Zarte Pflänzchen - dbb beamtenbund und tarifunion

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Zarte Pflänzchen - dbb beamtenbund und tarifunion
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dbb magazin
Oktober 2007 - 57. Jahrgang
Natur und Umwelt:
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Zarte Pflänzchen
Seite 4 >
Interview:
Horst Seehofer,
Bundesminister für
Ernährung,
Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Seite 6 >
Dienstrecht:
Anti-Reformgesetz
für Bundesbeamte
dbb > aktuell
„Genug gespart!“ Der Slogan der gemeinsamen Kampagne von dbb
und ver.di will aufrütteln und Bürgern wie Politikern den Wert öffentlicher Dienstleistungen ins Bewusstsein rücken. Es sind aber
nicht nur die bundesweit geklebten großflächigen Plakate, die Aufmerksamkeit erregen. Im Internet startete zeitgleich ein interaktives
Portal rund um die Belange des öffentlichen Dienstes und den Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger, den seine Beschäftigten jeden
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Schwerpunkt in dieser Ausgabe: Natur und Umwelt
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50.000 Pflegestellen in Krankenhäusern
wurden in den letzten Jahren gestrichen.
Bei gleichzeitig 1 Million mehr Patienten
geht das auf die Knochen!
Der Staat zieht sich aus seiner Verantwortung zurück.
Privatisierungswahn, drastische Haushaltskürzungen und massiver
Stellenabbau in den öffentlichen Diensten treffen alle Bürgerinnen
und Bürger: Bildung, Betreuung, Gesundheit, Pflege, Sicherheit,
Kultur, Wasser, Müllabfuhr, Nahverkehr...
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Unterstützen Sie uns! Senden Sie Ihre Protest-SMS an: 72626
SMS-Text: Genug Gespart, Vorname, Nachname, Wohnort
Normale SMS-Gebühr · Keine Weitergabe · Veröffentlichung ohne Telefonnummer auf www.GenugGespart.de
ÖFFENTLICHE DIENSTE SIND MEHRWERT
Initiative Öffentliche Dienste
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Tag erwirtschaften. Reinschauen und mitmachen lohnt sich also,
denn auf www.genug-gespart.de geht es um die Artikulation des
Protestes gegen Einsparungen im öffentlichen Raum: marode Kinderspielplätze, kaputte Rolltreppen, fehlendes Krankenhauspersonal, knöcheltiefe Schlaglöcher in den Straßen oder Leistungseinbußen durch Privatisierung. Für seine Steuergelder hat der Bürger
mehr verdient als markige Politikerworte.
Im Diskussionsforum ist Ihre ganz persönliche Sparerfahrung gefragt: Wo haben Sie das Gefühl, der Staat spare zu viel am falschen
Ende? Was haben Sie erlebt? Gleich ob Beschäftigter oder Kunde
des öffentlichen Dienstes: Sagen Sie, was Sache ist. Und wenn Sie
der Meinung sind „Genug gespart! Öffentliche Dienste sind Mehrwert“, dann unterstützen Sie unsere Initiative: Tragen Sie sich
online in die Unterstützerliste ein oder senden Sie eine SMS mit
„Genug gespart, Vorname, Nachname, Wohnort“ an 72626.
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Impressum:
Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Friedrichstr. 169/170, 10117 Berlin, (0 30) 40 81-40, Fax (0 30) 40 81-55 98.
Internet: www.dbb.de. E-Mail: [email protected]
Chefredakteur: Dr. Walter Schmitz (sm); Redaktion: Christine Bonath (cri), Jan Brenner (br). Mitarbeiter dieser Ausgabe: Cornelia Krüger (cok), Alexander Schrader (as), Dagmar Schüler (ds), Oliver
Krzywanek. Redaktionsschluss am 10. jeden Monats. Namensbeiträge stellen in jedem Falle nur
die Meinung des Verfassers dar.
Gestaltung: Marian-Andreas Neugebauer. Fotos: dbb, MEV, Project Photos, www.fotolia.de: Susanne
Güttler, Kerstin Meier, Christoph Mayr. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift für Beamte, Angestellte und Arbeiter erscheint zehnmal im Jahr. Für Mitglieder ist der Verkaufspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Der Abonnementpreis für Nichtmitglieder des dbb beträgt jährlich 29,90
Euro inkl. Porto und Umsatzsteuer. Der Bezugspreis für das Einzelheft 3,50 Euro inkl. Porto und Umsatzsteuer. Bezug durch die Post. Einzelstücke durch den Verlag.
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2/2007). Vertrieb: (02 11) 73 57-1 55, Fax (02 11) 73 57-8 91. Anzeigenschluss: 6 Wochen
vor Erscheinung. Gedruckt auf Papier aus elementar-chlorfrei gebleichtem Zellstoff.
ISSN 0941-8156
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aktuell
Interview mit Horst Seehofer,
Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Dienstrecht:
Anti-Reformgesetz für Bundesbeamte
Personalpolitik:
Gemeinwesen darf nicht verrotten
Pendlerpauschale
Tarifdemo in Hessen
Eingruppierung im TVöD
Referentenentwurf zum
Pflege-Weiterentwicklungsgesetz
Drei Fragen an die Koalitionäre
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fokus
Report
Bundessortenamt:
Demeters Datenschützer
Forstreform in Sachsen:
Wald in Not ...
Fünf Jahre nach dem Elbehochwasser:
Lehren gezogen oder Geld versenkt?
dbb akademie:
Personalentwicklung – ein Dauerthema
Die andere Meinung
Verwaltungsmodernisierung:
Reorganisation in vollem Gang
Friedrich-Loeffler-Institut
zur Vogelgrippe
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spezial
Transparenzinitiative im
EU-Entscheidungsprozess
Mitgliederservice
Beamtendarlehen:
Deutlich weniger Zinsen
Senioren
Demographie-Kongress:
Entwicklungshilfe für den Wandel
Jugend
Michael Westphal, Vorsitzender
der dbb jugend:
„Jugendpolitische Kompetenz
entfalten“
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finale
Glosse
„Behördennotruf“ ServiceLine 115
Leserbriefe
dbb frauen
t@cker
Mitgliedsgewerkschaften
Kulisse
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> dbb magazin | Oktober 2007
3
editorial
Interaktiver Protest
dbb > aktuell
>
dbb magazin
Es ist in Deutschland durchaus möglich, dass in der Nähe
eines Naturschutzgebietes
Versuchsfelder für Genmais
liegen. Geraten Sie bei einer
solchen Konstellation nicht in
Gewissenskonflikte?
>
Bundesminister
für Ernährung,
Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Wenn Felder für geplante
wissenschaftliche Versuche in
der Nähe von Naturschutzgebieten liegen, bedarf es einer
zusätzlichen sorgfältigen Prüfung durch das Bundesamt
für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit, um
auszuschließen, dass das
Schutzziel dieses Naturschutzgebietes durch den
Freisetzungsversuch beeinträchtigt wird. Nur wenn dies
nach menschlichem Ermessen tatsächlich der Fall ist,
kann diese Freisetzung genehmigt werden. Schon
wegen dieses erhöhten Verwaltungsaufwands, aber
auch, um Befürchtungen und
Sorgen in der Bevölkerung
gar nicht erst aufkommen zu
lassen, halte ich es allerdings
Fotos: Eduard N. Fiegel
interview
4
Seehofer
Horst Seehofer
Oberste Priorität für G
für besser, wenn bei der Wahl
von Freisetzungsflächen auf
Standorte in der Nähe von Naturschutzgebieten verzichtet
würde.
>
dbb magazin
Brauchen wir die grüne Biotechnologie tatsächlich? Es
gibt alternative Möglichkeiten,
Erträge zu steigern, zum Beispiel durch Züchtung.
> dbb magazin | Oktober 2007
>
Seehofer
Ich denke, für viele Verbraucher ist ein Nutzen der Agrogentechnik bisher nicht erkennbar, deshalb werden gentechnisch veränderte Lebensmittel von den Konsumenten
hierzulande auch mit sehr großer Mehrheit abgelehnt.
Ob die Agrogentechnik der einzige Weg ist, um den Anforderungen der Zukunft an die
landwirtschaftliche Produktion
zu entsprechen, oder ob dies
auch wie bisher mit der konventionellen Pflanzenzüchtung, die sich im Übrigen
ebenfalls der Werkzeuge der
Gentechnik bedient, möglich
sein wird, ist umstritten. Angesichts der Herausforderungen
der Zukunft sollten wir die
Chancen, die die Agrogentechnik möglicherweise eröffnet,
nicht ungenutzt lassen. Oberste Priorität muss jedoch auch
dabei immer die Sicherheit für
die menschliche Gesundheit
und für die Umwelt haben.
>
dbb magazin
Vor einem Jahr haben Sie im
Zusammenhang mit der Bekämpfung der Vogelgrippe bemängelt, dass infolge der Föderalismusreform die Kompetenzverteilung zwischen Bund und
Ländern nicht klar definiert ist.
Wie ist der Stand heute?
>
Seehofer
In Deutschland liegt die Zuständigkeit für die Durchfüh-
dbb > aktuell
Kein einzelnes Land sollte
sich auf den Standpunkt zurückziehen, die Zuständigkeit
für Veterinär- und Lebensmittelkontrollen liege allein
bei ihm, wenn mögliche ne-
gative Folgen auch andere
Länder in Kauf nehmen müssten. Vielmehr sind Bund und
Länder gehalten, gemeinsam
mit Nachdruck Maßnahmen
zur Krisenbewältigung bei
Tierseuchen zu entwickeln.
Die Erfahrungen, die wir seit
der Föderalismusreform in
der Tierseuchenbekämpfung
sammeln konnten, haben gezeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern gut funktioniert. Sie haben auch gezeigt, dass die
Länder die Koordinierungsfunktion des Bundes in der
Agrarministerkonferenz, der
Verbraucherschutzministerkonferenz, dem Zentralen Krisenstab Tierseuchenbekämpfung und in der Bund-LänderTaskforce Tierseuchen dankbar annehmen. Damit schöpfen wir unterhalb der Verfassungsebene die Möglichkeiten aus, die sich zur Verbesserung der Zusammenarbeit
bieten.
>
dbb magazin
Seit dem 1. September ist das
Rauchen in allen öffentlichen
Einrichtungen des Bundes
verboten. Sie haben sich zuversichtlich darüber geäußert, dass die Länder bald
nachziehen werden. Wie
kommen Sie zu dieser Auffassung?
>
Seehofer
Die Ministerpräsidenten der
Länder haben sich auf ihrer
Sitzung am 22. März 2007 in
Berlin darauf verständigt, in
öffentlichen Bereichen und
Gaststätten den Schutz vor
den Gefahren des Passivrauchens zu verbessern. Am
1. August sind bereits in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und
Niedersachsen entsprechende Regelungen in Kraft getreten. In den anderen Ländern
sind gesetzliche Regelungen
in Vorbereitung. Dies und die
positive Reaktion auf das Gesetz des Bundes bestärken
mich in meiner Überzeugung,
dass es gelingt, schon bald
auch in Deutschland einen
weitreichenden Schutz vor
den Gefahren des Passivrauchens zu erreichen.
ben gekommen. Bilder von
großflächig abgestorbenen
Waldbeständen, wie wir sie
damals zum Beispiel in den
Hochlagen des Erzgebirges
hatten, kommen heute nicht
mehr vor. Dies ist auch ein Erfolg der bisher eingeleiteten
Luftreinhaltepolitik: Allein seit
1990 sind die Schwefeldioxidemissionen in Deutschland um
rund 90 Prozent zurückgegangen, und auch die Nachbarstaaten haben ihre Emissionen
reduziert. Nach wie vor zu
hoch sind aber die Stickstoffeinträge in den Wald. Auch die
Ozonkonzentrationen in der
Luft überschreiten regelmäßig
und großflächig die in einer
EU-Richtlinie vorgegebenen
Zielwerte zum Schutz der
Wälder.
Auch der Klimawandel schlägt
sich im Waldzustand nieder:
So ließ die extreme Trockenheit des Sommers 2003 den
Anteil der Bäume mit deutlich
verlichteten Kronen, der seit
Mitte der 90er Jahre mit geringen jährlichen Schwankungen
bei 21 bis 23 Prozent gelegen
hatte, im Jahr 2004 auf 31 Prozent emporschnellen. Seither
esundheit und Umwelt
>
Info
Horst Seehofer, Jahrgang 1949, Diplomverwaltungswirt (FH) ist seit 1980 direkt gewählter
Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Ingolstadt. Von 1983 bis 1989 amtierte er als sozialpolitischer Sprecher der Landesgruppe der
Christlich Sozialen Union (CSU) und war von
1989 bis 1992 Parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. Von Mai 1992 bis Oktober 1998 übte Seehofer das Amt des Bundesministers für Gesundheit aus. Von Oktober
1998 bis November 2004 war er stellvertretender Vorsitzender der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion; seit 1994 ist er stellvertretender Landesvorsitzender der CSU, seit April 2000 Landesvorsitzender der Arbeitnehmer-Union in der Christlich Sozialen Union (CSA). Von April 2005
bis November 2005 war er Landesvorsitzender des Sozialverbandes
VdK Bayern. Das Amt des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat Seehofer seit November 2005 inne.
>
dbb magazin
Regelmäßig wird über den
Gesundheitszustand des Waldes Buch geführt. Tut sich etwas zum Besseren hin oder
stirbt der Wald trotz aller Maßnahmen langsam aber sicher
weiter?
>
Seehofer
Entgegen den Befürchtungen
in den 80er Jahren ist es nicht
zum großflächigen Waldster-
hat sich der Wald nur langsam
erholt; 2006 lag der Anteil
deutlicher Kronenschäden bei
28 Prozent.
Angesichts solcher Entwicklungen tun wir gut daran, den
Waldzustand weiterhin zu
überwachen. Die Daten der
Waldzustandserhebung 2007
werden zurzeit an der Bundesforschungsanstalt für Forstund Holzwirtschaft ausgewertet; die Ergebnisse werden im
Winter vorliegen.
interview
rung der Veterinärgesetzgebung, auch soweit diese auf
unmittelbar geltendem Gemeinschaftsrecht beruht,
nach wie vor bei den Ländern.
Der Bund übt in diesem Bereich lediglich die Rechtsaufsicht aus. Es gilt das Prinzip –
und darauf wird von Länderseite auch großer Wert gelegt
–, dass jeder Kompetenzträger die ihm zugewiesenen
Aufgaben selbst erledigen
muss. Insofern hat sich die
Verfassungsrechtslage bekanntermaßen nicht geändert. Dies bedeutet jedoch
nicht, dass der Bund nicht
auch politisch in der Verantwortung steht. Denn auch bei
Achtung der verfassungsmäßigen Kompetenzordnung ergibt sich regelmäßig die Notwendigkeit der Koordinierung
durch den Bund, um eine abgestimmte Krisenbewältigung bei Tierseuchen zu gewährleisten.
dbb > aktuell
Dienstrecht:
Anti-Reformgesetz für
Bundesbeamte
kompakt
6
Das Gesetz, mit dem Bundesinnenminister Wolfgang
Schäuble die Einkommensund Beschäftigungsbedingungen der Bundesbeamten nach
der Föderalismusreform neu
regeln will, sei „ein Anti-Reformgesetz“, kritisierte dbb
Chef Peter Heesen am 11. September 2007 bei dem Beteiligungsgespräch im Bundesinnenministerium in Berlin. Kein
vernünftiger Mensch könne
auf die Idee kommen, dies als
nachhaltige Reform zu bezeichnen.
greifende Reformmaßnahmen
für einen modernen, leistungsfähigen öffentlichen Dienst
mitzutragen und hierfür bereits im Oktober 2004 einen
fertigen Masterplan auf den
Tisch gelegt hätten, opfere die
Bundesregierung nun die einmalige Chance, sich in Sachen
Beamtenrecht an die Spitze
der Reformbewegung zu setzen, auf dem Altar großkoalitionären Parteienstreits. „So ist
die Bundesregierung in diesem
Sektor reformunfähig“, kritisierte Heesen.
Während die Gewerkschaften
bereit gewesen seien, durch-
Beim Beteiligungsgespräch bezeichnete der dbb Chef den
>
Foto: Marco Urban
Auf grundsätzliche Ablehnung des dbb ist der
neue Regierungsentwurf des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes für die rund 360 000 Bundesbeamten gestoßen.
dbb Chef Peter Heesen appellierte an die Koalition, den Gesetzentwurf nachzubessern: „Unsere
konstruktiven Vorschläge liegen
auf dem Tisch.“
vorgesehenen Erhalt einer einheitlichen Besoldungstabelle
und den Einbau der Sonderzuwendungen als „vernünftig“.
Andere Kernpunkte seien dem
dbb aber in der Form, wie sie
der Gesetzentwurf vorsieht,
unverständlich. Der Entwurf
erfülle nicht die in der Koalitionsvereinbarung getroffenen
Aussagen zu den Reformzielen.
Von neuen Ansätzen in der Leistungsbezahlung, die für die
Motivation der Beschäftigten
und die Nachwuchsgewinnung
so dringend benötigt werden
und die im Tarifbereich bundesweit längst installiert ist, wolle
die Regierung nun überhaupt
nichts mehr wissen, genauso
wenig wie von der Förderung
der Mobilität zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft durch ein Konzept zur
Mitnahme von Versorgungsansprüchen. Mit der vorgesehenen Absenkung der Eingangsbesoldung und der Verlängerung der Lebensarbeitszeit sei
das geplante Gesetz nichts als
ein weiteres Sparpaket ohne
Perspektiven für die Beschäftigten. Der dbb lehnt das Dienstrechtsneuordnungsgesetz in
dieser Form ab. „Wir wollen Perspektiven für die Beschäftigten,
den öffentlichen Dienst und die
Bürger. Davon ist die Bundesregierung mit diesem Gesetzentwurf meilenweit entfernt.“
Info
Einheitliche Besoldung
Der dbb will auch künftig eine gemeinsame, einheitliche
Besoldung für Soldaten und Beamte der Bundeswehr.
„Wir halten am Prinzip der einheitlichen Tabelle fest“, sagte der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Heinz Ossenkamp am 13. September 2007 in Berlin bei einer gemeinsamen Anhörung der Arbeitsgruppe Verteidigung
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der Arbeitsgruppe
Sicherheitsfragen der SPD-Bundestagsfraktion zum Thema „Spezifische Besoldungsordnung für Soldaten“. Die
einheitliche Tabelle stelle sicher, dass vergleichbare Ämter
aufgrund gleicher Vorgaben auch zu vergleichbaren
Grundgehältern führen.
Ossenkamp verwies auf die „drastischen zusätzlichen Belastungen“, denen die Bundeswehr, aber auch Bundespolizei und Zoll ausgesetzt seien, etwa durch die Erweiterung ihres Einsatzauftrages und Einsatzgebietes. Um diese Herausforderungen zu meistern, seien Reformen am
öffentlichen Dienstrecht unverzichtbar.
> dbb magazin | Oktober 2007
Die Gesundheitsreform, die überwiegend zum 1. April 2007 in Kraft getreten
ist, brachte zahlreiche Veränderungen nicht nur für die Versicherten der gesetzlichen wie der privaten Krankenversicherung, sondern auch für die Leistungserbringer mit sich. Der dbb steht als Interessenvertretung seiner Mitglieder in beiden Systemen nicht nur im Dialog mit deren Vertretern, sondern auch mit Repräsentanten der Gesundheitsberufe. Nach Gesprächen mit
der Bundesärztekammer, den Kardiologen und den Heilpraktikern fand am
29. August 2007 ein Gedankenaustausch mit dem Freien Verband Deutscher
Zahnärzte im dbb forum zu Berlin statt. Mit dem FVDZ-Bundesvorsitzenden
Dr. Karl-Heinz Sundmacher und seinem Stellvertreter Dr. K. Ulrich Rubehn
diskutierte der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt
die Auswirkungen des neuen Basistarifs und des Standardtarifs in der Übergangsphase sowie die Neuordnung des Gebührenrechts, die zurzeit ansteht.
Trotz von der Ausgangslage her unterschiedlichen Interessenlage fanden beide Seiten zahlreiche Übereinstimmungen in der Bewertung der Reform wie
der nun erforderlichen Konsequenzen und vereinbarten, sich über jeweilige
Aktivitäten im politischen Raum weiter gegenseitig zu unterrichten.
dbb > aktuell
Personalpolitik:
Gemeinwesen darf nicht verrotten
Der dbb sieht die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gefährdet, wenn der seit
1993 anhaltende Stellenabbau
von 1,5 Prozent jährlich beim
Bund nicht gestoppt wird. dbb
Chef Peter Heesen verwies in
einem Gespräch mit der
„Westfälischen Rundschau“
(Ausgabe vom 18. September
2007) auf die verheerenden
Waldbrände in Griechenland:
„Dort musste man an allen
Ecken und Enden einen hilflosen Staat entdecken.“ Das
werde in Deutschland nicht
gewünscht.
