DDD - Allgemeinmedizin
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DDD - Allgemeinmedizin
412 Originalarbeit Inwieweit bilden definierte Tagesdosen (DDD) die tatsächlich verordneten Tagesdosen ab? Eine Analyse ambulanter Verordnungsdaten Relation between Defined Daily Doses (DDD) and Prescribed Daily Doses: A 3-Month Analysis of Outpatient Data from a Statutory Health Insurance Company Autoren T. Grimmsmann1, W. Himmel2 Institute 1 Schlüsselwörter ▶ Arzneimittelverbrauchs● forschung ▶ Arzneimittelkosten ● ▶ Arzneimittelverordnungen ● ▶ Pharmakoepidemiologie ● ▶ ACE-Hemmer ● ▶ Sulfonylharnstoffe ● ▶ Betablocker ● Zusammenfassung & Abstract & Ziel der Studie Definierte Tagesdosen (defined daily doses; DDD) dienen der Analyse des Arzneimittelverbrauchs. Für verordnungsstarke Arzneimittelgruppen sollte untersucht werden, inwieweit DDD und tatsächlich verordnete Tagesdosen (prescibed daily dose; PDD) übereinstimmen. Methodik: Grundlage sind die Daten einer großen gesetzlichen Krankenkasse in Mecklenburg-Vorpommern im 1. Quartal 2007. Alle über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten ambulant verordneten Arzneimittel an jeweils denselben Versicherten wurden ausgewertet (kontinuierliche Verordnungen). PDD wurden für ACE-Hemmer-Monopräparate, Betablocker (nur selektive Betablocker) und bestimmte Antidiabetika (Sulfonylharnstoffe) ermittelt und mit den DDD verglichen. Ergebnisse: Im Untersuchungszeitraum erhielten ungefähr 38 500 Patienten kontinuierlich jeweils ACE-Hemmer-Monopräparate oder selektive Betablocker und etwa 9 000 Patienten Sulfonylharnstoffe. Die PDD wichen in unterschiedlichem Ausmaß von den DDD ab. Bei den ACE-Hemmern lag die Anzahl täglich verordneter DDD zwischen 1,5 (Captopril) und 3,5 (Ramipril). Bei Ramipril betrugen die tatsächlichen Tagestherapiekosten 0,24 €, statt 0,07 € theoretischer Kosten je DDD. Die PDD für Betablocker lagen bei 0,9 DDD, nahezu identisch für Bisoprolol (0,8 DDD) und Metoprolol (0,9 DDD). Bei den Sulfonylharnstoffen wurden je Tag und Patient 1,0 DDD Glibenclamid und 2,0 DDD Glimepirid eingesetzt. Schlussfolgerung: Bei einzelnen, häufig verordneten Medikamenten liegen die PDD weit über den DDD. In diesen Fällen übersteigen die tatsächlichen Tagestherapiekosten die theoretischen DDD-Kosten um ein Mehrfaches. Bewertungen von Therapiekosten auf Basis verordneter Aim: Defined daily doses (DDD) are used to analyse drug utilisation. For frequently prescribed drug groups, we studied to what extent the DDD correspond to the average prescribed daily doses (PDD). Methods: We analysed all drugs prescribed for more than three months to insured of a large health insurance fund in Mecklenburg-Vorpommern, one federal state in Germany. PDD for plain ACE inhibitors, selective beta-antagonists and some antidiabetics (sulfonylurea compounds) were calculated and compared with their DDD. Results: During the study period, about 38 500 patients received continuous prescriptions of each ACE inhibitors or selective beta-antagonists, and about 9 000 of sulfonylurea compounds. PDD differed from DDD in varying degrees. For ACE inhibitors, PDD ranged between 1.5 DDD (for captopril) and 3.5 (for ramipril). The PDD for betaantagonists were on average 0.9 DDD, similar for bisoprolol (0.8 DDD) and metoprolol (0.9 DDD). As for oral antidiabetics, doctors prescribed 1.0 DDD glibenclamid per day and patient and 2.0 DDD glimepirid. Depending on differences between DDD and PDD, real daily costs for drug therapy differed from the theoretical costs per DDD, for example in the case of ramipril they were 0.24 € compared to 0.07 €. Conclusion: The PDD were much higher than the DDD for several frequently prescribed drugs. Consequently, the daily drug costs exceeded the drug costs based on DDD. Evaluations of drug costs on the basis for DDD require careful interpretation. Moreover, the number of DDD alone is not a valid measurement for the appropriateness of drug therapy and can only give a rough estimate of the number of patients treated, at least for the drug groups in this study. Key words ▶ drug utilisation review ● ▶ drug costs ● ▶ drug