Detailarbeit

Transcrição

Detailarbeit
magazine
EDITORIAL
Joseph S. Blatter
FIFA-Präsident
M
ehr als 1700 Journalisten
und 295 Fotografen sowie
ein paar Tausend Rundfunk- und Fernsehleute berichteten 1974
von der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™
in Deutschland. 16 Mannschaften bestritten
damals in neun Städten insgesamt 38 Spiele.
Werbe- und Marketingaktivitäten steckten
gewissermassen noch in den Kinderschuhen, und die Fernsehrechte brachten gerade mal 18 Millionen Deutsche Mark ein.
Um eine Karte für das Finale in München
zu ergattern, warteten einige besonders hart
gesottene Fans zum Teil Tage vor den Verkaufsstellen.
Was im Rückblick teils romantisch, teils
schon fast anekdotisch anmutet, würde heute nirgends mehr hinreichen. Für die FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft
Deutschland
2006™ werden über 4500 Journalisten und
mehr als 1100 Fotografen sowie Tausende
Vertreter der elektronischen Medien akkreditiert sein. Jedes noch so kleine Detail, jede
noch so geringfügige Aktivität der 32 Endrundenteams, jede noch so nebensächliche
Äusserung eines Teilnehmers wird registriert
und in Sekundenschnelle rund um den Erdball verbreitet. Die Karten für die 64 Spiele
in zwölf modernsten Arenen gehören zu den
begehrtesten Dingen, die zu erwerben sind,
und allein für die Fernsehrechte werden 100
Mal höhere Einnahmen erzielt.
Die Organisation einer Weltmeisterschaft
ist heute ein ungleich komplexeres und aufwändigeres Unternehmen als vor 32 Jahren.
Für die FIFA beginnt die Arbeit schon acht
Jahre vor der eigentlichen Endrunde mit
der Ausschreibung der WM. Die Vorbereitungen für das grösste Fussballfest bedingen
zahllose Sitzungen, Inspektionen der Spielorte oder Workshops.
Im März 2006 ist der Terminkalender
besonders dicht gedrängt. Neben der Jahrestagung des International Football Association Board (IFAB) stehen in Düsseldorf ein sportmedizinischer Kongress zum
Thema WM und der Workshop für die 32
Endrundenteilnehmer auf dem Programm.
Gesundheitsfragen und Dopingbekämpfung
werden die Schwerpunkte des Sportmedizinkongresses sein, bei dem auch die Mannschaftsärzte nochmals ausführlich über ihre
Aufgaben, Rechte und Pflichten informiert
werden, während beim Team-Workshop der
Ablauf der WM in jeder Einzelheit erläutert wird. Überspitzt gesagt, wird der ganze
Aufwand betrieben, damit sich die Spieler
auf das Wesentliche konzentrieren können:
Fussball zu spielen.
Dazu werden selbstverständlich auch die
Schiedsrichter und ihre Assistenten benö-
Detailarbeit
tigt, die Ende März in Frankfurt den zweiten Lehrgang vor der WM absolvieren und
nochmals auf Herz und Nieren – und Fachwissen – getestet werden. Danach wird die
Schiedsrichterkommission jene Spielleiter
bezeichnen, die in Deutschland zum Einsatz
kommen werden, in bereits seit mehr als
einem Jahr zusammenarbeitenden Trios.
Wie bei anderen grossen Vorhaben auch
steckt der Teufel im Detail. Die FIFA und
das deutsche Organisationskomitee haben alles Menschenmögliche getan, um
jedes Detail zu berücksichtigen und damit
verbundene Fragen zu beantworten. Jetzt
hoffen auch wir auf jenes Quäntchen Wettkampfglück, das den Erfolg ausmacht. Dann
dürfen wir uns alle auf eine grossartige und
spektakuläre WM freuen, dem Fussball zuliebe und für ein besseres Verständnis in unserer harten Welt.
