hotelier paul-marc julen (zermatt)

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hotelier paul-marc julen (zermatt)
HOTELIER TALK PAUL-MARC JULEN
HOTELIER PAUL-MARC JULEN (ZERMATT)
Der Hotelier im Schafstall:
Paul-Marc Julen und sein Vater
Paul besitzen über 300 Schwarznasenschafe. Das «Thema Schaf»
zieht sich wie ein roter Faden
durch die Hotels und GastronomieBetriebe der Familie Julen.
Der Berg
allein
genügt
nicht
INTERVIEW Hans R. Amrein
PORTRÄT-BILDER Holger Jacob
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P
aul-Marc Julen, Hoteliers in Zermatt
leben im Paradies: weltberühmter
Tourismusort, spektakuläre Bergwelt
mit dem «Berg aller Berge», florierende
Winter- und Sommersaison, hohe Zimmerauslastung und hohes Preisniveau – Sie sind auf
Alpenrosen gebettet!
Es macht in der Tat viel Spass, in Zermatt Hotelier zu sein! Allein die Tatsache, dass Zermatt ein
attraktiver und stark frequentierter Winter- und
Sommerferienort ist, erschliesst uns Möglichkeiten, die andere Schweizer Bergdestinationen so
nicht haben.
Paul-Marc Julen führt in Zermatt drei Viersterne-Hotels
und mehrere Gastronomie-Betriebe. Laut Branchen-Insidern
ist Julen einer der erfolgreichsten Hoteliers im Wallis.
Wie lautet das Erfolgsprinzip des 35-jährigen Hotel-Profis?
«Hotelier»-Chefredaktor Hans R. Amrein sprach mit
Julen über paradiesische und andere Zustände in Zermatt,
Schwarznasenschafe und Familien-Tradition.
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Was haben denn Davos, Arosa
oder Engelberg nicht?
Man kann in Zermatt noch Ideen, Visionen und
am Ende Projekte umsetzen, die so in anderen
Destinationen nicht machbar wären. Wobei auch
ein Hotelier in Zermatt rechnen und die Zahlen
im Griff haben muss.
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Paradiesische Zustände am Fusse des Matterhorns?
Ja, andererseits haben wir hier oben rund
130 Hotels! Die höchste Hotel-Dichte der Schweiz
– nach Zürich. Das führt zu einem harten Verdrängungswettbewerb. Und fast alle haben die
gleiche Zielgruppe im Visier: Feriengäste und
Gruppentouristen.
Wie leben Sie mit fast 130 Mitbewerbern im
Rücken? Findet da ein brutaler Kampf um jedes
Hotel-Bett statt?
Nein. Die Folge ist, dass sich jeder anstrengen und das Beste geben muss. Wichtig ist, dass
der Hotelier sein Produkt klar positioniert. Man
muss einzigartig, unverwechselbar sein. Doch
das gilt nicht nur für Hotels in Zermatt, sondern
für die ganze Branche.
Wer in Zermatt nicht laufend investiert und neue
Ideen umsetzt, bleibt stehen …
… so ist es. Die Innovationsbereitschaft unter ❯
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HOTELIER TALK PAUL-MARC JULEN
terzuentwickeln und eines Tages an die nächste
Generation weiterzugeben. Es ist einfach, einen
Betrieb zu übernehmen. Und hätten meine Vorfahren nicht so klug, weitsichtig und nachhaltig gehandelt, wäre es für mich nicht so einfach
gewesen. Jetzt geht es darum, das Unternehmen
erfolgreich in die Zukunft zu führen.
Ihre Familie gilt als sehr erfolgreich. «Tradition Julen
Zermatt» gilt in der Branche als Vorzeigebetrieb.
Was ist Ihr Erfolgsprinzip?
Die zentrale Frage, die sich heute jeder Hotelier
stellen muss: Wie mache ich mein Hotel einzigartig? Wir haben in der Familie intensiv über diese
Frage gesprochen.
Familie Julen.
den Hoteliers in Zermatt ist
grösser als andernorts. Wenn
ich als Hotelier vermeiden will,
dass meine Gäste abwandern
und beim Mitbewerber absteigen, muss ich mein Produkt
laufend verbessern und an die
neuen Bedürfnisse anpassen.