prescription ● ▶ pharmacoepidemiology ● ▶ angiogenesis-converting ● enzyme inhibitors ▶ sulfonylurea compounds ● ▶ adrenergic beta-antagonists ● Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0029-1234100 Online-Publikation: 20.8.2009 Gesundheitswesen 2010; 72: 412–418 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0941-3790 Korrespondenzadresse Dr. T. Grimmsmann, MPH Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Mecklenburg-Vorpommern e.V. Lessingstraße 31 19059 Schwerin [email protected] 2 Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Mecklenburg-Vorpommern e.V., Schwerin Abteilung Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin, Göttingen Grimmsmann T, Himmel W. Inwieweit bilden definierte Tagesdosen (DDD) die tatsächlich … Gesundheitswesen 2010; 72: 412–418 Originalarbeit 413 DDD sollten daher zurückhaltend interpretiert werden. Allein die Anzahl verordneter DDD lässt keine validen Rückschlüsse auf die Anzahl behandelter oder behandelbarer Patienten oder die Angemessenheit der Versorgung einzelner Patienten zu. Einleitung & Arzneimittelanwendungsforschung [1] und Pharmakoepidemiologie [2] sind auf valide Aussagen zur Mengenkomponente angewiesen, um den Verbrauch von Arzneimitteln und deren Kosten verlässlich schätzen zu können. Diese Messgröße muss unabhängig von Veränderungen der verordneten Packungsgrößen oder Preisentwicklungen sein. Als unabhängige Vergleichsgröße hat sich hierfür die definierte Tagesdosis eines Arzneimittels (defined daily dose [DDD]) etabliert. Als DDD wird die angenommene mittlere tägliche Einnahmedosis ( = „Erhaltungsdosis“) eines Arzneimittels für die Hauptindikation bei Erwachsenen bezeichnet [3]. Dabei handelt es sich zunächst um eine rein rechnerische Größe, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt und dann für Deutschland auf nationale Gegebenheiten angepasst wird. Darüber hinaus wird – basierend auf den Vorschlägen des GKV-Arzneimittelindex im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) – im jährlichen Rhythmus eine amtliche ATC-Klassifikation mit DDD-Festlegung erstellt. In der deutschsprachigen Einführung zur DDD-Methodik wird darauf hingewiesen, dass diese bei der Evaluierung von Kostentrends mit Vorsicht angewandt werden sollte [3]. Auch die WHO weist explizit darauf hin, dass das ATC/DDD-System nicht dafür entwickelt worden ist, Kostenvergleiche innerhalb von therapeutischen Gruppen durchzuführen bzw. Referenzpreise zu erstellen [4]. Dennoch finden sich solche Preisvergleiche in den deutschen Standardwerken Arzneimittelverordnungs-Report [5] oder Arzneimittel-Atlas [6] sowie in der internationalen Literatur [7, 8]. Zudem sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände nach § 73 Abs. 8 Sozialgesetzbuch [9] die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige Arzneimittel informieren. Diese Vergleiche beruhen auf den Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis gemäß ATC/DDDSystem, wobei hier die amtlichen DDD herangezogen werden. In dem Vorwort der amtlichen Klassifikation heißt es hierzu, dass zur Bestimmung von Tagestherapiekosten DDD-Angaben eine rechtssichere Grundlage bieten, die dem Arzt den Vergleich von Arzneimittelkosten erleichtern soll [10]. Darüber hinaus findet sich in der Literatur eine Vielzahl weiterer Einsatzgebiete für DDD. Doró et al. [11] berechneten auf Basis der DDD die Reichweite von Arzneimittelverordnungen und die Einnahmetreue, Bjerrum et al. [12] die Anzahl gleichzeitig eingenommener Arzneimittel und das Ausmaß an Polypharmazie. Die DDD wurden auch herangezogen, um z. B. regionale Besonderheiten bei Verordnungen und Einnahme von Medikamenten zu erkennen [13] oder – wenn man die verordneten Medikamente als Indikatoren für das Vorliegen einer Erkrankung nimmt – Krankheitshäufigkeiten (Prävalenzen) zu schätzen [6]. In diesen wenigen Beispielen deutet sich an, dass DDD ein mächtiges Instrument ist, um wichtige Fragen der Versorgungsforschung, speziell der Arzneimittelanwendung und Pharmakoökonomie zu beantworten. Dieses Potenzial der DDD beruht aber auf der zentralen Voraussetzung, dass die betreffende Studienpopulation die