neymar robinho war mein grosser held sepp blatter fans

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neymar robinho war mein grosser held sepp blatter fans
NR. 33/2015, 21. AUGUST 2015
DEUTSCHE AUSGABE
Fédération Internationale de Football Association – Seit 1904
Ernährung im Fussball
FOODBALL
NEYMAR
ROBINHO WAR
MEIN GROSSER HELD
SEPP BLATTER
FANS MÜSSEN
RESPEKT ZEIGEN
CLUB LICENSING
DIE FRÜCHTE DER
GUTEN ADMINISTRATION
W W W.FIFA.COM/ THEWEEKLY
NR. 33/2015, 21. AUGUST 2015
DEUTSCHE AUSGABE
Fédération Internationale de Football Association – Seit 1904
Ernährung im Fussball
FOODBALL
NEYMAR
ROBINHO WAR
MEIN GROSSER HELD
SEPP BLATTER
FANS MÜSSEN
RESPEKT ZEIGEN
CLUB LICENSING
DIE FRÜCHTE DER
GUTEN ADMINISTRATION
W W W.FIFA.COM/ THEWEEKLY
D I E W O C H E I M W E LT F U S S B A L L
6
15
Türkei
Die drei Spitzenklubs Fenerbahçe, Galatasaray
und Beşiktaş rüsteten für die neue Saison kräftig
auf und träumen von glanzvollen alten Zeiten.
16
Klub-Lizenzierungssystem
Mit ihrem Standardisierungsprogramm möchte
die FIFA die Entwicklung des Klubfussballs
stärken. Club América gilt als Vorzeigeverein.
23
Nord- und Mittelamerika
35 Mitglieder
www.concacaf.com
Foodball
Der Körper ist das Kapital eines jeden Fussballers. Dass es für die richtige Ernährung nicht
immer nur Nudeln sein müssen, weiss Holger
Stromberg, Koch der deutschen Nationalmannschaft, und verweist auf die Notwendigkeit
abwechslungsreicher Nahrung. Sarah Steiner
über Energiehaushalte, Wasserspeicher und den
kulinarischen Schlüssel zum Erfolg.
S epp Blatter
“Die Zuschauer können sich über das Gebotene
ärgern, sie können pfeifen, und sie können das
nächste Mal zu Hause bleiben. Aber sie dürfen
niemals ins Geschehen eingreifen”, sagt der
FIFA-Präsident in seiner wöchentlichen Kolumne.
Südamerika
10 Mitglieder
www.conmebol.com
24
Keine Grenzen
Blinden- und Zerebralparese-­
Fussball begeisterte in Toronto.
(Im Bild: Ricardinho)
18
Neymar
Der brasilianische Superstar über
Vorbilder, Freunde und Traumtore.
George Coppock / Getty Images
The-FIFA-Weekly-App
The FIFA Weekly, das Magazin der FIFA,
erscheint jeden Freitag in vier Sprachen und
ist auch auf Smartphone und Tablet kostenlos
verfügbar. http://de.fifa.com/mobile
2
T H E F I FA W E E K LY
U17-Weltmeisterschaft
17. Oktober – 8. November 2015, Chile
Suhaimi Abdullah / Getty Images, Pedro Paulo Ferreira / FotoArena
Foodball
Was essen Profifussballer?
Bestimmt ab und zu auch einen Apfel!
D I E W O C H E I M W E LT F U S S B A L L
Europa
54 Mitglieder
www.uefa.com
Afrika
54 Mitglieder
www.cafonline.com
Asien
46 Mitglieder
www.the-afc.com
Ozeanien
11 Mitglieder
www.oceaniafootball.com
28
All-Star-Team
23 Spielerinnen der WM 2015 in
Kanada schafften es in die All-StarAuswahl. (Im Bild: Megan Rapinoe (r.)
und Heather O’Reilly)
Schueler / Eibner-Pressefoto, Stuart Franklin / FIFA via Getty Images
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Deutschland
Borussia Dortmund setzt beim
Bundesligaauftakt ein Ausrufezeichen.
(Im Bild: Marco Reus)
T H E F I FA W E E K LY
3
UNCOVERED
Mahlzeit!
D
er deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach (1804 – 1872) dribbelte seine Gedanken durch die Geistesgeschichte, schlug
Haken, schnell und wendig wie ein Fussballer – obwohl doch
der Fussball erst ein Jahr nach dem Tod des Gelehrten den Weg
in die deutschen Lande fand. “Der Mensch ist, was er isst’’, lautet
eine von Feuerbachs Maximen. Hätten die Profifussballer doch
schon viel früher auf ihn gehört!
Fussballer essen heute äusserst bewusst, lassen sich in Ernährungsfragen beraten, helfen und anleiten. Sie wissen, dass “sie
sind, was sie essen.” Und sie wissen, dass das nicht nur am Tisch
stimmt, sondern eine Lebensauffassung beschreibt, eine gesamtheitliche Einstellung, die Einsicht, sich gesund ernähren zu müssen. Ab Seite 6 läuft Ihnen das Wasser im Munde zusammen! Å
Mario Wagner / 2Agenten
Perikles Monioudis
T H E F I FA W E E K LY
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Kavel Rafferty / Die Illustratoren
FUSSBALL UND ERNÄHRUNG
6
T H E F I FA W E E K LY
FUSSBALL UND ERNÄHRUNG
ZU TISCH!
Eine gesunde Ernährungsweise ist heute im
Fussball selbstverständlich. Was genau darunter zu
verstehen ist, beschreibt Sarah Steiner.
Mit Illustrationen von Kavel Rafferty.
D
“
u bist, was du isst!” Die Aussage des deutschen Philosophen Ludwig Feuerbach ist
zwar über 150 Jahre alt, an
Bedeutung hat sie aber bis
heute nicht verloren. Auch
nicht im Fussball. Der Spieler muss Leistung bringen
und ­damit er dazu fähig ist,
braucht er Energie. Dieser
einfache Rückschluss bezieht sich aber auf weit
mehr als nur auf das ­Essen.
Arsenal-Trainer Arsène Wenger sagte einmal
treffend: “Essen ist wie Treibstoff. Wenn du
dein Auto mit dem ­falschen auftankst, fährt
es nicht.” Ähnlich verhält es sich mit dem
Körper. Durch Ernährung versorgt ihn der
Spieler mit den lebenswichtigen Stoffen,
d amit er funktionieren kann. Der Körper
­
wiederum ist das wichtigste Kapital des Spielers. Kein Wunder also nimmt die Ernährung
im Spitzenfussball eine enorm wichtige Rolle
ein. Wer sich richtig ernährt, erholt sich
b esser, kann sein ideales Körpergewicht
­
­halten und verringert das Verletzungsrisiko.
Doch das war nicht immer so. Früher galt
Schnitzel mit Pommes frites als guter Energielieferant. Und auch das Bier nach dem
Spiel durfte oft nicht fehlen. Heute ist solches
beinahe undenkbar.
Fussball ist eine Ausdauersportart. Der
Spieler befindet sich im Normalfall zu mehr als
70 Prozent in einer Belastungsphase von niedriger Intensität. Doch die Herzfrequenz und
die Körpertemperatur weisen darauf hin, dass
der Energiebedarf trotzdem hoch ist. Dies liegt
an den intervallartigen Höchstleistungs­
einheiten. Zwischen 150 und 250 solcher Einheiten leistet ein Spieler pro Partie. Er läuft
10 bis 15 Kilometer, davon im Durchschnitt 600
Meter im Voll­sprint, 2,4 Kilometer mit hoher
Intensität. Über die gesamte Spieldauer liegt
der Herzschlag bei 85 Prozent der maximalen
Frequenz, der S
­auerstoffbedarf steigt auf
70 Prozent der ­maximalen Aufnahmekapazität. 1800 Kilo­k alorien (kcal) verbraucht ein 75
Kilogramm schwerer Spieler durchschnittlich.
Höchstleistung also!
Mehr als nur Pasta
Wie wichtig die richtige Ernährung ist, weiss
auch Holger Stromberg. Seit acht Jahren ist er
der Koch des deutschen Nationalteams. Im Juli
2014 feierte er mit ihr den Weltmeistertitel. “Als
Oliver Bierhoff 2006 auf mich zukam und mich
fragte, ob ich für die deutsche Nationalmannschaft kochen möchte, war mir ein Umdenken
wichtig. Ich wollte nicht nur der Koch sein, der
die Pasta aufwärmt, sondern dem Part Ernährung einen höheren Stellenwert beim Fussball
verschaffen”, sagt der 43-Jährige. Und Holger
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FUSSBALL UND ERNÄHRUNG
Stromberg hat es geschafft. Dahinter steckt
eine minutiöse Planung und Ware von höchster
Qualität. Die Spieler wissen dies zu schätzen.
“Fussballer bekommen schon von Kindheit an
Pasta, Pasta, Pasta. Heute ist das die Abteilung
Beilage. Daher freuen sie sich über neue Alternativen, denn für die tägliche Zufuhr an Kohlenhydraten braucht es nicht unbedingt immer
Nudeln. Auch ein Graupensalat oder Couscous
ist ganz wunderbar geeignet”, so Stromberg.
Kohlenhydrate nehmen in der ausgewogenen Ernährung von Spitzensportlern den
grössten Bestandteil ein. Um einwandfrei zu
arbeiten, braucht unser Körper bestimmte
Nährstoffe. Das sind neben den Kohlenhydraten in grösseren Mengen Eiweiss und Fette als
Grundbaustoffe sowie in kleineren Mengen
­Vitamine, Mineralien und Spurenelemente als
Vitalstoffe, die vom Stoffwechsel so umgebaut
werden, dass daraus Zellen, Gewebe, Knochen
Michael Agel
Schneiden, braten, rühren Lukas Podolski (l.) mit Holger Stromberg, Koch der deutschen Nationalmannschaft.
Fussballer begeistern mit ihrer Disziplin
im Training, ihrer Dynamik auf dem Platz
sowie ihrem Sinn fürs kreative und
schöne Spiel. Gleichzeitig sorgen sie
aber auch immer wieder für kulinarische
Anekdoten am Rande des Fussball­
feldes. Mit einer kleinen Auswahl an
Ess- und Trinkgeschichten tauchen wir
ein in eine Welt, in der trotz Ernährungs­
plänen auch einmal zu einem fettigen
Burger gegriffen werden dar f, Bananen
und Kaffee eine bedeutende Rolle spie­
len und das Finale im europäischen
­L andesmeisterpokal 1969 durch einen
vergessenen Kaugummi entschieden
wurde.
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T H E F I FA W E E K LY
FAST-FOOD-GELÜSTE
“Trainer, wir würden so gerne ein paar Burger
essen.” Der Wunsch der dänischen Nationalelf
vor dem EM-Halbfinale 1992 wurde tatsächlich
erhört. Geschadet hat der Stopp im Fast-FoodLokal offenbar nicht, denn die Dänen wurden
überraschend Europameister.
DER GESCHMACK DER HEIMAT
Es war einmal der fünftgrösste
Bananen-Exporteur der Welt, dessen
Nationalmannschaft die Qualifikation
für die Weltmeisterschaft 2014 in
Brasilien er folgreich bestritten hatte.
Das Team aus Ecuador bezog seine
Unterkunft im Land des Gastgebers
und hatte bei der Zusammenstellung
des Essens nur einen Wunsch:
Bananen! Die Hotel-Angestellten
wurden gebeten, den Spielern jeden
Tag einen frisch gefüllten Korb aufs
Zimmer zu bringen. Aber Vorsicht!
Brasilianische Bananen waren nicht
erwünscht, das Glücksbringer-Obst
sollte vielmehr aus der geliebten
Heimat geliefert werden.
Illustrationen: Kavel Rafferty / Die Illustratoren
KULINARISCHE HÄPPCHEN AUS DER WELT DES FUSSBALLS
FUSSBALL UND ERNÄHRUNG
“Ich wollte nicht nur der Koch sein,
der die Pasta aufwärmt, sondern dem Part Ernährung einen
höheren Stellenwert beim Fussball verschaffen.”
Holger Stromberg
Marc Attkins / Offside
Prost! Die Regulierung des Flüssigkeitshaushaltes ist bei körperlicher Anstrengung von grösster Bedeutung.
und Muskeln aufgebaut und repariert werden
und vor allem Energie entsteht. Zudem brauchen wir Nährstoffe fürs Immunsystem. In der
optimalen Zusammenstellung dieser Bausteine
liegt der Schlüssel zum Erfolg. Je nach Tag
­variiert dieser Mix, denn ob der Spieler trainiert oder aber ein Spiel bestreitet, hat Einfluss
auf die Energieversorgung. Grundsätzlich gilt:
Lädt der Spieler seinen Energiespeicher nur
unzureichend auf, leidet er an Erschöpfung,
FARBENFROHER PASTA-GENUSS
Grün, weiss, rot: Die Farben der italienischen Flagge sind
bei den Azzurri auch in Bezug auf das Essen Programm.
Grünes Olivenöl, weisse Pasta, rote Tomaten:
Fertig ist laut Team-Ernährungsberaterin Elisabetta Orsi
die per fekte Mahlzeit vor dem Spiel.
FUSSBALL, WURST —
HAUPTSACHE ERFOLGREICH
Auf Nummer sicher
in Sachen Zukunftsplanung ging Uli
Hoeness. Neben seiner
Managerkarriere beim
FC Bayern gründete
er 1985 seine eigene
Fleischfabrik.
Mit Er folg: Täglich
werden bis zu vier
Millionen Hoeness-­
Würste verkauft.
Übrigens: Auch Ferenc
Puskas kannte sich in
diesem Metier aus.
