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Fickende Fische BR Deutschland 2001 Regie/Drehbuch: Almut Getto Kamera: Andreas Höfer Schnitt: Ingo Ehrlich Darsteller: Tino Mewes (Jan Borchert), Sophie Rogall (Nina), Ferdinand Dux (Jans Opa), Annette Uhlen (Lena, Mutter von Jan), Hans-Martin Stier (Hanno, Vater von Jan), Jürgen Tonkel (Wolf, Vater von Nina), Angelika Milster (Angel, Ninas Nachbarin) Länge: 102 min FSK: ab 12 Jahre, empfohlen ab 14 Jahre FICKENDE FISCHE Inhalt Der 16jährige Jan liebt das Wasser und die Fische. Diese Leidenschaft lässt ihn seine Ängste vergessen, denn seit einer Bluttransfusion befinden sich HI-Viren in seinem Körper. Jans Leben schwankt nun zwischen dem Wunsch nach Leben und Todessehnsucht. Seine Eltern finden keinen Weg zu ihm vorzudringen. Mutter Lena nervt Jan mit Überfürsorge, Vater Hanno flüchtet sich in Schweigen. Nur der cognacliebende Großvater ist in der Lage, Jan zu verstehen. In diese melancholische Welt platzt Nina. Als Jan wieder einmal dem Tode nahe sein will und mit geschlossenen Augen eine vierspurige Straße überquert, kollidiert das Mädchen auf InlineSkates mit ihm. Nachdem Sanitäter den am Kopf verletzten Jan verarzten und ins Krankenhaus einliefern, verschwindet Nina mit einer Wunde am Knie ebenso schnell, wie sie in Jans Leben trat. Nina ist ein freches und spontanes Energiebündel. Ihre Familie, zu der ihr Vater Wolf, seine junge Freundin Caro und ein Bruder, der sich kaum für seine kleine Schwester interessiert, gehören, lebt in WG-ähnlichen Verhältnissen. Ninas richtige Mutter reist seit Jahren durch die Welt, um sich selbst zu finden. Nur bunte Postkarten sind Nina von ihr geblieben. Daher ist die Nachbarin Angel, eine ungewöhnliche Verkäuferin, die einzige Vertrauensperson in Ninas Leben. Erst ein zweiter gescheiteter Bremsversuch bringt die beiden Teenager näher zusammen. Diesmal muss Jans neu gekaufter Fisch leiden, der den Zusammenprall nicht überlebt. Auf dem Spielplatz entdecken sie ihre Zuneigung füreinander. Am Abend überrascht Nina Jan zu Hause. Durch ein Fenster steigt sie in sein Zimmer und entdeckt seine Welt aus Kindertapete, Spielsachen und „Mäuselchen“- Rufen der Mutter. Sie lädt Jan zu einer Überraschung ein: eine Nacht im Delfinarium. Beide tauchen in die Unterwasserwelt und erliegen der blauen Faszination. Ein Wärter bemerkt die Eindringlinge. Es kommt zum Handgemenge. Jan wehrt sich durch die Drohung, er habe Aids und würde sofort zubeißen. Die beiden nutzen den Schreckmoment und entkommen. Nina ist von Jans Schlagfertigkeit beeindruckt, wahren Gründe dafür nicht. ahnt aber die Es beginnt eine wunderschöne Zeit voller Leichtigkeit. Sie tauchen in die Welt des geheimen Baggersees, umkreisen sich im Wasser wie Fische in einem Tanz. Das Vertrauen ineinander wächst: Nina erzählt von ihrer Mutter in Kenia, Jan stellt Nina seinem Opa vor. Nach dem Besuch beim Großvater tanzen sie eng umschlungen in Ninas Zimmer. Ihre Lippen berühren sich fast. Just in diesem Moment stürmt Caro herein. Beide werden zurück in die Realität geholt. Jan fragt sich: „Kann ich mich verlieben? Darf ich Sexualität erleben?“ Im Krankenhaus besucht Jan seinen Freund Jonas, der ebenfalls HIV-positiv ist. Von ihm erhofft er einen Ratschlag in punkto Ehrlichkeit und Sexualität. Doch Jonas verschweigt seine Krankheit gegenüber Frauen. Jans Verunsicherung wächst, als Jonas Sex völlig ablehnt: „Ich brauch’ das nicht. Ich kann es mir sehr gut selber machen!“. Zu Hause eskaliert die Situation. Jans Mutter kocht Gemüsebratlinge für seine „Körperpolizisten“, als Jan entnervt den Wunsch äußert, einfach mal etwas Ungesundes zu essen. Er hat es satt, ständig an die Krankheit erinnert zu werden, die in ihm schlummert. Seit Tagen hat er alle Medikamente in einem Gurkenglas deponiert, anstatt sie zu schlucken. Jan sucht Veränderung. Die Kindersachen landen auf dem Sperrmüll, die Tapete mit BärchenMotiv wird abgerissen und eine Unterwasserwelt erschaffen. Blaue Wände mit großen Fischen zieren nun sein Zimmer. Zusammen mit Nina malt Jan sich blau an, um gemeinsam mit der dunklen Tiefe zu verschmelzen. Nach einer Wasserschlacht im Badezimmer landen die beiden im Bett. Zärtlich kommen sie sich näher, liegen kurz darauf nackt unter der Bettdecke. Jan hat einen vorzeitigen Orgasmus und reagiert panisch. Die Gefahr und Verantwortung für Nina überfordert ihn. Er versinkt in tiefe Trauer, sitzt verstört vor seiner blauen Wand. Kein Wort von Nina dringt durch seine Apathie. Verwirrt und enttäuscht verlässt Nina das Haus. Von nun an ist klar: Entweder muss Jan die Wahrheit sagen oder sich von seiner Freundin verabschieden. Er geht den Weg des geringsten Widerstandes und stößt Nina von sich. Ninas Schock sitzt tief. Mit einer Flasche Alkohol ertränkt sie die Unsicherheit. Auch ihre Familie weiß nicht mehr als Nina im Krankenhaus auf HIV untersuchen zu lassen. Alle Beteiligten sind voller Angst. Das Ergebnis ist negativ. Nina hat sich nicht bei Jan angesteckt. An diesem Tag springt jedoch Jan von einer hohen Brücke. Als Nina mit ihm reden will, trifft sie niemanden bei den Borcherts an. Selbst das Fenster zu Jans Zimmer ist verschlossen. Denn alle sind im Krematorium. Jan scheint tot zu sein. Vor der Asche von Jans Großvater nähern sich Jan und Nina im Krematorium wieder an. Sie wollen ihm seinen letzten Wunsch erfüllen: Die Asche ins Meer streuen. Mit dem Auto fahren sie am folgenden Tag ihrem Paradies entgegen... Für kurze Zeit gehen sie getrennte Wege. Jan lernt ein anderes Mädchen kennen. Nina wird vom Freund ihres Bruders umworben. Doch dann begegnen sich die Protagonisten zufällig bei einer Party wieder. Jan eröffnet Nina hier die Wahrheit: „Ich bin nicht wie alle anderen auch. Ich hab wirklich HIV.