jeweils untersuchten Arzneimittel tatsächlich auch zu einer DDD je Tag und Patient – zumindest im Durchschnitt – verordnet erhält bzw. einnimmt. Bei der DDD handelt es sich ausdrücklich um eine rechnerische Größe, die nicht in jedem Fall die tatsächlich verordnete bzw. angewendete Dosierung, also die prescribed daily dose (PDD) wiedergibt [3]. Der Unterschied zwischen DDD und PDD ist bislang nur in kleineren Studien zumeist in universitärem Umfeld untersucht worden. Hierbei lagen für häufig verwendete Antibiotika die DDD teilweise deutlich unter den PDD [14], wohingegen sich die DDD für Antiepileptika als mehrheitlich zu hoch erwiesen [15]. Vergleiche von DDD mit Chlorpromazin-Äquivalenten, einer gebräuchlichen Maßzahl zur Bestimmung der antipsychotischen Potenz eines Arzneimittels für die Behandlung der Schizophrenie, zeigten uneinheitliche Ergebnisse [16, 17]. In einer weiteren Studie, die primär den Einfluss des Krankenhauses auf die Arzneimittelversorgung an chirurgischen Patienten untersuchte, lagen die verordneten PDD für Betablocker und Statine unter den DDD [18]. Bislang fehlen jedoch in Deutschland – und, soweit wir sehen, auch international – bevölkerungsrepräsentative Untersuchungen, die für verordnungsstarke Arzneimittelgruppen zeigen, inwieweit DDD und PDD übereinstimmen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, das Verhältnis von DDD und PDD bei Wirkstoffen bzw. Wirkstoffgruppen mit einer hohen Versorgungsrelevanz in der Patientenversorgung zu untersuchen und mögliche Konsequenzen einer Diskrepanz für die Versorgungsforschung zu diskutieren. Die ausgewählten Arzneimittel sollten an eine große Zahl von Patienten verordnet werden und Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung von Volkskrankheiten beinhalten. Die Auswahl und anschließende Auswertung dieser Arzneimittel sollte auf Basis einer verlässlichen Arzneimittelstatistik bzw. Datenbank erfolgen. Methodik & Bei dieser Studie handelt es sich um eine Beobachtungsstudie auf Basis der Arzneimittelverordnungen im Einzugsbereich einer großen gesetzlichen Krankenkasse. Arzneimittelverordnungen Die Auswertung umfasste alle ambulante Arzneimittelverordnungen vom 4. Quartal 2006 bis zum 2. Quartal 2007 der AOK Mecklenburg-Vorpommern, mit etwa 520 000 Versicherten der größten Krankenkasse des Bundeslandes [19]. Folgende Daten standen zur Verfügung: ▶ eine pseudonymisierte Patientennummer, die keine Rückschlüsse auf die betreffende Person, aber eine Untersuchung des Patienten im Zeitverlauf zuließ, ▶ die Pharmazentralnummer (PZN) des verordneten Arzneimittels, ▶ die Anzahl der Verordnungen und ▶ das Datum der Verordnung. Über die PZN wurden die ATC-Codes bestimmt und damit die Wirkstoffe (mit der entsprechenden DDD) bzw. Wirkstoffgruppen sowie die Preise im Quartal der Verordnung (Preisstand 15.3.2007) und die Packungsgröße der verordneten Arzneimittel. Über das Datum der Verordnung wurde das entsprechende Quartal ermittelt. Es wurden alle Verordnungen des 1. Quartals 2007 ausgewertet, jedoch nur, wenn derselbe Wirkstoff (nach ATC-Code) an denselben Patienten auch im Vor- und im Folgequartal verordnet wurde, also in 3 aufeinanderfolgenden Quartalen. Damit wurden nur Therapien berücksichtigt, die über das gesamte Untersuchungsquartal erfolgten ( = kontinuierliche Arzneimittelverordnungen). Grimmsmann T, Himmel W. Inwieweit bilden definierte Tagesdosen (DDD) die tatsächlich … Gesundheitswesen 2010; 72: 412–418 414 Originalarbeit Um abschätzen zu können, inwieweit dieses methodische Vorgehen einen Einfluss auf unserer Ergebnisse hat, haben wir z. T. auch nicht kontinuierliche Verordnungen ausgewertet; in diesen ausdrücklich gekennzeichneten Fällen wurden dann alle Verordnungen der Patienten im 1. Quartal 2007 ausgewertet. Statistische Auswertung Wir ermittelten zunächst jeweils die Summen der DDD und die Gesamtkosten der verordneten Arzneimittel für das ganze Quartal, von denen 1/90 die Tageswerte ergab. Dargestellt werden rein deskriptiv der Median und die Mittelwerte mit Standardabweichung der Verordneten DDD je Tag und Patient, sowie die Mittelwerte der Kosten (Kosten je DDD und