MÄRZ 2006
3
INHALT
magazine
INHALT
AUGENBLICKE.................................................. 7–9
FIFA FUSSBALL-WM 2006™
Was ist von den asiatischen Teams
zu erwarten? ................................................... 10–14
JOSEPH S. BLATTER
Unermüdlich, visionär,
kühn und witzig
INTERVIEW
FIFA-Präsident Joseph S. Blatter:
„Meine Aufgabe ist noch nicht beendet“......... 16–19
FIFA FUSSBALL-WM 2006™
Wettbewerb –
25 x 2 Eintrittskarten zu gewinnen! ....................... 37
Der FIFA-Präsident feiert am 10. März seinen 70. Geburtstag –
eine Laudatio und viele bisher unveröffentlichte Fotos
BRASILIEN
Ausländische und alte Spieler dominieren
im Land des fünffachen Weltmeisters ............... 38–43
20–25
FIFA FUSSBALL-WM 2006™
Die Städte und die Stadien. 11. Teil: Berlin ....... 48–49
MARK VIDUKA
DAS ANDERE INTERVIEW
25 Fragen, 25 Antworten:
Dennis Lawrence (Trinidad und Tobago) ........... 52–53
22. Juni 2006 – ein
denkwürdiger Tag
NIGERIA
Starthilfe für eine
neue Generation
DAMALS UND HEUTE
José Luis Chilavert –
der „Böse“ mit dem grossen Herzen ................ 54–57
MAGAZETTE ................................................. 58–61
Australiens Topstürmer und seine Ziele bei der
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006™
FIFA INSIDE .................................................. 63–82
Titelbild: Joseph S. Blatter.
Fussball- und Schulausbildung – in Nigeria ist ein für den
afrikanischen Fussball einzigartiges Projekt entstanden
44–47
FOTO: FOTO-NET/KURT SCHORRER
26–31
10–14
Joseph S. Blatter
http://www.fifa.com/en/organisation/
presidentsection/0,3959,2,00.html
16–25
Jay-Jay Okocha
www.jayjay-okocha.com
26–31
Súper Clásico hier,
Island Games dort
Corinthians São Paulo
http://www.corinthians.com.br
38–43
Flamengo Rio de Janeiro
http://www.flamengorj.com.br
38–43
Die A-Länderspiele der Männer und Frauen
im Jahr 2005 im Überblick
Fluminense Rio de Janeiro
http://www.fluminense.com.br
38–43
STATISTIK
Mark Viduka
http://uk.sports.yahoo.com/fo/profiles/4509.html 44–47
32–35
Quiz
4
MÄRZ 2006
Monatlich erscheinende offizielle Publikation der
Fédération Internationale de Football Association (FIFA).
Fussball in Asien
www.the-afc.com
Hertha Berlin
http://www.herthabsc.de
Sind Sie ein Fussballexperte?
Seiten
50–51
48–49
José Luis Chilavert
http://www.elchila.com.ar
54–57
FC Barcelona
http://www.fcbarcelona.com
58–59
Herausgeberin: FIFA, FIFA-Str. 20, Postfach, CH-8044 Zürich
Telefon: +41-(0)43-222 7777. Telefax: +41-(0)43-222 7878
Internet: www.FIFA.com E-Mail: [email protected]
Präsident: Joseph S. Blatter
Generalsekretär: Urs Linsi
Verantwortlich für den Inhalt
Direktor: Markus Siegler
Redaktion: Andreas Werz, Georg Heitz
Produktion: Hans-Peter Frei (Leitung)
Layout: Marco Bernet, Philipp Mahrer
Druck: Vogt-Schild Druck AG,
Gutenbergstrasse 1, 4552 Derendingen, Schweiz
www.FIFA.com
WEBSITE
FIFA magazine
Nummer 3, März 2006
Anzeigen, Vertrieb und Abonnement:
medienfabrik Gütersloh GmbH,
Carl-Bertelsmann-Str. 33, 33311 Gütersloh, Deutschland
Anzeigen:
+49-(0)5241-23408-16
Abonnement: +49-(0)5241-23480-84
Telefax:
+49-(0)5241-23480-565
E-Mail:
[email protected]
Redaktionsschluss dieser Ausgabe:
Donnerstag, 12. Januar 2006
Die im FIFA magazine ausgedrückten Meinungen geben nicht in jedem
Fall jene der FIFA wieder. Der Nachdruck von Fotos und Artikeln – auch
auszugsweise – ist nur mit Genehmigung der Redaktion erlaubt und
unter Quellenangabe (Copyright: FIFA) zu veröffentlichen. Die Redaktion
ist nicht verpflichtet, unaufgefordert eingesandte Manuskripte
und Fotos zu publizieren. Das FIFA-Signet ist ein eingetragenes
Warenzeichen. In der Schweiz produziert und gedruckt © FIFA 2006.