“ Die Reaktion Ninas zeugt von Verzweiflung: „AIDS? Du hast diese Schwulenkrankheit?“. Tief verletzt rennt Jan durch nächtliche Straßen und reagiert seine unbändige Wut an Mülltonnen ab. FICKENDE FISCHE Problemstellung Familie Die Familienstrukturen könnten unterschiedlicher nicht sein: Jan lebt in gehobenen Verhältnissen mit einer überfürsorglichen Mutter und einem schweigsamen Vater. Nina hat sich mit einer zerbrochenen Familie zu arrangieren: die Mutter entdeckt sich selbst in Kenia, der Bruder lebt in seiner eigenen Welt, der Vater ist nie zu Hause und die Freundin des Vaters ist nur ein paar Jahre älter als sie selbst. Da beide äußerst schwierige Eltern haben, befinden sich die Personen, denen sie vertrauen und die ihnen zuhören, außerhalb der Kernfamilie. Der lebenslustige Opa und die charmante Nachbarin sind Anlaufstellen für Probleme bei Jan und Nina. Thematisiert werden eine scheinbar intakte und eine Patchwork-Familie. In Ninas Familie ist die Harmonie durch Trennung und Scheidung schwer geschädigt. Jans Familie hingegen ist vor allem von typischer Rollenverteilung von Mann und Frau geprägt: Der schweigsame Vater boxt nach der Arbeit im Keller, die fürsorgliche Mutter kocht inzwischen das Essen (Sequenz 23). Bei Nina ist die Mutter diesen Erwartungen an ihre familiären Pflichten nicht nachgekommen. Sie bricht aus und opfert die Verantwortung für ihre Kinder, um sich selbst zu verwirklichen. Der Film stellt zwei Formen des Zusammenlebens gegenüber, favorisiert aber keine von beiden. Die Kinder flüchten am Ende des Films aus beiden Familien. Nina hingegen ist extrovertiert, frech und unbekümmert. Früh musste sie lernen auf die Mutter zu verzichten und allein mit harter Schale ihre Pubertät zu meistern. Trotz Außenseiterdasein sind beide liebenswert, fröhlich und erleben gemeinsam wunderschöne Momente. Den Zuschauern wird deutlich, dass es nicht cooler Sprüche oder dem „hip-sein“ bedarf, um das Leben in vollen Zügen zu genießen. Individuelle Lebensansichten bedeuten einen Gewinn für die Lebensqualität. Liebe Freundschaft, Lachen, Vertrauen lässt die anfängliche Sympathie in Liebe wachsen. Leider kann Jan das Glück nicht unbeschwert genießen. Je schöner die Tage mit Nina sind, umso größer werden seine Zweifel wie er ihr die tödliche Krankheit offenbaren soll. Für ihn ist die Liebe zu Nina so wichtig, dass er die Wahrheit vermeidet, um sie nicht zu verlieren. Hier spiegelt sich ein Dilemma wider: Durch die innere Zerrissenheit setzt er die Beziehung aufs Spiel, weil Nina ohne Jans Ehrlichkeit dessen Situation nicht verstehen kann. Nach dem ersten sexuellen Kontakt eskaliert die Situation. Jan findet keinen Weg, sich zu verständigen. Erst nach Jans späterer Offenbarung, dass er HIV positiv ist, haben die beiden eine Chance gegen die Selbstzweifel und Unsicherheiten in ihrer Beziehung zu kämpfen. Die Gefühle reichen letztendlich so tief, dass sie selbst den gemeinsamen Tod nicht fürchten. Leben mit Aids Aids ist ein Stigma. Trotz vielfältiger Aufklärung sehen die meisten Menschen eine HIV-Infektion als Resultat von Promiskuität oder Homosexualität. Persönlichkeit Die Regisseurin Almut Getto stellt nicht nur die gegensätzlichen Familien gegenüber, sondern auch die Persönlichkeiten der Protagonisten. Jan ist ein introvertierter Mensch, der seine Traumwelt voller Fische und blauem Wasser aufsucht, um vor der Welt abzutauchen. Jan hat keine Möglichkeit, echte Freunde zu finden. Entweder machen ihn die anderen zum Außenseiter oder sie integrieren ihn aus Mitleid. Keine der Alternativen vermag einen Menschen wahrhaft glücklich zu machen. Daher widmet Jan sich lieber seinen eleganten, ruhigen Fischen. Verständlich ist auch, dass er Nina seine HIVInfektion lange verschweigt. Er möchte keine Zurückweisung, kein Mitleid. Die Unbefangenheit hat er zu sehr genossen, als dass er diese wieder aufgeben möchte. Nina reagiert in der Tat höchst unsensibel auf Jans Eröffnung, indem sie ihm entgegnet: „Du hast diese Schwulenkrankheit?“ (Sequenz 57). Diese Szene im Film belegt die Problematik: der Wunsch nach Ehrlichkeit mündet in Enttäuschung, weil das Umfeld verletzend reagiert. Vorurteile verhindern eine Integration des Infizierten. selbst umbringen könnte. Diese übermäßige Präsenz des Todes ist der verborgene Wunsch einmal im Mittelpunkt zu stehen: „Und dann habe ich mir vorgestellt wie es sein würde wenn die mich finden – und wie traurig alle wären wenn ich tot wäre und so.