Tagestherapiekosten). Die Prüfung auf statistische Signifikanz unterblieb bewusst, da aufgrund der Stichprobengröße bereits kleine, aber pharmakoepidemiologisch unerhebliche Differenzen signifikant gewesen wären. Ergebnisse & Stichprobe Insgesamt erhielten 200 814 Patienten im 1. Quartal 2007 mindestens ein Medikament (Wirkstoff) kontinuierlich verordnet. Die 10 häufigsten therapeutischen ATC-Gruppen, zu denen diese ▶ Tab. 1 kontinuierlich verordneten Wirkstoffe gehörten, sind in ● dargestellt. Aus den drei verordnungsstärksten ATC-Gruppen wurde zur detaillierten Analyse jeweils eine chemische Untergruppe ausgewählt: ▶ ACE-Hemmer (Monosubstanzen; ATC-Code: C09AA) als Mittel mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-System, ▶ selektive Betablocker (C07AB) als Beta-AdrenorezeptorAntagonisten und ▶ Sulfonylharnstoffe (A10BB) als Antidiabetika. ACE-Hemmer (Monopräparate) Ca. 38 500 Patienten erhielten im 1. Quartal 2007 kontinuierlich ▶ Tab. 2). Die meisten Paein ACE-Hemmer-Monopräparat (● tienten (über 13 500) erhielten den Wirkstoff Enalapril, gefolgt von Ramipril. Verordnet wurden insgesamt 7,9 Mio. DDD. Damit hätte jeder Patient insgesamt – legt man 90 Tage zugrunde – durchschnittlich 2,3 DDD je Tag erhalten. Obwohl mehr Patienten Enalapril als Ramipril erhielten, wurden 66 % mehr DDD Ramipril als Enalapril verordnet (3,8 vs. 2,3 Mio. DDD). Durchschnittlich erhielt damit jeder Patient mit einer kontinuierlichen Enalapril-Versorgung 1,9 DDD des Wirkstoffes je Tag, wohingegen Patienten mit Ramipril 3,5 DDD und Patienten mit Captopril 1,5 ▶ Tab. 2). DDD erhielten (● Da die tatsächlichen verordneten Tagesdosen nicht mit den DDD übereinstimmten, wichen auch die tatsächlichen Tagestherapiekosten von den theoretischen Kosten je DDD ab. Der Unterschied war bei Ramipril aufgrund der je Tag und Patient deutlich höheren DDD-Anzahl besonders ausgeprägt: Während die theoretischen Versorgungskosten mit 0,07 € je Tag und Patient vergleichsweise gering sind, waren sie mit 0,24 € tatsächlich mehr als dreimal so hoch. Betrachtet man die gesamte Gruppe der reinen ACE-Hemmer, war der Unterschied zwischen theoretischen Versorgungskosten (0,12 €) und tatsächlichen Versorgungskosten (0,27 €) ebenfalls erheblich. Aufgrund der großen Diskrepanz von DDD und PDD haben wir speziell für Ramipril untersucht, welche Wirkstärken verordnet ▶ Abb. 1). Nur 15 % der Ramipril-Patienten erhielten wurden (● eine Ramipril-Verordnung in der 2,5 mg Dosierung, die 1 DDD entspricht, dagegen 47 % in der 5 mg Dosierung ( = 2 DDD) und fast genauso viele in der 10 mg Dosierung ( = 4 DDD). Über alle Dosierungen wurden den Patienten durchschnittlich 1,34 Einheiten je Tag verordnet, interessanterweise fast ohne Unterschiede bei allen Wirkstärken (z. B. 1,28 Einheiten je Tag für die 10 mg Dosierung und 1,40 Einheiten für die 5 mg Dosierung). Eine Analyse der Packungsgrößen ergab, dass 95 % der verordneten Ramipril Verordnungen auf Großpackungen mit 99 oder 100 Tabletten (Normpackungsgröße N3) entfielen. Das Verhältnis von DDD zu PDD blieb bei Betrachtung aller, also auch der nicht-kontinuierlichen Verordnungen letztlich unverändert: so wurden täglich je Patient 3,36 DDD Ramipril, 1,74 DDD Enalapril und 2,24 DDD über alle ACE-Hemmer verordnet (statt 3,51, 1,87 und 2,29 bei nur kontinuierlichen Verordnungen). Tab. 1 Die 10 verordnungsstärksten therapeutischen Untergruppen; nach ATC-Code*. ATC-Code ATC-Bedeutung Patienten (n) C09 Mittel mit Wirkung auf das ReninAngiotensin-System Beta-Adrenorezeptor-Antagonisten Antidiabetika Calciumkanalblocker Herztherapie Diuretika Mittel bei Säure bedingten Erkrankungen Mittel, die den Lipidstoffwechsel beeinflussen Psycholeptika Antiphlogistika und Antirheumatika 63 179 C07 A10 C08 C01 C03 A02 C10 N05 M01 47 716 39 646 30 926 28 398 25 011 16 684 15 822 15 003 14 791 * Rangliste sortiert nach der Anzahl der Patienten; Daten für alle Mitglieder der AOK Mecklenburg-Vorpommern im 1. Quartal 2007; nur kontinuierliche Verordnungen Tab. 2 Verordnete ACE-Hemmer (nur Monopräparate) im 1. Quartal 2007; nach Patienten, DDD und Kosten. Wirkstoff Enalapril Ramipril Lisinopril