Sein Vater war Metzger.
kann nicht oder nur ineffizient trainieren und
erhöht sein Verletzungsrisiko.
23 Profis, 23 Lieblingsspeisen
Auch wenn die Grundbedürfnisse an Nahrung
für alle dieselben sind, sind die Geschmäcker
der Spieler trotzdem verschieden. Der individuelle Bedarf hängt zudem stark von der Position, der körperlichen Verfassung sowie der
taktischen Rolle im Team ab. Und natürlich hat
ENERGIEZUFUHR AUF AUSTRALISCH
“Nicht ohne meinen Kaffee” lautete bei der WM 2014 in
Brasilien das Motto des australischen Teams. In der Nähe
der Zimmer wurde eine Kaffeemaschine aufgebaut, um das
Bedür fnis der Spieler nach Koffein zu stillen und sie für
die kommenden Aufgaben fit zu machen; eine Zeitung
dazu, und der Spieltag konnte kommen.
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Energiezufuhr Auch Pelé achtete auf seine Ernährung.
Liebeserklärung Dominic Oduro bringt seine Pizza-Leidenschaft zum Ausdruck.
IN DER RUHE LIEGT DIE KRAFT
Die richtige Vorbereitung ist der Schlüssel zum Er folg.
Torhüter Pepe Reina ver folgt deshalb sein eigenes Ritual:
zwei Schinken-Käse-Toasts und ein Glas Wein am Vorabend
eines jeden Spiels. Daraufhin kann er gut schlafen und
steht am nächsten Tag ausgeruht zwischen den Pfosten.
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DELIKATER TROPFEN
Während seiner Karriere
muss er weitestgehend
auf Alkohol verzichten,
aber er kann ihn
stattdessen ja herstellen! Andrés Iniesta vom
FC Barcelona besitzt in
seinem Heimatort ein
eigenes Weingut.
Seinem Anspruch nach
Per fektion will er auch
beim Keltern gerecht
werden: Er produziert
edle Spitzenweine für
Nobelrestaurants.
auch jeder Spieler seine persönlichen Vorlieben. “Es gibt keinen Masterplan. 23 Profis
­haben 23 und mehr Lieblingsgerichte. Der eine
mag gern Fleisch, der andere lieber Fisch oder
Gemüse, und manch einer hat einen süssen
Zahn, der auch zum Zug kommen will”, sagt
Stromberg. Der Spitzenkoch ist überzeugt:
“Sich auf Dauer gesund zu ernähren, funktioniert nur, wenn das Essen auch schmeckt.”
Glückliche Profis, die sich vom Deutschen
bekochen lassen dürfen. Doch nicht immer
­geniessen die Spieler diesen Service. In der spielfreien Zeit nimmt der Fussballer die Mehrheit
seiner Mahlzeiten ohne die Mannschaft ein. Vor
allem für junge Spieler ist das eine Herausforderung. Oft gerade erst von zu Hause ausgezogen,
haben sie zu wenig Erfahrung mit dem Kochen
und mit gesunder Ernährung. Viele Klubs legen
darauf seit einigen Jahren ein spezielles Augenmerk. Koch- und Einkaufskurse sind im Trainingsalltag der Jungen integriert. Wichtig ist
aber auch die Flüssigkeitsversorgung. Denn der
Körper reagiert bei erhöhter Anstrengung mit
Schwitzen, um die Körpertemperatur zu senken. Dies führt nicht nur zu einem Flüssigkeitsverlust, sondern auch zu einem Verlust an Salzen.
Im Ernstkampf kann die Energie- und Flüssigkeitszufuhr vor allem in der zweiten Halbzeit spielentscheidend sein, denn ist ein Spieler
ausreichend mit Energie versorgt, kann er sein
Geschick und sein Urteilsvermögen erhalten.
Es gilt, bis zum Ende Höchstleistungen abrufen
zu können. Denn viele Spiele werden in den
letzten Minuten entschieden.
“Nach dem Spiel ist vor dem Spiel”
Auch wenn der viel zitierte Satz von Sepp Herberger kaum auf die Ernährung abzielte, so
beschreibt er doch sehr genau die Anforderung
MENÜ À LA RONALDO
Was isst Weltfussballer Cristiano Ronaldo am liebsten?
Laut Hélio Loureiro, Koch der portugiesischen Nationalmannschaft, gehören das Fischgericht Bacalhau à Brás,
Risotto, Polenta und vegetarische Suppen dazu.
Ernährung ist Ronaldo wichtig, denn er ist überzeugt:
“Man kann ein fantastisches Talent haben, aber wenn man
die Regeln nicht befolgt, wird man nicht der Beste sein.”
Popperfoto / Getty Images, Rick Osentoscki / USA TODAY Sports
FUSSBALL UND ERNÄHRUNG
FUSSBALL UND ERNÄHRUNG
an sie. Erholung ist Teil der Vorbereitung auf
das nächste Spiel. Der Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes spielt dabei eine entscheidende
Rolle. Sowohl das Wasser, als auch die Salze
müssen ersetzt werden. Aber auch der Kalorienbedarf muss wieder gedeckt werden. “Nach
dem Spiel sollten die Kohlenhydratspeicher so
schnell wie möglich aufgefüllt werden. Am besten innerhalb der ersten 45 bis 60 Minuten,
zum Beispiel mit Nudeln oder auch mit einem
Snack oder mit Haferflocken-Bananen-Shakes,
die den Bedarf ebenfalls decken”, sagt Holger
Stromberg. Auch nach dem WM-Finale kümmerte sich der Koch um das leibliche Wohl
­seiner Schützlinge. “Klar war erst mal natürlich
nicht ans Essen zu denken. Nach 45 Minuten
kamen aber die Ersten und hatten Hunger”,
sagt Stromberg. Nudeln mit Tomatensauce
standen da schon bereit.
“Sich auf Dauer gesund
zu ernähren, funktioniert nur,
wenn das Essen auch
schmeckt.”
Illustration: C2/Kristina Rotach
Holger Stromberg
Milchreis mit Reismilch
Die WM in Brasilien war für alle Teams eine
­Herausforderung. Auch in Sachen Klima. Die
Hitze und die Feuchtigkeit des Landes hatten
auch einen Einfluss auf die Ernährung der Spieler. Eine Überhitzung kann lebensbedrohlich
sein und tritt schon bei einer Erhöhung der Körpertemperatur um zwei bis drei Grad ein. Ist das
Klima zu feucht, kann der Schweiss nicht von
der Luft aufgenommen werden und bleibt am
Körper haften. Es gilt hier, auf eine zusätzliche
Flüssigkeitsaufnahme zu achten. Auch Suppen
DIE MACHT DES ABERGLAUBENS
Kaugummi kauen erlöst den Raucher und kann
als Nikotinersatz fungieren. Die Beschäftigung der
Zähne beruhigt die Nerven. Geht es nach dem abergläubischen Johan Cruyff, dann können Kaugummis tatsächlich
auch zum Sieg führen. Der ehemalige Spieler von Ajax
Amsterdam hatte vor jeder Partie ein äusserst ungewöhnliches Ritual: Kurz vor Anstoss schlug er Torhüter
Gert Bals in den Magen und spuckte danach seinen
Kaugummi in die gegnerische Hälfte. Erst dann konnte
das Match für ihn starten. Was passiert, wenn das
Ritual nicht traditionsgemäss durchgeführt wurde,
er fuhr Cruyff am Abend im Europapokal der Landesmeister
gegen die AC Milan im Jahr 1969. Er schlug wie immer
seinem Torwart in den Bauch, doch als er sich seines
Kaugummis entledigen wollte, kam der Schock:
Cruyff hatte ihn tatsächlich vergessen – und die
Partie ging prompt 1:4 verloren.
VERRÜCKT NACH PIZZA
Miroslav Klose machte den Salto, die Kolumbianer tanzten:
Der Torjubel bietet allerlei Möglichkeiten. Dominic Oduro
von Columbus Crew sorgte nach seinem Treffer in der
MLS-Partie gegen Chicago Fire für kulinarische Feierbilder.
Er rannte zur Seitenlinie, schnappte sich einen
Pizzakarton und verzehrte ein Stück des Inhalts.
Seine Liebe ging gar so weit, dass er sich sein Leibgericht ins Haar rasierte.
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FUSSBALL UND ERNÄHRUNG
Tour de France,
1921
Die Schweizer
Henri Collé und
Charles Parel legen
im Dörfchen
Dalstein eine
Pause ein.
Ein Bier, bitte
Das praktische Sandwich wurde einst in der Not geboren – bei einer nächtlichen Partie Cribbage.
Für eine gute Konzentration schwört Schachweltmeister Carlsen hingegen auf Orangensaft.
Und die Radprofis von früher auf Bier und Wein.
Gefürchteter Hungerast
Der Mann spielte fürs Leben gern Cribbage,
ein Kar tenspiel f ür z wei Per sonen. Eine s
Nacht s im Jahr 1762 hielt eine Glückssträhne
so lange an, dass er sich z wei Weissbrot schei ben mit Roastbeef und Mayonnaise bestellte.
Weil die Zwisc henmahlzeit so wunder bar
schmeckte und wenig kostete, ernähr te er sich
während seines Gehirnspor t s nur noch davon.
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T H E F I FA W E E K LY
Weis sbr ot mag in Mengen unge sund s ein.
A b e r We i z e nm e hl h a t in d e r N o t e t wa s
­G ute s: E s f ühr t zu einem sc hnellen A ns tieg
d e s Blu t z u c ke r spie g e l s . A u s g e r e c hn e t im
du r c h s t r u k t u r i e r t e n Ra d s p o r t u n t e r l äu f t
den Prof is heute noc h der Fehler, sic h wäh rend de s Fahrens nic ht zu er nähren. Verge s sen zu e s sen wir k t sic h f atal aus.
Jan Ullr ic h beispielsweise hät te am 27. Juli
1998 ein Stüc k Weis sbrot oder eine Banane
vor dem Auf s tie g sehr gut ge tan. Er hät te
d ann m ö glic he r weis e die Tour d e Fr anc e
­g ewonnen. A ls der Hungeras t aber einset z te, war e s zu spät . Ullr ic h f ing an zu zit ter n,
weil sein Kör p er unter kühlt war. Er b ekam
R inge unter den Augen und büs s te Minute
um Minu t e ein. Vor ne f uhr R i vale Mar c o
­P antani davon. Ullr ic h ver lor an die sem Tag
nicht nur das Gelbe Tr ikot, sonder n auch die
Tour de Franc e. E s war die bit ter s te Nieder lage seiner Kar r iere.
D er Hunger as t , auc h “ der Mann mit dem
Hammer ” genannt, hat in den let z ten Jahr zehnten an Be deu tung gewonnen, weil die
Intensi tä t im Aus dauer sp or t zugenommen
hat . Man kann e s sich im moder nen Radspor t
oder Langlauf nicht mehr leis ten, kur zer hand
eine mehr minütige Tr ink- oder E s senspause
einzulegen. A n der Tour de Franc e war e s bis
in die 1970 er - Jahre üblich, das s die Fahrer,
wenn sie denn Dur s t hat ten, eine K neipe auf suchten und dor t eine Flasche Bier oder Wein
­b e s tellten. Die W ir te r ichteten sich für die se s
P r oze der e währ end der Rundf ahr t ein und
s c hr ie b e n e inf a c h die St ar t numm e r n d e r
­F ahrer auf. A bgerechnet wurde am Schlus s.
Begleit f ahr zeuge gab e s schon damals, aber
sie hat ten nicht die Er laubnis, die Radprof is
zu üb er holen und sie mit L eb ensmit teln zu
ver sor gen. Ein F ahr er heute ver zehr t wäh rend der ganzen Tour übr igens 30 K ilogramm
Kar tof f eln und 75 Bananen.
Leichte Kost beim Schach
Am Schachbret t ist die Nahrungszufuhr
­w e nig e r au s gie big. D or t häl t m an die K on z e n t r a t i o n i n d e r Re g e l m i t K a f f e e , Te e
o d e r Mine r alwas s e r au f r e c ht . D au e r t eine
Par t ie m al läng e r, e s s e n die Spie le r O b s t
o d e r g e t r o c k n e t e Fr ü c h t e . D e r N o r we g e r
Ma gnu s C ar l s e n t r ink t währ e nd d e s Spie l s
au s s c hli e s s li c h r e in e n O r an g e n s a f t . D e r
24 - Jähr ige gil t als der b e s te S c hac hspieler
d e r G e s c hic h t e un d h
­ a t t e s c h o n al s K in d
spezielle Essgewohnheiten. Er ass stat t
mi t d e r F amili e am T i s c h o f t n e b e n d e m
S c ha c hb r e t t .
Alan Schweingruber
AFP / PRESSESPORTS
Nicht alle Ger ichte sind komplizier t und auf
die kör per lic hen Bedür f nis se per f ek t abge s timmt . Das Sandwich is t eine eher pr imitive
K reation. Geteilte s Brötc hen, But ter, Salat,
z wei Scheiben Käse oder Fleisch, f er tig. W ie
all die elo quenten F er ns ehkö c he ha t auc h
der Br ite Jamie Oliver ver sucht, von ihm k re ier te Sandwichs zu kultiv ieren. Das is t ihm
ganz gelungen. A ngereic her t mit K räuter n,
Meer re t tic h oder einem Rump s teak sc hme cken sie kös tlich, sind aber meilenweit vom
simplen Or iginal ent f er nt . Das eigentlic he
Sandwich wurde Mit te de s 18. Jahr hunder t s
er f unden. Und natür lich, wie bei allen Er f in dungen, s treitet man sich heute noch dar ü b e r, we r e s d e nn w ir k lic h e r f un d e n h a t .
