Revue Schweiz 3/2010
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Revue Schweiz 3/2010
DIE ZEITSCHRIFT FÜR AUSLANDSCHWEIZER AUGUST 2010 / NR. 3 General Guisan: Hat er die Schweiz im Krieg gerettet? Wie viel Schweizerdeutsch ist angemessen? Auf den Spuren von Lord Byron in der Schweiz Auslandskrankenversicherung ● ● bereits ab 131,- € monatlich Tarifvergleiche online Wir freuen uns auf Ihren online-Besuch. www.auslandsschweizer.com A + E GmbH, +49 (0)228-3388770 www.revue.ch .Q Z[ \) QL EDITORIAL I N H A LT Ein bemerkenswerter Schweizer uch 65 Jahre nach Kriegsende wird immer wieder über die Frage diskutiert, warum die Schweiz den Zweiten Weltkrieg unversehrt überstanden hat und weshalb sie von Hitlers Armee verschont wurde. War es Zufall, oder war den Deutschen die wirtschaftliche Kooperation mit der Schweiz so wichtig, die Rüstungs- und Finanzgeschäfte und der Goldhandel? Oder war der Alpentransit entscheidend, dass die Schweiz von Grossdeutschland nicht angegriffen wurde? Waren es die militärischen Siege der Alliierten, oder meinte es ganz einfach das Schicksal gut mit uns? Oder waren es doch General Guisan und die Schweizer Armee, die den «Eintrittspreis» in die Schweiz für Adolf Hitler zu hoch angesetzt hatten? A Die Frage, weshalb die Schweiz dem deutschen Reich nicht einverleibt wurde, kann wohl nie endgültig beantwortet werden. Immerhin scheinen General und Armee die Entscheidungen des obersten Nationalsozialisten nicht unwesentlich beeinflusst zu haben: «Dank der Alpenfestung Reduit und der Kontrolle der Nord-Süd-Achse war das Gewicht des militärischen Faktors erheblich gestiegen», schrieb der frühere Chefredaktor Fred Luchsinger in der «Neuen Zürcher Zeitung». «Ohne militärische Abwehrkraft und ohne den Widerstandswillen wäre unser Land ein reines Objekt deutscher Herrschaftspolitik in Europa gewesen.» Es spielten wohl verschiedene Faktoren eine Rolle, am wenigsten wohl das Schicksal. General Henri Guisan jedenfalls ist zu verdanken, dass die Schweizer Armee auf der Höhe ihrer Aufgabe war und sich die Schweiz gegenüber dem grossen Nachbarn im Norden taktisch und politisch richtig verhielt. Das zeigt Rolf Ribis Porträt eines bemerkenswerten Schweizers, der die Historiker und Biografen immer noch beschäftigt, und den die Auslandschweizer in der Umfrage der «Schweizer Revue» zum viertwichtigsten Schweizer aller Zeiten erkoren haben (Seite 5). * www.swisscommunity.org heisst die neue Internet-Plattform der Auslandschweizer-Organisation. Die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland haben damit eine eigene Plattform zum Suchen, Finden und Chatten bekommen, ein elektronisches Netzwerk für globale Kontakte untereinander und zur Schweiz. Wer gezielt mit anderen Auslandschweizern in Kontakt treten will, wer spezifische Heinz Eckert Informationen über die Schweiz oder andere AuslandschweizerGruppen benötigt, etwas kaufen oder verkaufen oder einfach Kontakt zu Gleichgesinnten suchen will – www.swisscommunity.org bietet die ideale Plattform. Auslandschweizer, die ihre alte Heimat besuchen wollen, werden touristische Informationen und Angebote finden, Schweizervereine und schweizerische Institutionen im Ausland können den neuen elektronischen Schweizerclub für ihre Mitgliederwerbung nutzen, sie können sich über ihre Heimatkantone und die Schweiz informieren und herausfinden, wo es im Ausland die besten Fondues und das knusprigste Ruchbrot gibt. www.swisscommunity.org ist ein wenig wie Facebook, Xing oder Linked-In, aber dennoch nicht das Gleiche. Die elektronische Auslandschweizer-Community ist eine exklusive Kommunikationsplattform, die spezifisch auf die Bedürfnisse unserer Landsleute im Ausland zugeschnitten ist. Wir hoffen, dass die 700 000 Schweizerinnen und Schweizer auf allen Kontinenten von unserem Angebot regen Gebrauch machen. HEINZ ECKERT, CHEFREDAK TOR 5 Briefkasten 5 Gelesen: Die Geschichte des Bundeshauses 7 Gesehen: Der Schweizer Marlboro Man 8 Hat General Guisan die Schweiz gerettet? 12 Die Berner Ausstellung zum 100. Todestag Albert Ankers 14 Aus dem Bundeshaus Regionalseiten 17 Das Freilichtmuseum Ballenberg 18 Wie viel Schweizerdeutsch ist angemessen? 20 Die UBS im Clinch mit der Schweiz 21 Die Revision der Arbeitslosenversicherung 22 ASO-Informationen 26 Auf den Spuren Lord Byrons in der Schweiz 28 Gelebte Folklore: Moderne Sennerei 30 Parteien im Gespräch: SP International 31 Echo Titelbild: General Henri Guisan: Seine Popularität ist ungebrochen. Foto: Keystone IM P R E S S U M : «Schweizer Revue», die Zeitschrift für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, erscheint im 37. Jahrgang in deutscher, französischer, italienischer, englischer und spanischer Sprache in 14 regionalen Ausgaben und einer Gesamtauflage von rund 416000 Exemplaren. Regionalnachrichten erscheinen viermal im Jahr. ■ R E DA K T I O N : Heinz Eckert (EC), Chefredaktor; Rolf Ribi (RR); René Lenzin (RL); Alain Wey (AW); Jean-François Lichtenstern (JFL), Auslandschweizerdienst EDA, CH-3003 Bern, verantwortlich für «Aus dem Bundeshaus». Übersetzung: CLS Communication AG ■ GES T ALTUNG: Herzog Design, Zürich ■ P O S T A D R E S S E : Herausgeber/Sitz der Redaktion/Inseraten-Administration: Auslandschweizer-Organisation, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +41 31 356 6110, Fax +41 31 356 61 01, PC 30-6768-9. Internet: www.revue.ch ■ E - M A I L : [email protected] ■ D RU C K : Zollikofer AG, CH-9001 St.Gallen. ■ A D R E S S Ä N D E RU N G : Bitte teilen Sie Ihre neue Adresse Ihrer Botschaft oder Ihrem Konsulat mit und schreiben Sie nicht nach Bern. ■ Alle bei einer Schweizer Vertretung immatrikulierten Auslandschweizer erhalten das Magazin gratis. Nichtauslandschweizer können das Magazin für eine jährliche Gebühr abonnieren (CH: CHF 25.–/Ausland: CHF 40.–). Abonnenten wird das Magazin manuell aus Bern zugestellt. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 14.6.2010 3 Weltweite Sicherheit für Auslandschweizer. Mit dem International Health Plan der CSS Versicherung geniessen Sie weltweit umfassenden Versicherungsschutz und zwar sowohl privat wie geschäftlich, bei Krankheit, Unfall und Mutterschaft. Infos und Offerte unter: www.css.ch/ihp SR 2010 Telefon: ++41 58 277 16 87/91 E-Mail: [email protected] Versicherung Offizielle Sondermünze 2010 Albert Anker Der Gemeindeschreiber. Das Kunstwerk von Albert Anker. Jetzt neu auf der Schweizer Goldmünze zum 100. Todestag des Künstlers. Erhältlich bei Banken, Münzenhandel und www.swissmint.ch. Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Swissmint Limitierte Auflage. Jetzt bestellen: www.swissmint.ch Ich bestelle gegen Vorausrechnung, zzgl. Versandkosten Anzahl Qualität Preis/Stück Albert Anker 50-Franken-Goldmünze Gold 0,900; 11,29 g; Ø 25 mm Polierte Platte im Etui CHF 580.– MWSt-frei Name: Vorname: Strasse: PLZ/Ort: Datum: Unterschrift: Coupon einsenden an Eidgenössische Münzstätte Swissmint, Bernastrasse 28, 3003 Bern. SchweizerRevue_D BRIEFKASTEN Zu Ihrem Editorial «Die Schweiz und die Krise» gratuliere ich Ihnen sehr. Satz für Satz, Wort für Wort treffen 100 % ins Schwarze! Ihr Artikel müsste in den nächsten Wochen in allen Schweizer Zeitungen an prominenter Stelle publiziert werden… und zum Nachdenken anregen. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Team weiterhin eine so gute Feder und der «Schweizer Revue», gedruckt oder elektronisch, viele Leserinnen und Leser. E. DIETHELM, ALTENDORF EU-Politik: Rauf auf die Titanic! Bei Ihrer Überschlagsrechnung haben Sie die massiven Folgekosten für Migration, Sozialversicherungen etc. grosszügig übersehen, ganz zu schweigen von den weiteren Milliarden, die die Schweiz als EU-Mitglied dauerhaft an die Pleitestaaten überweisen müsste. Sie erwähnen auch nicht, dass die EU-Richtlinien, die die Mitgliedstaaten laufend umsetzen müssen, von einer demokratisch nicht legitimierten Riege von Kommissaren erlassen werden. Die Situation in der Schweiz ist noch nicht alternativlos, wie es dem Volk von denen eingeredet wird, die das Land mit Bedacht in die bilaterale Einbahnstrasse hineingetrieben haben, eifrig an den Institutionen sägen und Defaitismus verbreiten. M. NYFFELER, DEUTSCHL AND Frauen in der Schweiz Besten Dank für den äusserst interessanten Artikel zu den Leistungen von Pascale Bruderer Wyss. Die Schweizer Frauen haben einen weiten Weg zurückgelegt! Als ich im Sommer 1969 die Schweiz verliess, durften die Frauen noch nicht einmal wählen. Eine verheiratete Frau durfte auf ihren eigenen Namen weder ein Bankkonto eröffnen noch eine Wohnung mieten. Und nun regieren Frauen das Land! Herzliche Gratulation, das habt ihr gut gemacht! M. JOHNSON, KANADA Starkes Argument Mein Gehör ist schlecht. Aber ich sehe sehr gut. Ich war hingerissen vom Titelbild der Aprilausgabe mit Pascale Bruderer. Ein starkes Argument für die Druckausgabe und gegen die Onlineversion. Die Schweiz erfreut sich nicht nur wunderbarer Landschaften, sondern auch wunderschöner Menschen. Es freut sich schon auf die nächsten Ausgaben W. SCHALLER, DEUTSCHL AND DIE GRÖSSTEN SCHWEIZER Per Internet fragten wir die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland, wen sie als grössten Schweizer oder grösste Schweizerin aller Zeiten bezeichnen würden. 2500 Stimmen sind eingegangen. Das Ergebnis: Zum herausragendsten Schweizer aller Zeiten wurde Albert Einstein erkoren. An zweiter Stelle steht Henri Dunant, der Gründer des Roten Kreuzes, an dritter Heinrich Pestalozzi und auf den vierten Platz wurde General Henri Guisan gesetzt, dessen Verdienste als Oberbefehlshaber der Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg bis heute unvergessen sind. Auf den nächsten Plätzen folgen Le Corbusier, Jean-Jacques Rousseau und Alberto Giacometti. Wir danken allen, die sich an unserer kleinen Umfrage beteiligt haben. Eintauchen in die Geschichte des Bundeshauses. Der Führer «Das Bundeshaus in Bern» lädt uns zu einer historischen und architektonischen Besichtigung dieses Monuments der eidgenössischen Politik ein. Es werden alle Bauetappen beschrieben und die Gründe angegeben, weshalb welche Erweiterung wie gebaut wurde. Das Bundeshaus besteht aus drei Gebäuden: Der Westflügel, ursprünglich das Bundesratshaus genannt, wurde von 1852 bis 1857, der Ostflügel von 1888 bis 1892 und das Parlamentsgebäude in der Mitte von 1894 bis 1902 erbaut. 1848, anlässlich der ersten Session der beiden Kammern, wurde Bern zur Bundesstadt gewählt. Der Bundesrat und das Parlament tagten provisorisch an verschiedenen Orten in Bern. 1852 machte sich der Berner Architekt Jakob Friedrich Studer (1817-1879) an den Bau des Bundesratshauses im Neurenaissancestil. Da die Bundesverwaltung sehr viel grössere Proportionen annahm als geplant, musste bereits 1874 eine Erweiterung ins Auge gefasst werden. So wurde 1888 unter der Leitung des St. Galler Architekten Hans Wilhelm Auer (1847-1906) mit dem Bau des Ostflügels begonnen. Derselbe Baumeister leitete auch den Bau des Parlamentsgebäudes mit seinen markanten Kuppeln, für den ausschliesslich Baumaterialien schweizerischer Herkunft verwendet wurden. Der Führer, der mit Plänen und zahlreichen Fotos aus heutiger und früherer Zeit illustriert ist, widmet sich auch der Innenausstattung und den wichtigsten Sälen des Bundeshauses. Eine faszinierende Vielfalt. Das Bundeshaus in Bern Schweiz und Krise GELESEN «Das Bundeshaus in Bern», Monica Bilfinger, Schweizerische Kunstführer, Gesellschaft für Schweiz. Kunstgeschichte, Schweiz. Eidgenossenschaft, Bern, 2009. Die Schweiz unter der Lupe. Im Buch «En retard au paradis» suchen der Humanist Paul Grossrieder und die Politologin Brigitte Perrin die Schweiz und ihre Werte in einem langen Dialog zu ergründen, in dem sich die Ansichten zweier Generationen miteinander verweben. Der 1944 geborene ehemalige dominikanische Mönch und spätere Diplomat im Vatikan arbeitete ab seinem 39. Lebensjahr für das Rote Kreuz, von 1998 bis 2002 als Leiter des IKRK. Seine Gesprächspartnerin wurde 1974 geboren und arbeitet als Journalistin beim Westschweizer Fernsehen (TSR). Die ganze sozioökonomische und politische Landschaft der Schweiz wird hier angesprochen. Man schweift zwischen Humanitarismus, Solidarität, Individualismus, Armut, Jugend, Neutralität, nationaler Identität, Wohlstandsunterschieden, Mai 68 und Abbau der sozialen Errungenschaften umher. Aber auch die Kompromisstradition, das Asylrecht, die Kritik an der SVP, der Bundesrat, das Bankgeheimnis, das Finanzsystem, Verschwiegenheit und Offenheit, die Diplomatie usw. kommen zur Sprache. Das Gespräch ist immer im Erlebten und im beruflichen Werdegang der beiden Gesprächspartner verankert. Später werden die Themen globaler, wenden sich der Welt als Ganzes zu: Ökologie, Klimaerwärmung, Mensch und Natur. Die Swissair- und die UBS-Affäre werden zueinander in Beziehung gesetzt. Und als Dessert werden uns der Glaube, die Philosophie und die Weisheit vorgesetzt. Aber die Zeit vergeht, und die schweizerische Langsamkeit wird deutlich. Bezüglich Pünktlichkeit mahnte der Grossvater von Paul Grossrieder seinen Enkel jedes Mal, wenn dieser trödelte, mit denselben Worten: «Beeil dich, sonst kommst du zu spät ins Paradies!» Einige Videoaufzeichnungen der Gespräche stehen unter www.enretardauparadis. com zur Ansicht bereit. - «En retard au paradis. Dialogues autour du génie helvétique» von Paul Grossrieder und Brigitte Perrin, éditions Xenia, Vevey, 2009. 5 4UB JOLM S UHV$)' ° UIB CFO 5FMFGPOJFSFO4JFGSOVS 3Q.JOJOEJF4DIXFJ[ (SBUJTFJHFOF4DIXFJ[FS3VGOVNNFS TJQDBMM[VTJQDBMMLPTUFOMPT ,FJOF&JOSJDIUVOHTLPTUFO ,FJOFNPOBUMJDIFO"CP,PTUFO +FU[UBVGXXXTJQDBMMDIBONFMEFOVOEHSBUJTUFTUFO 8jIMFO4JFCFJEFS0OMJOF"ONFMEVOHVOUFS (VUTDIFJOUZQÃ4DIXFJ[FS3FWVF² CONFŒDERATIO HELVETICA Uhrschweizerisch. Höchstpersönlich. 