AG-Skript mit Fällen und Übersichten

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AG-Skript mit Fällen und Übersichten
Schuldrecht I — begleitende Arbeitsgemeinschaft
Sommersemester 2015—Prof. Dr. Michael Beurskens
1
Schadensersatz wegen Schutzpflichtverletzung / Culpa in contrahendo I
2
Schadensersatz wegen Schutzpflichtverletzung / Culpa in contrahendo II
3
Inhalt von Leistungspflichten, Erfüllung
4
Aufrechnung, Widerruf, Rücktritt
5
Verzug, Schadensersatz statt der Leistung
6
Unmöglichkeit, Störung der Geschäftsgrundlage,
7
Annahmeverzug, Mitverschulden, Schadensrecht
8
Vertrag zugunsten / mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, Drittschadensliquidation, Gesamtschuld
9
Kaufrecht I
10 Kaufrecht II, Schenkung,
11 Miete, Leasing
12 Reisevertrag , Darlehensvertrag
13 Klausurvorbereitung
Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 1 Klausurschwerpunkte Schuldrecht I
Schuldverhältnisse
Entstehung § 311
vertraglich I
Inhalt
vorvertraglich II, III
zu Verhandl.-Partner II
gesetzlich
zu Dritten III
Treu und Glauben (§ 242)
Kündigung (§ 314)
Vermutungen
Geschäftsgrundl. (§ 313)
Leistungspflichten (§ 241 I)
Pflichtverletzungen (§§ 311a, 281, 283, 286)
Unmöglichkeit
(§§ 283, 311a)
Zuspätleistung
(§§ 281, 286)
Untergang
Schlechtleistung
(§§ 281, 286)
Erfüllung
§ 362
Aufrechnung
§ 389
Schutzpflichten (§ 241 II)
Schadensersatz (§ 280 I)
Rücktritt (§ 324)
Schadensersatz st. d. L. (§ 282)
zugunsten Dritter
Rechtsfolgen (§§ 249 ff., 346 ff.)
Rücktritt (§ 346)
Schadensersatz (§ 249)
Aufwendungsersatz (§ 284)
stv. comm. (§ 285)
Wechsel der Parteien
Gläubiger = Abtretung (§§ 398 ff.)
Schuldner=Schuldübernahme (§§ 414 ff.)
Beteiligung mehrerer
Gläubiger (§§ 428-432)
Teilgläubiger
Gesamtgläubiger
Schuldner (§§ 420, 421-427)
Teilschuldner
Gesamtschuldner
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Schlechterfüllung = Gewährleistungsrecht
Kauf–, Tausch-, Schenkung-, Werkvertrag (§§ 433, 631)
Miet-, Reisevertrag
Andere Verträge
Sonderregelungen
§§ 280 ff. unm.
§ 437 / § 634
Allg. Schuldrecht
Modifikationen
Komplexere Vertragstypen
Kredit– und Kreditsicherungsrecht
Darlehen (§ 488)
Verbraucherdarlehen
(§§ 491 ff.)
Bürgschaft
(§ 765)
Nicht geregelte Typen
Schuldanerkenntnis, - versprechen
(§ 780 f.)
Eigentumsvorbehalt
Leasing
Factoring
Typengemischte Verträge
(z.B. Beherbergung)
Gemischte Schenkung
Wiederholung BGB AT / Schuldrecht AT
Sittenwidrigkeit
AGB-Recht
z.B. Bürgschaft:
Verwandte, etc.
§ 309 Nr. 7, 8
Formvorschriften
Anfechtung
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 2—Haftung für Schutzpflichtverletzung, insb. Culpa in Contrahendo
Haftung wegen Schutzpflichtverletzungen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB)
Schuldverhältnis (§§ 311, 241 Abs. 2 BGB)
Vorvertragliche Schuldverhältnisse
(§ 311 Abs. 2)
Nr. 1: Vertragsverhandlungen
Eng auszulegen, nur konkrete
„Verhandlungen“ über best. Vertrag
Vertrag
(§ 311 Abs. 1)
Culpa post
contractum
finitum
Nr. 2: Vertragsanbahnung + tats. Einwirkungsmöglichkeit
Vorfeld von Verhandlungen, Supermarkt
Haftung Dritter / ggü. Dritten
(§ 311 Abs. 3)
Nr. 2: ähnliche geschäftliche Kontakte
nichtiger Vertrag, sonstige nicht nur soziale
„Treffen“
Pflichtenbegründendes Gefälligkeitsverhältnis
Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 S. 1, § 241 Abs. 2)
Aufklärungspflichtverletzungen
(Dispositionsfreiheit = Interesse)
Schädigung von Rechten/Rechtsgütern
(deliktsähnlich)
Grundloser Abbruch von Vertragsverhandlungen
(Vertrauen = Interesse)
Formnichtiger
Vertrag
Vertrauen = Interesse
Vertretenmüssen § 280 Abs. 1 S. 2, §§ 276 ff. BGB
Vorsatz oder Fahrlässigkeit
(§ 276 Abs. 1)
Haftung für Erfüllungsgehilfen
(§ 278 Abs. 1)
Milderung bei Unentgeltlichkeit?
Garantiehaftung (§ 276 Abs. 1)?
Schaden §§ 249 ff. BGB
Negatives Interesse / Integritätsinteresse:
Geschädigter ist so zu stellen, als sei Pflichtverletzung nicht erfolgt , aber etwaiger Vertrag trotzdem nicht erfüllt
Begrenzung durch positives Interesse
(ordnungsgemäße Erfüllung)?
Vertragsaufhebung / Anpassung?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Exkurs: Die wichtigsten Prüfungsschemata im Allgemeinen Schuldrecht (Teil 1)
Anspruch auf Schadensersatz wegen Schutzpflichtverletzung
(§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2)
Anspruch auf Erfüllung eines vertraglichen
Leistungsanspruchs
(etwa § 433 Abs. 2, 631 Abs. 1, 2. Var.)
I. Schuldverhältnis
(§ 280 Abs.1 S.1 iVm § 311)
I. Anspruch entstanden
(Vertragstyp oder rechtsgeschäftsähnlich im Sinne
von § 311 Abs. 2 oder 3 oder gesetzliches Schuldverhältnis)
(Vertrag wirksam geschlossen nach BGB AT: 2 übereinstimmende wirksame Willenserklärungen, Keine
Unwirksamkeit wegen §§ 125, 134, 138, etc.)
II. Anspruch untergegangen
(Schuldrecht AT-Probleme!)
II. Pflichtverletzung
(§ 280 Abs. 1 S. 1 iVm § 241 Abs. 2)
- Bei Rechtsgutsverletzung durch Handlung des
anderen
Teils
Pflichtverletzung
indiziert
(„Erfolgsunrecht“)
- Bei Verletzung von Rechten oder Interessen konkret benennen, durch welche Handlung die Rechte
oder Interessen verletzt wurden und warum gerade eine Pflicht zu diesem Tun oder Unterlassen
bestand („Handlungsunrecht“)
- unter Umständen: Rechtfertigung nach allgemeinen Rechtfertigungsgründen (Notwehr, Notstand,
etc.)
- Abgrenzung: Kein Schadensersatz „statt der Leistung“ iSv § 280 Abs. 3, 282
III. Vertretenmüssen
(§ 280 Abs. 1 S. 2 iVm §§ 276, 278 BGB)
- Gesetzliche oder vertragliche Minderung oder
Verschärfung (etwa „Beschaffungsrisiko“ oder
„Garantie“)
- Eigenes Verschulden (§ 276 Abs. 1: Vorsatz oder
Fahrlässigkeit)
- Zugerechnetes fremdes Verschulden (§ 278)
IV. Adäquat verursachter Schaden
(§§ 280 Abs. 1 S. 1 iVm §§ 249 ff. BGB)
- Grundsätzlich jede Vermögenseinbuße, deren
Verursachung nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit durch die Pflichtverletzung lag
- Weitere Beschränkungen: Schutzzweck der
(Sorgfalts-)Norm, Mitverschulden (§ 254)
- Darüber hinaus nach § 253 Abs. 2 billige Entschädigung in Geld für Verletzung von Leben, Körper,
Gesundheit, Freiheit, „allgemeines Persönlichkeitsrecht“
1. Erfüllung (§ 362)
auch: Annahme einer anderen Leistung
„an Erfüllung statt“
2. Aufrechnung (§ 389)
Wenn gleichartige Leistungen geschuldet und Erklärung
3. Hinterlegung, Erlass, etc.
Keine Klausurbedeutung!
4. Untergang (§ 275)
5. Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313), Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314)
III. Anspruch durchsetzbar
(z.T. Schuldrecht AT, Grundsätzlich geringe Klausurrelevanz!)
1. Verjährung (§ 194, 214)
a. Fristbeginn (etwa §§ 199, 200)
b. Fristdauer (etwa §§ 195, 196, 197, 198)
c. Hemmung oder Neubeginn (§§ 203 ff.)
2. Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320)
Bei Pflichten im Gegenseitigkeitsverhältnis ohne
Vorleistungspflicht des Schuldners
3. Unsicherheitseinrede (§ 321)
Bei Pflichten im Gegenseitigkeitsverhältnis, wo der
Schuldner vorleistungspflichtig ist
4. Zurückbehaltungsrecht (§ 273)
Bei Pflichten aus gleichem „Lebenssachverhalt“, die
aber nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen
5. Treu und Glauben (§ 242)
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Schuldverhältnisse und Gefälligkeitsverhältnisse
Bloße (alltägliche) Gefälligkeit => nur §§ 823 ff. BGB
§ 241 I (-)
Leistungspflicht (-)
Gegenleistungspflicht (-)
§ 241 II (-)
Schutzpflicht (-) - „bes.
Rücksichtnahme“
Rechtsbindungswille (-)
(Schutzpflichtbegründendes) Gefälligkeitsverhältnis
§ 241 I (-)
Leistungspflicht (-)
Gegenleistungspflicht (-)
§ 241 II (+)
Schutzpflicht (+) - „bes.
Rücksichtnahme“
Rechtsbindungswille (-)
aber erkennbare Bedeutung/Schadensneigung
Einseitig verpflichtendes Schuldverhältnis („Gefälligkeitsvertrag“)
Schenkung (§ 516), Leihe (§ 598), Auftrag (§ 662), unentgeltliche Verwahrung (§ 688)
§ 241 I (+)
Leistungspflicht (+)
Gegenleistungspflicht (-)
§ 241 II (+)
Schutzpflicht (+) - „bes.
Rücksichtnahme“
Indizien für Rechtsbindungswillen:
wirtschaftliche/rechtliche Bedeutung,
Dauer der Beziehung,
persönliche Beziehung zwischen Parteien,
übernommenes Risiko,
Schadensgeneigtheit,
Verkehrsanschauung
Rechtsbindungswille (+)
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Vertretenmüssen (vgl. §§ 280 I 2, 286 IV, 311a II) - nicht Verschulden (Sonderfall, s.u.)
Anknüpfungspunkt
Pflichtverletzung (§ 280 I 2), insb.
- Nichtleistung (§ 281)
- wesentliche Schutzpflichtverletzung (§ 282)
- Eintritt eines Leistungshindernisses (§ 283)
Leistungsverzögerung
(§ 286 IV)
Unkenntnis von
Leistungshindernis
(§ 311a II)
Verschulden (§ 276 Abs. 1 S. 1, 1. HS)
Vorsatz (Wissen & Wollen der obj. TBM)
- Absicht (100% Wollen)
- Direkter Vorsatz (100% Wissen)
- Dolus eventualis (billigendes Inkaufnehmen)
Fahrlässigkeit
Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 II)
- nur objektiv, nicht auf Schuldner bezogen
beachte: § 276 I 2 iVm 827, 828 — Verschuldensfähigkeit
Strengere / mildere Haftung (§ 276 Abs. 1 S. 1, 2. HS)
Ausdrückliche oder konkludente
Vereinbarung
Schranken: § 651h, § 276 III,
§§ 307-309, §§ 138, 242
Gesetz
- grobe Fahrlässigkeit (§ 300 I) - mit besonders
schwerem subjektivem Vorwurf
- eigenübliche Sorgfalt/diligentia quam in suis
(§ 277): §§ 346 III Nr. 3, 690, 708, 1359, 1664
- Zufall: § 287 S. 2 (wegen der Leistung!)