“ (Sequenz 25). Nina verarbeitet den Schock durch eine Flasche Alkohol. Auch ihre Familie ist mit der Situation überfordert, dass sie einen Freund hat, der sie mit dem HI-Virus anstecken könnte. Diese Angst um das Leben der Tochter und Schwester spiegelt sich in Fassungslosigkeit wider. Ihre Mutter empfiehlt, diesen Jungen nicht mehr zu treffen, der Vater schickt Nina sofort ins Krankenhaus zur Blutuntersuchung. Da Aids noch nicht vollständig erforscht und kein wirksames Gegenmittel gefunden ist, wird die Krankheit dämonisiert. Aus dieser Ratlosigkeit mündet die Gleichsetzung von Kontaktabbruch als einzige Schutzmöglichkeit. Wie kommt ein Kind zu der Idee, Tod brächte ihm Aufmerksamkeit? Es muss eine Welt erfahren haben, in der es keiner wirklich verstehen will. Jans Mutter meint zu wissen, was gut für ihren Sohn ist. Dass diese Fürsorge an dem vorbeiläuft, was Jan eigentlich braucht, bemerkt sie nicht. Im Film werden vier Möglichkeiten für die Zukunft der beiden Liebenden in Aussicht gestellt. Alle Varianten stehen unter dem Zeichen von AIDS: 1) Jan verübt alleinigen Selbstmord. (Sprung von Brücke endet tödlich) 2) Nina bricht Kontakt zu Jan ab (hört auf Rat ihrer Mutter) 3) Jan lebt normal mit Nina weiter bis ein Mittel gefunden wird (hört auf seinen Opa) 4) Flucht von Jan und Nina in ihr Paradies Nina realisiert, dass ihre Liebe stark ist. Die oberflächlichen Ratschläge ihrer Mutter lässt sie nicht gelten. Sie ist bereit, ein Risiko einzugehen: „Wir können ja aufpassen.“ und zeigt beeindruckende Reife in ihren Gefühlen. Überraschend ist, dass sie auf dem Spielplatz (Sequenz 68) auf eine gemeinsame Zukunft deutet, in der alle Widrigkeiten durchlebt werden. Die Regisseurin entscheidet sich jedoch für eine andere Variante. Jan und Nina flüchten in ihre Unterwasserwelt und entziehen sich dem Leben auf der Erde durch vereinten Selbstmord. Suizid Jugendlicher Dieser Freitod hat symbolischen Charakter. Die Ausweglosigkeit von zwei jungen Menschen mündet in eine Flucht aus einer Gesellschaft, die Verständnis sagt und Intoleranz meint. Schon seit früher Kindheit träumt Jan vom Sterben. Er malt sich Situationen aus wie er sich Nina hingegen hat nie über Suizid nachgedacht. Sie liebt das Leben, aber mehr noch Jan. Ohne ihn will sie nicht weiter existieren: „Aufs Leben warten [...][bringt mich um].“ (Sequenz 68). Selbstmord steht als äußerstes Mittel jugendlichen Protests und Beweis von auswegloser Liebe. – Wie im Fall von Romeo und Julia... FICKENDE FISCHE Filmisches Erzählen Eine strahlend blaue Unterwasserwelt präsentiert sich dem Zuschauer zu Beginn und zum Ende des Films. Diese Sequenzen visualisieren die Gefühlswelten von Jan, führen den Zuschauer in seine Gedankenwelt ein und begleiten ihn durch den Film. Wie ein Lichtstrahl durchdringen die traumhaften Bilder von Fischen und Menschen im Wasser den gesamten Film. Es zeigt die Sehnsucht nach dem Paradies, der Ruhe, nach Entfaltung in Schwerelosigkeit. Die Farbe Blau durchzieht den gesamten Film. Sie beschreibt die wunderbare (Traum)Welt unter Wasser und den Gemütszustand von Jan (engl.: to feel blue = melancholisch sein). Als die beiden Teenager sich im Delfinarium befinden (Sequenz 22), sind die Bilder auf der Leinwand in ein mystisches Blau getaucht. In der Handlung wird die Bedeutung der Farbe nach außen sichtbar, z.B. als Jan seine Haare färbt oder sein Zimmer in blauer Farbe einrichtet. Die Kamera ist ein geduldiger Beobachter voller Respekt. Weiche Bilder vom Baggersee, Hochhausdächern und Parks offenbaren dem Zuschauer die Schönheit der Liebe. Oft werden die Gesichter von Jan und Nina in Nahaufnahme (close up) gezeigt, damit die intensiven Gefühlsregungen für den Zuschauer erfahrbar werden. Außerdem ermöglicht die Nähe Vertrautheit und Identifikation mit der handelnden Person. Die Dramaturgie hat die generelle Aufgabe, einer Informations-Präsentation einen roten Faden zu geben, sie mit Spannungsbögen oder allgemeinen Gefühlsanregungen zu versehen und sie somit interessant für den Zuschauer zu gestalten. Der Spannungsbogen in „Fickende Fische“ ist durch die HIV-Infektion gegeben. Jans Problem erschließt sich dem Zuschauer schnell. Die Frage wann wird Jan Nina von seinem Virus berichten, erhält hingegen die Spannung. Die Krankheit fungiert demnach als dramaturgisches Mittel, das Konflikte und Gefühlsamplituden verstärkt. Dortmund dient als Kulisse für die Geschichte nicht als Klischee, sondern als Ort, wo Menschen leben. In einem Hallenbad der Stadt wurden die Unterwasseraufnahmen während der Sommermonate mit großem Aufwand gedreht. Zwei Tage lang probten professionelle Taucher mit den Hauptdarstellern die anspruchsvollen Wasserszenen. Lebendige Fische wiesen hingegen eine mangelhafte Choreografie auf, weshalb sie durch computergenerierte Exemplare von einer Animationsfirma in Bonn ersetzt wurden. Die Problematik des Films wird rätselhaft aufgelöst. Jan und Nina fahren zum Meer, um Opas Asche hineinzustreuen. Nina fragt: „Fließen eigentlich alle Flüsse ins Meer?“ Jan meint: „Also der bestimmt!