a-t 7 - Arznei

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a-t 7 - Arznei
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arznei-telegramm 7/90
Kombination mit einem Austauscherharz wie Colestyramin
(QUANTALAN).7
PSORIASIS: AKUTES NIERENVERSAGEN
UNTER FUMARSÄURE-DERIVATEN
FAZIT: Die zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen bestimmten HMG-CoA-Reduktasehemmer Lovastatin (MEVINACOR) und Simvastatin (DENAN, ZOCOR) sollen sich weder in der Wirkung noch
in den Nebenwirkungen unterscheiden. Für Simvastatin liegen weniger Beobachtungen vor. Ein Transaminasen- und Kreatinkinase-Anstieg ist nach beiden
Medikamenten möglich. Nach Lovastatin wurden fokale Hepatitis und Myopathien bis hin zur Rhabdomyolyse beobachtet. Nach den Ergebnissen einer
Studie ist eine Einschränkung der Steroidhormonsynthese durch Simvastatin möglich.
Fumarsäure sowie deren Salze und Ester werden
extern (PSORIASIS SALBE BALNEOPHARM u.a.) und
per os (ANTI-PSORIATICUM Dragees u.a.) zur Therapie
der Schuppenflechte verwendet. Die klinischen Belege
hierzu sind dürftig und untermauern weder Wirksamkeit
noch Unbedenklichkeit bei Psoriasis vulgaris, anderen
Psoriasisformen, Dermatomykosen oder Akne.1
Auch wenn Fumarsäure als körpereigener Metabolit
im Zitronensäurezyklus vorkommt und als Säuerungsmittel
für Lebensmittel verwendet wird, ist die Einnahme dieses
„Naturstoffes” in hoher Dosierung bedenklich. Mögliche
Folgen der Anwendung der Fumarsäure bzw. ihrer Derivate sind Magen-Darm-Beschwerden mit Übelkeit,
Brechreiz, Flush an Kopf und Armen, reversibles Absinken
des Blutzuckerspiegels sowie Nierenschäden.1
Die Nephrotoxizität der Fumarsäure und ihrer Derivate ist seit den frühen 70er Jahren bekannt. Damals
mußte eine klinische Prüfung wegen Verschlechterung der
Nierenfunktion bei 4 von 6 Patienten abgebrochen werden.2 In der Folgezeit führten Berichte über akutes Nierenversagen aus der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und den Niederlanden mehrfach zu Warnungen vor
der umstrittenen Therapie.3,4
Dem NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION gingen zwei Berichte zu über reversible Niereninsuffizienz bei jungen Frauen nach Anwendung von FUMADERM Tabletten (NETZWERK-Fälle 3171 und 3172) in
einem Schweizer Sanatorium.
Der in dem Schweizer Präparat unter anderem enthaltene lipidlösliche zytotoxische Monoethylester der
Fumarsäure (in TYANIT Dragees u.a.) wird für eine
seriöse antipsoriatische Anwendung am Menschen als zu
toxisch eingestuft (auch Fieber, Lymphopenie, Leukopenie
u.a.).5 Der jüngste Bericht über akutes Nierenversagen bei
einer 21jährigen Frau unter der Therapie mit Fumarsäure
und -Derivaten oral und lokal bestätigt die negative Nutzen-Risiko-Einschätzung.2
FAZIT: Die Wirksamkeit von Fumarsäure (ANTIPSORIATICUM Dragees u.a.) und ihren Estern
(TYANIT Dragees u.a.) zur Therapie der Schuppenflechte ist nicht belegt. Mit schwerwiegenden Störwirkungen wie akutem Nierenversagen ist auch bei sonst
gesunden Personen zu rechnen.
Die Propaganda für Fumarsäure (-Derivate) in
der Laienpresse gefährdet Hilfe erhoffende PsoriasisPatienten. Dies sollte das für den Patientenschutz
zuständige BMJFFG zum Handeln zwingen.