Sonstiger Inhalt des Schuldverhältnisses
Garantie („Zusicherung“)
verbindliche Abrede, verschuldensunabhängig Gewähr für einen bestimmten Umstand
einstehen zu wollen
Beschaffungsrisiko
unbedingtes Versprechen, Sache oder Leistung zu verschaffen (grds. (+) bei Gattungsschuld)
Fremdes Verschulden (nicht „fremdes Vertretenmüssen“!) - Maßstab wie oben! (§ 278)
Schuldverhältnis iSv § 241
(rechtsgeschäftlich/gesetzlich/rechtsgeschäftsähnlich)
Erfüllungsgehilfe: nach tatsächlichen Gegebenheiten mit Willen des Schuldners bei Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als Hilfsperson tätig
keine Weisungsgebundenheit erforderlich (auch Selbständige!), Unterhilfspersonen nur mit Einverständnis des Schuldners—aber Haftung für eigenmächtiges Handeln? Nicht Vollsubstitution!
oder
Gesetzlicher Vertreter (Vertretungsmacht kraft Gesetz): Eltern (§§ 1626 ff.); Vormund (§§ 1793 ff.); Betreuer (§§ 1896 ff.); Pfleger (§§ 1909 ff.), Testamentsvollstrecker, Nachlass-/Insolvenzverwalter, Treuhänder; Ehegatte im Fall des § 1357 bzw. 1422
Handeln in Erfüllung der Verbindlichkeit (nicht nur „bei Gelegenheit“)
enges Verst.: „im allgemeinen Umkreis des Aufgabenkreises, zu dem Erfüllungsgehilfe bestellt wurde“
weites Verständnis: Schaden durch übertragene Tätigkeit „ermöglicht oder erheblich erleichtert“
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 1: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul!
Zu seinem 10-jährigen Betriebsjubiläum schenkt der Kaufhausbetreiber K seinen Kunden
Haartrockner, die allerdings bei nicht fachgerechter Anwendung durchbrennen. Leicht unachtsam vergisst er, die erforderlichen Bedienungsanleitungen beizulegen. Studentin S verbrennt sich aufgrund einer unrichtigen Bedienung ihre Frisur und begehrt angemessene 100
€ Schadensersatz für deren Wiederherstellung.
Playboy P, seinem Stammkunden, lässt K das Gerät mit Anleitung durch seinen als gründlich
bekannten Gehilfen G vorbeibringen. Als P die Tür öffnet stolpert G leicht fahrlässig in die
Wohnung und zerstört eine Ming-Vase im Wert von 20.000 €.
Haben S und/oder P Ansprüche gegen K?
Fall 2: Ein Unglück kommt selten allein
Oma A und Opa B haben über das Wochenende ihre Enkelin F zu Besuch. Am Samstag Morgen beschließen sie, mit ihnen in das Kaufhaus K zu gehen, um dort etwas Schönes zu erwerben. In der Spielzeugabteilung des Kaufhauses übersieht die kurzsichtige Oma A, die mit
F unterwegs ist, ohne etwas bestimmtes kaufen zu wollen, ein schmutziges Puppenkleid,
welches bereits seit längerer Zeit unbeachtet im Flurbereich des Ladens liegt und rutscht
darauf aus.
Angesichts eines Sturms hat sich Playboy P, der eine Verabredung in einem nahegelegenen
französischen Restaurant hat, im Laden untergestellt. Als der Regen endet, rutscht er auf
dem Weg aus dem Kaufhaus auf einer schwarzen Bananenschale aus, die offenbar schon
seit längerem dort liegt.
Studentin S, die mit dem P verabredet ist, befindet sich zu dieser Zeit in der ParfümAbteilung. Nachdem sie ihr Lieblingsparfüm an der Kasse bezahlt hat, begibt sie sich auf
den Weg zum Ausgang. Plötzlich gleitet sie in einer Pfütze aus, die aus einer im Regal stehenden, zerborstenen Flasche ausgelaufen ist.
Der Kaufhausbetreiber K will von diesen Ereignissen nichts wissen und erklärt zutreffend,
dass seine Angestellten bislang stets zuverlässig und gründlich gewesen seien und es feste
Pläne zur Kontrolle und Reinigung der Flure gegeben habe.
1. Hat Oma O, die einen Oberschenkelhalsbruch erlitten hat, einen Anspruch gegen K auf
Ersatz ihrer Behandlungskosten von je 5.000 € und auf ein angemessenes
„Schmerzensgeld“ in Höhe von 500 €?
2. Haben Playboy P, dessen Nase gebrochen ist, und Studentin S, die sich das Handgelenk
verstaucht hat, Anspruch gegen K auf Ersatz ihrer Behandlungskosten (1.000 €) und auf
ein angemessenes „Schmerzensgeld“ (500 €)?
3. Wie wäre es, wenn Studentin S unerkannt geisteskrank gewesen wäre?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 3: Misslungenes Abendessen (Original-Examensklausur)
B aus Köln möchte den Hochzeitstag mit seiner Ehefrau festlich begehen. Er reserviert telefonisch im renommierten Feinschmecker-Restaurant des K in Düsseldorf, in dem üblicherweise Tische nur gegen Reservierung vergeben werden, für einen Samstagabend einen
Tisch für zwei Personen. K hat für diesen Tag nur noch einen Vierertisch frei, den er für B
vorsieht. Diesen besonderen Service hebt K gegenüber B deutlich hervor. Auf Bitten des K
bestätigt B die Reservierung noch einmal schriftlich. Am Freitag vor dem Restaurantbesuch
kommt es zwischen B und seiner Ehefrau zu einem heftigen Streit. An ein gemeinsames
Abendessen ist nicht mehr zu denken. B vergisst in seinem Zorn, die Reservierung bei K zu
stornieren.
Am Samstagmorgen fragt X bei K an, ob am Abend noch ein Tisch für vier Personen frei sei.
K verneint dies zutreffend mit Hinweis darauf, dass alles ausgebucht sei. Als B am Abend
nicht erscheint und der Tisch mangels Laufkundschaft auch anderweitig nicht genutzt werden kann, ist K empört.
Er verlangt von B Zahlung von 140 €. Er meint, sein durchschnittlicher Umsatz pro Gast lie-
ge bei 75 €. Unter Abzug seiner Aufwendungen ergebe sich daraus ein durchschnittlicher
Gewinn von 35 € pro Person. Durch die Abweisung des X, der mit drei anderen Personen
bei ihm gegessen hätte, sei ihm dementsprechend ein Gewinn von 140 € (4 x 35 €) entgangen. B hingegen meint, er müsse allenfalls 70 € zahlen, da er nur mit seiner Frau gekommen wäre. Ohne Vertrag hafte er jedoch gar nicht. Wie ist die Rechtslage?
Fall 4: Drum prüfe, wer sich ewig bindet
Playboy P bat seine Freundin, die reiche Jurastudentin S, ihn zum Autohändler V zu begleiten, wo er einen neuen Porsche erwerben wollte. Der dortige Angestellte A bat S, ein mit
Bürgschaftserklärung tituliertes Formular zu unterschreiben, wonach S sich für eine Darlehensforderung des P zur Finanzierung des Autos in Höhe von 10.000 € verbürgt. A behauptete wider besseres Wissen, dies sei eine bloße Formalität und man werde S nie deshalb in
Anspruch nehmen. S glaubte ihm und unterschrieb das Formular.
Eine Woche später erfuhr sie in der BGB AT-Vorlesung, dass eine solche Erklärung sie
rechtswirksam verpflichtet. Dennoch unternahm sie nichts.
Als Playboy P anderthalb Jahre später knapp bei Kasse ist, verlangt V, der von der Täuschung durch A nichts wusste, von S Zahlung der 10.000 €. Diese möchte die Verpflichtung
beseitigt wissen. Wie ist die Rechtslage?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 5: Falsche Fehler
Die Jurastudentin S aus Düsseldorf möchte ihr umfangreiches Vermögen gewinnbringend
einsetzen. Dazu schließt sie mit V aus Aachen einen schriftlichen Vertrag über den Kauf eines Geschäftsanteils an dessen X-GmbH, die Computerprogramme entwickelt und vertreibt.
Einen Monat später, als sich das Hauptprodukt der X-GmbH, ein Online-MultimediaWebservice-Programm, zu einem Marktrenner entwickelt hat, begehrt S von V die Übertragung des Anteils. V erklärt, nach Beratung durch seinen Anwalt wisse er nun (anders als bei
Vertragsschluss), dass der Kaufvertrag über einen Geschäftsanteil notariell beurkundet werden müsse. Daher verweigert er die Erfüllung wegen Formnichtigkeit.
Die überraschte S begehrt Erfüllung, hilfsweise Schadensersatz in Höhe der Kosten für den
Erwerb eines gleichwertigen Anteils an der Y-GmbH oder zumindest die ihr entstandenen
Anreise- und Telefonkosten nach Aachen von insgesamt 25 €. Zu Recht?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Wichtige Begriffe I (Schutzpflichtbegründende Schuldverhältnisse)
Schuldverhältnis = rechtlich geordnetes Lebensverhältnis, an dem mind. zwei Personen (Gläubiger,
Schuldner) beteiligt sind und Leistungs-/Schutzpflichten begründet
Leistungspflicht = Hauptleistungspflicht (essentialia negotii) und Nebenleistungspflicht (fördern
hauptleistungspflicht zB verpacken, Gebrauchsanweisung) (beide einklagbar)
Schutzpflichten = nicht einklagbare Rücksichtnahmepflicht aus § 241 II, bei Verletzung aber insb.
Schadensersatzpflicht nach § 280
Anbahnung eines Vertrages = jede Maßnahme, die möglicherweise zu einem späteren Vertragsschluss führen kann
Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte = Schutzpflichtbegründendes Schuldverhältnis, wenn Leistungs– und Gläubigernähe vorliegen, erkennbar sind und dem Dritte keine eigenen vertraglichen
Ansprüche zustehen.
Culpa in contrahendum (c.i.c.) = rechtsgeschäftsähnliches, vorvertragliches Schuldverhältnis, was
Schutzpflichten begründet.
Culpa post contractum finitum = die mit einem Schuldverhältnis verbundenen Schutzpflichten bestehen auch nach Erfüllung der Leistungspflichten fort.
Negatives Interesse (Vertrauensschaden) = der Geschädigte ist so zu stellen, als sei die Pflichtverletzung nie eingetreten (z.B. §§ 122, 179 II BGB).
Positives Interesse (Erfüllungsinteresse) = der Geschädigte ist so zu stellen, als sei der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden.
Dolo agit qui petit quod statim rediturus est = aus § 242 BGB hergeleiteter Grundsatz, wonach ein
Anspruch nicht durchsetzbar ist, wenn man das Erlangte direkt wieder zurückgeben müsste
(Verbot unsinniger Hin– und Herzahlungen).
Erfüllungsgehilfe (§ 278) = wer mit Wille des Schuldners bei Erfüllung dessen Pflichten als Hilfsperson tätig ist.
Vertretenmüssen = wofür Schuldner einstehen muss: eigenes Verschulden (§ 276 Vorsatz, Fahrlässigkeit), Verschulden dritter (§ 278), übernommene Garantien, Beschaffungsrisiko
Obliegenheiten = Verhaltensanforderung im eigenen
„Pflichtverletzung gegen einen selbst“.
Interesse; Verstoß bewirkt nur
Naturalobligation = unvollkommene Verbindlichkeit, bei der kein Erfüllungsanspruch entsteht (z.B.
Spiel, Wette, Ehevermittlung).