Durchge set z t hat sich die Ge schichte eine s
b r i t i s c h e n D ip l o m a t e n n am e n s S ir J o hn
­M ontagu, v ier ter Ear l of Sandwich.
FUSSBALL UND ERNÄHRUNG
und Tomatensaft sind zu empfehlen, da sie gute
Salzlieferanten sind. Stromberg rechnete bei
solchen klimatischen Bedingungen mit fünf
­Liter Wasser pro Tag und Spieler, an Spieltagen
gar mit zwei Litern mehr. Zudem hat der Koch
an der WM auch die Nahrungsmittel umgestellt
und sagt: “Auf Milchprodukte habe ich wegen
des heissen Klimas verzichtet.” Die Nationalmannschaft musste aber trotzdem nicht auf
eines ihrer Lieblingsgerichte verzichten.
“Milchreis gab es natürlich auch am Spieler-­
Büfett. Die Spieler mögen ihn einfach. Zudem ist
er eine Art Glücksbringer der Mannschaft.
­Daher bin ich in der Zubereitung auf Reismilch
ausgewichen. Das war eh gut. Denn tierische
Fette belasten besonders bei Hitze den Körper,
weil er viel Energie aufwenden muss, um sie zu
verdauen. Die Spieler haben sich ohne Milch­
produkte viel besser gefühlt.”
Franck Fife / AFP
Escribanos “Zaubertrank”
Nicht nur die Deutschen haben mit Holger
Stromberg einen absoluten Profi an ihrer Seite.
Auch im Klubfussball wird die Ernährung ­immer
professioneller. Vor allem der Spanier Antonio
Escribano gilt als Koryphäe auf diesem Gebiet.
Der Spezialist für Sporternährung hat schon viele Klubs beraten, darunter Atlético Madrid, Tottenham Hotspur und den FC Sevilla. Eine Geschichte aus dem Jahr 2006 ist den Spielern von
Schalke 04 noch in bester Erinnerung. Denn sie
glauben zu wissen, woran es lag, dass sie in der
Verlängerung des ­U EFA-Cup-Halbfinales gegen
Sevilla verloren. Escribano hatte den Spaniern
einen “Zaubertrank”, bestehend aus Bananen,
Orangen, Äpfeln, Pfirsichen und Melonen sowie
zwei Prozent Fructose, eingeflösst – das Ganze
wurde in Milch oder Wasser aufgelöst. Escribano
selber wollte hingegen nichts von e­ inem Zauber
wissen. Er habe lediglich ermittelt, wie viel Energie die Spieler in welcher Situation exakt benötigen und aufgrund dieses Wissens sein Getränk
zusammengestellt. Dieses sei ja auch in der Herstellung günstiger als all die isotonischen Sportgetränke, die es zu kaufen gibt.
Neben den isotonischen Sportgetränken
wurden zahlreiche Sportnahrungsmittel entwickelt, um dem Körper eine bestimmte Menge
an Energie und Nährstoffen in einer leicht zu
konsumierenden Form zuführen zu können.
Dies kann sehr wertvoll sein, um die speziellen
Bedürfnisse eines Spielers in Situationen zu
befriedigen, in denen gewisse Lebensmittel
nicht verfügbar oder unpraktisch zu konsumieren sind. Dies ist häufig kurz bevor, während oder nach einer Trainingseinheit der Fall.
Es gibt aber auch zahlreiche Sportnahrungsund Ergänzungsmittel zu kaufen, deren Wirkung nicht ausreichend e
­ rforscht ist. Oftmals
weisen die Hersteller nicht alle Inhaltsstoffe
auf der Packung aus, oder aber die Produkte
werden unter mangelnden hygienischen Bedingungen hergestellt. Entsprechend weist die
FIFA ihrem Leitfaden “Ernährung und Fussball” auf Gefahren hin: “Ein Spieler muss sich
des Grundsatzes der vollumfänglichen Haftung bewusst sein, wonach er für alles, was er
isst und trinkt, verantwortlich ist. Unwissenheit ist keine akzeptable Entschuldigung für
einen positiven Dopingtest. Alle Nahrungsergänzungsmittel sollten von einem Arzt geprüft
und, wenn auch nur der geringste Zweifel besteht, nicht verwendet werden.” Å
Die Rezepte auf Seite 11 stammen
aus Holger Strombergs “Das Kochbuch der
Nationalmannschaft” (Hamburg 2014,
Edel Books, 17.95 Euro).
Die Qual der Wahl Das französische Frauen-Nationalteam verpflegt sich am Buffet.
T H E F I FA W E E K LY
13
BLICK IN DIE LIGEN
I
N
Deutschland: Erste Bundesliga
Ist die BVB-“Gier”
zurück?
Perikles Monioudis ist Chef­
redakteur von The FIFA Weekly.
Mit dem 5:0 des Deutschen
Meisters FC Bayern München
gegen den in den vergangenen Jahren akut abstiegsbedrohten Hamburger SV hatte die Bundesliga am 14. August
ihren Start genommen – bevor einen Tag
später die weiteren Favoriten auf die
­Meisterschaft auf den Plan traten.
S
I
suchten kombinationsreich und fanden
inspiriert die Lücken in der Abwehr-Viererkette Gladbachs, die Trainer Favre in den
Innenpositionen für viele überraschend mit
zwei jungen Spielern besetzt hatte. Spätestens
nach dem vierten Treffer aber nahm der BVB
ein klein wenig den Druck vom Gegner, ohne
dass die Fohlen daraus auch nur annähernd
hätten Kapital schlagen können.
Der erfolgsbesessene, akribische Tuchel zeigte
sich nach der Partie froh darüber, dass sein
D
E
Team “in den Zweikämpfen keinen Millimeter
hergegeben und das Tempo hochgehalten”
habe. So mancher fragt sich in Deutschland
nun, ob die medial viel bemühte “Gier” nach
dem Erfolg beim BVB wieder zurückgekehrt
sei. Trainer Tuchel weiss sich grosser Erwartung allerdings zu erwehren: “Wir wissen,
was wir leisten und was wir nicht leisten
können.” Eines lässt sich aber jetzt schon
sagen: Das Team von Borussia Dortmund
scheint wieder intakt zu sein – und bereit
für eine ganze Menge mehr. Å
Sie taten das mit unterschiedlichem Erfolg.
Zwar konnte sich der FC Schalke 04 mit
einem abgeklärt herausgespielten 3:0-Auswärtssieg beim SV Werder Bremen genauso
beglückwünschen wie Bayer Leverkusen zu
seinem 2:1 gegen Hoffenheim (nach einem
frühen 0:1-Rückstand) oder der VfL Wolfsburg – ebenfalls zum 2:1 – gegen die Eintracht
aus Frankfurt. Aufsehenerregend hingegen
die 0:4-Niederlage des Champions-League-­
Teilnehmers Borussia Mönchengladbach,
dessen Schweizer Trainer Lucien Favre sich
auch in dieser Saison viel für sein Team
vorgenommen hat. Doch Borussia Dortmund
vereitelte den Fohlen einen geglückten
Auftakt in die Meisterschaft.
Ja, ausgerechnet der BVB, der zuletzt alles
andere als eine Macht im deutschen Fussball
darstellte. Nach dem Abgang des einstigen
Erfolgstrainers Jürgen Klopp, der den BVB
zum Meistertitel 2010/11 und 2011/12 sowie
ins Finale der Champions League 2012/13
führte, ist nun der Wunsch nach dem Wiedererlangen früherer Grösse bei den Schwarz-­
Gelben gleich am ersten Spieltag befeuert
worden – Trainer Thomas Tuchel sei Dank.
Unter der Federführung von Reus entfachten
die Dortmunder ihr Angriffsfeuerwerk;
Aubameyang, Reus, Kagawa und Mchitarjan
14
T H E F I FA W E E K LY
Inspiriertes Kombinationsspiel Reus (o.), Aubameyang (l.) und Schmelzer.
imago / Eibner
Auch der 41-jährige Schwabe Tuchel stiess wie
einst Klopp vom 1. FSV Mainz 05 zum BVB,
beerbte den Meistertrainer Klopp nun also
erneut. Der “Nachlass” im Signal Iduna Park
zu Dortmund besteht aus einer Reihe erstklassiger Fussballer – etwa Hummels, Schmelzer, Kagawa, Mchitarjan –, aus der Pierre­Emerick Aubameyang und Marco Reus
nochmals herausragen.
Türkei: Süper Lig
Eto’o führt neue
Starriege an
Roland Zorn ist Fussballexperte
und lebt in Frankfurt am Main.
An grossen Empfängen hat
es am Istanbuler Flughafen
noch nie gefehlt, wenn wieder
einmal grosse Namen des Fussballs grosse
Hoffnungen auf grosse Erfolge bei den Hauptstadt-Grossklubs Galatasaray, Fenerbahçe und
Beşiktaş weckten. Doch spektakulärer als in
dieser Saison muteten die Einkaufstouren der
grossen Drei auf dem weltweiten Profimarkt
indes nie an. Dieser Umstand verdeutlicht die
stürmischen Bemühungen der türkischen
Spitzenvereine, in der heimischen Liga ganz
oben anzugreifen und baldmöglichst auch in
Europa wieder mit Glanzleistungen von sich
reden zu machen.
Am 14. August begann die Süper Lig mit dem
ersten Auftritt von Fener, das mit bisher
15 neuen Kräften sportlich und finanziell
mehr als jeder Konkurrent aufgerüstet wurde,
zuvor aber schon an der ersten Champions­League-Qualifikationshürde Schachtar
Donezk scheiterte. Beim sicheren 2:0-Heim­
erfolg über das Mittelklasseteam Eskişehir­
spor wurde der mutmassliche neue Superstar,
der von Manchester United verpflichtete
Niederländer Robin van Persie, erst spät
in der zweiten Hälfte unter viel Applaus
eingewechselt.
imago / Seskim
Ovationen empfingen auch den türkischen
Nationalspieler Mehmet Topal, der in der
82. Minute den Platz betrat – wenige Tage,
nachdem sein Auto von einem Unbekannten
beschossen worden war. Topal hatte Glück,
sein Fahrzeug besass kugelsichere Scheiben.
Der noch nicht aufgeklärte Vorfall mitten in
Istanbul trübte, vier Monate nachdem der
Mannschaftsbus von Fenerbahçe nach einem
Auswärtsspiel in Samsun zur Zielscheibe
eines auch noch nicht ermittelten Täters
geworden war, die Vorfreude auf die neue
Meisterschaftssaison.
Als dann der Ball rollte, erfüllten einige der
neuen Protagonisten wie Lukas Podolski, der
Meister Galatasaray mit einem sehenswerten
Kopfballtreffer zum 2:2 bei Sivasspor wenigstens einen Punkt bescherte, die Sehnsucht
nach neuem Glanz im türkischen Vereinsfuss-
Samuel Eto’o Der Altstar aus Kamerun (r.) schoss Aufsteiger Antalyaspor zum 3:2-Sieg.
ball, nachdem die Nationalmannschaft seit
Jahren ihre höher gesteckten Ziele verfehlt.
Der gebürtige Pole Podolski verdiente sich die
ersten Schlagzeilen, sein deutscher Nationalmannschaftskollege Mario Gómez, der beim
5:2-Sieg von Beşiktaş in Mersin eingewechselt
wurde, noch nicht.
In der Prominentenriege der neuen Stürmerstars über 30 schoss der Kameruner Samuel
Eto’o auf Anhieb den Vogel ab. Beim 3:2-Auswärtserfolg gegen Başakşehirspor unterstrich
der 34-jährige Kameruner von Aufsteiger
Antalyaspor seinen Torriecher gleich zweimal
mit herrlich anzusehenden Treffern: zum
ersten mit einem knallharten Volley und zum
zweiten, als er einen rasanten Slalom vorbei
an seinen Gegenspielern formvollendet
abschloss. Eto’o war der König des ersten
Saisonspieltags der Süper Lig.
Das sah auch der deutsch-türkische Angreifer
Cenk Tosun ein, der vor ein paar Jahren
seinen Stamm­verein Eintracht Frankfurt
mangels Bundes­l iga-Perspektiven verliess,
und Beşiktaş mit seinen drei Toren zur
vorläufigen Tabellenführung verhalf – ein
deutliches Zeichen dafür, dass Mario Gómez
auch bei seinem neuen Verein um einen
Stammplatz kämpfen muss. Å
T H E F I FA W E E K LY
15
FOOTBALL DEVELOPEMENT
“Die Ligen werden
kompetitiver”
Die fünf Kriterien
des FIFA-Lizenzierungssystems für
Klubs
Die FIFA will mit dem Klub-Lizenzierungssystem
zu einem verbesserten Niveau im Klubfussball beitragen.
Als Vorreiter gilt der mexikanische Club América.
1 Sportliche Kriterien – Animieren
der Klubs zu mehr Investitionen
in die Nachwuchsförderung
Beispiel: Nachwuchsteam mit
­Entwicklungsprogramm
2 Infrastrukturelle Kriterien –
­Gewährleistung angemessener
Infrastrukturanlagen bei
den Klubs
Beispiel: Zugang zu Stadien und
Trainingseinrichtungen
3 Personal- und Verwaltungskrite-
rien – Förderung eines professionellen Managements der Klubs
Beispiel: Ernennung von Managern,
Finanzbeauftragten und qualifizierten
Cheftrainern
leistung von einwandfreier Klubführung und sportlicher Integrität der Klubwettbewerbe
Beispiel: Vorlage der Klubstatuten
und der Eigentümerstruktur / Kon­
trolle der Klubs
5 Finanzielle Kriterien – Sicher­
stellung von Nachhaltigkeit und
Transparenz bei den Klubs
Beispiel: Vorlage geprüfter Finanz­
berichte und keine überfälligen
Zahlungen
D
er Club América ist der erfolgreichste
Verein Mexikos. Und auch wenn der
13. Meistertitel der Geschichte im Frühjahr nicht gewonnen werden konnte, so
durften die Fans immerhin den sechsten
CONCACAF-Champions-League-Erfolg
feiern. América ist aber nicht nur sportlich ein
Vorbild. Auch auf der organisatorischen Ebene,
ist die Vereinsführung sehr darauf bedacht,
eine Vorreiterrolle einzunehmen. Der Verein
gilt als gutes Beispiel für die Umsetzung der
FIFA-Klub-Lizenzierung.