MÄRZ 2006
5
AUGENBLICKE
The great ones
make it look simple.
19 BÄLLE
Behält der Brasilianer Marcelinho vom deutschen Traditionsverein Hertha
Berlin die Übersicht? Bei 19 Bällen kein leichtes Unterfangen.
FOTO: IMAGO
MÄRZ 2006
7
AUGENBLICKE
AUGENBLICKE
magazine
3 MÄDCHEN
Fussballspielen in Sandalen und in
einer Volkstracht – drei Mädchen aus
Bangladesch frönen ihrer liebsten
Freizeitbeschäftigung.
FOTO: FIFA
1 BAUM
Kaum Rasen, dafür viel roter Sand
und mittendrin gar ein Baum
– ein Fussballfeld in Kenia.
FOTO: FIFA
1 FUSSBALLPLATZ
2 RICHTUNGEN
Willy Sagnol vom FC Bayern München und
der Schiedsrichter sind sich uneinig, in welche
Richtung der Ball nun rollen soll. Doch wer
entscheidet letztlich? Richtig, der Unparteiische.
Selbst mitten in Tokio, einer der grössten
und dichtest besiedelten Städte der Welt,
haben die Architekten einen Platz für ein
Fussballfeld gefunden – junge und alte
Spieler danken es ihnen.
FOTO: ACTION IMAGES
FOTO: IMAGO
8
MÄRZ 2006
MÄRZ 2006
9
magazine
FIFA FUSSBALL-WELTMEISTERSCHAFT DEUTSCHLAND 2006™
Ein zweites
Fussballmärchen?
Bei der Weltmeisterschaft 2006 will Asien für ähnliche
Glanzlichter sorgen wie 2002. Doch vermögen sich die
Republik Korea, Japan, Saudiarabien und Iran in
Deutschland gegen die starke Konkurrenz durchzusetzen?
VON ANDREAS WERZ
I
m Mai und Juni 2002 glich die Republik Korea einem Tollhaus. Millionen mit roten T-Shirts gekleidete
Menschen, Junge und Alte, weiblich
und männlich, sportlich und unsportlich, versammelten sich auf Plätzen und
Strassen der Nation, um auf Grossleinwänden gemeinsam die Spiele „ihrer“
Nationalmannschaft zu verfolgen. Mit
südländischer Begeisterung sangen die
Scharen jeweils inbrünstig wie aus einer
Kehle: „Dae Han Min Guk!“ (Republik
Korea).
Die südkoreanische Fussballerelite
und ihr niederländischer Trainer Guus
Hiddink sorgten landesweit für eine beispiellose Stimmung. Die Republik Korea
beendete die Weltmeisterschaft, die sie
gemeinsam mit Japan organisierte, auf
dem vierten Platz. Die beste WM-Klassierung eines asiatischen Teams überhaupt, ein modernes Fussballmärchen.
Hiddink stieg zum Volkshelden auf.
Die Südkoreaner vergötterten ihn und
10
MÄRZ 2006
Die südkoreanischen Fans wollen ihre
Lieblinge wie Ahn Jung-hwan (Nummer 19)
bei der WM 2006 ähnlich erfolgreich spielen
sehen wie 2002.
FOTOS: IMAGO (6)/AFP (2)/FIFA
boten ihm gar die Staatsbürgerschaft
an. Als der Umschwärmte Tage nach
dem Triumph bekannt gab, in seine
Heimat zurückzukehren und dort den
PSV Eindhoven zu trainieren, weinten
Tausende Südkoreaner – und viele von
ihnen jubelten mit Hiddink, als ihm vor
wenigen Monaten mit Australien die
Qualifikation für die WM in Deutschland gelang.