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 3—Schuldverhältnisse: Entstehung, Inhalt, Erfüllung
Erfüllung § 362
I. richtiger Schuldner
Ausnahmen
-
§§ 267, 268 durch dritte
§ 774 Bürge
§ 426 Abs.2 Gesamtschuldner
II. richtige Leistung
§ 266 grds. keine Teilleistung
III. richtiger Ort
§ 269 grds. Wohnsitz des Schuldners/Holschuld
-
IV. richtiger Gläubiger
§ 362 Abs.2, § 185 Dritte, wenn ermächtigt
§ 370 Überbringer ein Quittung
§§ 407-409 bei Abtretung
§ 793 Schuldverschreibung auf Inhaber
§§ 807, 808 Inhaberkarten, Namenspapiere
V. zur rechten Zeit
(§ 271 BGB i Zw sofort)
-
Vertragstheorie: tatsächliche Vornahme und rechtsgeschäftliche Einigung über Erfüllung
Finale Leistungsbestimmung: tatsächliche Vornahme und Tilgungsbestimmung durch Schuldner
Reale Leistungsbewirkung: tatsächliche Vornahme und Leistungserfolg
Ersatz für Erfüllung: Surrogate
·
§ 364 I Annahme an Erfüllung statt = Gläubiger erhält zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit , Schuldverhältnis erlischt durch tatsächliche Befriedigung
·
§ 364 II iZw Leistung an Erfüllung halber = Pflicht bleibt bestehen
·
·
·
§ 378 Hinterlegung
§§ 383-386 Selbsthilfeverkauf
§ 397 Erlass
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 6: Lieben und lieben lassen
Die wunderhübsche Studentin V aus dem 15. Semester hat sich entschlossen, ihr Leben gemeinsam mit Playboy P auf der Südseeinsel X zu verbringen. Ihre umfangreiche juristische
Fachbibliothek veräußert sie im Oktober 2007 an den Studenten K, der gerade mit seinem
Studium begonnen hat, für einen Gesamtpreis von 100 €. Aufgrund von Zahlungsengpässen
kann K die Bücher jedoch nicht bezahlen.
X ist eine Freundin von K. Als sie von den Streitigkeiten zwischen V und K erfährt, entschließt
sie sich, den Bücherkauf aus eigener Tasche zu bezahlen. Sie gibt das Geld dem ihr sehr sympathischen Playboy P, welcher mit V eine feste Beziehung hat. V ist damit einverstanden,
weil sie mit P ohnehin mehr oder weniger eine "gemeinsame Kasse" hat.
Als P sich nach einiger Zeit von V trennt und mit X zusammenzieht, verlangt V von K wiederum Zahlung, weil sie meint, K hätte schon selbst, und zwar direkt an sie zahlen müssen. Hat
V gegen K einen Anspruch auf Zahlung von 70 €?
Fall 7: Schlechtes Geschäft
K hat sich bei V ein neues Auto für 5.000 € gekauft und dabei seinen alten Golf für 2.000 € in
Zahlung gegeben. Als V das Altfahrzeug des K nicht los wird, verlangt er von K Zahlung weiterer 2.000 € gegen Rückgabe des alten PKW. K ist damit nicht einverstanden und meint, das
Geschäft zwischen ihm und V sei längst abgewickelt.
Wie ist die Rechtslage?
Fall 8: Teurer Transport
Playboy P entdeckt während einer Spritztour durch Italien einen antiken Schrank bei V. Er
kauft diesen Schrank für 450 €. P und V einigen sich, dass der Schrank dem P zugesandt werden solle. Eine Woche später liefert der Spediteur S den Schrank bei P an und verlangt Zahlung von (angemessenen) 200 € Transportkosten. P meint, er müsse die Transportkosten
nicht zahlen - sie stünden völlig außer Verhältnis zum Wert des Schrankes. Zu Recht?
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 9: Schuld und Sühne
Nach zahlreichen Eskapaden ist Playboy P hoch verschuldet. Sein Gläubiger G möchte endlich eine Kaufpreisschuld von 5.000 € für ein komplettes Cocktail-Misch-Equipment-Paket
beglichen haben und schreibt ein bedrohliches Mahnschreiben. P antwortet ihm schriftlich,
und schreibt u.a. „Zur Tilgung der Kaufpreisforderung übertrage ich Ihnen hiermit meine Forderung gegen die Studentin S auf Rückzahlung eines Darlehens über 5.000 €.“
G meldet sich daraufhin zunächst nicht mehr bei P, sondern verlangt schriftlich von S Zahlung von 5.000 €. Statt einer Antwort der S erhält G jedoch ein Schreiben des vorläufigen
Insolvenzverwalters I. Dieser erklärt wahrheitsgemäß, mangels Masse werde ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der S nicht eröffnet.
G wendet sich darauf wieder an P. Dieser meint jedoch, jetzt könne G nichts mehr von ihm
verlangen. Hat G gegen P Anspruch auf Rückzahlung der 5.000 €?
Abwandlung: Weil P nicht zahlen kann und G mit Klage droht, überweist X, die neue Freundin
des P die 5.000 € an G. Auf dem Überweisungsträger gibt X eindeutig an, dass hierdurch die
Forderung gegen P für das Cocktail-Misch-Set getilgt werden solle. Die Kontodaten hatte P
von dem Mahnschreiben des G, auf dem diese unten in der Fußzeile vorgedruckt war.
G weist die Zahlung nach erfolgter Gutschrift zurück und verlangt weiterhin Zahlung von P.
Zu Recht?
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 4—Aufrechnung, Widerruf, Rücktritt
Aufrechnung §§ 387 ff. (Erfüllungssurrogat)
I. Aufrechnungslage
1. Fälligkeit der wirksamen Gegenforderung
2. Gegenseitigkeit
Ausnahmen:
-§ 406 neuer Gläubiger
-§ 409 nach Abtretungsanzeige
-§ 566a Wechsel des Vermieters
3. Gleichartigkeit
(§ 391 BGB)
- Meistens Geld gegen Geld
4. Wirksamkeit und Erfüllbarkeit der Hauptforderung
II. Bedingungsfeindliche Aufrechnungserklärung
(§ 388 BGB)
Ausnahme:
Eventualaufrechnung in der ZPO
III. kein Aufrechnungsverbot
(§§ 390 ff. BGB)
- § 391 Abs.2, wenn Leistungsort/zeit festgelegt
- § 392 beschlagnahmte Hauptforderung
- § 393 Forderung aus unerlaubter Handlung
- § 394 unpfändbare Forderung
- § 390 Einrede, aber § 215 Aufrechnung nicht ausgeschlossen, wenn Gegenforderung zur Zeit der ersten
Aufrechnungslage noch nicht verjährt
→ § 389 Erlöschen der Forderungen, soweit deckungsgleich, ex tunc (rückwirkend) ab Eintritt der Aufrechnungslage
Fall 10: Alte Schulden rosten nicht
Die wunderhübsche Studentin V aus dem 15. Semester hat sich entschlossen, von nun an ihr
Leben gemeinsam mit Playboy P auf der Südseeinsel X zu verbringen. Ihre umfangreiche juristische Fachbibliothek veräußert sie im Oktober 2007 an den Studenten K, der gerade mit
seinem Studium begonnen hat, für einen Gesamtpreis von 100 €. Weil K allerdings knapp bei
Kasse ist, vereinbaren die beiden, dass er erst zum 2. Januar 2008 (aus seinen umfangreichen Weihnachtsgeschenken) zahlen soll. Als V an diesem Tag Zahlung verlangt, erklärt K die
Aufrechnung mit 30 €, die er V Mitte 2004 anlässlich eines Disco-Besuchs mit den Worten
"Die bekomme ich aber morgen zurück" geliehen hatte. Tatsächlich hatte V das Geld aber nie
zurückgezahlt. V besteht auf Zahlung der 100 € und meint, K könne nicht aufrechnen, weil
die Forderung bereits vor zwei Tagen verjährt sei.
Hat V gegen K einen Anspruch auf Zahlung von 100 €?
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Folgen des Rücktritts (§§ 346 ff.)
Grundsatz: Rückabwicklung „in natura“
Erbrachte Leistungen
sind in natura zurückzugewähren (§ 346 Abs. 1)
Noch nicht erfüllte Pflichten
erlöschen
Ausnahme: Wertersatz statt Rückgewähr in natura (Abs. 2)
Nr.1: Rückgewähr nach Natur des Erlangten ausgeschlossen (Arbeit, etc.)
Nr.2: Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet, umgestaltet
Nr.3: Gegenstand verschlechtert oder untergegangen durch außergewöhnlichen Gebrauch
Rückausnahme: Weder Wertersatz noch Rückgewähr in natura (Abs. 3)
Nr.1: Rücktrittsrecht erst bei Verarbeitung/Umgestaltung erkannt
Nr. 2: Unmöglichkeit vom Gläubiger zu vertreten / gleichfalls dort eingetreten
Nr. 3: Verschlechterung oder Untergang beim Berechtigten,
obwohl Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten beachtet (bei gesetzlichem Rücktritt nach §§ 323 ff.)
Abs. 3 S. 2: Herausgabe verbleibender Bereicherung (soweit vorhanden)
Abs.4: Schadensersatz wegen Unmöglichkeit etc.
Nutzungen und Verwendungen
§ 346 Abs. 1:
gezogene Nutzungen
§ 347 Abs. 1: nicht gezogene Nutzungen
§ 347 Abs. 2:
Verwendungen
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 11: Schlechter Rat ist günstig...
Der computerbegeisterte Arbeitslose K will beim Internet-Versandhandel V ein Notebook
kaufen, das für 2.000 € angeboten wird. Da er gerade keinen Internetzugang hat, ruft er bei
V an und bestellt den Computer telefonisch. Am 2. April wird das Notebook ausgeliefert, der
Sendung liegen alle erforderlichen Belehrungen und Informationen bei. Als K nach einer Woche feststellt, dass das Gerät nicht seinen Anforderungen entspricht, möchte er wissen, ob
er es zurückgeben kann. Am selben Abend trifft K zufällig den Rechtsanwalt R, mit dem er
gut befreundet ist. Er schildert ihm den Sachverhalt mit der Bitte um eine Auskunft zu seiner
Frage. R, der nach einem langen Arbeitstag keine große Lust mehr auf juristische Überlegungen hat, verweist K sogleich darauf, dass ihm bei telefonischen Bestellungen überhaupt kein
gesetzliches Widerrufsrecht zustehe. K vertraut auf diese Auskunft und rüstet deshalb das
Gerät für seine Zwecke nach, wodurch ihm Zusatzkosten iHv 500 € entstehen. Im Fall der
Rückgabe hätte er sich für 2.000 € ein Gerät mit entsprechender Konfiguration kaufen können.
Wie ist die Rechtslage?
Fall 12: Der Gärtner und seine Frau...
M betreibt eine Gärtnerei. Seine Ehefrau F kauft im Namen ihres Mannes bei dem Haustürvertreter V, der sie eines Tages an ihrer Wohnungstür klingelt, einen Blumenautomaten, obwohl ihr Mann ihr jegliche Beteiligung an seinen Geschäften ausdrücklich verboten hatte. V
ging hingegen ohne jede Fahrlässigkeit davon aus, dass F als Vertreterin des M handelte. Als
V drei Tage später den Automaten liefert, und Zahlung verlangt, erklärt F den Widerruf ihrer
Bestellung. Hat V einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises von 200 € gegen M und/oder
F?
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Wichtige Begriffe II (Entstehung, Inhalt, Untergang von Leistungspflichten)
Aufrechnung (§§ 387 ff.) = Forderungen erlöschen ex tunc, soweit sie deckungsgleich sind, wenn
sie gegenseitig, gleichartig, sowie wirksam und fällig sind, die Aufrechnung erklärt wurde und diese nicht nach den §§ 390 ff. verboten ist.
Erfüllung (§§ 362 ff.) = Anspruch geht unter, wenn der Leistungserfolg eingetreten ist, also der richtige Schuldner die richtige Leistung am richtigen Ort zur rechten Zeit an den richtigen Gläubiger
geleistet hat.
Annahme an Erfüllung statt = Erfüllungssurrogat, bei dem der Gläubiger eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit erhält; mit tatsächlicher Befriedigung erlischt das Schuldverhältnis z.B. Auto in
Zahlung geben.
Leistung erfüllungshalber (§ 364 Abs.2) = Erfüllung tritt erst mit tatsächlicher Zahlung durch den
Drittschuldner ein; solange bleibt die Pflicht bestehen z.B. Scheck.