„Wir sind hier besser, sowohl
bei der Technik als auch beim
Personal. In Griechenland gibt
es auf 1 000 Bewohner 1,8
,Schlanker Staat‘. Sie ist nicht
gut.“
Selbst in den Ministerien werde die Frage der Funktionsfähigkeit gestellt. Hinzu komme
die Überalterung des öffentlichen Dienstes. „An Nachwuchs ist schwer heranzukommen, weil die Bedingungen
nicht mehr attraktiv sind“, gab
Heesen zu bedenken. Im Zuge
der Modernisierung wichtig sei
vor allem ein stärkerer Einstieg
in die Leistungsbezahlung.
Auch das Laufbahnsystem sei
veraltet. „Wir müssten eigentlich eine Experimentierklausel
aufnehmen, um moderne
Laufbahn-Varianten testen zu
können.“ Dies lehne die
Bundesregierung aber ab.
Pendlerpauschale:
Gesetzgebung korrigieren
Der Bundesfinanzhof hat erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kürzung der
Pendlerpauschale angemeldet.
Deshalb hat der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und
Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Dieter Ondracek, eine Korrektur der zu
Jahresbeginn in Kraft getretenen Gesetzgebung angemahnt.
In Schreiben an die finanzpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und
SPD, Otto Bernhardt und JörgOtto Spiller, forderte Ondracek
am 11. September 2007 die
Fraktionen dazu auf, „für die
Wiedereinführung der Abziehbarkeit der Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte ab
dem ersten Kilometer initiativ
zu werden“.
> dbb magazin | Oktober 2007
Foto: Eduard N. Fiegel
kompakt
8
Feuerwehrleute. In Deutschland sind das einschließlich der
Freiwilligen Feuerwehr 13 Helfer. Aber in anderen Bereichen
funktioniert das auch schon
bei uns nicht mehr. Zum Beispiel bei der Lebensmittelkontrolle“, fügte Heesen hinzu.
„Auf 1 000 fleischverarbeitende Betriebe kommt gerade mal
ein Kontrolleur.“ Auch das Luftfahrtbundesamt sei aufgrund
von Personalmangel nicht
mehr in der Lage, schnell auf
die Beschwerden von Passagieren über inakzeptable Beförderungsbedingungen zu reagieren. „An diesen Stellen ist unser Gemeinwesen schon dabei,
richtig zu verrotten. Es ist das
Ergebnis einer schleichenden
Entwicklung unter dem Motto
>
Dieter Ondracek, Bundesvorsitzender der DSTG und stellvertretender dbb Bundesvorsitzender.
In einem Brief an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück
erinnerte Ondracek am 6. September 2007 daran, dass die
DSTG schon während des Gesetzgebungsverfahrens verfassungsrechtliche Bedenken an
der Regelung geäußert und auf
die damit verbundenen neuerlichen Belastungen für die Steuerverwaltung verwiesen hatte.
Diese prognostizierte Entwicklung sei nun eingetreten,
schreibt der dbb Vize. Die Zahl
der Fälle im Lohnsteuerermäßigungsverfahren sei noch überschaubar, aber bereits jetzt
werde erkennbar, dass im kommenden Jahr, in dem diese Problematik in der Veranlagung relevant wird, kein Bescheid mehr
unangefochten bleiben wird. Eine neue Flut von Massenrechtsbehelfen werde die Finanzämter überschwemmen.
Dem Deutschlandfunk sagte
Ondracek am 10. September
Da bereits Fachkräfte fehlen,
müsse der öffentliche Dienst
und auch das Berufsbeamtentum für andere Branchen geöffnet werden. Heesen weiter:
„Die starren Höchstaltersgrenzen für die Verbeamtung müssen fallen, die jeweiligen Versorgungsansprüche müssen
mitgenommen werden können. Wer den Wechsel macht,
erhält dann am Ende Altersbezüge aus unterschiedlichen
Kassen. Na und? Wo ist das
Problem? Die Gewerkschaften
in Deutschland – das ist mit
ver.di abgestimmt – sind der
Meinung, wir brauchen solche
Reformschritte. Aber die Bundesregierung schaltet auf stur,
weil sie scheinbar nicht die
Kraft hat, sie umzusetzen.“ 2007, Erstattung für den Arbeitsweg sei keine Subvention.
„Das ist ein notwendiger Aufwand, um dem Erwerb nachgehen zu können. Und das sind
nach unserer Definition zwingende Werbungskosten.“ Pendlern riet Ondracek, noch abzuwarten, bis die Steuerveranlagung 2007 im Jahr 2008 fällig
ist und dann den Bescheid –
wenn er nicht amtlich offengehalten wird durch einen Vorläufigkeitsvermerk – anzufechten,
damit er offenbleibt.
>
Seniorenpolitik
Eine Delegation des dbb hat
unter der Führung des stellvertretenden Bundesvorsitzenden Heinz Ossenkamp mit
dem Leiter der Abteilung „Ältere Menschen“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(BMFSFJ), Dieter Hackler, im
Rahmen eines Meinungsaustauschs aktuelle Themen der
Seniorenpolitik diskutiert. dbb > aktuell
Tarifdemo in Hessen:
„Rote Laterne? Nein danke Herr Koch!“
Am 25. September 2007 machten rund 1 000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes auf den Straßen
von Wiesbaden und in der Nähe des Hessischen
Landtages ihrem Unmut über den Regierungsstil
von Ministerpräsident Roland Koch Luft. Unter dem
Motto „Rote Laterne – nein danke Herr Koch!“ kritisierten die Demonstranten, dass Hessen seine Beschäftigten zum Schlusslicht unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes in
Deutschland degradiert.
Seit dem 1. November 2006 gilt
in 14 von 16 Bundesländern
der Tarifvertrag für die Länder
(TV-L), in dem für das Jahr 2008
eine lineare Einkommenserhöhung von faktisch drei Prozent
vorgesehen ist. Demgegenüber
plant Roland Koch, seinen Beschäftigten zu diesem Zeitpunkt
per Gesetz und mit Blick auf die
Landtagswahl 2,4 Prozent mehr
Entgelt zukommen zu lassen.
Koch holt damit nur etwas nach,
was in anderen Ländern bereits
in höherem Umfang geleistet
und tariflich abgesichert worden ist. Auf Einmalzahlungen in
der Höhe, wie es sie in anderen
Ländern gegeben hat und gibt,
verzichtet Koch allerdings.
tarifpolitik
10
>
Tarifwüste verhindern
Mit dem symbolischen Schlusslicht – einer roten Laterne – zog
der Demonstrationszug vom
Bahnhof Wiesbaden zum
Innenministerium. Den hessischen Verhandlungsführer für
den TV-L, Innenminister Volker
Bouffier, begrüßten sie mit einem Pfeifkonzert und machten
klar: Das Diktat einer Tarifpolitik per Gesetz akzeptieren die
Mitglieder der dbb tarifunion
nicht.
Auf der Schlusskundgebung auf
dem Dern’schen Gelände vor
dem neuen Rathaus prangerte
der erste Vorsitzende der dbb
tarifunion Frank Stöhr den Ver-
>
Frank Stöhr streitet für ein
modernes Tarifrecht in Hessen.
such der Landesregierung an,
verschiedene Berufsgruppen
innerhalb des öffentlichen
Dienstes gegeneinander auszuspielen: „Koch versucht mit aller Macht, die Säulen der Tarifautonomie, der Tarifpartnerschaft und des Tarifkompromisses einzureißen“, so Frank Stöhr.
„Er schafft dadurch, entgegen
der propagierten ,Tariflandschaft‘, eher eine Tarifwüste!“
Fotos: bildschön
Die Tarifunion sei offen für hessenspezifische Regelungen.
„Aber diese Besonderheiten
dürfen nicht darin bestehen,
dass man einen ohnehin schon
stark belasteten öffentlichen
Dienst weiter ausbluten und
seine Beschäftigten im allgemeinen Ländervergleich weiter
hinten anstehen lässt.“ Bisher
hätten Bouffier und Koch keine
echten hessenspezifischen Besonderheiten aufgezeigt, sondern einfach nur massive Sparforderungen gestellt, unterstrich Stöhr.
>
>
Der Bundesvorsitzende des VDStra Siegfried Damm (links) und
dbb tarif-Chef Frank Stöhr führten die Demonstration an.
> dbb magazin | Oktober 2007
Almosenpolitik
Als Almosenpolitik bezeichnete
Siegfried Damm, stellvertretender Vorsitzender der dbb tarifu-
nion und Bundesvorsitzender
des Bundes Deutscher Straßenwärter (VDStra), die geplante
Anhebung der Tariflöhne per
Gesetz. Damm forderte von
Bouffier, den TV-L auf die Beschäftigten in Hessen anzuwenden, um ihre Leistungen
mit einem modernen, zukunftsfähigen Tarifrecht anzuerkennen. „Die Kolleginnen und Kollegen haben Verhandlungen
statt Verordnungen verdient“,
sagte Damm. „Es besteht auf
lange Sicht die Befürchtung,
dass die hessische Landesregierung versucht, Regelungen für
ihr Tarifpersonal grundsätzlich
per Gesetz und nicht per Tarifvertrag festzuschreiben. Das
würde den Interessen der Beschäftigten und den Mitgestaltungsspielraum ihrer Gewerkschaften zutiefst zuwiderlaufen
und käme einer Beschäftigungspolitik nach Gutsherrenart gleich!“
Heute erlaube sich die hessische Landesregierung, 0,5 Prozent Entgelt sowie Einmalzahlungen gegenüber dem TV-L
und anderen Bundesländern
einzubehalten, morgen denke
sie vielleicht daran, die Arbeitszeit per Gesetz für alle Tarifbeschäftigten zu verlängern. „So
ist sie bei Neueinstellungen
und Höhergruppierungen seit
Austritt aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL)
bereits verfahren“, stellte
Damm fest. „Es kann nicht sein,
dass man in Wiesbaden die
Schlusslichter der Tarifpolitik
sieht, während auf der anderen
Mainseite in Mainz die Frontscheinwerfer des modernen Tarifs mit dem TV-L aufblinken!“
Die hessische Landesregierung
könne die Demonstration getrost als erstes Zeichen der
Streikbereitschaft werten für
den Fall, dass sie nicht
einlenke.
ds
dbb > aktuell
Eingruppierung im TVöD:
Verhandlungen
aufgenommen
Die Verhandlungen zur Eingruppierung im Rahmen
des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD)
zwischen der dbb tarifunion und der Vereinigung
der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sowie
dem Bund haben am 24. und 25. September 2007 in
Fulda begonnen.
„Ohne Eingruppierung ist der
TVöD kein Neubau, sondern
noch immer eine Baustelle“,
stellte Willi Russ, 2. Vorsitzender
der dbb tarifunion, in seinem
Eingangsstatement fest. Er forderte die Arbeitgeber auf, das
gemeinsame Haus des TVöD in
zügigen Verhandlungen zu Ende
zu bauen: „Das Vertrauen der
Arbeitnehmer in das neue Tarifrecht ist ein hohes Gut.“ Es gehe
darum, ein zukunftsfähiges,
transparentes und tätigkeitsbezogenes Eingruppierungssystem
zu schaffen. Keinesfalls dürfe es
zu Rückgruppierungen und Einkommensverlusten kommen.
Die Tarifpartner waren beim Abschluss des TVöD davon ausgegangen, eine neue Entgeltordnung bis Ende 2007 auszuhandeln. Das lange Ruhen der Verhandlungen hat jetzt allerdings
Auswirkungen auf das Übergangsrecht, denn einige Fristen
im Übergangs- und Besitzstandsrecht des TVÜ sind unter
der Prämisse tarifiert worden,
dass die neue Entgeltordnung
bis zu deren Auslaufen endverhandelt ist. Die dbb tarifunion
fordert daher, die Besitzstandsregelungen des TVÜ unverzüglich zu überarbeiten. „Die Ar-
>
beitgeberseite darf aus der Verhandlungspause kein Kapital
schlagen“, betonte Russ.
Die Arbeitgeber haben entsprechende Verhandlungen zum
Auftakt abgelehnt und die Eingruppierungsverhandlungen
mit dem Thema Arbeitszeit verquickt: Ein Abschluss bei der
Entgeltordnung sei nur realisierbar, wenn zugleich die Arbeitszeitfrage geklärt sei, sagte VKAHauptgeschäftsführer Manfred
Hoffmann dazu. Die tarifunion
sieht darin eine sachfremde Vermengung komplexer Sachthemen und übergab den Arbeitgebern ein Positionspapier, in dem
sie unter anderem fordert, dass
das neue Eingruppierungssystem justitiabel, diskriminierungsfrei und für alle Qualifikationsstufen durchlässig sein
muss. „Die Tarifpartner müssen
noch vor Eröffnung der Einkommensrunde 2008 die Grundlagen zur Schaffung einer neuen
Entgeltordnung absprechen“,
sagte Russ. Die handwerklich
komplexe Eingruppierung sei
ungeeignet, um in die tarifpolitische Auseinandersetzung des
Jahres 2008 hineingezogen zu
werden. Mehr dazu:
www.tarifunion.dbb.de.
Verhandelten in Fulda (von links): Dr. Franz-Eugen Volz (BMF), Knut
Bredendiek (BMI), Manfred Hoffmann, Artur Grzesiek (beide VKA) sowie Siglinde Hasse und Willi Russ (beide dbb tarifunion).
dbb > aktuell
Referentenentwurf zum
Pflege-Weiterentwicklungsgesetz:
12
Die Pflegeversicherung wird sich in den nächsten Jahrzehnten aufgrund des demographischen Wandels erheblichen Herausforderungen stellen müssen. Auch vor diesem Hintergrund soll mit dem jetzt veröffentlichten Referentenentwurf des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes (PfWG) die seit 1995 weitestgehend unveränderte Pflegeversicherung reformiert werden. Der Entwurf setzt einen Großteil der Forderungen des dbb um, die bereits
im Mai 2007 vom Bundeshauptvorstand aufgestellt worden sind.
sozialpolitik
Perspektiven
für die Pflege
Die anstehende Reform der
sozialen Pflegeversicherung
war auch Thema eines Gespräches, das die stellvertretenden
dbb Bundesvorsitzenden Heinz
Ossenkamp und Klaus Dauderstädt am 11. September 2007
mit dem pflegepolitischen
Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Willi Zylajew
geführt haben.
Es bestand Einigkeit über die
Notwendigkeit einer Reform,
der seit ihrer Einführung im
Jahr 1995 im Wesentlichen
unveränderten Pflegeversicherung, sowie über die von
der Koalition verfolgten Ziele
der Stärkung der ambulanten
Versorgung, der Leistungsverbesserung und des Ausbaus
der Qualitätssicherung. Die
vorgesehene Erhöhung des
Beitrages von 1,70 auf 1,95
Prozent hält der dbb für
nachvollziehbar. Allerdings
würden die Rentner mit der
Anhebung voll belastet, während sie von der Absenkung
des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung nicht profitieren.
Dies gelte entsprechend für
Beamte, wenn die private Pflegeversicherung ihre Prämien
anpasst. Außerdem werde die
Pflegeversicherung mit der
Beitragserhöhung nur mittelfristig auf eine sichere finanzielle Grundlage gestellt; den
Auswirkungen des demographischen Wandels werde nicht
wirksam begegnet, so das Fazit
des Gedankenaustausches. krz
>
>
Die stellvertretenden Bundesvorsitzenden Klaus Dauderstädt (links) und Heinz Ossenkamp im Gespräch mit
dem pflegepolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Willi Zylajew (Mitte).
> dbb magazin | Oktober 2007
Info
Der dbb hat seine Positionen zur anstehenden Reform der sozialen Pflegeversicherung bei der Erörterung des Referentenentwurfs am 24. September im
Bundesministerium für Gesundheit in Bonn nochmals
verdeutlicht. Dabei fand
auch eine Stellungnahme
der CESI, der europäischen
Dachgewerkschaft des dbb,
Berücksichtigung, die sich
mit den Problemen grenzüberschreitender Gesundheitsdienstleistungen beschäftigt.
dbb > aktuell
So unstreitig die Notwendigkeit zur Reform der
Pflegeversicherung von den Regierungsparteien
CDU/CSU und SPD auch gesehen wird: Den Weg,
wie die Pflegeversicherung besser, sozialer und
leistungsfähiger gemacht werden könne, beschreiben beide Parteien anders. Das dbb magazin hat den Pflegepolitikexperten Hilde Mattheis
(SPD) und Willi Zylajew (CDU) drei Fragen zur Reform der Pflegeversicherung gestellt.
>
dbb magazin
Wie kann die Pflegeversicherung langfristig auf eine finanziell solide Grundlage gestellt
werden?
>
Hilde Mattheis
Unser langfristiges Konzept ist
das Konzept der Bürgerversicherung. Damit wäre die fi-
>
Hilde Mattheis (SPD)
nanzielle Absicherung gewährleistet. Bürgerversicherung
heißt: Alle zahlen für alle ein
und alle Einkommen werden
zur Beitragsbemessung herangezogen. Von dieser Solidarität
der Starken mit den Schwachen
in unserer Gesellschaft würden
alle Pflegebedürftigen profitieren.
>
Willi Zylajew
Mit der geplanten Anhebung
der Pflegebeiträge um ein mageres Viertelprozent können die
Leistungen der Pflegeversicherung bis zum Jahr 2014 abgedeckt werden. Ich persönlich
halte diese mittelfristige Lösung
nur für einen Teilerfolg. Der vorgesehene Aufbau eines Kapitalstocks kann mit dieser relativ
geringen Beitragserhöhung
nicht erfolgen. Damit steht fest,
dass die Pflegeversicherung spätestens in 20 Jahren kaum bezahlbar sein wird, genau dann,
wenn die geburtenstarken Jahrgänge ab 1948 auf sie angewiesen sind. Jetzt wäre noch Zeit
zum Aufbau einer Kapitalreserve. Ziel muss sein, den auf uns
zukommenden Lastenberg ab
2027 zu untertunneln. Anscheinend hat beim Koalitionspartner SPD ein nachhaltiges Finanzierungskonzept für die Pflege
keine Priorität, weshalb Bemühungen in diese Richtung vorerst gescheitert sind. Der demographische Wandel stellt in der
Tat eine Herausforderung an die
Pflegeversicherung dar.
>
dbb magazin
Die Rentnerinnen und Rentner
haben seit 2004 den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung allein
– ohne Zuschuss – zu tragen und
werden durch die Erhöhung der
Beiträge zur Pflege weiter belastet. Ist hier eine Kompensation zu
>
Hilde Mattheis
Es ist richtig, dass die Rentnerinnen und Rentner den vollen Beitragssatz zahlen und von der
Senkung der Arbeitslosenversicherung nicht profitierten. Die
derzeitige Generation der Rentnerinnen und Rentner haben in
die Pflegekasse, die erst seit
1995 existiert, nicht in dem Umfang eingezahlt, wie es die derzeitige Generation der Erwerbstätigen tut. Pflegebedürftigkeit
tritt zum überwiegenden Teil im
Rentenalter ein. Diese beiden
Punkte rechtfertigen, dass Rentnerinnen und Rentner die Beitragssatzerhöhung allein bezahlen müssen.
>
Willi Zylajew
Ich halte nach wie vor daran
fest, dass auch Rentnerinnen
und Rentner sich an der Finanzierung der Pflegeversicherung
Rentner unseres Landes haben
mit Sicherheit Großartiges geleistet. Aber die demographische
Entwicklung lässt nun einmal keine andere Wahl. Eine andere Frage ist, wie mit Menschen umgegangen werden soll, die nur eine
Kleinstrente beziehen. Hier bin
ich der Meinung, dass es Härteklauseln geben muss, wie dies
auch schon im Gesundheitssystem der Fall ist.
>
Wie wird sich die Pflegereform
auf die Beamtinnen und Beamten
auswirken?
>
Willi Zylajew (CDU)
und eventuell auch an dem
Aufbau einer kapitalgedeckten
Demographiereserve beteiligen
müssen. Dieses Vorgehen finde
ich aus Gründen der Fairness
gerechtfertigt. Denn sie profitieren von den Leistungen der
Pflegeversicherung, obwohl sie
weniger eingezahlt haben als
die heutige Generation es tun
muss. Die Renterinnen und
Hilde Mattheis
Beamtinnen und Beamte gehören der privaten Versicherung an.
Leider hat sich die CDU/CSU gesperrt, dass es einen solidarischen Ausgleich zwischen privater und gesetzlicher Versicherung
gibt. Das Pflegerisiko der privat
Versicherten ist nur halb so groß
wie das Risiko der gesetzlich Versicherten, ein Pflegefall zu werden. Die Infrastruktur im Bereich
Gesundheit und Pflege steht allen zur Verfügung – auch den privat Versicherten. Von den Leistungsausweitungen werden Beamtinnen und Beamten genauso
profitieren wie gesetzlich Versicherte. Wie sich die Beitragssätze
für Beamtinnen und Beamten
entwickeln wird, bleibt Geheimnis der privaten Versicherungen.
>
>
dbb magazin
Willi Zylajew
Die unter Angela Merkel vorangetriebene Reform sieht eine Ausweitung des Leistungsspektrums
vor. Auch Beamtinnen und Beamte werden Aussicht auf bessere
Leistungen haben. Die privaten
Krankenversicherungen werden
möglicherweise mit leichten Beitragsanhebungen nachziehen.
