darstellen.
2.3.3
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2.3
Keine
Berichtspflicht
gegenüber
Dritten
Stellungnahme zu Entscheidungen
Die Einholung der Stellungnahme des Betriebsbeauftragten vor Investitionsentscheidungen gemäß § 60 Abs. 3
KrWG in Verbindung mit § 56 BImSchG verpflichtet in
erster Linie den Betreiber, begründet aber gleichzeitig
auch eine Aufgabe für den Abfallbeauftragten.
§ 60 Abs. 3
KrWG
§ 56 Stellungnahme zu Entscheidungen des Betreibers
(1) Der Betreiber hat vor Entscheidungen über die Einführung von Verfahren und Erzeugnissen sowie vor Investitionsentscheidungen eine
Stellungnahme des Immissionsschutzbeauftragten einzuholen, wenn
die Entscheidungen für den Immissionsschutz bedeutsam sein können.
(2) Die Stellungnahme ist so rechtzeitig einzuholen, dass sie bei den
Entscheidungen nach Absatz 1 angemessen berücksichtigt werden
kann; sie ist derjenigen Stelle vorzulegen, die über die Einführung von
Verfahren und Erzeugnissen sowie über die Investition entscheidet.
Soweit die Verpflichtung des Betreibers besteht, die
Stellungnahme zu Investitionsentscheidungen einzuholen, resultiert hieraus für den Beauftragten die
Pflicht zur rechtzeitigen Vorlage der angeforderten
Stellungnahme.
Pflicht zur
rechtzeitigen
Vorlage
Auch der Abfallbeauftragte muss seinen Anteil dazu beitragen, dass die Stellungnahme bei den genannten Entscheidungen Berücksichtigung finden kann.
Unterlässt der Abfallbeauftragte es, eine Stellungnahme
abzugeben, oder geht sie verspätet ein, stellt dies eine
Obliegenheitsverletzung gegenüber dem Anlagenbetreiber/Abfallbesitzer dar.
Dieser ist dann berechtigt, ohne Berücksichtigung der
Stellungnahme die Entscheidung zu treffen.
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Darüber hinaus können aus einer schuldhaften Nichtabgabe bzw. verspäteten Abgabe der Stellungnahme
betriebsinterne Konsequenzen in arbeits- oder dienstrechtlicher Hinsicht gezogen werden.
Im Anwendungsbereich des § 60 KrWG bezieht sich die
Pflicht zur Einholung der Stellungnahme durch den
Anlagenbetreiber/Abfallbesitzer auf die für die Abfallvermeidung und/oder Abfallbewirtschaftung bedeutsamen
Entscheidungen. Hierbei handelt es sich um Entscheidungen, die eine Änderung der Betriebs- und/oder
Produktionsweise betreffen, die unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf abfallrechtlich bedeutsame Verfahrensabläufe haben.
Darunter sind also insbesondere Änderungen im
Betriebsablauf zu verstehen, die auf die Entstehung,
Qualität und Nutzung von Abfallstoffen sowie ihre
Entsorgungswege Einfluss haben können. Gleiches gilt
bei einer Änderung der Betriebsabläufe, die zu einer
Veränderung der Produkte führt, soweit diese Änderung wesentliche Auswirkungen auf die abfallrechtliche Beurteilung der Produkte haben kann.
Überschneidungen mit den Aufgabenbereichen der anderen Betriebsbeauftragten, insbesondere des Immissionsschutzes und des Gewässerschutzes sind auch hier denkbar.
Koordinierungspflicht
des Betreibers
Zu den Koordinierungspflichten des Anlagenbetreibers/Abfallbesitzers gehört auch die Sicherstellung,
dass eine entsprechende Koordinierung und Abstimmung erfolgt.
Diese Verpflichtung besteht nicht nur bei der Koordinierung der Aufgaben von Betriebsbeauftragten gleicher
Fachrichtung, sondern insbesondere bei der Koordinierung der Aufgaben der Betriebsbeauftragten unterschiedlicher Fachrichtungen (§ 55 Abs. 3 KrW-/AbfG i. V. m. § 55
Abs. 3 BImSchG).