Leistungsort/ Erfüllungsort = wo der Schuldner die Leistung vornehmen muss
Erfolgsort = wo der Leistungserfolg (z.B. Eigentumserwerb) eintritt
Bringschuld = Leistungs– und Erfolgsort liegen beim Gläubiger ; der Schuldner muss de Leistung
also beim Gläubiger vornehmen
Schickschuld = Leistungsort liegt beim Schuldner, der Erfolgsort liegt beim Gläubiger; der Schuldner muss den Leistungsgegenstand auf den Weg zum Gläubiger bringen (z.B. zur Post geben)
Holschuld (§ 269) = Leistungs– und Erfolgsort liegen beim Schuldner; der Schuldner muss die Leistung also nur bereitstellen
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 5—Verzug, Schadensersatz statt der Leistung (§§ 281, 286)
Exkurs: Die wichtigsten Prüfungsschemata im Allgemeinen Schuldrecht (Teil 3)
Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung
wegen Schlecht– oder Nichtleistung
(§§ 281 Abs. 1, 280 Abs. 1, Abs. 3)
I. Schuldverhältnis
(§ 280 Abs.1 S.1 iVm § 311 Abs.1)
(Vertraglich oder gesetzlich, nicht rechtsgeschäftsähnlich iSv § 311 Abs. 2 oder 3)
II. Pflichtverletzung: Nicht-/Schlechterfüllung einer
Leistungspflicht
(§ 281 iVm § 280 Abs. 1 S. 1 iVm § 241 Abs. 1)
- Pflicht besteht schon = Fälligkeit (§ 271) - Ausnahme § 323 Abs. 4 analog
- Pflicht besteht noch—kein Fall von § 275
- Durchsetzbarkeit (keine Einrede)
- Nicht– oder Schlechterfüllung(„nicht wie gesch.“)
- „statt der Leistung“: Verlust wäre durch Erfüllung zum letztmöglichen Moment nicht eingetreten
III. Fristsetzung oder Entbehrlichkeit
bzw. Abmahnung
(§ 281 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3)
kurze Frist setzt angemessene in Gang (Ausn AGB)
- Erfüllungsverweigerung
- Interessenabwägung (insb. rel. Fixgeschäft, str.)
IV. Vertretenmüssen
(§ 280 Abs. 1 S. 2 iVm §§ 276 ff. BGB)
Gesetzliche oder vertragliche Minderung oder Verschärfung (etwa „Beschaffungsrisiko“ oder
„Garantie“) -> Eigenes Verschulden (§ 276 Abs. 1:
Vorsatz oder Fahrlässigkeit) -> Zugerechnetes
fremdes Verschulden (§ 278)
V. Rechtsfolge
1.
Schadensersatz statt der Leistung
Berechnung nach Differenzhypothese— bei ggs.
Verträgen: Wahlrecht zwischen Surrogations– und
Differenzmethode;
Wahlrecht zu Erfüllung—§ 281 Abs. 4
2. Schadensersatz statt der ganzen Leistung
(§ 283 S. 2 iVm § 281 Abs. 1 S. 2/3)
Grundsätzlich Schadensersatz nur soweit Leistung
unmöglich—bei Teilleistung / irreparabler
Schlechtleistung aber Ersatz für ganze Leistung
nach § 281 Abs. 1 S. 2/3.
4. Aufwendungsersatz
(§284)
„Anstelle“ des Schadensersatzes statt der Leistung—sofern Zweck nicht auch ohne Nichtleistung
nicht erreicht worden wäre
Rücktritt wegen Schlecht– oder Nichtleistung
(§ 323)
kein Anspruch, sondern
„Untergang“ der Leistungspflicht
I. Gegenseitiger Vertrag
(§ 323 iVm § 311 Abs. 1)
- „do ut des“
II. Nicht-/Schlechterfüllung einer Leistungspflicht
(§ 323 Abs. 1, § 241 Abs. 1)
- Leistungspflicht besteht (noch) - aber: entsprechende Anwendung bei Unmöglichkeit (§ 326
Abs. 5)
- Fälligkeit (§ 271) - Ausnahme § 323 Abs. 4
- Durchsetzbarkeit (keine Einrede, vgl. § 218)
- Nicht– oder Schlechterfüllung
III. Fristsetzung oder Entbehrlichkeit bzw. Abmahnung
(§ 323 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3)
kurze Frist setzt angemessene in Gang (Ausnahme
AGB)
- Erfüllungsverweigerung (§ 323 Abs. 2 Nr. 1)
- Relatives Fixgeschäft (§ 323 Abs. 2 Nr. 2)
- Interessenabwägung (§ 323 Abs. 2 Nr. 3)
IV. Kein Ausschluss
- Eigene Vertragtreue des Gläubigers
- überwiegendes Verschulden / Gläubigerverzug
(§ 323 Abs. 6)
- Verjährung (§ 218 Abs. 1 S. 1) - vgl. aber § 216
Abs. 2 S. 2
V. Zusätzliche Voraussetzungen bei
Teilleistung/Schlechtleistung
(§ 323 Abs. 6)
- Interessenfortfall bei Teilleistung
- Erheblichkeit der Pflichtverletzung bei Schlechtl.
VI. Rücktrittserklärung
(§ 349)
-
-
VII. Rechtsfolge
(§§ 346 ff.)
Untergang der noch nicht erfüllten Leistungspflichten
Rückgewähr von Leistungen (§ 346 Abs. 1), Herausgabe von Nutzungen (§ 347 Abs. 1) schuldrechtlicher Anspruch, nicht automatische
Wiederherstellung
Hilfsweise Wertersatz (§ 346 Abs. 2) oder Schadensersatz (§ 346 Abs. 4, 280 ff.)
Verwendungsersatz (§ 347 Abs. 2)
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Exkurs: Die wichtigsten Prüfungsschemata im Allgemeinen Schuldrecht (Teil 4)
Anspruch auf
Ersatz des Verzögerungsschadens
(§§ 286 Abs. 1, 280 Abs. 1, 280 Abs. 2)
I. Schuldverhältnis
(§ 280 Abs.1 S.1 iVm § 311)
(Vertraglich oder gesetzlich, nicht rechtsgeschäftsähnlich iSv § 311 Abs. 2 oder 3)
-
-
II. Pflichtverletzung: Nichterfüllung einer
fälligen Leistungspflicht
(§ 286 iVm § 280 Abs. 1 S. 1 iVm § 241 Abs. 1)
Leistungspflicht besteht—kein Fall von § 275
Fälligkeit (§ 271)
Durchsetzbarkeit (keine Einrede)
Nichterfüllung / Schlechterfüllung (vgl. § 433
Abs. 1 S. 2)
Verzögerungsschaden = Verlust nur aufgrund
Verspätung, nicht „statt der Leistung“
III. Mahnung, Surrogat oder Entbehrlichkeit
(§ 286 Abs. 1 oder Abs. 2)
Abs. 1 S. 1: Mahnung—ernsthafte und eindeutige Aufforderung zur Leistung
Abs. 1 S. 2: Leistungsklage / Mahnbescheid
Abs. 2 Nr. 1: Kalendermäßige Bestimmung (oft!)
Abs. 2 Nr. 2: Ereignismäßige Bestimmung
Abs. 2 Nr. 3: Ernsthafte&endgültige Verweigerung (vgl. § 323 IV!)
Abs. 2 Nr. 4: Interessenabwägung (§ 281 Abs. 2)
Abs. 3: Entgeltforderung (Gegenleistung) 30
Tage nach Fälligkeit + Rechnungszugang
IV. Eigene Vertragtreue des Gläubigers
V. Vertretenmüssen
(§ 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4 iVm §§ 276 ff. BGB)
- Gesetzliche oder vertragliche Minderung oder
Verschärfung (etwa „Beschaffungsrisiko“ oder
„Garantie“) -> Eigenes Verschulden (§ 276 Abs.
1: Vorsatz oder Fahrlässigkeit) -> Zugerechnetes
fremdes Verschulden (§ 278)
- Beachte 287—nach Verzugseintritt
VI. Rechtsfolge
Schadensersatz wegen Verzögerungsschaden
(entgangene Gebrauchsvorteile, entgangener Gewinn, Rechtsverfolgungskosten)
Sonstige Verzugsfolgen
Verzugszinsen (§ 288)
- Abs. 3: Höherer Zinssatz wenn vertraglich vereinbart („anderer Rechtsgrund“)
- Abs. 2: 8 % über Basiszinssatz bei Entgeltforderungen (Gegenleistung!)
- Abs. 1: Wenn ein Verbraucher beteiligt, 5 % über
Basiszinssatz
- Abs. 4: Höhere Zinsen uU als Verzugsschaden
(z.B. Bankkredit)
- Zinseszinsverbot (§ 289)
- § 291: Rechtshängigkeitszinsen
Haftungsverschärfung (§ 287)
-
Haftung für „jede“ Fahrlässigkeit
(Haftungsmilderung wirkt nicht!)
Haftung für Zufall, wenn nicht auch bei
Gläubiger eingetreten
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 13: Grippewelle
K hat bei dem Kunsthandwerker V eine handgeschnitzte Holzfigur bestellt, die dieser am
Montag zur Abholung bereit halten soll. Jedoch ereilt V eine schwere Grippe, aufgrund derer
er die Figur nicht anfertigen kann. K setzt ihm daraufhin eine angemessene Nachfrist von
einer Woche. Obwohl V wieder gesund ist, sieht er sich so sehr durch andere Aufträge beansprucht, dass er fahrlässiger weise vergisst, die Figur anzufertigen.
Abwandlung: Wie wäre es, wenn V zunächst die Anfertigung der Figur vergessen hätte und
unmittelbar nach der Fristsetzung durch K krank wird—und sofort nach seiner Gesundung
sieben Tage später, aber nach Ablauf der Frist, mit der Herstellung der Figur beginnt?
Fall 14: Flugkünstler
K kauft bei V den Bausatz für ein Modellflugzeug, welchen V ihm ordnungsgemäß übergibt
und übereignet.
K hatte das (montierte) Flugzeug—was V nicht wusste—bereits mit einem Gewinn von 50 €
an X weiterverkauft, der das Flugzeug bei einer Flugshow eine Woche später präsentieren
wollte.
Bei der Montage des Flugzeugs stellt sich heraus, dass einige Teile des Bausatzes defekt waren. K klemmt sich den Finger ein und zerbricht bei der Montage einen Schraubenzieher. Die
Behandlungskosten betragen 100 €, der neue Schraubenzieher kostet 5 €.
K begehrt von V Nacherfüllung und setzt eine angemessene Frist von zwei Wochen. Eine
Woche später meldet sich X bei K und erklärt, das Flugzeug sei für ihn nunmehr, nach Ablauf
der Flugshow, wertlos und er lehne die Erfüllung ab. V repariert das Flugzeug in dieser
(zweiten) Woche.
K begehrt von V Ersatz der Behandlungskosten, der Kosten für den Schraubenzieher und den
durch den gescheiterten Weiterverkauf an X entgangenen Gewinn.
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 15: Ungewaschen und ungekämmt
K hat bei V eine Autowaschanlage erworben. V liefert ihm diese Anlage an einem Freitag,
übersieht aber grob fahrlässig, dass die Wasserzuleitung der Anlage defekt ist. Daraufhin
kann K die Anlage von Freitag bis Montag nicht nutzen. Erst am Montag informiert er V über
diese Schwierigkeiten. Daraufhin erscheint V am selben Tag und repariert die Anlage.
K begehrt Ersatz des über das Wochenende entgangenen Gewinns von 1.000 €. V meint, K
hätte ihm vorher Bescheid sagen müssen.
Hat K den behaupteten Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns von 1.000 €?
