Nahrung und Speisen im Wandel nach 1900 Angaben

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Nahrung und Speisen im Wandel nach 1900 Angaben
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Nahrung und Speisen im Wandel nach
1900
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Angaben zum Thema aus meinem großelterlichen H a u sh alt/Z e i t : 1900-40
G r o ß m u t t e r : E M H H I gc"b
Gr>~ ßvn.ter:
geb.
'■ . 1 i 6 l , kath . ,
1 8 6 0 ,k a t h . ,
Köln
Köln
Die Großeltern lebten in K öln.
Kochlehre
1)
der Großmutter:
Im Haushalt ih r e r Mutter in K ö l n .
Beschaffung der Nahrur.psmlttel und Zutaten
1a) Bis vor dem ersten W e ltkrie g wurden die meisten Nahrungsmittel
auf dem nächst ¿Telegenen Wochenmarkt g e k a u ft. Dazu g eh örter, außer
O bst, Gemüse und K a r t o f f e l n , B u tte r, E ie r und auch Bauernbrot,
wie es beim Bäcker in K ;j;ln n icht zu haben war.
Später entstanden in der Wohngegend meiner Großeltern mehr und
mehr L ebensm ittelgeschäfte, so daß das Einkäufen in der Nähe vor­
gezogen wurde.
Fisch wurde beim n Holländer 11 gekauft, das waren hollä ndische
Fischv erkä u fer, die an bestimmten Wochentagen - meist donnerstags
und freitag s - mit einem Kastenhandwagen, in dem sie Fische in der Hauptsache verschiedene Heringssorten - zum Verkauf hatteij
durch die Straßen fuhren und durch Ausrufen zum K a u f a u f f o r d e r ­
ten. Ih r Ruf:
n Hollandsch^ Haaring i 11.
2)
Häusliche Vo rratsw irtschaft
2 c ) Auch im Elternhaus meiner Mutter wurden Gürkchen, Gurken, S e n f ­
gurken und Zwiebelchen und Zwiebelchen und Gürkchen in einer
Essiglösung k o n s e r v ie r t . In 2 - 3 L i t e r Zubind eglä sern .
2 g) Um die Butter im Sommer kühl aufzubewahren, gab es eine B u t t e r ­
dose . Das war ein roter Tonbehälter mit Deckel und einem E in ­
satz aus Glas.
Der Behälter aus Ton wurde mit kaltem Wasser g e f ü l l t , das oft
erneuert wurdej der G lasbehälter, in den die B utter e i n g e s t r i ­
chen war, kam als E in s a tz in das k a lt e W asser.
2h) D a s 1Eingemachte * , in diesem F all waren es die 11 Zwiebelchen und
Gürkchpn " , stand
auf einer B r e tt e r s t e l la g e in der kühlen S p e i ­
sekammer.
E in k e ll e r k a r t o ff e ln standen in einer K a r t o f f e l k i s t e im K e l l e r .
3)
Mahlzeiten im Tageslsuf
3b) Von d i e s ° r Großmutter kann ich
nannte 11 Zweite Frühstück 11 um
zu einem frischen Brötchen mit
eine " gute Tasse K a ffe e " bzw.
auch b e r i c h t e n , daß s ie das soge­
10 Uhr morgens einnahm, wobei sie
11 Flöns 11 = " E in fac h e L ^berwurst"
Bohnenkaffee tran k .
3 c ) Auch an Werktagen war das warme Mittagesspn die H a u ptm a hlze it.
Der Wochenspeiseplan hatte seine feste Tiegel, in dem jeder Tag
sein Gericht hatte.Abweichungen davon kamen so gut wie nie vor.
Der genaue Ablauf i s t mir n icht mehr in E rinnerung, doch weiß ich
noch, daß montags " Resteessen Tt vom S^mstag-^Sonntag war, freitags
Fischessen und samstags 11 Hamch^ met suure Kargs
bzw. Hämmchen mit Sauerkraut.
Auch die Zusammensetzung der Gerichte war fest g e r e g e l t .
Fortsetzung nächste S e i t e .
