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THE OTHER haben binnen kürzester Zeit den Thron der
deutschen Horror-Rocker erklommen. Anlässlich der
Veröffentlichung des neuen Albums WE ARE WHO WE EAT
haben wir uns mit ROD USHER, dem Leadsänger der
Kölner Madmen getroffen und ihn zur neuen Scheibe, dem
anstehenden FIENDFEST und anderen Dingen befragt.
Virus: Hallo Rod, für dich und deine Band hat sich ja binnen weniger Jahre unheimlich viel
getan. Deine Band THE OTHER bringt gerade ihr zweites Album raus, dein Label FIENDFORCE RECORDS beschert uns einen Hammer-Output nach dem nächsten und auch das FIENDFEST, DAS Musik-Event für Horror-Fans findet in Kürze wieder statt. Wie lässt sich all dies
zeitlich vereinbaren?
Rod Usher: Als Untoter muss ich nicht schlafen und kenne keinen Stress. Nee, Scherz beiseite: Es
ist wirklich schwer, denn ich muss ja auch noch nebenbei einem regulären Job als Redakteur
nachgehen. Aber ich kann nicht anders. Es ist einfach großartig, für Bands, die man selber
liebt, zu arbeiten und die euphorischen Reaktionen und die Unterstützung der Fiends zu erleben. So müssen eben Abende und Wochenenden dran glauben. Glücklicherweise wird
FIENDFORCE ja von PADDY SCUM und mir zusammen betrieben und auch meine Freundin
unterstützt mich sehr.
Virus: Erzähl uns zunächst etwas zu eurer neuen Scheibe. Was hat sich seit dem letzten Output
THEY’RE ALIVE verändert? Wie habt ihr euch weiterentwickelt?
Rod Usher: Vorweg: WE ARE WHO WE EAT wird ein Album, das die Genre-Bezeichnung
Horrorpunk zu 138 Prozent verdient hat. Es gibt wieder die typischen düsteren Melodien
gepaart mit einprägsamen Refrains, die „crooning“ vocals und die Horror-Thematik. Trotzdem
haben wir uns musikalisch etwas vom Einfluss der Misfits fortbewegt und uns geöffnet.
Teilweise sind wir noch düsterer geworden, teilweise noch eine Kante Härte draufgelegt. Die
Bandbreite geht von Goth-Punk über Metal-Riffs bis zum Rock ‘n’ Roll, eben eine Stil-Vielfalt,
die Horrorpunk ausmacht. Wenn ich Künstler nennen müsste, die mich persönlich in den letzten zwei Jahren beeinflusst haben, dann wären das wohl THE DAMNED und NICK CAVE.
Virus: Gibt es textlich so etwas wie ein Konzept oder sind die Songs von verschiedenen Dingen
inspiriert?
Rod Usher: Es gibt sicherlich kein durchgehendes Konzept, aber wir haben noch mehr an psychologischem Horror gearbeitet. Gerade das Außenseitertum und die Einsamkeit haben es mir
textlich sehr angetan, denn die klassischen Monster sind ja auch oft eigentlich Metaphern für
Menschen oder Dinge, die nicht in die Gesellschaft passen, gejagt werden oder allein sind. Es
geht oft darum, selber Normen aufzubrechen und Grenzen zu überschreiten oder mehr
Toleranz zu entwickeln. Wer jedoch nicht zwischen den Zeilen liest, wird einfach „nur“ nette
Horror-Storys über Monster, Psychopathen und Vincent Price-Filme finden.
Fotos: www.angst-im-wald.com
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Virus: Euer Make-Up ist im Gegensatz zu vielen anderen Bands des Genres sehr aufwändig.
Sind die einzelnen Charaktere an bekannte Figuren angelehnt oder selbst erdacht?
Rod Usher: Teils, teils. Wir haben uns große Mühe gegeben, vier verschiedene Charaktere zu entwickeln und auch ein Profil für jeden von uns angelegt. Im Booklet von WE ARE WHO WE
EAT hat daher auch jeder von uns ein eigenes Szenario erhalten, dass seiner Figur entspricht:
Ähnlich wie der literarische ROD(ERICK) USHER, der möglicherweise geistig labil ist, bin ich
als Psychopath auf einem elektrischen Stuhl gefangen. DOC CALIGARI leitet keine Anstalt wie
im Film und tötet lieber selbst, da seine Experimente selten gut ausgehen. SARGE VON ROCK
ist der gefühllose Jäger, der mit Axt und Flinte keine Gefangenen macht und ANDY ONLY ist
das böse, entstellte Familienmitglied der ONLYS aus New Jersey, welches sich aus seinem
Gefängnis befreit und nach Rache schreit.
Virus: Habt ihr mal daran gedacht, eurer Bühnenshow, die ja ohnehin schon
sehr finster ist, durch Bühnenbauten oder Darsteller, noch mehr HorrorTouch zu verleihen?
Rod Usher: Ja, schon jetzt verteilt ja DOC CALIGARI auf der Bühne die Augen
des Publikums der vergangenen Konzerte an die Zuschauer und lässt die
Fiends das Blut unserer Opfer trinken. Aber da wir stetig am THE OTHERKonzept feilen, wird auch die Bühneshow hoffentlich bald noch einige
Elemente enthalten, die auf unsere Charaktere zugeschnitten sind. Für das
SUMMER BREEZE-Festival, auf dem wir dieses Jahr spielen, haben wir uns
beispielsweise etwas noch blutigeres für unseren lieben Doktor ausgedacht … Aber das Ganze soll trotzdem nicht übertrieben sein und von der
Musik ablenken. Wir wollen nur etwas mehr Atmosphäre erzeugen.