“ In der nächsten Szene ist das Auto zu sehen, das über das Brückengeländer stürzt. Es fällt in slow motion hinab und löst sich in der Luft auf. Die Zeitlupentechnik steigert die Spannung und lässt Raum für Gedanken während der Rezeption. Der Film wirkt in sich sehr schlüssig und harmonisch. Er vollbringt das Kunststück, Leben in seiner Tragik, als auch Komik zu zeigen und dabei einen Ton zu treffen, der beweist: trotz allem ist Leben einfach wunderschön! FICKENDE FISCHE will auf keinen Fall ein HIV„Problemfilm" sein, sondern eine Komödie über die erste Liebe. [...] [I]n den fortgesetzten Sequenzen unter Wasser und der verlangsamten Begegnung von farbigen Wesen darin findet der Film zu einer visuellen Verdichtung, in der sich alles entdecken lässt, was den komischen Gefühlsknäuel der ersten nachhaltigen Verstörung im Leben so ausmacht: Angst und Hingabe, Schwerelosigkeit und Bedrängnis, Freiheit und Gebundensein. (die tageszeitung, http:// www.taz.de/pt/2002/08/15/a0152.nf/text) FICKENDE FISCHE Fragen Zum Filmgeschehen und den Filmfiguren Wie begegnen sich die Protagonisten? Warum mag Jan die Farbe Blau? Was bedeutet sie? Was strahlt sie aus? Wie wird Nina charakterisiert? Wie Jan? Haben die Protagonisten viele Freunde? Warum? Wie „ficken“ Fische? Warum wollen das Jan und Nina wissen? Was hindert Jan daran, Nina von seiner Krankheit zu erzählen? Warum sehnt Jan sich nach Fast-Food und einer Zigarette? Welche Gründe könnte Jan gehabt haben, seine Medikamente nicht mehr zu nehmen? Hätten die Erwachsenen den Selbstmord verhindern können? Zur Liebe Beschreibe die Stationen der Liebe von Jan und Nina! Wie geht Nina mit Sexualität um? Wie Jan? Woran erkennen Jan und Nina ihre Liebe? In welcher Weise beeinflusst Nina die Lebenseinstellung von Jan? Wodurch wird ihre Beziehung gefährdet? Wieso wird Jan von seinem Freund Jonas geraten, nicht von seiner HIV-Infektion zu erzählen? Warum beendet Jan die Freundschaft zu Nina nach dem ersten sexuellen Kontakt? Warum geht Nina mit in den Tod? Zur Dramaturgie und Ästhetik des Films Welche Bedeutung haben die Unterwasser-Szenen? Was bedeutet Wasser für Jan? Wie beginnt und endet der Film? Warum? Analysiere die Verwechslung bei der Beerdigung. Wie wurde Spannung erzeugt? Warum wurde der Aufprall des Autos am Ende nicht gezeigt? Ist das Ende offen? Weshalb? Warum heißt der Film „Fickende Fische“? Welche Erwartungen hat der Titel bei Euch geweckt? Wurden diese erfüllt? Spielen Sophie Ragoll und Tino Mewes ihre Rollen glaubhaft? Warum (nicht)? Zur Familie Welche Rolle nimmt Jan, welche Nina in ihrer Familie ein? Wie lässt sich ihr Verhältnis zu den Eltern beschreiben? Was könnten Gründe dafür sein? Warum finden Jan und Nina bei den Eltern keinen wirklichen Rückhalt und Unterstütz ung? Was können Vertrauenspersonen bieten? (Jans Opa, Nachbarin Angel) Wo gibt es stereotype Verhaltensweisen bei den Eltern? Wie ist die Rollenverteilung bei Jans Eltern? Warum ist Ninas Mutter in Kenia? Aus welchem Grund kommt sie zum Besuch nach Deutschland? Welche Verantwortung hat eine Mutter? Darf sie auf eine lange Selbstfindungs-Reise gehen und Kinder zurücklassen? Warum kann Nina Caro nicht leiden? Sind die Gründe nachvollziehbar? Wie wird der Großvater von Jans Eltern behandelt? Warum wollen die Eltern ihm keinen Cognac geben? Zu Aids Was bedeutet HIV positiv bzw. negativ? Woran merkt/sieht man, dass jemand HIV infiziert ist? Wie kann man sich vor HI-Viren schützen? Was ist der Unterschied zwischen HIV-Infektion und Aids-Erkrankung? Wie hat Jan sich mit dem HIV-Virus infiziert? Wer ist daran schuld? Kann jemand verantwortlich gemacht werden? Welches Übertragungsrisiko besteht bei einer Bluttransfusion in Deutschland heute? Wie gehen Jans Eltern mit der Krankheit um? Gibt es für Jans Eltern existieren in der Familie? die Gefahr einer Ansteckung? Welche Übertragungswege Mit welchem Klischee über Aids wird Jan in der Aids-Beratungsstelle konfrontiert? Wie reagiert Nina, als sie erfährt, dass er HIV positiv ist? Warum hat Jan Ängste gegenüber der Sexualität? Welche Gefahr sieht er? Was wäre Eure Reaktion wenn ein HIV-Infizierter in Eure Klasse kommt? FICKENDE FISCHE Materialien Sequenzfolge Sequenz 1: Jan in der Badewanne, Kopf unter Wasser, Mutter holt ihn erschrocken hoch Sequenz 2: Pillen werden zum Fisch formiert, Jan schluckt die Medikamente Sequenz 3: Nina auf Inline-Skates, wird angemacht Sequenz 4: Jan läuft über Straße mit geschlossenen Augen ~Wasser mit zwei Fischen~ Zusammenstoß mit Nina, Jan ist ohnmächtig, Nina fasst auf Jans Wunde am Kopf, Sanitäter verarzten beide Sequenz 5: Nina trifft ihren Schwarm Ben, der sie nur nach Claudia fragt Sequenz 6: Jans Aquarium, Mutter verbindet seinen Kopf ~Wasser mit Fischen und Jan~ Sequenz 7: Jan am See Sequenz 8: Jan bei Opa, erzählt von Zusammenprall Sequenz 9: Nina bei Angel, erzählt von Ben, Sternzeichen-Vibratoren Sequenz 10: Krankenhaus, Gespräch mit Arzt, Jan geht zu Jonas ans Krankenbett Sequenz 11: Nina in Werkstatt von Onkel Dieter, soll Auto rausfahren Sequenz 12: zweiter Zusammenstoß mit Nina auf Brücke, Fisch in Plastikbeutel tot Sequenz 13: Spielplatz, die beiden reden über Delfine, „Ficken deine Fische eigentlich?“ Sequenz 14: Nina läuft mit Jan nach Hause Sequenz 15: Freund des Bruders findet BH von Caro, macht Nina im Hausflur an Sequenz 16: Nina am Kühlschrank, Streit mit Caro in der Küche „Kannst ja wieder ausziehen!“ Sequenz 17: Jan in Badewanne mit Stoppuhr ~Wasser mit Fischen und Jan~ Sequenz 18: Mutter am Tisch, „Es hatte sich jemand verwählt.