Letztlich müssen die Beamtinnen
und Beamten, bei denen keine
Kompensation durch die Senkung
der Arbeitslosenversicherung erfolgt, im Beihilferecht oder bei
der nächsten Besoldungserhöhung einen fairen Ausgleich
erfahren.
sozialpolitik
Drei Fragen an
die Koalitionäre
Gunsten der Älteren angedacht
und wie könnte diese aussehen?
dbb > fokus
report
14
Bundessortenamt:
Demeters Datensch
Erst war es Linda, die ehrenwerte
Kartoffelsorte, der sie angeblich den
Garaus machen wollten. Zurzeit entfacht sich der Bürgerzorn an ihren
Genmais-Versuchsfeldern. Damit, so
die Mär, setze das Bundessortenamt
sich aktiv für die Verbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen ein. Auch
das ist falsch. Die Aufgabe des Amtes
> dbb magazin | Oktober 2007
besteht weder darin, vertraute Kartoffelsorten gegen den Willen der Züchter für die Verbraucher zu erhalten,
noch neuartige Pflanzenarten zu entwickeln und zu vermehren. Tätig wird
es auf Antrag der Pflanzenzüchter, deren Produkte es prüft. So sorgt die Behörde für Ordnung im prall gefüllten
Sortenkoffer der Erdgöttin Demeter.
dbb > fokus
>
ützer
Er hat es sicher schon viele Male
gesagt in den vergangenen Wochen. Jetzt, zur Erntezeit, wo auf
einigen Versuchsfeldern auch
Genmais mannshoch steht, hat
das Interesse der Medien, was
denn beim Bundessortenamt so
vor sich gehe, wieder spürbar
zugenommen. „Wir prüfen neue
Pflanzensorten im Hinblick auf
die Erteilung des Sortenschutzes
und der Sortenzulassung. Wir
kommen in Kontakt mit gentechnisch verändertem Erbgut,
wenn diese Komponente in die
Pflanze eingebaut ist, aber das
Rosiger Sortenschutz
nach zehn Jahren
Bis eine neue Pflanzensorte
beim Verbraucher landet – sei es
als Speisekartoffel auf dem Mittagstisch, als Futtererbse im
Viehtrog oder als Duftrose im
Brautstrauß –, hat sie ohnehin
einen weiten Weg zurückgelegt. Von den ersten Veredelungsversuchen des Züchters
über die Vermehrung des Saatgutes bis zum Antrag auf Sortenschutz und/oder Sortenzulassung, den der Züchter beim
Bundessortenamt einreicht,
vergeht eine Menge Zeit: Sechs
bis sieben Jahre werden benötigt, bis eine neue Maissorte
antragsreif ist, bei Kartoffeln
oder Edelrosen können das
auch zehn Jahre sein.
Wenn von den Neuzüchtungen
– etwa durch gentechnische
Veränderungen in ihrem Erbgut
– Gefahren drohen, dauert es
unter Umständen noch länger,
bis die Zulassung beantragt
und erteilt werden kann: Genmanipulierte Pflanzen müssen
für eine Freisetzung vorher von
der EU-Kommission und dem
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf Unbedenklichkeit geprüft sein. Für diese wie in ihrem Erbgut nicht manipulierte
Fälle gilt wiederum gemeinsam: Ohne die für landwirtschaftliche Nutzpflanzen obligatorische und erfolgreich
durchlaufene Sortenzulassungsprüfung durch das
Bundessortenamt kommt keine
Neuzüchtung auf den Markt.
Ist die Sorte von amtlicher Seite
zugelassen, kann ihr Saatgut
zehn Jahre lang vermarktet
werden und eine gebührenpflichtige Verlängerung ist
möglich. Zusätzlich, sofern der
Züchter dies beantragt, kann einer Sorte nach erfolgreicher
durchlaufener Prüfung der Sortenschutz erteilt werden. Hiermit wird dem Züchter nicht nur
– ähnlich wie bei der Patentver-
>
Erläutert konzentriert eine
komplizierte Materie: Udo
von Kröcher, der Präsident des
Bundessortenamtes.
gabe auf eine technische Erfindung – der Schutz seines geistigen Eigentums zuerkannt, sondern auch das Recht bei den Anbaubetrieben Lizenzen zu erheben.
Generell währt der Sortenschutz
25 Jahre; für Rebe, Baumarten
und Kartoffeln sind es sogar 30
Jahre. Eine Verängerung des
Schutzes ist nicht möglich. Aus
diesem Grund und weil er nach
eigenen Aussagen gesündere
und ebenfalls wohlschmeckende
Sorten gezüchtet hatte, zog der
Züchter der Kartoffelsorte Linda
die Zulassung für „Linda“ beim
Bundessortenamt zurück.
„Dies löste bei vielen Verbrauchern einen Sturm der Entrüstung aus“, erzählt Sortenamtspräsident Udo von Kröcher. „Wir
bekamen hiervon auch einen Teil
ab, obwohl es aufgrund der
Rechtslage nicht in unserer
Macht steht, einem Züchter die
Zurückziehung einer Sorte zu
verwehren, zumal er für die Sortenzulassung jährliche Gebühren
zahlen muss.“
> dbb magazin | Oktober 2007
15
report
Gentechnik-Recht liegt nicht bei
uns“, sagt Udo von Kröcher, der
Präsident des Bundessortenamtes. Geduldig erklärt der Chef
der in Hannover ansässigen
selbstständigen Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, wofür sein Amt
in die Pflicht zu nehmen sei –
und wofür nicht: „Unsere Aufgabe ist es, die Leistungsfähigkeit
und die Unterscheidbarkeit einer Pflanzensorte zu prüfen. Bei
den Nutzpflanzen interessiert
uns vor allem, ob diese Leistungsfähigkeit sich in höherem
Ertrag und besserer Resistenz
gegen Schädlinge oder ungünstige Witterungsverhältnisse
messen lässt. Wir prüfen zum
Beispiel nicht – obwohl dies eine
häufig an uns gestellte Forderung ist –, welche Umwelteinwirkung eine gentechnisch veränderte Sorte hat und erlauben
uns diesbezüglich auch kein Urteil. Dann würden wir die Arbeit
und Kompetenz der anderen zuständigen Behörden, die diese
Aspekte untersucht haben, bevor wir mit unserer Sortenprüfung beginnen, infrage stellen“,
sagt Udo von Kröcher.
dbb > fokus
durch Universitäten, bei Landesanstalten und Landwirtschaftskammern. 15 bis 20
Prüfstandorte mit unterschiedlichen Klima- und Bodenbedingungen sollten es bei der Prüfung neuer Sorten für die Landwirtschaft, etwa bei Kartoffeln,
Mais, Brot- oder Futtergetreide,
auf Ertrag, Qualität, Gesundheit schon sein. Die Prüfzeit beträgt bei diesen Nutzpflanzen
zwei bis drei Jahre. Bei der Sortenschutzprüfung von Zierpflanzen werden ein bis maximal zwei Jahre benötigt.
>
>
report
16
>
Duftender
Arbeitsplatz
Aufwand, der sein muss: Wenn
es um die Vergabe von Rechten
geht, mit denen sich über Lizenzgebühren Marktpositionen
erringen und Geld verdienen
lässt, versteht so mancher
Pflanzenzüchter, der viel Zeit
und noch mehr Vermögen in
die Entwicklung einer neuen
Sorte investiert hat, keinen
Spaß. „Jede unserer Prüfmaßnahmen muss gerichtsfest sein.
Das bedeutet, sie muss auch für
Burkhard Spellerberg leitet in der Prüstelle Rethmar das Referat Zierund Forstgehölze. Zu seinem Aufgabenbereich zählt die Prüfung von
jährlich an die 80 neuen Rosensorten auf Erteilung des Sortenschutzes.
Seine aus rund 2000 Rosensorten bestehende Referenzkollektion dient
als blühende Datenbank.
Bundesweit 13 eigene
Prüfstellen
Zu tun haben die – je nach Jahreszeit – bis zu 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Bundessortenamtes ohnehin
mehr als genug, wenn sie sich
auf ihre Kernaufgaben konzentrieren: Und die bestehen darin,
festzustellen, ob eine für die
Sortenzulassung angemeldete
Sorte wirklich besser im Ertrag,
in der Qualität und der Krankheitsresistenz ist, als die bereits
zugelassenen Sorten. Bei einer
für den Sortenschutz angemeldeten Sorte gilt es unter anderem festzustellen, ob sie wirklich „neu“ ist. Um das herauszubekommen, vergleichen sie
die Eigenschaften der vermeintlich „neuen“ Sorte mit
Sorten der selben Art. Etwa indem sie neue und bereits geschützte Sorten, die sogenannten Referenzsorten, auf ihren
Versuchsfeldern nebeneinander anbauen und Merkmale
wie zum Beispiel Farbe und
Größe miteinander vergleichen. Das Bundessortenamt
unterhält über das gesamte
Bundesgebiet verteilt 13 eigene Prüfstellen, auf denen von A
wie Arzneipflanzen über K wie
Kartoffeln bis Z wie Zierpflanzen alles angebaut wird, was
eine Sortenzulassung oder Sortenschutz anstrebt. Und weil
ihnen das noch nicht genügt,
lassen sie zusätzlich anbauen
>
>
Rosenzüchter schmücken ihre
Schöpfungen gerne mit prominenten Namen. So duftet im
Rethmarer Referenzfeld sogar
die schöne „Heidi Klum“.
Auch neue Geraniensorten
werden in den Gewächshäusern des Bundessortenamtes
für mindestens eine Saison
gehegt und auf Blätter und
Stängel geprüft.
externe Sachverständige wiederholbar, eindeutig, erklärbar und
nachvollziehbar sein“, erläutert
Burkhard Spellerberg, der in der
Prüfstelle im niedersächsischen
Rethmar das Referat Zier- und
Forstgehölze leitet. Farbenfroher,
duftender und idyllischer mag
aus Laiensicht kein Arbeitsplatz
sein: Auf den Versuchsflächen
blühen auch jetzt im Frühherbst
noch die meisten der rund 2 000
Rosensorten. Jährlich werden
hier an die 80 Neuschöpfungen
im Hinblick auf die Erteilung des
Sortenschutzes geprüft. „Die
übrigen Sorten sind die Vergleichs- oder Referenzsorten“, ergänzt der promovierte Gartenbauingenieur, der mit seinen
Mitarbeitern alle Rosensortenprüfungen innerhalb der EU –
Großbritannien ausgenommen –
vornimmt. Penibel vergleichen
sie nicht nur die Sortenbeschreibung der Kandidatenpflanze mit
> dbb magazin | Oktober 2007
dbb > fokus
>
>
Bei der Bestimmung feiner Farbnuancen ist das menschliche Augen
genauer als jede digitale Messtechnik: Andrea Menne, Referatsleiterin in der Register-und Wertprüfung Zierpflanzen, bestimmt mithilfe eines besonderen Farbfächers den Farbton einer Hibiscusblüte.
dem, was in der Wirklichkeit vor
ihren Augen heranwächst, sondern begutachten auch, wie
ähnlich Blüte, Blätter, Farbe, ja
sogar der beantragte Sortenname, mit anderen, schon auf dem
Markt befindlichen Produkten
sind. Und da die Passion für Rosen weltweit ein lukratives Geschäft ist, verlässt Burkhard
Spellerberg sich nicht allein auf
seine überaus beachtliche Referenzkollektion. „Wir recherchieren viel im Internet und tauschen weltweit Fotos und Daten
aus, damit wir ausschließen
können, Sortenschutz für eine
Pflanze zu geben, die etwa in
Neuseeland schon auf dem
Markt ist.“
In unmittelbarer Nachbarschaft
der stolzen Rosen hat eine weit
anspruchslosere Spezies ihren
Farbenteppich ausgerollt: Calluna vulgaris, die Besenheide –
auch sie ist für die Züchter ein
einträgliches Geschäft. „Jeden
Herbst werden in Deutschland
an die 70 Millionen Pflanzen
verkauft“, weiß Spellerberg. Da
ist es nicht weiter verwunder-
> dbb magazin | Oktober 2007
lich, dass unter den 320 Calluna-Sorten, die zurzeit in Rethmar blühen, an die 90 Kandidaten sind, deren Züchter gleichfalls an diesem Boom teilhaben
wollen und möglicherweise vor
einer gerichtlichen Nachprüfung nicht zurückschrecken, die
den Sortenprüfern, die jeden ihrer Schritte dokumentieren und
>
Warum die Spezies
„Mann“ verschwand
Je nach Pflanzenart verlangt die
Tätigkeit der Prüfer, die sich grob
vereinfacht an den Kriterien
Unterscheidbarkeit (von anderen Sorten), Einheitlichkeit und
Beständigkeit in Wuchs, Form,
Farbe sowie – bei den Nutzpflanzen – im Ertrag (jeweils
innerhalb der eigenen Sorte)
ausrichtet, nach anderen Methoden. Andrea Menne, Referatsleiterin in der Register- und
Wertprüfung Zierpflanzen in
Hannover, verlässt sich bei der
Farbbestimmung der vermeintlich neuen Hibiscus- oder Geraniensorten, die sie – neben vielen anderen Balkon- und Topfpflanzen – samt Referenzsorten
mit ihrem Team für eine Saison
gehegt und auf Stängel und Blüten geprüft hat, auf den international anerkannten Farbfächer
der britischen „royal horticultural society“ – der königlichen
Gartenbaugesellschaft. „Das Auge interpoliert“, erklärt Andrea
Menne, die wie Burkhard Spellerberg promovierte Gartenbauingenieurin ist. „Viel Handar-
beit“ sei nötig, festzustellen, ob
die Unterschiede ausgeprägt genug sind, als neue Sorte anerkannt zu werden: Bei der Beurteilung neuer Farbnuancierungen sei auch der beste Rechner
dem bloßen Auge unterlegen.
Das sehen die Beschäftigten im
Prüflabor in Hannover natürlich
anders: Mithilfe ihrer hochmodernen computergesteuerten
Messtechnik ist es ihnen möglich, Inhaltsstoffe, etwa über den
Proteingehalt einer Futtererbse,
zu bestimmen und in die Erbinformation einer neuen Sorte
hineinzuschauen und zu erkennen, ob sie sich tatsächlich von
anderen Sorten unterscheidet.
Gegen das Verschwinden einer
ganzen Spezies im Labor konnten die 25 Biochemikerinnen
und Chemielaborantinnen allerdings nichts unternehmen: Vor
wenigen Tagen haben sie in ihrem Arbeitsbereich das einzige
Exemplar der Spezies „Mann“
verloren. Da ist Johannes-Peter
Ohms, Doktor der Biochemie
und Leiter des Prüflabors, nach
22 Dienstjahren als irdischer
Helfer von Demeter, der Göttin
der Fruchtbarkeit von Korn und
Boden, in den Ruhestand gegangen.
Text: Christine Bonath,
Fotos: Jan Brenner
Laborleiter Johannes-Peter Ohms und eine Mitarbeiterin betrachten das Ergebnis ihrer Analyse: Im Prüflabor des
Bundessortenamtes werden auch die Erbinformationen einer neuen Sorte akribisch untersucht und dokumentiert.
17
report
kommentieren müssen, vor allem eines beschert – noch mehr
Arbeit. „Wir müssen schon ganz
genau hinschauen“, sagt Burkhard Spellerberg.
dbb > fokus
Forstreform in Sachsen:
aktuell
18
Wald in Not ...
Für ein hochindustrialisiertes und dicht bevölkertes Land besitzt Deutschland einen sehr hohen Waldanteil von 31 Prozent. Dies ist nicht
selbstverständlich. In vielen Regionen der Welt
sind Waldverlust und Waldzerstörung der Normalzustand, die Waldfläche nimmt weltweit
um Millionen von Hektar pro Jahr ab. In
Deutschland dagegen kann seit Jahrhunderten
eine kontinuierliche Zunahme der Waldfläche
und eine Verbesserung des Waldzustandes beobachtet werden.
Dies ist kein Zufall, sondern das
Ergebnis eines langen, über viele
Generationen von Forstleuten
andauernden Lernprozesses.
Forstwirtschaft in Deutschland
ist eine Erfolgsgeschichte. Ein
wesentliches Element des Erfolges waren über lange Zeit stabile Strukturen, die verlässliche
Rahmenbedingungen für die
Entwicklung und Bewirtschaftung von Wäldern boten. Bewährt haben sich Organisationsformen, die hoheitliche und betriebliche Aufgaben sowie die
Beratung und Betreuung in der
> dbb magazin | Oktober 2007
Land. Seine Wälder setzen
sich überwiegend aus Fichte
und Kiefer zusammen, die
sich anfällig für Schäden jeglicher Art zeigen. Der Privatwald, der einen Anteil von
rund 34 Prozent aufweist, ist
durch ausgeprägt kleinparzellige Strukturen gekennzeichnet. Sachsen verfügt über eine leistungsfähige Wertschöpfungskette sowie über
eine intakte Forschungs- und
Ausbildungslandschaft im
Bereich Wald und Holz.
Leistungsfähigkeit
erhalten
Voraussetzung für die positive Entwicklung dieser Wertschöpfungskette sind stabile
und leistungsfähige Wälder.
Zur Stabilisierung sind in Zeiten des Klimawandels waldbesitzartenübergreifende
Waldumbauprogramme notwendig. Die Leistungsfähigkeit ist durch Waldmehrung,
Ausbau der Beratung von
Waldbesitzern als Hilfe zur
Selbsthilfe sowie durch Programme zur Überwindung
der ungünstigen Flächenstrukturen im Privatwald zu
verbessern.
Sachsen ist im Vergleich zum
Bundesdurchschnitt ein unterdurchschnittlich bewaldetes
All dies spricht für stabile Verwaltungsstrukturen mit guter Personalausstattung. Zum
Hand einer einheitlichen Forstverwaltung als Sonderbehörde
bündeln. Das entspricht modernen Vorstellungen von sachgerechtem und zeitsparendem
Personaleinsatz. Wesentliche
Merkmale sind die vorbildliche
Umsetzung des Subsidaritätsprinzips sowie die ausgewogene Aufgabenerfüllung.
>
1. Januar 2006 fand nach einer
Reihe zuvor durchgeführter Reformschritte die Gründung des
Staatsbetriebes Sachsenforst
statt. Ziel war es, die Verwaltungsstrukturen unter Beibehaltung einer einheitlichen
Forstverwaltung als staatlicher
Sonderbehörde noch effizienter und leistungsfähiger zu
machen. Diese Reform, und
darauf legte damals der
Staatsminister für Umwelt
und Landwirtschaft Stanislaw
Tillich in seiner diesbezüglichen Regierungserklärung
großen Wert, „wurde im Dialog mit den Mitarbeitern der
Forstverwaltung … erarbeitet“.
Verbunden mit der Strukturund Organisationsreform war
die vollständige Einführung
des Neuen Steuerungsmodells
(NSM). Der erste Geschäftsbericht des Staatsbetriebes Sachsenforst für 2006 zeigt die
deutliche Senkung der Kosten
ohne Vernachlässigung der
Aufgaben. Und das, obwohl
mehr als 1 000 der insgesamt
1 755 Personen großen Belegschaft unmittelbar von der Reform betroffen waren und sich
über Nacht in neuen Dienststellen, Aufgaben und Funktionen wiederfanden.
dbb > fokus
>
Mitwirkungsrecht
stärken
>
Wissenswertes über den Wald
Mit rund 11,1 Millionen Hektar (knapp ein Drittel der
Gesamtfläche) ist Deutschland eines der waldreichsten
Länder in Europa. Allerdings schwankt der regionale Bewaldungsanteil sehr stark. Hessen zum Beispiel besteht zu
41,7 Prozent aus Wäldern und ist somit das am stärksten
bewaldete Bundesland. Dagegen ist Schleswig-Holstein
mit 10,3 Prozent sehr waldarm.
Forstleute haben eine sehr enge Bindung an ihren Beruf und
sehen ihren Beruf nicht als Job,
sondern als Berufung. Sie arbeiten und entscheiden eigenständig. Sie sind verantwortungsbewusst und stellen den
Gegenstand ihrer Arbeit, den
Wald, in den Mittelpunkt.
Außerdem denken Forstleute
langfristig. Daher ist es ihnen
nicht gleichgültig, in welchen
Strukturen und mit welchen
Aufgaben und Kompetenzen
sie in Zukunft arbeiten werden.
Trotz wirtschaftlicher Nutzung hat der Wald in den letzten
vier Jahrzehnten an insgesamt etwa 700 000 Hektar zugenommen. Dies ist vor allen Dingen auf die natürliche
Wiederbewaldung und auf die Aufforstung landwirtschaftlicher Brachflächen zurückzuführen. Die Zunahme
beschränkt sich allerdings auf ländliche Gebiete, denn in
Ballungsräumen gehen die Waldflächen aufgrund von
verschiedenen Bauvorhaben weiter zurück.
Dr. Heino Wolf,
BDF-Vorsitzender Sachsen
Elisa Wenske
Die Eigentumsverhältnisse des Waldes in Deutschland sind
wie folgt unterteilt: zwei Prozent Staatswald (Bund), drei
Prozent Treuhandwald, 20 Prozent Körperschaftswald,
27 Prozent Staatswald (Land) und 48 Prozent Privatwald.
Gegliedert nach Baumartengruppen besteht der Wald in
Deutschland zu 28,2 Prozent aus Fichten und 23,3 Prozent
aus Kiefern. Platz drei belegt die Buche mit 14,8 Prozent.