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Hannes Schmid, 1946 in Zürich geboren, fotografierte den Marlboro Man zwischen 1993 und 2002. Er zählt zu den wichtigsten Marlboro-Fotografen, da er der bereits bekannten Figur neue Facetten verleihen konnte. Die Schweizer Fotostiftung ehrt ihn mit einer Ausstellung in Winterthur (bis 19.9.2010). www.fotostiftung.ch 7 8 GENERAL HENRI GUISAN «Seele des Widerstandes, Retter des Vaterlandes» Vor fünfzig Jahren starb Henri Guisan, Oberbefehlshaber der Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg. Seine Rede auf dem Rütli und der Rückzug der Truppen in die Alpenfestung am Gotthard begründeten den nationalen Widerstand. Guisan war der geliebte und geachtete General des ganzen Volkes. Auch wenn seine Biografie nicht makellos ist, war er die Vaterfigur der Kriegsgeneration. Von Rolf Ribi Am 12. April 1960 spannte sich ein blauer Himmel über Lausanne. Ein bissig kalter Nordwind wehte durchs Waadtland. Die feldgrüne Farbe von vielen tausend Soldaten der Armee von 1939 bis 1945 beherrschte das Bild. Die Angehörigen des Aktivdienstes standen in mehreren Reihen am Strassenrand, zusammen mit 300 000 Menschen aus allen Schichten des Volkes. Fünf Tage zuvor war General Henri Guisan, der Oberbefehlshaber der Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg, mit 86 Jahren gestorben. Von Pully, dem Wohnort des Verstorbenen, bewegte sich der Trauerzug zur Lausanner Place de la Riponne. Hier nahm die Armee in einer würdigen Zeremonie Abschied von ihrem General. Mehr als 3000 Persönlichkeiten, ein Füsilierbataillon, eine Haubitzenabteilung, eine Dragonerschwadron und die Träger der 400 Feldzeichen der Armee bildeten den vier Kilometer langen Trauerzug. Sechs Pferde zogen die Artillerie-Lafette mit dem von der Schweizer Fahne bedeckten Sarg. Dahinter schritt das letzte Pferd des Generals mit leerem Sattel und mit gesenktem Kopf. In der Kathedrale von Lausanne stieg Bundespräsident Max Petitpierre auf die Kanzel und hielt die Totenrede. Im ganzen Land läuteten danach die Kirchenglocken. Ein solches Staatsbegräbnis hatte die Eidgenossenschaft noch nie erlebt. Im Schweizervolk herrschte tiefe Trauer. Sie galt dem militärischen Führer in gefahrvoller Zeit, der «Seele des Widerstandes», dem «Retter des Vaterlandes», dem geliebten General des ganzen Volkes. Sein Bild hing damals in fast allen Stuben, in vielen Gasthöfen, in allen Unterkünften der militärischen Truppen. Schon zu seinen Lebzeiten wurden Strassen und Plätze nach Guisan benannt. Das vom Künstler Charles Otto Bänninger gestaltete Denkmal steht in Ouchy am Genfersee. S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: Keystone » Wahl zum General Mögliche Angriffspläne Deutschlands hatten im Frühjahr 1939 die europäischen Nachbarn beunruhigt. In der Schweiz wurden die Grenztruppen auf den 28. August einberufen, um die Mobilmachung der gesamten Armee vom 2. September zu sichern. Am 29. August rief Bundesrat Rudolf Minger, der Chef des Militärdepartementes, den Oberstkorpskommandanten Henri Guisan telefonisch nach Bern. Am nächsten Tag, dem 30. August, wählte ihn die mitten im Sommer einberufene Bundesversammlung mit 204 von 229 Stimmen zum Oberbefehlshaber der schweizerischen Armee. Radio Beromünster übertrug den Wahlakt direkt in die Wohnstuben, Fabrikhallen und Büros. Kaum war Henri Guisan gewählt, schritt der 64-Jährige in den Nationalratssaal, den Offiziershut in der Hand, den Säbel am Gurt, die Beine in Reiterstiefeln. Im Saal und auf den Tribünen hatten sich alle erhoben. Der Bundeskanzler verlas die Eidesformel, der General sagte kurz «Je le jure!». Dann sprach der Präsident der Versammlung: «Wir vertrauen Ihnen den Schutz unseres Vaterlandes an, das wir mit allen Kräften lieben, das wir niemals preisgeben wollen. Gott segne Ihre Aufgabe, Herr General.» Als Henri Guisan aus dem Bundeshaus trat, stimmten die Menschen auf dem Bundesplatz die Nationalhymne an. Der neugewählte General sang mit. Guisan, der Bauer und Offizier Wer war Henri Guisan? Im Jahr 1874 in Mézières im Waadtland als Sohn eines Landarztes mit Bürgerort Avenches geboren, verlor er schon bald seine leibliche Mutter. Von der Jugend des kleinen, schmächtigen und hübschen Jünglings ist wenig bekannt. Weder bei den Kadetten noch im Sport und im Gymnasium fiel er besonders auf. An der Universität Lausanne konnte er sich auf keine Studienrichtung festlegen. Ohne akademischen Abschluss begab er sich auf seinen Lebensweg. Da entdeckte der junge Mann seine Vorliebe für die Landwirtschaft. Auf zwei Deutschschweizer Höfen lernte Guisan das bäuerliche Handwerk und Schweizerdeutsch und bewunderte das aristokratische Gehabe der Besitzer. Nun wollte er endgültig Landwirt werden. 1897 kaufte er im Broye-Tal einen Bauernhof, im gleichen Jahr heiratete er Mary Doelker, und bald wurden die Kinder Henry und Myriam geboren. In VerteRive am Genfersee erwarb die Familie dank den Mitteln der Frau ein schönes Landhaus, in dem sie zeitlebens blieben. Bald schon spürte der junge Offizier seine Neigungen für das Militärische. In Uniform blühte Guisan auf. Gemäss seinem Dienstbüchlein verbrachte er fortan 20 Jahre an Diensttagen in der Armee. Vom einfachen Trainsoldaten, der die Pferde für den Transport der Geschütze betreute, führte seine militärische Karriere in der Artillerie und der Infanterie bis zum Oberstdivisionär. Nun liess sich der überzeugte Milizoffizier zum Berufsoffizier küren. 1932 wurde er zum Oberstkorpskommandanten ernannt, dem höchsten Offiziersrang in Friedenszeiten. Zeitgenossen und Historiker schildern seine persönlichen Eigenschaften mit Nuancen: Für Karl Schmid, staatspolitischer Vordenker und Generalstabsoffizier, verkörperte Guisan den Widerstandswillen des ganzen Volkes, weit über die Armee hinaus. «Das Volk machte ihn zu seinem Repräsentanten.» Der General genoss die Popularität und Liebe, die ihm überall zuströmten. Mit seinem einfachen und herzlichen Wesen nahm er die Sorgen der Soldaten um das Schicksal von Familie und Betrieb ebenso ernst wie jene der Frauen um Haus und Kinder. – Der Historiker Willi Gautschi, Autor 9 der umfassenden Biografie über den General, schrieb: «Guisan war kein Intellektueller und kaum ein Stratege. Als Pragmatiker war er aber ein Genie des gesunden Menschenverstandes.» Die Imagepflege war ihm wichtig: Seine Uniform war eleganter als jene der anderen Offiziere, kein Bild des Generals durfte ohne Einwilligung seines Stabes veröffentlicht werden. Guisan liebte Feste und Sportveranstaltungen. – «Es gehörte zu den Geheimnissen dieses aristokratischen Generals, dass er jedem Soldaten das Gefühl gab, ihn als gleichberechtigten Bürger zu betrachten», schrieb Markus Somm, Verfasser einer neuen Biografie über Guisan. Wo immer der General erschien, wollten ihn die Menschen begrüssen. Wer mit ihm gesprochen hatte, erzählte sein Leben lang davon. Geheime Gespräche mit Frankreich Im Morgengrauen des 1. September 1939 war die deutsche Wehrmacht in Polen einmarschiert. Der Zweite Weltkrieg hatte begonnen. Der Bundesrat befahl die Generalmobilmachung der Armee für den 2. September. Am ersten Tag der Mobilmachung waren 430 000 Soldaten und 200 000 Hilfsdienstpflichtige eingerückt. General Guisan wusste, woran es der Armee vor allem mangelte – an Panzern und Flugzeugen. Man verfügte über bedeutend mehr Pferde als Motorfahrzeuge. Um das natürliche Gelände zu nutzen, entschied sich Guisan für eine Armeestellung von Sargans, dem Zürichsee und der Limmat entlang bis in den Jura. Die Front verlief mitten durch die Stadt Zürich. Die Frontstellung richtete sich einseitig nach Norden, im Westen des Landes sah der General keine Gefahr. Zu Frankreich und seiner Armee besass Guisan ein sehr persönliches Verhältnis. Im Ersten Weltkrieg hatte er französische Truppen an der Front be- S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: Keystone Bild links: Henri Guisan wird am 30. August 1939 von der Vereinigten Bundesversammlung zum General gewählt. Die National- und Ständeräte erheben sich zum feierlichen Akt von den Sitzen. Bild oben: General Henri Guisan, kurz nach seiner Vereidigung am 30. August 1939 im Bundeshaus in Bern. Von links nach rechts stehen die Bundesräte Ernst Wetter, Philipp Etter, General Guisan, Marcel Pilet-Golaz und Hermann Obrecht. sucht. Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges pflegte er persönliche Beziehungen zu massgebenden Armeeführern. Dabei erhielt er Einblick in französische Abwehrpläne in unserem Grenzraum. Im Herbst 1939 kam es im Auftrag des Generals zu geheimen Kontakten mit französischen Armeestellen. Ziel der Kooperation: Sobald deutsche Truppen unser Land angreifen, überschreiten französische Einheiten die Schweizer Grenze und besetzen den Raum Basel. Eine ganze Division unserer Armee wäre dem französischen Kommando unterstellt worden. Weder der Bundesrat noch der Generalstab wussten von diesen Absprachen. Offene Westflanke der Armee Dann kam alles anders: Im Mai und Juni 1940 besiegte die deutsche Wehrmacht innert sechs Wochen Frankreich und besetzte weite Teile des Landes. Mit dem Waffenstillstand vom 25. Juni 1940 zwischen Deutschland und Frankreich war die Westgrenze unseres Landes bedroht. «Infolge mehrfacher Fehlbeurteilungen erlitt die Schweizer Armeeführung mit ihrer Abwehrstrategie ein Desaster von katastrophalem Ausmass», urteilte der Historiker Klaus Urner. Und: «Wäre damals der deutsche Vorstoss in die vom französischen Schutz entblösste Schweizer Flanke im Westen fortgesetzt worden, hätte er sein Ziel in kürzester Zeit erreicht.» Im Juli 1940 erbeuteten deutsche Truppen im Städtchen La Charité-sur-Loire bei Dijon in einem zerstörten Eisenbahnwagen Geheimakten des französischen Generalstabes. Darunter befanden sich Dokumente über die Geheimverhandlungen schweizerischer Offiziere mit der französischen Armee für den Fall eines deutschen Angriffs. Nach Edgar Bonjour, dem Verfasser des Standardwerkes «Geschichte der schweizerischen Neutralität», war Guisans Vorgehen neutralitätspolitisch ein gewagter Grenzfall. «Das hätte von Deutschland zum Vorwand einer militärischen Invasion genommen werden können.» Die Stellung General Guisans war 1940/41 «unzweifelhaft gefährdet» (schrieb damals die «Neue Zürcher Zeitung»). Der Zusammenbruch Frankreichs löste im Schweizervolk einen Schock aus. Doch bald kam die Hoffnung auf, mit dem deutschfranzösischen Waffenstillstand sei die Kriegsgefahr vorläufig überstanden. Der General glaubte, die Deutschen würden «militärische Aktionen kaum ins Auge fassen». Der Bundesrat verfügte eine teilweise Demobilmachung der Armee und schickte fast zwei Drittel der Soldaten nach Hause. General Guisan wehrte sich nicht. Am 24. Juli standen an der Westgrenze des Landes starke deutsche Verbände mit 245 000 Mann und warteten auf den Befehl Hitlers zum Einmarsch in die Schweiz. Hätte die deutsche Armee damals angegriffen, «wäre dies für die Schweiz zum Debakel geworden», so der Militärhistoriker Walter Schaufelberger. Rede des Bundespräsidenten Am 25. Juni 1940 hatte Bundespräsident Marcel Pilet-Golaz eine verhängnisvolle Rede gehalten. «Es ist für uns eine grosse Erleichterung zu wissen, dass unsere Nachbarn 10 GENERAL HENRI GUISAN General. Dann verkündete Guisan die neue Strategie zur Verteidigung des Landes – die Schaffung eines militärischen Reduits um den Gotthard. Hierhin sollte sich ein grosser Teil der Armee zurückziehen, um die strategischen Alpenpässe zu verteidigen. «Auf dem Rütli stieg der General zur nationalen Führergestalt auf», schrieb der Militärhistoriker Hans-Rudolf Kurz. Für Professor Edgar Bonjour bedeutete der Rütli-Rapport den «entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs». Am nationalen Feiertag des 1. August sprach der General am Radio zum Volk: «Können wir überhaupt Widerstand leisten? Die Frage ist eines Schweizers und erst recht eines Soldaten unwürdig.» S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Fotos: Keystone Rückzug ins Gebirge sich auf den Weg des Friedens begeben haben.» Europa müsse jetzt ein neues Gleichgewicht finden. «Eidgenossen, an euch ist es, der Regierung zu folgen, als einem sicheren und hingebenden Führer, der seine Entscheidungen nicht immer erklären und begründen kann.» Von Demokratie, Unabhängigkeit, Freiheit, Neutralität sprach Pilet-Golaz nicht. Die Radiorede wirkte wie eine Kapitulation, wie eine Anpassung an das «neue Europa». Nach der bedrückenden Rede des Bundespräsidenten schwieg der General einen Monat lang. Für August R. Lindt, später Schweizer Botschafter in Amerika und Uno-Hochkommissar, wirkte die Rede «niederschmetternd». In jenen führungslosen Tagen schlossen mutige Männer einen geheimen Offiziersbund und forderten den bedingungslosen Widerstand. Es war eine Verschwörung gegen den Bundesrat – und auch gegen den General. Alfred Ernst, August R. Lindt, Max Waibel und Hans Hausamann waren die treibenden Kräfte des geheimen Bundes von 25 Offizieren und Unteroffizieren. Doch die Verschwörung wurde verraten und der General benachrichtigt. Guisan empfing die führenden Verschwörer und bestrafte sie milde mit 5 bis 15 Tagen scharfem Arrest. In seinem Innern war er stolz auf die mutigen Offiziere und gab jedem die Hand. Rütli – Aufruf zum Widerstand Als noch niemand von der Offiziersverschwörung wusste, fasste General Guisan ei- nen historischen Entschluss. Am 25. Juli 1940 brachte der Raddampfer «Luzern» alle Kommandanten der Schweizer Armee bis zum Major über den See zur historischen Stätte beim Rütli. Rund 420 Offiziere, die gesamte Armeeführung, versammelten sich im Halbkreis mit Blick auf den See und die Gotthard-Bahnstrecke. Guisan hielt eine kurze, zumeist improvisierte Rede. «Wir befinden uns an einem Wendepunkt unserer Geschichte. Es geht um die Existenz der Schweiz», begann der General. Zwei Themen standen im Mittelpunkt – der Widerstandswille und die neue Verteidigungsstrategie. Guisan warnte vor dem aufkommenden Defaitismus in der Truppe, bei Politikern und auch im Volk. «Wille zum Widerstand gegen jeden Angriff von aussen und gegen die Gefahren im Innern, wie Nachlassen und Defaitismus», verlangte der Im Juni 1940 war unser Land von den Achsenmächten umklammert. Die Fronten für die Schweizer Armee waren so lang, dass deutsche und italienische Truppen überall einbrechen konnten. «Die Lücken in der Panzer- und Fliegerabwehr hätten es der Armee nicht erlaubt, die Feldschlacht im Mittelland zu suchen», schrieb Hans-Rudolf Kurz. Eine neue militärische Strategie musste gefunden werden. Oberst Oscar Germann verfasste die massgebende Denkschrift: Die Armee ist in den Alpen stationiert, um den Hauptangriff Hitlers zu erwarten und zurückzuschlagen. General Guisan, kein Mann der raschen Beschlüsse, zögerte. Er dachte an den schwierigen Nachschub für Munition und Verpflegung und an die Preisgabe eines grossen Teils des Landes an den Feind. Am 9. Juli 1940 entschied sich der General für das Reduit, drei Tage später orientierte er die Regierung. Nach dem Krieg begründete Guisan seine Idee: Der «EinBild oben: Auf der Rütliwiese, dem «Symbol der schweizerischen Unabhängigkeit», versammelt General Henri Guisan am 25. Juli 1940 seine Kommandeure und erläutert ihnen den Grundgedanken des Reduitsystems. Bild links: Schweizer Soldaten erhalten in Genf im Rahmen der Mobilmachung 1939 den Marschbefehl. Auf die Nachricht vom deutschen Angriff auf Polen in den Morgenstunden des 1. September 1939 ordnet der Bundesrat im Einvernehmen mit General Guisan die allgemeine Mobilmachung der Armee für den 2. September an. Bild rechts: Trauerzug für den am 7. April 1960 verstorbenen Henri Guisan auf der Place de la Riponne vor dem Palais de Rumine in Lausanne. 