“ Sequenz 19: Nina steigt durch Fenster in Jans Zimmer, hat Überraschung, Mutter ruft „Mäuselchen“ Sequenz 20: Riesentabletten, Jan steckt sie in Bademantel Sequenz 21: Ankleiden, beide steigen aus Fenster Sequenz 22: Delfinarium, Sicherheitsbeamter findet sie, Jan droht mit Aids, beide entkommen Sequenz 23: Vater boxt, Jan will über Liebe zu Nina reden, Mutter holt Jan zum Tischdecken Sequenz 24: Jan mit Nina am See schwimmen ~Wasser mit Jan und Nina~ Sequenz 25: Messen wie lange sie Luft anhalten können auf Spielplatz Sequenz 26: Jan und Nina auf Dach von Hochhaus „Wo liegt Kenia?“ Sequenz 27: Besuch bei Opa, Jan stellt Nina vor Sequenz 28: Nina mit Jan im Auto, Zigarette „Danke, Schatz“, Nina erklärt Jan Autofahren Sequenz 29: Ninas Zimmer, tanzen zusammen, fast Kuss, Caro platzt rein, Jan geht Sequenz 30: Jan im Park mit Opa, arbeiten an Betonung für „Beichte“ Sequenz 31: Jan bei Jonas im Krankenhaus, Gespräch über Sexualität Sequenz 32: Jan in der Aids-Hilfe, im Hintergrund Mitarbeiter, nimmt sich Kondom Sequenz 33: Zieht Kondom über Poller am Straßenrand Sequenz 34: Eisessen im Park Sequenz 35: Jan und Nina in Zoohandlung, fragen Verkäufer nach lebendgebärenden Fischen Sequenz 36: Nina zu Hause, Mutter ruft an, wird sie besuchen kommen Sequenz 37: Nina bei Angel, Nachbarin unglücklich Sequenz 38: Küche, Jans Mutter kocht, Diskussion über Gemüsebratlinge Sequenz 39: Jan füttert Fische im Zimmer ~Wasser mit Nina und Jan~ Sequenz 40: Jan mit blauen Haaren, Mutter kommt nach Hause Sequenz 41: Tapetenwechsel bei Jan, spritzen mit Wasserpistole Sequenz 42: Vater auf Straße bei Jans Spielsachen, Boxhandschuhe Sequenz 43: Jan im Fast-Food, Mädchen geben ihm Konzertkarte Sequenz 44: Opa bei Jans Familie, Diskussion um Cognac Sequenz 45: Ninas 16. Geburtstag, Caro offenbart ihre Schwangerschaft, Nina geht Sequenz 46: Jans neues Zimmer, er fotografiert, Nina steigt durchs Fenster ein, Jan holt Schmuck aus Tresor, Nina wird blau geschminkt, Fotosequenz Sequenz 47: im Bad, beide duschen Sequenz 48: legen sich ins Bett, Jan hat Orgasmus, holt ein T-Shirt, verstört, redet nicht, Nina geht Sequenz 49: Jan im Boxraum, fragt Eltern nach Strafe für Arzt Sequenz 50: Mutter entfärbt Jans Haare Sequenz 51: Nina ritzt mit Zirkel in Haut Sequenz 52: Jan bei Opa, will wissen wie Unfall passiert ist, Opa hat Asthma Anfall Sequenz 53: Nina besucht Jan im Zimmer, er meint sie passen nicht zusammen ~Wasser mit Jan und Nina~ Sequenz 54: Nina im Zimmer, spielt E-Gitarre Sequenz 55: Jan beim Arzt, erfährt von Jonas Tod Sequenz 56: Ninas Vater im Flur, findet Foto von Eva, Nina fragt nach Trennung Sequenz 57: Jan bei Party, trifft Mädchen aus Fast-Food, Nina mit Freund ihres Bruders vor Partyraum, Jan schlägt ihn, sagt Nina, dass er HIV positiv ist, rennt weg Sequenz 58: Jan im Regen, stößt Mülltonnen um Sequenz 59: Nina rennt nach Hause Sequenz 60: Jan kommt nach Hause, Ohrfeige von Mutter, sie hat Tabletten im Glas gefunden Sequenz 61: Nina betrinkt sich, Caro duscht sie, Nina sagt, dass Jan AIDS hat Sequenz 63: Familientreff im Flur, Mutter kommt zurück Sequenz 63: Jan balanciert auf Brückengeländer, springt ins Wasser ~Wasser mit Jan und Fischen~ Sequenz 64: Angel hat neue Bewohnerin Sequenz 65: Nina klopft an Jans Fenster, Nachbarin weist auf Krematorium hin Sequenz 66: Krematorium, alle kommen raus, Jan noch drin, kippen Asche von Opa in Tüte Sequenz 67: Nina zu Hause, Gespräch mit Mutter „besser, wenn du diesen Jan nicht mehr siehst“, Bruder zieht aus Sequenz 68: Jan und Nina auf Spielplatz, aus Schwanzflosse Begattungsorgan Sequenz 69: Autofahrt, Asche auf Rücksitz, Auto stürzt von der Brücke ~Wasser mit Jan und Nina~ FICKENDE FISCHE Notizen zum Film Der Filmtitel „Ficken deine Fische eigentlich?“ heißt es in Sequenz 13. Die Regisseurin nennt ihren Film provozierend nach dieser Frage von Nina. „Denn in diesem Bild [...] ist alles enthalten, worum es in diesem Film geht – die erste Liebe, die Ungewissheit vorm ersten Sex, das Nebeneinander von sensiblen Gefühlen und hartem Schicksal.“ (http://www.cyberkino.de/entertainment/ kino/1110/111328pr.html) Die Regisseurin Almut Getto wurde in Kandel in der Pfalz geboren. An der Ludwig-Maximilian-Universität München studierte sie im Magisterstudiengang Politik-, Kommunikationswissenschaften und Soziologie. Als TV-Autorin war sie danach bei RTL, SAT1, ORB, Deutsche Welle und Arena Aktuell tätig. Herbst 1995 begann Almut Getto ein Studium an der Kunsthochschule für Medien in Köln im Fachbereich Film/Fernsehen. In Großbritannien drehte sie 1998/1999 ihren Abschlussfilm „Spots & Stripes“ über ein 13jähriges rothaariges Mädchen. Dieser Film über eine Außenseiterin wurde mehrfach ausgezeichnet. 2001 erhielt Almut Getto den NRW-Nachwuchspreis für Regie in ihrem ersten Langspielfilm „Fickende Fische“. Auf dem Max Ophüls-Filmfestival erhielt dieser Film den Preis des Saarländischen Ministerpräsidenten. Die Darsteller Mit besonderer Sorgfalt wurden die Darsteller ausgewählt. Für die Rollen von Jan und Nina wurden mehr als 800 Bewerber aus Agenturen, Jugendtheatergruppen und Schulen bundesweit gecastet. Almut Gettos Begründung lautete: „Es ging mir nicht nur darum, die besten Darsteller zu finden, sondern auch das beste Paar.