Paris Sorbonne #2

Transcrição

Paris Sorbonne #2
ERASMUS-ERFAHRUNGSBERICHT
Mein Wintersemester (2011/2012) an der Université PanthéonSorbonne Paris 1.
Ich schreibe diesen Erfahrungsbericht noch in Paris da ich meinen Aufenthlt
hier noch um zwei Monate Praktikum verlägern werde. Die letzten fünf
Monate habe ich in einer der wahrscheinlich schönsten Städte der Welt
verbracht. Auch wenn das Leben in Paris an sich nicht einfach ist und hier
viele Dinge im Vergleich zu Deutschland wirklich umständlich ablaufen, habe
ich mich nach kurzer Zeit schon heimisch gefühlt und jede Menge wichtige
Erfahrungen machen können. Ich kann nur jedem empfehlen, nicht nur
generell für eine längere Zeit ins Ausland zu gehen, sondern sich auch
gerade in eine fremde Hauptstadt zu wagen, in der man besser als anderswo
lernen kann, wie man sich, trotz aller administrativer, organisatorischer etc.
Widrigkeiten zurechtfindet.
„Aller Anfang ist schwer“
organisatorische Dinge
–
Wohnungssuche
und
andere
Eine der größten Ängste war es für mich anfänglich, zu Beginn des Studiums
in Paris ohne eine Unterkunft dazustehen. Deswegen sollte man früh genug,
also bestenfalls mit mindestens 2 Monaten Vorlauf, auf Suche gehen. Ich bin
noch vor den Klausuren im Sommersemester in Hamburg (also Mitte Juni)
für ein paar Tage nach Paris gefahren, da sich vor Ort am besten etwas
finden lässt. Im Vorhinein bietet es sich an, schon im Internet (beispielsweise
über www.pap.fr, www.seloger.fr, appartager.fr oder auch wg-gesucht.de
nach Anzeigen zu suchen. Hier findet man normalerweise schon einige kleine
und viel versprechende Anzeigen von Privatpersonen. Mit den Vermietern
bzw. den vielleicht spätere Mitbewohnern, sollte man dann am Besten
bereits von Deutschland aus einen Besichtigungstermin vereinbaren. Ich
habe letztendlich ein Zimmer im 20. Arrondissement gefunden. Das hilft
einem zu beginn natürlich weil es gerade am Anfang besonders schwer fällt,
sich vollkommen alleine und ohne fremde Hilfe durchschlagen zu müssen.
Wenn man es sich aber zutraut, alleine zu wohnen, ist dies sicherlich auch
eine gute Lösung. Neue Leute lernt man so oder so recht schnell kennen.
Zu den Treffen mit dem Vermieter nimmt man am besten eine Mappe mit den
von diesem verlangten Unterlagen mit. Hierzu zählen in vielen Fällen neben
einer Kopie des Personalausweises, einer Kopie der Bescheinigung über das
Auslandsstudium der Sorbonne auch einer Bürgschaftsbescheinigung eines
Elternteils sowie oftmals die Kopien der letzten drei Gehaltsabrechnungen
des Bürgen! Einen Vordruck für die „caution solidaire“ findet ihr zum Beispiel
auf
der
Seite
des
Institut
français.
www.studieren-infrankreich/Wohnungssuche.html.
Ich bin also im Juni mit diesen Unterlagen „bewaffnet“ nach Paris gefahren,
um dort nach Anzeigen Ausschau zu halten, glücklicherweise hatte ich gleich
bei dem ersten Zimmer Glück und bekam es, ich musste jedoch in den
saueren Apfel beißen auch für den gesamten August die Miete zu zahlen .
Andere Möglichkeiten sind zum Beispiel die amerikanischen Kirche am Quai
Branly in der jeden Tag neue Anzeigen zur Wohnungs- und Arbeitssuche
ausgehangen werden. Außerdem liegt hier auch das so genannte „Fusac“Magazin aus, in dem jede Menge englische Anzeigen aus allen Bereichen zu
finden sind. Ein Blick hierein lohnt sich immer, zumal hier auch seitenweise
freie Wohnungen angeboten werden. Nicht sonderlich weit entfernt von der
amerikanischen Kirche ist auch das Goethe-Institut, in dem ebenfalls ein
Ordner mit Wohnungsanzeigen (zum Teil sogar insbesondere für deutsche
Wohnungssuchende) ausliegt!