Mit dem System werden bestimmte Mindestanforderungen für Klubs in nationalen
und internationalen Wettbewerben vorgeschrieben. In der CONCACAF-Zone gilt dies
verbindlich ab 2016.
Das Klub-Lizenzierungssystem der FIFA
basiert auf fünf Schlüsselkriterien (siehe links).
Diese Kriterien dienen dazu, die Integrität und
Glaubwürdigkeit der Klubwettbewerbe sicherzustellen. Gleichzeitig tragen sie zu einer Professionalisierung der Fussballfamilie bei und
sorgen für Transparenz bei F
­ inanzen, Eigentumsverhältnissen und für Kontrolle bei den
Klubs.
Der CEO von Club América, Yon de Luisa,
ist vom System überzeugt, wie er im Interview
auf der nebenstehenden Seite erklärt.
Daniel Aguilar / Reuters (Fotomontage VSD)
4 Rechtliche Kriterien – Gewähr-
FOOTBALL DEVELOPEMENT
Klub-Lizenzierung in
­Afrika: Zwei Beispiele
Warum ist die Klub-Lizenzierung der FIFA
eine gute Idee?
Yon de Luisa: Dieses Programm wird den
Klubs auf der ganzen Welt helfen, sich in
sportlicher und organisatorischer Hinsicht zu
entwickeln. Durch solche Verbesserungen
werden die Ligen kompetitiver und die Fans
werden bessere Spiele zu sehen bekommen.
Es ist wichtig, zu verstehen, dass dieses
Projekt einen langfristigen Prozess erforder­
lich macht, um in den einzelnen Konfödera­
tionen über eine Vielzahl von Ligen Erfolg
aufzubauen.
Wie werden dadurch die Standards bei
Ihrem Klub erhöht?
Durch die Klub-Lizenzierung werden die
Standards eines Klubs erhöht, weil sie auf
der weltweiten Ermittlung der optimalen
Vor­gehensweisen basiert und weil dadurch
die Mindestanforderungen für den erfolg­
reichen Betrieb bestimmt werden (auf dem
Spielfeld und abseits davon). Durch das
Festlegen sportlicher Ziele und die Definition
angemessener Strukturen, die den Klub bei
adminis­t rativen, finanziellen und rechtli­
chen Fragen unterstützen, steigen seine
Erfolgschancen.
Würden Sie uns verraten, welche Massnahme im Rahmen des Klub-Lizenzierungsprozesses für Ihren Klub am wertvollsten war?
Für Club América und alle Klubs in der
mexikanischen Liga MX gehört die Anfor­
derung, parallel zu den Spielen der 1. Liga
auch U17- und U20-Turniere auszutragen, zu
den Projekten, durch die bemerkenswerte
Ergebnisse erzielt wurden. Angesichts
solcher Turniere waren die Verantwortli­
chen für den sportlichen Bereich innerhalb
der Klubs (einschliesslich der Trainerstäbe
der 1. Liga) gezwungen, Zeit und Ressourcen
in den Aufbau künftiger Generationen zu
investieren.
Yon de Luisa Club Américas Geschäftsführer sieht die
vielen positiven Aspekte des Lizenzierungssystems.
Was würde im Grossen und Ganzen geschehen, wenn man den Prinzipien der Klub-Lizenzierung nicht folgen würde?
Klubs im Entwicklungsstadium bräuchten
länger, um ihre Ziele zu erreichen, und die
Wahrscheinlichkeit, dass sie wieder von der
Bildfläche verschwinden, wäre grösser.
­Ausserdem bliebe die Diskrepanz zwischen
Klubs und Ligen so gross, dass das
­Ungleichgewicht sich auf internationale
Spiele niederschlagen würde. Å
tfw
Mehr Informationen zum Thema finden Sie unter
http://de.fifa.com/development
Weltweite Umsetzung der FIFA-Klub-Lizenzierung
Osvaldo Aguilar / Mexsport
Die Klub-Lizenzierung gehört im Zyklus 2015–2018 zu den Prioritäten der FIFA im Rahmen
der Fussballentwicklung. Die FIFA unterstützt die Konföderationen und die 209 Mitgliedsverbände in enger Zusammenarbeit, um die Standards zu verbessern und die Klub­Lizenzierung überall umzusetzen. Klubs müssen lizenziert sein, um an Wettbewerben
teilzunehmen. Das Lizenzierungssystem der FIFA wird bis Ende 2016 weltweit umgesetzt.
Ziele:
• Verbesserung der Standards im Klubfussball zum Nutzen von Ligen, Klubs, Spielern und Fans
• K lubs stärken. Sie sind die Basis und das Herzstück der Fussballpyramide (Klubs - Ligen - Mitgliedsverbände - Konföderationen - FIFA). Ihre Entwicklung / Stärke ist essenziell für das Wohl des Fussballs im Allgemeinen und für die Ligen und Nationalmannschaften im Speziellen.
• Landesverbände sollen langfristig das System mithilfe der FIFA und der Konföderationen
­umzusetzen.
George Kasengele, Generalsekretär des
sambischen Fussballverbands:
“Wir haben eigene Standardisierungsmassnahmen umgesetzt. Das Problem ist, dass wir in
den Klubs sehr viele personelle Veränderungen
hatten. Vor fünf Jahren haben wir ein Seminar zur
Klubverwaltung durchgeführt. Aber von den damaligen Teilnehmern ist nur noch ein einziger bei
einem Klub auf einer entsprechenden Position.
Uns wurde klar, dass wir uns an anderen Ländern
orientieren müssen, beispielsweise an Südafrika.
Wir haben das Klub-Lizenzierungssystem in
Kraft gesetzt, und die erste Instanz ist ernannt
und von der Generalversammlung bestätigt worden. Sambia ist also 2015 fast startbereit.
Viele Klubs müssen ihre Strukturen anpassen. Es geht um Fragen bezüglich Führung und
Kontrolle. Unsere Klubs werden von grossen Unternehmen gesponsert und sind nicht in Privat­
besitz. Die Unternehmen haben Kommissionen
für die Führung der Klubs benannt. Diese müssen
die Kontrolle jetzt an Vollzeitangestellte abgeben
und das führt zu Problemen.
Auch die Infrastruktur ist ein grosses Problem, da kein Klub Besitzer eines Stadions oder
von Trainingsanlagen ist. Es gibt kaum Stadien,
die den modernen Anforderungen genügen. Was
Standards angeht, sind wir schon sehr weit, aber
alle Klubs in Sambia müssen mehr für die Gemeinden leisten, in denen sie ansässig sind. Man
muss ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. Wir müssen beweisen, dass wir diesen
wichtigen und Aufgaben gewachsen sind.”
Wajdi Aouadi, Generalsekretär des
tunesischen Fussballverbands:
“Wir haben in Tunesien seit 1996 eine Profi­
liga. 2003 haben wir unsere Regularien angepasst, die neue Anforderungen an Profiklubs
stellen. Im Vergleich mit dem jetzt von der CAF
umgesetzten System, decken sich ungefähr
80 Prozent der Regularien.
2014 haben wir mit der Einführung weiterer
Anpassungen begonnen, um den CAF-Anforderungen zu entsprechen. So haben wir beispielsweise zwei getrennte Instanzen umgesetzt (erste
Instanz und Berufungsinstanz) und den Klubs die
Kriterien für CAF-Wettbewerbe vorgelegt. Die
aktuellen Anforderungen umfassen alle CAF­Anforderungen rund um die fünf Säulen (Sport,
Infrastruktur, Recht, Verwaltung, Finanzen).
Wir sind gut vorbereitet in Tunesien. Nach
einer oder zwei Spielzeiten werden wir eine Bewertung vornehmen, um zu erkennen, wo noch
Defizite sind, die wir abbauen können. Wir werden Erfolg haben und uns weiter verbessern.
Dies ist für die Förderung des afrikanischen Fussballs erforderlich, für die Klubs ebenso wie für die
Nationalmannschaften.”
T H E F I FA W E E K LY
17
Name
Neymar da Silva Santos Júnior
Geburtsdatum, Geburtsort
Position
Sturm
Stationen als Spieler
2009–2013 FC Santos
seit 2013 FC Barcelona
Nationalteam Brasilien
65 Einsätze, 44 Tore
18
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Ryan Pierse / FIFA via Getty Images
5. Februar 1992
DAS INTERVIEW
“Robinho war mein grosser Held”
Romário, Robinho, Dani Alves oder Javier Mascherano – sie alle spielen in Neymars
Leben und in seiner Entwicklung eine grosse Rolle. Der Stürmer vom FC Barcelona
und der brasilianischen Nationalelf erzählt, inwiefern.
Wer ist Ihr grösstes Vorbild?
Neymar: Ganz klar Robinho. Ich habe ihn
schon als kleiner Junge bewundert. Dann
hatte ich die grosse Ehre, mit ihm zusammen
in einem Team zu spielen – nicht nur beim
FC Santos, sondern auch bei der brasilianischen Nationalmannschaft.
Mit welchem Spieler – ungeachtet dessen, ob
noch aktiv oder nicht – würden Sie gerne
einmal zusammenspielen?
Cristiano Ronaldo und Lionel Messi
sind im Moment die besten Spieler der
Welt. Doch die Zeit für Neymar ist
gekommen, ihren Platz einzunehmen.
Ro naldo üb er Neymar
Ich bin ein grosser Fan von Romário. Er
ist jemand, mit dem ich sehr, sehr gerne
zusammengespielt hätte. Das Gleiche gilt für
Zinédine Zidane. Ich hatte einmal die Möglichkeit, mit Ronaldo auf dem Platz zu stehen.
Das war bei seinem allerletzten Spiel für
Brasilien, und dieses Zusammenspiel hätte ich
gerne noch öfter erlebt.
Neymar ist schlicht und
ergreifend spektakulär.
Wen würden Sie als den stärksten Verteidiger
bezeichnen, gegen den Sie sich jemals durchsetzen mussten?
Er hat alles, was es braucht, um besser zu werden
Diese Frage ist wirklich schwer zu beantworten. Es gibt so viele Top-Verteidiger. Javier
Mascherano, Gerard Piqué, Thiago Silva und
Sergio Ramos gehören dazu – ich könnte die
Liste aber beliebig weiterführen.
Wer ist Ihr bester Freund innerhalb des Fussballgeschäfts?
Glücklicherweise habe ich viele tolle
Freundschaften geschlossen. Ich hatte eine
ganz besondere Beziehung zu Paulo Henrique
Ganso während meiner Zeit beim FC Santos.
Als er zu einem anderen Verein wechselte,
brach der Kontakt leider ein bisschen ab.
Heutzutage ist es Dani Alves. Dani ist einer
meiner besten Kumpel.
Was war das schönste Tor, das Sie jemals
geschossen haben?
Ich habe so viele besondere Treffer
erzielt, die bedeutend für meine bisherige
Karriere waren. Ich werde sie alle niemals
vergessen. Doch wenn ich wählen müsste,
dann wäre es mein Tor gegen Flamengo.
Das ist der Treffer, mit dem ich den “FIFA
Puskas-Preis” gewann.
tfw
Rob inho üb er Neymar
als Messi. Messi hat schon Geschichte geschrieben
mit dem, was er erreicht hat, Neymar kann das
auch schaffen – aber vielleicht sogar in vollendeter
Art und Weise. Wer weiss, wie viele Weltmeisterschaften Messi noch spielen kann. Neymar hat auf
jeden Fall die Möglichkeit, noch bei mehreren
WM-Endrunden dabei zu sein.
Romário üb er Neymar
Spieler wie Neymar müssen besser
geschützt werden. Er wurde 20-mal
attackiert. Das bleibt im Kopf eines
Spielers hängen. Neymar ist Neymar,
aber man darf nicht vergessen, dass er
erst 23 Jahre alt ist.
Javier Mascherano üb er Neymars Rote Ka r te
b ei der Copa A mérica
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19
First Love
O r t : B u f f B a y, J a m a i k a
Dat u m : 9. No v e mb e r 2 0 1 4
U hrzeit: 13.51 Uhr
Fotog ra f: Dietma r Denger
20
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laif
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21
FOOTBALL
FOR HOPE
Football for Hope ist unser weltweites Bekenntnis, mithilfe des Fussballs eine bessere Zukunft zu gestalten.
Bislang haben wir über 550 lokale Projekte unterstützt, die sich mit dem Fussball verantwortungsvoll für soziale
Anliegen einsetzen und so Jugendlichen und ihrem Umfeld ein besseres Leben und neue Perspektiven eröffnen.
Weitere Informationen finden Sie unter der Rubrik Nachhaltigkeit auf FIFA.com.
MEDIZIN
PRESIDENTIAL NOTE
“Jeder muss die Entscheidung
des Teamarztes respektieren”
Nach jüngsten Diskussionen rund um die Rolle des medizinischen
Stabs und dessen Verhältnis zu den Trainern erläutert FIFA-Chefarzt
Prof. Jiri Dvorak den Standpunkt der FIFA in dieser wichtigen Frage.