Nehrung und Speisen ln Wandel nach
<ß
1900
Angaben zum Thema aus meinem großelterlichen Hau sh alt/ Z e i t :
1900-U0
Fortsetzung von Blatt 3)
3c)
Fortsetzung:
Jedes F leischgerich t hatte seine feste Gemüse- bzw. S a l a t b e i l a g e .
Zu Frikadellen gehörten die Möhren,
zur gebratenen groben frischen Bratwurst der Rotkohl,
zum gebratenen K otelett der K o p f s a l a t ,
zum gesalzenen oder geräucherten Schweinebauch ( in Köln Sneck )
die Dicken Bohnen,
zum Hämmchen das S au e r kr a u t.
zum Suppenfleisch die Zwiebelchen und Gürkchen,
zum Hammel fle is c h die grünen Bohnen,
zum Sauerbraten das Apfelkompott,
zum S chw ein efilet grüne Erbsen oder Erbschen mit Mohrcher,
zum Grünkohl^ericht die gerauchte Bratw urst.
Auch die Hülsenfrucht-Eintopfsuppen hatten i h r K o c h f l e i s c h .
In der gelben Erbsensuppe wurden gesalzene Schweinerippchen,
in der weißen Bohnensuppe Siedewürstchen und
i n der Linsensuppe Suppenfleisch bzw. R i n d f l e is c h gekocht.
A lle grünen Blattgemüse wurden s o r g f ä l t i g v e r l e s e n , gründlich in
kaltem Wasser gewaschen und in kochendem W a s s e r , dem eine Messer­
spitze Natron zugefügt war, gargekocht.
Wenn die abgekochten Gemüseblätter in einem Sieb abgetropft waren
hackte sie meine Großmutter a uf einem Ho lzbre tt mit einem großen
Messer ganz f e in .
Gemüse, die zu einem E in to pfge r ic h t z u b e r e ite t werden s o l l t e n ,
kamen so feingehackt in den K a r t o f f e l b r e i und wurden u n t e r g e ­
mischt und -gerührt, z . B . Grünkohl.
Sonst wurde eine Mehleinbrenne gemacht, die mit M ilch oder
Fleischbrühe a u f g e fü ll t wurde, b is es eine gebundene Mehlsoße
war, die mit S a l z , P f e f f e r , wenig Muskat und ein ig e n TropferMaggi gewürzt wurde. Unter diese Mehlsoße zog man dann die ganz
feingehackten Gemüseblätter. So wurden z . B . S p in a t , Riibstielchen,
Mangold, Weißkohl und Wirsingkohl a n g e r i c h t e t , auch grüne Bohnen
kamen in eine solche Milchmehlsoße.
3 d)
Gründonnerstag gab es Spinat mit Ei
Salzkartoffel.
(Rührei oder S p i e g e l e i ) und
Sonntags kam eine gute R indfleischsuppe a uf den T i s c h . Die Sup­
peneinlagen v a r iie r t e n .M a l Fadennudeln. mal Sago oder Tauioka,
mal Eierstich und an besonders hervorgehobenen Sonn- und F e i e r ­
tagen waren die b e lie b te n Markklößchen die E i n l a g e .
Die Markk1 ößchen s t e l lt e meine Großmutter aus eingeweichten und
wieder ausgedrücktem Brötchenteig und Schweinegehackten; mit aus­
gelassenem Rindermark her.
Nach der Suppe aß man das gekochte S up pe n fle is c h mit Zwi ebelchen
Und Gürkchen als Zwischengang.
Hi ernach kav' darn der Hauntg^ng: Br?ten mit Gemüre oder Saint und
S a l z k a r t o f f e l n . Reichlich gut gewürzte Bratensoße war w ic h t ig .
Die G erichte, die meine Großmutter gekocht h a t t e , waren so gehalt
v o l l , daß ein Nachtisch nicht mehr zu schaffen war.
Ich kann deshalb auch über keinen b e r i c h t e n .
Anmerkung zu Sago und TaPloka: Diese Suppeneinlagen kochten in der Suppe/zu w in zige n ,
durchsichtig glasglaren Kü>elchen; Saro = Stärkemehl aus Pal "imark (inalaiisch) .
ohfiß
UsClcA .
Tanioka = Mehl aus der Maniokwurzel
(b r a si2.)