“ (http://www.cyberkino.de/entertainment/ kino/1110/111328pr.html) Filmkritiken film-dienst 2002-17: „In die Einsamkeit eines 16Jährigen, der in seiner Kindheit durch eine Bluttransfusion mit AIDS infiziert wurde, dringt ein etwa gleichaltriges Mädchen. Die erste große Liebe ist ebenso von der verspielten Entdeckung aufkeimender Sexualität bestimmt wie von seiner tief sitzenden Angst, dass seine Krankheit diese Liebe bedroht. Ein ebenso berührendes wie unterhaltsames Jugenddrama, das flott und unverkrampft, aber nie oberflächlich die Suche zweier Jugendlicher nach Identität und Lebenssinn beschreibt. Subtil und voller Poesie verbinden sich Traum und Wirklichkeit zu einer glaubwürdigen Utopie, die von überzeugenden Hauptdarstellern getragen wird.“ Cinema 2002-08: „In ihrem gefühlvollen, aber nie sentimentalen Spielfilmdebüt "Fickende Fische" ge lingt Regisseurin und Autorin Almut Getto das Kunststück, einerseits das ganz normale Gefühlschaos eines pubertierenden Jungen zu zeigen, andererseits mit schonungsloser Genauigkeit den Alltag eines Aids-Kranken zu beobachten: mit Eltern, deren Hilflosigkeit sich in Überfürsorglichkeit widerspiegelt, mit Ärzten, für die das Elend ihrer Patienten Routine ist, mit Leidensgenossen, die ihre Todesangst mit Galgenhumor überspielen.“ Oliver Kaever (TV-Movie) 2002-17: „Hier stimmt einfach alles: Regiedebütantin Almut Getto gelang mit "Fickende Fische" ein bezaubernder Teen-Film voll Poesie und Humor - und zugleich völlig frei von den üblichen Klischees. Einfühlsam setzt sie die unsentimentale Love Story in Szene, finde t dabei immer den richtigen Ton. Hut ab auch vor den jungen Darstellern: Deren intensives Spiel bewegt zutiefst.“ Der Spiegel 2002-32: „Almut Gettos Kinodebüt ist ein eindringlicher, trauriger und doch auch hoffnungsvoller Film über eine junge Liebe, die sich früh mit dem Tod messen muss. Die Regisseurin führt ihre Darsteller erstaunlich sicher durch die schwierigen emotionalen Verwirrungen und erzählt ihre Geschichte mit bewundernswert leichtem Tonfall.“ FICKENDE FISCHE AIDS Allgemeines Deutschland Die AIDS-Epidemie gilt durch die rasante weltweite Ausbreitung und den tödlichen Krankheitsverlauf als eine der größten medizinischen Herausforderungen in der heutigen Zeit. Jede Minute stecken sich weltweit zehn Menschen mit dem HI-Virus an. Weltweit gibt es nach Schätzungen der UN-Organisation UNAIDS etwa 40 Millionen HIV-Infizierte, 70 Prozent davon in Afrika. Andere Quellen gehen sogar von mehr als 60 Millionen Menschen aus. 20 Millionen Menschen sind bereits an AIDS gestorben. In Deutschland liegen genaue Zahlen zur AIDS Epidemie vor, da HIV-Infizierungen beim Robert-Koch-Institut meldepflichtig sind. Insgesamt lebten Ende 2002 etwa 39.000 mit HIV infizierte Menschen in Deutschland, darunter sind etwa 30.000 Männer und 9.000 Frauen. Die Zahl der HIV-infizierten Kinder liegt unter 400. Bei etwa 5.000 der 39.000 HIV-Infizierten ist die Erkrankung bereits zum Vollbild AIDS fortgeschritten. Seit Beginn der Epidemie Anfang der 80er Jahre haben sich in Deutschland etwa 60.000 Menschen mit HIV infiziert, etwa 25.500 Menschen sind an AIDS erkrankt und etwa 20.500 an den Folgen der HIV-Infektion verstorben. Die Arten der Übertragung werden durch das Robert Koch Institut wie folgt geschätzt: Die Abkürzung AIDS steht für Acquired Immune Deficiency Syndrome (erworbenes Immunschwächesyndrom). Durch das Erregervirus HIV (Human Immunodeficiency Virus) kommt es im Laufe der Zeit zur Zerstörung des körpereigenen Immunsystems, wodurch Krankheiten und Infektionen nur noch schlecht abgewehrt werden. Wird dieser Virus übertragen, kann es in der Regel bis zu 10 bis 12 Jahre dauern, bis HIVinfizierte Menschen die Krankheit AIDS entwickeln. HIV-infizierte Menschen (HIV-positive) Menschen bemerken die Infektion nicht sofort, aber sie können das Virus unbemerkt an andere Personen weitergeben, auch wenn die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist. AIDS wird durch eine Vielzahl medizinischer Parameter bzw. Kennzeichen definiert, u.a. durch bestimmte Blutwerte, wie durch die Anzahl der sog. Helferzellen (T4-Zellen). Das Krankheitsbild umfasst vor allem verschiedene Infektionskrankheiten und Tumore. Unbehandelt versterben innerhalb von 15 Jahren etwa zwei Drittel der Infizierten an den Folgen ihrer HIV-Infektion. Durch medizinische Behandlung und Medikamente kann der Krankheitsverlauf stabilisiert bzw. verlangsamt werden. Homosexuelle Kontakte: 50 % Herkunft aus Hochprävalenzgebiet:23 % Heterosexuelle Kontakte:18 % Intravenöser Drogengebrauch:9 % Mutter-Kind-Transmission:<1 % Der in Deutschland – wie auch in den meisten Industrieländern – nach 1995 zu beobachtende Rückgang der AIDS-Neuerkrankungen, der in erster Linie auf die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten sowie deren verbreiteten und frühen Einsatz zurückzuführen ist, hat sich in den letzten Jahren nur noch verlangsamt fortgesetzt. Die Zahl der mit dem Vollbild AIDS neu erkrankten Personen ist im Jahre 2002 mit etwa 700 Fällen auf dem Niveau des Vorjahres geblieben. (Quelle: Robert Koch Institut, 2002) (http://www.rki.de/INFEKT/AIDS_STD/ECKDATE N2002.PDF) (http://www.rki.de/INFEKT/AIDS_STD/AZ.HTM) Übertragungsmöglichkeiten