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Vortragsrecht
Neben der Verpflichtung des Anlagenbetreibers/Abfallbesitzers, die Stellungnahme des Abfallbeauftragten vor
Investitionsentscheidungen einzuholen, besteht ein eigenständiges Vortragsrecht gem. § 60 Abs. 3 KrWG i. V. m. § 57
BImSchG.
§ 60 Abs. 3
KrWG
§ 57 Vortragsrecht
Der Betreiber hat durch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen
sicherzustellen, dass der Immissionsschutzbeauftragte seine Vorschläge oder Bedenken unmittelbar der Geschäftsleitung vortragen
kann, wenn er sich mit dem zuständigen Betriebsleiter nicht einigen
konnte und er wegen der besonderen Bedeutung der Sache eine Entscheidung der Geschäftsleitung für erforderlich hält. Kann der Immissionsschutzbeauftragte sich über eine von ihm vorgeschlagene Maßnahme im Rahmen seines Aufgabenbereichs mit der Geschäftsleitung
nicht einigen, so hat diese den Immissionsschutzbeauftragten umfassend über die Gründe ihrer Ablehnung zu unterrichten.
Danach hat der Betreiber durch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen sicherzustellen, dass der Abfallbeauftragte seine Vorschläge und Bedenken unmittelbar
der Geschäftsleitung vortragen kann,
Vortrag an
Geschäftsführung
wenn er sich mit dem zuständigen Betriebsleiter
nicht einigen konnte und
er wegen der besonderen Bedeutung der Sache eine
Entscheidung der Geschäftsleitung für erforderlich
hält.
Damit soll erreicht werden, dass die Vorstellungen des
Abfallbeauftragten nicht bereits im Rahmen einer etwaigen Stellungnahme zu Investitionsentscheidungen „abgeblockt“ werden können, sondern hier ein eigenständiges
und unmittelbares Vortragsrecht bei der Geschäftsleitung
eingeräumt wird.
Sachlich bezieht sich das Vortragsrecht des Abfallbeauftragten auf die ihm in § 60 Abs. 1 und 2 KrWG übertragenen Aufgaben bzw. auf die ggf. in der Bestellung
weitergehend übertragenen Aufgaben.
Inga Schwertner
Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012
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2
2.3
Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten
Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall
Er hat also das sich aus § 57 BImSchG ergebende Vortragsrecht nicht außerhalb seines Aufgabenbereiches als
Abfallbeauftragter.
Voraussetzung für das gegenüber der Geschäftsleitung
bestehende Vortragsrecht ist, dass es eine Einigung mit
dem Betriebsleiter über Vorschläge und Bedenken des
Abfallbeauftragten nicht gegeben hat.
Stellung zu
Betriebsleitern
Dies setzt voraus, dass sich der Abfallbeauftragte
zunächst mit dem fachlich zuständigen Betriebsleiter
über seine Vorschläge und Bedenken auseinandergesetzt
hat. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht
bedeutet, dass der Abfallbeauftragte dem Betriebsleiter
gegenüber etwa Weisungskompetenzen hätte. Hier geht
es alleine um die Vorstellung der eigenen Vorschläge und
Bedenken und die Möglichkeit, diesen nachzugehen. Nur
wenn eine Einigungsmöglichkeit nicht besteht, besteht
das Vortragsrecht.
Das Vortragsrecht besteht bei fehlender Einigung nur
dann, wenn der Abfallbeauftragte wegen der besonderen
Bedeutung der Sache eine Entscheidung der Geschäftsleitung für erforderlich hält.
Wann die Sache besondere Bedeutung hat, ist regelmäßig aus der Sicht des Abfallbeauftragten zu beurteilen.
Von besonderer Bedeutung sind sicherlich Auswirkungen
auf das Emissions- bzw. Immissionsverhalten der jeweiligen Anlage. Ob auch der Betriebsleiter oder der Anlagenbetreiber die Sichtweise des Abfallbeauftragten teilt, ist
nicht entscheidend. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn
der Abfallbeauftragte offensichtlich einer Fehleinschätzung unterliegt.