Die Euphorie rund um die Nationalmannschaft ist in der Republik Korea seit
den glorreichen Tagen von 2002 nahezu ungebrochen. Als im vergangenen
Dezember im fernen Leipzig die WM-
Endrundenauslosung über die Bühne
ging, sassen in der Republik Korea, mitten in der Nacht, Hunderttausende vor
den Fernsehschirmen. Ein beträchtlicher
Teil davon wird in ein paar Wochen
nach Deutschland aufbrechen, um sein
Team bei der sechsten WM-Teilnahme
zu unterstützen.
ERFOLGLOSE NACHFOLGER
Vielleicht verleiht dieser Beistand der
südkoreanischen Mannschaft Flügel
in den Gruppenspielen gegen Frankreich, die Schweiz und Togo. In den
vergangenen drei Jahren hat das Natio-
nalteam jedenfalls viele Wünsche offen
gelassen und die teils unrealistisch hoch
gesetzten Erwartungen seiner Anhänger
nicht erfüllen können. Beim Asien-Pokal
2004 scheiterte die Republik Korea bereits im Viertelfinale. Für die WM 2006
qualifizierte sie sich zwar frühzeitig, verlor in sechs Spielen aber gleich zweimal
und landete in der Gruppe A deutlich
hinter Saudiarabien auf Platz zwei.
In Deutschland, so das Urteil mancher Fussballexperten, werden die Südkoreaner keine dicken Stricke zerreissen.
2002, so der Tenor, hätten Hiddink und
seine Spieler massgeblich vom Heim-
vorteil und von diversen umstrittenen
Schiedsrichterentscheidungen profitiert,
ebenso von der Tatsache, dass sie sich
als Gastgeber länger und intensiver auf
das Turnier vorbereiten konnten als die
meisten Teilnehmer und von der Konkurrenz zudem unterschätzt wurden.
Seit 2002 hat sich das Team stark
verändert. Nur drei Akteure – Torwart
Lee Woon-jae sowie die Feldspieler Lee
Young-pyo und Ahn Jung-hwan – standen sowohl im letzten Spiel der WM
2002 als auch in der abschliessenden
Partie der WM-Qualifikation 2006 jeweils in der südkoreanischen Startelf.
Der personelle Umbruch ist nicht ohne
einen markanten Leistungsabfall geblieben, was gleich zwei Trainern – dem Portugiesen Humberto Coelho, Hiddinks
Nachfolger, und dem Niederländer Jo
Bonfrere – die Entlassung einbrachte.
Der jetzige Coach heisst Dick Advocaat und ist ebenfalls Niederländer. Der
ehemalige Nationalcoach seines Heimatlandes ist überzeugt, die Republik
Korea in Deutschland ins Achtelfinale
zu führen. Doch damit allein wäre man
in Seoul wohl kaum zufrieden. Gemäss
Umfragen erwarten die südkoreanischen
Fussballfans von ihren einsatzfreudigen,
MÄRZ 2006
11
magazine
FIFA FUSSBALL-WELTMEISTERSCHAFT DEUTSCHLAND 2006™
Vier asiatische Teams, vier ausländische Trainer
Von links nach rechts:
der Niederländer Dick
Advocaat (Korea Republik), der Serbe Branko
Ivankovic (Iran) sowie
die beiden Brasilianer
Zico (Japan) und Marcos
Paqueta (Saudiarabien).
laufstarken, mitunter aber zu wenig effizienten und defensiv nicht eben sattelfesten Spielern das Erreichen des Viertelfinales.
Ähnlich hoch ist die Erwartungshaltung der japanischen Anhänger. Auch
ihr Team hat seit der WM 2002 einen
regen Personalwechsel erfahren. Einzig
Abwehrspieler und Kapitän Tsuneyasu
Miyamoto und der brasilianischstämmige Mittelfeldregisseur Alessandro
Santos standen beim WM-Achtelfinale
2002 gegen die Türkei (0:1) und beim
letzten Qualifikationsspiel für die WM
2006 (2:1 gegen Iran) jeweils in der
Startformation.
STARKE JAPANER
Den Verjüngungsprozess haben die
Japaner deutlich besser verdaut als die
Südkoreaner. Japan gewann den AsienPokal 2004 und qualifizierte sich – abgesehen von Gastgeber Deutschland – als
erste Mannschaft für die WM 2006.
