NATO-Russland Beziehung erneuern

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NATO-Russland Beziehung erneuern
ATLANTIC MEMO #6
NATO-Russland Beziehung erneuern
Mitglieder der Atlantic Community sind davon überzeugt, dass die NATO ihre zukünftige Rolle und
die Beziehungen mit Russland strategisch neu definieren und ausrichten muss. Jedoch erscheint
ein fundamentaler Wandel der Beziehungen unwahrscheinlich: die NATO-Russland Beziehungen
könnten sich sogar weiter verschlechtern. Der Streit auf dem Bukarest-Gipfel 2008 über die NATO(Ost-)Erweiterung und die Angemessenheit von Membership-Action-Plans (MAPs) für Georgien
und die Ukraine haben eine schon seit längerem aufgeschobene Debatte über NATOs
Beziehungen zu Russland wieder aufleben lassen. Wie sollte die NATO mit Russlands Streben
nach Großmachtstatus umgehen? Könnte die NATO erfolgreich nach Osten erweitert werden ohne
Russland vor den Kopf zu stoßen?
Bei den Arbeiten zum neuen NATO-Strategiekonzept sollten die folgenden drei Hauptargumente
zu den NATO-Russland Beziehungen im Kopf behalten werden:
1. Ist die NATO-Erweiterung einen Streit mit Russland wert?
Die meisten der Atlantic Community Mitglieder sind sich einig, dass sich die NATO nach dem
Kalten Krieg mit globalen Sicherheitsfragen auseinandersetzen muss. Wie Dr. Andre Kelleners
bemerkt, habe sich der Fokus der NATO von der machtpolitischen Balancierung der Sowjetunion
hin zu Fragen der Bekämpfung des globalen Terrorismus, der Nichtverbreitung von Atomwaffen
sowie dem Umgang mit totalitären Regimen verschoben. Zwischenstaatliche Kooperation ist für
einen erfolgreichen Strategie zur Bekämpfung dieser Bedrohungen entscheidend sowie eine
Erweiterung der NATO notwendig. Die Mehrheit der Mitglieder stimmt dieser Einschätzung zu.
Auch zeigt eine aktuelle AC Umfrage, dass europäische sowie US-amerikanische Experten die
NATO-Mitgliedschaftsbestrebungen der Ukraine ausdrücklich unterstützen. Die Mehrheit der
osteuropäischen Befragten stimmten ebenso für eine NATO-Erweiterungsrunde. Dr. Tomas Ehler
argumentiert, das die Option eines MAPs die Reformaktivität erhöhe sowie die ideologische
Anbindung an westliche demokratische Werte ehemaliger WAPO-Staaten steigere. Andris Spruds
betont auch die potentielle Stabilisierungsrolle, die MAPs spielen können.
2. Eine besondere Partnerschaft mit Russland ist notwendig.
Aus der russischen Perspektive stellen sowohl die NATO selbst als auch eine NATO-Erweiterung
Bedrohungen dar. Dr. Andreas Umland erklärt, die Wurzeln russischer Staatlichkeit liegen in Kiew.
Da die Krim eine strategisch wichtige russische Marinestation beheimate, werde Russland niemals
bereit sein diese Region aufzugeben. Dr. Hans Giessman betont, eine Wiederkehr der „Ost-WestEiszeit“ müsse um jeden Preis verhindert werden und der Westen solle Russland in die
Verhandlungen miteinbeziehen. Russland außen vor zu lassen und die NATO gleichzeitig bis an
russische Grenzen zu erweitern sei keine gute Idee in einer Zeit, in der Europa und die USA
hoffen, die Konfrontationen der Putin-Ära hinter sich zu lassen, sagt Dr. Kelleners. Andere
Mitglieder der Atlantic Community betonen, Europa brauche Russland als Partner. Hans-Ulrich
Klose schreibt, Europa hoffe auf eine Zusammenarbeit mit Russland in Sicherheitsfragen und sei
von russischen Energielieferungen abhängig. Kelleners schlägt daher vor, die NATO solle
Russland eine spezielle Rolle zu Teil werden lassen. In dieser Konstellation würde Russland mehr
als den jetzigen Status haben, würde aber in die militärischen Kommandostrukturen der NATO
nicht miteingebunden.
3. Russland strebt nach Großmachtstatus.
Während die Mehrheit der Kommentatoren glaubt, eine besondere Partnerschaft mit Russland ist
notwendig, betont sie gleichermaßen, Russland tue alles dafür, sich wieder als Großmacht
aufzustellen. Daher werde Russland eine solche Partnerschaft wohl ablehnen. Lukas Vitalius führt
näher aus und schreibt: “Russland hat nicht die Intention, der NATO oder der EU beizutreten. Es
ist eine eigenständige Kraft.“ Ilyas Mohsin ist der Meinung, Russland sei für einen potentiellen
Beitritt zu misstrauisch gegenüber westlichen Staaten, die versuchen könnten, Einfluss in Bezug
auf russische Energiereserven zu gewinnen. Donald Stadler befürchtet auch, eine Integration
Russland in die NATO-Strukturen Russland zwar dem Gefühl der Bedrohung entgegenwirke, die
Allianz jedoch überflüssig würde, wenn der initiale Anlass der Gründung verschwinde. Auch die
Frage nach der Notwendigkeit einer NATO-Mitgliedschaft der USA nach Ende des Kalten Krieges
wird von Stadler besprochen.
Atlantic Memos stellen die besten Ideen und Argumente aus den Debatten des Open
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diesem Dokument stammen von Autoren und Mitgliedern der Atlantic Community.
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Atlantic Memo Mitwirkende
Autoren:
Dr. Andre Kelleners
Hans Ulrich Klose, Md
Kommentatoren:
Dr. Thomas Ehler,
Außenministerium der
Tschechischen Republik
Prof. Dr. Hans Giessman,
Institut für Friedensforschung
und Sicherheitspolitik der
Universität Hamburg (FSH)
Ilyas Mohsin
Dr. Andris Spruds, Stradina
Universität Riga
Donald Stadler
Dr. Andreas Umland, Nationale
Taras Shevchenko Universität
Kiew
Lukas Vitalius
Beirat
Dr. Rudolf Adam
Dr. Ronald D. Asmus
Prof. Dr. Arnulf Baring
Dr. Christoph Bertram
Carl-Eduard von Bismarck
Dr. Philip v. Boehm-Bezing
Dr. Mark Brzezinski
Jürgen Chrobog
Thomas L. Farmer
Dr. Klaus-Dieter Frankenberger
Dr. Jeffrey Gedmin
Dr. Karl-Theodor Frhr. zu
Guttenberg
Prof. Dr. Helga Haftendorn
Dr. John C. Hulsman
Dr. Michael J. Inacker
Dr. Jackson Janes
Marvin Kalb
Dr. Walther Leisler Kiep
Eckart von Klaeden
Hans-Ulrich Klose
John Kornblum
Dr. Charles Kupchan
Alexander Graf Lambsdorff
Prof. Dr. Kurt J. Lauk
Dr. Beate Lindemann
Heike MacKerron
Dr. Norbert Otten
Cem Özdemir
Ruprecht Polenz
Avi Primor
Prof. Dr. E. Sandschneider
Prof. Dr. h.c. Horst Teltschik
Karsten D. Voigt
Lord William Wallace