11 trittspreis» sollte so hoch sein, dass er jeden Eindringling abschreckte, «weil ihm unsere Alpenübergänge nie intakt in die Hände gefallen wären». Im Sommer 1941 befanden sich alle neun Divisionen der Armee sowie die Gebirgsbrigaden im Reduit, das von der Festung Sargans im Osten bis zur Festung von St-Maurice im Wallis reichte. Im Zentrum stand die Festung am Gotthard, überall gab es Bunker, Panzersperren und Flugpisten. Die Bahnstrecken durch Gotthard und Simplon wurden zur Zerstörung vorbereitet. «Die Zurücknahme der Armee ins Gebirge bedeutete die nahezu kampflose Preisgabe von rund vier Fünfteln der schweizerischen Bevölkerung, der Industrie und des Volksgutes» (so Hans-Rudolf Kurz). Bis ins Frühjahr 1941 blieb die Sicherheit unseres Landes labil. Mit einem überraschenden Angriff Hitlers auf die Schweiz war noch immer zu rechnen (wie der Historiker Klaus Urner nachwies). Die weiteren Kriegsjahre bis 1945 waren für das Schweizervolk hart und sorgenvoll. Die Landung der alliierten Streitkräfte in Nordafrika und die Besetzung Oberitaliens durch Deutschland rückten die Bedeutung der Alpenpässe erneut ins Blickfeld. Die Invasion der Alliierten in der Normandie und die alliierte Landung in Südfrankreich von 1944 beendeten die Einschliessung unseres Landes durch die Achsenmächte. Die Armee verliess das Reduit, um wieder an der Grenze aufzumarschieren. Schweizer Soldaten! S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: Keystone Am 8. Mai 1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht. In seinem Tagesbefehl erklärte der General: «Schweizer Soldaten! Wir wollen Gott, dem Allmächtigen, danken dafür, dass unser Land von den Schrecken des Krieges verschont blieb. Soldaten, ihr habt euch eures Vaterlandes würdig erwiesen.» Am 4. Juni ersuchte der General die Bundesversammlung, das Ende des Aktivdienstes auf den 20. August anzusetzen und ihn von seinem Amt zu entbinden. Im versammelten Parlament sagte der Präsident: «Als ein Mann der Pflicht haben Sie sich, Herr General, als ein Mann von Herzensgüte und edler Menschlichkeit erwiesen. Das Schweizerland ist stolz auf Sie.» Am Tage zuvor hatte General Guisan in einem letzten militärischen Akt sämtliche Fahnen und Standarten der Armee nach Bern befohlen. Am Ende der ergreifenden Feier zum Abschluss des Aktivdienstes auf dem Bundesplatz sangen alle Leute entblössten Hauptes die Landeshymne. Schatten in der Biografie Wie lautet im geschichtlichen Rückblick das Urteil über den Oberbefehlshaber der Schweizer Armee im Zweiten Weltkrieg? In politischer Sicht gibt es diese Vorbehalte: Die Staatsform der Demokratie «erduldete» der General (Markus Somm), das Parlament blieb ihm fremd, die Regierung war für ihn führungsschwach, von den Parteien hielt er nicht viel. Trotz gewisser Sympathien für eine ständestaatliche autoritäre Ordnung hat Guisan den Boden der Demokratie nie verlassen. – Dem französischen Marschall Pétain, Sieger in der Schlacht von Verdun im Ersten Weltkrieg und Staatschef im hitlerfreundlichen Frankreich, erwies Guisan stets Respekt. Im Herbst 1937 hatte er als Korpskommandant den Marschall zu Armeemanövern eingeladen. Noch 1941 sandte er ihm einen bewundernden Brief zum Geburtstag. Den faschistischen Führer Mussolini hatte Guisan schon 1934 beim Besuch italienischer Manöver kennengelernt. «Er war der Schweiz und mir gegenüber sehr freundlich», meinte er nach dem Krieg. «Guisan liess sich vom Duce täuschen» (Markus Somm). Kein Ruhmesblatt ist Guisans Haltung zur Flüchtlingspolitik des Bundesrates. «Für die Militärs waren diese Ausländer eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit» (schrieb die Zeitschrift «L’Hebdo»). Gemäss der Bergier-Kommission wurden mehr als 20 000 Flüchtlinge, davon zahlreiche Juden, an der Grenze abgewiesen. Konnte der General davon wissen? «Assurément», die Armee habe deutsche Deserteure befragt, die der Judenvernichtung entflohen waren. – Der General (wie andere Offiziere) wies der Presse die Hauptschuld zu für das belastete Verhältnis zu Deutschland. Schon 1941 verlangte Guisan eine schärfere Pressekontrolle. Die Einführung einer umfassenden Vorzensur wurde ihm vom Bundesrat verweigert. Auch das militärische Urteil über den General ist nicht frei von Schatten: Die geheimen Verhandlungen des Generals mit der französischen Armee und vor allem der Aktenfund durch die Deutschen zeigten, dass der General hier «ein allzu grosses Wagnis eingegangen war» (Hans-Rudolf Kurz). Als die Schweiz im Spätsommer 1940 von den Achsenmächten umgeben war und deutsche Elitetruppen an der Westgrenze standen, verfügten Bundesrat und General – wahrscheinlich als Geste an Berlin – die Demobilisierung von rund zwei Drittel Mann. In jener Zeit dachte Hitler aber an die Eroberung der Schweiz. – Im März 1943 trafen sich im Restaurant Bären im bernischen Biglen der berüchtigte SS-General Schellenberg und der Schweizer Oberbefehlshaber. Im Gespräch unter vier Augen bekräftigte Guisan dem Hitler-Vertrauten den festen Willen der Schweiz, die Grenzen (auch gegen die Alliierten) zu verteidigen. Im Gegenzug erwartete er die Zusage, dass Deutschland unser Land nicht angreife, für diesen Fall könne er starke Kräfte der Armee demobilisieren. Das historische Urteil über den Menschen und General Henri Guisan lautet – trotz solchen Vorbehalten – gemäss dem Biografen Willi Gautschi so: Schon zu seinen Lebzeiten war Guisan eine «eidgenössische Vaterfigur». In der Person des Generals haben sich Volk und Armee in schwerer Zeit vollkommen vereinigt. Guisan erscheint über alle politischen und ideologischen Grenzen hinweg als «überragende Integrationsfigur des Schweizervolkes, als unbestrittenes Symbol des Widerstandsgeistes, der Einigkeit und der Kriegsverschonung». DOKUMENTATION Willi Gautschi: General Henri Guisan. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 1989, vergriffen; Markus Somm: General Guisan. Stämpfli Verlag, Bern, 2010, CHF 49.–; Klaus Urner: Die Schweiz muss noch geschluckt werden. Hitlers Aktionspläne gegen die Schweiz. Zürich, 1990; Hans-Rudolf Kurz: General Guisan und die Kriegsparteien, in: General Guisan und der zweite Weltkrieg 1939-1945. Bern, 1974; Raymond Gafner: General Guisan. Gespräche. Zwölf Sendungen von Radio Lausanne. Bern, 1953; Bibliothek am Guisanplatz www.gs-vbs.admin.ch; Dokumentationszentrum www.doku-zug.ch 12 A L B E RT A N K E R Z U M 1 0 0 . T O D E S TA G Unterwegs zum verbotenen Paradies. Mit einer umfassenden Ausstellung bietet das Kunstmuseum Bern die einmalige Gelegenheit, mit Albert Anker einen der wichtigsten Schweizer Künstler zu entdecken oder wiederzuentdecken. Seine Bilder sind wie kaum andere Kunstwerke im Bildgedächtnis der Schweiz verhaftet. Von Annemarie Monteil S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Bilder: Kunstmuseum Bern, © Pro Litteris Er gehört zur Schweiz wie die Alpen und das Jodeln, Albert Anker aus dem bernischen Ins (1831-1910). Reproduktionen seiner Kinderbildnisse und Dorfszenen sind bekannt aus Kalendern, Schulbüchern, Wohnzimmern. Neuerdings schaut sein Bauernbub aus einer 85er Briefmarke, und das Kunstmuseum Bern veranstaltet zum 100.Todesjahr eine grosse Retrospektive. Anker scheint ein unbestrittener Wert. Das gilt für Höchstpreise an Auktionen, erweist sich aber in Gesprächen als Täuschung. Für Fortschritt-Strategen zementiert Anker eine untauglich gewordene Folklore. Dass der SVP-Politiker Christoph Blocher jedes vierte Bild der Ausstellung besitzt, sehen sie als Bestätigung. Den Kämpfern gegen eine «heile Welt» sind Ankers Bilder verlogene Idyllen. Anderen ersetzt der lesende Grossvater den Kirchgang. Snobs sagen, «kenne ich alles», und sehr junge Menschen staunen und wollen mehr wissen. Die Wechselbäder sprechen nicht gegen Anker. Wahre Einfachheit kann die Kompli- zierten verwirren. Er selbst machte es sich nicht leicht. Aufgewachsen in der gebildeten Familie eines Tierarztes, studiert Anker auf Wunsch des Vaters Theologie, quält sich mit seiner Sehnsucht, Maler zu werden: «Das Gebiet der Kunst kommt mir vor wie ein verbotenes Paradies», schreibt er. Endlich wird er Schüler von Charles Gleyre, glücklich und mit schlechtem Gewissen: Für den enttäuschten Vater bleibt er «mein Maler contre-cœur». Umso wichtiger ist der Erfolg. Anker darf im begehrten «Salon» ausstellen, während Manet, Degas, Monet abgelehnt werden. Die Wintermonate lebt er in Paris, er kennt sich aus von Platon bis Darwin, mit den Freunden spricht er französisch. Im Sommer wohnt und malt er im grosselterlichen Haus in Ins, beliebt, verehrt. Seine Genrebilder treffen den Zeitgeschmack. Im aufstrebenden Bundesstaat gehörte Anker – wie Calame, Koller und Zünd – zur nationalen Stimme. «Mädchen, die Haare flechtend». Für Buch, Tuch und Zopf hat Anker die gleiche Aufmerksamkeit: nicht penibler Realismus, sondern Hinneigen zu den Dingen des Lebens. «Grossvater mit schlafender Enkelin». Anker habe nur Alte und Kinder gemalt, sagen Kritiker. Sie waren jene Modelle, die Zeit hatten und nicht auf dem Feld arbeiteten. «Schreibunterricht II». Keine Idylle, das Schreibenlernen ist ein zu schweres Ding. «Tee und Cognac». In den Stillleben grüsst Albert Anker über 200 Jahre hinweg den grossen Kollegen Jean-Baptiste Siméon Chardin. 13 S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Bilder: Kunstmuseum Bern, © Pro Litteris Die «Armensuppe» steht für die humanitäre Tradition der Schweiz, der «Schulspaziergang» lebt von Pestalozzis liberaler Pädagogik. Beliebt waren Bilder toter Kinder. Anker inszeniert ein sanft weinendes Kindergrüpplein um eine kleine Leiche: «Die tote Freundin» ist samt Titel ein theatralisches Rührstück. Später wird Anker sein eigenes totes Kind malen, publikumsfern, blühende Malkunst, in den dunklen Grund ritzt er «liebe liebe Ruedeli». Das ist ebenfalls Anker. Pauschalurteile verfehlen ihn. Auch der Titel der Berner Ausstellung «Schöne Welt» greift zu kurz. Anker malt weder eine frohe noch eine «schöne» Welt. Eine leise Schwermut liegt über vielen Bildern. Ernst oder altklug schauen oft die Kinder, schmallippig sind die Alten, und Dreck unter den Fingernägeln haben die Bauern auch im Sonntagsstaat. Verbotene Paradiese? Vielleicht kommt man Anker am nächsten in den Porträts, dem Hauptteil des Schaffens. In leicht konventioneller Eleganz malte er die städtischen Damen und Herren, wie es den Auftraggebern gefiel. Den Bildnissen haftet – wie auch manchen Genrebildern – etwas Akademisches, Bemühtes an. (Will er immer noch dem Vater gefallen?) Bei aller Feinheit des Pinsels, Schicht um Schicht, bleibt die Maltextur wattig verhalten. Pflichtübungen. Einen reichen Kaufmann schickte er einmal zum Fotografen, er mache «söttig Sache nid uf ds Kommando». Ganz anders die Menschen aus dem Dorf, die Anker freiwillig ins Atelier bat: hohe Porträtkultur. Ist das Geheimnis grosser Kunst die Anteilnahme? Das Berührtsein? In wundersamer Einheit scheint dem Maler alles gleich wichtig, gleich gewichtig: das über die Schreibtafel gebeugte Gesichtlein und der Pausenapfel, die Runzeln der Grosseltern und der Strickstrumpf. Es ist dieser lebensfreundliche Blick, der den schlichten Menschen und Dingen eine strahlende Würde gibt, der Intimität zur Kunst macht und Stillleben zu ländlichen Ikonen. Die Peinture wird leicht, luftig, ein unbeschreibliches Licht webt durch alles: ohne «Verbot» – Paradiesbilder. Ausstellung im Kunstmuseum Bern bis 5.September 2010. Katalog Albert Anker – Schöne Welt CHF 58.– ANKER-GOLDMÜNZE Die Eidgenössische Münzstätte Swissmint nimmt das Gedenkjahr für Albert Anker zum Anlass, dem bekannten Schweizer Künstler die offizielle Goldmünze 2010 zu widmen. Die Sondermünze zum Nennwert von 50 Franken ist bei allen Banken und Münzenhändlern erhältlich. Die Auflage ist limitiert. www.swissmint.ch «Der Trinker». Heiter ist das Alter nicht. Anker schaut nicht an der Wirklichkeit vorbei. «Der Seifenbläser». Nicht nur das Motiv, sondern der schimmernd-schwebende Farbauftrag (sichtbar im Original) gibt dem Seifenbläser den Zauber der Schwerelosigkeit. «Der Schulspaziergang». Im Jahr 1872 plädiert Albert Anker, selbst Mitglied des Schulrates, für die gemischte Schule als heitere Pflicht. «Der Schneebär». Der Maler kennt seine Berner. Sie bauen keinen Schneemann, sondern ihr Wappentier, einen Schneebären. 14 AUS DEM BUNDESHAUS Trotz erheblicher Schwierigkeiten konnte das EDA den in Not geratenen Schwei- Das Erdbeben in Haiti – Schutz der Schweizerinnen und Schweizer 1. Erfolgreicher Einsatz für die Schweizerinnen und Schweizer in Haiti Das Erdbeben in Haiti vom 12. Januar 2010 verursachte massive Zerstörungen an Gebäuden und Infrastruktur, kostete gemäss haitianischen Angaben über 250 000 Menschenleben und hinterliess Tausende obdachlos. Auf der Botschaft in Port-au-Prince waren vor dem Erdbeben 130 Schweizerinnen und Schweizer immatrikuliert. Insgesamt hielten sich zur Zeit des Erdbebens knapp über 200 unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Haiti auf (Touristen, Nicht-Immatrikulierte, Geschäftsreisende). Davon konnten 199 kontaktiert werden. Vier Personen wurden als verletzt gemeldet. Eine Person bleibt, trotz intensiver Suche und andauernder Bemühungen, bis heute vermisst. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Erdbebens setzte das Krisenzentrum der Politischen Abteilung VI im EDA, parallel und in enger Zusammenarbeit mit der Humanitären Hilfe der DEZA, eine im 24-Stunden-Betrieb arbeitende Krisenzelle ein. Diese wurde kurz darauf durch die übrigen betroffenen Dienste des EDA, des EJPD und des VBS verstärkt. Die Krisenzelle hatte den Auftrag, die Suche und Identifikation der Schweizer Bürgerinnen und Bürger aufzunehmen, ■ die Hilfe für bedürftige Schweizerinnen und Schweizer vor Ort zu organisieren (in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Sozialhilfe für Auslandschweizer/innen des Bundesamtes für Justiz), ■ Ausreisewillige mit allen vorhandenen Mitteln bei deren Repatriierung zu unterstützen. Die Sektion Konsularischer Schutz (SKS) der Politischen Abteilung VI koordinierte, in Zusammenarbeit mit den Vertretungen vor Ort, die Rückkehr der Schweizer Bürgerinnen und Bürger und organisierte die medizinische Versorgung der Verletzten und deren anschliessende Repatriierung in die Schweiz. ■ Leitfaden der Krisenvorsorge: IKRA – I mmatrikulieren und informieren K ontakte mitteilen R eserven bilden A ktiv werden Immatrikulieren Sie sich bei Ihrer Ankunft im Gastland bei der für Sie zuständigen Schweizer Vertretung (www.eda.admin. ch/eda/de/home/reps.html). ■ Informieren Sie die Schweizer Vertretung jeweils umgehend über Wohnungswechsel, Familienzuwachs, Sterbefälle, Änderungen Ihres Zivilstands sowie Änderungen Ihrer Kontaktdetails (Telefon, E-Mail, Wohn- und Arbeitsadresse). Sofern Sie auf der Durchreise sind, informieren Sie die Vertretung über Ihren Aufenthaltsort bzw. Ihre Reiseroute und teilen Sie Ihre Erreichbarkeit mit. S C HW EIZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Fotos: pd ■ Geben Sie der Schweizer Vertretung jeweils möglichst umfassende Kontaktdetails von Verbindungspersonen an, von Ihren nächsten Verwandten und Freunden im Gastland und in der Schweiz. Antworten Sie jeweils unbedingt auf entsprechende ■ Mitarbeitende der Hotline des EDA geben Auskunft 15 zerinnen und Schweizern in Haiti wirkungsvoll helfen. Um die Botschaften in Port-au-Prince und in Santo Domingo bei ihren Aufgaben zu entlasten, entsandte das Krisenzentrum des EDA insgesamt acht Mitglieder des Kriseneinsatz-Pools (KEP) nach Portau-Prince und Santo Domingo, wobei die ersten zwei KEP-Mitglieder bereits wenige Stunden nach dem Erdbeben im schwer zugänglichen Krisengebiet eintrafen. Das Krisenzentrum richtete an der Zentrale sofort eine Hotline-Nummer ein, die rund um die Uhr Anrufe besorgter Familienangehöriger entgegennahm, Such- und Rückmeldungen erfasste, diese untereinander abglich und laufend an unsere Vertretung in Port-au-Prince zur Bearbeitung weiterleitete. Unter ausserordentlich schwierigen Bedingungen (zusammengebrochene Telekommunikation, Treibstoffmangel, unterbrochene Umfragen der Vertretung und füllen Sie diesbezügliche Fragebögen in Ihrem Interesse möglichst umfassend aus. Halten Sie an einem sicheren Ort zu Hause immer eine kleine Reserve an Bargeld verfügbar. Legen Sie eine Trinkwasser- und Nahrungsmittelreserve, gegebenenfalls auch eine Treibstoffreserve an, die für die ersten Tage einer Krise ausreicht. Legen Sie ein Notfall-Kit bereit, das ein Radio, Batterien, eine Taschenlampe, Ersatzkleider, Hygieneartikel, Erste Hilfe-Material und Ihre Reisedokumente (Pass) enthält. Schliessen Sie unbedingt eine Kranken- und Unfallversicherung ab, die im Schadensfall Heilungskosten deckt. ■ Werden Sie im Krisenfall selbst aktiv und melden Sie, wenn immer möglich, umgehend Ihren Zustand der Schweizer Vertretung oder dem Krisenstab des EDA in Bern: entweder telefonisch über die im Krisenfall erreichbare Hotline des EDA (031 325 33 33) oder über die auf der Internet-Seite des EDA (www.eda.admin.ch) veröffentlichte Suchmaske. S C HW EIZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Fotos: pd ■ Die Behörden bestimmter Risikozonen (beispielsweise erdbebengefährdeter Gebiete) sehen Krisenvorsorge-Massnahmen vor. Bitte informieren Sie sich darüber aktiv bei den lokalen Behörden und befolgen Sie deren Anweisungen. ■ Elektrizitätsversorgung, Wasser- und Nahrungsmangel, weiträumige Zerstörungen) gelang es so der Botschaft in Port-au-Prince, unsere Landsleute vor Ort zu lokalisieren, die vier Verletzten zu versorgen und die insgesamt 37 Rückkehrwilligen mit fünf Bussen auf dem Landund mit einem Helikopter der Humanitären Hilfe auf dem Luftweg nach Santo Domingo zu evakuieren. Davon kehrten 20 Personen in die Schweiz zurück, wo sie bei ihrer Ankunft umgehend vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz des VBS betreut wurden. 