Fall 16: Computer-Spezialisten
K kauft bei V einen Computer. Einen Tag später stellt K fest, dass der Lüfter des Computers
defekt ist und dieser deshalb überhitzt. K verlangt von V Lieferung eines Ersatzgeräts. Der
souveräne V lehnt jeglichen Ersatzanspruch ab und meint, K bekäme das Ersatzgerät „am
Sankt-Nimmerleinstag“. K setzt dennoch eine angemessene Frist von 3 Wochen, die kaum
überraschend ohne Ergebnis verstreicht. Daraufhin versucht K den PC selbst zu reparieren,
wobei er ihn leicht fahrlässig zerstört. Nunmehr erklärt K den Rücktritt. V zahlt ihm den Kaufpreis aus—verlangt aber, nachdem er das völlig zerstörte Gerät von K übergeben bekommt
Wertersatz in Höhe von 2.000 € (dem Verkaufspreis) oder zumindest Schadensersatz von
1.500 € (den Kosten für einen Ersatzkauf).
Zu Recht?
Wichtige Begriffe IV (Nicht–/Schlechterfüllung von Leistungspflichten (§§ 323, 281, 286)
Fristsetzung (§ 281) = eindeutige bestimmte empfangsbedürftige Aufforderung zur Leistung unter
Setzen einer bestimmten Frist
Mahnung (§ 286) = ausdrückliche und ernsthafte Aufforderung zur Leistung (einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung)
Relative Fixschuld = Fristvereinbarung, dass Geschäft mit Einhaltung der Frist stehen und fallen soll
Indizien: „fix“, „genau“, „präzise“, „spätestens“
Absolute Fixschuld = die Parteien sind sich einig, dass eine Leistung nach dem vereinbarten Zeitpunkt
unter keinen Umständen mehr angenommen wird, insbesondere, weil sie für den Gläubiger völlig
wertlos geworden ist → bei nicht Einhaltung Unmöglichkeit
Rücktritt = Gestaltungsrecht durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung (§ 349)
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 6—Unmöglichkeit I (§§ 275, 283, 311a, 326)
Primäransprüche
Leistungspflichten des Schuldners
Gegenleistungspflichten des Gläubigers
Untergegangen (§§ 275 Abs. 1—3)
Grds. untergegangen (§ 326 Abs. 1)
Ausnahmen: § 326 Abs. 2
Sekundäransprüche des Gläubigers (5 Varianten)
Rücktritt, §§ 326 V iVm 346 ff.
Unsinnig neben stellvertrendem commodum (da volle
Rückabwicklung zur Rückgewähr des Ersatzes führt)
Unsinnig neben Rücktritt (da
teilweise Rückabwicklung ein
„Minus“ zur vollen Rückgewähr ist)
Auch neben Schadensersatz,
vgl. § 285 Abs. 2
Wenn Teilleistung noch möglich, aber Gläubiger am Vertrag gar
nicht mehr festhalten möchte
Rückgewährrecht, §§ 326 IV, 346
„kleiner Rücktritt“ - bei Vorleistung des Gläubigers;
nur „soweit“ Leistung unmöglich (Teilleistung)
„Stellvertretendes Commodum“, § 285
sinnvoll, wenn Ersatzanspruch größer als vom
Schuldner einklagbarer Schadensersatz
Auch neben Rücktritt, vgl. §
325 (entsprechend für § 326
Abs. 4)
Nur an Stelle des Schadensersatzes statt der Leistung
Schadensersatz statt der Leistung, § 311a II, §§ 280 I, III, 283
Ersatz möglicherweise entgangenen Veräußerungsgewinns, Kosten
für Ersatzbeschaffung
Aufwendungsersatz, § 284
wenn potentieller Gewinn bzw. Ersatzkosten niedriger
als Vorbereitungskosten
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Exkurs: Die wichtigsten Prüfungsschemata im Allgemeinen Schuldrecht (Teil 2)
Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung
wegen nachträglicher Unmöglichkeit
(§§ 283, 280 Abs. 1, 280 Abs. 3)
Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung
wegen anfänglicher Unmöglichkeit
(§ 311a Abs. 2)
I. Schuldverhältnis
(§ 280 Abs.1 S.1 iVm § 311)
I. Vertragliches (!) Schuldverhältnis
(§ 311a Abs. 2 iVm § 311a Abs. 1)
(Vertraglich oder gesetzlich, nicht rechtsgeschäftsähnlich iSv § 311 Abs. 2 oder 3)
(Gesetzliche Schuldverhältnisse sind nicht erfasst! Anfechtung des Vertrages ist ausgeschlossen)
II. Pflichtverletzung: nachträgliches Freiwerden von der
Leistungspflicht
(§ 283 iVm § 280 Abs. 1 S. 1 iVm § 275 Abs. 1 bis 3)
II. Nichtbestehen der Leistungspflicht
(§ 275 Abs. 1 bis 3)
(Keine „Pflichtverletzung“, da keine Leistungspflicht—
§ 280 ist nicht anwendbar!)
- „statt der Leistung“: Verlust wäre durch Erfüllung
zum letztmöglichen Moment nicht eingetreten
(Pflichtverletzung ist „Herbeiführung“ der Leistungsunfähigkeit, § 275 Abs. 4 )
- „statt der Leistung“: Verlust wäre durch Erfüllung
zum letztmöglichen Moment nicht eingetreten
III. Vertretenmüssen
(§ 280 Abs. 1 S. 2 iVm §§ 276 ff. BGB)
- Gesetzliche oder vertragliche Minderung oder Verschärfung (etwa „Beschaffungsrisiko“ oder
„Garantie“) -> Eigenes Verschulden (§ 276 Abs. 1:
Vorsatz oder Fahrlässigkeit) -> Zugerechnetes fremdes Verschulden (§ 278)
III. Zu vertretende Unkenntnis
(§ 311a Abs. 2 S. 2 iVm 276 ff.)
Kein Vertretenmüssen der Pflichtverletzung!
str.: Bei unverschuldeter Unkenntnis Schadensersatz
nach § 122 BGB analog?
IV. Rechtsfolge
IV. Rechtsfolge
1. Schadensersatz statt der Leistung
Berechnung nach Differenzhypothese— bei ggs. Verträgen: Wahlrecht zwischen Surrogations– und Differenzmethode
2. Schadensersatz statt der ganzen Leistung
(§ 283 S. 2 iVm § 281 Abs. 1 S. 2/3)
Grundsätzlich Schadensersatz nur soweit Leistung unmöglich—bei Teilleistung / irreparabler Schlechtleistung aber Ersatz für ganze Leistung nach § 281 Abs. 1
S. 2/3.
3. Stellvertretendes Commodum
(§ 285)
Ersatz, der an Stelle der unmöglich gewordenen Leistung getreten ist (z.B. Versicherungssumme) - Anrechnung auf Schadensersatz
4. Aufwendungsersatz
(§ 284)
„Anstelle“ des Schadensersatzes statt der Leistung—
sofern Zweck nicht auch ohne Nichtleistung nicht erreicht worden wäre
1. Schadensersatz statt der Leistung
Berechnung nach Differenzhypothese— bei ggs. Verträgen: Wahlrecht zwischen Surrogations– und Differenzmethode
2. Schadensersatz statt der ganzen Leistung
(§ 311a Abs. 2 S. 3 iVm § 281 Abs. 1 S. 2/3)
Grundsätzlich Schadensersatz nur soweit Leistung unmöglich—bei Teilleistung / irreparabler Schlechtleistung aber Ersatz für ganze Leistung nach § 281 Abs. 1
S. 2/3.
3. Stellvertretendes Commodum
(§ 285)
Ersatz, der an Stelle der unmöglich gewordenen Leistung getreten ist (z.B. Versicherungssumme) - Anrechnung auf Schadensersatz
4. Aufwendungsersatz
(§ 284)
„Anstelle“ des Schadensersatzes statt der Leistung—
sofern Zweck nicht auch ohne Nichtleistung nicht erreicht worden wäre
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 17: Herr der Ringe
Der tollpatschige 5-jährige X schubst den Multi-Milliardär Bill G, so dass dieser ohne Verschulden einen Blechring aus dem Kaugummiautomaten, den dieser zuvor für 10.000 € an
seinen Freund Steve J verkauft hatte, in einem tiefen See verliert. Für „günstige“ 500.000 €
kann der Ring von einem Spezialunternehmen gehoben werden. Steve J verlangt von Bill G,
dass dieser den Ring birgt.
Muss Bill G den Ring heben?
Abwandlung: Wie wäre es, wenn X den Bettler A geschubst hätte, der zufällig einen unbezahlbaren Diamantring aus dem Nachlass Napoleons geerbt hatte und diesen zuvor an den Antiquitätenhändler B für 1 Mio. € veräußert hatte, in einem tiefen See verliert. Die Bergung
kostet wiederum 500.000 €.
Muss Bettler A den Ring heben?
Fall 18: Ein Tollpatsch kommt selten allein
V verkauft K eine große alte Porzellanstatue im Wert von 10.000 € für 12.000 €.
Weil K das Kunstwerk am nächsten Tag bei V abholen will, stellt V die Statue auf den Hof.
Dabei übersieht er aber, dass der Boden so sandig ist, dass die Statue bei der geringsten Erschütterung umfallen wird.
Als K bei V eintrifft, tritt er aus Unachtsamkeit gegen die Statue, woraufhin diese umfällt und
vollständig zerstört wird. Ein Gutachten stellt fest, dass K ein Verschulden von 60 % und V
ein Verschulden von 40 % trifft.
Wer hat welche Ansprüche gegen wen?
Fall 19: Fairer Tausch?
Bauer B und Pferdeliebhaber P vereinbaren, dass B dem P seine Stute Emily gibt, wohingegen P ihm einen alten Traktor überlässt. Vor der Übereignung stirbt Emily an Unterernährung.
Kann P dem B seinen alten Traktor trotzdem geben und Schadensersatz in Höhe von 12.000
€ für den Erwerb einer mit Emily vergleichbaren Stute verlangen?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 20: Der große Schaden
K und V schließen einen Kaufvertrag über 10 exklusive Flaschen Champagner für je 100 €,
von denen V die letzten existierenden Exemplare lagert. K will diese Flaschen einsam und
alleine im Laufe der Jahre trinken. V hat aber bei Vertragsschluss fahrlässig verkannt, dass er
tatsächlich nur noch 5 Flaschen hat. Er liefert diese Flaschen an K.
K fragt, ob er Schadensersatz in Höhe der Kosten für einen vergleichbaren Ersatz von 200 €
in Bezug auf die fehlenden 5 oder sogar für alle 10 Flaschen verlangen kann.
Abwandlung: Hätte K einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn die Flaschen während der
Vertragsverhandlungen durch den Räuber R gestohlen worden wären (wovon V nichts wissen konnte)?
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 7—Annahmeverzug, Mitverschulden, Schadensrecht
Fall 21: Wer zu spät kommt...
A hat den B zu sich bestellt, damit dieser ihm endlich eine seit 3 Monaten Kaufpreisschuld
von 500 € begleicht. Als B bei A eintrifft ist dieser in der Stadt, da er sich dort mit seiner
Freundin in einem Café verquatscht hat. B wartet eine halbe Stunde und geht dann nach
Hause. Auf dem Rückweg wird er vom Räuber R überfallen, der ihm das als Kaufpreis gedachte Bargeld entwendet.
A begehrt weiterhin Zahlung. Zu Recht?
Fall 22: Der Autobahnraser
V aus Nürnberg verkauft zum ersten Mal etwas über Ebay. K aus Düsseldorf ersteigert die
von ihm angebotene CD-Sammlung. Weil V Versandkosten sparen will, schickt er die CDs
nicht wie ursprünglich vereinbart mit der Post, sondern gibt sie seinem Bruder B mit, der
ohnehin zur „Boot“ nach Düsseldorf fährt. K ist damit einverstanden. Auf der Autobahn hat
B einen von ihm grob fahrlässig verschuldeten Unfall; das Auto explodiert und die CDs
schmelzen.
Welche Ansprüche hat K?
Fall 23: Rentable Aufwendungen?
A kauft von B ein Bild für 20 €. Vor der Übereignung kauft er einen maßgefertigten Bilderrahmen für 50 €. Vor der Übergabe wird das Bild bei B aufgrund eines von diesem verschuldeten Brandes zerstört. A macht geltend, er hätte das Bild ohne Rahmen für 40 € und mit
Rahmen für 100 € weiterveräußern können. Der Rahmen als solcher ist objektiv wertlos, da
er für kein anderes Bild passt.