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Nahrung und Speisen im Wandel nach
1900
Angaben zum Thema aus meinem großelterlichen Hau sh ait/ Z e i t :
Fortsetzung von Blatt
1900-40
x)
3 f ) Wei hnachten: Eeim Bäcker gekaufte
S p e k u l a t iu s f ig u r e n , z . B . En gel,
K l.B a r b a r a und H l .N ik o la u s . Größe: meist etwa 20 - 30 cm groß.
E ben falls " Prlnt^män^r 11.
Neu.jahr: Nie ohne einen extragroßen Neu.iahrsbrezel.
3 g) Beim Abendbrot wurden verschiedene Brotsorten auf den Tisch ge­
s t e l l t . Butter zum Streichen und Wurst, meist "B e ste Leberwurst ",
manchmal auch S c h in k e n ,a l s B e la g . Freitags nur K äse be la g.
Käse meist nur Holländer Käse.
3h) Backfisch nur ganz s e l t e n . Meist war das Freitags- und s ic h e r das
K a r f r e it a g s e s s e n ; S c h e l l f i s c h , gekocht mit Buttersoße und Salzkar­
toffeln.
Als Fastensr-.eise galt Sninat mit Ei am Gründonnerstag.
3k) Typisches Backwerk: Das kölsche Röggelchen
Typisches Getränk:
Kölsch B ie r
Typisches Getränk damals: Apfelblümchen = Ein k o h le n s ä u r e h alt ig e s
Getränk, gesüßt,mit leichtem Apfelaroma.
4)
Essen außerhalb des Hauses
4 f ) In der Zeit um die Jahrhundertwende führte mein Großvater seine
Frau gerne in ein Kölner Weinrestaurant aus, in s " VandersteinBellen " . Es war ein renommiertes Gasthaus, das i n der M itte des
16 . Jahrhunderts an der O s ts e ite des Heumarktes er r ic h t et worden
war.
In den Sommermonaten machte die Familie - meine Großeltern hatten
sieben Kinder - einen Sonntagsspaziergang am Kölner Rheinufer ent­
la n g . Ar d^r Rheinuferstraße, ungefähr in der Höh^ der heutigen
Zoo- und Floragegend, l a g eine Gaststätte " W attlers Fischerhaus "
Hier kehrte man ein und stärkte sich für den Rückweg. Meine Mutter
b e r ic h te t e,d aß meine Großmutter dann dort 11 M a ifis c h in Gelee "
oder e i n llRestauration sschn ittch en" aß und die K in d e r ein 11 Arfelblümchen 11 tranken.
An der Nordseite des Heumarktes steht noch heute die Kölsche W irt­
schaft " Malzmühle
Auch dieses Lokal war schon zu Ze ite n meiner
Großeltern eine b e lie b te Ein kehr. Man ging do rthin, um das süße
fast schwarze M a lzb ie r zu trinken und aß einen " Halw^n Hahn 11,
ein halbes Röggelchen mit einer Scheibe Ho llä nder, dazu. In dieser
W irtsch aft gibt es noch heute das M a l z b ie r , doch den Hauptanteil
des Ausschanks nimmt das 11 Kölsch 11, das h e lle obergärige B ie r ,
e in .
In Erinnerung habe ich noch eine Z e i t , es muß zwischen 1925 und
1930 gewesen s e i n , in der meine Mutter und ic h mit der Großmutter
in ein Kölner Caffe gingen, in s "cqf£ Riese 11 auf der Kölner S c h i l ­
dergasse ,w e i l es dort auch den bei Großmutter und Mutter so belie'
t.en 11 Mai fisch in Gelee 11 zu essen gab.
Das Caf& Riese e x i s t i e r t auch heute noch an der a lte n S t e l l e , doch
Inhaber und Charakter des Hauses haben sich verä n dert.
5)
Tis c h sitte n
früher und heute
5 a ) Wochentags wurden a lle Mahlzeiten in
der Kiinhe eingenommen.
An Sonn- und Feiertagen aß man im " Guten Zlmme" "
»
Nachtrag:
6)
Sonderkost neben den gewöhnlichen Mahlzeiten
6a)
Ein erwachsener Rekonvaleszent bekam zur Stärkung t ä g lic h ein rohes
E i , das mit einem Glas Rotwein oder einem guten Guß Kognak v e r q u ir lt
worden war.