2. Welche Lehren können aus dem Einsatz gezogen werden? Der Einsatz für die Schweizerinnen und Schweizer in Haiti kann angesichts der reibungslosen Abwicklung der Repatriierung als Erfolg gewertet werden. Dennoch sah sich die Schweizer Botschaft in Port-au-Prince bei der Suche nach unseren Landsleuten und bei der Unterstützung der Ausreisewilligen auch mit Schwierigkeiten konfrontiert. Ein Teil dieser Hindernisse war unvermeidbar und ist auf die besonderen Umstände der Katastrophe zurückzuführen. Ein anderer Teil war sozusagen «hausgemacht» und hätte durch eine sorgfältige Vorbereitung jedes einzelnen im Ausland wohnhaften Schweizers auf den Krisenfall vermieden werden können. Wodurch wurde die Suche nach unseren Landsleuten und die Unterstützung zur Ausreise erschwert? Das Erdbeben bewirkte zeitweise einen vollständigen Zusammenbruch der Telekommunikation. Wegen des temporären Ausfalls des lokalen Festnetzes, des Mobilfunknetzes sowie der Satellitenverbindungen konnte die Botschaft unsere Landsleute nicht erreichen. Lediglich die Kommunikation über Internet war möglich. Die Immatrikulationsregister auf der Botschaft entsprachen mangels aktualisierter Rückmeldungen nicht dem aktuellen Stand der Schweizer Kolonie. Landsleute waren weggezogen, ohne sich auf der Botschaft abzumelden, andere waren zugezogen, ohne sich auf der Inserat 16 AUS DEM BUNDESHAUS Botschaft anzumelden. Die vermerkten Adressen im Immatrikulationsregister waren mangels präziser Auskunft der Erfassten ungenau. Sie enthielten oft keine präzise Ortsangabe (Strasse, Hausnummer). Dies erschwerte inmitten der weiträumigen Zerstörung die Suche nach unseren Landsleuten. Über den Zustand vieler Landsleute konnte erst im Verlaufe mehrerer Tage Gewissheit erlangt werden, da viele individuell abgereist waren, ohne dies der Botschaft zu melden. Bald nach dem Erdbeben wurden auch bei einigen unserer Landsleute das Trinkwasser und die Nahrungsmittel knapp. Zudem machte sich der Bargeldmangel bemerkbar, da durch das Erdbeben die Banken zerstört bzw. die automatische Geldausgabe unterbrochen war. Die Schweiz führt seit 2005 in Port-au-Prince ein Kooperationsbüro und ist deshalb mit den Verhältnissen im Land sehr vertraut. Der Beitrag der Schweiz zum wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wiederaufbau wird über Umschichtungen innerhalb bestehender Rahmenkredite finanziert und geht zu Lasten des Kredits für humanitäre Hilfe 2006 (20 Millionen Franken) und des Kredits für Entwicklungszusammenarbeit 2008 (15,9 Millionen Franken). Die Hilfe wird sich also zwischen 2010 und 2012 insgesamt auf 35,9 Millionen Franken belaufen, dazu kommen 55 Millionen Franken Spendengelder, die direkt von der Glückskette und ihren Partnerorganisationen umgesetzt werden. 3. Individuelle Krisenvorsorge Im Sinne der Verbesserung der eigenen Vorbereitung auf künftige Krisensituationen verschiedener Art (Naturkatastrophen und andere Grossereignisse, politische Unruhen etc.) hat die Politische Abteilung VI des EDA einen kleinen Leitfaden zusammengestellt, der Ihnen und dem EDA die Zusammenarbeit bei künftigen Krisen erleichtern soll (s. Kasten S. 14–15). Wir danken Ihnen für die Berücksichtigung dieser Ratschläge! NEUE VOLKSINITIATIVEN UND REFERENDEN Seit der letzten Ausgabe sind bis Redaktionsschluss die folgenden neuen Volksinitiativen lanciert worden: «Für ein liberales Rauchergesetz», Initiativkomitee: IG Freie Schweizer Wirte, Ablauf der Sammelfrist: 23.08.2011. ■ Christoph Späti, Politische Abteilung VI «Neue Arbeitsplätze dank erneuerbaren Energien (Cleantech-Initiative)», Initiativkomitee: Sozialdemokratische Partei der Schweiz, Ablauf der Sammelfrist: 16.09.2011. ■ UN-Wiederaufbaukonferenz in New York: Die Schweiz unterstützt Haiti mit 90 Millionen Schweizer Franken S C HW EIZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Die Schweiz wird sich längerfristig in Haiti engagieren. An der Uno-Geberkonferenz vom 31. März 2010 in New York bekräftigte DEZA-Direktor Martin Dahinden die Solidarität der Schweiz mit dem erdbebenversehrten Karibikstaat. Bis 2012 stellt der Bund insgesamt 35,9 Millionen für den Wiederaufbau zur Verfügung. Dazu kommen 55 Millionen Franken Spendengelder, die direkt von der Glückskette und ihren Partnerorganisationen umgesetzt werden. An der Ministerkonferenz «Towards a New Future for Haiti» vom 31. März in New York stellte die Schweizer Delegation unter Leitung von DEZA-Direktor Martin Dahinden ihr Programm zur Unterstützung der haitianischen Bevölkerung vor. Nebst den humanitären Aktionen wird die Schweiz Haiti auch beim längerfristigen Wiederaufbau unterstützen. Martin Dahinden führte an der Konferenz aus, wo die Schweiz ihre Schwerpunkte setzen will: «Nach dem verheerenden Erdbeben hat die Schweiz Haiti im Rahmen der grössten je durch die Schweiz durchgeführten Soforthilfeaktion unterstützt. Darüber hinaus wird die Schweiz dem Land jedoch zusätzlich im Wiederaufbau beistehen. Besondere Herausforderungen im längerfristigen Wiederaufbau sehen wir bei der Sanierung der sozialen Infrastruktur wie Schulen und Spitäler, der Entwicklung der ländlichen Regionen und der Ernährungssicherheit.» Die Schweiz wird dabei den Leitlinien des Aktionsplans der Vereinten Nationen zum Wiederaufbau Haitis folgen. Damit sich diese Bemühungen nicht ausschliesslich auf die Hauptstadt Port-au-Prince konzentrieren, unterstützt die Schweiz in Übereinstimmung mit den Absichten der haitianischen Regierung auch dezentrale Vorhaben. «Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes», Initiativkomitee: Überparteiliches Komitee «Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes», Ablauf der Sammelfrist: 07.10.2011. ■ «Schutz vor Rasern», Initiativkomitee: RoadCross Schweiz, Ablauf der Sammelfrist: 27.10.2011. ■ «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen finanziert durch Energielenkungsabgaben» Initiativkomitee: Initiativkomitee «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen finanziert durch Energielenkungsabgaben», Frau Gabriela Coray, Ablauf der Sammelfrist: 19.11.2011. ■ «Wenden wir die Menschenrechte an auf Frauen und Männer = Schweiz», Initiativkomitee: Initiativkomitee «Wenden wir die Menschenrechte an auf Frauen und Männer = Schweiz», Ablauf der Sammelfrist: 19.11.2011. ■ Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses waren keine Referenden hängig. Auf der Seite www.bk.admin.ch/aktuell/abstimmung finden Sie eine Aufstellung der hängigen Referendumsvorlagen und Volksinitiativen sowie die entsprechenden Unterschriftenbogen, falls vorhanden. Bitte senden Sie die ausgefüllten und unterschriebenen Bogen direkt an das zuständige Initiativkomitee. VERANT WORTLICH FÜR DIE AMTLICHEN MITTEILUNGEN DES EDA: JEAN-FRANÇOIS LICHTENSTERN, AUSL ANDSCHWEIZERDIENST/EDA BUNDESGASSE 32,CH-3003 BERN TELEFON: +41 31 324 23 98, TELEFAX +41 31 322 78 66 WWW.EDA.ADMIN.CH/ASD, PA6-AUSL [email protected] FREILICHTMUSEUM BALLENBERG 17 S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Fotos: Freilichtmuseum Ballenberg Eine Zeitreise durch die ländliche Schweiz. Das Freilichtmuseum Ballenberg ist eigentlich alles andere als museal. Im Gegenteil: Dort lebt die ländliche Kultur der Schweiz mit allen Facetten wieder auf und bringt uns ins Bewusstsein, wie es einmal war. Von Heinz Eckert Wer über den Ballenberg wandert, hat nie das Gefühl, ein Museumsbesucher zu sein. Und dennoch führt die Wanderung durch das grösste Freilichtmuseum der Schweiz, das sich in einer der idyllischsten Gegenden des Berner Oberlandes ausbreitet. Wenn die Eintrittszonen mit den Kassenhäuschen nicht wären, würde der Besucher des Ballenberg wohl erst mit Verzögerung merken, dass er sich bereits im Freilichtmuseum befindet. Wahrscheinlich würde ihn nur das Fehlen von parkierten Autos daran erinnern, dass er bereits «drinnen» ist. Denn die Umgebung ist beinahe so malerisch und gepflegt wie das Freilichtmuseum selber. Der Übergang von den benachbarten Weilern in das nach wissenschaftlichen und denkmalpflegerischen Grundsätzen geführten und gepflegten Freilichtmuseums Ballenberg ist fast nahtlos. «Freilichtmuseum Ballenberg – das Erlebnis» heisst die Werbebotschaft – und hält, was sie verspricht. Die Stiftung Schweizerisches Freilichtmuseum Ballenberg wurde mit Unterstützung des Bundes und des Kantons Bern im Sommer 1968 ins Leben gerufen. 1978 konnte das Museum mit 16 Objekten im parkähnlichen Gelände über dem Brienzersee eingeweiht werden. Seither ist das Museum laufend ausgebaut worden. Zu sehen sind heute über 100 historische Objekte und Häuser aus nahezu allen Kantonen. Der Ballenberg ist das einzige Freilichtmuseum für ländliche Kultur in der Schweiz. Der Ballenberg ist keine verstaubte Raritätensammlung, sondern voller Leben und Betriebsamkeit. Alles lebt in diesem Freilichtmuseum, jeder Schritt bietet ein Erlebnis. Die Gebäude sind alle stilgerecht eingerichtet und dürfen betreten werden. Stuben, Küchen, Schlafzimmer laden zum Entdecken traditioneller Wohn- und Lebensformen ein, die Gewerbebetriebe zeigen allen Interessierten, wie früher auf dem Land Brot gebacken, geklöppelt, gewoben wurde, wie Käse und Schindeln hergestellt wurden. Es riecht nach frisch gesägtem Holz und geschmiedetem Eisen in der Schmiede. Und viele der kulinarischen Köstlichkeiten können natürlich auch degustiert werden. Alle Gebäude im Freilichtmuseum waren an ihrem ursprünglichen Standort gefährdet und konnten dort nicht erhalten werden. So wurden sie sorgfältig demontiert und auf dem Ballenberg originalgetreu wieder aufgebaut. Hier sind sie von historischen Bauerngärten, Wiesen und Feldern mit originaltypischen Blumen, Kräutern, Obstbäumen, aber auch von längst vergessenen oder vom Aussterben bedrohten Pflanzen umgeben. Zahlreiche Sonderveranstaltungen erlauben zusätzlich interessante und überraschende Einblicke in teils verloren gegangenes Brauchtum der ländlichen Schweiz. Schliesslich bringen 250 Bauernhoftiere sinnliches Leben in die Ställe und auf die Weiden. Neben Hühnern, Enten, Ziegen, Tauben, Schweinen und Rindern haben auch vom Aussterben bedrohte Rassen einen Lebensraum auf dem Ballenberg gefunden: Pfauenziegen, Spiegelschafe, Rätisches Grauvieh, wollhaarige Weideschweine, Diepholzer Gänse und andere mehr. Das erste Freilichtmuseum, das Skansen, ist 1891 in Schweden gegründet worden. Seither sind weltweit zahlreiche solcher Anlagen entstanden. Alle haben die gleiche Aufgabe: Sicherung, Erhaltung und Vermittlung von typischen Gebäuden und deren Ausstattung mit authentischen Einrichtungen, Möbeln, Gerätschaften und Werkzeugen. Besser als im Freilichtmuseum Ballenberg kann der Auftrag wohl nicht erfüllt werden. Es lohnt sich, einen ganzen Tag für den Ballenberg-Besuch einzuplanen. Schweizerisches Freilichtmuseum Ballenberg, CH-3855 Brienz; www.ballenberg.ch, [email protected] 18 PRO UND KONTRA MUNDART Ist das Schweizerdeutsch eine Gefahr für die Romandie? In der Westschweiz wird immer wieder diskutiert, ob das Schweizerdeutsch überhandnimmt und zur Gefahr für die Mehrsprachigkeit der Schweiz wird. Iwar Werlen, Linguistikprofessor an der Universität Bern, teilt diese Befürchtung nicht. Anders sieht es der zweisprachige Journalist Peter Rothenbühler in seinem Essay zum Thema. Interview Heinz Eckert «schweizer revue»: Verstehen Sie die Aufregung aus dem Welschland, da auf Kosten des Hochdeutschen immer mehr Schweizerdeutsch gesprochen werde, sei die sprachliche Vielfalt der Schweiz gefährdet? iwar werlen: Teilweise ja, teilweise nein. Befürchtungen, dass die sprachliche Vielfalt der Schweiz bedroht sein könnte, werden immer wieder geäussert. Sie sind jedoch nur teilweise gerechtfertigt. S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: pd Aber stimmt es, dass immer mehr Dialekt gesprochen wird? Ja, diese Tendenz ist seit Mitte der Sechzigerjahre eindeutig festzustellen. Es wurde in immer mehr Situationen Dialekt gesprochen, wo früher Hochdeutsch verwendet worden war, in der Schule, der Kirche, den Medien usw. Überdies ist die Mundart im Chanson, in der Rockmusik und heute auch in der Rapszene sehr populär geworden. Und heute schreiben vor allem die jungen Menschen fast alle SMS und auch E-Mails auf Schweizerdeutsch. Wie erklären Sie sich diese Mundart-Welle? Sicher spielt auch die Mode eine grosse Rolle, dieses Swissness-Gefühl und der Wunsch, sich eine eigene Identität zu schaffen und sich von anderen – nicht zuletzt von Deutschland - abzugrenzen. Es gibt aber auch allgemeine gesellschaftliche Veränderungen hin von formellen zu informellen Verhaltensweisen, was sich etwa beim Verlust an Umgangsformen, an Anstand und Konventionen zeigt. Früher geltende Kleidervorschriften werden nicht mehr eingehalten, auch alte Menschen müssen in öffentlichen Verkehrsmitteln stehen und selbst in guten Restaurants werden die Frauen heute nicht mehr vor den Männern bedient. Früher war das alles selbstverständlich. Diese Haltung hat sich auch auf den sprachlichen Ausdruck ausgewirkt: man vermeidet das als formal und steif geltende Hochdeutsche und Professor Iwar Werlen drückt sich mündlich und schriftlich so aus, wie es am einfachsten geht. Finden Sie es nicht auch grotesk, wenn das Nachrichtenmagazin «10vor10» bei der Wiederholung auf dem internationalen, deutschsprachigen Gemeinschaftssender 3sat mit deutschen Untertiteln ausgestrahlt werden muss, damit es in Österreich und Deutschland verstanden wird? Das liegt wohl daran, dass sich das Schweizer Fernsehen DRS als sprachregionaler Sender versteht und «10vor10» als Infotainment inszeniert. Die Tagesschau jedenfalls wird ja ausschliesslich auf Hochdeutsch produziert. Aber es stimmt schon: Innerhalb der SRG ist das Bewusstsein für die Pflege der sprachlichen Vielfalt der Schweiz gering. Die Idée suisse wird von der SRG zwar vermarktet, aber im Sendealltag nimmt sie ihre Verantwortung in dieser Hinsicht nicht genügend wahr und stellt sich auf den Standpunkt, dass Ausländer, die in der Schweiz wohnen, Schweizerdeutsch nicht unbedingt sprechen, aber verstehen sollten. Teilen Sie diese Haltung auch? Ja. Das entspricht auch meiner Meinung: Deutschschweizer reden eben Mundart, und wer sich im Alltag mit ihnen verständigen will, sollte diese Mundart verstehen. Das gilt für In- wie für Ausländer. Vor allem für Deutsche sollte das kein Problem sein, da es ja auch in Deutschland viele Dialekte gibt und etwa die Bayern überall verstanden werden. Demgegenüber sollte aber auch jeder Deutschschweizer und jede Deutschschweizerin in der Lage sein, Hochdeutsch nicht nur zu lesen, sondern auch zu sprechen. Oder nicht? Ganz genau. Ich verstehe auch die Ansicht mancher Lehrpersonen nicht, die immer wieder behaupten, die erste Fremdsprache, die in der deutschen Schweiz unterrichtet werde, sei Hochdeutsch. Das stimmt nicht. Schweizerdeutsch und Hochdeutsch sind für mich zwei Formen der gleichen Sprache, die beide gepflegt werden sollen. Das Schweizerdeutsch ist unsere gesprochene Muttersprache, das Hochdeutsch ist die Muttersprache, die wir lesen und schreiben. Wir Deutschschweizer sollten beides gut beherrschen. Wie wichtig ist, dass das Schweizerdeutsch gepflegt und möglichst korrekt gesprochen wird? Korrektheit ist eine Frage der Sichtweise. Für mich sind Sprachen Verständigungsmittel, die sich ständig wandeln und neuen Bedürfnissen anpassen. Ob man also Frühstück oder Zmorge, Lunch oder Zmittag, Anke oder Butter sagt, finde ich nicht so wichtig. Denken Sie nur an die Jugendsprache, und wie sich die immer wieder verändert. Einmal ist geil in, dann wieder mega, früher war alles super. Hauptsache, man versteht sich. Schweizer im Ausland werden immer wieder auf die Mehrsprachigkeit in der Schweiz angesprochen. Ist sich die Schweizer Bevölkerung in der Schweiz eigentlich bewusst, wie wertvoll diese Vielfalt ist, und dass sie unbedingt gepflegt werden muss? Ich glaube, viele von uns erkennen gar nicht, wie unterschiedlich unser Umgang mit Sprachen von dem in vielen andern europäischen Ländern ist. Natürlich sprechen nicht alle Schweizerinnen und Schweizer vier Sprachen, wie das manche Ausländer denken. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass die meisten Schweizerinnen und Schweizer ein bis zwei Fremdsprachen mehr oder weniger gut kennen – das ist ein Spitzenwert in Europa! Aber wir neigen dazu, unser eigenes Potenzial nicht auszuschöpfen – und das gilt für Romands wie für Deutschschweizer. 19 Glauben Sie, dass sich Romands und Deutschschweizer einmal nur noch auf Englisch unterhalten werden? In gewissen Branchen oder in den Naturwissenschaften ist das ja bereits der Fall. Aber zum Normalfall wird das sicher nicht. Wichtig wäre, dass spielerischer mit den Sprachen umgegangen, mehr ausprobiert wird, und es vielleicht sogar zu einem Miteinander von Schweizerdeutsch, Hochdeutsch und Französisch kommen könnte, wenn alle anderen Stricke reissen. S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: pd Müsste und könnte staatlich mehr unternommen werden, um das Verständnis für die sprachliche Vielfalt zu fördern? Ja, es wäre sehr wichtig, dass der kulturelle Austausch zwischen den Sprachregionen von den Kantonen gefördert und für obligatorisch erklärt wird. Denn wenn ein Romand einmal ein paar Wochen oder Monate in St. Gallen und ein Urner einige Zeit in Lausanne verbracht hat, wird er automatisch eine andere Beziehung zur anderen Sprache aufbauen und mit mehr Freude und Engagement lernen. Auch die staatlich finanzierten Medien müssten ihre Verantwortung umfassender wahrnehmen. Und was würden Sie den aufgebrachten Romands empfehlen? Ich glaube, eines der Probleme zwischen den beiden Sprachgemeinschaften besteht in der Bewertung der Mundart: Für viele Romands ist es undenkbar, dass ein gebildeter Mensch eine so «barbarische» Sprachform verwendet. Diese Vorstellung zu ändern wäre die Aufgabe des Deutschunterrichts in der Romandie: Hier müsste eben das Deutsche, wie es in der deutschen Schweiz existiert, zur Kenntnis genommen werden. Dazu gehört, dass die Dialekte im Unterricht thematisiert werden. Zu dieser Ansicht ist auch der grüne Genfer Nationalrat Antonio Hodgers gekommen, der nach seiner Wahl ins eidgenössische Parlament nach Bern gezogen ist und dort schnell festgestellt hat, dass ihm sein in der Schule erworbenes Hochdeutsch nicht viel nützt. Er empfiehlt den Romands, Schweizerdeutsch zu lernen. Andererseits würde es auch den Deutschschweizern sehr gut anstehen, sich mehr und bessere Französischkenntnisse anzueignen. Die Bemühungen der Erziehungsdirektorenkonferenz im Rahmen von HarmoS zielen in diese Richtung; sie müssen nur umgesetzt werden. Die Sprechverweigerung der Deutschschweizer Von Peter Rothenbühler* Von Zeit zu Zeit beschweren sich Westschweizer, dass es für sie schwierig sei, Deutsch korrekt zu erlernen, solange man ihnen in Bern und Zürich dauernd auf Schweizerdeutsch oder auf Englisch antwortet. Wo es doch einfacher wäre, man würde sich in einer Landessprache unterhalten, zum Beispiel auf Hochdeutsch oder auf Französisch. Eigentlich logisch. Dialekte sind eine schöne Sache, aber eher für den privaten Gebrauch bestimmt. Sobald man mit Menschen aus andern Landesteilen (oder Ländern) verkehrt oder in elektronischen Medien Konversation treibt, sollte man sich in einer allgemein gültigen Verkehrssprache verständigen. Wie überall auf der Welt. Leider scheint dies ausgerechnet in einem Land, das weltweit für seine Mehrsprachigkeit bekannt ist, nicht möglich zu sein. Das Problem sind nicht so sehr die Schwierigkeiten der Welschen mit dem Schweizerdeutsch. Das Problem ist eher, dass die Deutschschweizer ein Riesenproblem mit dem Hochdeutsch haben, sich weigern, die erste Landessprache auch zu sprechen. Ein weltweit einmaliges Phänomen. Eine richtige Trotzhaltung, die erst noch von Sprachwissenschaftlern unterstützt wird. So erklärt Professor Iwar Werlen im nebenstehenden Interview, dass der Deutschschweizer halt zwei Formen der gleichen Sprache pflege: «Das Schweizerdeutsch ist unsere gesprochene Muttersprache, das Hochdeutsch ist die Muttersprache, die wir lesen und schreiben.» Wer sich mit Deutschschweizern verständigen wolle, müsse eben Schweizerdeutsch lernen, wenigstens verstehen lernen. Es gibt also laut Professor Werlen zwei halbe Muttersprachen, eine für den mündlichen und eine für den schriftlichen Gebrauch. Hochdeutsch SPRECHEN kommt bei ihm nicht vor. Natürlich kann man es «u-geil» finden, dass die Zürcher Jugend (bis sechzig) Zürialbanisch spricht, eine Art Züritütsch mit albanischer Betonung, das zwar kein neuer Dialekt ist, dafür ein Ethnolekt! Ja, so nennt man das, «s’bescht wo häts gits», linguistisch! Und natürlich kann man die Entwicklung mit Interesse verfolgen, dass Deutschschweizer heute SMS irgendwie schreiben, nur nicht deutsch, und in einer Konversation automatisch zum Englischen wechseln, nicht etwa, weil der andere (der Westschweizer zum Beispiel) das besser verstehen würde, sondern weil sie sich auf Hochdeutsch blamieren würden. Nur hat die zunehmende Weigerung der Deutschschweizer, ihre Kultursprache mündlich zu praktizieren, auch gravierende Folgen. Nicht für die Westschweizer, nein, für die Deutschschweizer selbst: Sie beherrschen ihre eigene Sprache nicht mehr. Und verlieren damit auch die Fähigkeit, sie korrekt zu schreiben. Längerfristig führt das unweigerlich zum Vorrücken des Englischen als wichtigste Verkehrssprache. Und damit werden gleich zwei Landessprachen abgewertet: Deutsch und Französisch. Frage an die Politiker: Wollen wir das? Diese Entwicklung hat übrigens die SRG, die sich bis vor kurzem noch «Idée Suisse» nannte, massiv gefördert. In wichtigen Informationssendungen wird immer noch (konzessionswidrig) Mundart geredet und damit die sprachliche Regression der Einheimischen gefördert. Doch, o Wunder, Rettung naht. Einmal mehr aus dem Ausland: Ausgerechnet die zahlreich immigrierenden Deutschen, von denen wir uns mit unserer Dialekttümelei abzugrenzen versuchten, führen bei uns den mündlichen Gebrauch unserer «Muttersprache» Hochdeutsch wieder ein. Kleiner Tipp an die Westschweizer: In Zürich gibt’s schon Cafés, wo alle miteinander Hochdeutsch sprechen. Und die «Arena» wird bald Untertitel haben, nicht englische oder russische, nein: deutsche! *Der in Biel aufgewachsene, zweisprachige Journalist Peter Rothenbühler, 61, lebt heute in Lausanne. Er war von 1984 bis 2000 Chefredaktor von «SonntagsBlick» und «Schweizer Illustrierte» und bis 2008 Chefredaktor von «Le Matin». Heute ist er stellvertretender publizistischer Direktor von Edipresse und schreibt Kolumnen. 20 POLITIK Die UBS stürzte sich und die Schweiz in die Krise In einem Staatsvertrag mit den USA hat die Schweiz das Bankgeheimnis für 4500 amerikanische UBS-Kunden rückwirkend aufgehoben. Damit konnte sie die Bank aus dem Schussfeld der US-Justiz nehmen. Innenpolitisch hat die Affäre zu heftigen Auseinandersetzungen geführt. Insbesondere der Bundesrat musste sich harte Kritik gefallen lassen. Von René Lenzin Gleich zweimal hat die Schweiz ihre grösste Bank, die UBS, innerhalb von weniger als zwei Jahren vor dem drohenden Untergang gerettet. Per Notrecht hat der Bund die Bank im Oktober 2008 mit sechs Milliarden Franken unterstützt, nachdem sie in den Strudel der Hypothekenkrise in den USA geraten war. Gleichzeitig übernahm die Schweizerische Nationalbank von der UBS Mit Vuvuzelas demonstrierten linke Politiker vor dem Bundeshaus gegen das Ja des Parlamentes zum Amtshilfefaule US-Wertpapiere im Umfang von gesuch USA – UBS. 40 Milliarden Dollar. Diese Aktionen seien nötig, weil der Konkurs der UBS die verzichteten auf eine Zivilklage und auf die ganze Volkswirtschaft in den Abgrund geris- Herausgabe der 52 000 Kundendaten. sen hätte, argumentierte die Landesregie- Gleichzeitig übermittelten sie der Schweiz rung. Die UBS sei so genannt systemrelevant ein neues Amtshilfegesuch, das 4450 UBSund «too big to fail» – zu gross, um scheitern Kundendaten betraf. Die Schweiz verpflichzu können. Faktisch heisst das, dass die bei- tete sich, innerhalb eines Jahres Fälle von den Grossbanken UBS und Credit Suisse Steuerbetrug und schwerer SteuerhinterStaatsgarantie geniessen. ziehung herauszufiltern und den amerikaIn der gleichen Logik hat der Bund auch nischen Behörden zu übergeben. Diese Abeingegriffen, als der UBS in den USA juris- machung sei nötig, um die wirtschaftlich tisches Ungemach drohte. Einige Kunden- immer noch angeschlagene UBS vor einem berater der Bank hatten Amerikanern gehol- kaum verkraftbaren Prozess in den USA zu fen, Steuern zu hinterziehen, weshalb die retten, sagte der Bundesrat. Steuerbehörde Ermittlungen wegen Steuerbetrug aufnahm. Die USA drohten der UBS Gericht stoppt den Bundesrat Ende 2008 mit einer Anklage und verlang- Für die betroffenen Kunden bedeutet das ten die Herausgabe von 52 000 Kundendaten. Abkommen, dass die Schweiz das BankgeIm August 2009 einigten sich die Schweiz heimnis in ihrem Fall rückwirkend aufhebt. und die USA auf einen Vergleich. Die USA Doch der Bundesrat hatte die Rechnung ohne das Bundesverwaltungsgericht gemacht. Dieses erklärte die Herausgabe der Kontendaten an die US-Behörden für rechtswidrig und stoppte die Auslieferung. Für Amtshilfeleistungen bei Steuerhinterziehung fehle die Rechtsgrundlage, die das Parlament zuerst schaffen müsse. In der Tat hatte die Schweiz zwar auf internationalen Druck hin beschlossen, ausländischen Behörden neu auch bei begründetem Verdacht auf Steuerhinterziehung Amtshilfe zu leisten (siehe «Schweizer Revue» 2/2010). Aber die entsprechenden Abkommen sind noch nicht in Kraft. In der Folge beschloss der Bundesrat, den UBS-Vergleich mit den USA dem Parlament als Staatsvertrag zur Genehmigung zu unterbreiten. Im dringlichen Verfahren haben National- und Ständerat diesen Vertrag in der Sommersession verabschiedet. Damit dürfte die termingerechte Abwicklung des Amtshilfeverfahrens gesichert sein, was die UBS zumindest vorläufig vor weiteren juristischen Schwierigkeiten in den USA bewahren sollte. Allerdings hat die Genehmigung des Vertrags innenpolitisch zu einem ziemlich wüsten und unübersichtlichen Hickhack unter den Parteien geführt. Zunächst hatten sich drei Lager herausgebildet: Die Freisinnig-Liberalen (FDP) und S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: Keystone DER BUNDESRAT MUSS SICH HARSCHE KRITIK ANHÖREN Mit ihrem Geschäftsgebahren in den USA hat die UBS sich selbst an den Abgrund manövriert und der Schweiz grosse politische Probleme verursacht. Bei der Bewältigung dieser Krise hat sich der Bundesrat alles andere als optimal verhalten. Zu diesem Schluss kommen zumindest die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des National- und des Ständerats. Am Ursprung des Problems stehe natürlich die Bank selber, halten die Kommissionen in einem 370-seitigen Bericht fest. Aber sehr vieles sei anschliessend auch bei den Behörden schief gelaufen. Schockiert zeigte sich die GPK darüber, «dass der Bundesrat offenbar nicht in einem Klima des Vertrauens und der Vertraulichkeit arbeiten kann». So habe der damalige Bundespräsident Pascal Couchepin im September 2008 aus Angst vor Indiskretionen an- geordnet, die bundesrätlichen Diskussionen zum Fall UBS seien nicht zu protokollieren. Dieses Symptom für das gegenseitige Misstrauen in der Landesregierung war immer noch in Kraft, als sie sich Anfang 2009 mit der Steueraffäre der UBS in den USA befassen musste. Aber nicht nur das Gremium habe versagt, sondern auch dessen einzelne Mitglieder. Am schlechtesten kommt Finanz- minister Hans-Rudolf Merz weg. Die Aufsichtsbehörden und sein Departement hätten ihn gut über die Probleme der UBS informiert, doch er habe diese Informationen nicht in hinreichendem Mass an den Gesamtbundesrat weitergegeben – insbesondere aus Furcht vor Indiskretionen, heisst es im Bericht. Eine Mitschuld am Informationsmangel tragen laut GPK aber auch Aussenministerin Micheline Calmy-Rey und Justiz- 21 die Christlichdemokraten (CVP) erachteten das Abkommen zwar als unschön, aber notwendig, um Unbill von der UBS und der Schweizer Wirtschaft abzuhalten. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) lehnte das Abkommen grundsätzlich ab, weil sie das Bankgeheimnis nicht preisgeben wollte. Sozialdemokraten (SP) und Grüne machten ihre Zustimmung von Sondersteuern auf Boni und einer strengeren Regulierung der Banken abhängig. Da FDP und CVP allein keine Mehrheit im Parlament haben, schien ein Ja nur mit Zugeständnissen an die Linke möglich. Doch im letzten Moment rückte die SVP von ihrem Nein ab. Um eine Bonisteuer zu verhindern, wie sie selbst sagte – auf Druck der Wirtschaft, wie ihre Kritiker meinten. Verkehrte Welt im Parlament S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 So ergab sich eine ziemlich paradoxe Situation: Die SVP als vehemente Verteidigerin des Bankgeheimnisses half mit, dieses aufzuweichen; und die SP, die es seit Jahren kritisiert, hat es als einzige verteidigt. Allein schon dies zeigt, wie stark die Debatte von parteipolitischem Kalkül geprägt war. Zum Schluss setzten sich schliesslich diejenigen Kräfte durch, die den Vertrag ohne Bedingungen verabschieden wollten. Allerdings sind damit die Diskussionen um hohe Boni und eine strengere Bankenregulierung noch nicht vom Tisch. Im Prinzip sind sich alle Parteien einig, dass die «too big to fail»-Problematik zu lösen ist. Es soll nie mehr zur staatlichen Rettung einer Grossbank kommen müssen. Am ehesten dürfte dies über höhere Eigenkapitalquoten der Banken zu erreichen sein. Über die konkrete Ausgestaltung entsprechender Massnahmen herrscht jedoch (noch) keine Einigkeit. ministerin Eveline WidmerSchlumpf. Neben dem Klima des Misstrauens leide der Bundesrat auch noch an Gärtchenwirtschaft, was zu Lasten der Gesamtsicht gehe, schreiben die Geschäftsprüfer weiter. Lob und Tadel setzt es im Bericht für die Finanzmarktaufsicht (Finma) ab. Sie habe das milliardenschwere Rettungspaket für die UBS vom Oktober 2008 zusammen mit der Nationalbank gut Die Arbeitslosenversicherung ins finanzielle Gleichgewicht bringen. Die Krise liess das Defizit der Arbeitslosenversicherung weiter steigen. Bundesrat und Parlament wollen sie mit Mehreinnahmen und Leistungskürzungen sanieren. Gewerkschaften und Linke haben das Referendum ergriffen. Von René Lenzin Die aktuelle Finanzierung der schweizerischen Arbeitslosenversicherung (ALV) ist auf durchschnittlich 100 000 erwerbslose Personen ausgerichtet. Zurzeit beträgt ihre Zahl jedoch gut 150 000, und der anvisierte Durchschnittswert war nicht einmal in der Hochkonjunktur unterschritten worden. Daher hat die ALV Schulden von neun Milliarden Franken angehäuft. Diese sind nicht nur auf die aktuelle Krise zurückzuführen, sondern auf ein strukturelles Defizit, das heisst auf ein permanentes Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben. Mit einem Mix aus höheren Prämien und Leistungskorrekturen sollen die Schulden abgebaut und die Versicherung wieder ins finanzielle Gleichgewicht gebracht werden. Vorgesehen sind folgende Massnahmen: Mehreinnahmen (646 Millionen Franken pro Jahr): Die Abzüge auf den versicherten Einkommen (bis 126 000 Franken) werden von 2 auf 2,2 Prozent erhöht. Auf dem Lohnanteil von 126 000 bis 315 000 Franken wird neu ein Prozent erhoben. Einsparungen (622 Millionen Franken pro Jahr): Arbeitslose ohne Kinder sind künftig verpflichtet, auch eine Arbeit anzunehmen, die ihren Qualifikationen nicht entspricht. Unter 25-Jährige ohne Unterhaltspflichten haben nur noch Anrecht auf 200 statt wie vorbereitet und durchgeführt. Auch die Tragweite des US-Steuerkonflikts habe die Finma früh erkannt. Bei dessen Untersuchung habe sie sich aber massgeblich auf einen von der UBS selbst in Auftrag gegebenen Bericht gestützt, was ihre Unabhängigkeit in Frage stelle. UBS soll ihr Verhalten aufarbeiten Am Schluss des Berichts finden sich 19 Empfehlungen, 5 Motio- bisher auf 400 Taggelder. Arbeitslose, die höchstens zwölf Monate lang Beiträge geleistet haben, erhalten nur noch 260 anstelle von bisher 400 Taggeldern. Schul- oder Studienabgänger müssen 120 Tage warten, bis sie ALV-Leistungen beziehen können. Staatliche Beschäftigungsprogramme werden nicht mehr als Beitragszeit angerechnet. Der Nationalrat hat die Vorlage mit 91 zu 64 Stimmen verabschiedet, der Ständerat mit 32 zu 12. Der Bundesrat und die bürgerlichen Parteien erachten die Revision als ausgewogenen Kompromiss. Die Schweizerische Volkspartei und die Freisinnigen wollten zwar beim Leistungsabbau noch weiter gehen, haben der Revision aber schliesslich mit Blick auf eine mögliche Volksabstimmung zugestimmt. Zur Abstimmung wird es kommen, weil Gewerkschaften, Sozialdemokraten und Grüne das Referendum ergriffen haben. Sie sprechen von einem Sozialabbau, der jene Personen bestrafe, die sowieso schon am meisten unter Krise litten. Lehnt das Volk die Revision ab, muss der Bundesrat die Lohnabzüge per Anfang 2011 erhöhen, weil die ALV die gesetzlich zulässige Verschuldungsquote überschritten hat. Ohne Sparmassnahmen würde diese Prämienerhöhung allerdings höher ausfallen, als es mit der Revision geplant ist. nen und 2 Postulate. Im Zentrum stehen dabei die Führungsdefizite des Bundesrats. Die GPK will die Landesregierung verpflichten, auch bei geheimen Geschäften in jedem Fall Protokolle anzufertigen. Weiter soll sie ein System zur strategischen politischen Steuerung sowie ein Überwachungsund Frühwarnsystem einrichten, um die Handlungsfähigkeit in Krisensituationen zu verbessern. Obwohl die parlamentarische Aufsicht nicht die Kompetenz hat, das Verhalten der UBS zu untersuchen, gab sie auch der Bank Empfehlungen ab. Insbesondere forderte die GPK die UBS auf, ihr eigenes Verhalten im Verlaufe der Krise aufzuarbeiten. RL 22 A U S L A N D S C H W E I Z E R - O R G A N I S AT I O N S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 www.swisscommunity.org: chatten, suchen, finden Welches ist die Rolle der ASO im Zeitalter der elektronischen Kommunikationsplattformen? Diese Frage beantworten wir mit einem globalen Netzwerk für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer oder anders ausgedrückt: mit einer weltweiten virtuellen Community für alle Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben. SwissCommunity wurde durch die Auslandschweizer-Organisation (ASO) gegründet und ist eine Internet-Plattform für unsere Mitbürger im Ausland. Es ist ein wenig wie Facebook, Xing oder Linked-In, aber eben doch nicht das Gleiche. Der neue Auslandschweizerclub wird eine exklusive Kommunikationsplattform sein, spezifisch auf die Bedürfnisse unserer Landsleute im Ausland zugeschnitten. SwissCommunity soll in erster Linie den Kontakt der Auslandschweizer untereinander und zur Schweiz erleichtern. Zugleich soll mit www.swisscommunity.org auch die Kommunikation zwischen der ASO und den Auslandschweizer-Gemeinschaften gefördert werden. Zentrales Instrument wird dabei eine Online-Plattform sein, die es Schweizerinnen und Schweizern im Ausland sowie interessierten Stellen und Institutionen im Inland gestattet, gezielt miteinander in Kontakt zu treten. Beispielsweise wollen wir den Kontakt zwischen den Schweizerinnen und Schweizern im Ausland und ihrem Herkunfts- oder Heimatkanton und umgekehrt erleichtern. Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, welche ihre alte Heimat besuchen, erhalten per www.swisscommunity.org touristische Informationen, Tipps und Angebote. Schweizervereine und schweizerische Institutionen im Ausland können die neue Plattform und die SwissCommunity für Veranstaltungshinweise und damit auch für die Mitgliederwerbung nutzen, und wer als Ausland-Berner im Ausland mit einem anderen Ausland-Berner Erfahrungen austauschen will, kann dies ebenfalls auf www.swisscommunity.org tun. Wir hoffen auch, dass durch das neue Netzwerk die Dienstleistungen der ASO und die Angebote ihrer Partner einem breiteren Publikum bekannt und zugänglich gemacht werden können. Ganz generell möchten wir mit www.swisscommunity.org die Kommunikation über alle Landesgrenzen hinaus verstärken und intensivieren. Über www.swisscommunity.org kann man zum Beispiel gute Adressen und Ratschläge austauschen, neue Bekanntschaften schliessen oder von Spezialangeboten profitieren. Wer mit anderen die Freizeit teilen will oder soziale Kontakte sucht, kann dies über SwissCommunity besorgen – von Auslandschweizer zu Auslandschweizer. Ein Veranstaltungskalender wird über Ereignisse informieren, die vor allem für Auslandschweizer von Interesse sind, vom kulturellen Programm der Schweizer Botschaft in London bis zum Fondue-Abend in New York oder dem Networking-Cocktail in Shanghai. Mitglieder können auch eigene Veranstaltungen eintragen und ihre Kontakte dazu einladen. Die Online-Community der ASO ist vollumfänglich auf die Bedürfnisse der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland ausgerichtet – egal, ob sie erst seit kurzem aus der Heimat weggezogen sind oder schon lange im Ausland leben. www.swisscommunity.org ist ein umfassender Link zur Schweiz und zu allen Schweizer Bürgern auf allen Kontinenten – einfach per Mausklick und ohne Kosten. Die neue Plattform ist jedoch auch für alle Rückkehrer wichtig, die weiterhin mit ihren Freunden in aller Welt den Kontakt aufrecht erhalten möchten. Die Auslandschweizer-Organisation hat die neue Internet-Plattform zusammen mit ihren Partnern swissinfo, Schweiz Tourismus, Mediaparx und ManRey aufgebaut. EC 23 «Der Standort Schweiz braucht swissinfo» «swissinfo muss auf alle Fälle erhalten bleiben», fordert der Tessiner Journalist und Ständerat Filippo Lombardi. Er erinnert den Bundesrat zudem an seine gesetzlichen Pflichten und an die Bedeutung der Auslandsinformation für den Standort Schweiz. Interview Heinz Eckert «schweizer revue»: swissinfo ist einmal mehr in Gefahr. Kann es sich die globalisierte Schweiz überhaupt leisten, auf eine mediale Auslandspräsenz zu verzichten? filippo lombardi: Für mich ist die Antwort klipp und klar: NEIN! Es wäre wirklich ein Eigengoal, genau in dieser Zeit, mit dem zunehmenden internationalen politischen und medialen Druck auf die Schweiz, diesen privilegierten Kanal fallen zu lassen. S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Worin sehen Sie die besonderen Leistungen von swissinfo? Als Journalist schätze ich einerseits die Auswahl, Einordnung und synthetische Darstellung der Themen, die für ein internationales Publikum selbstverständlich anders sein müssen als für Inländer. Andererseits ist für mich die redaktionelle Unabhängigkeit des Portals ein Vorbild im internationalen Vergleich: Wir können stolz sein, eine angesehene «Stimme der Schweiz» zu haben, die kein staatliches Sprachrohr ist. Letztlich sind auch die neun Sprachen von swissinfo eine weltweite Rarität, die es unbedingt zu erhalten gilt. Mir fehlt nur noch Russisch im Angebot. Wie wichtig ist swissinfo für das Image der Schweiz im Ausland? Unverzichtbar. Ich stelle immer mehr fest, in meinen Beziehungen zu Freundes- und Familienkreisen im Ausland, dass sie wirklich auf swissinfo angewiesen sind, um ihre Beziehung mit der Schweiz lebendig zu halten. Swissinfo erklärt dem Ausland – auch den ausländischen Journalisten – die Schweiz und ihr politisches System. Das war wichtig bei der Minarett-Abstimmung und auch im Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis und dem Finanzplatz. Würde es nicht genügen, wenn swissinfo nur in unseren Landessprachen und in Englisch informieren würde? Sicher nicht! Wie gesagt, befürworte ich im Gegenteil die Ausweitung auf Russisch. Dass man auch nur auf die Idee einer Kürzung kommt – in einem Land wie der Schweiz, das genau weiss, dass man alles Mögliche übersetzen muss, um gut verstanden zu werden und den Zusammenhalt zu fördern – finde ich einfach unverständlich. Sollten nicht Organisationen wie Pro Helvetia, economiesuisse, Osec oder Präsenz Schweiz alles Interesse haben, dass swissinfo erhalten bleibt und sich entsprechend einsetzen? Ja, sie alle brauchen swissinfo. Die Zusammenarbeit muss allerdings noch intensiviert und verbessert werden, im Interesse des Standortes Schweiz. Die SRG hat finanzielle Probleme und muss sparen. Wo sehen Sie Sparpotenzial? Sicher nicht bei swissinfo. Wenn die SRG ein Prozent ihrer Gebühreneinnahmen für die Auslandsinformation einsetzt, entspricht das genau dem «Service Public». Oder ist «Service Public» nur eine Legitimation für das Gebühreninkasso? Zudem ist der Bund gemäss Radio- und Fernsehgesetz aus dem Jahr 2007, basierend auf einer Motion Lombardi, verpflichtet, die andere Hälfte von swissinfo zu finanzieren. Es ist doch merkwürdig, wenn der Bundesrat in seiner Sparwut bereits drei Jahre später wieder mit einer Aufhebung seiner gesetzlichen Pflicht droht. ASO Ratgeber frage: Ich lebe im Ausland, kann ich mir meine Pensionskassengelder der 2. Säule als Kapital auszahlen lassen? antwort: Das kommt darauf an, ob Sie nun in einem EU-/EFTA-Staat leben oder nicht: Bei einem Wohnsitz in einem EU-/ EFTA-Staat ist die Kapitalauszahlung der 2. Säule grundsätzlich nicht mehr möglich, wenn man in seinem neuen Wohnsitzland der obligatorischen Versicherung gegen die Risiken Alter, Invalidität und Tod untersteht. Selbständigerwerbende können sich also die 2. Säule auszahlen lassen, sofern ihr Wohnsitzland keine obligatorische Versicherung gegen die oben erwähnten Risiken für Selbständige vorsieht. Wer hingegen ausserhalb eines EU- oder EFTA-Staates Wohnsitz nimmt, kann die Kapitalauszahlung seiner Pensionskassengelder der 2. Säule verlangen. Es ist empfehlenswert, sich diesbezüglich frühzeitig bei seiner Pensionskasse zu erkundigen. Diese kann eine Barauszahlung nämlich verweigern, wenn die betreffende Person bereits ein Alter erreicht hat, für das ihre Pensionskasse die Möglichkeit einer vorzeitigen Pensionierung vorsieht. Die Gelder der 2. Säule können auch weiterhin für die Finanzierung, den Bau oder die Renovation von selbst genutztem Wohneigentum oder für die Amortisation einer Hypothek verwendet werden. Dies gilt auch dann, wenn sich die Liegenschaft in einem der EU- oder EFTA-Land befindet. Die Auszahlung des überobligatorischen Teils der 2. Säule bleibt weiterhin möglich. Bei einer Kapitalauszahlung der Pensionskassengelder wird empfohlen, eine Versicherung für die Risiken Invalidität und Tod abzuschliessen. Sarah Mastantuoni, Leiterin des Rechtsdienstes der ASO Jugendangebote und Projekte der AuslandschweizerOrganisation Die ASO bietet jungen Auslandschweizern ein vielfältiges Angebot, um die Schweiz kennenzulernen und Jugendliche aus der ganzen Welt zu treffen. Ein einmaliges Projekt findet diesen Herbst gesamtschweizerisch statt. Tausende von Jugendgruppen machen mit, wenn am 9. September der Startschuss zur «Aktion 72 Stunden» fällt. Auch die Auslandschweizer werden teilnehmen und das ihnen zugeteilte gemeinnützige Projekt hoffentlich erfolgreich im Wettlauf gegen die Zeit umsetzen können. Informationen zur «Aktion 72 Stunden – und die Schweiz steht Kopf» gibts auf www.72h.ch. Seminar zur Eidgenössischen Jugendsession, 09. – 15.11.2009 Die Jugendlichen in der Schweiz nehmen Einfluss auf die Politik des Landes. Im November ist es wieder so weit. Das Jugendparlament tagt im Bundeshaus. 200 Jugendliche erhalten die Chance, sich zu aktuellen politischen Themen zu äussern. Die ASO bietet Auslandschweizern die Möglichkeit, an diesem Anlass teilzunehmen. Wir bereiten die Jungparlamentarier auf die Session vor und begleiten sie eine Woche lang. 24 A U S L A N D S C H W E I Z E R - O R G A N I S AT I O N Heute schon können sich Auslandschweizer für die Winterlager 2011 anmelden. Neujahrsskilager in Sedrun (GR) 27.12.2010 – 05.01.2011 60 Jugendliche aus über 20 Ländern treffen sich in den Bündner Bergen. Das Skigebiet von Sedrun ist schneesicher und attraktiv. Die Unterkunft ist gemütlich und liegt direkt im Dorf. Eine rauschende Silvesterparty gehört selbstverständlich dazu. TALON FÜR AUSLOSUNG JUSKILA LENK (2.–9.1.2011): Bitte in gut lesbarer Druckschrift ausfüllen. Vorname: Name: Strasse: PLZ, Ort: Land: Geburtsdatum: Name der / des Erziehungsberechtigten: ❑ Mädchen / ❑ Knabe Telefon: Heimatgemeinde in der Schweiz (siehe Pass / ID): E-Mail Eltern: Sportart: ❑ Ski alpin / ❑ Langlauf / ❑ Snowboard (Nur ein Feld ankreuzen! Nach der Verlosung kann die Sportart nicht mehr gewechselt werden.) Sprache Kind: ❑ Deutsch / ❑ Französisch / ❑ Italienisch Schneesportwoche in Wengen (BE) 26.02. – 05.03.2011 Ein ganz besonderes Lager findet im Berner Oberland statt. Die Teilnehmer der Schneesportwoche sind älter als 18 Jahre. Viele Stammgäste treffen sich regelmässig in der Schweiz und geniessen die internationale Stimmung im Lagerhaus und im Skigebiet. Neue Gesichter sind herzlich willkommen. Osterlager in Fiesch (VS) 16.04. – 24.04.20011 In Sportzentrum in Fiesch nutzen die Auslandschweizer eine fabelhafte Infrastruktur mit Turnhallen, Sportplätzen und Hallenbad. Natürlich sind die Bedingungen für Schneesport auch im April auf der Fiescheralp noch ideal. Skifahren in der Frühlingssonne gilt als aussergewöhnlicher Spass. Auskünfte und Informationen zu den genannten Angeboten unter Auslandschweizer-Organisation Jugenddienst, Tel.: +41 (0)31 356 61 00 [email protected], www.aso.ch Winterlager für Kinder von 8 bis 14 Jahren S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Ob Skifahrer oder Snowboarder, Anfänger oder Fortgeschrittener, in unseren Winterlagern können 8 bis 14jährige Auslandschweizer-Kinder eine tolle Zeit verbringen! Winterlager Tschierv (GR) Datum: Montag, 27. Dezember 2010 bis Mittwoch, 5. Januar 2011 Anzahl Teilnehmende: 36 Kosten: CHF 900.– Lagerbeitrag Ski- od. Snowboardmiete: ca. CHF 150.