in Chronic Care FAQ für die

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in Chronic Care FAQ für die
Master of Advanced Studies (MAS) in Chronic Care
FAQ für die (Haus-)Ärzteschaft, das Pflegemanagement und zukünftige
Studierende
1. Warum braucht es diesen Studiengang?
a) Von der Spitex, in Alters- und Pflegeheimen sowie in Spitälern werden immer mehr Menschen
mit Mehrfacherkrankungen und –beschwerden versorgt. Besonders in der häuslichen und stationären Langzeitversorgung stehen nicht immer Ärztinnen oder Ärzte zur Verfügung, die unmittelbar hinzugezogen werden können. Im telefonischen Kontakt mit Arztpraxen, die häufig stark
ausgelastet sind, braucht es ausgesprochen präzise und klinisch solide Informationen. Dafür
sind die zukünftigen klinischen Pflegeexpert/innen besonders trainiert. Sie werden in der Lage
sein, relevante Informationen zu den häufigsten geriatrischen Fragen und zu prävalenten chronischen Erkrankungen sowie Beschwerden und Befunde der Patient/innen oder Bewohner/innen im Detail an Ort und Stelle zu ermitteln und diese in professioneller Sprache mit ärztlichen Partner/innen zu besprechen. Somit erleichtern sie es insbesondere den Hausärzt/innen,
die dynamischen Entwicklungen im klinischen Alltag auf Distanz schneller einzuschätzen und
effizient darauf zu reagieren.
b) Die bisherigen MScN und MAS Studiengänge in der Schweiz bereiten ihre Absolvent/innen
noch ungenügend mit klinischen Fertigkeiten und entsprechendem Training für die Komplexität
der heutigen Versorgung hochaltriger und chronisch kranker Menschen vor. Der Ausbau klinischer Kompetenzen ist angezeigt. Dies ermöglicht, die herausfordernden Probleme des heutigen Alltags im Pflegeheim und Spitexbereich, aber auch in Spitälern, zu erheben und (soweit
möglich) zu beheben. Mit dem Studiengang wird diesem Defizit entgegen gewirkt.
c) Es gibt immer mehr hochaltrige und chronisch kranke Menschen, die zuhause leben und dort
auch sterben wollen. Ergänzend zu den in der Nationalen Palliative Care Strategie vorgesehenen Pflegefachpersonen mit spezifischem Know-how, sollen auch Absolvent/innen des MAS in
Chronic Care dazu beitragen, dass keine unnötigen Spital- oder Heimeintritte erfolgen.
Vor diesem Hintergrund bezeichnen wir diese Pflegefachpersonen als klinische Pflegeexpert/innen. Sie sind Generalist/innen bezüglich Einsatzgebiet, aber spezialisiert auf klinische
Symptome bei prävalenten chronischen Krankheiten oder bei Hochaltrigkeit.
2. Wo arbeiten die Absolvent/innen?
Angestrebt wird, dass die Studierenden und später die Absolvent/innen vor allem in der Spitex und
in Pflegheimen arbeiten, da dort in der Regel die unmittelbare ärztliche Präsenz gering ist, aber die
Komplexität von Symptomen und Therapien zunimmt. Natürlich arbeiten Absolvent/innen auch im
Akutspital, denn hochaltrige oder chronisch kranke Patient/innen sind dort bei akuten Verlaufssituationen häufig hospitalisiert und benötigen einen gut koordinierten und klinisch fundierten Ein- und
Austritt, speziell unter den geltenden Finanzierungsbedingungen in Spitälern (SwissDRG).
3. Was soll sich für die Hausärzt/innen und Geriater/innen in Pflegezentren verbessern?
Die klinischen Pflegeexpert/innen dienen als Kontaktstelle und koordinieren Anfragen an den
Hausarzt oder die Hausärztin, beschreiben den Gesundheitszustand exakt, stellen nötige Informationen zur Verfügung und sorgen dafür, dass ärztliche Anweisungen in die Praxis umgesetzt, und
dass Erfolg oder Verlauf rückgemeldet werden. Die Arztpraxis wird so von unkoordinierten Anrufen
und Entscheidungen entlastet und kann sicher gehen, dass die Patient/innen oder Bewohner/innen
zuhause oder im Heim gut betreut sind. Die umfassende klinische Erfahrung und das Wissen der
Hausarztpraxis werden effizienter und zeitsparend umgesetzt. Das ist ein wichtiger Faktor bei der
Verknappung der Hausarztpraxen in den nächsten Jahren.
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4. Was machen klinische Pflegeexpert/innen im Berufsalltag?