Obwohl AIDS eine Infektionskrankheit ist, überträgt es sich nicht wie eine Grippe. Das HI-Virus kann durch Sperma, Scheidensekret, Muttermilch und Blut übertragen werden. Bei HIV-infizierten Menschen ist das Virus zwar in allen Körperflüssigkeiten (Speichel, Tränen, Urin) vorhanden, jedoch nur in Blut, Muttermilch, Sperma und Scheidenflüssigkeit in genügend großer Menge, um eine andere Person anstecken zu können. Andere Übertragungen wie etwa durch Insekten, Essgeschirr, Toiletten, Schwimmbad, Sauna usw. sind nicht möglich, da das Virus außerhalb des menschlichen Körpers nicht überlebensfähig ist. Somit sind alltägliche soziale Kontakte (Händeschütteln, Umarmen, Streicheln, Küsse) unbedenklich. Nur wenn das Virus in den Blutkreislauf eines Nicht-Infizierten gelangt, kann es zur Übertragung und Infektion kommen. Einen Schutz vor einer HIV-Infektion beim Geschlechtsverkehr bietet bei richtiger Anwendung nur das Kondom. Deshalb sollte man bei sexuellen Kontakten mit neuen Partnern generell ein Kondom benutzen. Es ist sicherlich nicht einfach mit einen Menschen, den man zwar sehr mag und vielleicht gerade erst kennengelernt hat, ein ernstes Gespräch über Schutz, eventuelle Risiken der Vergangenheit, über Treue und Untreue zu führen. Leider nehmen nicht alle die Ansteckungsgefahr ernst. Falls man sich nicht sicher ist, dass man selbst oder der Partner nicht infiziert ist, sollte man zum Kondom greifen. Die Verantwortung für die eigene Gesundheit trägt jeder selbst! Aufgrund dieser individuellen Verantwortung kann jeder auf die Benutzung eines Kondoms bestehen. AIDS durch Bluttransfusion Übersicht Risikoverhalten Folgende Verhaltensweisen werden als riskant eingeschätzt. • Ungeschützter vaginaler, oraler und analer Geschlechtsverkehr • Infektionsrisiko erhöht sich mit häufig wechselnden Sexualpartnern • Direkter Kontakt mit Wunden und Verletzungen • Stillen • gemeinsamer Spritzen- und Nadelgebrauch (z.B. intra-venöser Drogenkonsum) Alle Blutkonserven werden seit Mai 1985 einem Antikörpertest unterzogen, so dass sie in Deutschland und mittlerweile nahezu in allen europäischen Ländern ein Infektionsrisiko unter 1:1.000.000 in sich bergen. Eine absolute Sicherheit gibt es leider nicht, denn wie bei jeder Krankheit gibt es eine sogenannte „diagnostische Lücke“. Diese Lücke erstreckt sich zwischen der tatsächlichen Ansteckung und der Nachweisbarkeit von Erregern oder Antikörpern im Labor. Bei HIV-Infektionen liegt diese Lücke bei durchschnittlich 65 Tagen. Durch moderne Testverfahren konnte dieser Zeitraum und somit das Übertragungsrisiko weiter minimiert werden. Je nach Viruskonzentration beträgt das Risiko einer Infektion nunmehr 1:5.000.000. Zusätzlich werden bei der Blutspende potenzielle Risikogruppen durch gesetzlich vorgeschriebene Fragen ausgeschlossen. Für Deutschland bedeutet dies, dass bei Anwendung von 4 bis 5 Millionen Blutpräparaten pro Jahr mit einer unvermeidbaren Infektionen zu rechnen ist. Im Verhältnis zu vielen anderen Risiken im täglichen Leben ist dieses Restrisiko sehr klein, zudem werden Blutpräparate meist nur bei lebensbedrohlichen Zuständen angewendet. Für den Spender besteht bei der Blutspende keine Ansteckungsgefahr. Denn alle genutzten Geräte sind steril und werden nur einmal genutzt. Das gilt selbstverständlich auch für die Blutplasma-Spende. (Quelle: DRK Sachsen/ DRK Baden-Württemberg, www.blutspende.de, 2003) Forschung/ Behandlung sexuelle Menschen besteht. Die Furcht vor Ausgrenzung kann Menschen bei der Suche nach einer AIDS-Behandlung oder bei der Inanspruchnahme des HIV-Testes hindern. Nur wenn Vorurteile und Diskriminierung bekämpft werden, kann auch der Kampf gegen HIV/AIDS gewonnen werden. Die AIDS-Forschung ist sehr aufwendig und teuer, denn das HI-Virus verändert ständig seine Oberflächenstruktur, außerdem gibt es verschiedene Virusstämme. In Europa und in Amerika ist fast nur der Typ HIV1 verbreitet. HIV2, das sich in der Erbsubstanz jedoch stark unterscheidet, findet sich hauptsächlich in Afrika, aber auch andere Virustypen kommen vor. Bislang wurden 10 HIV-Typen identifiziert. Ein verlässliches Medikament gegen AIDS oder einen prophylaktischen (vorbeugenden) Impfstoff gibt es noch nicht. Die Entwicklung eines wirkungsvollen Impfstoffes wird noch Jahre dauern, allerdings gibt es schon jetzt erfolgversprechende Versuche. Es sollte heutzutage selbstverständlich sein, dass HIV-Infizierte genauso wie andere Menschen behandelt werden. Durch eine übertriebene Vorsicht und Kontaktscheu werden die Betroffenen ausgegrenzt. Heute werden Infizierte in Deutschland mit Medikamenten behandelt, die den Krankheitsverlauf z.T. hinauszögern. Diese Medikamente (z.B. AZT/ Retrovir, DDC) werden als Kombinationen verabreicht und haben zum Teil starke Nebenwirkungen. http://www.sexundso.de E-Mail-Beratung der ProFamilia Selbst wenn in nächster Zeit ein wirksames Medikament entwickelt wird, ist damit noch nicht das Problem AIDS gelöst. Denn der globale Kampf gegen AIDS muss natürlich auch finanziert werden. 