Kann er Ersatz für den Rahmen (50 €), den entgangenen Gewinn ohne Rahmen (20 €), den
entgangenen Verkaufspreis abzüglich des Preises für den Rahmen (30 €) oder sogar für beides (80 €) verlangen?
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 24: Parteien raus!
Die X-Partei, bekannt durch Slogans wie „Deutschland den Deutschen“ oder „Ausländer
raus!“ beschließt, ihren diesjährige Parteitag in der sozialliberalen Stadt S durchzuführen. Sie
mietet die Stadthalle von der Verwaltungsgesellschaft L-GmbH.
Nachdem schon hunderte von Werbezetteln verteilt worden sind, Hotelzimmer für die Redner reserviert wurden und alle Mitglieder telefonisch eingeladen wurden, erhält die X überraschend von der L die Nachricht, dass die Veranstaltung leider „aus technischen Gründen“
nicht stattfinden kann. Der Versuch hiergegen kurzfristig noch gerichtlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorzugehen scheitert und der Parteitag entfällt.
Die X begehrt Schadensersatz in Höhe ihrer Druckkosten, Hotelreservierungskosten und Telefongebühren von insgesamt 8.000 €. Die L-GmbH wendet ein, dass ohnehin kein Eintritt
verlangt worden wäre und so überhaupt keine „Gegenleistung“ bei Durchführung der Veranstaltung zu erwarten gewesen wäre.
Hat die X-Partei den behaupteten Anspruch?
Abwandlung: Wie wäre es, wenn die Veranstaltung ohnehin mangels Mitgliederinteresses
hätte abgesagt werden müssen?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 25: Gescheiterte Playboy-Party I
Playboy P beschließt, dass es mal wieder Zeit für eine Party ist. Er kauft in dem Kiosk des V
gegen eine Anzahlung von 500 € edlen Champagner, den dieser am Samstag Mittag pünktlich um 12.00 Uhr fix zu liefern verspricht. P erklärt V, er sei dringend auf eine pünktliche
Lieferung angewiesen, weil er am Abend viele Freunde mit einem standesgemäßen Getränk
versorgen müsse. Um 9.00 Uhr morgens ruft V bei P an und teilt ihm mit, dass er nicht
pünktlich liefern könne, weil sein Fahrer auf dem Weg zu P einen unverschuldeten Unfall
gehabt habe, bei dem das Transportfahrzeug, glücklicherweise nicht jedoch die Ware, beschädigt worden sei. Ein Ersatzwagen werde beschafft, eine Lieferung sei jedoch erst um ca.
19.30 Uhr möglich. P erwidert, die dann verbleibende Zeit reiche nicht, um den Champagner
vor Beginn der Party um 20.00 Uhr hinreichend zu kühlen, er „storniere“ den Vertrag. V besteht auf Abnahme und Zahlung des Champagners. Wie ist die Rechtslage?
Wie ist zu entscheiden, wenn der Fahrer des V den Unfall selbst verschuldet und P sich kurz
nach dem Anruf des V im einzigen Konkurrenzgeschäft zu einem um 100 € höheren Preis mit
Sekt eingedeckt hat?
Fall 26: Gescheiterte Playboy-Party II
V will den Sekt rechtzeitig anliefern, trifft P aber nicht an, weil dieser noch mit seiner Freundin Kaffeetrinken ist. V zieht unverrichteter Dinge wieder ab. Als P zwei Stunden nach der
Rückkehr des V in dessen Geschäft erscheint, um den Champagner selbst abzuholen, eröffnet ihm dieser, die ausgesuchten Flaschen seien zwischenzeitlich explodiert, weil sein Mitarbeiter M diese in den Heizungskeller und nicht in den Weinkeller gestellt habe. V verlangt
von P Bezahlung (500 €) und Ersatz der Kosten für den vergeblichen Transport (10 €). Außerdem soll P 25 € erstatten, die ihm (V) entgangen sind, weil er das Fahrzeug wegen der nicht
erfolgten Auslieferung an P nicht für ein anderes Geschäft hatte nutzen können. Das sieht
nun P überhaupt nicht ein. Er hat in seiner AG gelernt, er müsse nicht zahlen, wenn er selbst
nichts mehr zu fordern habe.
Wie ist die Rechtslage?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 6—Schadensersatz wegen Schutzpflichtverletzung (insb. statt der Leistung)
Schadensersatz wegen Verletzung von Rechten, Rechtsgütern und Interessen nach § 241 Abs. 2 BGB
An§ 280 I: Schadensersatz neben der Leistung
§ 282: Schadensersatz statt der Leistung
A. Schuldverhältnis
I. Wenn Schadensersatz neben der Leistung: auch vorvertragliches Verhältnis im Sinne von § 311 II, III
II. Ansonsten: rechtsgeschäftliches oder gesetzliches Schuldverhältnis mit Leistungspflicht (§ 241 I)
B. Verletzung von Rechten, Rechtsgütern und Interessen
Schützen „Integritätsinteresse“ = status quo ante—dienen nicht unmittelbar Vertragszweck
Sind nicht separat aus dem Vertrag einklagbar (keine Leistungspflichten!)
Fallgruppen:
Aufklärungspflichten
Mitwirkungspflichten
Verschwiegenheit
Schutzpflichten i.e.S.
Treuepflichten
Leistungstreuepflichten
„Wesentlichkeit“ bzw. „Unzumutbarkeit“ nur bei SchE statt der Leistung (siehe unten)
C. Vertretenmüssen
siehe oben—hier regelmäßig eigenes oder zugerechnetes (§ 278) Verschulden;
keine allgemeine Milderung bei Unentgeltlichkeit
D. Schaden
neben der Leistung
„statt der Leistung“ = statt der ganzen Leistung
keine weiteren Voraussetzungen
grds. Naturalrestitution (§ 249)
Ausnahmsweise Geld (§ 251)
nur wenn Vertrauensgrundlage zerstört
= Leistung durch Schuldner ist „unzumutbar“
„Schmerzensgeld“ (§ 253)
= Relevanz der Pflichtverletzung für Vertragszweck
(nicht Unzumutbarkeit aus anderem Grund!)
= Abwägung unter Berücksichtigung der Schwere
der Pflichtverletzung, des Verschuldens
und der Wahrscheinlichkeit von Wiederholungen
(insb. Abmahnung)
Abgrenzung: Auf welche Tätigkeiten / Unterlassungen kann man unmittelbar
aus dem Vertrag klagen (§ 241 Abs. 1)?
30
Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Exkurs: Die wichtigsten Prüfungsschemata im Allgemeinen Schuldrecht (Teil 5)
Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung
wegen Schlecht– oder Nichtleistung
(§§ 282, 280 Abs. 1, 280 Abs. 3)
I. Schuldverhältnis
(§ 280 Abs.1 S.1 iVm § 311)
(Vertraglich oder gesetzlich, nicht rechtsgeschäftsähnlich iSv § 311 Abs. 2 oder 3)
II. Pflichtverletzung: Verletzung einer Schutzpflicht
i.w.S.
(§ 282 iVm § 280 Abs. 1 S. 1 iVm § 241 Abs. 2)
- Keine Leistungspflicht (sonst § 281)
- Verletzung von Rechten, Rechtsgütern oder
Interessen
- durch rechtswidrige Handlung (positiv feststellen bei bloßer Rechts– oder Interessenverletzung!)
- „statt der Leistung“: Verlust wäre durch Erfüllung zum letztmöglichen Moment nicht eingetreten
III. Leistung durch den Schuldner nicht mehr zumutbar
(§ 282)
- Unzumutbar wegen der Pflichtverletzung (nicht
aus anderem Grund!)
- Regelmäßig Abmahnung erforderlich
- Abwägung unter Berücksichtigung der Schwere
der Pflichtverletzung, des Verschuldens
und der Wahrscheinlichkeit von Wiederholungen
IV. Vertretenmüssen
(§ 280 Abs. 1 S. 2 iVm §§ 276 ff. BGB)
- Eigenes Verschulden (§ 276 Abs. 1: Vorsatz oder
Fahrlässigkeit) -> Zugerechnetes fremdes Verschulden (§ 278)
V. Rechtsfolge
1. Schadensersatz statt der ganzen Leistung
Berechnung nach Differenzhypothese— bei ggs.
Verträgen: Wahlrecht zwischen Surrogations– und
Differenzmethode; Wahlrecht—§ 281 Abs. 4
2. Aufwendungsersatz
(§284)
„Anstelle“ des Schadensersatzes statt der Leistung—sofern Zweck nicht auch ohne Nichtleistung
nicht erreicht worden wäre
Rücktritt wegen Schlecht– oder Nichtleistung (§ 324)
kein Anspruch, sondern
„Untergang“ der Leistungspflicht
I. Gegenseitiger Vertrag
(§ 324 iVm § 311 Abs. 1)
- „do ut des“
II. Verletzung einer Schutzpflicht i.w.S.
(§ 324, § 241 Abs. 2)
- Keine Leistungspflicht (sonst § 281)
- Verletzung von Rechten, Rechtsgütern oder
Interessen
- durch rechtswidrige Handlung (positiv feststellen bei bloßer Rechts– oder Interessenverletzung!)
III. Leistung durch den Schuldner
nicht mehr zumutbar
(§ 324)
- Unzumutbar wegen der Pflichtverletzung (nicht
aus anderem Grund!)
- Regelmäßig Abmahnung erforderlich
- Abwägung unter Berücksichtigung der Schwere
der Pflichtverletzung, des Verschuldens
und der Wahrscheinlichkeit von Wiederholungen
IV. Rücktrittserklärung
(§ 349)
-
-
V. Rechtsfolge
(§§ 346 ff.)
Untergang der noch nicht erfüllten Leistungspflichten
Rückgewähr von Leistungen (§ 346 Abs. 1), Herausgabe von Nutzungen (§ 347 Abs. 1) schuldrechtlicher Anspruch, nicht automatische
Wiederherstellung
Hilfsweise Wertersatz (§ 346 Abs. 2) oder Schadensersatz (§ 346 Abs. 4, 280 ff.)
Verwendungsersatz (§ 347 Abs. 2)
31
Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 8 Schuldverhältnisse mit Drittbezug, Drittschadensliquidation
Haftung für Schäden Dritter (§ 311 Abs. 3 S. 1) - „Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte“
Leistungsnähe
Dritter kommt mit Leistung bestimmungsmäßig in Berührung
+ ist damit verbundenen Risiken in gleichem Maße wie Gläubiger ausgesetzt
(z.B. Angehörige, Arbeitnehmer—nicht Besucher)
Gläubigernähe
Gläubiger muss berechtigtes Interesse am Schutz des Dritten haben
bei Körper-/Sachschäden mitverantwortlich für „Wohl + Wehe“
bei Vermögensschäden: Keine Ausweitung des Haftungsrisikos,
vertragliche Nähebeziehung, sonstige Umstände
Erkennbarkeit
Haftungsrisiko muss kalkulierbar bleiben => nur überschaubare/klar abgrenzbare Personengruppe
Schutzbedürftigkeit
Dritter darf keinen gleichwertigen vertraglichen Anspruch haben
Fall 27: Marodes Mietshaus
Bankier B gehören mehrere Mietshäuser. In einem von Ihnen bewohnt Mieter M eine Vierzimmerwohnung mit seiner Familie, zu der auch die siebzehnjährige Tochter T gehört. Diese
kommt eines Tages auf der Treppe zu Fall, erleidet Schürfwunden sowie langwierige und
schmerzhafte Prellungen, außerdem werden ihr weißes Kleid stark beschmutzt und ihre
Strumpfhose zerrissen. Wie sich herausstellt, war der Sturz auf eine schadhafte Treppenstu-
fe zurückzuführen, deren schlechten Zustand der von Reich angestellte, an sich sehr zuverlässige Hausmeister Hilf nicht bemerkt hatte.
1. T nimmt den gleichfalls gewissenhaften B auf Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie auf
Ersatz der Kosten für die Reinigung und eine neue Strumpfhose in Anspruch. Zu Recht?
2. Angenommen, nicht M´s Tochter T, sondern ihre gleichaltrige Freundin F, der M seit einiger Zeit Nachhilfeunterricht erteilt, wäre gestürzt. Könnte F von B entsprechenden Ersatz
verlangen?