Die klinischen Pflegeexpert/innen sind auf die Gesundheitsbedürfnisse und Symptome von chronisch kranken Menschen jeglichen Alters spezialisiert, die zu Hause und im Heim leben oder wenn
nötig im Spital betreut werden. Sie erarbeiten zusammen mit dem Hausarzt oder der Hausärztin
die Betreuungs- und Therapiestrategie und sorgen dafür, dass diese in der Praxis greifen, indem
sie ihre diplomierten Pflegekolleg/innen HF/FH, Fachfrauen/männer Gesundheit (FAGE), Betagtenbetreuer/innen usw. beraten und unterstützen. Bei Fragen sind sie die ersten Ansprechpartner/innen für die Hausarztpraxis. Sie können Anliegen, Probleme und Fragestellungen so bündeln,
dass bei Anfragen in der Arztpraxis schnell ein klares Bild entsteht. Es ist ihre Aufgabe, ein erweitertes Assessment durchzuführen, um relevante klinische Daten effizient mitzuliefern aber auch mit
zu interpretieren. Neben den üblichen Vitalzeichen, der klinischen Diagnoseliste und den Medikamenten sind auch trainierte Beobachtungen zum Körperstatus und Resultate validierter klinischer
Instrumente wichtig (z.B. geriatrische Depressionsskala). Die klinischen Pflegeexpert/innen erstellen keine medizinischen Diagnosen und verschreiben keine Medikamente. Sie unterstützen aber
wesentlich die ärztliche Tätigkeit, in dem sie komplexe Versorgungsalgorithmen gemeinsam besprechen und umsetzen. Besuche im Pflegeheim und bei Spitex-Patient/innen können so reduziert
und der Therapieverlauf optimiert werden. Schliesslich unterstützt sie die Patient/innen durch Methoden der Selbstmanagementförderung, die wiederum die ärztlich geplanten Therapien und Medikationen unterstützen (Lorig, 2011).
5. Gibt es da nicht Doppelspurigkeiten mit der (haus-)ärztlichen Tätigkeit?
Die Studierenden haben in ihrem Bachelorstudium gelernt, einen Ganzkörperstatus am gesunden
Menschen zu erheben. Im „MAS in Chronic Care“ liegt der Fokus auf dauerhaften Gesundheitsproblemen. Hier werden die Fertigkeiten einer symptomfokussierten Untersuchung vertieft und
gesichert. Praktischer Nutzen davon kann sein, dass die klinischen Pflegeexpert/innen aus der
Spitex oder aus dem Pflegeheim eine Hautinspektion, eine Lungenauskultation, oder eine kursorische Abdominaluntersuchung machen können. Die dabei gewonnenen Informationen verdichten
die dem Arzt/der Ärztin gemeldeten Vitalwerte und ersparen u.U. einen oder mehrere Haus- oder
Heimbesuche. Diagnose und Verordnungen können gezielter wiederum von Hausärzt/innen erstellt
werden. Anstatt Doppelspurigkeiten entsteht so ein partnerschaftlicher Informationsaustausch von
hoher Qualität und ganz im Sinne der individuellen Patient/innen.
6. Werden diese hochqualifizierten Pflegefachkräfte wirklich weiter in der Praxis arbeiten?
Eine jüngst publizierte Studie zeigt, dass der Mangel an Pflegefachpersonen in Heimen und in der
häuslichen Gesundheitsversorgung u.a. durch die hohe Belastung und Verantwortung resultiert,
die durch die Komplexität und Diversität der Patient/innen bedingt ist (Tummers, Groeneveld, &
Lankhaar, 2013). In den meisten Spitälern sind die Patientengruppen auf spezialisierten Abteilungen wie Chirurgie, Medizin, Neurologie etc. viel homogener. Spitex- und Heimpersonal sehen das
ganze Spektrum prävalenter chronischer Krankheiten und Symptome bei Hochaltrigkeit. Klinische
Pflegeexpert/innen unterstützen die Teams spürbar. Sie sind unmittelbar in der Praxis tätig. Darüber hinaus tragen sie zur längeren Verweildauer von Patient/innen zuhause bei (Bourbonniere &
Evans, 2002; Donald et al., 2013). Erfahrungen der am Studiengang beteiligten Pflegewissenschaftler/innen und Mediziner/innen haben im In- und Ausland gesehen, dass Hausärzt/innen
durchaus positiv auf klinische Pflegeexpert/innen mit Know-how im Chronic Care Management
reagieren.
7. Warum sollen die Studierenden die Körperuntersuchung lernen bzw. vertiefen?
Die Körperuntersuchung ist die wichtigste Quelle primärer objektiver klinischer Daten. Sie gehört
daher heute in der Schweiz schon zur Standardausbildung im Bachelor Programm Pflege (BScN)
(Lindpaintner et al., 2009) oder in zahlreichen Weiterbildungsstudiengängen (MAS). Somit erwerben Pflegefachpersonen eine geteilte professionelle Sprache mit ihren engsten klinischen Partnern, der Ärzteschaft. Allerdings bietet die Mehrzahl der Studiengänge nicht genügend Lernzeit,
um Routine und Sicherheit bei der Körperuntersuchung und der Interpretation von Befunden in der
Praxis zu erlangen. Damit dies möglich wird, muss das entsprechende Training in der Praxis angesiedelt sein – am besten dort, wo die Patient/innen mit prävalenten chronischen Krankheiten
leben und die ambulante, häusliche oder stationäre Langzeitversorgung üblicherweise in Anspruch
nehmen.