Das Schlusslicht bildet mit 1,5 Prozent die Tanne.
19
aktuell
Aktuell beabsichtigt die Sächsische Staatsregierung eine
Kommunalisierung von Teilaufgaben des Staatsbetriebes
Sachsenforst unter Abgabe
von rund 370 Beschäftigten
an die Landkreise des Freistaates. Bei dieser Reform
wird das Mitwirkungsrecht
der Betroffenen nur in äußerst eingeschränktem Rahmen gewährt. Fachliche Gesichtspunkte, die gegen eine
Kommunalisierung sprechen
und die durch eine Vielzahl
von forstlichen Verbänden,
Gewerkschaften und Interessenvertretungen angeschnitten wurden, stießen auf taube Ohren und werden ebenso
wie Fragen des fairen Personalübergangs dem politischen Ziel der Landkreisreform vollständig untergeordnet.
Die Gewerkschaften werden
darauf drängen, dass sich politische Prozesse an fachlichen
Notwendigkeiten orientieren
und sich die Politik nicht nur
an eingefahrenen Vorstellungen klammert, sondern die
Sorgen der Menschen ernst
nimmt.
In den letzten Jahren wurden über 10.000
Stellen in der Jugendarbeit gestrichen.
Ein Viertel der Jugend- und Freizeitangebote sind weggefallen!
Der Staat zieht sich aus seiner Verantwortung zurück.
Massiver Stellenabbau, drastische Haushaltskürzungen und Privatisierungswahn in den öffentlichen Diensten treffen alle Bürgerinnen und Bürger:
Bildung, Betreuung, Gesundheit, Pflege, Kultur, Sicherheit, Wasser,
Müllabfuhr, Nahverkehr...
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ÖFFENTLICHE DIENSTE SIND MEHRWERT
Initiative Öffentliche Dienste
> dbb magazin | Oktober 2007
dbb > fokus
Fünf Jahre nach dem Elbehochwasser:
Lehren gezogen od
Foto: Jan Brenner
brennpunkt
20
Der Schock saß tief. Als vor fünf Jahren – im August 2002 – die Elbe über ihre Ufer trat, war nicht
nur den Betroffenen in Sachsen, Sachsen-Anhalt,
Brandenburg und Niedersachsen schnell klar, dass
es sich um eine Jahrhundertkatastrophe handelte.
Die Bilder von menschlichen Dramen und verheerenden Sachschäden brannten sich bundesweit
ins kollektive Bewusstsein und gingen um die
Welt. Unvergessen ist auch die überwältigende
Einsatzbereitschaft und Solidarität von Bundeswehr, Polizei und Bundesgrenzschutz, Feuerwehren, THW und zahllosen Bürgern. Was ist seither
geschehen? Welche Lehren wurden aus dem Desaster gezogen? Ist die Region im Wiederholungsfall besser vorbereitet?
Die Meinungen darüber gehen
auseinander. Während die politisch Verantwortlichen zum
fünften Jahrestag der Jahrhundertflut eine positive Bilanz der
Maßnahmen zur Verbesserung
> dbb magazin | Oktober 2007
des Hochwasserschutzes ziehen, kommen Naturschützer zu
dem ernüchternden Schluss,
dass ein Großteil der 7,8 Milliarden Euro, die die Bundesregierung für die „nachhaltige Hoch-
wasservorsorge“ zur Verfügung
stellte, im wahrsten Sinne des
Wortes in den Sand gesetzt
wurden.
>
Dresden schöner
denn je
Wer in diesen Tagen Dresden
besucht, wird die Elbmetropole
schöner denn je finden. Daran,
dass vor fünf Jahren im Zwinger
das Hochwasser stand, der
Hauptbahnhof von einer Sturzflut heimgesucht wurde und
die Elbwiesen total überflutet
waren, erinnern bestenfalls
Hinweisschilder. Der Bahnhof
ist komplett saniert, auf den
Elbwiesen wachsen sogar Tomaten, deren Samen von der
Flut angeschwemmt worden
waren. Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt verweist
mit Stolz darauf, dass der Freistaat seit 2002 eine Hochwasserstrategie entwickelt hat,
„deren Komplexität und Umsetzungsstand in Deutschland einzigartig ist“. Das heißt im Klartext: Zum Wiederaufbau der
kommunalen Infrastruktur hat
Sachsen für 10 000 Projekte insgesamt 1,9 Milliarden Euro bereitgestellt. Eingerichtet wurde
ein Landeshochwasserzentrum
mit modernster Technik. Hier
kann Hochwasser über längere
Zeiträume hinweg vorhergesagt
werden. Meldewege und die länderübergreifende Zusammenarbeit – insbesondere mit Tschechien, das 2002 gleichfalls unter
der Naturgewalt zu leiden hatte
– wurden optimiert. In den sächsischen Talsperren und Speichern
sind zusätzliche Rückhalteräume
geschaffen worden – das bedeutet 25 Prozent mehr Aufnahmekapazität. Das Deichsicherungsprogramm wird fortgesetzt. Bis 2009 soll zudem ein
Zukunftsprojekt abgeschlossen
dbb > fokus
er Geld versenkt?
Nachdem sich das Wasser 2002
zurückgezogen hatte, war das
ganze Ausmaß der Schäden
sichtbar geworden. In Dresden,
so berichtete die regionale Presse, waren allein für die Reparatur von Straßen 150 Millionen
Euro nötig, für den Wiederaufbau von Sportstätten 43 Millionen, für Krankenhäuser 67 Millionen Euro. Heute ist die Beseitigung der Flutschäden fast abgeschlossen. Das betrifft zum Beispiel alle Schulen und Kindertagesstätten, nur an den Straßen
wird noch gearbeitet. Die Dresdner Kunstsammlungen, aus denen 2002 in einer dramatischen
Rettungsaktion fast 3 000 Gemälde vor den Fluten in Sicherheit gebracht wurden, bauen ein
hochwassersicheres Depot. Auch
das weltbekannte Symbol der
sächsischen Landeshauptstadt,
die wieder aufgebaute Frauenkirche, ist mit einem verbesserten System zur Grundwasserabsenkung ausgestattet worden.
>
Fördermittel
zweckentfremdet?
Aber es gibt auch kritische Stimmen. So beklagt Deutschlands
bekanntester TV-„Wetterfrosch“
Jörg Kachelmann zum Jahrestag
der Flutkatastrophe, dass neuerdings „permanente Unwetterwarnungen“die Menschen abstumpften. Wettervorhersagen
müssten noch zuverlässiger
werden, fordert er.
Prüfer des sächsischen Landesrechnungshofes deckten etliche
Fälle des Missbrauchs von Fluthilfegeldern auf – nicht zuletzt
eine Kehrseite der Behördenbemühungen, den Betroffenen
schnell und unbürokratische Hilfe zukommen zu lassen. Auch
wenn die weitaus meisten Hilfeempfänger zu Recht Geld und
Leistungen beanspruchten – es
gibt auch „schwarze Schafe“. In
einer eigens eingerichteten
„Phönix“-Datenbank erfassen
die Experten bis heute alle verteilten Hilfsgelder. Dass sie dennoch nur wenigen Sündern auf
die Spur kommen, hat auch datenschutzrechtliche Gründe.
Versicherungen geben ungern
oder gar nicht Auskunft darüber,
ob sie registrierten Spendenempfängern Schäden später
zusätzlich ersetzt haben.
Die Umweltstiftung World Wildlife Fund (WWF) ließ von Experten untersuchen, wie die 7,8
Milliarden Euro aus der Bundeskasse verwendet wurden. Deren
Bilanz ist ernüchternd. In der
WWF-Studie heißt es, mit den
Bundesmitteln seien fast ausschließlich alte Deiche repariert
oder erhöht worden. Dieses Verfahren beschleunige talwärts
fließendes Wasser. Die Folge: Für
stromabwärts liegende Orte
wachse die Hochwassergefahr.
Nur in wenigen Fällen sei geprüft worden, ob die vorhandene Deichlinie die richtige ist. Der
WWF erhob zudem teils schwere Vorwürfe gegen die Kommunen. Diese hätten teilweise lang
ersehnte, bis dahin nicht finanzierbare Projekte mithilfe der
Fördermittel zum Wiederaufbau
der Infrastruktur verwirklicht.
Beispiel Grimma. Nahe der sächsischen Stadt sei eine Straße
durch ein Landschaftsschutzgebiet gebaut worden, das von
dem Hochwasser vor fünf Jahren überhaupt nicht betroffen
war. Der Hauptvorwurf der Naturschutzorganisation lautet, es
gebe keine effektive Kontrolle
der Fluthilfe-Millionen.
Auch der Elbe-Experte des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND),
Ernst-Paul Dörfler, warnt davor,
sich nun in Sicherheit zu wiegen. Er hält die ergriffenen
Maßnahmen für „unzureichend
und zu einseitig technisch ausgerichtet“.
Nach seiner Einschätzung wäre
bei gleichem Wasseraufkommen der Pegelstand heute in
der Mittelelbe zwischen Dresden und Hamburg wesentlich
höher als 2002. Dörfler kritisiert, dass viel Geld für die Verstärkung und Erhöhung der
Dämme ausgegeben wurde,
„doch in die wichtigste Lehre,
die man aus den Überschwemmungen hätte ziehen müssen,
nämlich dem Fluss mehr Raum
zu geben, wurde kein Euro investiert“.
Der Präsident des Bundesumweltamtes, Andreas Troge, hält
dagegen. Bund und Länder hätten aus den Jahrhunderthochwassern an der Elbe vor fünf
und an der Oder vor zehn Jahren sehr wohl gelernt – das zeige das Hochwasserschutzgesetz, sagte Troge in einem Zeitungsinterview. Auch die EU habe eine Hochwasserrichtlinie
verabschiedet. „Und wer hätte
gedacht, dass ein so umfassendes Bauverbot in Überschwemmungsgebieten durchgesetzt
werden könnte?“, fragt Troge.
Auch die internationale Zusammenarbeit der Flussanrainer habe sich verbessert.
So oder so, fest steht, auch
wenn niemand weiß wann –
das nächste Hochwasser
kommt bestimmt. Oder wie es
die 84-jährige Käte Sobczinski
aus dem sächsischen Weesenstein sagt, die 2002 nur ihre Papiere retten konnte, als sie aus
ihrer Wohnung geholt wurde:
„Man weiß ja nie ...“
cok
> dbb magazin | Oktober 2007
21
brennpunkt
werden: Dresden soll dann
durch mobile Mauern geschützt
sein, die bei Hochwasseralarm
am Elbufer befestigt werden.
dbb > fokus
Personalentwicklung
– ein Dauerthema
Es gibt Themen, die – obwohl sie
immer wieder geänderten Rahmenbedingungen und aktuellen
Bedürfnissen angepasst werden
müssen – nichts von ihrer Aktualität verlieren.
Die dbb akademie war in diesem
Jahr bereits zum siebten Mal einem
solchen Thema auf der Spur: Personalentwicklung und Fortbildungskonzepte – so der Titel der Arbeits-
zentrale Ressource nicht optimal
auf die veränderten Rahmenbedingungen vorbereitet wird. Personalentwicklung ist bei Veränderungsprozessen unverzichtbar.“
Doch was muss Personalentwicklung leisten, um die aktuellen Anforderungen zu meistern? Mit dieser Frage ging Elke Holzrichter von
der KGSt mit ihrem Eröffnungsvortrag direkt in medias res.
>
demografischen Wandels für die öffentliche Verwaltung hingewiesen.
Die rigorosen Stellenstreichungen
der letzten Jahre haben fehlenden
Nachwuchs zur Folge. An wen sollen die Älteren ihr wertvolles Wissen weitergeben, bevor sie aus dem
aktiven Berufsleben ausscheiden?
Wie kann man für die künftig längere Lebensarbeitszeit Gesundheitsvorsorge betreiben? Wie bleibt
der öffentliche Dienst als Arbeitgeber in kommenden Zeiten attraktiv? Viele Fragen, auf die Antworten
gesucht werden müssen.
>
akademie
22
>
Das Podium von links: Hans-Joachim Rieger, Abteilungsleiter dbb akademie, Elke Holzrichter, Leiterin Programmbereich Personalmanagement der KGSt, Heinz Ossenkamp, Vorsitzender dbb akademie und
stellv. Bundesvorsitzender des dbb.
tagung, die am 6. September im
dbb forum berlin stattfand.
Die Anforderungen an die Beschäftigten in der modernen Arbeitswelt
verändern sich stetig. Inhalte, Arbeitsmittel, Strukturen, Organisationsformen – nichts ist mehr so
wie es einmal war und vieles wird
nicht so bleiben, wie es jetzt ist.
Herausforderungen kann derjenige
meistern, der im guten Sinne auf
sie vorbereitet wird. Diesem Anspruch muss moderne Personalentwicklung gerecht werden.
>
Personalentwicklung in
Veränderungsprozessen
unverzichtbar
Für dieses Anliegen setzte sich
Heinz Ossenkamp, Vorsitzender der
dbb akademie und stellv. Vorsitzender des dbb beamtenbund und tarifunion, in seinen Eröffnungsworten vehement ein: „Der öffentliche
Dienst muss in seine Beschäftigten
investieren, um Veränderungsprozesse erfolgreich bewältigen zu
können. Alle Bemühungen bleiben
erfolglos, wenn das Personal als die
> dbb magazin | Oktober 2007
„Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
suchen heute stärker nach der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit, nach Bestätigung und nach Gestaltungsmöglichkeiten“, führte Elke Holzrichter
aus. „Sie versuchen auch eine befriedigende Verbindung zwischen
Beruf und Familie zu erreichen.“
Auf diese Bedürfnisse muss Personalentwicklung mit Instrumenten
und Maßnahmen der Personalentwicklung reagieren. Dazu gehören
Mitarbeitergespräche ebenso wie
Fortbildungsmöglichkeiten, flexible
Arbeitszeiten und -formen, Projektund Teamarbeit, Qualitätszirkel,
Führungskräfte-Feedback, Leistungsanreize und eine weit reichende Beteiligung bei Veränderungsprozessen.
>
Personalentwicklung
und demografischer
Wandel
In den einzelnen Arbeitsgruppen
wurde das Thema Personalentwicklung in seinen unterschiedlichsten
Facetten behandelt. Von vielen Referentinnen und Referenten wurde
auf die dramatischen Folgen des
Volles Haus – die Tagung war wie schon in den vergangenen Jahren
ausgebucht.
Was machen die
Anderen?
Einen Blick über den Tellerrand ermöglichte der Schlussvortrag von
Margret Lammert von der Verwaltungsakademie des Bundes aus
Wien. Ein Einblick in die berufsbegleitende Aus- und Weiterbildung
in der österreichischen Bundesverwaltung ließ interessante Vergleiche zu. Personalentwicklung spielt
hier eine entscheidende Rolle, auch
>
als Wegbereiter für ein leistungsfähiges eGovernment.
>
Fazit
Die Tagung brachte insgesamt vielseitige Meinungsbilder. Einig waren
sich die Referentinnen und Referenten in ihrer Einschätzung, dass Personalentwicklung eine originäre
Führungsaufgabe ist. Darüber hinaus müssen Personal- und Organisationsentwicklung eng miteinander verzahnt sein.
Es bleibt spannend: Auch im nächsten Jahr wird es neue Themenfelder
geben, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden sollten. Der
nächste Termin steht – am 9. September 2008 setzen wir die Tagungsreihe in Berlin fort. Unsere
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hält Sie über das Jahr auf dem Laufenden.
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dbb > fokus
Politische Bildung: China und Indien auf dem Weg ins 21. Jahrhundert
Nach zwei Jahrhunderten der Vorherrschaft des Westens beginnen die asiatischen Giganten China
und Indien, sich unter die führenden Länder der zukünftigen Welt einzureihen. Der beispiellose Aufstieg Chinas und auch Indiens zu Wirtschaftsmächten ersten Ranges fasziniert und erschreckt
gleichermaßen: Die wirtschaftlichen Möglichkeiten sind enorm, die sozialen Ungleichgewichte und
ökologischen Belastungen dieses rasanten Wachstums jedoch auch. Zudem produziert die globale
Ressourcensicherung der neuen und alten Mächte häufig ohne Rücksicht auf menschenrechtliche
oder ökologische Bedenken auch außenpolitische Konflikte.
Wohin führt der Weg der beiden ältesten Kulturnationen der Welt? Welche zeithistorischen Entwicklungen bestimmen ihre heutige Ordnung und wie stellen sich realistisch betrachtet die Zukunftsperspektiven dieser Staaten dar? Wie sollen Deutschland und Europa auf internationalem
Parkett diesen Staaten begegnen?
Nach dem großen Teilnehmererfolg von 2007 bietet die dbb akademie auch 2008 zwei Seminare
zum Thema an:
Indien – die größte Demokratie der Welt
(Q 01mo/08) vom 31. März bis 3. April 2008
China – eine neue Herausforderung für Europa
(Q 04mo/08) vom 6. Mai bis 9. Mai 2008
Beide Seminare werden im dbb forum siebengebirge in Königswinter durchgeführt. Die Kosten
(inklusive Ü/VP) betragen 160 Euro für dbb Mitglieder und 200 Euro für Nichtmitglieder.
23
akademie
Nähere Auskünfte erhalten Sie bei:
Margret Odijk, Telefon 0228 / 81 93 137, E-Mail: [email protected]
> dbb magazin | Oktober 2007
dbb > fokus
Fünf Jahre nach der Flutkatastrophe in Sachsen:
Besser gewappnet denn je
Fortgeschwemmte Häuser und Straßen, der Dresdner Zwinger unter Wasser: Die Flut, die vor fünf Jahren weite Teile Ostdeutschlands und Bayerns heimsuchte, hat sich vor allem den Sachsen tief ins Gedächtnis eingegraben – ebenso wie die bundesweite
Hilfswelle, die damals angelaufen ist. Vieles hat sich
seitdem geändert.
die andere meinung
24
Die heftigsten Regenfälle seit Beginn der Wetteraufzeichnungen
im Jahr 1896 hatten einen immensen Schaden angerichtet.
Allein in Sachsen, dem am stärksten betroffenen Bundesland,
zerstörten die Wassermassen
nach offiziellen Schätzungen
Häuser, Straßen und Brücken
sowie das Eigentum von Firmen
und Privatleuten im Wert von
6,21 Milliarden Euro. 20 Menschen fanden in den Fluten den
Tod.
Was damals im Sommer 2002
anlief, war eine gigantische Hilfsaktion: 40 000 Helfer aus ganz
Deutschland waren in Sachsen
im Einsatz, um Menschen und
deren Hab und Gut zu retten.
Auch sonst konnte sich gerade
Sachsen über die Hilfe von Bund,
Ländern und Europäischer Union
nicht beklagen. Für den Freistaat
war es dabei zweifellos ein
Glücksfall, dass sich Deutschland
damals mitten im Bundestagswahlkampf befand und kein Politiker sich vorwerfen lassen wollte, nicht genügend Finanzmittel
zur Verfügung zu stellen.
Der damalige Bundeskanzler
Gerhard Schröder erkannte die
Zeichen der Zeit als erster und
schnürte innerhalb kürzester Zeit
ein nationales Hilfspaket: Die
Bundesregierung stellte für den
Wiederaufbau der Infrastruktur
mehr als sieben Milliarden Euro
für die acht Bundesländer zur
Verfügung, die damals von Hochwasser betroffen waren. Mit 4,82
Milliarden Euro ging der größte
Teil davon an das Land Sachsen.
> dbb magazin | Oktober 2007
Die politischen Analysen zeigten
dann später, dass neben Schröders Ablehnung des Irakkrieges
auch sein Engagement während
der Flutkatastrophe wesentlich
zum rot-grünen Sieg bei der
Bundestagswahl im September
2002 beigetragen hatte. Aber
auch für den sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt
(CDU) waren die politischen Folgen der Flut durchaus positiv:
Erst seit Mai 2002 als Nachfolger
von Kurt Biedenkopf im Amt, bescherte ihm der beherzte Einsatz
gegen das Hochwasser innerhalb
kurzer Zeit einen großen Popularitätsgewinn.
Vor allem aber handelte es sich
bei dem nationalen Hilfspaket
um ein gigantisches Wirtschaftsprogramm für Sachsen: Fast fünf
Milliarden Euro flossen innerhalb
weniger Jahre in die Wirtschaft,
um Häuser, Straßen, Brücken und
Eisenbahngleise wieder aufzubauen und die Infrastruktur zu
modernisieren. Sicher: Das nationale Hilfsprogramm für die Flut
ist nicht die Grundlage dafür,
dass Sachsen heute bundesweit
mit die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung aufweist und wirtschaftlich gesehen als ostdeutsches Musterland dasteht. Doch
hat es diese Entwicklung zumindest gefördert.
Heute sind die meisten Schäden
der Jahrhundertflut beseitigt.
Wer es damals nicht selbst miterlebt hat, kann sich kaum noch
das ganze Ausmaß der Katastrophe vorstellen: Viele Touristen in
der Sächsischen Schweiz stehen
>
Info
Der Autor ist Ressortleiter für
Politik und Sachsen der Sächsischen Zeitung in Dresden.