Virus:Auf der Webseite deines Labels FIENDFORCE RECORDS gibt es nicht nur Infos zu den aktuellen Releases, sondern auch einen Shop. Was wird
dort angeboten?
Rod Usher: Natürlich alle FIENDFORCE-Releases zu konkurrenzlos günstigen Preisen, außerdem CDs und LPs von hunderten von Bands, die irgendwie mit dem Horror-Genre zu tun
haben. Weiterhin verschiedene Shirts und andere MerchandiseArtikel und schwer zu bekommende Dinge, wie Universal Monster
Figuren oder Importe aus Japan oder USA. Wenn alles gut läuft, werden wir
noch dieses Jahr in Hamburg einen Laden eröffnen. Aber das ist
Zukunftsmusik und nicht sicher.
Virus: Das von dir ins Leben gerufene FIENDFEST findet im April zum zweiten Male in Deutschland statt, es gab aber bereits im Januar auch erstmals
ein FIENDFEST ins Los Angeles. Erzähl uns, wie es dazu kam.
Rod Usher: Eine sehr schöne Sache für uns, die allein auf das Engagement der
FIENDFORCE-Bands zurückzuführen ist. DANIEL DeLEON, Sänger der
REZUREX, ist großer Fan von NIM VIND und wollte sie gerne von
Vancouver nach L.A. holen. Da beide Bands auf FIENDFORCE sind, hat
Daniel zusammen mit einem bekannten Booker in Hollywood die Idee
gehabt, ein FIENDFEST zu veranstalten. Dazu wurden dann auch noch
FRANKENSTEIN eingeladen, die aus L.A. kommen, und SHADOW REICHENSTEIN, die auch Texas anreisten, aber noch weitere Gigs in der
Gegend spielen konnten. Dazu kamen noch die COFFIN DRAGGERS, die
zwar nicht auf FIENDFORCE, aber eine sehr gute Band sind. Das Fest fand
im wunderbaren KEY CLUB, direkt auf dem Sunset Strip statt und mir
wurde berichtet, dass der 800 Menschen fassende Club sehr voll gewesen
sein soll. Jedenfalls waren alle total begeistert …
Virus: Welche Bedingungen muss eine Band erfüllen, damit du sie für
dein Label signest?
Rod Usher: Sie muss irgendwie zum Thema Horror passen. Egal ob
in Outfit, Artwork oder Lyrics. Weiterhin legen wir Wert auf
eine musikalische Ausrichtung, die irgendwo zwischen
Punk-Rock, Psychobilly und Deathrock liegt. Wenn Paddy
und ich dann noch das Album für eine Woche jeden Tag
hören können und es noch immer großartig finden,
dann steht einer Veröffentlichung nichts im Wege.
Wir selbst sind wohl die größten Fans von NIM
VIND, SHADOW REICHENSTEIN, BLITZKID,
etc. und die Reaktionen von Fans und Presse
scheinen zu beweisen, dass wir da einen
ganz guten Riecher haben.
Virus: Erzähl uns etwas zum Line-Up des kommenden FIENDFESTs in
Solingen.
Rod Usher: Wir haben für das FIENDFEST einige unseren internationalen
Bands nach Deutschland geholt und Touren für die Bands um das Festival
herum gebucht. Diesmal sind SHADOW REICHENSTEIN, FRANKENSTEIN
und NIM VIND aus Übersee dabei, THE OTHER und die CRIMSON GHOSTS
aus der Heimat und ZOMBINA AND THE SKELETONES – als einzige NichtFIENDFORCE-Band – aus UK. Wir sind so stolz darauf, diese Bands alle versammelt zu haben und rechnen mit einer Wahnsinns-Stimmung, die sogar
das letzte Festival übertrifft.
Virus: Aus welchem Grund wurde die Location gewechselt?
Rod Usher: Das AJZ Bahndamm – mein Lieblingsclub in ganz Deutschland – ist
leider zu klein. Im letzten Jahr war das Festival sofort mit 350 Leuten ausverkauft und wir mussten über 200 nach Hause schicken. Die Cobra in
Solingen bietet dafür einen schönen großen Raum, bessere Verkehrsanbindung und eine sehr große Bühne. Für Bands und Fans wird es auf
jeden Fall angenehmer, so dass diesmal auch jeder etwas sehen kann. Auch
ist viel mehr Platz für Verkaufsstände. Wir werden sogar ein HorrorFotoshooting mit TIM C. ROCHELS veranstalten und die coolsten Kostüme
der Fiends für die DVD festhalten!
Virus: Mit welchen Veröffentlichungen
können wir in Zukunft rechnen?
Rod Usher: THE OTHER am 14.4.,
gefolgt von den CRIMSON
GHOSTS und BLITZKID. Weiterhin steht ein neues Werk von
FRANKENSTEIN auf dem
Plan. Ansonsten gibt es
sicherlich irgendwann den
dritten Teil unserer
Compilation THIS IS
HORRORPUNK.
Das Interview führte Marcus Menold
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