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8. Wie kann die Praxis sicherstellen, dass ihre Anliegen und Bedürfnisse in den Studiengang einfliessen?
Das Projektteam und die Kalaidos Fachhochschule Gesundheit erfassen in Gesprächen mit
Ärzt/innen, dem Pflegemanagement und Pflegewissenschafter/innen in der Praxis heute schon die
Bedürfnisse und Anliegen. Daraus ergaben sich diese FAQ. Die Studierenden werden gebeten,
alle Erfahrungen und Anliegen aus dem ärztlichen Mentorat zur Studiengangsleitung und zurück in
den Unterricht zu bringen, wo sie ausgewertet und wiederum für den nächsten Praxiseinsatz bewertet werden.
9. Wie soll die Tätigkeit von klinischen Pflegeexpert/innen finanziert werden?
In der Schweiz ist die Position dieser Funktion noch recht neu, und es gibt kaum definierte oder
gar flächendeckende Finanzierungsmodelle. Denkbar ist bereits heute eine Anstellung bei der Spitex, im Heim oder im Spital, die über das reguläre Budget finanziert wird. Auch eine freischaffende
Tätigkeit ist möglich, in der das Know-how z.B. für verschiedene Spitex-Organisationen angeboten
wird. Eine Vergütung der Aufgaben klinischer Pflegeexpert/innen in der Primärversorgung, beispielsweise als Angestellte in Gruppenpraxen/Gesundheitszentren, ist zukünftig nicht auszuschliessen, denn der Einsatz dieser Art hochkompetenter klinischer Fachpersonen trägt massgeblich zur Qualität und Effizienz im Gesundheitswesen bei. Eine entsprechende Entwicklung in anderen Ländern ist schon längst etabliert.
Zukünftig sind auch Kapitationsmodelle in Zusammenarbeit mit Krankenkassen denkbar, wie es
sie im Ausland bereits erfolgreich gibt, z.B. beim Kooperationspartner der Kalaidos Fachhochschule Gesundheit, dem „Visiting Nurse Service of New York“ (Johnson & McCarthy, 2013). Diese Spitex-Organisation hat mit Langzeitpflege-Versicherungen Budgetvereinbarungen getroffen. Um erfolgreich zu sein, erhalten die vulnerabelsten Patient/innen die am besten ausgebildeten Pflegefachpersonen zur Seite.
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Wer weitere FAQ zum Studiengang hat, ist herzlich gebeten, diese an die Projektleiterin,
Frau Margot Klein, MScN, zu senden: [email protected]
Literatur
Bourbonniere, M. & Evans, L.K. (2002). Advanced Practice Nursing in the care of frail older adults. Journal of the American Geriatrics Society, 50, 2062-2076.
Johnson, M.B. & McCarthy, D. (2013). The Visiting Nurse Service of New York’s Choice Health Plans: Continuous care
management for dually eligible Medicare and Medicaid beneficiaries. Case study. New York: The Commonwealth
Fund.
(http://www.commonwealthfund.org/~/media/Files/Publications/Case%20Study/2013/Jan/1659_McCarthy_care_trans
itions_VNSNY_case_study_v2.pdf, Zugriff am 1.3.2013).
Lorig, K. (2011). Gesund und aktiv mit chronischer Krankheit leben. (Hrsg. Kickbusch, I. & Haslbeck, J.). Zürich: Careum
Verlag.
Lindpaintner, L.S.; Bischofberger, I.; Brenner, A.; Knüppel, S.; Scherer, T.; Schmid, A.; Schäfer, M.; Stoll, H.R.; Stolz
Baskett, P.; Weyermann-Etter, S. & Hengartner-Kopp, B. (2009). Defining clinical assessment standards for bachelor’s-prepared nurses in Switzerland, Journal of Nursing Scholarship, 41(3), 320-327.
Tummers, L.G.; Groeneveld, S.M. & Lankhaar, M. (2013, Sept 9, Epub ahead of print.) Why do nurses intend to leave
their organization? A large-scale analysis in long-term care. Journal of Advanced Nursing. doi: 10.1111/jan.12249.
Stand, 15.2.2014
Praxispartner für das ärztliche Mentorat
Praxispartner für die Lehre
Kalaidos Fachhochschule Gesundheit - Pestalozzistrasse 5 - CH-8032 Zürich, Tel. +41-(0)43 222 63 00
www.kalaidos-gesundheit.ch
Kalaidos Fachhochschule Gesundheit – Ein Unternehmen der Stiftungen Careum, Kalaidos Fachhochschule und WE’G
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