Eine bestimmte Form der Ausübung des Vortragsrechtes ist nicht vorgeschrieben.
Aus Beweisgründen empfiehlt sich die Schriftlichkeit.
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Inga Schwertner
Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten
Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall
Der Abfallbeauftragte hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung seiner Vorstellungen, nur darauf, dass er von
der Geschäftsleitung umfassend über die Gründe der
Ablehnung seiner Vorstellungen unterrichtet wird.
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2.3
Umfassende
Unterrichtung
Hieraus erwachsen dem Abfallbeauftragten allerdings
keine unmittelbaren Pflichten und Rechte. Möglicherweise können sich Auswirkungen auf das der Bestellung
zum Abfallbeauftragten zugrunde liegende Rechtsverhältnis zu dem Bestellpflichtigen ergeben, wenn der
Abfallbeauftragte fürchtet, die ihm übertragenen Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen zu können.
2.3.5
Benachteiligungsverbot/
Kündigungsschutz
Aus § 60 Abs. 3 KrWG i. V. m. § 58 BImSchG resultiert
noch ein weitgehender betrieblicher Schutz des Abfallbeauftragten.
§ 60 Abs. 3
KrWG
Der Abfallbeauftragte darf wegen der Erfüllung der
ihm übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden.
Außerdem ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses
so lange unzulässig, wie der Abfallbeauftragte bestellt
ist, und innerhalb eines Jahres nach Beendigung der
Bestellung.
§ 58 Benachteiligungsverbot, Kündigungsschutz
(1) Der Immissionsschutzbeauftragte darf wegen der Erfüllung der
ihm übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden.
(2) Ist der Immissionsschutzbeauftragte Arbeitnehmer des zur Bestellung verpflichteten Betreibers, so ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den
Betreiber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist berechtigen. Nach der Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter ist die Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Bestellung an gerechnet, unzulässig, es sei
denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Betreiber zur Kündigung aus
wichtigem Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist berechtigen.
Das Benachteiligungsverbot erstreckt sich nur auf
Benachteiligungen des Beauftragten „wegen der ErfülInga Schwertner
Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012
Benachteiligungen
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Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten
Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall
lung der ihm übertragenen Aufgaben“. Hintergrund dieser Vorschrift ist, dass die Tätigkeit des Beauftragten den
Interessen des Anlagenbetreibers zuwiderlaufen kann.
Mit dem Benachteilungsverbot soll sichergestellt werden,
dass der Beauftragte seine Arbeit mit der erforderlichen
Unabhängigkeit wahrnehmen kann.
Kündigung
Eine besondere Form der Benachteiligung stellt die Kündigung dar. Der Kündigungsschutz steht nicht unter der
Einschränkung, dass die Kündigung „wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben“ erfolgt ist. Dies
bedeutet, dass jede Kündigung des Beauftragten während
seiner Stellung als solcher sowie innerhalb eines Jahres
nach Abberufung als Beauftragter unzulässig ist. Eine
Ausnahme gilt nur für den Fall, dass ein Grund zur fristlosen Kündigung vorliegt.
Nicht von dem Kündigungsschutz erfasst ist der Fall, dass
die Funktion des Beauftragten nicht aufgrund einer
Abberufung durch den Anlagenbetreiber erfolgt ist. Insoweit ist der Gesetzeswortlaut eindeutig.
Das Benachteiligungs- und Kündigungsverbot soll nicht
nur die Aufgabenerfüllung sichern, sondern schützt auch
die Interessen des Beauftragten. Entsprechend kann der
Beauftragte aus einem Verstoß gegen § 60 Abs. 3 KrWG
i. V. m. § 58 BImSchG eigene Rechte herleiten. In Betracht
kommt ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB
sowie ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB. Diese
Rechte sind nicht abdingbar.
Eine vertragliche Vereinbarung darüber, dass das Benachteiligungsverbot nicht zur Anwendung gelangen soll, ist
nach § 134 BGB nichtig.
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