Angenommen, auf dem Spielfeld kommt es zu einem Vorfall, der
die Intervention der medizinischen Betreuer erfordert. Wie läuft
das ab?
Wenn ein Spieler zu Boden geht und der Schiedsrichter eine
­Verletzung vermutet, kann er dem medizinischen Team und dem
Team­a rzt an der Seitenlinie ein Zeichen geben. Das medizinische
Team muss dann aufs Spielfeld laufen und den Spieler versorgen.
Es gibt zwei Situationen im Fussball, in denen der Teamarzt unaufgefordert auf das Spielfeld laufen darf: bei einem Verdacht auf einen
plötzlichen Herzstillstand oder auf eine gravierende Kopfverletzung,
zum Beispiel eine Gehirnerschütterung.
Darf der Trainer in diesem Moment intervenieren?
Bei der medizinischen Diagnose hat der Trainer nichts zu sagen.
Es ist einzig und allein der Arzt, der entscheidet. Das ist für die FIFA
absolut unbestritten. Genauso schulen wir auch unsere Ärzte rund
um die Welt. Es ist unsere Aufgabe und ethische Pflicht, uns um das
Wohlergehen der Spieler zu kümmern. Wenn die Trainer einschreiten dürften, könnte das dazu führen, dass ein Spieler aufgrund
­u nterlassener medizinischer Hilfeleistung ein ernsthaftes gesundheitliches Problem entwickelt. Verantwortlich wäre dann der Arzt
und nicht der Trainer.
Gilt diese Regelung auf allen Fussballstufen?
Ja, auf sämtlichen Stufen rund um die Welt – ob bei einem internationalen FIFA-Wettbewerb, einem Konföderationswettbewerb oder
einem nationalen Klubwettbewerb.
Wie schwierig ist für Teamärzte der Spagat zwischen den Ansprüchen der Teams und ihren medizinischen Aufgaben?
Aufgabe des Teamarztes ist allein die medizinische Betreuung
der Spieler. Diese Praxis müssen wir schützen. Etwa mit dem neuen
Protokoll für Gehirnerschütterungen, das die Medizinische Kommission der FIFA letztes Jahr für alle FIFA-­Wettbewerbe eingeführt hat.
Das Protokoll stärkt die Rolle der Teamärzte und bürgt für die
­korrekte Behandlung möglicher Gehirnerschütterungen in der Hitze
des Gefechts. Bei Verdacht auf eine Gehirnerschütterung kann der
Schiedsrichter das Spiel für drei M
­ inuten unterbrechen, damit der
Teamarzt den Spieler auf dem Spielfeld untersuchen und entscheiden
kann, ob tatsächlich eine G
­ ehirnerschütterung vorliegt. Der Schiedsrichter darf den verletzten Spieler nur mit der Einwilligung des
­Teamarztes weiterspielen lassen, der endgültig entscheidet.
Respekt wichtiger als Zäune!
E
s sind Meldungen, die wir nicht mehr lesen möchten: Zuschauer
verursachen Krawalle und Tumulte und drängen sich auf Kosten
der Spieler und Teams in die Schlagzeilen – ziehen unserem Sport
quasi den Boden unter den Füssen weg.
Im Vorfeld des deutschen Pokalspiels Arminia Bielefeld - Hertha
Berlin wird auf offener Strasse mit einer Schusswaffe auf den
­Mannschaftsbus der Gäste gefeuert, die Partie Osnabrück - RB Leipzig muss abgebrochen werden, weil der Schiedsrichter von einem
Feuerzeug getroffen wird. Doch Deutschland ist kein Einzelfall,
­sondern nur ein zufälliges Beispiel für eine erschreckende Entwicklung. Ähnliche Zwischenfälle ereignen sich mit betrüblicher Regelmässigkeit in fast allen Ländern.
Das darf nicht sein. Bei diesen Übergriffen handelt es sich um
kriminelle Grenzüberschreitungen, die den Respekt vor dem Spiel
und seinen Hauptdarstellern ad absurdum führen und die Integrität
unseres Sports infrage stellen. Denn die Rollen im Fussball müssen
so klar verteilt sein wie im Theater, in der Oper oder an einem Konzert: Die Stars spielen auf der Bühne – die Zuschauer sitzen im Saal.
Oder können Sie sich etwa vorstellen, dass beim Neujahrskonzert der
Wiener Philharmoniker plötzlich ein Zuschauer den Taktstock des
Dirigenten packt oder in der Mailänder Scala während La Bohème
die Hauptfiguren Rodolfo und Marcello mit Getränkebechern beworfen werden?
Im Fussball gelten die genau gleichen Regeln wie in der Kultur
und in der Kunst. Die Hauptdarsteller müssen unantastbar bleiben.
Die Z
­ uschauer können sich über das Gebotene ärgern, sie können
pfeifen, und sie können das nächste Mal zu Hause bleiben. Aber sie
dürfen niemals ins Geschehen eingreifen und zu Selbstdarstellern
werden. Und dies lässt sich weder mit Zäunen noch mit Gittern oder
Polizeigewalt sicherstellen. Es geht nur mit Fairness, mit Respekt
und mit Demut unserem Sport gegenüber – oder durch Erziehung.
Gibt es Situationen, in denen der Trainer dem medizinischen
Team verbieten könnte, das Spielfeld zu betreten?
Nein, ich kann mir keine solche Situation vorstellen. Wir müssen
unsere Position verteidigen. Jeder auf dem Spielfeld – ob Spieler,
Trainer, Assistenztrainer oder Vereinsvertreter – muss die verantwortlichen Ärzte gebührend respektieren und ihre Entscheidungen
akzeptieren. Wir wurden so ausgebildet und wissen dank jahreoder gar jahrzehntelanger Ausbildung, Praxis und Erfahrung, was
zu tun ist. Å
tfw
Ihr Sepp Blatter
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Zauberer am Ball Jefinho zeigt sein Können. Alle Spieler tragen Augenbinden, um den unterschiedlichen Grat der Erblindung auszugleichen.
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Pedro Paulo Ferreira / FotoArena
F
BLINDEN - / Z EREBR ALPARE SE - F US SBALL
BLINDEN - / Z EREBR ALPARE SE - F US SBALL
Alles ist möglich
W
enn er am Ball ist, dann ist aller Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet. Ob
auf den Strassen seiner Heimatstadt
Candeias oder auf den Spielfeldern
dieser Welt. Weil er den Ball so eng
am Fuss hat. Weil er ihn streichelt
und liebevoll mit sich führt. Weil er unglaubliche technische Fähigkeiten hat und weil er irgendwie eins zu sein scheint mit dem runden
Leder. Die Rede ist von Jefferson da Conceição
Gonçalves, genannt Jefinho. Der 26-jährigen
Ausnahmeathlet wurde mit Grünem Star geboren und ist seit seinem siebten Lebensjahr vollständig blind. Aufhalten kann das den Brasilianer, der bereits mit 17 Jahren sein Debüt in der
Blinden-A-Nationalelf gab, aber nicht. Er lebt
seinen Traum: “Fussball ist mein Leben. Ich
will einfach nur spielen. Es ist ein Entkommen
von den Problemen, die sich sonst aufgrund
meines fehlenden Sehvermögens ergeben.”
Der paralympische Pelé
Und wie er spielt, dieser Jefinho, der in Anlehnung an das grosse Fussballidol auch von manchen als der paralympische Pelé bezeichnet
wird. Auch bei den Panamerikanischen Spielen
für Menschen mit Behinderung vom 7. bis a
­m
15. August in Kanada beeindruckte sein Umgang mit dem Ball. Die Spiele gelten auch als
Qualifikation für die Paralympics 2016 in Rio
de Janeiro. Brasilien dominierte schon in der
Gruppenphase das Turnier; zusammen mit dem
südamerikanischen Rivalen Argentinien zeigte
das Nationalteam auf dem Rasen der Universität von ­Toronto mitreissenden Fussball. Kein
Wunder also, dass sich beide Mannschaften
auch im Finale gegenüberstanden.
“Ich habe ihre individuellen Fähigkeiten,
ihre Intensität und ihren Willen gesehen. Sie
haben tollen Fussball geboten, und die Fans
waren allesamt beeindruckt”, sagt Dick Howard, Technischer Berater der FIFA. Es gleicht
tatsächlich einer Offenbarung, das Zusammenspiel der Akteure zu beobachten, die nur nach
Gehör und nach Gefühl den Ball zirkulieren
lassen und für imponierende Spielzüge sorgen.
“Teamwork und die Anpassung an die Mitspieler ist ein bedeutender Baustein auf dem
Weg zum Erfolg”, sagt Jefinho, der im Endspiel
einmal mehr sein Können unter Beweis stellte.
Er schoss das erste Tor, das den Weg zum
­2:1-Sieg gegen Argentinien ebnete. Nun zählt
für ihn und seine Kollegen nur eines: die
Sehstörungen und
Zerebralparese hindern
sie nicht an ihrer Leidenschaft Fussball. Elf Teams
zeigten bei den Panamerikanischen Spielen Höchstleistungen, schreibt
Annette Braun.
­ oldmedaille bei den Paralympics im eigenen
G
Land – und damit die Titelverteidigung nach
den Siegen 2004, 2008 und 2012.
Faszination Olympia
Die Faszination Olympia lebt im Herzen eines
jeden Sportlers. So war Rio auch der grosse
Traum von Sam Charron, Liam Stanley und
Dustin Hodgson aus dem kanadischen
­Zerebralparese-Team. ZP-Fussball, bei dem die
Spieler unter einer Hirnschädigung und dadurch unter Störungen im Bewegungsablauf
leiden, war neben dem Blindenturnier der zweite Fussballwettbewerb in Toronto und ist zumindest 2016 noch olympisch. Einen 3. Platz
P anamer ik anis che
Spiele f ür Mens chen
mi t B ehinder ung
15 unter schiedliche Spor tar ten waren Teil
der Panamerikanischen Spiele für Menschen
mit Behinderung. 1600 Athleten ­t raten vom
7. bis am 15. August 2015 in Toronto in span nenden Wet tbewerben ­g egeneinander an und
kämpf ten um einen Plat z bei den Paralympic s
2016 in Rio de Janeiro. Mit dem Blindenfuss ball - sowie dem Zerebralparese -Turnier stand
in z wei Wet tkämpfen auch das runde Leder
im Mit telpunk t . Im 5 - gegen - 5 sowie 7- ge gen -7 massen sich Teams aus 11 Ländern.
bra
mussten die Kanadier erreichen, um das Ticket
nach Brasilien zu lösen. Beim entscheidenden
Spiel um die Bronzemedaille unterlag das Team
von Trainer Drew Ferguson jedoch Venezuela
mit 1:2. Damit wird die Mannschaft nicht in Rio
dabei sein. Ihrer Begeisterung für den Sport
und ihrer Hingabe für das runde Leder tut dies
aber keinen Abbruch. “Fussball ist alles für
mich – nichts anderes zählt”, sagt Kapitän
Hodgson, der über 70-mal für die kanadische
Mannschaft auflief.
Für ihn und sein Team war der Wettbewerb
in Toronto etwas ganz Besonderes – schliesslich waren es Heimspiele. “So viele Familienmitglieder am Spielfeldrand zu haben, war eine
tolle Erfahrung”, beschreibt der 18-jährige
Liam Stanley das Gefühl, als er in Toronto den
Rasen zum ersten Mal betrat. Aber es habe
­natürlich auch den Druck erhöht, ergänzt Sam
Charron, der 17 Jahre alt ist. Für Ferguson
s ymbolisieren beide Teenager einen Höhe­
punkt des Turniers und ein wichtiges Zeichen
für die Zukunft des Sports.
Ferguson, der selbst als Nationalspieler
­a ktiv war, betreut die kanadische Mannschaft
seit zehn Jahren und ist ein wesentlicher Grund
dafür, dass sich ZP-Fussball im Land entwickelt hat. Fortschritte sind nicht einfach und
noch immer mit der Überwindung vieler Hürden verbunden.
Drew Ferguson als Wegbereiter
Trainingslehrgänge sind teuer, die finanzielle
Unterstützung begrenzt. “Mir imponiert die
Haltung dieser Spieler. Sie arbeiten hart und
sind engagiert”, sagt Ferguson, der sich deshalb keinen schöneren Job vorstellen kann.
Er will seine Spieler fördern, weil er nicht nur
um ihr enormes Potenzial auf dem Feld weiss,
sondern weil er auch beobachtet, wie sich
durch den Fussball ihr Selbstvertrauen
­ausserhalb des Platzes erhöht. “Sie fühlen sich
nun auch beim Autofahren oder auf einem
Flug nach Südamerika sicherer.” Dem stimmt
Jan Francisco Brito da Costa, Topspieler des
brasilianischen ­Z P-Teams, zu: “Es ist für mich
ein Traum, Fussball zu spielen und dadurch
mein Leben zu verbessern.”
In Toronto dominierten die Brasilianer
nicht nur den Blindenwettbewerb, sondern
ebenso das Zerebralparese-Turnier – auch dank
eines starken Jan Francisco Brito da Costa, der
seit fünf Jahren Teil der brasilianischen
T H E F I FA W E E K LY
25
BLINDEN - / Z EREBR ALPARE SE - F US SBALL
Kanadische Hoffnungsträger
An Hoffnung für eine glorreiche Zukunft mangelt es auch Kanada nicht. Vier Spieler waren
beim Turnier in Toronto jünger als 19 Jahre.