Und beim FIFA Konföderationen-Pokal
2005 hätte der dreimalige WM-Teilnehmer, der mit erfrischendem Offensivspiel gefiel, beinahe den späteren Turniersieger Brasilien früh aus dem Turnier
geworfen.
Der Brasilianer Zico, der Japans Nationalmannschaft nach der WM 2002 vom
Franzosen Philippe Troussier übernommen hat, verfügt über eine homogene
Auswahl und das wohl beste Mittelfeld
Asiens, aus dem die bei europäischen
Klubs beschäftigten Hidetoshi Nakata,
Shunsuke Nakamura und Shinji Ono
herausragen.
Zico ist überzeugt, dass Japan die Vorrunde der WM 2006 gegen Brasilien,
Kroatien und Australien überstehen
wird. Doch auch die japanischen Fans,
die in Scharen nach Deutschland reisen
werden, fordern mehr. Mindestens aber
wollen sie sich vor der Republik Korea,
Wer springt bei der WM
2006 höher? Saudiarabiens
Khaled Al-Thaker (grünes
Dress) und Irans Javad
Nekonam.
12
MÄRZ 2006
WM 1982: Kuwait
(rotes Trikot) wollte
gegen Frankreich aus
Protest gegen einen
Schiedsrichterentscheid erst nicht mehr
weiterspielen.
dem Erzrivalen, klassieren und wieder
die Nummer 1 auf dem asiatischen Kontinent werden.
Es sei denn, die zwei anderen Vertreter
des Kontinents machen den asiatischen
Fussball-Grossmächten Republik Korea
und Japan die Führungsposition streitig.
Jedenfalls haben sich Saudiarabien – mit
den Gruppengegnern Spanien, Ukraine
und Tunesien – und Iran – gegen Mexiko, Portugal und Angola – auch das
Erreichen des Achtelfinales als primäres
Ziel gesetzt. Beiden Teams sind Überraschungen zuzutrauen, zumal sie in der
Qualifikation überzeugt haben. Saudiarabien blieb als einziges asiatisches
Team ungeschlagen – trotzdem entliess
es Trainer Gabriel Calderón und ersetzte
den Argentinier durch den Brasilianer
Marcos Paqueta –, und Iran setzte sich
mit seinen bei deutschen Klubs unter
Vertrag stehenden Stars Mehdi Mahdavikia, Ali Karimi und Vahid Hashemian
ebenfalls problemlos durch.
„VISION ASIA“
Peter Velappan, Generalsekretär
der Asiatischen Fussballkonföderation
(AFC), ist überzeugt, dass die vier asiatischen Vertreter in Deutschland für
positive Schlagzeilen sorgen werden:
„Diese Teams haben inzwischen mehr
Erfahrung und sind besser auf eine Weltmeisterschaft vorbereitet.“
Ob es asiatischen Vertretern jedoch
gelingt, in die Phalanx der europäischen
und südamerikanischen Spitzenmannschaften einzudringen, ist eher unwahrscheinlich. Gewiss hingegen ist, dass sich
Asiens Fussball auf dem Vormarsch befindet. Er hat in den vergangenen Jahren
Der Coup von 1966
Die beste Klassierung eines asiatischen Teams
bei einer Weltmeisterschafts-Endrunde war
der vierte Platz der Republik Korea 2002 im
eigenen Land. Unter dem niederländischen
Trainer Guus Hiddink gewannen die Asiaten
in den Gruppenspielen gegen Polen (2:0)
und Portugal (1:0) und spielten gegen die
USA unentschieden (1:1).
In einem denkwürdigen Achtelfinale
bezwang die Republik Korea Italien durch
das „Golden Goal“ von Stürmer Ahn Junghwan mit 2:1. Erst im Halbfinale konnte
Deutschland die enorm lauffreudige und
technisch überdurchschnittlich begabte
Mannschaft stoppen (1:0). Im Spiel um Rang
drei behielt die Türkei das bessere Ende
für sich; sie gewann den Vergleich mit der
Republik Korea 3:2.