Zuvor arbeitete er unter anderem für die Tageszeitung
Die Welt in Berlin und die
Stuttgarter Nachrichten.
heute fassungslos vor den zahlreichen Hochwassermarken, die
an zahlreichen Gebäuden den
Höchststand der Elbe im August
2002 anzeigen.
Das meiste Geld ist bei den Betroffenen auch angekommen.
Der Missbrauch von Fördergeldern kam zwar vor, blieb jedoch
die Ausnahme: Die Sächsische
Aufbaubank forderte 139 Millionen Euro von Unternehmen und
Wohneigentümern zurück. In 82
Fällen stellte die Bank Strafanzeige – bei einer Gesamtzahl von
rund 73 000 Anträgen auf Fluthilfe ist diese Zahl verschwindend
gering.
Fünf Jahre danach stellt sich aber
vor allem die Frage: Hat Sachsen
jenseits des gelungenen Wiederaufbaus eigentlich die richtigen
Lehren aus der Katastrophe gezogen? Ein Teil der Zerstörungen
war schließlich selbst verschuldet. Im Bauboom nach der
Wiedervereinigung hatten viele
Kommunen Neubauten in Überschwemmungsgebieten zugelassen. Mit am schlimmsten traf es
Röderau-Süd bei Riesa: Eine ganze Siedlung in dem Hochwasser-
gebiet an der Elbe stand unter
Wasser. Die Konsequenzen waren
hart: Alle Einwohner mussten
umziehen. Heute befindet sich in
Röderau-Süd kein einziges Haus
mehr. Eine ganze Ortschaft ist
verschwunden.
Nicht überall fielen die Maßnahmen für einen besseren Hochwasserschutz so tiefgreifend aus.
Doch der Freistaat Sachsen setzte
ab 2002 konsequent ein Hochwasserschutzkonzept um. Zahlreiche Regenrückhaltebecken
wurden ausgebaut oder neu errichtet. Insgesamt wies die Landesregierung 332 Überschwemmungsgebiete aus. Die Bauvorschriften für gefährdete Gebiete
wurden deutlich verschärft, der
Deichschutz verstärkt. Auch die
Zusammenarbeit mit Tschechien
wurde verbessert: Informationen
über die Pegelstände der Elbe aus
dem Nachbarland sollen noch
schneller übermittelt werden, um
die Vorhersagen für Sachsen genauer treffen zu können.
Vielen Naturschützern geht der
Hochwasserschutz allerdings
nach wie vor nicht weit genug –
sie fordern ein noch rigoroseres
Bauverbot in gefährdeten Gebieten. Doch insgesamt ist Sachsen
für künftige Flutkatastrophen
besser gewappnet denn je. Eine
Lehre aus der Flut 2002 lautet jedoch: Die Gewalt der Natur kann
auch die besten Schutzmaßnahmen der Menschen bezwingen.
Dieter Schütz
dbb > fokus
Mittelinstanzen:
Reorganisation in vollem Gange
waltungsreform wurden 350
Sonderbehörden aufgelöst und
die Aufgaben und Beschäftigten in die allgemeinen Verwaltungsbehörden integriert, zu
denen die Regierungspräsidien
sowie die Landratsämter und
Bürgermeisterämter der Stadtkreise gehören. Nach wie vor
ist der dreistufige Verwaltungsaufbau das tragende
Ursprünglich gab es die Bezirksregierungen beziehungsweise Regierungspräsidien in
acht der sechzehn Bundesländer. Bremen, Berlin, Hamburg,
das Saarland, Schleswig-Holstein besaßen auf Grund ihrer
Funktion als Stadtstaat beziehungsweise kleinerer Flächenstaat nie diese Instanz, Brandenburg und MecklenburgVorpommern entschieden sich
nach der Wiedervereinigung
für einen zweistufigen Verwaltungsaufbau, und Thüringen
bündelte die Funktionen der
Mittelebene in einem Landesverwaltungsamt.
In den übrigen Ländern wurde
in den vergangenen Jahren die
Daseinsberechtigung beziehungsweise die Organisation
der Mittelbehörden immer
wieder intensiv diskutiert. Im
Mittelpunkt standen insbesondere die Fragen, inwieweit die
Regierungspräsidien beziehungsweise Bezirksregierungen noch zeitgemäß sind, oder
inwieweit eine Verlagerung
von deren Aufgaben auf die
Ministerialebene nach oben
beziehungsweise auf die kommunale Ebene nach unten
nicht effektiver und effizienter
sei. In der Folge gab lediglich
Niedersachsen seine Mittelinstanz auf. Die übrigen Länder
Baden-Württemberg, Bayern,
Hessen, Nordrhein-Westfalen,
2. Juni 2005 die Neuorganisation der Bezirksregierungen
beschlossen, die zum 1. Januar
2006 in Kraft getreten ist. Anstelle von acht Abteilungen
mit über 40 Sachgebieten gibt
es jetzt fünf Bereiche mit in
der Regel knapp über 30 Sachgebieten. Unmittelbar bei den
Bezirksregierungen angesiedelt sind die Stabsstellen „Verwaltungsmanagement“ und
„Verwaltungssteuerung“. Die
damit verbundene Straffung
der Verfahrensabläufe ermöglicht eine schnellere und effektivere Aufgabenerledigung,
wobei die Bündelungsfunktion
bestehen bleibt.
Bereits zum 1. Januar 2005
wurden die Gewerbeaufsichtsämter an die Bezirksregierungen angegliedert. Aufgelöst
wurden dagegen zum 1. Juli
2005 die Landwirtschaftsabteilungen. In der Sozialverwaltung haben die Bezirksregierungen mit den Integrationsund Ausgleichsstellen Aufgaben an das neue Zentrum für
Familie und Soziales abgegeben.
>
Düsseldorf, Landtag, Fernsehturm
Rheinland-Pfalz, Sachsen und
Sachsen-Anhalt behielten die
Mittelinstanz zwar bei, reformierten sie jedoch umfassend.
Das Land Baden-Württemberg
hat mit der zum 1. Januar
2005 in Kraft tretenden Verwaltungsreform die Bündelungsfunktion der vier Regierungspräsidien Stuttgart,
Karlsruhe, Tübingen und Freiburg gestärkt. Im Zuge der Ver-
Strukturelement der badenwürttembergischen Landesverwaltung.
Im Freistaat Bayern haben die
sieben Bezirksregierungen
Niederbayern, Oberbayern,
Mittelfranken, Unterfranken,
Oberpfalz und Schwaben im
Zuge der Verwaltungsreform
neue Aufgabenfelder hinzubekommen. Die Bayerische
Staatsregierung hatte dazu am
Die genannten Reformen, ein
Aufgabenabbau und weitere
Delegationen sollen bei den
Bezirksregierungen bis zum
Jahr 2018 den Abbau von insgesamt 1 000 Planstellen ermöglichen. Das sind 25 Prozent des Personalstands des
Jahres 2005.
Die Funktion der Mittelinstanz
wird in Hessen durch die drei
Regierungspräsidien in Darmstadt, Gießen und Kassel wahrgenommen. Im Rahmen der
„Operation Sichere Zukunft“
haben die Regierungspräsidenten ein umfassendes Gesamtkonzept vorgelegt, in dem sie
Vorschläge für eine Aufgaben-
> dbb magazin | Oktober 2007
25
verwaltungsmodernisierung
Die Mittelinstanz bildet im föderalen Verwaltungsaufbau der Bundesländer die Schnittstelle
zwischen den Landesministerien und den Vollzugsbehörden vor Ort. Zu ihr gehören unter anderem die Bezirksregierungen/Regierungspräsidien, Landesämter und Landesbetriebe. Der Beitrag konzentriert sich im Folgenden auf die Entwicklung der Regierungspräsidien und Bezirksregierungen in den Ländern.
dbb > fokus
nen fungieren mit dem
Schwerpunkt der Aufsicht und
Bündelung. Alle Aufgaben der
derzeitigen Regierungspräsidien, die außerhalb dieses Aufgabenspektrums liegen, werden den Landkreisen und kreisfreien Städten übertragen.
>
verwaltungsmodernisierung
26
München, Liebfrauenkirche
reduzierung und Neuorganisation der Regierungspräsidien
gemacht haben. Die Landesregierung hat am 22. Dezember
2003 mit Kabinettbeschluss
die Regierungspräsidenten beauftragt, die Aufgabenreduzierung und Neuorganisation auf
der Basis ihrer Vorschläge mit
gewissen Änderungen durchzuführen. Durch Wegfall und
reduzierter Aufgabenwahrnehmung, aber auch durch Privatisierung und Synergieeffekte
sowie durch die Verlagerung
von Aufgaben konzentrieren
sich die Regierungspräsidien
verstärkt auf ihre Kernaufgaben.
In Nordrhein-Westfalen gibt es
derzeit die fünf Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold,
Düsseldorf, Köln und Münster.
Nach Vorstellung der Landesregierung sollen diese langfristig
in die drei Regionalverwaltungen Rheinland, Westfalen und
Ruhrgebiet aufgehen. Der Koalitionsvertrag sieht die geplante Zusammenführung für die
Mitte der nächsten Legislaturperiode vor. Bereits zum 1. Januar 2007 wurden durch ein
„Gesetz zur Straffung der
Behördenstruktur in NRW“
38 Behörden aufgelöst beziehungsweise in die bereits vorhandenen Behörden eingegliedert. Diese bis zur Neuordnung
der Mittelbehörden entschiedene Umstrukturierung wurde
vorgenommen, da die Zentral-
> dbb magazin | Oktober 2007
abteilungen der Bezirksregierungen die Aufgaben der Bündelungsorganisation wesentlich effektiver und effizienter
erfüllen können. Zudem führte
die nordrhein-westfälische
Landesregierung eine Aufgabenkritik durch. Langfristig sollen alle Aufgaben, die nicht
dauerhaft bei den Bezirksregierungen verbleiben sollen,
aus der Organisation herausgelöst werden. Bereits heute
sind erste Ergebnisse sichtbar.
So wurde den Bezirksregierungen die Zuständigkeit für die
Autobahnpolizei entzogen und
auf die dem Innenministerium
direkt unterstellten Polizeipräsidien Bielefeld, Dortmund,
Düsseldorf, Köln und Münster
übertragen. Auch die Versorgungsverwaltung (zum Beispiel Elterngeldbetreuung)
wurde aufgelöst beziehungsweise kommunalisiert.
Der Freistaat Sachsen ist in die
drei Regierungspräsidien
Chemnitz, Dresden und Leipzig
aufgeteilt. Durch das sächsische Verwaltungsmodernisierungsgesetz von 2004 wurde
der Verwaltungsaufbau gestrafft und zahlreiche Aufgaben auf die kommunale Ebene
übertragen. Nach dem Abschluss der Aufgabenkritik im
Jahr 2006 wurde auch die Neustrukturierung der Mittelinstanzen in Angriff genommen.
Die Regierungspräsidien sollen
zukünftig als Landesdirektio-
Sachsen-Anhalt legte den
Grundstein für eine neue
Mittelinstanz am 27. Februar
2003. Mit der Verabschiedung
des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes wurden die bis dahin existierenden drei Regierungspräsidien
Magdeburg, Halle (Saale) und
Dessau sowie 22 Sonderbehörden zum 31. Dezember 2003
aufgelöst. Im Gegenzug wurde
zum 1. Januar 2004 das Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt errichtet.
Hauptsitz des Landesverwaltungsamtes ist Halle (Saale).
Außenstellen gibt es in Dessau
und in Magdeburg. Mit circa
2 350 Mitarbeitern ist das Landesverwaltungsamt Bindeglied
zwischen der Landesregierung
und der kommunalen Ebene.
Insgesamt sind die Beschäftigten für die Erfüllung von über
1 000 Aufgaben zuständig.
Durch die Kreisgebietsreform
2007 wurde die Aufsichtsspanne für das Landesverwaltungsamt verringert.
Rheinland-Pfalz hat zum 1. Januar 2000 die Bezirksregierungen Neustadt, Trier und Kob-
>
Stuttgart, Lustschloss
lenz aufgelöst. An ihre Stelle
traten die Struktur- und Genehmigungsdirektionen. Als
obere Behörde unterscheiden
sie sich von der Struktur der
ursprünglichen Bezirksregierungen dadurch, dass ihnen
Aufgaben funktional zugeordnet wurden.
In Rheinland-Pfalz bestehen
derzeit zwei Struktur- und Genehmigungsdirektionen. Die
Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord mit Sitz in Koblenz und die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in
Neustadt an der Weinstraße
sind im Wesentlichen zuständig für die Umwelt-, Gewerbeaufsichts- und Bauverwaltung
sowie für Raumordnung. Zudem wurden die sechs staatlichen Ämter für Wasser- und
Abfallwirtschaft und die fünf
staatlichen Gewerbeaufsichtsämter in die Struktur- und Genehmigungsdirektionen integriert. Im Gegensatz zur Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd erhält die Strukturund Genehmigungsdirektion
Nord jedoch zusätzlich die landesweite Zuständigkeit für
gentechnische Genehmigungsverfahren und für das
Forstwesen.
Neu eingerichtet wurde im
Zuge der Verwaltungsstrukturreform das Landesuntersuchungsamt. Dort werden
durch die Konzentration von
dbb > fokus
risch gewachsene Strukturen
und landsmannschaftliche
Besonderheiten (wie zum Beispiel in Baden-Württemberg,
Bayern) wider und es wird ihnen teilweise auch eine regionalpolitische Funktion zugewiesen.
>
Die bevorstehende Umsetzung
der EU-Dienstleistungsrichtlinie
wird dazu beitragen, die Diskussion um das Vorhandensein, die
Aufgabenzuordnung und die Zusammenarbeit verschiedener
Ebenen neu zu beleben.
Katja Brenner – Armin Liebig
Info
Ver waltungsmodernisierung im Focus akademischer
Forschung:
Die WiDuT an der FÖV in Speyer
Dresden, Semperoper
naturwissenschaftlichen und
technischen Aufgaben erhebliche Synergieeffekte erzielt.
In den bisher im Bericht behandelten Ländern BadenWürttemberg, Bayern, Hessen,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind die Mittelinstanzen trotz Reformprozesse
(vorerst) geblieben. Anders
sieht die Situation in Niedersachsen aus. Dort wurde die
Mittelinstanz im Zuge der Verwaltungsreform abgeschafft.
Das Land Niedersachsen besaß
ursprünglich die vier Bezirksregierungen Braunschweig, Hannover, Lüneburg und WeserEms. Mit der Auflösung der Bezirksregierungen hat Niedersachsen den dreistufigen Verwaltungsaufbau zugunsten eines zweistufigen Verwaltungsaufbaus aufgegeben. Dafür
hat das Land zum 1. Januar
2005 vier Regierungsvertretungen an den Standorten
Braunschweig, Hannover, Lüneburg und Oldenburg eingerichtet. Organisatorisch sind
sie Referate des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres
und Sport. In den Regierungsvertretungen werden von der
Staatskanzlei sowie von den
jeweils fachlich zuständigen
Ministerien Aufgaben in eigener Verantwortung erfüllt. Die
Kommunen stehen unter einer
Vertrauensaufsicht und kön-
nen nun viele Aufgaben wie eine Hauptsatzungsänderung
oder die Ausweisung von Naturschutzgebieten selbst
durchführen.
Die Reorganisation der Mittelinstanzen bleibt ein zentrales
Thema bei der Durchführung
einer umfassenden Verwaltungsmodernisierung. Dabei
steht auch die Frage des Verhältnisses der staatlichen Behörden zu den höheren Kommunalverbänden (zum Beispiel
Landschaftsverbände, Bezirke)
in der Diskussion.
Die Autoren sind Forschungsreferenten der Wissenschaftlichen Dokumentations- und Transferstelle für Verwaltungsmodernisierung in den Ländern (WiDuT) am Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung
Speyer (FÖV). WiDuT wurde 1996 gegründet und hat sich
seitdem als zentrale Dokumentations- und Service-Einrichtung etabliert. Weitere Informationen im Internet unter
http://www.foev-speyer.de/widut . E-Mail-Kontakt:
[email protected] bzw.: [email protected].
27
verwaltungsmodernisierung
>
Gegner der Mittelinstanzen
verweisen auf die fehlende unmittelbare demokratische
Legitimation und fordern den
Abbau von Ebenen in einer europäischen Mehr-Ebenen-Verwaltung sowie mehr Bürgernähe und Bürokratieabbau.
Wie in dem Bericht deutlich
wurde, hat sich bis auf Niedersachsen die Mehrzahl der Länder mit schon bestehender
Mittelinstanz für deren Beibehaltung entschieden. Die
Gründe hierfür waren insbesondere die Vorteile einer Bündelungsfunktion einschließlich
der Integration von Sonderbehörden, die etwa bei komplexen Genehmigungsverfahren
eine Rolle spielen, sowie als
Mittler zwischen Landesregierung und kommunaler Ebene.
Zudem spiegeln sich in den
Mittelinstanzen auch histo-
> dbb magazin | Oktober 2007
dbb > fokus
Friedrich-Loeffler-Institut zur Vogelgrippe:
Virus bleibt hochgefährlich
dbb magazin: Wie schätzen
nachgefragt
28
Ihre Experten vom FriedrichLoeffler-Institut die Gefahr eines
weiteren Übergreifens des auch
für den Menschen gefährlichen
Erregers H5N1 auf Nutzgeflügelbestände ein?
Mettenleiter: Wir gehen
nach wie vor von einem hohen
Risiko für den Eintrag des Virus
in Nutzgeflügelbestände aus.
Die Nachweise von hochpathogenem H5N1 Typ Asia bei Wildvögeln in Tschechien, Bayern,
Thüringen, Sachsen-Anhalt und
auch in Frankreich ab Ende Juni
waren Warnzeichen, dass das
Virus noch da ist. Nach den bisherigen Ausbrüchen bei Nutz-
geflügel in Thüringen und jetzt
in Bayern können wir derzeit
weitere Fälle nicht ausschließen.
dbb magazin: Seit dem ersten
Nachweis des hochpathogenen
Virus im Februar 2006 wurden in
Deutschland rund 700 bestätigte
Infektionen bei Wildvögeln entdeckt (2006: 344; 2007 bis Ende
August: 328). Reichen die bislang
praktizierten Präventivmaßnahmen auch weiterhin aus?
Mettenleiter: Der Schutz des
Nutzgeflügels vor dem Kontakt
zu Wildvögeln und die konsequente Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen in den
Haltungen bieten aus Sicht des
Friedrich-Loeffler-Instituts den
schleppung beträchtlich, eine
hundertprozentige Sicherheit gewähren sie aber nicht.
Fotos: FLI
Durch die größte Keulungsaktion in der Geschichte
der Bundesrepublik, bei der rund 205 000 Enten in
zwei bayerischen Mastbetrieben getötet werden
mussten, ist das Thema Vogelgrippe leider wieder
brennend aktuell. Das dbb magazin hat beim Friedrich-Loeffler-Institut (FLI, siehe auch Reportage im
dbb magazin 4/2006) nachgefragt, wie die Fachleute die Situation einschätzen und was der Normalbürger beachten sollte. Antwort gibt der Präsident des FLI, Professor Thomas C. Mettenleiter.
>
Prof. Thomas C. Mettenleiter
besten Schutz. Die Kontakte zu
Wildvögeln werden mit der risikobasierten Aufstallung von
Nutzgeflügel minimiert. Die
Bundesländer setzen diese
Schutzmaßnahme um. Besonders wichtig ist aber die Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen wie die sachgemäße
Lagerung von Einstreu und Futter, sodass Wildvögel keinen Zugang haben, oder der Wechsel
beziehungsweise die Desinfektion des Schuhwerks vor Betreten der Stallungen. Dies gilt vor
allem für Haltungen in Risikogebieten. Diese Maßnahmen verringern das Risiko einer Virusein-
dbb magazin: Das RobertKoch-Institut und die Weltgesundheitsorganisation sprechen davon, „dass das Pandemierisiko
nach wie vor so hoch ist wie seit
Jahrzehnten nicht“. Weltweit sind
bislang mehr als 300 Personen
nach engem Kontakt zu infiziertem Geflügel erkrankt, die weitaus meisten davon in Südostasien.
Wie sieht die internationale Zusammenarbeit des FLI aus und
wie kann die Einschleppung des
Virus über die Außengrenzen
wirksam verhindert werden?
Mettenleiter: Das FLI arbeitet
international in verschiedenen
Richtungen. Neben der Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen im Ausland entsendet das Institut die Mitarbeiter seiner epidemiologischen Einsatzgruppe vor allem in afrikanische Länder, in denen die Geflügelpest aufgetreten ist. Dort
wird unter anderem veterinärmedizinisches Personal in der
Diagnostik geschult, um vor Ort
Untersuchungen durchführen zu
können. Darüber hinaus ist das
FLI auch im Rahmen der Welternährungsorganisation FAO und
der Weltorganisation für Tiergesundheit OIE tätig. Für Geflügel
und Geflügelprodukte gelten
strenge Einfuhrrichtlinien und
Kontrollen, die von allen EU-Mitgliedsstaaten genauestens eingehalten werden. Wichtig ist
aber auch das verantwortungsbewusste Handeln von Reisenden, denn Tierseuchenerreger
können auch über Rohprodukte
im Reisegepäck eingeschleppt
werden. Dies gilt nicht nur für
Geflügelpest, sondern auch für
andere Tierseuchen wie Schweinepest oder Maul- und Klauenseuche.