Captopril Weitere ACE-Hemmer (rein) Patienten Verordnungen n DDD (90 Tage) 13 569 11 985 5 379 3 660 3 939 38 532 2 287 308 3 789 951 876 820 498 719 496 589 7 949 386 PDD* DDD je Tag und Patient Mittelwert 1,87 3,51 1,81 1,51 1,40 2,29 (SD) (1,23) (1,98) (1,15) (1,08) (0,88) (1,68) Median je DDD Kosten Mittelwert 1,67 3,33 2,22 1,11 1,45 2,22 0,15 € 0,07 € 0,14 € 0,17 € 0,24 € 0,12 € * Die PDD ergeben sich aus Patientenanzahl und der Gesamtanzahl der verordneten DDD: PDD = Verordnungen (DDD, 90 Tage)/90 Tage/Patienten (n) Grimmsmann T, Himmel W. Inwieweit bilden definierte Tagesdosen (DDD) die tatsächlich … Gesundheitswesen 2010; 72: 412–418 je PDD Mittelwert 0,28 € 0,24 € 0,26 € 0,26 € 0,33 € 0,27 € Originalarbeit 415 die untersuchten Betablocker nicht wesentlich (für Bisoprolol 0,78 DDD je Tag und Patient anstelle von 0,80 bei nur kontinuierlichen Verordnungen; für Metoprolol unverändert bei 0,90 DDD je Tag und Patient). Wirkstärke 0,5 DDD (1,25 mg) 1 DDD (2,5 mg) 2 DDD (5 mg) Sulfonylharnstoffe 3 DDD (7,5 mg) 4 DDD (10 mg) - 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 Patienten mit Ramipril (n) Abb. 1 Verordnete Wirkstärken (in DDD und mg) für den Wirkstoff Ramipril; nach Patienten. Selektive Betablocker Selektive Betablocker wurden ebenfalls an über 38 500 Patienten verordnet. Etwas über die Hälfte erhielt Bisoprolol und ▶ Tab. 3). Obwohl fast geweitere 35 % erhielten Metoprolol (● nauso viele Patienten selektive Betablocker wie ACE-HemmerMonopräparate erhielten, wurden im Vergleich zu den ACEHemmern für die Betablocker nur 40 % so viele DDD verordnet (3,1 Mio. vs. 7,9 Mio. DDD). Über alle Patienten entspricht das durchschnittlich 0,9 DDD je Tag und Patient für selektive Betablocker, im Gegensatz zu 2,3 DDD für ACE-Hemmer. Die Unterschiede in den DDD zwischen den Wirkstoffen bei den Betablockern waren relativ gering (0,8 DDD für Bisoprolol und 0,9 DDD für Metoprolol je Tag und Patient). Bis auf das zu dem Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht generikafähige Nebivolol lagen die Kosten je DDD für die häufig verordneten Betablocker bei etwa 0,30 €. Da auch die Anzahl täglich verordneter DDD fast gleich war, ergaben sich ähnliche Tagestherapiekosten von 0,25 € für Bisoprolol und 0,29 € für Metoprolol. Im Vergleich zu den ACE-Hemmer-Monopräparaten lagen die DDD-Kosten für selektive Betablocker insgesamt dreifach höher (0,34 € vs. 0,12 €), wohingegen die tatsächlichen Tagestherapiekosten mit durchschnittlich 0,30 € lediglich um 12 % über denen der ACE-Hemmer (0,27 €) lagen. Unter Einbeziehung auch der nicht kontinuierlichen Verordnungen veränderte sich die Anzahl täglich verordneter DDD für Etwa drei Viertel der Patienten mit Sulfonylharnstoffen erhielten in dem beobachteten Zeitraum Glibenclamid, weitere 23 % Gli▶ Tab. 4). Obwohl mehr als dreimal so viele Patienten mepirid (● Glibenclamid erhielten wie Glimepirid, lag die Anzahl verordneter DDD dagegen nur um die Hälfte höher (579 115 vs. 376 866). Während nämlich von Glibenclamid tatsächlich ca. 1 DDD je Tag und Patient verordnet wurden, waren es von Glimepirid etwas über 2 DDD. Folglich lagen auch die tatsächlichen Versorgungskosten je Patient und Tag für Glimepirid um 70 % über denen von Glibenclamid – trotz theoretisch geringerer Tageskosten bei Betrachtung der Kosten je DDD (0,21 vs. 0,26 €). Da für Glimepirid DDD und PDD deutlich auseinander lagen, haben wir auch für diesen Wirkstoff analysiert, welche Wirkstärken ▶ Abb. 2). Mit einem Anteil von 36 % erabgegeben wurden (● hielten die meisten Patienten die 3 mg Dosierung (entspr. 