Durch die Möglichkeiten sozialer Medien ist
das Bewusstsein für den Sport gewachsen, und
unzählige Nachrichten über Kanäle wie Facebook oder Twitter zeugen von dem gestiegenen
Interesse potenzieller Spieler. “Manchmal
­besteht das Scouting aber auch nur darin, im
Einkaufszentrum die Leute zu beobachten und
Ausschau zu halten nach möglichen ZP-Spielern”, sagt Ferguson.
Sam Charron ist so einer. Er wurde als
12-Jähriger zufällig bei einem Spiel entdeckt,
das neben einer ZP-Trainingsstunde stattfand.
Heute ist er trotz seines noch jungen Alters
nicht mehr aus der Mannschaft wegzudenken.
Trotzdem ist das Zusammenführen der Fäden
in Anbetracht der Grösse des Landes nicht immer einfach. 15 Spieler des aktuellen Teams
erhalten Unterstützung von Sport Canada, trainieren täglich in ihren Klubs, die von der Westbis zur Ostküste verstreut liegen, und nehmen
an regelmässigen Camps und Turnieren der
Nationalmannschaft teil.
Grosser Aufwand, grosse Hingabe
Charron, Stanley und Hodgson gehören dazu.
Sie stehen 14 bis 20 Stunden die Woche für
Bays United Victoria, Cumberland Cobras Ottawa und KWL United Burnaby auf dem Fussballplatz. Die Youngster Charron und Stanley
studieren nebenher, Hodgson ist bei der Stadt
Vancouver beschäftigt. Er, durch seine 31 Jahre
mit reichem Erfahrungsschatz ausgestattet,
kennt seinen Körper genau. Die grösste Herausforderung sieht er demnach auch darin, fit
zu bleiben, um weiterhin auf diesem Niveau
agieren zu können.
Auch wenn es am Ende nicht zum grossen
Wurf gereicht hat, ziehen alle drei Spieler ein
durchweg positives Fazit der Panamerikanischen Spiele. Besonders ihr 2:1-Triumph in der
Gruppenpartie gegen die USA wird ihnen immer in Erinnerung bleiben. Sam Charron konnte gegen den grossen Rivalen und Nachbarn
sogar einen Treffer erzielen. Sein persönliches
Highlight des Turniers.
Es sind solche Momente, die bestehen bleiben und anspornen, den Widrigkeiten zu trotzen. So wie auch die Geschichte von Damien
Wojtiw. Der 33-jährige Torwart spielte von
26
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7- gegen -7: Der Z P - Fus sb all
Der Ursprung des Zerebralparese - Fussballs liegt in Grossbritannien und in den Niederlan den. Heute wird der Spor t auf allen Kontinenten ausgeübt. Die Spieler leiden an einer Schä digung des Gehirns, die zu einer Störung im Bewegungsablauf und zum Kontrollverlust über
den Körper führ t. Der Grat der Beeinträchtigung ergibt eine Einstufung in die K lassen C 5
bis C8. Von den sieben Akteuren pro Team auf dem Plat z dar f nur ein Spieler der K lasse C8
stehen; gleichzeitig muss die Star t formation mindestens z wei Spieler der K lassen C 5 und
C6 enthalten. Es gibt keine Abseit sregel, und die Einwür fe dür fen mit einer Hand eingerollt
werden. Ein Spiel dauer t 60 Minuten und wird von einer 15 - minütigen Halbzeitpause unter brochen. Ist bei einem Unent schieden eine Ent scheidung not wendig, folgt zunächst eine
Verlängerung. Führ t sie zu keinem Sieger, schliesst sich das Elfmeterschiessen an.
Weltweite Er folgsgeschichten
1984 f eier te der Z er ebr alp ar e se - Fus sb all sein Debüt b ei den Par al y mpic s. Der er s te
Gewinner war Belgien, dann set z ten sich dreimal die Nieder länder durch (1988 in Seoul,
1992 in Barc elona und 1996 in Atlanta). Seit A nfang de s neuen Jahr tausends dominieren
Manns c haf ten aus O s teur op a die Tur nier e. Rus sland gewann G old 20 0 0 in Sydney,
­d anach siegten z weimal die Uk rainer (20 04 in Athen und 20 08 in Pek ing). Rus sland dar f
sic h amtierender Weltmeis ter und Paraly mpic s - Sieger nennen.
bra
Mitreissend Auf dem Rasen der Universität von Toronto begeisterten die Teams mit ihrem Können.
Pedro Paulo Ferreira / FotoArena, Marta Iwanek / Toronto Star via Getty Images
­ ationalmannschaft ist. Brasilien konnte das
N
Finale gegen Argentinien 3:1 für sich entscheiden. Bei den diesjährigen Weltmeisterschaften,
die im Juni in England stattfanden, reichte es
für die Südamerikaner zum 3. Platz hinter
Russland und der Ukraine. Es wird nächstes
Jahr also ein heisser Tanz um die paralympische Krone werden.
BLINDEN - / Z EREBR ALPARE SE - F US SBALL
5-gegen-5: Blindenfussball
Heimspiel Dustin Hodgson (r.) führte die Kanadier als Kapitän aufs Feld.
klein auf Fussball, bis zweimal Blutgefässe in
seinem Gehirn platzten. Seine Fussballerkarriere ging im ZP-Team weiter, und ans Aufhören
denkt er nicht – trotz den Risiken, die für ihn
damit verbunden sind.
”Fussball ist alles für
mich – nichts anderes zählt.”
Nathan Denette / The Canadian Press
Dustin Hodgson, Kapitän der kanadischen
Zerebralparese-Nationalmannschaft
Inspirationsquellen
Die Liebe zum Sport ist es, was alle Teilnehmer
in Toronto miteinander verbindet. Und die Auffassung, dass alles möglich ist, wenn nur der
Wille stark genug ist. Das gilt für Charron,
Stanley und Hodgson, die von Geburt an mit
den Unwägbarkeiten der Krankheit konfrontiert sind, aber dennoch seit ihrem vierten
beziehungsweise sechsten Lebensjahr ihrer
­
Begeisterung für Fussball nachgehen.
Das gilt auch für all jene Spieler, die auf
dem Weg zum Profi waren, als ein Unfall ihre
Karriere beeinträchtigte, die durch viele Täler
schreiten, weil ihnen einst leichte Übungen wie
das Halten der Balance nun grösste Probleme
bereiten – und die Dank des Zerebralparese-­
Fussballs auf den Spuren von Vorbildern wie
Messi, Ronaldo und Ronaldinho ihren Traum
weiterleben können.
Jan Francisco Barito da Costa hat deshalb
nur einen Wunsch: eine grössere öffentliche
Wahrnehmung für den Sport und damit
­verbunden eine höhere Anzahl an Spielen auf
Nationalmannschaftsebene. Im Plan des
paralympischen Turniers in Tokio 2020 ist
­
­Zerebralparese-Fussball jedoch nicht vorgesehen. Da die finanzielle Unterstützung mit dem
Status einer Paralympics-Sportart steigt,
­stehen allen Mannschaften schwierige Zeiten
­bevor. Aber wenn die Spieler eines gelernt haben: Aufgeben ist definitiv keine Option. Å
B e im B lin d e n f u s s b all t r e t e n z w e i M ann s c h a f t e n mi t je f ünf S p ie l e r n g e g e n e in an der an. Die vier Feldspieler sind blind
o d e r h ab e n e in e g e r in g e S e h s t är ke . Um
e v e n t u e ll e n Un t e r s c hie d e n b e im S e hv e r m ö g e n v o r z ub e u g e n, t r a g e n all e S p ie l e r
A u g e nb in d e n . D a du r c h s in d d i e Vo r au s s e t z un g e n f ür all e gl e ic h . E in e A u sn ahm e
g i b t e s a l l e r d i n g s : D i e To r hü t e r d ü r f e n
s e h e n , j e d o c h m ü s s e n s i e i n i h r e m To r r au m b l e ib e n u n d dü r f e n d e n B all au c h
nur d o r t ann e hm e n .
Blinde Spor tler ver trauen ihrem Gehör so wie ihrem Or ientier ungs sinn. Aus die sem
Gr und gibt der Ball durc h ein Ras seln ei nen Ton von sic h, der f ür die Spieler die
R ic htung vor gibt . Die Z usc hauer wer den
angehalten, ruhig zu sein, um den
Spielauf bau nicht zu gefährden. Das Spiel gerät is t k leiner und deutlich schwerer als
ein üblic her Fus sball (er er inner t an einen
Fut sal - Ball). Dadurch kann er nah am Spie ler bleib en und nic ht zu ho c h spr ingen.
Die Trainer und A s sis tenten am Spielf eld ­
rand dir igieren die Spieler auf dem Rasen
und initiieren die A ngr if f e. Das Spielf eld
is t durch Banden begrenz t, die ak tiv in die
Par tie einbe zogen werden. Die reine Spiel zeit beträgt 2- mal 25 Minuten.
Kein Weg führ t an Brasilien vorbei
Die Ge sc hic hte de s Blindenf us sballs geht
in Südamer ika zur üc k bis ins Jahr 1980.
Damals f and in Brasilien das er s te Tur nier
s t a t t . In Eur o p a lie g t d e r Ur sp r ung in
­S p anien, wo 1986 die er s ten na t ionalen
Meisterschaf ten ausgetragen wurden.
Mit tler weile w ir d der Sp or t ab er in üb er
40 L änder n welt weit betr ieben.
Kontinentale Meis ter sc haf ten f inden seit
1997 alle z wei Jahr e s ta t t , wohinge gen
We l t m e i s t e r s c h a f t e n
im
Vier - Jahr e s - R hy thmus ver ans talte t wer den – b e ginnend im Jahr 1998.
S e in e P r e mie r e b e i d e n Par al y mp ic s f e i e r t e d e r B lin d e n f u s s b all 20 0 4 in A t h e n .
We g b e r e i t e r w a r e n d o r t d i e Te a m s a u s
­A r g e n t inie n, B r a s ilie n, Fr ank r e ic h, G r ie c h e nl an d, Re p ub lik K o r e a, Ru s s l an d un d
S p anie n, w o b e i sic h am E n d e die b r a sili anische Nationalmannschaf t gegen Ar g e n t inie n dur c h s e t z t e . B e i d e n S p ie l e n in
Pe k i n g 20 0 8 t r i u m p h i e r t e n e r n e u t d i e
B r a s i l i a n e r, w i e a u c h b e i d e n Pa r a l y m pic s 2012 in L o n d o n . A n d e n Sü d am e r ika n e r n f ü h r t d a h e r au c h in R i o 2016 ke in
We g v o r b e i.
bra
T H E F I FA W E E K LY
27
F I F A F R A U E N - W E LT M E I S T E R S C H A F T K A N A D A 2 0 1 5
Erfolgreiche Neuerung
Der Markierungsspray
gelangte auch an der
Frauen-WM zur
­A nwendung.
Social Media
Marie-Éve Nault
posiert mit Fans
für ein Selfie.
28
T H E F I FA W E E K LY
Alex Livsey / FIFA via Getty Images, Kevin C. Cox / Getty Images, Stuart Franklin / FIFA via Getty Images
All Stars unter sich
Megan Rapinoe (o.) und ihre
US-Teamkolleginnen Hope
Solo (l.) und Carli Lloyd.
F I F A F R A U E N - W E LT M E I S T E R S C H A F T K A N A D A 2 0 1 5
Hohe Leistungsdichte, grosse Stars
Wenige Wochen nach dem Ende der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™
leuchtet der Glanz der Stars unvermindert weiter: Das All-Star-Team wurde verkündet –
und der Technische Bericht veröffentlicht.
D
ie meisten Spielerinnen, die im vergan­
genen Juni und Juli auf dem Platz stan­
den, haben ihre Vereinswettbewerbe
wieder aufgenommen – mit einem Strah­
len in den Augen und dem Kopf voller
Erinnerungen. Und 23 von ihnen dürfen
sich über ein weiteres schönes Andenken an die
Weltmeisterschaft freuen.
Am 17. August hat die Technische Studien­
gruppe (TSG) der FIFA den Technischen Bericht
veröffentlicht sowie das All-Star-Team von
­K anada 2015 bekanntgegeben. Diese Auswahl
besteht aus 23 Spielerinnen, die mit ihren be­
sonderen Leistungen die Experten der TSG
beeindruckt haben. Wie alle offiziellen Kader­
listen umfasst sie 3 Torhüterinnen und 20 Feld­
spielerinnen. Von letzteren wurden wiederum
7 Verteidigerinnen und 13 Mittelfeldakteurin­
nen und Stürmerinnen in die Auswahl berufen.
Sollte ein Trainer jemals das Glück haben, eine
solche Auswahl leiten zu dürfen, könnte er sich
glücklich schätzen!
Auch unerwartete Nominierungen
So würden beispielsweise fünf Weltmeisterin­
nen von 2015 unter seinem Kommando stehen,
unter ihnen die Gewinnerin des Adidas Golde­
ner Ball, Carli Lloyd, sowie die mit dem Adidas
­ oldener Handschuh geehrte Schlussfrau Hope
G
Solo. Die deutsche Stürmerin Celia Sasic, aus­
gezeichnet mit dem Adidas Goldener Schuh,
hat im Anschluss an Kanada 2015 zwar ihren
Rücktritt erklärt, doch mit der Aufnahme in
diese Auswahl für immer ihre Spur hinter­
lassen.
Auch die Paraden der deutschen Torhüterin
Nadine Angerer, die Defensivleistung der Eng­
länderin Lucy Bronze und der Kanadierin
Kadeisha Buchanan, die Spielübersicht der
Französin Amandine Henry oder der Japanerin
Aya Miyama sowie der Torriecher der Schwei­
zerin Ramona Bachmann oder der Australierin
Lisa De Vanna haben diesen Akteurinnen eine
Berufung in das All-Star-Team beschert.