Auch Japan, Co-Gastgeber des FIFA-Weltpokals Korea/Japan™, durfte die Endrunde vor
vier Jahren als sportlichen Erfolg verbuchen.
Das Team, trainiert vom Franzosen Philippe
Troussier, entschied seine Gruppe zu seinen
Gunsten, scheiterte daraufhin aber im Achtelfinale an der Türkei (0:1).
Erster asiatischer Teilnehmer an einer WMEndrunde überhaupt war 1938 Niederländisch-Indien (das heutige Indonesien).
Allerdings brachte es der krasse Aussenseiter
in Frankreich gerade mal auf einen einzigen
Auftritt, weil gleich zu Beginn des Turniers
das Achtelfinale auf dem Programm stand.
0:6 verlor Niederländisch-Indien gegen
Ungarn.
In der Folge konnten asiatische Länder bei
WM-Endrunden nur unregelmässig mitmachen, zumal ihnen lange Zeit nicht einmal ein
fixer Startplatz zugesichert war. Zudem hinderten politische Unruhen manchen poten-
ziellen Teilnehmer daran, sich überhaupt für
die WM-Qualifikation zu melden.
Den ersten Treffer für ein asiatisches Team
bei einer Endrunde erzielte 1966 in England
der Nordkoreaner Pak Seung-zin beim 1:1
gegen Chile. Wenige Tage später gelang
ihm und seinen Kollegen dann beim 1:0Sieg über Italien ein veritabler Coup. Das
Aus folgte für die DVR Korea dann im
Viertelfinale gegen Portugal, angeführt vom
genialen Eusebio.
1982 in Spanien sorgte Kuwait, trainiert
vom späteren Weltmeister-Trainer Carlos
Alberto Parreira, für negative Schlagzeilen, als Kuwaits Verbandspräsident im
Gruppenspiel gegen Frankreich aus Protest
gegen eine Schiedsrichterentscheidung
seine Spieler vom Feld beorderte; erst
nach einer sechsminütigen Unterbrechung
konnte weitergespielt werden. Frankreich
siegte 4:1.
Im Vorfeld der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ 1986 in Mexiko erhielt Asien
erstmals zwei feste Startplätze garantiert.
Irak und die Republik Korea setzten sich in
der Qualifikation durch. Zwölf Jahre später
sorgte in Frankreich die Partie zwischen
Iran und den USA aufgrund der politischen
Spannungen zwischen den beiden Nationen
für Aufsehen. In einer ausgesprochen fair
geführten Begegnung gewann Iran 2:1.
Vier Jahre später war Asien bei der „heimischen“ WM mit vier Mannschaften vertreten – nebst den Gastgebern Republik Korea
und Japan waren dies Saudiarabien und,
zum ersten Mal überhaupt, die Volksrepublik
China. Die Leistungen von 2002 dokumentierten eindrucksvoll die Fortschritte des
asiatischen Fussballs.
ghe
MÄRZ 2006
13
FIFA FUSSBALL-WELTMEISTERSCHAFT DEUTSCHLAND 2006™
auf breiter Ebene markante Fortschritte
erzielt. Die Talentsichtung und Nachwuchsförderung ist professioneller geworden, was sich auch darin zeigt, dass
europäische Vereine vermehrt Fussballer
aus dem Nahen und vor allem Fernen
Osten verpflichten.
Die AFC und viele asiatische Verbände haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und profitieren von der
Zusammenarbeit mit anderen Konföderationen und (zumeist europäischen)
Verbänden. Zu verbessern ist das Vertrauen in die Trainergilde der Region:
Den vier asiatischen WM-Teilnehmern
stehen ausnahmslos Ausländer vor.
Viel zum Aufschwung des asiatischen
Fussballs beigetragen hat das von AFCPräsident Mohamed bin Hammam (der
Geschäftsmann aus Katar ist auch Mit-
Japans Spielmacher
Shunsuke Nakamura.
glied des FIFA-Exekutivkomitees) lancierte Projekt „Vision Asia“. Es konzentriert sich auf elf Entwicklungsbereiche,
etwa Breitenfussball, Sportmedizin, Medienarbeit und Frauenfussball. „Vision
Asia“ befindet sich zurzeit in der ersten
Projektphase (bis 2007), gefolgt von einer nächsten Etappe, die 2011 endet.