1,5 DDD), gefolgt von der 2 mg und der 1 mg Dosierung. Über alle Dosierungen wurden nahezu identisch 1,5–1,6 Einheiten je Tag und Patient verordnet. Auch für Glimepirid wurden ganz überwiegend die größten ambulant verfügbaren Packungsgrößen abgegeben, 97 % entfielen auf Packungen mit 112 oder 120 Tabletten. Wie bei den ACE-Hemmern und Betablockern so veränderten sich die Ergebnisse letztlich nicht, wenn auch die nicht kontinuierlichen Verordnungen der Sulfonylharnstoffe mit einbezogen wurden. Je Tag und Patienten wurden dann 0,88 DDD Glibenclamid und 1,99 DDD Glimepirid verordnet (anstelle von 0,97 bzw. 2,05). Diskussion & Auf Basis einer großen Bevölkerungsstichprobe fanden wir Abweichungen zwischen DDD und PDD um teilweise mehr als den Faktor 2 oder 3 sowohl zwischen Wirkstoffen innerhalb einer Wirkstoffgruppe – etwa bei den ACE-Hemmer-Monopräparate Tab. 3 Verordnete selektive Betablocker im 1. Quartal 2007; nach Patienten, DDD und Kosten. Wirkstoff Bisoprolol Metoprolol Nebivolol Weitere Betablocker (selektiv) Patienten Verordnungen n DDD (90 Tage) 19 672 13 334 1 825 3 672 38 503 1 422 046 1 078 137 193 820 372 426 3 066 429 PDD* DDD je Tag und Patient Mittelwert 0,80 0,90 1,18 1,13 0,88 je DDD Kosten (SD) Median Mittelwert (0,43) (0,51) (0,34) (0,58) (0,49) 0,56 0,74 1,11 1,11 0,74 0,31 € 0,33 € 0,70 € 0,28 € 0,34 € je PDD Mittelwert 0,25 € 0,29 € 0,83 € 0,32 € 0,30 € ▶ Tab. 2 *s. ● Tab. 4 Verordnete Sulfonylharnstoffe im 1. Quartal 2007; nach Patienten, DDD und Kosten. Wirkstoff Glibenclamid Glimepirid Weitere Sulfonylharnstoffe Patienten Verordnungen n DDD (90 Tage) 6 614 2 043 73 8 730 579 115 376 866 7 500 963 480 PDD* DDD je Tag und Patient Mittelwert 0,97 2,05 1,14 1,23 je DDD Kosten je PDD (SD) Median Mittelwert Mittelwert (0,52) (1,30) (0,51) (0,91) 0,67 2,00 1,33 1,33 0,26 € 0,21 € 0,75 € 0,24 € 0,25 € 0,42 € 0,86 € 0,29 € ▶ Tab. 2 *s. ● Grimmsmann T, Himmel W. Inwieweit bilden definierte Tagesdosen (DDD) die tatsächlich … Gesundheitswesen 2010; 72: 412–418 416 Originalarbeit Wirkstärke 0,5 DDD (1 mg) 1 DDD (2 mg) 1,5 DDD (3 mg) 2 DDD (4 mg) 3 DDD (6 mg) - 200 400 600 800 Patienten mit Glimepirid (n) Abb. 2 Verordnete Wirkstärken (in DDD und mg) für den Wirkstoff Glimepirid; nach Patienten. oder den Sulfonylharnstoffen – als auch zwischen unterschiedlichen Wirkstoffgruppen, z. B. zwischen ACE-Hemmern und Betablockern. DDD als alleiniges und auf den ersten Blick attraktives Maß ist für die Versorgungsforschung daher nur bedingt tauglich. Stärken und Schwächen der Studie Ein Vorteil der vorliegenden Studie ist die große Datenbasis mit allen Versicherten der größten Krankenkasse in dem untersuchten Bundesland. Die Untersuchung bezieht sich auf pharmakoepidemiologisch relevante Arzneimittel. ACE-Hemmer-Monopräparate und selektive Betablocker sind die am häufigsten verordneten Arzneimittelgruppen und gehören jeweils zu den Therapeutika der ersten Wahl bei der Behandlung von Hypertonie und Herzinsuffizienz [20–22]. Die Hypertonie ist in Deutschland weit verbreitet und tritt nach Daten des Bundes-Gesundheitssurveys 1998 [23] ungefähr bei jedem zweiten Erwachsenen auf. Diabetes mellitus betrifft etwa 5 % der Bevölkerung in Deutschland, zu 90 % mit Typ 2-Diabetes [24]. Die von uns untersuchten Sulfonylharnstoffe gelten nach aktuellen Leitlinien als evidenzbasierte Therapie für diese Erkrankung [25, 26]. Alle untersuchten Arzneimittelgruppen sind somit Therapeutika der Wahl für die Versorgung von bevölkerungsrelevanten Erkrankungen. Wir hatten nur Zugang zu Daten einer großen Krankenkasse in einem Bundesland. Die Repräsentativität bezüglich der Kernaussagen lässt sich aber im Vergleich mit bundesweiten GKV-Daten abschätzen. So beziffert der Arzneiverordnungs-Report [5] den Ramipril DDD-Verordnungsanteil an allen ACE-Hemmer Monopräparaten mit 53 % bzw. 60 % für 2006 bzw. 2007, im Arzneimittel-Atlas [6] lauten die entsprechenden Werte 49 % bzw. 57 %. In unseren Daten aus dem ersten Quartal 2007 entfielen 48 % der verordneten DDD für ACE-Hemmer Monopräparate auf Ramipril. Für Enalapril waren die Anteile lt. Arzneiverordnungs-Report 28 % bzw. 24 %, im Arzneimittel-Atlas 26 % bzw. 23 %; in unseren Daten des 1. Quartal 2007 lag der Anteil bei 29 %. Dieses Beispiel kann man als Hinweis auf eine recht hohe Übereinstimmung zwischen unseren Verordnungsdaten und dem Bundesdurchschnitt lesen. Die von uns beobachteten Unterschiede im Verhältnis von DDD und PDD zwischen unterschiedlichen ACEHemmern lassen sich daher wohl kaum auf ein besonderes Verordnungsverhalten der Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern und für die dortigen AOK-Patienten zurückführen. Die von uns ermittelten Preise je DDD stimmen gut mit