– Anmeldeschluss: 30. Oktober 2010 Unterschrift der / des Erziehungsberechtigten: Unterschrift des Kindes: Einsendung des Talons zusammen mit einer Kopie des Schweizer Passes eines Elternteils oder des Kindes bis 15. Oktober 2010 (Datum des Eingangs) an: Stiftung für junge Auslandschweizer, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +41 31 356 61 16, Fax +41 31 356 61 01, E-mail: [email protected] Winterlager Arolla (VS) Datum: Montag, 27. Dezember 2010 bis Mittwoch, 5. Januar 2011 Anzahl Teilnehmende: 36 Kosten: CHF 900.– Lagerbeitrag Ski- od. Snowboardmiete: ca. CHF 150.– Anmeldeschluss: 30. Oktober 2010 Anmeldung Die genauen Angaben zu den Winterlagern und das Anmeldeformular finden Sie ab 15. September 2010 unter www.sjas.ch («unsere nächsten Lager»). In berechtigten Fällen werden Beitragsreduktionen gewährt. Das entsprechende Formular kann auf dem Anmeldeformular bestellt werden. Auf Anfrage stellen wir Ihnen unsere Informationsbroschüre gerne auch per Post zu. JUSKILA Lenk Auslosung für eine Teilnahme am Jugendskilager (JUSKILA) in der Lenk für 13- und 14-jährige Auslandschweizer-Kinder. 600 Schweizer Kinder, darunter eine Anzahl Auslandschweizer-Kinder mit Jahrgang 1996 und 1997, können kostenlos am grossen Skilager des Schweizerischen Skiverbandes in der Lenk teilnehmen. Dieses findet vom 2.–9. Januar 2011 statt. Um am Juskila teilnehmen zu können, sollten die Auslandschweizer-Kinder sich wenigstens in einer der drei schweizerischen Landessprachen (Deutsch, Französisch oder Italienisch) verständigen können. Gewonnen werden kann lediglich die Teilnahme am Lager (Schneesportunterricht, Essen, Unterkunft). Die Organisation sowie die Finanzierung der Hin- und Rückreise liegt in der Verantwortung der Eltern. Informiert wird Ende Oktober, wer dabei sein kann. Auskünfte und Informationen: Stiftung für junge Auslandschweizer (SJAS), Tel. +41(0)31 356 61 16, [email protected], www.sjas.ch AUSLANDSCHWEIZER-ORGANISATION Unsere Dienstleistungen: ■ Rechtsdienst ■ Jugenddienst ■ AJAS Der Verein zur Förderung der Ausbildung junger Auslandschweizer ■ KSA Das Komitee für Schweizer Schulen im Ausland ■ SJAS Die Stiftung für junge Auslandschweizer ASO, Auslandschweizer-Organisation, Alpenstrasse 26, CH–3006 Bern, Telefon +41 31 356 61 00, Fax +41 31 356 61 01, www.aso.ch A U S L A N D S C H W E I Z E R - O R G A N I S AT I O N «Die Internet-Plattform SwissCommunity vernetzt Schweizer weltweit» Ursula Deplazes Forscherin Bündnerin in Rom «Ein Netzwerk unter Auslandschweizern aufzubauen spielt eine wichtige Rolle – sowohl privat wie auch beruflich.» Daniel Keller Manager Zürcher in Hanoi «Als internationaler Berater sind die lokalen Erfahrungen von Schweizern sehr wertvoll.» Urs Steiner Direktor Schweizer Schule Berner in Peru «Andere Auslandschweizer kennenlernen, gute Adressen austauschen, mich über die Schweiz informieren – das kann ich alles auf SwissCommunity!» Vernetzen Sie sich mit anderen Auslandschweizern Bleiben Sie informiert über relevante News und Events Finden Sie eine Wohnung — oder das beste Fondue in der Stadt Entdecken Sie die Schweiz Jetzt gratis anmelden! www.swisscommunity.org SwissCommunity Partner 26 DICHTER AUF SCHWEIZERREISE Auf den Spuren Byrons in der Schweiz Von Mai bis Oktober 1816 hielt sich der englische Dichter Lord Byron (1788–1824) in der Schweiz auf. Segelfahrten auf dem Genfersee und Ausflüge in die Alpen inspirierten ihn zu zwei seiner Hauptwerke. Unterwegs auf den Spuren eines der ersten Romantiker. Von Alain Wey Wer ist Lord Byron? Der Rockstar unter den englischen Literaten des beginnenden 19. Jahrhunderts. Er wurde durch die Veröffentlichung der ersten beiden Canti von Childe Harolds Pilgerfahrt (Childe Harold's Pilgrimage, 1812) über Nacht berühmt. Diese Gesänge erzählen von den Abenteuern und Eindrücken seiner Reise nach Portugal, Spanien, Griechenland und in die Türkei. Byron ist denn auch derjenige Autor, der im berühmten Film von Robin Williams Der Club der toten Dichter (Dead Poets Society, 1989) am häufigsten zitiert wird. 1816 sah sich der wohlhabende Verführer mit Sitz im House of Lords gezwungen, nach dem Skandal um seine inzestuöse Beziehung zu seiner Halbschwester und einer ebenfalls skandalumwobenen Scheidung ins Exil zu gehen. Er war zu diesem Zeitpunkt 28 Jahre alt. Der Vorreiter der Romantikwelle in der Literatur hielt sich von Mai bis Oktober in der Schweiz auf und schrieb den 3. Gesang von Childe Harolds Pilgerfahrt sowie Der Gefangene von Chillon (The Prisoner of Chillon). Drehen wir die Zeit zurück, und zeichnen wir die Spur dieses Poeten nach, der nie ohne seinen Stockdegen ausging. er Genf und bezieht im Hôtel d'Angleterre im Stadtteil Sécheron Quartier. Bei der Anmeldung gibt er sein Alter mit sagenhaften hundert Jahren an. Er trifft den Dichter Percy Shelley (1792-1822), der von seiner Frau Mary sowie von Claire Clairmont, der späteren Geliebten Byrons, begleitet wird. Von nun an nehmen die beiden Schriftsteller ihre Mahlzeiten gemeinsam ein und verbringen die Abende mit Bootsfahrten auf dem Genfersee, denn beide lieben das Wasser. Am 10. Juni bezieht Byron die Villa Diodati in Cologny auf der Südseite des Sees, wo auch Shelley ein Haus mietet. Die Gegend ist eine Oase der Ruhe und des Friedens. Manchmal setzt sich Byron morgens auf den grossen Balkon der Villa und arbei- S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: Keystone Die Villa Diodati Byron reist über Flandern und Deutschland in die Schweiz, denn die französische Regierung verweigerte ihm die Durchreise. Er wird von seinem Kammerdiener Fletcher, zwei Dienstboten, dem Kurier Berger und dem Arzt Polidori begleitet. Am 17. Mai 1816 durchquert der Dichter Luzern, am 23. Mai betritt er bernischen Boden. Über Avenches und Lausanne erreicht Der englische Dichter Lord George Byron (1788-1824) tet an Childe Harolds Pilgerfahrt oder am Gedicht Darkness (Dunkelheit). Er wird der Träumereien am See und der Spaziergänge über die Hügel niemals müde. Es kommt auch vor, dass Byron mit seinem Boot mit englischem Kiel mitten in der Nacht und während eines Sturms auf den Genfersee hinausfährt, ungeachtet der Gefahr, die ihm dort droht. Als er an einem Morgen mit sehr heftigem Wind ganz alleine auf dem See segelt, wird zu seiner «Rettung» Alarm geschlagen. Am Ufer angekommen, bedankt sich Byron mit einer schrecklichen Szene bei seinen armen Rettern, und wirft ihnen vor, sie hätten mit ihrer Aktion seine Meditationen gestört! Die Geburt Frankensteins Sintflutartiger Regen, düstere Nächte und die Lektüre deutscher Volksmärchen: Das Wetter steigert die Vorstellungskraft und den Hang zum Fantastischen. Byron schlägt Shelley, dessen Frau und Polidori vor, eine Schauergeschichte zu schreiben. Er skizziert eine Vampirgeschichte ... aber ohne rechte Überzeugung. Im Kopfe der Frau jedoch reift die Idee heran. Nach einem fürchterlichen Alptraum hat Mary Shelley das Thema ihrer Gruselgeschichte gefunden. Gleich am nächsten Tag beginnt sie mit der Niederschrift von Frankenstein, erst in Form einer kurzen Novelle, schliesslich wird aber ein ganzer Roman daraus. Am 22. Juni machen Byron und Shelley eine Bootsfahrt dem Savoyer Ufer entlang. Evian, Tourronde, Lugrin und Meillerie ziehen vorbei. Dann, am 24. Juni, erleben sie in SaintGingolph einen Sturm, der fast zu ihrem Schicksal wird. Nachdem sie an dem am Fusse einer Felswand gelegenen Dorf Villeneuve vorbeigesegelt sind, erscheint schliesslich die Silhouette von Schloss Chillon, der heiligen Stätte Jean-Jacques Rousseaus, die Kulisse für Die neue Heloise (La Nouvelle Héloïse ). Die beiden Dichter dringen in die Tiefen des Schlosses vor und erreichen das unterhalb des Seespiegels liegende Verlies mit seinen sieben Säulen. Dort entdeckt Byron die Geschichte des Priors François Bonivard, der von 1530 bis 1536 im 27 Am 29. September ist er wieder zurück in der Villa Diodati. Byron will den Winter in Italien verbringen und muss unverzüglich reisen, bevor die Pässe zugeschneit werden. Er glaubt zu der Zeit nicht, dass es sich dabei um einen endgültigen Abschied handelt, denn er behält sein Segelboot und macht es im Hafen von Genf fest. Am 5. Oktober eilt er Richtung Wallis, macht in Saint-Maurice halt, durchquert das Rhonetal, bewundert den Wasserfall von Pissevache und führt seine Reise Richtung Martigny, Sitten, Siders, Leuk und Visp fort. Von Brig aus bringt ihn die Überquerung des Simplons nach Italien. Lord Byron kehrt nicht mehr in die Schweiz zurück und wird auch England niemals wiedersehen. Er engagiert sich im griechiAnne Isabella Noel Byron (1792–1860), die Gattin Lord schen Unabhängigkeitskampf gegen Byrons die türkische Herrschaft und stirbt 1824 im Alter von 36 Jahren an Malaria. In einem so kurzen Leben Reise in den Alpen horse streaming in the wind.»* Auf der sind diese fünf Monate, die er in der Schweiz Am 17. September unternimmt Byron mit Wengernalp verweilt der Dichter kontem- verbrachte, also recht bedeutsam. Und in seizwei englischen Freunden eine Reise ins Berplativ vor dem Dreigestirn Eiger, Mönch und nen Versen von Childe Harolds Pilgerfahrt ner Oberland. Über Les Avants (oberhalb Jungfrau, das hier die ganze Pracht seiner klingt die Begeisterung noch mit: «Once Montreux), den Jaman-Pass, das Simmental, 4000 Meter entfaltet. Die bis in die Wälder more upon the waters! yet once more! / And Thun und Interlaken gelangt er nach Lauterreichenden Gletscherzungen, die Lawinen, the waves bound beneath me as a steed / brunnen, einem zwischen hohen Bergspitzen die Eisfälle – all das fasziniert Byron. Er Welcome to their roar!»** liegenden Dorf, wo in schwindelerregenden steigt nach Grindelwald hinunter und weiByron et Shelley en Suisse et en Savoie, von ClaireEliane Engel, Librairie Dardel, Chambéry, 1930 Schluchten tosende Bäche ins Leere fallen. ter an den Brienzersee, von wo aus er nach * A Journal, 23. September, Letters and Journals, Die Staubbachfälle fesseln seine Aufmerk- Interlaken zurückkehrt. In Freiburg kauft Lord Byron. samkeit lange: «The torrent is in shape curder Dichter einen «scheusslichen» Hund ** Childe Harold's Pilgrimage, 3. Gesang, 2. Strophe ving over the rock, like the tail of a white ohne Schwanz namens Mutz, der alle beisst. S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: Keystone Schloss Chillon eingekerkert war, weil er sich dem Herzog von Savoyen widersetzte, der versuchte sich die Stadt Genf anzueignen. Weiter den Spuren Rousseaus folgend, gelangen die beiden Dichter nach Clarens. Schliesslich erreichen sie Ouchy (Lausanne), wo Byron am 28. Juni in ungemein kurzer Zeit das Gedicht The Prisoner of Chillon schreibt. Die literarische Ausbeute dieser Seerundreise wird überhaupt enorm sein. Zurück in Cologny verbringt Byron die Monate Juli und August in der Villa Diodati: Er schreibt, spaziert, segelt und beherbergt manchmal Gäste aus England. Häufig besucht er auch die Schriftstellerin Madame de Staël in Coppet, die ihm mit dem Ausruf schmeichelt: «Der Genfersee schuldet Ihnen Anerkennung, Mylord.» Am 29. August verlassen die Shelleys Cologny Richtung England, und Byron reist nach Chamonix und zum Mont-Blanc. «... yonder Alpine snow, Imperishably pure beyond all things below.» «Lake Leman woos me with its crystal face, The mirror where the stars and mountains view The stillness of their aspect in each trace Its clear depth yields of their far height and hue: There is too much of man here, to look through With a fit mind the might which I behold; But soon in me shall Loneliness renew Thoughts hid, but not less cherished than of old...» Childe Harold's Pilgrimage, 3. Gesang, 67.-68. Strophe «And Jura answers, through her misty shroud, Back to the joyous Alps, who call to her aloud!» 3. Gesang, 92. Strophe «T’was not for fiction chose Rousseau this spot, Peopling it with affections; but he found It was the scene which passion must allot To the mind’s purified beings;» 3. Gesang, 99., 100. und 104. Strophe «Clarens! sweet Clarens! birthplace of deep Love! Thine air is the young breath of passionate thought;» «Clarens! by heavenly feet thy paths are trod, Undying Love’s, who here ascends a throne To which the steps are mountains;» «Here are the Alpine landscapes which create A fund for contemplation; to admire Is a brief feeling of a trivial date; But something worthier do such scenes inspire, Here to be lonely is not desolate.» Epistle to Augusta, 8. Strophe, 1.-5. Vers 28 MODERNE SENNEN S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Das Sennentum des 21. Jahrhunderts Die Bergkäser und -hirten haben sich der neuen Zeit angepasst, die Sennenkultur lebt auch auf den Alpweiden und nicht nur in den Museen weiter. Begegnung mit dem Senn Michel-Joseph Braillard. Von Alain Wey Wer sind die heutigen Sennen? Alpkäser, Hirten, Viehhüter, Melker, die folkloristischen Vertreter par excellence der Schweiz*, hätten in den 70er Jahren sang- und klanglos verschwinden können, wenn nicht die alternative Jugend der Städte zu ihrer Verstärkung geeilt wäre. Die Geschichte des Alpkäses hat noch viele Jahrzehnte vor sich. Der Senn Michel-Joseph Braillard kommt auf eine tausendjährige Geschichte zu sprechen. «Die Schweizer Messe für Land- und Milchwirtschaft, die Olma in Sankt Gallen, spiegelt ein wenig die Schweiz des modernen Sennentums wider, das sich der heutigen Zeit enorm angepasst hat. Dank dem Gesetz über Bodenverbesserungen war es möglich, Zugangsstrassen zu den Alpweiden zu bauen. Die heutigen Sennen besitzen fast alle einen Wagen mit Vierradantrieb. Auf die steilsten Alpen führen Seilbahnen oder sogar Einschienenbahnen (Monorails). In der Schweiz werden die Alpen seit rund 1000 Jahren bewirtschaftet, das Know-how für die Herstellung des Caseus helveticus, des Hartkäses, für den die Schweiz so berühmt ist, steuerten die Mönche bei.» Bei Michel-Joseph Braillard sprudeln die Geschichten und Anekdoten nur so hervor. «Als im 16. Jahrhundert die Überquerungen des Atlantiks gang und gäbe wurden, erlebte der Gruyère seinen ersten Boom, weil er sehr proteinreich und gut haltbar ist. Die Spuren reichen aber noch weiter zurück: In der Nähe von Bern liegt ein Ort namens Chäs u Brot. Dieser Name geht auf das Jahr 1339 zurück. Als sich die Deutschschweizer nach Laupen begaben, um gegen den hochburgundischen Adel zu kämpfen, wurden sie an diesem Ort mit Käse und Brot verpflegt.» Im 16., 17. und 18. Jahrhundert brachte der Käse der Schweiz einen gewissen Wohlstand, es war die Zeit der so genannten Käsebarone, als auf dem Markt von Lyon jedes Jahr Tausende von Laibe verkauft wurden. Dieses goldene Zeitalter endete mit dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Erst mit dem Zurückzur-Natur der 1970er Jahre wuchs die Nach- frage nach regionalen Produkten und Alpkäsen wieder und führte beim Sennenvolk zu einer «Blutauffrischung» durch junge «Alternative» aus der Stadt, die in Kursen der landwirtschaftlichen Schulen das Käsen erlernten. Heutzutage gibt es auch eine Internetsite, www.zalp.ch, mit einer Sammlung von Ratschlägen für Sennerinnen und Sennen und einer Stellenbörse. Laut Michel-Joseph Braillard ist der Aufschwung des Sennentums aber auch mit der Zusammenlegung der Alpen und der Modernisierung der Ausrüstung und Sennhütten verbunden. Das ist beispielsweise im Simmental (BE) so. «Ich denke, dass mit der grösseren Nachfrage nach regionalen Produkten für einige Jahrzehnte auch wieder ein gewisser Wohlstand in die Berglandwirtschaft zurückgekehrt ist. L'Etivaz aus dem Pays-d'Enhaut (ebenfalls ein Gruyère) ist ein gutes Beispiel für die neue Blüte der Alp- DER ABENTEUERLUSTIGE SENN Im Alter von fünf Jahren beginnt der heute 66-jährige Senn Michel-Joseph Braillard nach und nach alle mit dem Alpleben in den Freiburger Voralpen verbundenen Arbeiten zu erlernen. Er, der aus einer seit vier Jahrhunderten in der Viehzucht tätigen Familie stammt, absolviert die landwirtschaftliche Schule, treibt Kalberhandel zwischen der Deutsch- und der Welschschweiz, wird Stallmeister in einer grossen Reitschule in Genf und später Reitlehrer in St. Moritz (GR). Er arbeitet in der Versuchsstation für Kreuzungen von Nutzvieh der ETH Zürich und am Tierspital als Techniker für Tierproduktion. Es folgen der Besuch von sennerei. Dieser Käse ist das erste Produkt überhaupt, das in das schweizerische Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen (AOC) eingetragen wurde, und die L'Etivaz-Käser arbeiten mit nur rund 60 Käsekessi.» Was das Sennenvolk betrifft, so ist dieses international geworden: Unter den Sennen sind heute so unterschiedliche Nationen wie Polen, Kosovo, Paraguay und Libyen vertreten. Das Sennentum hat heute auch eine neue Funktion als Hüter der Natur. «Es ist die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Diese Magie gilt es zu bewahren. Der Käse ist wie eine gute Flasche Wein, wie ein Clos de Vougeot oder ein Château Pétrus. Man verkostet ihn mit Respekt.» Tatsächlich wirkt sich die Lage der Weiden und das, was die Kühe oder die Ziegen fressen, direkt auf den Käse aus. Genauso wie der Rauch des Holzfeuers unter dem Kessi, das dem Käse einen ganz bestimmten Geschmack verleiht. Und «manchmal kann ein Gewittertief den Teufel in das Kessi treiben!» * Die Alpsennen tragen insbesondere in Appenzell, im Toggenburg, im Emmental und im Greyerzerland besondere traditionelle Kleidung. www.olma-messen.ch www.zalp.ch www.alporama.ch Dominikanische Republik auswandert. 