Erfolgreiche Premieren
Bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada
2015™ wurde gleich in mehrfacher Hinsicht
Neuland betreten. Manche Neuerungen hatten
zwar nur indirekt mit dem Spiel an sich zu tun,
sollten dieses aber dennoch auf die eine oder
andere Weise stark beeinflussen. Eines dieser
neuen Elemente war die Spiel­fläche, wurden
doch erstmals alle Partien auf Kunstrasen und
einige davon in geschlossenen Arenen ausge­
tragen.
ALL-STAR-TEAM KANADA 2015
Torhüterinnen:
Nadine Angerer (Deutschland), Karen Bardsley (England), Hope Solo (USA)
Abwehrspielerinnen:
Saori Ariyoshi (Japan), Lucy Bronze (England), Kadeisha Buchanan (Kanada),
Steph Houghton (England), Julie Johnston (USA), Meghan Klingenberg (USA),
Wendie Renard (Frankreich)
Mittelfeldspielerinnen und Stürmerinnen:
Ramona Bachmann (Schweiz), Lisa De Vanna (Australien), Amandine Henry
(Frankreich), Elise Kellond-Knight (Australien), Eugénie Le Sommer (Frankreich),
Carli Lloyd (USA), Anja Mittag (Deutschland), Aya Miyama (Japan), Megan
Rapinoe (USA), Mizuho Sakaguchi (Japan), Celia Sasic (Deutschland), Élodie
Thomis (Frankreich), Rumi Utsugi (Japan)
Ihre Premiere bei diesem Turnier feierten
auch der Markierungsspray zur Markierung
des von der Mauer einzuhaltenden Abstands
sowie die Torlinientechnologie, die den
Schiedsrichterinnen mehrmals eine wertvolle
Hilfe war – zum Beispiel beim Siegtreffer
Japans im Halbfinale gegen England. Eine
­
­weitere Neuerung war das grössere Teilneh­
merfeld, das auch ­
Auswirkungen auf den
­Spielplan hatte (mehr Partien, eine zusätzliche
Achtelfinalrunde).
Von den Cheftrainern und -trainerinnen
der 24 Endrundenteilnehmer waren acht, also
­genau ein Drittel, Frauen. Davon waren drei bei
etablierteren Teams (Deutschland, Schweden
und USA) angestellt. Die anderen fünf standen
in Diensten der WM-Debütanten Elfenbein­
küste, Costa Rica, Ecuador, Schweiz und
­Thailand. Die Trainerinnen und Trainer betrie­
ben ein sehr aktives Coaching und gaben durch
ihre Anweisungen oftmals spielentscheidende
Impulse. Zum dritten Mal in der Geschichte
dieses Turniers wurde das Weltmeisterteam
von einer Frau zum Titel geführt.
Auffallend war die gestiegene Leistungs­
dichte. Obwohl durchaus zu erkennen war, dass
noch nicht alle Nationen denselben Entwick­
lungsstand erreicht haben, endeten 72 Prozent
aller Spiele entweder unentschieden oder mit
nur einem Tor Unterschied.
Die Spielsysteme und -stile waren von
Team zu Team sehr unterschiedlich, stellten
aber zumeist das Kollektiv in den Mittelpunkt.
Nur einige wenige Teams, insbesondere solche
aus Afrika und Südamerika, verliessen sich in
erster Linie auf die individuellen Fähigkeiten
ihrer Spielerinnen, was aber nur selten zum
Erfolg führte. Å
tfw
Mehr Informationen zum Thema finden Sie unter
http://de.fifa.com/womens-football
T H E F I FA W E E K LY
29
© 2015 adidas AG. adidas, the 3-Bars logo and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group.
# B E T H E D I F F E R E N C E
FREE KICK
SPOTLIGHT ON
ALLGEMEINE
INFORMATIONEN
Land:
Singapur
FIFA-Kürzel:
SIN
Konföderation:
AFC
Kontinent:
Asien
Hauptstadt:
Singapur
Gute Kost
aus Teufels Küche
Alan Schweingruber
Mario Wagner / 2Agenten
D
er Mensch besitzt ein paar nette Eigenschaften, die ihn immer wieder in Teufels
Küche bringen. Zum Beispiel liebt er es, so
viel wie möglich in seinem Leben zu kontrollieren. Der dümmste Spruch, den er sich für
­seinen Berufsalltag einmal ausgedacht hatte,
war: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Mit
anderen Worten heisst das, dass man niemandem vertrauen soll und so am besten fährt.
Der FC Bayern München schenkt seinem
Trainer trotzdem Vertrauen. Zum Glück, lässt
sich aus Sicht der Bayern nach dem ersten
Spieltag sagen. Pep Guardiola war es nämlich,
der seinen Wunschtransfer trotz Skepsis von
allen Seiten durchboxen konnte. Er plädierte
für Stürmer Douglas Costa, den er jahrelang
beobachtet hatte. Und es scheint nun, als habe
der Katalane seinen neuen Mann für die linke
und alternativ rechte Aussenbahn gefunden.
Douglas Costa, bald 25 Jahre alt und in den
Plänen des brasilianischen Nationalcoachs
­
­Carlos Dunga bisher ohne Rolle, brillierte zum
Bundesliga-Auftakt. In der “Süddeutschen
­Zeitung” war vom “Raketenmodell DC-11” die
Rede. Douglas Costa trägt die Rückennummer
11, wie einst Stefan Effenberg, Lukas P
­ odolski
oder zuletzt Xherdan Shaqiri.
Man muss das Lob mit Vorsicht geniessen.
Denn da, wo Bayern München seine neue
­ akete am 14. August zündete, flackerte beim
R
Gegner nur ein Flämmchen. Die Abwehr des
Hamburger SV machte es wie die Klubführung
in der Woche vor dem Spiel und gab sämtliche
Kontrolle im Rampenlicht der Nation ab. Für
alle, die nicht im deutschen Sprachraum zu
Hause sind: HSV-Sportchef Peter Knäbel wurde
der Rucksack samt Lohnliste gestohlen, worauf
alle Dokumente in einem Hamburger Park
­offen herumlagen. Wenige Tage später musste
der Verein ein Fan-Shirt vom Markt nehmen,
weil darauf eine Choreographie von Hertha-­
Berlin-Anhängern abgebildet war. Beste Kost
aus Teufels Küche. Zumindest für alle Satiriker.
Es lässt sich in beiden HSV-Fällen vermuten, dass hier jemand jemandem fälschlicherweise vertraut hat. Aber bitte jetzt nicht zum
verstaubten Kontroll-Spruch greifen. Das
schürt Misstrauen. Und vielleicht legt der
Hamburger Sportverein, der 2014 und 2015
­beinahe abgestiegen wäre und bei dem seit
etwa sieben Jahren so vieles schiefläuft, ja nur
ein Sabbatical ein. Aus der Geschichte lernen
wir: Das Sabbatjahr ist das letzte einer Reihe
von sieben Jahren. Å
GEOGR APHISCHE
INFORMATIONEN
Landesfläche:
718,3 km²
Höchster Punkt:
Bukit Timah 163 m ü. M.
Nachbarmeere und -ozeane:
Indischer Ozean,
Südchinesisches Meer
FUSSBALL MÄNNER
FIFA-Ranking:
155. Rang
Weltmeisterschaften:
Bisher keine Teilnahmen
FUSSBALL FR AUEN
FIFA-Ranking:
142. Rang
Weltmeisterschaften:
Bisher keine Teilnahmen
LET Z TE RESULTATE
Männer:
Japan - Singapur 0:0
16. Juni 2015
Frauen:
Malaysia - Singapur 2:0
19. Oktober 2013
FIFA-INVES TITIONEN
Seit 2003:
Die wöchentliche Kolumne aus der The-FIFA-Weekly-Redaktion
USD 5 033 793
T H E F I FA W E E K LY
31
ZEITSPIEGEL
T
H
E
Braunschweig, Deutschland
1975
Ein junger Strassenfussballer …
32
T H E F I FA W E E K LY
N
ZEITSPIEGEL
N
O
W
Hamburg, Deutschland
2015
slg. Raiss / fotogloria (2)
… und sein junger Mitspieler.
T H E F I FA W E E K LY
33
sharecocacola.com
#shareacocacola
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NET ZER WEISS ES!
Ist Klubtreue heute
nichts mehr wert?
Z I TAT E DER WOC HE
“Ich wollte schon früher nach vorn gehen,
aber mir wurde gesagt, ich solle bis nach
der 90. Minute warten. Ich habe nicht
geglaubt, dass die Chance kommen
­w ürde. Als sie dann doch kam, haben wir
nur versucht, im Strafraum so viel Chaos
wie möglich zu stiften. Das war reiner
Instinkt. Verrückt. Unglaublich. Nicht in
Worte zu fassen. Ich frage mich jetzt
noch, ob es wirklich passiert ist.”
Torhüter Martin Hansen nach seinem Ausgleichs­
treffer für Ado Den Haag gegen PSV – einem
Volley mit der Hacke ins untere Toreck
“Auch wenn man noch so viele taktische
Pläne hat: Wenn Eden Hazard sich in
Bewegung setzt, bricht Chaos aus.
Er ist auf einem Niveau, auf dem er
­entscheidet, wie gut sein Team ist.
Messi und Ronaldo beherrschen die
­S tatistiken. Wenn man auf ihr Talent
schaut, ist Eden mit ihnen vergleichbar.”
Vincent Kompany (Manchester City)
vor der Partie gegen Chelsea
Juli 1970 Günter Netzer beim Vorzeige-Kopfball.
imago
K
lubtreue ist sehr wohl noch etwas wert.
Aber die fürstlichen Gehälter haben den
Markt verändert. Man kann es einem
Spieler nicht verübeln, wenn er ein Angebot
annimmt, das ihm ein Mehrfaches an Geld
einbringt. Ich wechselte 1973 von Mönchengladbach zu Real Madrid. Sicher, weil der
spanische Verein schon damals viel Ruhm
besass. Aber der finanzielle Teil war ebenfalls
attraktiv. Ich stiess in neue Dimensionen vor
und verdiente von einem Tag auf den nächsten das Dreifache.
Ein Spieler schlägt eine bessere Offerte
aus, weil er sich mit seinem Heimatverein
verbunden fühlt. Für eine solche Entscheidung gebührt jemandem Respekt, denn dann
hat der Profi die Umstände abgewogen und
erkannt, dass ihm das Gesamtpaket unter
dem Strich nichts bringt. Sprich: Ihm wäre
am neuen Ort trotz des besseren Salärs nicht
wohl in seiner Haut.
Diese Spieler haben gerade in grossen
Vereinen einen hohen Stellenwert, weil sie
für Identifikation stehen. Man darf nicht
vergessen, dass sich ein Fan nicht jede Saison
mit einer frischen Mannschaft auseinandersetzen möchte. Er schätzt die Klubtreue der
Spieler, auch weil er selbst seinem Klub ein
Leben lang treu ist.
Es gibt noch die so genannten Nomaden
des Fussballs, also die Spieler, die während
ihrer Karriere in 14 oder 15 Vereinen spielen.
Grundsätzlich ist das nichts Schlechtes. Ich
bin der Meinung, dass jeder Auslandsaufenthalt den Horizont erweitert. Für die Klubs
allerdings ist es ratsam, die potenzielle
­Neuverpflichtung gut zu prüfen. Å
“Es ist klar, dass es einige Dinge gab, die
bei mir Unbehagen ausgelöst haben. Das
kann ich nicht leugnen. Ich habe nie gesagt,
dass ich Madrid verlassen wollte, aber so
konnte ich nicht weitermachen. Wie Sie
sehen, ist die wirtschaftliche Seite der
letzte Punkt, den ich erwähne, aber es
gab Dinge, über die wir reden mussten.”
Sergio Ramos über seinen neu
ausgehandelten Vertrag mit Real Madrid
“Für mich war es eine grosse
­Überraschung, zu sehen, wie viele
Fans mich beim Auftaktspiel gegen
Tottenham im Old Trafford warmherzig
und begeistert willkommen geheissen
haben. Ich hatte Gänsehaut.”
Was wollten Sie schon immer über Fussball wissen?
Fragen Sie Günter Netzer: [email protected]
Bastian Schweinsteiger (Manchester United)
nach seinem ersten Match im Old Trafford
T H E F I FA W E E K LY
35
FIFA PARTNER
TURNING POINT
“Ein schlimmer
Nachmittag
reicht aus”
Der Schotte Alan McInally
stand mit dem FC Bayern
München zweimal im
Halbfinale der europäischen
Königsklasse. Kurze Zeit später
bedeutete eine Knieverletzung
das Ende seiner Karriere.
Christian Nilson / 13 Photo
D
a war diese einmalige Gelegenheit, Aston
Villa zu verlassen und nach Deutschland
zu ziehen. Einer der grössten Klubs in
Europa – wenn nicht in der ganzen
Welt – hatte gerufen: der FC Bayern Mün­
chen. Das war ein grosser Schritt nach
vorn für mich.
Ich war nie jemand, der am liebsten zu Hau­
se bleibt und aufs Beste hofft. Ich wollte raus,
mein Bestes geben, und ich dachte, es wäre
grossartig, zum FC Bayern zu stossen. Meine
erste Saison war denn auch fantastisch, wir
wurden Meister. Die Vorrunde meiner zweiten
Saison in München allerdings hatte es in sich:
Ich verletzte mich im November am Fussgelenk.
Kaum hatte ich die Verletzung auskuriert, zog
ich mir neuerlich eine Verletzung zu – am Knie.