> dbb magazin | Oktober 2007
dbb > spezial
Transparenzinitiative
im EU-Entscheidungsprozess:
Europa glasklar
Zugang verweigert? Diese Meldung kommt,
wenn Sie Ihr Passwort am PC vergessen haben.
Und: „Nein, diese Information geben wir nicht
heraus“; diese Antwort kam noch vor 15 Jahren,
sind Bürger mit ihren Anfragen an die Institutionen der EU herangetreten. Dabei geht es um
nicht weniger als den Zugang zu Europa. Doch
das ist lange vorbei. Seit fünf Jahren sorgt eine
Verordnung für den verbesserten Zugang der
Öffentlichkeit zu Dokumenten der EU, und jetzt
mahnt die EU-Kommission noch größere Transparenz in den Entscheidungsprozessen an: Glasklar soll Europa für die Bürger werden.
Jeder einzelne Bürger hat das
Recht, sich über das politische
und administrative Geschehen
> dbb magazin | Oktober 2007
der EU ausführlich zu informieren. Die drei europäischen Organe – die EU-Kommission, der
Ministerrat und das Europäische Parlament – haben sich
schon 2001 auf ein Vorgehen
festgelegt, das allen Interessierten umfassenden Zugang zu
Dokumenten der EU verschafft.
Seit ihrem Amtsantritt macht
sich auch die Vizepräsidentin
der EU-Kommission, Margot
Wallström, für eine offene Verwaltung stark: „Der Zugang zu
Dokumenten ist ein wichtiges
Bürgerrecht. Nur so kann ein
lebhafter und facettenreicher
Meinungsbildungsprozess angeregt werden.“
Die nach der Ablehnung des
Verfassungsvertrages spürbare
Vertrauenskrise war für die EUKommission ein weiterer
Grund, das Thema Offenheit
und Transparenz an oberste
Stelle zu setzen. Mit der 2005
ins Leben gerufenen Europäischen Transparenzinitiative und
dem sogenannten „Plan D“ für
Demokratie, Dialog und Diskussion hat sich die EU-Kommission ganz und gar der Offenheit
und Bürgernähe verschrieben.
EU-Kommissionspräsident José
Manuel Barroso bekräftigt
„mehr Transparenz und eine
größere Verantwortlichkeit
gegenüber der Öffentlichkeit,
wenn wir an der Legitimität
des Entscheidungsprozesses
festhalten wollen“. Sein Resümee: „Wer Vertrauen ernten
will, der muss zuerst Vertrauen
säen“.
>
Jeder Bürger hat
Zugang zu
EU-Dokumenten
Genau hier setzt die Verordnung zum Zugang zu Dokumenten an. Sie ermöglicht jedem Bürger den Zugang zu allen in der EU-Kommission vorhandenen Information, auch
zu solchen Dokumenten, die
von den Mitgliedsstaaten oder
>
Foto: Jan Brenner
europa
30
Noch vor 15 Jahren waren die
EU-Organe allzu zögerlich bei
der Herausgabe von Dokumenten. Das hat in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt,
Brüssel sei ein Verwaltungsdschungel, und wichtige Entscheidungen fänden hinter verschlossenen Türen statt. Doch
das ist lange her. Denn der
Maastrichter Unionsvertrag von
1991 hat den Grundsatz der
Transparenz zum Prinzip für die
EU gemacht. Und seit nunmehr
fünf Jahren regelt eine Verordnung den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der EU.
Letzteren will die EU-Kommission jetzt verbessern und hatte
eine breit angelegte Debatte
gestartet. Das Ziel: Eine transparente Verwaltung, das Recht
auf Information, mehr Offenheit und ein demokratisches
und bürgernahes Europa. Denn
davon ist die EU-Kommission
überzeugt: Ein funktionierender Meinungsbildungsprozess
und „ein Europa der Bürger“
sind untrennbar mit dem Zugang zu Informationen verbunden.
anderen nicht-institutionellen
Akteuren an die EU-Kommission
übermittelt wurden. Ausnahmen gibt es nur dort, wo Sicherheitsinteressen oder Rechte von
Privatpersonen und Unternehmen betroffen sind. In der Regel
werden jedoch zwei Drittel aller
Anfragen positiv beantwortet.
Abgelehnte Anfragen müssen
darüber hinaus begründet werden. Und dann steht den Bürgern immer noch die Möglichkeit offen, sich direkt an den europäischen Ombudsmann oder
den Europäischen Gerichtshof
(EuGH) zu wenden.
In diesem Zusammenhang wurde 2002 ein Register auf der
Internet-Seite der EU-Kommission eingerichtet, das mittler-
Info
Der Autor (Jahrgang 1954) ist seit Anfang 2004 Leiter der Vertretung der
Europäischen Kommission in
Deutschland. Er ist seit 1984 in wechselnden Positionen für die EU-Kommission tätig. Vor seinem Wechsel
nach Berlin war Dr. Gerhard Sabathil
in Oslo Botschafter der EU-Kommission für Norwegen und Island, zuvor in
Brüssel Referatsleiter für die westlichen Balkanländer. In der Delegation der EU-Kommission in Prag hatte er von 1992 bis 1996
die Position eines Botschaftsrats inne. Seit 1996 ist Dr. Gerhard
Sabathil zudem Gastprofessor an der Prager Universität.
dbb > spezial
weile über 80000 Dokumente
enthält. Es handelt sich um den
„acquis communautaire“,
den vollständigen Besitzstand
der EU.
Über die eigentlichen Gesetzestexte hinaus will die EU-Kommission zukünftig noch mehr Informationen einstellen, sodass
Bürger nicht erst anfragen müssen, bevor sie an das gewünschte Dokument kommen. Letzteres muss nicht ausschließlich
Gesetzestexte und Vorschläge
betreffen. Häufig handelt es sich
um Mitteilungen, Studien, Umfrageergebnisse oder Statistiken. Das heißt auch, dass Dokumente möglichst elektronisch
verfügbar sein sollten. Zusätzlich wird die Zahl der frei abrufbaren Dokumente auf den Seiten der Fachressorts und Generaldirektionen erhöht. Hier spielt
eine höhere Benutzerfreundlichkeit des Internetangebotes eine
wichtige Rolle, um die Suche
nach Informationen so einfach
wie möglich zu gestalten.
>
Neuregelungs-Plan
setzt auf drei Aspekte
Nach fünf Jahren Erfahrungen in
der Praxis, hat die EU-Kommission in diesem Jahr eine Überprüfung der Verordnung zum
Zugang zu Dokumenten eingeleitet. Ziel ist, bis Ende des Jahres Vorschläge für eine Neufassung vorzulegen. Die EU-Kommission sieht vor allem drei Aspekte, die bei der Neuregelung
stärker berücksichtigt werden
müssen, und die sie im vorgelegten Grünbuch zur öffentlichen
Anhörung erläutert hat.
Erstens muss besser klargestellt
werden, in welchen Fällen das
Recht auf Einsichtnahme auf
Grund des Datenschutzes oder
anderer Ausnahmen nicht gewährt werden kann. Wie also
kann das Gleichgewicht zwischen Transparenz einerseits
und dem Datenschutz geschäftlicher und wirtschaftlicher Interessen sowie dem Grundsatz einer „guten Verwaltung“ ande-
rerseits sichergestellt werden?
Zweitens muss die bestehende
Verordnung an die Rechtsprechung des EuGHs der letzten
Jahre und an weitergehende
Rechte beim Zugang zu Dokumenten im Umweltbereich angepasst werden. Hier könnten
die Bestimmungen über den
Zugang der Öffentlichkeit zu
Dokumenten mit den Bestimmungen über den Zugang zu
Umweltinformationen harmonisiert werden.
Und drittens arbeitet die EUKommission darauf hin, Informationen noch aktiver zu verbreiten und den frei zugänglichen Datenbestand zu erhöhen. Ein weiterer Handlungsbedarf ergibt sich etwa auch aus
dem Einspruch der Mitgliedstaaten bei der Herausgabe ihrer an die EU-Kommission gerichteten Informationen. Auch
hier könnte das Ziel sein, dass
die nationalen Stellen ihre Entscheidung im Falle der Ablehnung des Antrags in Zukunft
begründen müssten.
>
56 Prozent der Deutschen vertrauen der
Europäischen Union
Die EU hat sich hohe Ziele gesetzt, um die Bürger stärker in
den demokratischen Entscheidungsprozess einzubinden. Eine transparente Verwaltung
und der Zugang zu Informationen ist eine wichtige Etappe
auf dem Weg dahin. Wie der
Stand der Dinge ist, beweisen
eindrucksvoll die Umfrageergebnisse des letzten Eurobarometers für Deutschland vom
Frühjahr dieses Jahres. Die Umfrage überprüft in regelmäßigen Abständen die Zustimmung der Deutschen zu Europa. 56 Prozent der Befragten
vertrauen der EU, so das aktuelle Ergebnis. Das sind 18 Prozent
mehr als noch vor der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.
Dr. Gerhard Sabathil,
Leiter der Vertretung der
EU-Kommission in Deutschland
> dbb magazin | Oktober 2007
dbb > spezial
Beamtendarlehen:
Deutlich weniger
Zinsen
Unter bestimmten Voraussetzungen macht es
Sinn, Anschaffungen durch einen Kredit zu finanzieren. Leider sind dafür oft teure Zinsen zu
bezahlen. Kommen weitere Belastungen hinzu,
zum Beispiel durch einen dienstlich bedingten
Umzug, bleibt nicht mehr viel finanzieller Freiraum.
mitgliederservice
32
Auch Kollege Werner aus Bayern hat diese Erfahrung gemacht. Durch mehrere Finanzierungen war das monatliche
Familienbudget deutlich am
Limit. Vor allem die hohen Zinsen haben der Familie zu
schaffen gemacht. Hier konnten mit einem sicheren und
günstigen Beamtendarlehen
über das dbb vorsorgewerk
Zinsen und die monatliche
Belastung deutlich gesenkt
werden.
Dieses Kreditangebot der
NÜRNBERGER Beamten Versicherung als Partner des dbb
vorsorgewerk in Kooperation
mit der DSL-Bank ist speziell
auf Beamte und unkündbare
Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst zugeschnitten.
Auch Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst, die bereits
fünf Jahre fest angestellt sind,
kann ein Angebot gemacht
werden. Die stabile Einkommenssituation wird in den
Konditionen besonders berücksichtigt. Denn die Sicherheit
der Bezüge ist gleichzeitig die
Sicherheit für das Darlehen.
Deutlich niedrigere Zinsen und
damit eine besonders günstige
Finanzierung sind das Ergebnis.
Im Gegensatz zum Konsumentenkredit wird das Beamtendarlehen erst am Ende der
Laufzeit getilgt. Dazu wird eine
Rentenversicherung abgeschlossen. Aus der vereinbar-
> dbb magazin | Oktober 2007
ten garantierten Kapitalzahlung wird bei Ablauf dann das
Darlehen bezahlt. Während
der Laufzeit werden nur die
Versicherungsprämien und die
Zinsen für das Darlehen fällig.
Der Verwendungszweck ist frei
wählbar, auch kann das Darlehen für Umschuldungen eingesetzt werden.
Das Besondere am Beamtendarlehen über das dbb vorsorgewerk ist der fünfprozentige
Nachlass auf den Versicherungsbeitrag, der exklusiv für
Mitglieder der Einzelgewerkschaften des dbb gilt. Dazu
kommt, dass damit automatisch der günstigere NÜRNBERGER-Beamtentarif zugrunde gelegt wird. Wie viel Geld
sich dadurch sparen lässt, zeigt
sich auch am Beispiel von Familie Werner: Mit dem dbb
Tarif zahlt das 35-jährige BDZMitglied für sein Darlehen
über 30 000 Euro Monat für
Monat 13,32 Euro weniger als
ohne Mitgliedschaft. Über die
gesamte Laufzeit von zwölf
Jahren spart er insgesamt
1 918,08 Euro. Durch die Umschuldung der alten Kredite,
die zum Teil eine Laufzeit von
48 Monaten hatten, konnte die
monatliche Belastung über die
Hälfte reduziert werden.
Weitere Vorteile: Ein garantierter Festzinssatz über die gesamte Laufzeit, eine flexible
Darlehenshöhe zwischen
10 000 und 60 000 Euro sowie
die individuell wählbare Darlehenslaufzeit von zwölf, 15 oder
20 Jahren sind ebenfalls attraktive Produktvorteile. Weiterer Pluspunkt: Am Ende der
Laufzeit werden die bis dahin
angefallenen Überschüsse aus
der Versicherung ausbezahlt.
Außerdem ist das Darlehen
von Anfang an für den Todesfall abgesichert: Im Ernstfall
wird das Darlehen durch die
Rentenversicherung sofort
getilgt und die Angehörigen
werden so vor finanziellen Problemen geschützt.
Sind auch Sie interessiert an einem Beamtendarlehen? Lassen
Sie sich völlig unverbindlich beraten. Unter der Rufnummer
0 30-40 81-64 25 stehen Ihnen
die Fachleute für ein vertrauliches Erstgespräch zur Verfügung. Zusätzlich können Sie Ihre Anfragen auch per E-Mail an:
[email protected]
oder per Fax (0 30) 40 81-64 99,
richten.
as
Autoversicherung:
Noch günstiger
Mit ihrem neuen Kfz-Tarif erweitert die HUK-COBURG Versicherungsgruppe, Exklusivpartner des dbb in der Kfz-Versicherung, zum 1. Januar 2008 erneut ihr Leistungspaket und
verbessert ihr günstiges PreisLeistungs-Verhältnis weiter. Ob
Neuvertrag oder bereits mit
dem Auto bei der HUK-COBURG
versichert, jeder kommt in den
Genuss der Leistungsverbesserungen. Außerdem: Für viele ist
der neue Pkw-Tarif noch günstiger als im Vorjahr. Niedrige Beiträge verbunden mit einem
hervorragenden Service im
Schadenfall kann der Versicherer anbieten, weil er traditionell
besonders kostenbewusst arbeitet. Von den geringen Kosten können die Mitglieder der
Einzelgewerkschaften des dbb
beamtenbund und tarifunion
jetzt besonders profitieren. Die
HUK-COBURG wettet, dass das
exklusive Angebot 2008 günstiger ist als ihre jetzige Kfz-Versicherung 2007. Die Empfehlung
des dbb vorsorgewerks: Nehmen Sie die Wette an! Lassen
Sie sich ein unverbindliches Angebot unterbreiten und sichern
Sie sich bei Abschluss auch den
einmaligen Sonderbonus* in
Höhe von 25 Euro für eine
Auto- und 10 Euro für eine Motorradversicherung, den Sie
dank Mitgliedschaft zusätzlich
erhalten.
as
*Bonus nur für Neukunden, wenn
diese innerhalb der letzten 365 Tage
keinen laufenden Kfz-Vertrag bei der
HUK-COBURG hatten.
dbb > spezial
Entwicklungshilfe
für den Wandel
Die Alterung der Gesellschaft und ihre möglichen
Folgen für Politik, Staat und den öffentlichen
Dienst, bildeten am 28. und 29. August 2007 den
Schwerpunkt des 2. Demographie-Kongresses,
den der Behörden-Spiegel in Kooperation mit dem
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend im dbb forum berlin veranstaltete.
Der dbb zählte nicht nur zu den Sponsoren dieser
Veranstaltung, sondern entsandte aus seinen Reihen auch Fachleute, die als „Entwicklungshelfer“
mitwirkten, das Tagungsmotto „Den Wandel gestalten“ inhaltlich zu beleben.
senioren
34
Die Kongressteilnehmer erwartete ein dicht gepacktes Programm: Dem 28. August war
das Leitmotiv „Potenziale nutzen“ mit den Themenfeldern
Vereinbarkeit Familie und Beruf/Wirtschaftskraft Alter und
Personalmanagement zugeordnet. Der 29. August stand im
Zeichen der „Stadt- und Regionalentwicklung“ und stellte die
Themen Daseinsvorsorge/
Wohnen im Alter und Leitbildentwicklung ins Zentrum der
Vorträge im Plenum und in den
Fachforen.
In seinem Fachvortrag „Veraltet
verwaltet“ forderte beispielsweise der stellvertretende dbb
Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt die Politiker nachdrücklich auf, sowohl bei der
Nachwuchsrekrutierung als
auch im Umgang mit älteren
Arbeitnehmern umzusteuern:
Mit dem öffentlichen Dienst
verhalte es sich ähnlich wie mit
der ganzen Gesellschaft, „er
braucht einen funktionierenden Generationenvertrag für
seine Kontinuität“, so seine Argumentation.
Der dbb Vize ging auch auf die
grundlegenden Vorraussetzungen ein, die das Verbleiben älte-
> dbb magazin | Oktober 2007
>
dbb Vize Klaus Dauderstädt
plädierte für einen Generationenvertrag im öffentlichen
Dienst.
rer Arbeitnehmer im Berufsleben überhaupt ermöglichten:
„Es müssen Wege gefunden
werden, im Rahmen von Konzepten lebenslangen Lernens
einerseits und betrieblicher
Umstrukturierung andererseits
altersgerechte Arbeitsplätze zu
schaffen.“ Die Berufsgenossenschaften seien bereits dabei,
diesen Aspekt im Rahmen ihrer
Beratungstätigkeit für Verwaltungen und Unternehmen stärker zu betonen, erläuterte Dauderstädt, der auch Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der
Sozialversicherung (GdS) ist.
Fotos: Jan Brenner
Demographie-Kongress:
>
Die Vorsitzende der Bundesfrauenvertretung Helene Wildfeuer
forderte eine nachhaltige Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf
und Familie.
Die Bundesvorsitzende der dbb
bundesfrauenvertretung Helene Wildfeuer erinnerte daran,
dass die Probleme mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie – insbesondere mit Blick auf
den demographischen Wandel
– ein wichtiges gewerkschaftliches Handlungsfeld bleiben.
Angesichts des prognostizierten Fachkräftemangels müsse
die Erwerbsquote von Frauen
gesteigert werden. „Dies wird
jedoch nur gelingen, wenn die
Vereinbarkeit von Familie und
Beruf nachhaltig verbessert
wird“, zeigte sich Wildfeuer
überzeugt.
Zwar sei die Zahl der Väter, die
Elternzeit beantragt haben, seit
der Einführung des neuen Elterngeldes um fünf Prozent gestiegen, aber nach wie vor sei
Kindererziehung vornehmlich
Frauensache. „Solange sich das
nicht ändert, bedeutet es, dass
Familienpolitik auch Frauenpolitik ist.“ Damit Frauen am Berufsleben teilnehmen können,
>
sei ein Ausbau der Kinderbetreuung „zwingend notwendig“. Es sei an der Zeit, „im
Dienst- und Tarifrecht die Umsetzung der Gleichstellungsgesetze nicht nur auf dem Papier
zu vollziehen“, mahnte die
Bundesvorsitzende der dbb
bundesfrauenvertretung im
Fachforum „Vereinbarkeit von
Beruf und Familie“.
Als Entwicklungshelfer des demograhischen Wandels betätigten sich aus den Reihen des
dbb auch der Bundesvorsitzende des Seniorenverbandes BRH,
Herbert Bartsch, (Fachforum
„Zukunft der Alterssicherungssysteme“) und der Bundesvorsitzende des Verbandes der Beschäftigten der oberen und
obersten Bundesbehörden
(VBOB), Hans Ulrich Benra,
(Fachforum „Personalplanung
im öffentlichen Dienst“): Auch
sie trugen mit ihren Statements
dazu bei, mehr Licht in das sehr
komplexe Generationenthema
zu bringen.
Berichtigung
Studienangebote für Senioren
Im 1. Teil unserer Übersicht zu den Studienangeboten für das dritte
Lebensalter (dbb magazin September 2007, Seite 32/33) ist uns bei
unseren Angaben zur Universität Duisburg leider ein Fehler unterlaufen. Nach dem Zusammenschluss der Duisburger Universität mit
der „Universität-Gesamthochschule Essen“ im Jahr 2003 lautet die
korrekte Bezeichnung nunmehr „Universität Duisburg-Essen“. Gasthörer können an beiden Campi Veranstaltungen besuchen und an
Seminaren teilnehmen. Folgend die korrekten Kontaktadressen:
Universität Duisburg-Essen
Internet: www.uni-due.de
Campus Duisburg
Forsthausweg 2, 47057 Duisburg, Telefon (02 03) 379-0 (Zentrale)
Campus Essen
Universitätsstraße 2, 45141 Essen, Telefon (02 01) 183-1 (Zentrale)
Wir bitten, dieses Versehen zu entschuldigen. Teil 2 unserer Übersicht zu den Studienangeboten für Senioren wird in der NovemberAusgabe des dbb magazins erscheinen.
dbb > spezial
Michael Westphal, Vorsitzender der dbb jugend:
„Jugendpolitische Kompetenz entfalten“
dbb magazin: Michael
?
jugend
38
Westphal, auch an dieser Stelle
noch einmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Spitzenamt! In Ihrer Antrittsrede in Königswinter haben Sie angekündigt, den klaren inhaltlichen
Kurs der dbb jugend weiterzuführen. Was genau ist geplant,
wo sollen inhaltliche Schwerpunkte liegen?