den in der Literatur berichteten überein [5, 6]. So nennt der Arzneiverordnungs-Report [5] DDD-Kosten für Ramipril von ebenfalls 0,07 € und für ACE-Hemmer von 0,11 € im Vergleich zu 0,12 € in unserer Datengrundlage [27]. Die Kosten aller Betablocker liegen dort mit 0,36 € geringfügig über den von uns ermittelten DDDKosten von 0,34 € [28], wohingegen sich bei uns für Glibenclamid (0,26 €) und Glimepirid (0,21 €) geringfügig höhere DDDKosten ergaben als im Arzneiverordnungs-Report angegeben (0,24 € bzw. 0,20 € [29]). Die sehr gute Übereinstimmung kann als weiterer Beleg für die Übertragbarkeit unserer Daten zumindest auf ganz Deutschland angesehen werden. Durch die kriteriengeleitete Auswahl der Daten – jeder Patient musste den untersuchten Wirkstoff sowohl im Vor- als auch im Folge-Quartal erhalten haben – kann davon ausgegangen werden, dass die Medikamente jeweils das ganze Quartal über verordnet worden waren und in unserer Studie tatsächlich die mittlere tägliche Erhaltungsdosis des Arzneimittels abgebildet wird. Eine Schwäche der vorliegenden Arbeit liegt darin, dass wir weder die Diagnosen der versorgten Patienten noch weitere patientenbezogene Daten, z. B. das Alter kennen. Damit ist eine konkrete Bewertung der Angemessenheit der Arzneimittelverordnungen bzw. der Güte der medikamentösen Therapie in der Regel nicht möglich. Für die von uns beabsichtigte Beschreibung der Verordnungsrealität sind klinische Angaben jedoch entbehrlich. Bedeutung der Ergebnisse (1) DDD als Indikator der Verordnungsqualität? Erhebliche Abweichungen zwischen den PDD und den DDD, einschließlich großer Unterschiede auch zwischen den einzelnen Wirkstoffen, wie wir sie besonders bei den ACE-Hemmern fanden, könnte man zunächst als einen Hinweis auf unangemessenes Verordnungsverhalten, in diesem Fall überhöhte Dosierungen lesen. Ein Vergleich der ermittelten tatsächlichen Dosierungen (PDD) mit den Dosierungsempfehlungen der Fachinformationen für die zugelassenen Indikationen bestätigt dies jedoch nicht. So wird für Ramipril zur Blutdrucksenkung eine übliche Tagesdosis von 2,5–5 mg angegeben ( = 1–2 DDD), zur Behandlung der Herzinsuffizienz dagegen von 10 mg ( = 4 DDD) [30]. Zudem wird Ramipril zur Prophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse bei Hochrisikopatienten eingesetzt, ebenfalls mit einer empfohlenen Dosis von 10 mg ( = 4 DDD) [30]. Die von uns ermittelte PDD von ca. 3,5 DDD ließe sich damit durch einen bevorzugten Einsatz von Ramipril bei Herzinsuffizienz und in der Prophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse bei Hochrisikopatienten erklären und wäre dann von der Dosierung angemessen verordnet. Im Gegensatz zu den ACE-Hemmern können Abweichungen zwischen PDD und DDD bei den Sulfonylharnstoffen nicht an unterschiedlichen Anwendungsgebieten liegen, da Glibenclamid und Glimepirid nur zur Behandlung von Patienten mit nicht-insulinabhängigem Diabetes mellitus eingesetzt werden. Die in der Fachinformation empfohlene Tageshöchstdosis für Glimepirid liegt dabei bei 3 DDD (6 mg [31]) und die von Glibenclamid bei 1,5 DDD (10,5 mg [32]). Bezogen auf die angegebenen Höchstdosen der Fachinformationen, wurden beide Wirkstoffe nach unseren Ergebnissen damit identisch verordnet, nämlich im Durchschnitt mit zwei Dritteln der empfohlenen Höchstdosis. In einem Fall allerdings entsprach dies genau 1 DDD (Glibenclamid), im anderen Fall (Glimepirid) dagegen 2 DDD. Damit sind unsere Ergebnisse aber kein Hinweis auf eine unangemessene Verordnungsweise, sondern ein starkes Indiz dafür, dass die DDD für Glimepirid nicht der tatsächlichen mittleren täglichen Erhaltungsdosis entspricht. Grimmsmann T, Himmel W. Inwieweit bilden definierte Tagesdosen (DDD) die tatsächlich … Gesundheitswesen 2010; 72: 412–418 Originalarbeit 417 (2) DDD als Basis von Pharmakoepidemiologie? Die Anzahl der mit selektiven Betablockern und reinen ACEHemmern behandelten Patienten war in unserer Arbeit nahezu identisch. Hätte man dagegen die Zahl behandelter Patienten mit einem einfachen pharmakoepidemiologischen Ansatz [1] geschätzt, wäre man auf eine mehr als doppelt so hohe Anzahl mit ACE-Hemmern