Das war auf dem Trainingsgelände des
FC Bayern an der Säbener Strasse. Ich wurde
nicht getackelt, ich fiel bloss unglücklich. Mein
Knie schwoll schnell an. Das war ein Wende­
punkt für mich und meine Karriere, auch wenn
ich ihn nicht sofort als solchen erkannte. Die
Spieler begannen, mich Pechvogel zu nennen,
und das war ich ja auch. Was einst als Menis­
kusschaden begann, endete mit dem Ersatz von
Kniegelenk und Kniescheibe. Ich hatte mehrere
Chirurgen aufgesucht, auch den anerkannten
Spezialisten Dr. Richard Steadman in Vail,
­Colorado. Er operierte mich zweimal am Knie.
Er war es auch, der mir klar sagte, dass es
mit meinem Knie nie wieder ganz gut werden
würde. “Alan, ich glaube, du musst an dieser
Stelle aufgeben”, sagte er. Das war der grösste
Schlag in meinem Leben – ein Schlag wie mit
einem Hammer. Ich wollte doch weiter­
machen, ich wollte kämpfen, aber es hatte
keinen Sinn. Ich konnte mein Knie nicht
­einmal mehr zu 80 Prozent belasten. So kann
man auf keinen Fall mehr für Bayern Mün­
chen spielen.
Der Klub aber war absolut fantastisch zu
mir. Er hielt so lange wie möglich an mir fest,
gab mir immer wieder Zeit zum Auskurieren.
FC-Bayern-Präsident Uli Hoeness war wie ein
Vater zu mir.
Als Spieler hält man sich für unbesiegbar,
doch es reicht manchmal ein schlimmer Nach­
mittag aus, um seine Karriere enden zu sehen.
Ich musste über eine andere Karriere nachden­
ken. Und das, obwohl ich in zwei aufeinander­
folgenden Saisons im Halbfinale des europäi­
schen Landesmeisterpokals stand. Ich hätte
genauso gut mit zwei europäischen Triumphen
dastehen können – statt mit dem Karriereende.
Mit dem künstlichen Gelenk kann ich
nicht mehr laufen, geschweige denn Fussball
spielen. Leider auch nicht mehr mit den Nos­
talgieteams von Bayern München, Aston Villa
oder Celtic Glasgow. Å
Aufgezeichnet von Perikles Monioudis
Name
Alan McInally
Geburtsdatum, Geburtsort
10. Februar 1963, Ayr, Schottland
Position
Stürmer
Stationen als Spieler
1980–1984 Ayr United
1984–1987 Celtic Glasgow
1987–1989 Aston Villa
1989–1992 FC Bayern München
1993–1994 FC Kilmarnock
Grösste Erfolge
Schottischer Pokalsieger 1985
(mit Celtic Glasgow)
Schottischer Meister 1986
(mit Celtic Glasgow)
Deutscher Meister 1990
(mit FC Bayern München)
DFB-Supercup-Sieger 1990
(mit FC Bayern München)
Nationalteam Schottland
8 Einsätze, 3 Tore
Persönlichkeiten des Fussballs erzählen von einem
wegweisenden Moment in ihrem Leben.
T H E F I FA W E E K LY
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W E LT R A N G L I S T E D E R M Ä N N E R
Argentinien (unverändert)
Chile (10, plus 1)
Niederlande (12, minus 7)
29
Jamaika, Mexiko, Panama, USA (je 6 Spiele)
Albanien (plus 166 Punkte)
Jamaika (plus 21 Ränge)
Deutschland (minus 185 Punkte)
Serbien (minus 23 Ränge)
Spitzenreiter
Aufsteiger in die Top 10
Absteiger aus den Top 10
Spiele insgesamt
Teams mit den meisten Spielen
Grösster Aufsteiger nach Punkten
Grösster Aufsteiger nach Rängen
Grösster Verlierer nach Punkten
Grösster Verlierer nach Rängen
Rang Team
+/- Punkte
Rang Team
1 Argentinien
0 1425
55 Jamaika
2 Belgien
1 1244
3 Deutschland
+/- Punkte
Rang Team
Letzte Aktualisierung:
6. August 2015
+/- Punkte
Rang Team
+/- Punkte
21
596
108 Guatemala
-3
299
163 Osttimor
2
56 Trinidad und Tobago
8
595
110 El Salvador
-22
289
164 Bhutan
2
128
-1 1226
56 Japan
-6
595
111 Namibia
3
284
165 Suriname
-2
124
124
130
4 Kolumbien
0 1218
58 Paraguay
-2
588
112 Bahrain
1
282
165 Indonesien
-1
5 Brasilien
1 1186
59 DR Kongo
1
555
113 Mauretanien
15
273
167 Neukaledonien
0
118
6 Portugal
1 1177
60 Guinea
-2
552
114 Benin
-18
269
168 Malaysia
0
116
7 Rumänien
1 1166
61 Australien
-2
551
115 St. Vincent und die Grenadinen
0
268
169 Zentralafrikanische Republik
1
111
8 England
1 1157
62 Äquatorial-Guinea
1
546
116 Kenia
0
266
170 Bangladesch
-1
102
9 Wales
1 1155
63 Mali
-2
545
117 Syrien
0
259
171 Pakistan
1
101
1 1124
64 Gabun
1
544
118 Palästina
1
255
172 Tschad
1
100
10 Chile
11 Spanien
1 1110
65 Panama
-3
528
119 St. Kitts und Nevis
12 Niederlande
-7 1032
66 Serbien
-23
523
119 Kuba
1
254
173 Dominica
1
98
-15
254
174 Jemen
-3
96
90
13 Kroatien
1 1023
67 Bolivien
-1
515
121 Botsuana
-1
253
175 Malediven
1
14 Slowakei
1 1016
68 Norwegen
-1
495
122 Madagaskar
0
251
176 Amerikanische Jungferninseln
-1
88
14 Österreich
1 1016
69 Bulgarien
-1
489
123 Belize
-5
242
177 Laos
0
86
16 Italien
1 1001
70 Vereinigte Arabische Emirate
-1
484
124 DVR Korea
5
240
178 Montserrat
0
74
17 Schweiz
1
997
71 Burkina Faso
1
482
125 Philippinen
-1
239
179 Chinese Taipei
0
72
18 Uruguay
-5
988
72 Südafrika
-2
478
126 Kuwait
-3
237
180 Kambodscha
1
66
19 Algerien
0
941
73 Sambia
-2
465
127 Moldawien
-3
236
181 Mauritius
-1
63
20 Tschechische Republik
0
933
74 Uganda
-1
463
128 Lesotho
3
229
182 Sri Lanka
1
62
21 Elfenbeinküste
0
912
75 Färöer
-1
456
129 Dominikanische Republik
-3
224
183 Brunei Darussalam
1
61
14
888
76 Usbekistan
-1
452
130 Libanon
0
223
184 Nepal
1
57
23 Frankreich
-1
882
77 Montenegro
4
423
131 St. Lucia
-4
220
185 Seychellen
1
56
24 Island
-1
877
78 Estland
4
420
132 Swasiland
6
218
186 Komoren
1
50
50
22 Albanien
25 Dänemark
-1
876
79 VR China
-2
416
132 Burundi
-1
218
186 Tahiti
2
26 Mexiko
14
838
80 Togo
3
415
134 Afghanistan
0
212
188 Macau
-7
49
27 Ghana
-2
827
81 Honduras
-1
409
135 Bermuda
1
209
189 São Tomé und Príncipe
0
48
28 Bosnien und Herzegowina
-2
819
82 Zypern
3
391
135 Neuseeland
1
209
189 Cayman-Inseln
0
48
29 USA
5
816
82 Marokko
2
391
137 Aruba
-2
201
191 Salomon-Inseln
0
47
30 Ukraine
-3
791
84 Haiti
-5
387
138 Barbados
3
198
192 San Marino
0
40
33
31 Russland
-3
782
85 Irak
1
386
139 Thailand
1
197
193 Turks- und Caicos-Inseln
0
32 Schottland
-3
774
86 Lettland
1
377
140 Tansania
-1
194
194 Britische Jungferninseln
0
27
33 Polen
-3
769
87 Sudan
3
375
141 Kasachstan
1
193
195 Südsudan
0
22
20
34 Tunesien
-2
768
88 Armenien
1
373
142 Gambia
1
191
196 Vanuatu
1
35 Ungarn
-4
763
89 Angola
3
371
142 Guinea-Bissau
-9
191
197 Samoa
-1
19
36 Ecuador
-1
758
89 Finnland
1
371
144 Nicaragua
-1
188
198 Fidschi
1
17
37 Schweden
-4
752
91 Ruanda
-13
369
145 Luxemburg
1
187
198 Tonga
-1
17
38 Costa Rica
3
728
92 Jordanien
0
357
146 Guam
8
185
200 Amerikanisch-Samoa
1
12
39 Senegal
0
722
93 Saudiarabien
-1
351
147 Liechtenstein
0
182
201 Papua-Neuguinea
1
9
40 Nordirland
-3
721
94 Libyen
2
345
148 Curaçao
1
173
201 Andorra
1
9
41 Iran
-3
718
95 Katar
1
344
149 Turkmenistan
3
172
203 Eritrea
1
8
42 Kamerun
0
667
96 Belarus
4
341
150 Puerto Rico
0
169
204 Mongolei
1
6
43 Kongo
4
666
97 Mosambik
-2
339
151 Hongkong
3
168
204 Somalia
1
6
44 Griechenland
0
661
98 Malawi
10
335
152 Guyana
7
167
206 Dschibuti
1
4
45 Türkei
3
627
99 Äthiopien
2
330
153 Vietnam
-10
166
206 Cook-Inseln
1
4
46 Slowenien
3
626
99 Oman
3
330
154 Georgien
-1
165
208 Anguilla
1
0
47 Israel
4
620
101 Kanada
2
323
155 Singapur
-5
162
208 Bahamas
-8
0
48 Venezuela
-3
617
102 Niger
-6
312
156 Kirgisistan
1
160
0
160
-10
159
49 Peru
-3
612
103 EJR Mazedonien
2
311
156 Indien
50 Kap Verde
2
608
104 Sierra Leone
7
304
158 Tadschikistan
50 Republik Irland
2
608
105 Antigua und Barbuda
2
303
159 Malta
-1
157
52 Ägypten
3
606
106 Aserbaidschan
2
302
160 Grenada
0
153
53 Nigeria
4
601
107 Litauen
3
301
161 Liberia
0
150
54 Republik Korea
-2
599
108 Simbabwe
4
299
162 Myanmar
0
142
38
T H E F I FA W E E K LY
http://de.fifa.com/worldranking/index.html
PUZZLE
Ziel beim Sudoku-Lösen ist es, die leeren Zellen des Spielfeldes mit den
Ziffern 1 bis 9 so auszufüllen, dass in jeder Zeile und in jeder Spalte sowie
in jedem 3x3-Teilquadranten jede dieser Ziffern genau ein Mal steht.
Eine Wochenpublikation der
Fédération Internationale de Football Association (FIFA)
Präsident
Joseph S. Blatter
1
2
6
9
1
8
3
1
Direktor Kommunikation
und Öffentlichkeitsarbeit
Nicolas Maingot (a. i.)
2
3
2
2
3
8
8
3
7
2
5
7
MIT TEL
1
4
9
4
Korrektorat
Nena Morf (Leitung), Martin Beran, Kristina Rotach
Ständige Mitarbeitende
Ronald Düker, Luigi Garlando, Sven Goldmann, Andreas Jaros,
Jordi Punti, Thomas Renggli, David Winner, Roland Zorn
4
9
7
2
5
Redaktionsassistenz
Alissa Rosskopf
5
1
8
1
2
Produktion
Hans-Peter Frei
8
5
1
4
6
6
8
3
8
2
7
8
4
7
Projektmanagement
Bernd Fisa, Christian Schaub
3
5
7
9
1
4
9
SCHWER
2
6
Kontakt
[email protected]
Ansichten, die in The FIFA Weekly zum Ausdruck gebracht
werden, entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der FIFA.
5
5
7
Layout
Richie Krönert (Leitung), Tobias Benz, Susanne Egli
Der Nachdruck von Fotos und Artikeln aus The FIFA Weekly,
auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung der Redaktion und
unter Quellenangabe (The FIFA Weekly, © FIFA 2015) erlaubt.
Die Redaktion ist nicht verpflichtet, unaufgefordert eingesandte
Manuskripte und Fotos zu publizieren. Die FIFA und das
FIFA-Logo sind eingetragene Warenzeichen.
In der Schweiz hergestellt und gedruckt.
6
4
4
Art Direction
Catharina Clajus
Internet
www.fifa.com/theweekly
8
4
4
9
6
Redaktion
Alan Schweingruber (Stv. Chefredakteur),
Annette Braun, Sarah Steiner
Druck
Zofinger Tagblatt AG
2
7
Chefredakteur
Perikles Monioudis
Übersetzung
www.sportstranslations.com
5
3
Generalsekretär
Jérôme Valcke
Bildredaktion
Peggy Knotz, Andreas Wilhelm (Stv.)
7
LEICHT
4
5
5
7
6
9
7
6
4
8
8
1
3
9
9
9
2
8
4
7
2
T H E F I FA W E E K LY
Puzzles courtesy: opensky.ca/sudoku
Herausgeberin
FIFA, FIFA-Strasse 20, Postfach, CH-8044 Zürich
Telefon +41-(0)43-222 7777, Fax +41-(0)43-222 7878
39
GRASSROOTS
FIFA inspiring girls and boys to play football
FIFA’s Grassroots programme is the core foundation of our development mission, aimed at encouraging girls and boys
around the world to play and enjoy football without restrictions. Grassroots focuses on the enjoyment of the game
through small-sided team games, and teaching basic football technique, exercise and fair play.
For more information visit FIFA.com

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