« DIE ZENTRALE FRAGE, DIE
SICH HEUTE JEDER HOTELIER
STELLEN MUSS: WIE MACHE ICH
MEIN HOTEL EINZIGARTIG?
»
PAUL-MARC JULEN
Welche Zielgruppen peilen Sie an?
Im Winter dominiert der klassische alpine Skitourist. Im Sommer spielt der Ausflugstourismus
eine wichtige Rolle. In der Zwischensaison und
im Sommer kommt das Gruppengeschäft dazu.
Dann bevölkern die Asiaten Klein-Matterhorn
und Gornergrat.
Schauen Sie, wir brauchen eine gewisse Auslastung in der Zwischensaison. Diese erreichen wir
mit Gruppen. Dank der Zwischensaison können
wir vielen Mitarbeitern eine Ganzjahresstelle
anbieten. Und das wirkt sich direkt auf die Service-Qualität aus, auch im Sommer, wenn der
Individualgast kommt.
Man könnte sagen: Gruppen sind Mittel zum Zweck.
Ja.
Man könnte auch sagen: Der Berg allein genügt
nicht, um in Zermatt Erfolg zu haben.
Ja, schon. Doch das Matterhorn ist ein einzigartiges Verkaufsargument. Ein Alleinstellungsmerkmal, wie es unsere Mitbewerber im Engadin oder Tirol nicht haben. Der Berg garantiert
uns eine ganzjährige Nachfrage. Trotzdem gebe
ich Ihnen recht: Das Matterhorn reicht vielleicht,
um in Zermatt Hotelier zu sein, aber es reicht
nicht, um in Zermatt ein erfolgreicher Unternehmer zu sein.
Sie führen – zusammen mit Ihrer Frau Cindy – seit
2013 drei Hotels und diverse Restaurantbetriebe der
Familie Julen. In der vierten Generation …
Schon als kleiner Bub stand für mich fest: Ich will
eines Tages Hotelier sein. Hotelier und daneben
ein wenig Landwirtschaft – das war schon immer
mein Ziel. Derzeit bin ich vor allem Hotelier.
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Mein Vater, Paul Julen, führt
den Landwirtschaftsbetrieb der
Familie mit etwa 300 Schwarznasenschafen und Kühen.
Sie hätten als Absolvent der
Hotel-Fachschule Luzern eine
internationale Karriere als HotelManager anpeilen können.
Ich bin ein Familienmensch.
Ich wollte immer eine Familie haben. Eigene Kinder, eine
Nachfolge aufbauen. Zermatt
war für mich der ideale Ort,
eine Familie zu gründen.
Wie sehen Sie Ihre Rolle?
Ich bin Hotelier und Familienunternehmer. Ich führe eine
über 100-jährige Familientradition weiter und möchte das
«Werk» eines Tages meinen
Kindern weitergeben.
Paul-Marc Julen, vierte Generation, Erbe und Nachfolger. Alles
war schon da: die Hotels, die
Gastronomie-Betriebe, ein gewisses Vermögen. Seine Vorfahren
haben es aufgebaut – und er,
der 35-jährige Junior, setzt sich
einfach ins gemachte Nest.
Was sagen Sie dazu?
(lacht) Absolut richtig! Doch
die grosse Herausforderung
liegt darin, das Unternehmen
mit Erfolg weiterzuführen, wei-
Was haben die Familiengespräche ergeben?
Die Familie Julen hat eine lange Tradition, dabei
spielt die Landwirtschaft eine wichtige Rolle.
Und genau da haben wir bei der Positionierung unserer Häuser angesetzt. Wir führen die
Landwirtschaft und unsere Hotels zusammen –
mit unserer Schafzucht, die rund 300 Schwarznasenschafe umfasst. Die typische Schafrasse im
Oberwallis. Daneben haben wir Kühe und seit
2015 eine Biogas-Anlage.
« WIR FÜHREN DIE LANDWIRT-
SCHAFT UND UNSERE HOTELS
ZUSAMMEN – MIT UNSERER SCHAFZUCHT, DIE RUND 300 SCHWARZNASENSCHAFE UMFASST.
»
Daraus hat sich die heutige Positionierung
der «Tradition Julen Zermatt» ergeben.
