Spaß und Spielfluss am Mississippi
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Spaß und Spielfluss am Mississippi
K U LT U R Montag, 23. Juni 2008 Anstreicher gesucht: Tante Pollys Zaun kann sich über den Zuspruch von begeisterten kleinen Malern überhaupt nicht beklagen. Fotos: Jens Eber 26 Zack: Tom (Sebastian Hirschberger) kriegt von Becky (Doris Fuchshuber) eine geknallt. Spaß und Spielfluss am Mississippi Naturtheater: „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ hatte gestern Premiere Zwei gewitzte Burschen spielten sich gestern Nachmittag in die Herzen des Publikums: „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ hatte im Naturtheater Heidenheim Premiere und ließ am Ende keine Zuschauerwünsche offen. Dabei sind es beileibe nicht nur die beiden Jugendbuchfiguren von Mark Twain, die begeistert beklatscht wurden, es ist vielmehr eine durch und durch geschlossene Mannschaftsleistung, die ein rundum vergnügliches Abenteuer bietet. Die beiden Regisseure Bettina Barth und Markus Hirschberger haben aber auch ganz entzückende Einfälle in ihre Inszenierung eingebaut. Die Spannung auf dem Friedhof darf ein Käuzchenruf untermalen, die Küsse dürfen herzhaft schmatzen, der Trauergottesdienst um die vermeintlich toten Tom und Huck wird durch ein ergreifendes „Ol’ Man River“ eingeleitet. Dazu gesellen sich eindrucksvolle Freeze-Bilder, die fein komödiantisch umgesetzt werden. Und geradezu ein Glanzpunkt der Inszenierung stellt die Kampfszene dar, die ja immerhin in einen Mord mündet. Und Kampf und Mord lassen Bettina Barth und Markus Hirschberger in Zeitlupe spielen, was nicht nur herrlich anzuschauen ist, sondern auch die Grausamkeit der Taten für die jungen Zuschauer ein wenig abmildert. Tom und Huck amüsieren sich beim Angeln Dabei haben es die Regisseure verstanden, verschiedene Handlungsorte miteinander zu verweben und so den Spielfluss immer am Laufen zu halten. Wenn beispielsweise im hinteren Bereich der Bühne das hohe Gericht tagt, ergötzen sich Tom und Huck vorn beim Angeln, und auch die Wechsel zwischen den Handlungen funktionieren punktgenau und sehr präzise. Und wenn Tom Sawyer in der sehr bekannten Episode seine Freunde den Zaun streichen lässt, dann tun diese das rhythmisch gekonnt zur Percussion-Untermalung in einer amüsanten Choreographie und präsentieren am Ende tatsächlich mit Knalleffekt einen frisch gestri- Hoch hinauf: Huck (Tim Tschabrun) und Tom besuchen Muff Potter. chenen Zaun. Und immer wieder viel, viel Volk auf der Bühne, da wuselt’s und wimmelt’s nicht nur zum Gemeindefest. Das große Ensemble in seinen prachtvollen Kostümen mit Rüschenröcken, langen Unterhosen und Schuten macht das runde Vergnügen zu einem wahren Augenschmaus. Den verschaffen allerdings in erster Linie die durchweg guten spielerischen Leistungen, wobei natürlich allen voran die Titelhelden zu nennen sind. Tim Tschabrun in seiner ersten Hauptrolle gibt einen herrlich lässigen, coolen Huck, der über sein Etikett des „schlimmsten Rumtreibers aller Zeiten“ nur gelassen grinsen kann. In der Rolle des Tom zeigt Sebastian Hirschberger eine bemerkenswerte Spielvielfalt: ob verschämt verliebt, ob keck Schabernack treibend, ob verzweifelt Stoßgebete sendend oder vor Angst schlotternd – er macht seine Sache richtig gut. Herrlich fies ist Alwis Michalks Indianer Joe, der auch den einen oder anderen Zuschauer zum Zittern bringt; Routinier Hans Metzler holt aus der Rolle des Richters Thatcher alles raus, was es rauszuholen gibt, und das gilt auch für Dieter Rathgeber, der den trotteligen Muff Potter richtig schräg aussehen lässt. Und auch die Frauen bringen mächtig Farbe ins Spiel: Marianne Teicher ist souverän als Toms gütige, aber auch resolute Tante Polly zu erleben, Doris Fuchshuber ist eine Becky zum Verlieben und Lara Tschabrun ist als Amy ihr burschikoses Gegenstück. Als Nervensäge Mrs Rogers hat Claudia Becker die Lacher auf ihrer Seite. Bis hin zu Jim, dem kleinen Negerjungen, der da und dort in den Szenen ganz erfrischend aufblitzt, zeigt die ganze Mannschaft eine Spielfreude, die den Funken zum Zuschauer überspringen lässt. Ach ja, und wenn schon kein Mississippi, dann doch wenigstens ein Floß: Mit dem schippern Tom und Huck sehr elegant ihrem Piratendasein entgegen und beweisen nicht zuletzt auch damit, dass wirklich alles in diesem Stück im Fluss ist, ein Fluss, von dessen Strömung sich auch das Publikum, ob groß, ob klein, gerne mitreißen lässt. Marita Kasischke Peng: Dr. Robinson (Moritz Antoniuk) zieht Muff Potter (Dieter Rathgeb) eins mit ’ner Grabstein über. Geschnappt: Indianer Joe (Alwis Michalk) gerät in die Fänge seiner Häscher.