Was die hohen Mietkosten in Paris betrifft, so kann man sich als Student mit
einem offiziellen Mietvertrag jederzeit mit einem Antrag auf Wohngeld an die
„caisse d’allocations familiales“ (CAF) des jeweiligen Arrondissements
wenden. Neben dem Antrag, der teilweise auch von dem Vermieter ausgefüllt
werden muss, braucht man hierfür noch die Kopie der europäischen
Krankenversicherungskarte, der Studienbescheinigung, eine internationale
Geburtsurkunde (die man sich vor der Abreise in Deutschland ausstellen
lassen sollte) sowie ein französisches Bankkonto.
Letzteres zu eröffnen dauert übrigens seine Zeit, aber ohne ein Konto bleiben
einem viele Vorteile verwehrt. Neben der Tatsache, dass man so nicht an das
Geld der „CAF“ kommt, braucht man ein französisches Konto, um sich eine
der Internet- und Telefonboxen (neufbox, livebox, freebox, ...) anzuschaffen.
Für knapp 40 € kommt man nämlich so in den Genuss, nicht nur freien
Internetzu- gang zu haben, sondern auch in über 100 Länder kostenlos auf
Festnetz zu telefonieren und viele Fernsehkanäle zu empfangen. Mit einer
deutschen Kreditkarte ist die Anschaffung einer derartigen Box anscheinend
nicht möglich. Mit einer „carte bleue“ kann man zudem fast überall bezahlen
und auch ganz praktisch seinen „passe Navigo“ für die Metro aufladen. Was
die Metrofahrkarten betrifft so bietet es sich zudem für diejenigen, die 2
Semester bleiben, an, sich die „Carte imagine R“ zu besorgen. Wenn man
unter 26 Jahren alt ist und einen Mietvertrag für knapp ein Jahr besitzt, hat
man so die Möglichkeit, für knapp 30 € im Monat nicht nur die komplette
Pariser Metro nutzen zu können, sondern auch weit aus Paris raus zu fahren,
um sich andere Städte der Île-de-France an- zusehen. Wer für den der nicht
so lange bleibt ist es auch möglich die Carte imagine R zu beantragen und im
nachhinein mit nachweis der Wohnusitzänderung nach Deutschland das
Jahresabonnement wieder zu kündigen. Das soll jedoch relativ kompliziert
sein, sodass ich selbst lieber meinen Pass Navigo Wochen oder
Monatsweise aufgeladen habe.
Das Studium an der Sorbonne
Es ist wirklich empfehlenswert, als Erasmusstudent an der Einführungswoche
der Sorbonne mit ihren Einführungsveranstaltungen, Sprach- und
Methodologiekursen teilzunehmen. Auch wenn gerade die Sprachkurse nicht
immer sonderlich effektiv sind und es in meinem Semester im Centre Tolbiac
stattfand einem äußerst depremierendem Betonturm aus den 70er Jahren, so
lernt man doch in den ersten Wochen schon jede Menge andere
ausländische Studenten kennen und findet so recht schnell Anschluss.
Ferner bringt einem der juristische Methodologiekurs bei regelmäßiger
Teilnahme bereits 2 Creditpoints ein. In dieser ersten Woche findet zudem
die „inscription administrative“ (mit der Anfertigung des Studentenausweises)
und die „inscription pédagogique“ (Erstellung des Learning Agreements) statt.
Hierfür braucht man neben mehreren Passfotos auch ganz viel Geduld. In
diesem Wintersemester befanden sich die Vorlesungszeiten noch nicht im
Internet, sondern wurden in Papierform von den verschiedenen Büros
ausgehangen. Leider ist es nicht immer einfach, diese Listen auf Anhieb zu
finden. Man muss sich also selbstständig seinen Stundenplan erstellen und
mit dem ausgefüllten Learning Agreement mit einem der mit der „inscription
pédagogique“ betrauten Professor Rücksprache halten. Eine Änderung
dieses „contrat pédagogiques“ ist allerdings in den ersten Wochen noch
möglich. Das Learning Agreement muss dann nach Hamburg geschickt und
als Kopie bei dem Büro jeder „UFR“ eingereicht werden. Um auf die 30
Creditpoints zu kommen, habe ich neben dem Methodologiekurs (2 CP)
sechs Vorlesungen (mit je 4 CP) und ein „TD“ („Travaux dirigés“, eben-falls
mit 4 CP) belegt. Bei letzterem handelt es sich um eine Art
Arbeitsgemeinschaft, für die je nach AG-Leiter regelmäßig Hausaufgaben
angefertigt oder kleine Vorträge vorbereitet werden müssen. Hierbei erprobt
man also das Schreiben französischer juristischer Texte und lernt, seine
Methodologiekenntnisse anzuwenden.