Richtig. Wir verbinden die Landwirtschaft und
die Schafzucht mit unseren touristischen Angeboten, der Hotellerie und den diversen Restaurants. Diese Kombination, auf der Grundlage der jahrzehntelangen Tradition und Kultur
der Familie, ist einzigartig und nicht kopierbar.
Damit differenzieren wir uns von den Mitbewerbern im Ort.
PAUL-MARC JULEN
Wie aber setzen Sie diese Positionierung
im Hotel-Alltag um?
Das Schwarznasenschaf zieht sich wie ein roter
Faden durch fast alle Bereiche der Hotels und
Restaurants. Die Erzeugnisse aus unserer Landwirtschaft werden zu hundert Prozent in unseren
Hotels und Restaurants verwendet.
❯
biografie
WER IST PAUL-MARC JULEN?
Der am 7. September 1981 in Zermatt geborene Hotelier
führt die Hotels und Gastronomie-Betriebe der «Tradition
Julen» seit Mitte 2013. Paul-Marc Julen ist zusammen
mit seiner Frau Cindy für die gesamte operative Geschäftsführung der Hotel-Gruppe verantwortlich. Die Gruppe,
bestehend aus drei Hotels und sechs Gastronomiebetrieben,
tritt seit 2013 unter der Marke «Tradition Julen Zermatt»
auf. Paul-Marc Julen hat eine Kochlehre absolviert (2000),
vier Jahre später liess er sich zum Kaufmann mit eidg.
Berufsmatura ausbilden. An der Schweizerischen HotelFachschule Luzern (SHL) lernte der diplomierte HotelierRestaurateur HF das Handwerk des Gastgewerbes.
Paul-Marc Julen ist verheiratet mit Cindy Julen (Eyer) und
Vater von zwei Söhnen (8 und 6). Als Jugendlicher war
der 35-jährige Hotelier ein ambitionierter Skirennfahrer.
Die Freizeit verbringt er am liebsten mit seinen Söhnen im
Landwirtschaftsbetrieb der Familie.
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HOTELIER TALK PAUL-MARC JULEN
in Kürze
Ihre Gäste essen Lamm und schlafen
auf Schafwolle …
… nicht nur! Wir verwenden das ganze Lamm.
Es gibt nicht nur Lamm-Karree, sondern auch
Lamm-Burger oder Lamm-Bratwurst. Wobei die
Lamm-Geschichte mit dem Fleisch erst beginnt:
Zwei Mal im Jahr werden die Schafe geschoren. Das Resultat: Schafwolle. Damit füllen wir
Duvets, Kissen und Matratzen in unseren Hotels.
Unsere Gäste schlafen auf hausgemachter Schafwolle. Hinzu kommen Schaffelle, die unsere
Gäste kaufen können. Mit den Hörnern der
Schafe kreieren wir Dekorationselemente.
GESCHICHTE
Die Geschichte der Tradition Julen begann 1910, als Andreas und Pauline
Julen ihre erste Pension eröffneten. 1937 eröffnete Meinrad Julen, der Sohn von
Andreas, das Hotel Julen. 1981 wurde das Hotel unter der Leitung von Meinrads Sohn, Paul Julen, komplett renoviert. Paul und seine Frau Daniela Julen übernahmen die Geschäftsführung des Hauses. Dazu eröffneten sie das Restaurant
Julen und die «Schäferstube». Später kam das Hotel Daniela dazu, 2014 ein
drittes Haus, das Hotel Alpenhof. Es wurde 31 Jahre lang von Hans-Peter Julen,
dem Onkel von Paul-Marc Julen, und dessen Frau Annelise geführt.
Neben den drei Hotels führen die Julens das Bergrestaurant Stafelalp, die Restaurants Julen und Alpenhof, die «Schäferstube», das «Papperla Pub» und den
Nightclub «Schneewittli». Hinzu kommen ein Landwirtschaftsbetrieb (12 Kühe,
30 Hektar Wiesen und Weiden), eine Biogasanlage (seit 2015) und die Schafzucht.
Paul Julen besitzt rund 300 Schwarznasenschafe. Zahlreiche Produkte in den
Hotels (Fleisch, Käse, Wolle, Lammfelle usw.) stammen aus der Schafzucht, die in
der Zwischenzeit zu einer wichtigen Gäste-Attraktion geworden ist.