3. Angenommen, T wäre schon bei der Besichtigung der Wohnung gestürzt, die ihre Eltern
mit vor Abschluss des Mietvertrags vornahmen. Wie wäre Frage 1 jetzt zu beantworten?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 28: Künstlerische Anwandlungen
Um seine angeschlagenen Finanzen aufzubessern beschließt Playboy P, sich als Gehilfe des
Malermeisters M zu verdingen. X möchte seine Wohnung streichen lassen und beauftragt
hierzu M, der für die Arbeiten mehrere Tage veranschlagt. X leistet eine Anzahlung von
300 €. Schon am ersten Tage stößt P beim Anstreichen aus Unachtsamkeit einen Farbeimer
um und verunreinigt den Teppichboden des X. Damit aber nicht genug: P findet die Freundin
des X, Studentin S, die die Arbeiten mit beaufsichtigt, außerordentlich attraktiv und lässt sich
zu Anzüglichkeiten hinreißen, welche diese jedoch als beleidigend empfindet. X ist hierüber
so verärgert, dass er gegenüber M erklärt, er lege auf dessen Tätigkeit keinen Wert mehr.
Bereits für den nächsten Tag beauftragt X einen anderen Anstreicher, der um 100 € teurer
ist. Diesen Betrag und 60 €, die er für die Teppichreinigung hat aufwenden müssen, verlangt
X von M ersetzt. Außerdem will er die geleistete Anzahlung (300 €) abzüglich einer angemessenen Vergütung für die schon erbrachten Arbeiten (100 €) zurück.
Zu Recht?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 9 Kaufvertragsrecht
Kauf (§§ 433-479) und Werkvertrag (§§ 631-651)
Anwendungsbereich
Kaufvertrag
Unmittelbar: bestehende bew./unbew.
Sache gegen Geld
§ 480 (Tausch): bestehende bew./unbew.
Sache gegen andere Sache
§ 453 (Rechtskauf): Rechte oder sonstige
Gegenstände (Unternehmen) gegen Geld
§ 651 S. 1 (WerklieferungsV):
Lieferung/ Herstellung neuer Sache gg Geld
Werkvertrag
Unmittelbar: Herstellung/Bearbeitung
unbeweglicher Sache gegen Geld
Unmittelbar: Bearbeitung beweglicher
Sachen (Reparaturen)
Unmittelbar: immaterielle Werke
Unmittelbar:
Sonstige erfolgsbezogene Leistungen
Analogie:
Andere Gegenleistung als Geld/Sachen
Pflichtverletzung = Sach– oder Rechtsmangelhafte Leistung (§§ 433 Abs. 1 S. 2/ 633 Abs. 1)
bei Gefahrübergang (§§ 446, 447, Erwerb/ §§ 640, 644 I 2, 646, 644 II iVm 447)
Sachmangel (§ 434 / § 633 II)
Rechtsmangel (§ 435 / § 633 III)
§ 434 I 1, § 633 II 1: Beschaffenheitsvereinbarung
§ 434 I 2 Nr.1, § 633 II 2 1: vereinbarte Verwen-
§ 435 1; 633 III: Keine/nur vereinbarte Rechte
Dritter
§ 434 I 2 Nr.2, § 633 II 2 2: gewöhnl. Verwendung
§ 434 III, 1.V.; § 633 II 3 1.V.: Aliudlieferung
§ 435 2: Fehlerhaftes im Grundbuch eingetragenes Recht
§ 434 III, 2.V.; § 633 II 3 2.V.: Zuweniglieferung
§ 434 II 1: Falsche Montage durch Verkäufer
§ 434 II 2: Falsche (fehlende) Anleitung + Auswirkung auf Montage durch Käufer
Rechte des Käufers / Bestellers
Nacherfüllung (§ 437 Nr. 1; § 634 Nr. 1): - § 439: Käuferwahlrecht; § 635: Unternehmerwahlrecht
+ Fristsetzung
Selbstvornahme (§ 634 Nr. 2): § 637 nur Werkvertragsrecht
Minderung (§ 437 Nr. 2 2. Var.; § 634 Nr. 3, 2. Var.;): § 638, 636; 441
+ Erheblichkeit
+ Vertretenmüssen
Rücktritt (§ 437 Nr. 2 1. Var. / § 634 Nr. 3, 1. Var.): § 440; § 346 ff., 323, 326 V
Schadensersatz (§ 437 Nr. 3; 634 Nr. 4) / Aufwendungsersatz § 284
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 29: Hochzeitstag
Am 2. Januar 2012 (Montag) entdeckte K im Katalog des Versandhauses V ein Diamantcollier, das 25.000 € kosten sollte. Er entschloss sich, das Collier für seinen in drei Jahren bevorstehenden fünfzigjährigen Hochzeitstag zu erwerben. Er bestellte die Ware bereits in Geschenkverpackung.
Aufgrund eines Versehens in der Verpackungsabteilung übersandte ihm V jedoch einen
Blechkochlöffel für 5 € in einer Packung gleicher Größe. K nahm das Paket am 6. Januar 2012
(Freitag) in Empfang. Die Fehllieferung war von außen nicht zu erkennen.
Am 16. Oktober 2014 (Donnerstag), dem fünfzigsten Hochzeitstag, übergab K das verschlossene Paket seiner Ehefrau. Nach dem Öffnen fühlte sich diese tödlich beleidigt und schlug
ihren Mann mit dem Kochlöffel auf den Kopf, wovon K eine Woche lang erhebliche Schmerzen hatte. K verlangt von V Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises und ein angemessenes
Schmerzensgeld, hilfsweise Lieferung des Diamantcolliers. V meint, K komme dafür zu spät.
Zu Recht?
Abwandlung: Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn V absichtlich etwas falsches verschicken
ließ, um Geld zu sparen?
Bearbeitervermerk: Deliktische Ansprüche sind nicht zu prüfen.
Fall 30: eBay-Dealer
X verkauft über eBay seine CD-Sammlung, weil er auf Schallplatten umsteigen will. Darunter
sind auch einige originalverpackte CDs, die ihm Freunde geschenkt hatten, obwohl er sie
schon besaß. Hierzu bietet er in einem Zeitraum von 18 Monaten monatlich jeweils rund 5
einzelne seiner insgesamt 90 CDs an und schreibt auf die Angebotsseite folgenden Text:
„Dies ist eine Privatauktion. Sämtliche Gewährleistungsansprüche sind ausgeschlossen“. K
erwirbt eine originalverpackte CD und stellt nach dem Auspacken fest, dass diese aufgrund
eines nicht erkennbaren und dem X auch nicht bekannten Kratzers nicht abspielbar ist.
K möchte seinen Kaufpreis zurück erhalten; X verweigert dies unter Hinweis auf den Gewährleistungsausschluss. Hat K gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises?
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Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 31: Gekauft wie gesehen
K besichtigt beim Gebrauchtwagenhändler V einen Gebrauchtwagen. K unterzeichnet nach
eingehender Besichtigung und Probefahrt einen Kaufvertrag, auf dem handschriftlich vereinbart ist, dass der Wagen gekauft wird wie gesehen. K bezahlt und erhält den Wagen. Später
stellt sich heraus, dass der Wagen beim Ausparken im Zusammenstoß mit einem anderen
Fahrzeug einen Lackschaden am Kotflügel davongetragen hatte, der für € 200 behoben wurde. Bei näherem Hinsehen wirkte die neu lackierte Stelle gegen das Licht etwas matter als
der Rest des Autos. Dies hatte K nicht bemerkt. V wusste von dieser Reparatur, hatte sie
aber verschwiegen. K erklärt V den Rücktritt und verlangt Rückabwicklung des Kaufvertrags.
Zu Recht?
Abwandlung: K trifft zu früh für die Besichtigung und Probefahrt ein. V ist noch beschäftigt. K
hört derweil dem Azubi A des V zu, der am Eingang des Geländes steht und den Passanten
unter Hinweis auf eine Werbetafel begeistert von der seltenen und noch vollständigen Lackierung des von K begehrten Autos erzählt. K gefiel das Auto bereits vorher, fühlt sich aber
in seiner Kaufabsicht bestärkt. Mit V spricht er nicht über die Lackierung. Alles weitere pas-
siert wie im Ausgangsfall. K erklärt V den Rücktritt, weil die wertvolle Lackierung nicht vollständig sei. V meint, er habe von der Lackierung weder etwas gewusst noch gesagt. Ändert
sich etwas?
Fall 32: Lästiges Tapezieren
K kauft im Baumarkt des V eine neue Tapete für seine Wohnung. Nach dem Tapezieren stellt
sich heraus, dass diese einen Gelbstich entwickelt. V meint, dies läge am verwendeten, untauglichen Tapetenkleber. K meint, die aufgehängte Tapete wäre mangelhaft. Er begehrt
eine neue Tapete, Ersatz der Kosten für die Entfernung der aufgehängten Tapete (100€) und
Ersatz für das Anbringen der neuen Tapete (150€). Beurteilen Sie folgende Varianten:
a) Es ist nicht nachweisbar, ob die Ursache der Kleber oder die Tapete war.
b) Nachweislich war die Tapete defekt, allerdings ist nicht klar, ob diese von Anfang an gelbstichig war oder dies erst nach einiger Zeit auftrat.
c) Als V sich (trotz nachweislicher Mangelhaftigkeit der Tapete) beharrlich weigert, lässt K
die Tapete durch den Handwerker H entfernen und begehrt nunmehr Ersatz der dadurch
entstandenen Kosten.
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 33: Turbo-PC
K kauft beim im Handelsregister eingetragenen PC-Händler V einen PC „PXA-600“ (Wert: 800
€) inkl. Tastatur und Maus für 1.000 €. Als er zwei Tage später in das Ladenlokal des V
kommt, um den PC zu bezahlen und abzuholen, wird ihm von dem dort beschäftigten Angestellten A, der die Handschrift des V auf dem Bestellformular nicht lesen konnte, ein äußerlich sehr ähnlicher PC „PXA-800“ (Wert: 1.000 €, Verkaufspreis 1.200 €) übergeben. Weder V
noch K erkennen, dass die Maus des PCs defekt war, weshalb er tatsächlich nur einen Wert
von 950 Euro hatte.
Zwei Tage später bemerkt V den Irrtum und verlangt den PC heraus. K meint, er würde trotz
der defekten Maus am Vertrag festhalten wollen und sehe den PC als mangelhafte Erfüllung
an.
1. Kann V von K den „PXA-800“ unter Angebot des „PXA-600“ heraus verlangen?
2. Kann V, nachdem K sich beharrlich weigert, von ihm zumindest Zahlung der Wertdifferenz
von 200 (Differenz zwischen realem Verkaufspreis in mangelfreiem Zustand und gezahltem
Preis) bzw. zumindest 150 Euro (Wertdifferenz angesichts der defekten Maus) verlangen?
3. Nach einiger Zeit gibt V ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Herausgabe- und Zahlungsverlangen auf. Als K von V nunmehr Reparatur der Maus verlangt, lehnt V dies ab.
Er will K allenfalls den eigentlich bestellten PC liefern. Zu Recht?
Fall 34: Weinbestellung
P und N bestellen beim Weingut V jeweils 100 Flaschen Rotwein. V hat jedoch nur 109 Flaschen auf Lager. Daher liefert er an P 99 Flaschen, an N 10 Flaschen. N hatte vor, zum
Abendessen ab und zu eine Glas Wein zu trinken. P wollte auf einer große Party mit exakt
100 Gästen jedem Besucher eine Flasche schenken. P befürchtete, dass es zu einem Eklat
komme, wenn jemand leer ausginge.
P und N möchten beide zurücktreten. V meint, eine Abweichung von 1 % sei unerheblich;
jedenfalls aber habe N kein Interesse daran, genau 100 Flaschen zu bekommen.