1998 übernimmt er dort 400 Schafe und baut eine Molkerei-Käserei auf. 2005 kehrt der Senn in die Schweiz zurück und arbeitet im Oberwallis, in Graubünden und im Pays-d'Enhaut (VD). Heute lebt er mit einer Herde Ziegen in der Alphütte La Chetta, im Greyerzerland. Er mischt der Käsemasse würzige Alpkräuter bei. «Ich habe eine Pflückerin kennengelernt, meine Lebensgefährtin, und daraus ist ein Käse entstanden, Le Liberta. Solange ich gesund bin, will ich zur Alp gehen.» Zuchtbetrieben in Kanada und Studien in Newcastle, England: Im Verlaufe der Jahre wird der Greyerzer zu einem ausgezeichneten Viehkenner. Während zwölf Jahren betreibt er in Zollikon Mutterkuhhaltung und produziert auf diese naturnahe Weise das unter dem Namen L'armailli aventurier, Michel-Joseph Natura-Beef bekannte Fleisch. Braillard, Editions de l'Aire, 2010. Danach hat er auf einer Alp im Molésongebiet (FR) eine Viehzucht, bis er 1985 in die Im Paradies der sanften Mobilität. Entdecken Sie die Schweiz zu Fuss, mit dem Velo, mit Inlineskates oder mit dem Kanu auf den Wegen von SchweizMobil. SchweizMobil koordiniert das landesweit grösste signalisierte Wegenetz. Mit rund 24 000 km Routen für Wandern (9000 km), Velofahren (9000 km), Mountainbiken (4500 km), Skaten (1100 km) und Kanufahren (350 km) bieten sich grenzenlose Möglichkeiten, die Schweiz zu entdecken. Die vielfältigen Routen sind verknüpft mit Übernachtungsangeboten, Fahrzeugmiete (einschliesslich Elek trovelos) und günstigen Bahntarifen. SchweizMobil macht die Schweiz zu einem wahren Paradies für aktive, umweltbewusste Freizeitsportler. 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Biken Sie von den Weinbergen zu den Skigebieten, von grossen Tourismuszentren zu kleinen, beschaulichen Bergdörfern und über malerische Alpenpässe mit kühlen Bergbächen und herrlichen Wegen. Und das alles mit imposanter Aussicht aufs Rhonetal. Mittelland-Kanufahrt. Die Aare, der längste Fluss der Schweiz, führt quer durchs Mittelland. Von Biel in den Aargau über Solothurn, die schönste Schweizer Barockstadt, ist diese Reise begleitet von erstaunlicher Ruhe und Abgeschiedenheit. Tipp 1 Weitere Informationen: 541 Tipp 2 Weitere Informationen: 531 Tipp 3 Weitere Informationen: 316354 30 S C H W E I Z E R PA RT E I E N – I N T E R N AT I O N A L E S E K T I O N E N «Echte Chancen für die Auslandschweizer» Die SP Schweiz International wurde 1999 gegründet. Zweck: den vielen Auslandschweizern, die sich mit den Zielen und Wertvorstellungen der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SPS) identifizieren können, eine politische Heimat ausserhalb unserer Landesgrenzen zu bieten. Walter Suter präsidiert die internationale Sektion der SPS seit 2007. Interview Heinz Eckert «schweizer revue»: Welche Bedeutung haben die Auslandschweizer für die SP Schweiz? walter suter: Als Gemeinschaft von über 700 000 Mitbürgern im Ausland, von denen ca. 130 000 sich in die Wahlregister der Heimat eingetragen haben, sind die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer schon rein numerisch von beträchtlicher Bedeutung. Die SPS ist der Auffassung, dass die Auslandschweizer ein legitimes Anrecht darauf haben, sich an Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen und als Parlamentarier und Parlamentarierinnen in der Bundesversammlung gemeinsame Anliegen der Fünften Schweiz direkt auf politischer Ebene zu vertreten. Deshalb haben im Jahre 2007 auch die beiden SP-Nationalräte Mario Fehr und Carlo Sommaruga Motionen eingereicht, die zum Ziele hatten, gesetzliche Massnahmen einzuführen, die den Auslandschweizern bei den Wahlen konkrete Chancen eröffnen sollten, mit ihrer Kandidatur einen Sitz im Bundesparlament zu erringen. Welches sind für Sie die dringendsten Anliegen im Interesse der Auslandschweizer? Die Schaffung von gesetzlichen Voraussetzungen, damit die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland echte Chancen erhalten, in den National- und/oder Ständerat gewählt zu werden. Welche Bedeutung haben die Beschlüsse des Auslandschweizerrats für die SP Schweiz? Die SP Schweiz ist mit ehemaligen und aktiven Bundesparlamentariern wie Remo Gysin und Carlo Sommaruga im Auslandschweizerrat vertreten. Sie trägt auch dessen Beschlüsse mit. Damit verleihen die Resolutionen des ASR den Vorstössen der S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: pd Inserat Walter Suter ist seit Januar 2008 Botschafter im Ruhestand und lebt in Bern. SPS in National- und Ständerat in Fragen der Auslandschweizerpolitik erhöhtes Gewicht und Glaubwürdigkeit. Das Budget der «Schweizer Revue» wurde gekürzt, swissinfo ist in Gefahr, am Vertretungsnetz wird laufend gespart: Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Die SP Schweiz und die Internationale Sektion verfolgen die Entwicklung mit grosser Sorge und möchte jeglichen Abbau stoppen. Nächstes Jahr sind wieder eidgenössische Wahlen: Weshalb sollte ein Schweizer oder eine Schweizerin im Ausland die SP wählen? Die SP Schweiz tritt seit jeher für eine offene Schweiz ein, die sich souverän und mit gesundem Selbstbewusstsein solidarisch und kooperativ in die Staatengemeinschaft einbringt. Wir wollen auf der Grundlage sozialer Gerechtigkeit offensiv, dauernd und aktiv zu einem friedlichen Zusammenleben unter den Völkern dieses Planeten beitragen. Dies entspricht auch den langfristigen Interessen der Auslandschweizergemeinschaft. In allen Fragen der Auslandschweizerpolitik hat die SP Schweiz stets eine kohärente und konsequente Haltung eingenommen. Sie wird das auch in Zukunft tun. Beim Bundesrat und im Parlament vertritt sie ohne Wenn und Aber die berechtigten Anliegen der Auslandschweizer. Wird jemals ein Auslandschweizer oder eine Auslandschweizerin die Wahl in den Nationalrat schaffen? Unter den gegenwärtigen Bedingungen, bei denen sich Landsleute im Ausland als Kandidaten um einen Platz auf einer Liste ihrer Partei im Wahlkanton bemühen müssen, stehen die Chancen ausgesprochen schlecht. Ich bin überzeugt, dass es mit beharrlicher Ausdauer und Überzeugungsarbeit gelingen kann, die notwendigen verfassungsmässigen und gesetzlichen Änderungen für ein passives Wahlrecht der Auslandschweizer eines Tages zu verwirklichen. Dann wird sich auch die Frage nach den Wahlchancen, wie sie heute gestellt werden muss, erledigt haben. Auf dem Wege zu einem verbesserten direkten Mitspracherecht der Mitbürgerinnen und Mitbürger im Ausland soll nach Meinung der SP Schweiz International inzwischen die Rolle des Auslandschweizerrates gestärkt werden, damit er als echter und demokratisch legitimierter Repräsentant der Auslandschweizer bei den politischen Behörden auftreten kann. Wie pflegen Sie den Kontakt mit den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern? Was unsere Mitglieder angeht, so findet der Kontakt auf elektronischem Wege statt. Ein Internet-Anschluss ist denn heute auch Voraussetzung, um bei der Internationalen Sektion der SP Schweiz Mitglied werden zu können. Gezielten Kontakt zu den Auslandschweizern pflegt die Sektion über ihre Beteiligung am Auslandschweizerkongress. Gleichzeitig nehmen die im Auslandschweizerrat vertretenen SP-Parlamentarier die Gelegenheit wahr, um mit den aus dem Ausland angereisten Ratsmitgliedern und vielen anderen Kongressteilnehmern intensiv Gedanken auszutauschen. ECHO ■ Am 1. Mai 2010 trat das schweizweite Rauchverbot in öffentlichen Räumen in Kraft. In der Schweiz ist der Anteil der Raucherinnen und Raucher zwischen 2001 und 2009 von 33 % auf 27 % gesunken. Der Kampf der Organisationen gegen Lungenkrankheiten hat einen grossen Fortschritt erzielt, und es haben sich noch mehr der früher genossenen Freiheiten in Luft aufgelöst. ■ Seit am 1. Mai die Weltausstellung in Shanghai eröffnet wurde, ist der Schweizer Pavillon ein Renner. Die Besucher müssen fast drei Stunden warten, bis sie das Gebäude betreten können, über welchem eine Seilbahn mit Sechsersesseln schwebt. Auf einer Fläche von 4000 m2 setzt sich die Schweiz mit dem Thema «Interaktion zwischen Stadt und Land» auseinander. Ein Abenteuer, das noch bis zum 31. Oktober andauert. ■ Laut einer Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) erbringt die Schweiz die weltweit höchste Innovationsleistung. Sie erweist sich als die innovativste Volkswirtschaft, und zwar in der Industrie wie im Dienstleistungssektor. Auch bei der Innovationskraft der KMU liegt die Schweiz zusammen mit Schweden und Finnland vorn – noch vor Israel, den USA und Japan. ■ Die Panini-Bilder der Fussballweltmeisterschaft haben eine originelle Konkurrenz bekommen: Das Sammelalbum S C HWE IZER REVU E August 2010 / Nr. 3 Foto: Keystone «Der König» zeigt die besten Schwinger der Schweiz, die am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest vom 20. bis 22. August 2010 in Frauenfeld teilnehmen. Es wurden mehr als eine Million Bilder verkauft. ■ Der Bundesrat empfiehlt die Volksinitiative «6 Wochen Ferien für alle» zur Ablehnung. Der Gewerkschaftsdachver- 31 «Als ich mich in der Uno vorstellte, sagte ich, ich sei präzis wie eine Schweizer Uhr und vielseitig wie ein Schweizer Sackmesser.» Joseph Deiss, früherer Bundesrat, neuer Präsident der Generalversammlung der Vereinten Nationen «Beim Vulkanausbruch auf Island war niemand schuld. Also konnten die Zeitungen keine Rücktritte verlangen, ausser vielleicht gegenüber Petrus.» Moritz Leuenberger, Bundesrat «Grenznahe Regionen wie das Elsass, Aosta, Bozen, Vorarlberg, Savoyen, Baden-Württemberg, Varese und Como müssen als neue Schweizer Kantone erleichtert integriert werden.» Ernst gemeinte Motion vom SVP-Nationalrat Dominique Baettig «Die Schweiz ist zu klein für Schnellbahnen. Bis ein Zug zwischen Bern und Zürich auf Tempo 300 beschleunigt hat, muss er schon wieder Max Friedli, abtretender Direktor des Bundesamtes für Verkehr bremsen.» «Fachleute sagen, dass mittlerweile 600 bis 900 Milliarden Franken unversteuerte Gelder bei unseren Banken gehütet werden.» Werner Messmer, Thurgauer FDP- Nationalrat «Es ist nicht einzusehen, warum die Schweizer so viel Zeit und Energie für den Staat aufwenden, während Ausländer weder Militärdienst noch Wehrpflichtersatz leisten.» Bruno S. Frey, früherer Professor an der Universität Zürich «Die Schweiz muss sich überlegen, wie sie künftig verfährt. Sonst kommen gute Musiker mit ihren Guarneris und Stradivaris nicht mehr hierher.» Patricia Kopatchinskaja, Geigerin mit Wohnsitz in Bern, deren kostbares Instrument am Zürcher Zoll konfisziert wurde «Europaweit sind die Schweizerinnen mit 30 Prozent Anteil im untersten Drittel, wenn es um die Vertretung der Frauen in der Politik geht.» Patricia Schulz, Chefin des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung «Man müsste die Rassisten daran erinnern, dass auch die Schweiz ein Auswanderungsland war. Mir glaubt keiner, dass meine Grosseltern 1928 aus Armut emigrierten.» Melissa Auf der Maur, Kanadaschweizerin und internationaler Rockstar Der ehemalige Bundesrat Joseph Deiss(Amtszeit 1999–2006) wurde zum Präsidenten der Uno-Generalversammlung gewählt. Er tritt am 14. September die Nachfolge des Libyers Ali Treki an und wird das Amt für ein Jahr innehaben. Als Aussenminister war er federführend am Uno-Beitritt der Schweiz 2002 beteiligt gewesen. band Travail.Suisse hat die dafür erforderlichen Unterschriften im Juni 2009 eingereicht und das Volk wird 2011 oder 2012 darüber entscheiden. ■ Die Luftverschmutzung ist in der Schweiz immer noch zu hoch. 2008 erreichte der Ausstoss an Treibstoffgasen 53,2 Millionen Tonnen, das sind 0,5 % mehr als 1990 und 4,6 Tonnen mehr als im Kyoto-Protokoll festgelegt. ■ Der aufgrund der Affäre um Hannibal Gaddafi entstandene Konflikt zwischen Libyen und der Schweiz hat endlich ein Ende gefunden. Die beiden in Libyen festgehaltenen Schweizer wurden freigelassen, Rachid Hamdani im Februar, nach 19 Monaten Gefangenschaft, und Max Göldi im Juni, nach fast 700 Tagen. Die Aussenministerin Micheline Calmy-Rey hofft nun auf eine «Normalisierung» der Beziehungen der Schweiz mit Tripolis. ■ Gemäss einer Umfrage surfen in der Schweiz mehr als die Hälfte der Bevölkerung (55 %) täglich im Internet, in Österreich sind es 51 % und in Deutschland 43 %. Eine Studie von Pro Senectute ergab, dass lediglich 38 % der über 65-Jährigen online sind. ■ Der Beschäftigungsindikator der Konjunkturforschungsstelle (KOF) ist in den positiven Bereich zurückgekehrt und erreichte im April einen Wert von 2,9 Punkten gegenüber -14,2 Punkten im April 2009. Das deutet auf eine Rückkehr in die Wachstumszone und eine Wende auf dem Arbeitsmarkt hin. ■ Die Armee wird über eine Milliarde Franken für die Sanierung von Altlasten aufwenden müssen, die vor allem bei Schiessübungen hinterlassen worden sind. Im Visier stehen: die Schwermetalle und die Rückstände von Flammenwerfern, die an rund 1500 Orten die Böden verschmutzen und das Grundwasser gefährden. ■ Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) hat die 333-Millionen-Busse aufgehoben, welche die Wettbewerbskommission (Weko) gegen Swisscom verhängt hatte, weil diese ihren Konkurrenten auf dem Mobilfunkmarkt zu hohe Terminierungsgebühren verrechnet haben soll. Dem blauen Riesen droht jedoch noch eine weitere Busse in Höhe von 220 Millionen Franken, welche die Weko im Juni 2009 ausgesprochen hat, weil die Swisscom ihre Marktposition im Bereich der Breitband-Internetanschlüsse ausgenutzt habe. Die Qualität einer Schweizer Uhr gibt es nur bei einer Airline. – Es sind die kleinen Dinge, die eine Airline gross machen. Wir bei SWISS achten beim Service auf alles. Die persönliche Betreuung, die Küche und das Unterhaltungsprogramm an Bord: Alles spielt zusammen. Und mit jedem Flug werden wir nochmals einen Tick besser. Damit Sie die Zeit an Bord geniessen können. QUALITÄT, SWISS MADE. 021_300_SWA340_210x297_SchwRevue_d 1 SWISS.COM 16.07.10 11:38