Michael Westphal: Wir
werden den eingeschlagenen
Weg fortsetzen. Dietmar
Knecht hat in den letzten Jahren eine sehr gute Arbeit geleistet und mir ein schlagkräftiges Team hinterlassen. Wir
wollen gemeinsam erreichen,
dass die dbb jugend noch stärker als bisher ihre jugendpolitische Kompetenz entfaltet und
wahrgenommen wird. Unsere
Mitglieder bilden eine große,
vielfältige und lebendige Gemeinschaft mit vielen Erfahrungen, Ideen und Wünschen.
Das auch in die Politik zu vermitteln und ernst genommen
zu werden ist weiterhin unser
Ziel.
?
dbb magazin: Was kann Gewerkschaft tun, was erwarten
insbesondere die jungen Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst heutzutage von
einer, von ihrer Interessenvertretung?
Michael Westphal: Das
Wort sagt es: Interessenvertretung. Es liegt an uns, die Interessen aufzunehmen, zu bün> dbb magazin | Oktober 2007
deln und weiterzutragen. In
den Fachgewerkschaften und
natürlich übergreifend auch
in der dbb jugend.
dbb magazin: Stichwort
Interessenkonflikte zwischen
Jung und Alt – sind Sie der
Meinung, dass man auch
innerhalb von Gewerkschaften
über so etwas wie einen gerechten Generationenvertrag
nachdenken muss? Manch einer zählt die Gewerkschaften
ja schon zu aussterbenden Dinosauriern, weil sie angeblich
zuviel Gestern und nicht genug Morgen vertreten ...
?
Michael Westphal: Wir
müssen darüber nachdenken
und offen reden. Bereits vor
mehreren Jahren haben wir
in Hamburg ein Gemeinschaftsprojekt mit dem BRH
gestartet unter dem Motto
„Dialog der Generationen“.
Eine Gewerkschaft ist für viele Menschen lebenslange
Heimat, auch über das Berufsleben hinaus. Die jungen
Menschen können sehr viel
lernen von ihren Altvorderen,
aber auch umgekehrt heißt
Alter ja hoffentlich nicht,
Neues von Grund auf zu verdammen. Der dbb bringt das
in seinen Gewerkschaften
und Verbänden gut zusammen. Nur, machen wir uns
nichts vor: Die Zeiten haben
sich geändert, das Versorgungsniveau für alle ist abgesenkt worden und Demographie ist ideologieresistent.
Wir müssen gewisse Entwicklungen ja nicht mögen, aber
wir müssen sie zur Kenntnis
nehmen. Immer weniger junge
Menschen werden berufstätig,
unsere Studienzeiten sind lang
und viele erreichen das
Regelruhestandsalter nicht,
sondern gehen früher in die
Rente oder Pension. Dass diese
Entwicklung die Frage der Generationengerechtigkeit aufwirft, darf nicht verwundern.
Gerade in den Gewerkschaften
aber finden wir beides: Jung
und Alt. Es ist hier eine der großen Zukunftsaufgaben, einen
Konflikt zwischen den Generationen zu verhindern und ich
denke, dazu können wir beitragen.
>
dbb magazin: Derzeit läuft
bundesweit die „Initiative öffentliche Dienste“, die der dbb
gemeinsam mit ver.di gegründet hat. Wie kommt diese Kampagne bei den jungen Leuten
im öffentlichen Dienst an?
?
Michael Westphal: Ich habe den Eindruck, dass bei vielen jungen Beschäftigten eine
Art Erleichterung vorherrscht.
Endlich setzen sich die Interessenvertretungen zusammen
und geben ein Zeichen, ein Signal an ihre Mitglieder: Ihr seid
wichtig, Ihr seid wertvoll und
Ihr seid Euer Geld wert. Wenn
das auch in die Köpfe der Menschen kommt, dann ist viel erreicht.
Info
Michael Westphal
Geboren 1970 in Hamburg,
aufgewachsen im Landkreis
Uelzen, machte Michael Westphal nach seinem Abitur zunächst eine Ausbildung zum
Agrarhandelskaufmann, danach ging’s zum Zivildienst.
1992 kehrte er nach Hamburg
zurück und begann die Ausbildung im gehobenen Dienst
der Steuerverwaltung. Nach erfolgreicher Laufbahnprüfung
arbeitete er als angestellter Betriebsprüfer. Von 1993 bis
1996 war Michael Westphal für die Deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG) Mitglied im Personalrat der Auszubildenden, 1995 bis 2000 Mitglied der Landesjugendleitung der
DSTG Hamburg, seit 1998 ist er Landesgeschäftsführer der
dbb jugend hamburg. Von 1997 an saß Westphal, zwischenzeitlich Betriebsprüfer in den Finanzämtern Hamburg-Elbufer und Hamburg-Barmbek-Uhlenhorst, im Personalrat,
2001 folgte die Nachwahl zum freigestellten Mitglied. Im
Februar 2003 wurde der 37-Jährige zum stellvertretenden
Vorsitzenden des Hamburger DSTG-Landesverbandes und
übernahm zugleich den Vorsitz des Ortsverbandes in der
OFD Hamburg. Seit der Personalrats-Wahl 2003 ist Westphal zudem stellvertretender Vorsitzender des Personalrats.
Seine Freizeit verbringt der Gewerkschafter gerne mit Reisen (Großbritannien-Fan), Wandern und Lesen.
Foto: Jan Brenner
Michael Westphal (37) ist seit Ende August
2007 neuer Chef der dbb jugend. Im Kurz-Interview mit dem dbb magazin erzählt er, wie das
so ist, welches Programm er sich für die nächsten Jahre vorgenommen hat und was er von einem Generationenvertrag für Gewerkschaften
denkt.
dbb > finale
Franzosen und Italiener gelten
als feurige Liebhaber, Schotten
sind angeblich geizig, die
Deutschen pedantisch und die
Engländer Snobs. Vorurteile
allemal, aber gelegentlich
scheint ein Fünkchen Wahrheit
hinter diesen Allerweltsweisheiten aufzublitzen. Beispiel
England: Statt künftig – wie
jeder andere brave Europäer
auch – in Zentimetern und Metern zu rechnen, dürfen die Briten weiterhin Inches und Miles
verwenden. Ist das nun ein arger Rückschlag für das weitere
Zusammenwachsen Europas
oder hat die EU-Kommission
richtig entschieden? Dazu ein
eindeutiges Ja, und ein Vivat
auf den Sieg der Maßeinhei-
Wie sollen die Klitschko-Brüder die Größen ihrer Boxhandschuhe ermitteln, wenn nicht
in Unzen? Warum wollen wir
den Zimmerleuten den dreizölligen Nagel nehmen und
ihnen das Leben mit Umrechnen vergällen? Warum soll eine bekannte Fluggesellschaft
ihr Rabattmarkensystem für
Vielflieger umbenennen, wo
doch seit Jahr und Tag Miles
and More gesammelt werden?
Und wie soll wieder alles ins
Lot kommen, wenn es keins
mehr gibt? Lassen wir also um
Himmels willen den Engländern und uns ihre Meilen, einen Kompromiss haben die
angeblichen Snobs ja bereits
gemacht – sie sind stolz auf
das Pfund.
sm
39
glosse
Miles and
More
tenvielfalt. Das Dezimalsystem ist längst nicht für alles
zu gebrauchen und das nicht
nur bei den Briten!
> dbb magazin | Oktober 2007
dbb > finale
„Behördennotruf“ ServiceLine 115:
Eine für alles
Polizei und Feuerwehr sind schnell gerufen. Die zentralen Notrufnummern 110 und 112 machen es
möglich. Was aber, wenn ein Behördenanliegen
drängt? Da ist guter Rat oft teuer: Welches Amt ist
überhaupt zuständig? Welcher Sachbearbeiter
kennt sich aus? Eine einfache Ummeldung wird so
schnell zum telefonischen Spießrutenlauf. Das soll
nach dem Willen der Bundesregierung bald ein Ende
haben. Nach New Yorker Vorbild soll eine zentrale
Notrufnummer 115 installiert werden, rund um die
Uhr erreichbar und kompetent besetzt.
online
40
Noch vor wenigen Jahren
kämpfte sich der New Yorker
Bürger mit etwaigen Anliegen
an die Stadt durch einen Urwald
von 100 Behörden und 40 CallCentern. Heute kann man unter
der einzigen Nummer 311 über
200 Dienstleistungen abfragen.
Das wollen Forscher der technischen Universität Berlin und des
Fraunhofer Instituts FOKUS im
Regierungsauftrag auch hierzulande ermöglichen. „ServiceLine
115“ heißt das Zauberwort. Die
eGovernment-Staatssekretäre
von Bund und Ländern haben
den Bund und das Land Hessen
beauftragt, ein Projekt zur Einführung einer einheitlichen Behördenrufnummer zu initiieren.
Der Name bezeichnet ein Projekt, das Serviceanfragen ähnlich wie bei einer Hotline unter
einer zentralen Nummer aufnehmen soll, eben der 115, und
sie automatisch bis an die zuständigen Stellen leitet. Eine
Antwort und eine Bearbeitungsnummer soll es auch geben –
und das bundesweit.
>
tut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS unter der Leitung von Prof. Dr. Radu PopescuZeletin. Ausschlaggebend dafür
war die langjährige Erfahrung
der Forscher auf diesem Gebiet.
Das Institut verfügt über das
Kompetenzzentrum Next Generation Network Infrastuctures
(NGNI), das die notwendige Infrastruktur für die Umsetzung
einer solchen Service Hotline für
Verwaltungen bereitstellen
kann. Verantwortlich dafür wird
TU-Professor Dr.-Ing. Thomas
Magedanz sein. In ihrem eGovernment-Labor testen die Wissenschaftler mit weiteren Partnern, ob und wie elektronische
Bürgerdienste funktionieren
können und ob sie wirtschaftlich
tragbar sind.
Die Berliner Forscher wollen
allerdings einen Schritt weiter
gehen: Mit ihrer Technologie einer standardisierten Umgebung
für telekommunikations- und
internetbasierte Dienste wollen
sie langfristig Behörden in ganz
Europa vernetzen und damit re-
volutionieren. „Stellen Sie sich
vor“, sagt Radu Popescu-Zeletin,
„in wenigen Jahren könnten Sie
von Ihrem PC oder vom Handy
aus Berlin einen Friseurladen in
Barcelona eröffnen.“
>
Rufnummer
zuteilungsreif
Der Bürger wäre allerdings
schon froh, wenn er seinen
Wohnsitz vom PC aus ummelden könnte, von spanischen Friseurläden ganz zu schweigen.
Doch es besteht Hoffnung, denn
das Projekt ist längst über die
Planungsphase hinausgekommen: Das Bundesministerium
des Innern hat nach Vorgesprächen mit der Bundesnetzagentur die Zuteilung der Rufnummer 115 beantragt.
Ziel ist jedoch nicht, ein CallCenter für Deutschland aufzubauen. Vielmehr sollen dezentrale Serviceeinheiten in Bund,
Ländern und Kommunen intelligent vernetzt werden. Daher bilden die bereits bestehenden
Bürgerservice-Einrichtungen auf
Landesebene und im kommunalen Bereich ein außerordentlich
wichtiges Fundament für die
Einrichtung der einheitlichen
Behördenrufnummer. Konkret
sollen sämtliche Bürgeranfragen
– so weit wie möglich – direkt in
computergestützte Verwaltungsprozesse überführt und
unter Berücksichtigung der
unterschiedlichen Zuständigkeiten für Verwaltungsdienstleistungen auf den Ebenen Kommunen, Bundesländer und Bund
an die zuständige Behörde
weitergeleitet werden.
Kommunikationsprofis
am Werk
Den Zuschlag zur Realisierung
des ehrgeizigen Projekt, das
Bundeskanzlerin Angela Merkel
auf dem IT-Gipfel im Dezember
2006 in Potsdam vorgestellt hatte, erhielt das Fraunhofer Insti-
> dbb magazin | Oktober 2007
>
Ganz entspannt am heißen Draht zur Behörde: 115 soll’s möglich machen.
>
Pilotphase
Anfang 2008
Die Projektverantwortlichen,
Staatssekretär Johann Hahlen
und Staatssekretär Harald Lemke, und das Projektteam „D115“
trafen sich am 23. August 2007
mit Vertretern der Länder und
der kommunalen Spitzenverbände, um das weitere Vorgehen im
Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens zu erörtern.
Demnach sollen die Pilotphase
bis Herbst 2007 vorbereitet und
Modellregionen aus dem Kreis
der Bewerber vorgestellt sein.
Die Bewerbungen von Kommunen, Regionen oder Partnern, die
ebenenübergreifend zusammenarbeiten wollen, werden von den
Ansprechpartnern der Länder gesammelt und dem Projektteam
D115 bis Mitte Oktober 2007 zugeleitet. Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände werden
am 25. Oktober 2007 das weitere
Verfahren bis zum in Aussicht genommenen Beginn der Pilotphase Anfang 2008 abstimmen.
Unterdessen hat das forsa Institut in einer Umfrage für den
Nachrichtensender n-tv herausgefunden, dass die meisten
Bundesbürger den geplanten Behördennotruf 115 skeptisch sehen. Knapp zwei Drittel der Befragten glauben, dass sich das
Verhältnis zwischen Bürgern und
Verwaltung nicht verbessert. Nur
32 Prozent gehen demnach davon aus, dass es durch die Einführung der Serviceline 115 weniger
Ärger mit Behörden geben wird.
Auch der dbb Bundesvorsitzende
Peter Heesen zweifelt an der
Umsetzbarkeit. „Die Idee ist zwar
bestechend gut, wird aber an der
Praxis scheitern“, sagte er dem
dbb magazin. „Dies schon allein
deswegen, weil mit den differenzierten Zuständigkeiten von
Bund, Ländern und Gemeinden
für die verschiedensten Verwaltungsaufgaben ein permanentes
Kompetenzproblem bestehen
wird, das die Politik in Deutschland zu lösen nicht im Stande ist
– da hilft auch kein zentraler Behördennotruf.“
dbb > finale
Betreff: Initiative ö ff. Dienste
Pensionäre
berücksichtigen
(E-Mail zur Aktion „Genug
gespar t“, dbb magazine 7/8
und 9/2007)
Die Vorgehensweise für die
Einkommensrunde 2008 finde ich sehr gut, ebenso die
Gemeinsamkeit mit ver.di auf
diesem Gebiet. Die Würdigung der Leistungen der Beamtinnen und Beamten bei
den Forderungen für deutliche Einkommenssteigerungen herauszustellen, ist der
richtige Weg. Aber ich gebe
zu bedenken, auf allen Ebenen der Betätigungsfelder in
diesem Zusammenhang nicht
die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger zu vergessen. Die Politik
macht das zu gerne, darum
sollte der dbb klare Positionen vertreten. Wir als Pensionäre haben die Leistungen erbracht, die eine Teilhabe an
den Erhöhungen rechtfertigt.
Werner Heilgermann
per E-Mail
Die Redaktion behält sich vor,
Leserbriefe zu kürzen.
Beihilfe
(Leserbrief zum Ar tikel „Beihilfe schneller bearbeiten“,
dbb magazin 9/2007, S. 42)
Die viel zu lange Bearbeitungszeit der Beihilfeanträge
scheint kein spezifisch hanseatisches Problem zu sein.
Auch in Baden-Württemberg
sind momentan mal wieder
vier Wochen Wartezeit (und
mehr) auf die Erstattung der
eingereichten Belege nicht
unüblich. Häufig wird den
Rechnungsempfängern von
Ärzten ein Zahlungsspielraum von lediglich bis zu zwei
Wochen eingeräumt. Vor allem Krankenhäuser mahnen
dann recht schnell, wenn das
Geld nicht fristgerecht eingeht, zumal es sich dabei
meist um höhere Beträge
handelt.
Der Beamte ist auf eine rasche Bearbeitung angewiesen. Was bei der privaten
Krankenversicherung in der
Regel reibungslos funktioniert, sollte auch bei der jeweiligen staatlichen Bearbeitungsstelle möglich sein. Dafür benötigt sie aber ausreichendes Personal.
Michael Gomolzig
73655 Plüderhausen
Einkommensrunde 2008
(Leserbrief zum Ar tikel
„Genug gespar t“, dbb magazin 9/2007, S. 6 f.)
Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die beiden großen
Interessenvertretungen gemeinsam für die Belange des
öffentlichen Dienstes in der
„Tarifrunde 2008“ eintreten
wollen. Die Überschrift des
Artikels lautet „... gemeinsam
in die Tarifrunde 2008“. Ich
möchte meine Beamtenvertreter ausdrücklich dazu aufrufen, in der „Einkommensrunde 2008“ wieder die Beamteninteressen in den
Vordergrund zu stellen und
erst einmal einen Ausgleich
für die Benachteiligungen der
vergangenen Jahre herbeizuführen.
P. Kern, 33824 Werther
dbb > finale
Steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten:
Aktenzeichen 2 BVR 1270/07
frauen/tacker
42
Die finanzielle Belastung von Familien wegen
der für die Kinderbetreuung erforderlichen Ausgaben ist erheblich. Um größere Anreize für
Frauen zu schaffen, auch nach der Familiengründung weiterhin berufstätig zu sein, hat die
dbb bundesfrauenvertretung ein Musterverfahren zur steuerlichen Absetzbarkeit erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten vom ersten Euro an initiiert.
die Kinder zeitweise durch eine
Au-Pair-Kraft betreuen zu lassen. Da sich die Zeiten der beruflichen Tätigkeit mit den Kinderbetreuungszeiten deckten,
seien die entstandenen Kosten
durch die doppelte Berufstätigkeit der Kläger verursacht worden, woraus folge, dass diese
Kosten ebenso wie andere berufsbedingte Werbungskosten
zu behandeln seien.
Die Klage war im Mai 2007 in
zweiter Instanz vom Bundesfinanzhof abgewiesen worden.
Die dbb bundesfrauenvertretung hatte daraufhin Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben.
Die Verfassungsbeschwerde
wird unter dem Aktenzeichen
2 BVR 1270/07 geführt. Bereits
laufende Verfahren können unter Angabe des Aktenzeichens
bis zu einer Entscheidung über
das Musterverfahren ausgesetzt werden.
Die dbb bundesfrauenvertretung ist hingegen der Ansicht,
dass bei der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten sowohl die
Stellung der Frauen im Berufsleben als auch der Gleichbehandlungsgrundsatz des
Grundgesetzes und der europäischen Menschenrechtskonvention bislang nicht ausreichend
beachtet worden sind. Nur
wenn die Kosten der Kinderbetreuung ebenso wie andere berufsbedingte Aufwendungen
vom ersten Euro an in voller Höhe als Werbungskosten von der
Einkommenssteuer abgesetzt
werden können, könnten die
Frauen ihren Berufen nachgehen, ohne dass finanzielle Erwägungen sie davon abhalten.
>
Zur Vorgeschichte
Die Kläger sind beide als Polizeibeamte im Schichtdienst tätig
und haben drei Kinder. Sie klagten gegen ihren Einkommensbescheid für das Jahr 1999 zu-
nächst vor dem Finanzgericht,
da es das Finanzamt abgelehnt
hatte, die in Folge des Schichtdienstes entstandenen Kinderbetreuungskosten für die zu
diesem Zeitpunkt zehn, acht
und sieben Jahre alten Kinder
als Werbungskosten anzuerkennen.
>
Kinderbetreungskosten gleich Werbungskosten
Nach Auffassung der Kläger
hätte das Finanzamt die durch
die Kinderbetreuung anfallenden Kosten als beruflich bedingte Werbungskosten anerkennen müssen, da es ihnen
aufgrund der unregelmäßigen
Arbeitszeiten als Polizeibeamte
nicht anders möglich war, als
t@cker
.„Klartext!“ – in der Oktober-Ausgabe des dbb
jugend magazin geht’s um klare Worte, Verständigung und Dialog. „All das ist besser als
Phrasendrescherei – davon hat niemand was“,
schreibt der neue dbb jugend Vorsitzende Michael Westphal im Editorial. Eindrucksvoller
Beleg hierfür sei die wichtige Arbeit des
Bundessprachenamtes, wo die bundesweit
rund 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
ein Ziel eint: Mithilfe der Sprache eine Brücke zu anderssprachigen Menschen, anderen Ländern und Kulturen zu schlagen. Brücken schlagen, in Dialog kommen, aber
ebenso Klartext sprechen wollen auch dbb
> dbb magazin | Oktober 2007
>
Bundesverfassungsgericht letzte Instanz
Da sowohl das Finanzgericht
als auch der Bundesfinanzhof
die Klage mit der Begründung
abgelehnt haben, dass nach
der Systematik des Einkommensteuergesetzes die Kinderbetreuungskosten nur soweit in Ansatz zu bringen
seien, als dies zur Gewährleistung des Existenzminimums
der Kinder nötig sei. Auch gebiete die europäische Richtlinie zur Verwirklichung des
Grundsatzes zur Gleichbehandlung von Männern und
Frauen zwar die Berücksichtigung berufsbedingter Kinderbetreuungskosten, sie schreibe jedoch nicht zwingend vor,
dass dies durch eine wie von
den Klägern und der dbb
bundesfrauenvertretung geforderte Absetzbarkeit der berufsbedingten Kinderbetreuungskosten geschehen muss.