Wie ist die Rechtslage?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 10 Schenkungsvertrag
Schenkungsvertrag §§ 516-534
Zuwendung = Be-/ Entreicherung
Unentgeltlich = Einigung,
dass keine Gegenleistung
Plicht zur Erfüllung (§ 516 I)
Widerruf bei grobem Undank
(§§ 530-533)
Handschenkung § 516 I
Rückforderung bei Verarmung
(§§ 528, 529)
Schenkungsversprechen:
§ 518 I: not. Beurkundung, §
518 II: Heilung durch Vollzug
Einrede des Notbedarfs § 519
Gemischte Schenkung, wenn
vereinbart, dass teilweise
unentgeltlich
Schenkung unter Auflage §§ 525527
§ 523: Rechtsmängel SE nur bei
arglistigem Verschweigen
§ 524: Sachmängel:
SE nur bei Arglist;
Nachlieferung bei Gattungsschuld
+ mind. grob. Fahrlk.
Haftungsmilderung: auf grobe
Fahrlässigkeit und Vorsatz (§ 521)
Fall 35: Der geschenkte Gaul
Der reiche W besitzt ein Pferdegestüt. Seine Lieblingsstute R, ein heißblütiges Rennpferd,
wird regelmäßig von seiner Nichte N zum Ausritt genutzt. Eines Tages beschließt W, dass das
Pferd der N gehören soll. Weil er aber weiß, dass diese nur wenig Geld hat, andererseits
aber keine Geschenke annimmt, will er ihr das Pferd (Wert: 40.000 €) für 100 € „verkaufen“.
Die N ist begeistert und stimmt zu.
1.
Einen Monat nach der Schenkung stellt sich heraus, dass die R eine ansteckende
Krankheit hatte und alle anderen Pferde in ihrem Stall ansteckte. Dadurch entsteht ein
Schaden von 35.000 €. Der Pferdekenner W hatte dies aufgrund leichter Fahrlässigkeit
nicht erkannt, die N konnte dies nicht erkennen. Kann die N von W Ersatz des Schadens verlangen?
2.
Schon bald darauf verschlechtert sich das Verhältnis von W und N. Eines Tages schlägt
die N in einem hysterischen Anfall den W. W möchte wissen, ob er das Pferd oder jedenfalls 39.900 € zurückbekommen kann.
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 11—Miete, Leasing
Minderung, § 536 BGB
1. Wirksamer Mietvertrag
2. Überlassung der Sache an den Mieter
3. Mangel im Zeitpunkt der Überlassung oder später aufgetreten
a. Mangelhaft = nicht im vertragsgemäßen Zustand, nicht tauglich zum vertragsgem. Gebrauch
b. Zugesichert = Parteien haben Vorhandensein vereinbart und Vermieter hat Gewähr in der Weise übernommen, für alle Folgen einzustehen.
c. nicht unerheblich = Mangel verschwindet bald selbst oder kann vom Mieter mit ganz geringem Aufwand selbst beseitigt werden
4. Kein Ausschluss der Gewährleistung: Kenntnis des Mangels etc.
5. Rechtsfolge: (automatische) Minderung als rechtsvernichtende Einwendung.
Schadensersatz, § 536a BGB
1. Wirksamer Mietvertrag
2. Überlassung der Sache an den Mieter
3. Mangel bei Vertragsschluss (a.) oder danach (b.), oder keine Beseitigung (c.).
a. Sache muss überlassen worden sein (Wortlaut § 536, 536a BGB).
b. Verschuldensabhängig: §§ 276, 278 BGB.
c. Verzug nach § 286 BGB
4. Kein Ausschluss der Gewährleistung: Kenntnis des Mangels etc.
5. Rechtsfolge: Ersatz aller Mangel- und Mangelfolgeschäden.
Aufwendungsersatz, § 536a Abs. 2 BGB
1. Wirksamer Mietvertrag
2. Überlassung der Sache an den Mieter
3. Gewährleistungsgrund, § 536
4. Beseitigungsgrund
a. Verzug der Beseitigung durch den Vermieter
b. Besondere Eilbedürftigkeit
5. Aufwendungen getätigt (= freiwillige Vermögensopfer)
6. Kein Ausschluss
a. Bei eigener Instandhaltungspflicht
b. Schaden selbst zu vertreten
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Beendigung des Mietverhältnisses
Aufhebungsvertrag
Kündigung
Außerordentliche Kündigung von Wohnraum, § 543
1. Kündigungsgrund = „wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der anderen Vertragspartei und unter Abwägung
der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu dessen sonstigen Beendigung nicht zugemutet werden kann.“
2. Abhilfefrist gesetzt oder entbehrlich
3. Kündigungserklärung
4. Widerspruch des Mieters wg. „sozialer Härte“, § 574 ff.
Ordentliche Kündigung von Wohnraum, § 573 ff.
Zeitmietvertrag endet mit der vereinbarten Zeit
 § 542 Ende nach vereinbarter Zeit
 § 545 stillschweigende Verlängerung mit Widerspruchsmöglichkeit des Vermieters
 Bei Wohnraum: befristetes Mietverhältnis nach § 575 möglich
Fall 36—Billige Bleibe
Studentin S bewohnt eine kleine Dachgeschosswohnung in Bonn. Ihr Vermieter, Playboy P
lässt am ihm ebenfalls gehörenden Dach des Nachbarhauses Arbeiten von der Dachdeckerin
D durchführen.
Die etwas ungeschickte D, die zuvor Jura studiert hatte, beschädigt versehentlich das Schlafzimmer der S. S, die sich auf einen kuscheligen Abend mit ihrem Freund gefreut hat, findet
bei ihrer Heimkehr das Zimmer durch den intensiven Herbstregen verwüstet.
1. S verlangt von P Reparatur des Fensters und Ersatz der zerstörten Schlafzimmereinrichtung.
2. Einige Wochen später sinken die Außentemperaturen erheblich. Da die Heizung defekt ist,
erreicht S trotz voll aufgedrehten Thermostats nur Zimmertemperaturen von rund 17 ° Celsius. S möchte daher nicht die volle Miete, sondern nur einen Teil bezahlen. Zu Recht?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Fall 37: Geleast ist noch zu teuer
Der erfolgreiche Rechtsanwalt R will sich zu repräsentativen Zwecken einen neuen Dienstwagen besorgen. Um seine beträchtlichen Steuerverpflichtungen zu senken, entscheidet er sich
dafür, einen Neuwagen zu leasen. Der Wagen wird vom Autohändler A geliefert. Die Finanzierung übernimmt die Nationalbank. In dem zwischen der N-Bank und R geschlossenen formularmäßigen Finanzierungsleasingvertrag heißt es unter anderem:
-
"Der Leasinggeber haftet nur für Mängel der Leasingsache i.S.d. §§ 536 ff. BGB, wenn das
Leben, der Körper oder die Gesundheit verletzt werden bzw. wenn die Rechtsgutsverletzung auf grobem Verschulden oder Vorsatz beruht. Im übrigen ist die Haftung ausgeschlossen."
-
"Der Leasinggeber tritt seine Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten an den
Leasingnehmer ab."
Nach einigen Monaten treten an dem Wagen Getriebeprobleme auf. R wendet sich an A.
Nach mehreren vergeblichen Reparaturversuchen des A schickt R dem A einen Brief, in dem
er dem A den Rücktritt wegen Sachmängeln erklärt. A schreibt zurück, da er den Fehler nicht
habe finden können, müsse er diese Entscheidung akzeptieren. Daraufhin gibt R den Wagen
an A zurück und stellt unter Hinweis auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages die Zahlung
der Leasingraten an die N-Bank ein. Kurz darauf wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des A eröffnet. Die N-Bank verlangt von R weiterhin Zahlung der Raten in Höhe von
500,- € pro Monat. Zu Recht?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
§ 12 Reisevertrag und Darlehen
Reisevertrag §§ 651a—651m
§ 651a: Gesamtheit
von
Reiseleistungen
durch
„Reiseveranstalter“
§ 651c: Mangelhaft wenn Reise
zugesicherte Eigenschaft
(=Garantie) nicht besitzt oder Fehler (=negative Abweichung der Ist–
von der Sollbeschaffenheit)
Reisebüro = Vermittlungsvertreter
§ 651g I: Ausschlussfrist
§ 651g II: Verjährung
Rechte:
§ 651c Abhilfe (=Anzeige); wenn fruchtlos: Selbsthilfe + Aufwendungsersatz
§ 651d Minderung (nach Anzeige)
§ 651e Kündigung (nach Fristsetzung +
Erheblichkeit)
§ 651f Schadensersatz (nach Fristsetzung
+ Vertretenmüssen), inkl. „Vertaner Urlaub“
Fall 38: Der Grusel-Mootcourt
Der Wissenschaftliche Mitarbeiter M betreut ein „Moot Court Team“ aus 8 Studenten, welches eine Woche in Hong Kong gegen Konkurrenten aus aller Welt antritt. Er bucht für die
Teilnehmer und sich selbst jeweils einen Flug und ein Hotel . Vorher verkündet er (auf der
Erfahrung des Vorjahres), dass sowohl die Fluggesellschaft als auch das Hotel zur Spitzenklasse gehören. Die Bezahlung erfolgt durch Sponsorengelder.
In Hong Kong angekommen stellt sich heraus, dass das Hotel von Kakerlaken befallen ist.
Trotz zahlreicher Beschwerden unternimmt M nichts. Teilnehmerin T wird im Bett von einer
Ratte gebissen und muss mit einem Nottransport nach Deutschland zurückgeflogen werden.
Dort verbleibt sie einen Monat im Krankenhaus.
Auch der Rückflug gestaltet sich problematisch: Der Flug hat 90 Minuten Verspätung, sodass
der Anschluss von Amsterdam nach Düsseldorf verpasst wird. Die Teilnehmer müssen daraufhin auf eigene Kosten einen Ersatzflug zum Aufpreis von 200 € erwerben.
Welche Rechte haben die Teilnehmer, insbesondere T gegen M?
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Prof. Dr. Michael Beurskens
Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht I
Darlehen (§ 488)—Voraussetzungen
1. Mindestvoraussetzung: Vertrag über zeitweise Übereignung von Geld (Zahlung & Rückzahlung)
2. Möglich, aber nicht erforderlich: Zinsen, Ort & Zeit der Auszahlung (oft AGBs)
3. Nichtigkeitsgründe, insbesondere § 138 Abs. 1, Abs. 2 (auffälliges Missverhältnis, Zwangslage)
Bei Nichtigkeit: Rückgewähr nach § 812 I 1, 1. Var.;
kein Anspruch auf Zinsen; Rückzahlung erst zum vereinbarten Zeitpunkt
4. Verbraucherdarlehen: besonderer Schutz nach §§ 491 ff.; siehe auch AGB-Recht
Darlehen (§ 488)—Pflichten und ihre Verletzung
Darlehensgeber übereignet Geld an Darlehensnehmer (§ 488 Abs. 1 S. 1)
Darlehensgeber nimmt Geld ab, zahlt zurück, zahlt Zinsen (§ 488 Abs. 1 S. 2)
Bei Verletzung: Unmittelbare Anwendung der §§ 280 ff.
Bei verspäteter Rückzahlung: Vereinbarte Zinsen + Verzugszinsen (§ 288)
Darlehen (§ 488)—Beendigung
Erfüllung (§ 362) mit Rückzahlung—Sparbuchinhaber gilt als legitimiert (§ 808)
Ordentliche Kündigung (§ 488 Abs. 3); auch, durch D-Nehmer (§ 489)
Außerordentliche Kündigung (§ 490 I), durch Darlehensnehmer (§ 490 II)
Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314)
Fall 39: Spar‘ Dich reich!
Xaver hat bei der Sparkasse S ein Sparbuch für seine Tochter T mit einem Guthaben von
5.000 € angelegt. Eine Rückzahlung sollte nur nach einer Kündigungsfrist von 12 Monaten
erfolgen. Sein 17-jähriger Sohn Rudolph verschaffte sich das Buch und hob 1.000 € ab, für
welche er sich ein neues Outfit beschaffte. Als X eine Woche später das Sparbuch kündigte
und Rückzahlung verlangte, erhielt er nur 4.000 €.
X begehrt von S Zahlung weiterer 1.000 €. Zu Recht?
Wäre die Lage anders, wenn T das Geld abgehoben hätte und keine Kündigungsfrist bestanden hätte?
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