Generell ist es sehr empfehlenswert, in den Vorlesungen nicht nur selbst
Notizen zu machen, sondern auch die französischen Studenten nach ihren
Mitschriften zu fragen. Diese schicken einem die Datei dann per Mail zu. An
der Sorbonne ist es nämlich weit verbreitet, dass die Studenten wortwörtlich
den Vorlesungs- inhalt auf ihrem Laptop mitschreiben.
Für mich war es eine wirklich gute Erfahrung, über die Sorbonne einen
Einblick in den Ablauf des Jurastudiums in Frankreich zu bekommen. Trotz
einiger Gemeinsamkeiten mit dem deutschen System, sind mir doch
regelmäßig interessan- te Unterschiede bewusst geworden. Hierzu zählt
beispielsweise die französische Vortragsart. Viele Professoren diktieren(!!!)
ihren Studenten tatsächlich wortwörtlich den Inhalt der Vorlesung (inklusive
der stark geschachtelten Kursgliederung) und erwarten auch, dass dieser
schriftlich festgehalten wird. Hinzu kommt, dass es keine festgesetzten
Kurszeiten wie in Hamburg gibt, bei denen zwischen einer Vorlesung für
gewöhnlich eine halbstündige Pause eingeplant wird. So ist es bei mir
vorgekommen, dass ich dienstags 3 jeweils anderthalbstündige Kurse direkt
hintereinander hatte und so kaum die Gelegenheit bestand, zwischendurch
etwas zu essen oder kurz zu verschnaufen.
Von meinen Abschlussprüfungen habe ich die eine Hälfte schriftlich, die
andere Hälfte mündlich abgelegt. Die Resultate bei Erasmusstudenten lassen
jedoch bis auf die der Mündlichen Prüfungen noch auf sich warten, werden
jedoch anscheinen als Scandatei an die Heimatuni gesendet sobald sie
korrigiert sind.
In meinem Semester erhielten wir e-mails, inwelchen die Prüfungstage orte
und zeiten mitgeteilt wurden. Man sollte sich jedoch am besten noch einmal
am Tag vor den Prüfungen im zuständigen UFR versichern, dass der
Prüfungsort gleichgeblieben ist, damit es einem nicht wie mir einmal passiert
in der faslchen Prüfung zu sitzen.
Allgemein ist das gesamte Prüfungssystem sehr verwirrend und
unorganisiert, so kam es vor, dass der Professor dachte er hätte bereits alle
Erasmusstudenten am Vormittag geprüft und nach Hause gegangen ist. Wir
mussten daraufhin durch halb Paris in seine Kanzlei fahren um geprüft
werden zu können. Man darf sich jedoch nicht über solche Kuriositäten
aufregen.
Das Leben in Paris allgemein
Als Stadt ist Paris meiner Meinung nach an Vielseitigkeit kaum zu überbieten.
Jedes Arrondissement hat seinen eigenen Charakter und Paris bietet einem
einfach jede Menge Freizeitaktivitäten, nicht nur im kulturellen Bereich. Kultur
ist zudem nicht unbedingt teuer: Die staatlichen Museen und die
permanenten Expositionen sind für europäische Studenten unter 26 Jahren
immer kostenlos, der Kinobesuch ist in vielen Kinos für Studenten
verhältnismäßig günstig. Das Ticket beim Gaumont Parnasse kostet so 5,90
€, beim UGC Bercy Village sogar nur 3,90 €. Theaterkarten oder Plätze für
die Oper gibt es für Studenten generell auch zu vergünstigten Preisen. Cafés
und Restaurants haben sehr oft saftige Preise, aber Ausnahmen gibt es
immer. Wichtig zu wissen ist auch, dass die Preise von Restaurant- und
Caféketten je nach Lage in Paris variieren.
Leider muss ich sagen, dass ich in all den Monaten nicht geschafft habe, mir
all das anzusehen, was ich mir vorgenommen habe. Andererseits hat man so
immer einen Grund, wieder nach Paris zurückzukehren. Die Stadt bietet
soviel, man entdeckt immer etwas Neues.
Obwohl gerade am Anfang nicht immer alles einfach ist und zum Teil sehr
langsam abläuft, und man sicherlich ein ums andere mal an seinen
Sprachkenntnissen zweifelt habe ich es nie bereut, mit Erasmus nach Paris
gegangen zu sein. Ich habe viele nette Menschen kennen gelernt und die ein
oder andere Freundschaft geschlossen, mit denen ich auf jeden Fall in
Kontakt bleiben werde. Ein Auslandsaufenthalt ist eine unglaubliche
Bereicherung und man lernt sehr viel über das Leben und über sich selbst.

Documentos relacionados