Und wie reagieren Ihre Gäste auf die Lammoder Schafgeschichten?
Der Gast sucht solche Angebote – in Verbindung mit der Natur und Tradition. Doch unsere
Geschichten sind authentisch! Das ist kein
künstlich inszeniertes Disneyland. Die Schwarznasenschafe sind fest in der Kultur des Oberwallis verankert. Sie sind ein wichtiger Bestandteil
des lokalen Lebens.
DIE HOTELS
Schön und gut, aber kein Gast kommt allein wegen
der Schwarznasenschafe nach Zermatt. Man will
hier Ski fahren, wandern, Berge besteigen und – vor
allem – das Matterhorn sehen.
Das stimmt. Aber der Gast interessiert sich auch
für das ursprüngliche Leben am Berg. Es geht um
« DIE INNOVATIONSBEREITSCHAFT
UNTER DEN HOTELIERS IN ZERMATT
IST GRÖSSER ALS ANDERNORTS.
»
ÜBERNACHTUNGEN
(ALLE 3 BETRIEBE):
etwa 56 000
JAHRESUMSATZ GRUPPE
(inkl. Restaurants):
etwa CHF 20 Mio.
MITARBEITENDE (HOCHSAISON):
etwa 150
TOTAL BETTEN:
240
ANTEIL FERIENGÄSTE:
99 %
ANTEIL F & B AM GESAMTUMSATZ:
50 %
WARENRENDITE:
65 %
WELLNESS-HOTEL ALPENHOF
KLASSIFIZIERUNG: 4 Sterne Superior
ERÖFFNUNG: 1983
INHABER: Familie Julen
ZIMMER UND SUITEN: 62
WELLNESS: 300 m2
AUSLASTUNG: 80 %
BEHERBERGUNGSMOYENNE:
CHF 350.–
REVPAR: CHF 275.–
Vergessen Sie Ihre Wäsche.
PAUL-MARC JULEN
Geschichten und Emotionen. Man will das lokale
Leben spüren! Nur ein Beispiel: Im Winter bieten
wir den Gästen eine neunzigminütige Führung
durch den Schafstall – mit Apéritif im Stall. Im
Sommer führen wir die Gäste im Rahmen einer
Bergwanderung auf die Schafweiden am Fusse
des Matterhorns. Dort gibt es einen hochalpinen Apéritif, inklusive Schaf- und Bergpflanzenkunde. Erlebnis pur!
Sprechen wir über Investitionen. Sie stecken laufend
viel Geld in Ihre Häuser …
… pro Jahr investieren wir rund 1 Million Franken in unsere Betriebe. Mindestens! In den letzten fünf Jahren haben wir etwa 7 Millionen
investiert.
Und wie geht’s weiter mit der «Tradition
Julen Zermatt»? Haben Sie neue Projekte im Kopf?
Wir haben unsere Zielgrösse erreicht. Wachstum ist nicht unser primäres Ziel. Es geht jetzt
darum, das «Produkt Julen» weiter zu optimieren und noch klarer am Markt zu positionieren.
Ich möchte meinen Nachfolgern eines Tages ein
gesundes Unternehmen übergeben.
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ROMANTIK-HOTEL JULEN
HOTEL DANIELA
KLASSIFIZIERUNG: 4 Sterne Superior
ERÖFFNUNG: 1939
INHABER: Familie Julen
ZIMMER 32
AUSLASTUNG: 84 %
BEHERBERGUNGSMOYENNE:
CHF 340.–
REVPAR: CHF 290.–
KLASSIFIZIERUNG: 4 Sterne
ERÖFFNUNG: 1994
INHABER: Familie Julen
ZIMMER 24
AUSLASTUNG: 81 %
BEHERBERGUNGSMOYENNE:
CHF 230.–
REVPAR: CHF 190.–
GASTRONOMIE
Schäferstube (65 Plätze),
Restaurant Julen (85),
Restaurant Alpenhof (120),
Restaurant Stafelalp (120),
Papperla Pub (100),
Nightclub Schneewittli
(200, Franchise-Betrieb).
Schäferstube
www.julen.ch
[email protected]
Papperla Pub
Widmen Sie sich Ihren Gästen, wir kümmern uns um Ihre Textilien.
Stafelalp
Schwob AG
Schneewittli Nightclub
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schwob.swiss