Bin Hammam: „Ich glaube fest an
Asien und bin mir sicher, dass wir als
vermögender, ressourcen- und bevölkerungsreichster Kontinent im Fussball
den Anschluss an die internationale
Spitze schaffen werden.“
Bereits bei der WM 2006?
Der Fussball Globus FIFA WM 2006™: Ein Projekt von André Heller.
magazine
KOREA REPUBLIK AUF RANG EINS
14
Die asiatischen Teams in der ewigen Rangliste der FIFA FussballWeltmeisterschaft™ (total 69 Nationalteams; Brasilien belegt
Rang eins, gefolgt von Deutschland, Italien, Argentinien und
England):
56. Kuwait
1 Endrundenteilnahme (1982)
3 Spiele, 1 Unentschieden, 2 Niederlagen (2:6 Tore)
Klassierung: 21. Platz
31. Korea Republik
6 Endrundenteilnahmen (1954, 1986, 1990, 1994, 1998, 2002)
21 Spiele, 3 Siege, 6 Unentschieden, 12 Niederlagen (19:49 Tore)
Beste Klassierung: 4. Platz (2002)
59. Irak
1 Endrundenteilnahme (1986)
3 Spiele, 3 Niederlagen (1:4 Tore)
Klassierung: 23. Platz
41. Japan
2 Endrundenteilnahmen (1998, 2002)
7 Spiele, 2 Siege, 1 Unentschieden, 4 Niederlagen (6:7 Tore)
Beste Klassierung: 9. Platz (2002)
62. Niederländisch-Indien (heute Indonesien)
1 Endrundenteilnahme (1938)
1 Spiel, 1 Niederlage (0:6 Tore)
Klassierung: 15. Platz
42. Saudiarabien
3 Endrundenteilnahmen (1994, 1998, 2002)
10 Spiele, 2 Siege, 1 Unentschieden, 7 Niederlagen (7:25 Tore)
Beste Klassierung: 12. Platz (1994)
63. Vereinigte Arabische Emirate
1 Endrundenteilnahme (1990)
3 Spiele, 3 Niederlagen (2:11 Tore)
Klassierung: 24. Platz
48. Iran
2 Endrundenteilnahmen (1978, 1998)
6 Spiele, 1 Sieg, 1 Unentschieden, 4 Niederlagen (4:12 Tore)
Beste Klassierung: 14. Platz (1978)
64. Volksrepublik China
1 Endrundenteilnahme (2002)
3 Spiele, 3 Niederlagen (0:9 Tore)
Klassierung: 31. Platz
50. Korea DVR
1 Endrundenteilnahme (1966)
4 Spiele, 1 Sieg, 1 Unentschieden, 2 Niederlagen (5:9)
Klassierung: 8. Platz
Die Bilanz der Asiatischen Fussballkonföderation (AFC)
bei FIFA Fussball-Weltmeisterschaften™:
10 Teams, 61 Spiele, 9 Siege, 11 Unentschieden,
41 Niederlagen (46:138 Tore)
MÄRZ 2006
Das Projekt: Fussball Globus in die FIFA WM-Städte.
Das Ziel: über 100.000 Teile auf die Minute genau liefern.
Die Macher:
Offizieller Mobilitäts- und
Logistikdienstleister
Über 20.000 Power-LEDs erreichen Hannover. Absolut pünktlich. Dank unserer
Logistiker von Schenker. Vorsichtig werden sie montiert, und dann ist es mal
wieder geschafft: Der Fussball Globus FIFA WM 2006™ steht. Zur Eröffnung
morgen früh. Rund einen Monat hat es gedauert, die 60 t Stahl, 4,8 km Kabel
und Tausende von Kleinteilen zusammenzusetzen. Die größte Herausforderung
dabei: die Planung. Denn die braucht viel Detailkenntnis, Intelligenz und jede
Menge IT-Leistung. Bald wird der Fussball Globus FIFA WM 2006™ schon in
der nächsten Stadt stehen. Genau das richtige Projekt für ein Unternehmen,
das Mobilität, Netze und Logistik beherrscht. www.db.de

Documentos relacionados