95 Prozent aller HIV-infizierten Personen leben in Entwicklungsländern. Aufgrund des Geldmangels werden sich die Interessen von Pharmaindustrie, Forschung und Betroffen nur schwer vereinbaren lassen. Neben der Armut sind auch Religion, Aberglaube und eine fehlende oder mangelhafte Aufklärung entscheidende Hindernisgründe für eine effektive AIDS-Prävention bzw. AIDS-Bekämpfung. Soziale Auswirkungen Für betroffene Menschen ist die Krankheit oft mit Diskriminierung und Ausgrenzung verbunden. Das Vorurteil, nachdem AIDS als Schwulenkrankheit bezeichnet wird, hält sich bis heute, auch wenn das Risiko ebenso für hetero- Informationen Weiter Informationen und Beratungen gibt es bei den regionalen Aids-Hilfen (Beratung und Selbsthilfegruppen) und den Gesundheitsämtern (Beratung und Test), sowie im Internet unter: http://www.gib-aids-keine-chance.de umfassende Seite der BzgA mit Broschüren, Comics über Kondomgebrauch www.bgza.de Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, bietet Mo-Do 10-22 Uhr und Fr-So 10-18 Uhr eine persönliche, anonyme Telefonberatung zu Aids und sexuell übertragbaren Krankheiten unter Tel: 0221-892031 http://www.rki.de/infekt/AIDS_std/az.htm Das Robert Koch Institut hat Statistiken über Aids in Deutschland und Informationen über Infektionskrankheiten FICKENDE FISCHE Do Fish Do it? Die Fortpflanzung ist ein wesentliches Kennzeichen aller Lebewesen. Das Erzeugen von Nachkommen ist neben eigenem Überleben wichtigster Lebensvorgang. Haie Einige Haiarten besitzen paarige penisartige Organe, die Klasper, welche von außen gut sichtbar sind. Sie sind ein Stück umgewandelte Bauchflosse. Wenn man keine Hände, sondern nur Flossen hat, ist eine Begattung im dreidimensionalen Raum nicht einfach. Bei der Paarung beißt daher der männliche Hai deshalb in die Brustflossen des weiblichen Hais, um sich festzuhalten. Somit findet eine innere Befruchtung im Eileiter der Weibchen statt. Jeder Embryo entwickelt sich meist in einer separaten mütterlichen Kammer, die durch eine Plazenta oder einem drüsenartigen Gewebe versorgt wird. Das Weiße Hai - Weibchen bringt zum Beispiel nach 12monatiger Tragzeit lebendige Junge zur Welt, die 1,2-1,5m lang und 32kg schwer sind. Tintenfische Forscher (M. Norman, J. Finn) haben bei südaustralischen Tintenfischen ein interessantes Paarungsverhalten beobachtet. Ein Männchen imitiert das Aussehen und Verhalten des Weibchens. Die längeren Fangarme eingezogen, schwimmt der Tintenfisch scheinbar desinteressiert neben einem schon gebildeten Paar. Kommt ein weiteres „richtiges“ Männchen hinzu, um das echte Weibchen streitig zu machen, bekommt der verkleidete Tintenfisch eine Chance. Denn während die beiden Männchen kämpfen, zeigt der Tarnkünstler seine Absichten und nähert sich dem unbewachten Weibchen, um sich mit ihr fortzupflanzen. Oftmals wurde diese erfolgreiche Paarungstaktik beobachtet. Putzerlippfische Im Riff gibt es ganz bestimmte Stellen, wo der Putzerlippenfisch sogenannte Putzerstationen unterhält. Andere Fische suchen diesen Ort auf, um sich von Schmarotzern befreien zu lassen. Ein dominantes Männchen kontrolliert jeweils eine Station. Es vertreibt andere Männchen und paart sich einmal pro Tag mit jedem seiner sechs Weibchen. Wird das Männchen in einem Experiment entfernt, ersetzt nicht ein außerhalb wartendes Männchen das verlorene Führungstier. Statt dessen vollzieht das größte der circa sechs Weibchen einen Geschlechtswandel und wird innerhalb von Stunden zu einem Männchen. Binnen weniger Tage ist dieses neue Männchen in der Lage, sich mit den übrigen Weibchen zu paaren. FICKENDE FISCHE Literaturhinweise Zum Film: Faulstich, Werner: Grundkurs München: Wilhelm Fink, 2002. Zur Fortpflanzung von Fischen Filmanalyse. Hildebrand, Jens: Film: Ratgeber für Lehrer. Köln: Aulis Verlag Deubner, 2001. http://www.fickende-fische.de – Offizielle Seite zum Film vom X-Verleih Kamp, Werner; Rüsel, Manfred: Vom Umgang mit Film. 1. Auflage. Berlin: Volk und Wissen, 1998. http://www.hai.ch - Hai Stiftung, Steckbrief zu 250 Haiarten, Verbreitung, Forschungsprojekte, Unterrichtsmaterialien http://www.starfish.ch/Korallenriff/Fortpflanzun g.html - Kurioses Paarungsverhalten von bestimmten Meerestier-Arten http://www.tierenzyklopaedie.de - Lexikon zu Tieren Zum Selbstmord Monaco, James: Film verstehen: Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der neuen Medien. 3. Auflage. Reinbek: Rowohlt, 2001. http://www.neuhland.de - ein Verbund von psychotherapeutisch orientierten Beratungsstellen, Krisenunterkunft für Kinder und Jugendliche bis 25 Jahre Zur Liebe http://www.suizidprophylaxe.de Gesellschaft für Suizidprävention http://www.loveline.de – Seite der BzgA für Jugendliche mit Chat, Spielen, persönlichen Geschichten http://www.lovespace.de – Forum für Fragen, die Jugendliche schon immer vom anderen Geschlecht wissen wollten, Beratung durch Pädagogen per E-mail http://www.sexundso.de – Infos zur Homo- und Hetero-Sexualität, erste Liebe, E-mail Beratung der Pro Familia Zu Aids http://www.bzga.de - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, stellt kostenlos Medien und Materialien zum Thema Aids http://www.gib-aids-keine-chance.de – umfassend, Comic zum Kondomgebrauch, Werbespots, Kontaktadressen für fremdsprachige Beratung http://www.rki.de/infekt/aids_std/az.htm Robert Koch Institut, Statistiken über Aids und Infektionskrankheiten – Deutsche