Die von den Klägern und der
dbb bundesfrauenvertretung
eingereichte Verfassungsbeschwerde soll diesen Sachverhalt nun letztinstanzlich
klären.
und ver.di mit der Kampagne „Initiative öffentliche Dienste“. „Jeder kommt
tagtäglich irgendwo mit dem öffentlichen Dienst in Berührung, jeder kennt
ihn, jeder braucht ihn. Wird an ihm gespart, wird an allem gespart“, so Westphal. Das dbb jugend magazin informiert in der Ausgabe über den Fotowettbewerb der Initiative zum Thema „Genug Gespart!“ und appelliert: Mitmachen, zeigen, wo genug gespart wurde!
Viele weitere interessante Neuigkeiten
aus Berufspolitik und den dbb jugendVerbänden sowie tolle Gewinnspiele
gibt’s auch diesmal wieder in t@cker –
also gleich ansurfen
unter www.tacker-online.de!
dbb > finale
>
DPolG
Bundeskongress in Berlin
>
Personalie
Walter Spieß, Vorsitzender des dbb Landesbundes Hessen,
ist mit dem Verdienstorden der
Bundesrepublik
Deutschland ausgezeichnet worden.
Damit würden fast
40 Jahre Einsatz für
Kolleginnen und
Kollegen im öffentlichen Dienst gewürdigt, sagte Staatssekretär Walter Arnold vom hessischen Finanzministerium
bei der Verleihung in Frankfurt am Main. Walter Spieß begann als zweiter Vorsitzender des Ortsverbands Darmstadt
der Deutschen Steuer-Gewerkschaft sein ehrenamtliches
Engagement. Seit 1978 ist er Mitglied der Landesleitung
des dbb Hessen, seit 1989 Landesvorsitzender. Neben Ämtern, die er im Rahmen seiner Personalratstätigkeit bekleidete und bekleidet, ist Spieß sei 1991 Mitglied der Landespersonalkommission Hessen und Vorsitzender des Ausschusses „Recht des öffentlichen Dienstes und Besoldungsrecht“. Von 1993 bis 2001 war er Mitglied in der Versammlung der Landesanstalt für privaten Rundfunk und ist seit
2001 Mitglied im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks. löst den aus Altersgründen
ausscheidenden bisherigen
DPolG-Chef Wolfgang Speck
ab, der vier Jahre lang an der
Spitze der Deutschen Polizeigewerkschaft gestanden hatte. Der 50-jährige Hauptkommissar aus Duisburg, Vater
von vier Kindern und seit 34
Jahren im Polizeidienst,
>
43
mitgliedsgewerkschaften
Foto: Friedhelm Windmüller
Mit großer Mehrheit ist der
nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der Deutschen
Polizeigewerkschaft (DPolG),
Rainer Wendt, am 17. September 2007 auf dem Bundeskongress der Gewerkschaft in Berlin zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt worden. Er
stimmte die Organisation auf
harte Verhandlungen mit der
Politik ein. Dabei stehen die
Einkommen der Polizistinnen
und Polizisten und der Kampf
gegen Personalabbau im
Mittelpunkt, so der neue
Bundesvorsitzende. „Wir
brauchen kein Law-and-Order-Gerede, sondern glaubwürdige Politik für die Polizeibeschäftigten in Deutschland“, sagte Wendt. Bund und
Länder hätten sich an den Einkommen der Polizeibeschäftigten „versündigt“, Arbeitszeiten
verlängert, Pensionen gekürzt
und massiv Personal abgebaut.
„Gehaltskürzungen sind unsozial und ungerecht, deshalb
müssen sie rückgängig gemacht werden und zwar sofort“, forderte Wendt.
EUR-Kongress
Der Kongress der Europäischen Union der Rechtspfleger (EUR) hat
Thomas Kappl, Vorsitzender des Vereins der Rechtspfleger im
Bundesdienst, zum Präsidenten der Europäischen Union der
Rechtspfleger gewählt. Das Amt der Generalsekretärin hat Adelheid Hell, Rechtspflegerin am Amtsgericht Rosenheim, das Amt
des Schatzmeisters hat Harald Wilsch, Rechtspfleger am Amtsgericht München, übernommen. Deutschland hat für 2008 die EURPräsidentschaft inne, teilte Kappl am 18. September 2007 mit. Ziel
der EUR ist es, an der Schaffung, Fortentwicklung und Harmonisierung des Rechts auf europäischer und internationaler Ebene
mitzuwirken. Insbesondere war die EUR an der Ausgestaltung des
Europäischen Mahnverfahrens beteiligt.
> dbb magazin | Oktober 2007
dbb > finale
>
dbb rheinland-pfalz
Demo in Mainz
Weil sie sich „zu reinen Kostenfaktoren degradiert fühlen“, haben rund 500 Beamte und Versorgungsempfänger des Landes- und Kommunaldienstes in
Rheinland-Pfalz am
29. August 2007 vor dem Landtag in Mainz gegen die unzureichenden Bezügeanpassungen
>
mitgliedsgewerkschaften
44
Brigitte Stopp,
Vorsitzende des dbb
rheinland-pfalz
demonstriert, die für dieses
und das kommende Jahr vorgesehen sind. Um ihre Forderungen nach angemessener und
gerechterer Bezahlung zu verdeutlichen, händigten die Demonstranten den Landtagsabgeordneten jeweils „einen Appel und ein Ei“ aus und wiesen
darauf hin, dass ihre Leistung
mehr wert sei. Kernpunkt der
Verärgerung ist der kürzlich verabschiedete Entwurf eines Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes der – gestaffelt nach Besoldungsgruppen –
zwischen 0,5 und 1,7 Prozent
lineare Anpassung im laufenden Jahr vorsieht, während
neuere Tarifabschlüsse in den
Branchen der Privatwirtschaft
und im öffentlichen Dienst
durchschnittlich bei 3,7 Prozent
liegen. Landeschefin Brigitte
>
Stopp erinnerte daran, dass die
Beamten und Versorgungsempfänger in Rheinland-Pfalz in
den vergangenen zehn Jahren
über 40 Sparmaßnahmen hinnehmen mussten. Im gleichen
Zeitraum blieben die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste der Beamten gegenüber den gewerblichen Verdiensten um etwa ein Zehntel
zurück. Mit der nun geplanten
Anpassung kämen brutto bis zu
15 Prozent weniger zusammen:
„Ministerpräsident Kurt Beck
reklamiert für den Gesetzentwurf soziale Ausgewogenheit.
Wie eine völlige Abkoppelung
der Betroffenen von der gesetzlich eigentlich geschuldeten,
allgemeinen wirtschaftlichen
und finanziellen Entwicklung
das erfüllen kann, ist uns
schleierhaft“, sagte Stopp.
>
Gemeinsame Verhandlungen
dbb tarifunion und ver.di haben am 23. August 2007 gemeinsame
Verhandlungen mit dem Freistaat Thüringen über einen Tarifvertrag zur leistungsorientierten Bezahlung für die Beschäftigten im
Landesdienst aufgenommen. Die leistungsorientierte Bezahlung
ist Bestandteil des seit November 2006 geltenden Tarifvertrages
für die Länder (TV-L). Die Verhandlungen sollen in diesem Jahr abgeschlossen werden.
personalrates Justiz ist, vor. In
der Jugendstrafanstalt in Berlin-Plötzensee – diese war kürzlich durch einen Fernsehbericht
in die Schlagzeilen geraten, der
zeigte, wie Drogenpakete von
Rauschgifthändlern über den
Anstaltzaun geworfen und von
Gefangenen in ihre Zellen gezogen wurden – gebe es für sechs
Häuser mit insgesamt 600 Gefangenen nur jeweils einen
Wachbeamten, kritisierte
dbb berlin
800 zusätzliche Stellen im
Strafvollzug
Als „Dauerproblem“ hat der
Vorsitzende des dbb berlin, Joachim Jetschmann, den Personalmangel in den Berliner Haftanstalten bezeichnet. „Das ist
so, weil die Politiker den Strafvollzug nicht als Sicherheitsschwerpunkt sehen“, sagte
Jetschmann der „Berliner Zeitung“ (Ausgabe vom 3. September 2007). „Wir haben im ersten
Halbjahr 2007 die Sicherheitsprobleme in allen Berliner Justizvollzugsanstalten aufgelistet
und gesagt, dass wir 25 Prozent
mehr Personal brauchen. Das
wären rund 800 zusätzliche
Stellen für alle Anstalten“, rechnete Jetschmann, der auch Vorsitzender des Berliner Gesamt-
2,9 Prozent mehr ...
... Einkommen und die Vereinheitlichung des Dienstrechts im sogenannten „Nordverbund“ der Länder Mecklenburg-Vorpommern,
Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein hat der
Vorsitzende des dbb Landesbundes mecklenburg-vorpommern,
Dietmar Knecht, am 23. August 2007 gegenüber der Finanzministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Sigrid Keler, gefordert.
> dbb magazin | Oktober 2007
>
>
Joachim Jetschmann,
Vorsitzender des dbb berlin
Jetschmann. Für eine ständige
Überwachung der Kamera-Monitore, mit der Überwürfe von
Drogenpaketen rechtzeitig entdeckt werden könnten, fehlten
die Mitarbeiter. Hinzu kämen
technische Mängel; so könnten
Kameras nicht geschwenkt
werden.
>
GDBA
Gewerkschaftstag in
Magdeburg
Auf dem 21. Gewerkschaftstag
in Magdeburg ist Klaus-Dieter
Hommel am 10. September
2007 erneut zum Vorsitzenden
der Verkehrsgewerkschaft
GDBA gewählt worden. Im
Amt bestätigt wurden auch
Peter Tröge und Heinz Fuhr-
>
Klaus-Dieter Hommel,
Bundesvorsitzender der
Verkehrsgewerkschaft GDBA
mann als stellvertretende Vorsitzende. Hans-Jürgen Seiffert,
der 16 Jahre lang Vizevorsitzender der Verkehrsgewerkschaft war, wurde in den Ruhestand verabschiedet und zugleich zum GDBA-Ehrenmitglied ernannt. Zum Bundesgeschäftsführer wählten die Delegierten Wilhelm Bahndorf,
der bislang als Assistent der
Geschäftsführung in der
Bundesgeschäftsstelle tätig
war.
In seiner Grundsatzrede kritisierte Klaus-Dieter Hommel
die neuerlichen Verzögerungen
beim Börsengang der Deutschen Bahn: „Die Eisenbahner
haben die Nase voll von nicht
enden wollenden parteipolitischen Scharmützeln und wollen endlich wissen, in welche
Richtung die Weichen gestellt
werden.“ Forderungen nach einer Zerschlagung des Bahnkonzerns erteilte Hommel erneut eine Absage. Nur wenn
die DB AG als integrierter Konzern erhalten bliebe, seien die
Arbeitsplätze sicher. Die DB AG
dürfe nicht zum Spielball von
Profitinteressen internationaler Aktionäre werden, mahnte
der GDBA-Chef.
dbb > finale
>
>
Seniorenverband BRH
Entlastung der Erben
Der Seniorenverband BRH hat
die Pläne der Bundesregierung
zur Reform der Erbschaftsteuer
begrüßt, weil sie die Angehörigen der Verstorbenen „fühlbar
entlasten“. BRH-Bundesvorsitzender Herbert Bartsch erklärte am 7. September 2007, das
Vorhaben dürfte auch im Einklang mit den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts
>
mitgliedsgewerkschaften
46
Herbert Bartsch,
Bundesvorsitzender des BRH
stehen. Vorgesehen sei unter
anderem, die Freibeträge für
den überlebenden Ehegatten
deutlich anzuheben, ebenso
die Beträge, die für Kinder
steuerfrei bleiben. Gleichzeitig
sollen die Steuersätze für die
nächsten Verwandten verringert werden. Nach Ansicht von
Bartsch sollte Nachlass, der an
den überlebenden Ehegatten
geht, überhaupt nicht der Erbschaftsteuer unterliegen; das
Vermögen sei im Allgemeinen
gemeinsam erarbeitet.
>
komba gewerkschaft
Rahmenbedingungen
verbessern
Zu einem Meinungsaustausch
über aktuelle Fragen des öffentlichen, insbesondere des
kommunalen Dienstes sind am
6. September 2007 Heinz Ossenkamp, Bundesvorsitzender
der komba gewerkschaft, und
Ehrhart Körting, Vorsitzender
der Innenministerkonferenz
(IMK) und Berliner Innensenator, zusammengetroffen. The-
> dbb magazin | Oktober 2007
Gleichbehandlung
Der saarländische dbb Landesbund hat eine Gleichbehandlung
von Beamten und Tarifpersonal angemahnt. Man nehme das Signal des neuen saarländischen Innenministers Klaus Meiser auf,
den Landesbediensteten bei den Einkommensrunden entgegenzukommen, erklärte der stellvertretende dbb Landesvorsitzende
Ewald Linn am 4. September 2007.
>
Heinz Ossenkamp,
Vorsitzender der
komba Gewerkschaft
>
DPVKOM
Mindestlohn für
Postdienstleister
men waren Personalentwicklung und Personalabbau in der
öffentlichen Verwaltung, Vorschläge zur Föderalismusreform II und besoldungsrechtliche Regelungen für Kommunalbeamte. Im Zusammenhang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie wurde die Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten speziell im Bereich der
Berufsfeuerwehren erörtert.
Thema war ferner die verstärkte Zusammenarbeit der komba
gewerkschaft mit den Arbeitskreisen der IMK.
Mit Blick auf die Einführung
leistungsorientierter Bezahlungselemente betonte Ossenkamp die Unverzichtbarkeit eines flexiblen Gleichklangs zwischen dem Arbeitnehmer- und
Beamtenbereich. Ferner erläuterte er die komba Forderung,
Beamtenpensionen im doppischen System künftig nicht
mehr als „Schulden“ auszuweisen.
Körting verwies im Hinblick
auf die anstehenden Dienstrechtsreformen des Bundes
und der Länder auf das mehrheitliche Votum der IMK-Arbeitskreise gegen Öffnungsklauseln für den kommunalen
Bereich. In Fragen der EU-Arbeitszeitregelungen – insbesondere für die Berufsfeuerwehren – bedauerte der IMKVorsitzende, dass derzeit keine
europäische Regelung absehbar sei. Körting sprach sich gegen Entbeamtungstendenzen
und Privatisierungen im Bereich der Lebensmittelkontrolle aus.
Durch den Abschluss eines Tarifvertrages mit dem Arbeitgeberverband Postdienste e. V. sind
Mindeststandards im Bereich
der Postdienste erstmalig festgesetzt worden. Damit wird eine Kernforderung der DPVKOM
erfüllt, nämlich die Einführung
eines branchenspezifischen
Mindestlohns, wie die Kommunikationsgewerkschaft am
5. September 2007 erklärte.
„Während andere noch bis vor
Kurzem die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn
von 7,50 Euro stellten, haben
wir uns mit unserer Forderung
einer branchenspezifischen Lösung in Höhe von 8,50 Euro hundertprozentig durchgesetzt.
Dies gibt Sicherheit für die Beschäftigten in der Branche und
führt zu einem Wettbewerb, der
>
nur noch über Qualität und Service erfolgt und nicht auf dem
Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.“ Die DPVKOM
hält an ihrer Forderung fest,
dass auch die Arbeitszeit und
der Urlaubsanspruch für alle
Beschäftigten in der Postbran-
>
Willi Russ, Bundesvorsitzender der DPVKOM
che tarifvertraglich vereinbart
werden müssen, hieß es weiter.
Die Gewerkschaft forderte die
beiden Postdienstleister PIN AG
und TNT auf, dem mit der
DPVKOM erzielten Branchentarifvertrag beizutreten.
Lehrermangel
An deutschen Schulen fehlen laut einer Umfrage des Deutschen
Philologenverbandes (DPhV) rund 16 000 Lehrer. Die Lage sei „so
schwierig wie seit 35 Jahren nicht mehr“, sagte DPhV-Bundesvorsitzender Heinz-Peter Meidinger am 17. September 2007 in Berlin. Besonders betroffen seien berufliche Schulen, Gymnasien und
Realschulen in Süddeutschland sowie sogenannte Mangelfächer
– das sind neben Mathematik, Physik, Latein und Religion auch
Fremdsprachen und Deutsch.
>
Umfassende Mitsprache
Die Landesregierung räumt dem Beamtenbund Baden-Württemberg (BBW) künftig umfassende Mitspracherechte in Fragen ein,
die die Beamten und das Dienstrecht betreffen. Ministerpräsident
Günther Oettinger und BBW-Chef Volker Stich unterzeichneten
am 11. September 2007 eine Beteiligungsvereinbarung. „Mit diesem Papier ist es uns als gewerkschaftliche Interessenvertretung
gelungen, unseren Einfluss auf Entscheidungen, die nicht nur Tarifbeschäftigte, sondern auch die Beamten und das Dienstrecht
betreffen, zu stärken“, sagte BBW-Chef Volker Stich.
dbb > finale
>
der Umtauschkasse allerdings keinen Bon vorweisen
konnte, alarmierte die Verkäuferin kurzerhand den
Hausdetektiv, der den „Kunden“ sofort wiedererkannte.
Die Polizei nahm den jungen
Mann fest und fand bei ihm
ein Handy, das einer Frau wenige Tage zuvor samt Handtasche aus einer Umkleidekabine des Kaufhauses gestohlen
worden war.
Wenn schon, denn
schon: Dreiste Diebe haben
einen über Nacht am
Straßenrand geparkten Pkw
in Hildesheim gewaltsam
aufgebrochen und nach
Wertsachen durchsucht.
Nachdem sie nicht fündig geworden waren, bauten sie die
Airbags aus sowie das Navigationssystem und einen CDWechsler. Damit nicht genug
– nach Entriegelung der Mo-
Polizei konnte den jüngeren
der beiden Männer sofort
festnehmen, der ältere, 28
Jahre alte Mann, flüchtete zu
Fuß. Nach einem strammen
Lauf quer durch die Innenstadt konnte allerdings der
deutlich ältere, aber offenbar
wesentlich sportlichere Polizist, den völlig erschöpften
Mann mühelos festnehmen.
Die weiteren Ermittlungen
dauern noch an.
Kleine Ursache,
>
Leider zu langsam:
Das kann sich ein Ladendieb in
den nächsten Monaten immer
wieder vor Augen führen, der
sich in der Hagener Innenstadt
ein Wettrennen mit einem Polizeibeamten lieferte. Nach einem Einbruch in einen Laden
in Altenhagen waren die beiden Diebe von einer Videokamera aufgezeichnet worden.
Ein Bekannter des Ladenbesitzers, der sich die Aufnahmen
angesehen hatte, erkannte zufällig die beiden Diebe in Hagen wieder und verfolgte sie
bis zu einem Hinterhof eines
Hauses. Die herbeigerufene
> Salzig e Sache: Fast vier
Tage lang hatte ein Linienbus
auf einem verschlossenen Betriebshof in Troisdorf gestanden, bevor das Fahrzeug erneut
zum Einsatz kam. Allerdings endete die routinemäßige Linienfahrt abrupt. Das Kontrolldisplay signalisierte dem Fahrer
plötzlich einen Motordefekt.
In der Werkstatt konnte dann
nur noch ein Totalschaden an
der Maschine festgestellt werden. Die Ursache: Unbekannte
Täter hatten Salz in den Öleinfüllstutzen geschüttet. Der
Schaden beläuft sich auf rund
15 000 Euro.
sm
>
torhaube war es für sie ein
Leichtes auch noch die beiden
Front-Xenonscheinwerfer
auszubauen und zu entwenden. Der Schaden an dem
Fahrzeug beläuft sich auf
6 ooo Euro.
> Arr est für Dicke: Damit Schüler in der Grafschaft
Denbighshire in Wales
während der Pausen nicht
länger ihr Geld für schädli-
Umtausch mit Fol gen: Ein junger Mann entwendete in einem Hildesheimer Kaufhaus einen MarkenJogginganzug im Wert von 80
Euro und entkam unbehelligt.
Dass er bei seinem Tun von
einer Überwachungskamera
gefilmt worden war, hat er sicherlich nicht bedacht, denn
sonst wäre er bestimmt nicht
auf die Idee gekommen, die
zu große Hose des Jogginganzugs umzutauschen. Da er an
> dbb magazin | Oktober 2007
47
kulisse
ches Fast-Food ausgeben, sollen sie eingeschlossen werden. Nur so seien sie davor zu
bewahren, noch dicker zu
werden. Nach Plänen der Bezirksverwaltung soll Schülern
nur dann der Arrest erspart
bleiben, wenn sie die Erlaubnis der Eltern haben, das
Schulgelände zu verlassen.
Promi-Koch Jamie Oliver, der
sich seit Längerem für gesünderes Essen an britischen
Schulen einsetzt, unterstützt
den Vorschlag. Kein Wunder,
seine eigene Ess-Kampagne
leidet nämlich unter mangelndem Zuspruch, weil viele
Schüler sich schlicht weigern,
seine Gesund-Kost zu essen.