versorgter Patienten gekommen. Besonders gravierend ist, dass diese Fehlschätzung von den einzelnen Medikamenten unterschiedlich beeinflusst wird: So wurden in unserer Studie mit 1 000 DDD des jeweiligen Wirkstoffes nur 285 Patienten für einen Tag mit Ramipril ( = 3,5 DDD je Tag und Patient), aber 1 250 Patienten mit Bisoprolol ( = 0,8 DDD je Tag und Patient) versorgt. Allein auf Basis der verordneten DDD lässt sich die Anzahl der versorgten Patienten daher nur mit großer Ungenauigkeit bestimmen. Aussagen zur Versorgungssituation, die auf der Anzahl der verordneten DDD beruhen [6], müssen demnach zurückhaltend interpretiert werden. (3) DDD als Basis von Pharmakoökonomie? Die beschriebene Diskrepanz von DDD und PDD führt ebenfalls zu Fehleinschätzungen der tatsächlichen Tagestherapiekosten. So erscheinen ACE-Hemmer bei Betrachtung der Kosten je DDD deutlich günstiger als Betablocker, ohne dass sich diese Unterschiede in den realen Tagestherapiekosten widerspiegeln. Vergleicht man auch hier wieder die Leitsubstanzen beider Gruppen, nämlich Ramipril und Bisoprolol, so scheint Bisoprolol – auf Basis der DDD-Kosten – fünfmal teurer als Ramipril, tatsächlich sind die Kosten aber nahezu gleich. Damit ist auch die Aussage, dass Ramipril das zurzeit preiswerteste Antihypertensivum sei [27] nach unseren Ergebnissen bzw. dem tatsächlichen Kostenvergleich zurückhaltend zu bewerten. Unzutreffend ist die Aussage, dass nach Einführung weiterer Generika Glimepirid sogar billiger als Glibenclamid wurde [29], da das bei Betrachtung der DDD-Kosten scheinbar günstigere Glimepirid in der Patientenversorgung sogar deutlich höhere Arzneimittelkosten verursacht. Eine Darstellung der Preisgefüge auf Grundlage der DDDKosten, wie sie bei der Darstellung des Arzneimittelmarktes üblich ist [5, 6], kann also bei einzelnen Arzneimittelgruppen irreführend sein. Schlussfolgerung & Eine Analyse der Anzahl verordneter DDD lässt in der Regel keine validen Aussagen zur Angemessenheit der Versorgung einzelner Patienten oder Rückschlüsse auf die Anzahl behandelter oder behandelbarer Patienten zu. Hierfür sind Vergleiche der eingesetzten Dosierungen mit den Empfehlungen der Fachinformation bzw. die Verwendung von Daten, die ein Zählen der versorgten (pseudonymisierten) Patienten ermöglichen, zu bevorzugen. Ohne Kenntnis der Anzahl versorgter Patienten sollten zudem Hochrechnungen von Therapiekosten allein auf Basis verordneter DDD zurückhaltend interpretiert werden. Daher erscheinen Zielvorgaben im Rahmen von Arzneimittelvereinbarungen, die sich an den Durchschnittskosten je DDD orientieren – wie sie in Deutschland nach § 84 SGB V [9] vorgesehen sind – problematisch. Sinnvoll dagegen lassen sich DDD-Analysen einsetzen, um – auch regional – Zielvorgaben in Bezug auf Verordnungsmengen zu definieren und zu kontrollieren. Dies geschieht derzeit im Rahmen von Arzneimittelvereinbarungen. Hier werden für Gruppen von Arzneimitteln mit vergleichbarem Anwendungsgebiet be- stimmte Wirkstoffe als Leitsubstanzen festgelegt, die bevorzugt eingesetzt werden sollen. Für jede Arzneimittelgruppe wird dann ein Verordnungsanteil vereinbart, der mindestens auf die Leitsubstanz entfallen soll. Das Potenzial der DDD als rechnerisch verlässliche Größe zur Analyse von Arzneimittelverbräuchen kann genau für solche Zwecke zielgerecht genutzt werden. Danksagung & Die Autoren danken der AOK Mecklenburg-Vorpommern, insbesondere Herrn Michael Hewelt für die Unterstützung bei der Studie. Interessenkonflikt: Keiner. Literatur 1 Lee D, Bergman Ulf. Studies of Drug Utilization. In Strom BL, Ed Pharmacoepidemiology. Chichester: John Wiley & Sons Ldt.; 1994; 379–393 2 Gothe H. Pharmakoepidemiologie. Nutzung der Arzneimittelverordnungsdaten. 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Stand: September; 2008 31 Glimepirid dura®, Fachinformation der Firma Glimepirid Mylan dura GmbH, Darmstadt. Stand: Januar; 2008 32 Glibenclamid 3,5 Heumann, Fachinformation der Firma Heumann Pharma, Nürnberg. Stand: Oktober; 2008 Grimmsmann T, Himmel W. Inwieweit bilden definierte Tagesdosen (DDD) die tatsächlich … Gesundheitswesen 2010; 72: 412–418