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Ärzte Ztg. vom 11. Juni 1990
SHETTY, H., P. RONLEDGE: Adv. Drug React. Bull. 142 (1990),
532
Anzeige von MSD zu ZOCOR in: Ärzte Ztg. vom 1./2. Juni 1990
HOEG, J. M., H. B. BEUER: J. Amer. Med. Ass. 258 (1987), 3532
MOL, M. J. T. M., A. F. H. STALENHOEF: Lancet 335 (1990), 412
HILDEBRAND, R. D., T. W. HEPPERLEN: Ann. Int. Med. 112
(1990), 549
DENKE, M. A., S. M. GRUNDY: Ann. Int. Med. 112 (1990), 780
ASEPTISCHE MENINGITIS
DURCH IBUPROFEN (BRUFEN U.A.)
Das nichtsteroidale Antirheumatikum Ibuprofen
(BRUFEN u.a.) verursacht bisweilen aseptische Hirnhautentzündungen (vgl. a-t 1 [1990], 6). Mindestens elf Fälle,
davon sechs bei Patienten mit Kollagenosen, sind beschrieben. Ein sonst gesunder Mann reagierte innerhalb
weniger Tage dreimal nach Einnahme von einer bzw. zwei
Ibuprofen-Tabletten zu 600 mg mit Kopfschmerzen, Fieber
über 38 C, Übelkeit und Erbrechen. Nach der dritten Exposition und deutlicher Nackensteifigkeit erfolgte die stationäre Aufnahme. Im Liquor ließen sich keine Erreger finden. Fieber und Übelkeit verschwanden innerhalb von
24 Stunden, der permanente Kopfschmerz erst allmählich.
Der Mechanismus der Störwirkungen, die symptomatisch
einer immunallergischen Meningitis entsprechen, ist unklar. Auch für weitere nichtsteroidale Antirheumatika wie
Fenoprofen (FEPRONA) oder Tolmetin (TOLECTIN) werden in Einzelfällen Meningitiden berichtet.
KINDMARK, C. O. et al.: Läkartidningen 84 [1987], 2783
KATONA, B. G. et al.: Lancet 1 [1988], 59
Warnhinweise
BRONCHOSPASMEN DURCH TOPISCHE
UND „KARDIOSELEKTIVE” BETABLOCKER
Bronchospasmen sind eine bekannte Störwirkung
von Betablockern (vgl. a-t 8 [1987], 73; 10 [1987], 90; 12
[1987], 110). Das britische Komitee für Arzneimittelsicherheit erhielt hierzu fast 750 Meldungen einschließlich 34
Todesfällen, davon 66 (3 Todesfälle) in Verbindung mit
der Anwendung Betarezeptoren-haltiger Augentropfen.
Obwohl als kardioselektiv bezeichnete Betablocker
theoretisch weniger häufig Bronchospasmen auslösen
sollen, entspricht die Melderate der für nicht-selektive
Betablocker. Auch „selektive” Betablocker wie Atenolol
(TENORMIN u.a.) oder Metoprolol (BELOC u.a.) sind
daher bei Patienten mit reversiblen obstruktiven Atemwegserkrankungen zu meiden, außer bei zwingender Indikation. Das Risiko der Induktion von Bronchospasmen ist
dann jedoch in Betracht zu ziehen. Dies gilt auch für
Betablocker-Augentropfen.
Current Problems 28, Mai 1990 / ati d
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Aufbereitungsmonographien der Kommission B.7 beim BGA für
Fumarsäure, -Salze und -Ester: Pharm. Ztg. 133 : 43 (1988), 90
DALHOFF, K. et al.: Dtsch. Med. Wschr. 115 (1990), 1014
BGA: Bundesgesundhbl. 2 (1990)
AK Ärzte: Dtsch. Ärztebl. 86 (1989), C-1497
HUNDEIKER, M.: intern. prax. 30 (1990), 404
arznei-telegramm, Petzower Str. 7, D-1000 Berlin 39 (Institut für Arzneimittelinformation) Telefax 030/8054046
Herausgeber: A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH
Redaktion: W. BECKER-BRÜSER, Arzt und Apotheker, Dr. med.
R. BECKMANN, J. LOERBROKS, Med. Inform., Dr. med. U. M. MOEBIUS
(verantw.), Prof. Dr. med. P. S. SCHÖNHÖFER
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Die im arznei-telegramm gewählten Produktbezeichnungen sagen nichts
über die Schutzrechte der Warenzeichen aus.
ª 1990, A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH
Einem Teil der Auflage liegt eine Fremdbeilage bei.