Corporate Governance hat Einfluss auf Erfolg

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Corporate Governance hat Einfluss auf Erfolg
SOZIALWIRTSCHAFT
Nr. 01/02. 10.01.2014
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epd sozial
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Corporate Governance hat Einfluss auf Erfolg
Studie zu Führungs- und Aufsichtsstrukturen in der Sozialbranche
Münster (epd). Professionelle Corporate-GovernanceStrukturen können den Erfolg von Unternehmen
­beeinflussen. Dies zeigt eine Studie der Curacon
GmbH. Die Beratungsgesellschaft hat dazu im Sommer rund 300 Entscheider von Einrichtungen im
­Gesundheits- und Sozialwesen zu den Führungsund Aufsichtsstrukturen in ihren Unternehmen befragt. Aus den Studienergebnissen lassen sich
­Empfehlungen für die Praxis ableiten.
Von Matthias Borchers und Tobias Allkemper
D
ie Einhaltung von Corporate-Governance-Stan­
dards führt zu Verbesserungen der Transpa­
renz, der ­Stärkung des Vertrauens der Öffent­
lichkeit in das Unternehmen und im besten Fall zu
einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Der Diakoni­
sche Corporate Governance Kodex (DGK) liefert hier­
zu für alle diakonischen Einrichtungen praktische
Empfehlungen. Als zentrales Element wird dabei das
duale Führungs­system – mit klarer Trennung zwi­
schen Aufsicht und ­Leitung – vorgegeben. Auch wenn
die diakonischen Einrichtungen diese Vorgaben mehr­
heitlich bereits b
­ erücksichtigen, besteht im Einzelnen
Verbesserungspotenzial.
Das Gesellschaftergremium, z.B. die Mitgliederver­
sammlung, repräsentiert im weitesten Sinn die
­Eigentümer eines Unternehmens. Dieses Gremium
­beschließt über alle grundsätzlichen und richtungs­
weisenden Maßnahmen. Obwohl vom DGK so inten­
diert, muss in der Praxis nur bei rund der Hälfte
der Unternehmen das Gesellschaftergremium zu Ge­
schäften zwischen Mitgliedern des Aufsichtsgremiums
und dem Unternehmen zustimmen.
Eine angemessene Kontrolle des Aufsichtsgremiums
durch das Gesellschaftergremium ist aber gerade bei
Sachverhalten, die Interessenkonflikte im Aufsichts­
gremium auslösen können, sinnvoll. Interessenkon­
flikte in Form von persönlichen Beziehungen der Mit­
glieder des Aufsichtsgremiums in das Unternehmen
stellen bei jedem fünften diakonischen Unternehmen
der Curacon-­Befragung ein Problem dar.
Von den teilnehmenden diakonischen Einrichtungen
haben 90 Prozent ein Aufsichtsgremium, also einen
Aufsichtsrat, ein Kuratorium oder Ähnliches instal­
liert. Bei der Ausgestaltung der Aufsichtsgremien ist
auf eine praktikable Größe zu achten, um eine effizi­
ente Kommunikation und Entscheidungsfindung
­sicherzustellen. In der Praxis weist die Mehrheit der
Gremien zwischen sechs und elf Mitgliedern auf.
Der Anteil geborener, d. h. Kraft ihres Amtes entsen­
deter Mitglieder sollte ein Drittel nicht übersteigen.
Immerhin jedes fünfte diakonische Unternehmen
weist einen Anteil von mehr als 25 Prozent geborener
Mitglieder auf. Das aber kann die Akzeptanz und
­Unabhängigkeit der Gremien negativ beeinflussen.
Matthias Borchers (li.) leitet bei Curacon den
Bereich »Prüfungsnahe Beratung«. Tobias Allkemper
ist Sprecher der Geschäftsführung der Beratungs­
gesellschaft in Münster.
Die Aufgaben eines Aufsichtsgremiums sollen sich auf
grundsätzliche und strategische Themen begrenzen,
um eine klare Trennung zwischen operativer Leitung
und Aufsicht sicherzustellen. Dieses ist bei der Mehr­
heit der befragten Unternehmen auch gut ausgestaltet.
Beachtenswert ist, dass in mehr als einem Drittel
der Fälle das Aufsichtsgremium nicht für die Richtlini­
en des Risikomanagements bzw. der Compliance zu­
ständig ist. Ein verantwortungsbewusstes Gremium
muss sich aber auch damit auseinandersetzen, um
grundlegende Gefahren abwehren und Gesetzesrege­
lungen einhalten zu können.
Die Aufsichtsgremien sollten fachlich differenziert zu­
sammengesetzt sein, um eine größtmögliche Kompe­
tenzspanne abzudecken. A
­ llerdings weist nur knapp
die Hälfte aller diakonischen Unternehmen neben
fachspezifischen auch ökonomische und juristische
Kompetenzen im Aufsichtsgremium auf. Bei jeder
zehnten diakonischen Einrichtung fehlt die betriebs­
wirtschaftliche Kompetenz ganz. Da sich die Rahmen­
bedingungen in der Sozialwirtschaft aber weiterhin
ökonomisieren, mündet dieses in der Praxis oft in ei­
ne eingeschränkte Aufsichtsmöglichkeit.
E
in Großteil der Befragten zeigt sich insgesamt
zufrieden mit der Erfüllung der an ihre Mitglie­
der im Aufsichtsgremium gestellten Anforde­
rungen. Knapp ein Viertel der Unternehmensleitungen
diakonischer ­Einrichtungen ist jedoch weniger zufrie­
den mit der Vorbereitung der Mitglieder auf die Sit­
zungen des Aufsichtsgremiums. Wie bei den Studien­
teilnehmern insgesamt, bemängeln darüber hinaus
knapp zwei Drittel eine unzureichende Fort- und Wei­
terbildung der Mitglieder im Aufsichtsgremium.
Fazit: Die Studie hat verdeutlicht, was anhand vieler
Negativbeispiele in der Praxis längst erkennbar ist:
Richtig aufgestellte Führungs- und Aufsichtsstruktu­
ren können einen erkennbaren Beitrag zum Unter­
nehmenserfolg leisten. Den diakonischen Einrichtun­
gen im Gesundheits- und Sozialwesen wird daher
geraten, ihre eigenen Strukturen wiederkehrend auf
Effizienz und Effektivität zu überprüfen und im
­Bedarfsfall anzupassen.