Wie groß ist das FSME-Risiko in Österreich und in der Schweiz?

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Wie groß ist das FSME-Risiko in Österreich und in der Schweiz?
Wie groß ist das FSME-Risiko in Österreich und in der Schweiz?
- Impfprogramm in Österreich – eine Erfolgsstory Prof. Dr. med. Herwig Kollaritsch
Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin
Medizinuniversität Wien
Unbestritten ist die von Zecken übertragene Flaviviruserkrankung „Frühsommer-Meningoenzephalitis“, die FSME, die wichtigste virale Hirnhautentzündung des ost- und
zentraleuropäischen Raumes. Alleine Russland dürfte jährlich rund 11.000 Fälle beobachten, in den zentral- und osteuropäischen Ländern werden rund 4.000 Fälle pro
Jahr gemeldet, wobei hier sicher von einer beachtlichen Dunkelziffer auszugehen ist,
da nicht in allen Fällen das klinische Vollbild der viralen Gehirnhautentzündung den
Verdacht auf die FSME lenkt. Insgesamt zeigen die Meldungen der letzten Jahrzehnte einen konstanten Anstieg der Fallzahlen und eine geografische Ausdehnung der
Endemiezonen in westlicher Richtung.
Hauptüberträger im europäischen Raum ist Ixodes ricinus, der Holzbock, eine Zeckenart, die weit verbreitet ist. Rund 0,5 bis 5 Prozent der Zecken in endemischen
Gebieten sind infiziert, wobei typischerweise kleinräumige Cluster von infizierten Zecken zu beobachten sind. Zusätzlich zur Zeckenübertragung werden gelegentlich
(v. a. in den baltischen Staaten) Übertragungen durch unpasteurisierte Milchprodukte
beobachtet.
FSME kommt typischerweise saisonal vor: Beginnend mit dem Frühling, meist ab
Ende März, steigen die Erkrankungszahlen in den Monaten Mai bis August stark an
um dann – abhängig auch von der Herbstwitterung – langsam bis in den November
hin wieder abzuflauen. Auch Höhenlagen über etwa 1.000 Meter sind FSME-frei, da
die Habitate der Zecken nur bis zu dieser Seehöhe vorkommen. Allerdings scheint
die Klimaerwärmung die Höhengrenze für FSME langsam nach oben zu verschieben.
Auch wenn es viele Einflussparameter für das Vorkommen der FSME gibt, so lässt
sich doch eine plausible Risikorechnung durchführen. Daten aus stabilen FSMEGebieten in Österreich (Steiermark, Kärnten) aus der Vorimpfära der 1980er-Jahre
zeigen, dass während der Übertragungssaison ein Erkrankungsrisiko von etwa
1:10.000 pro Mannmonat realistisch ist. Amerikanische Berechnungen bei in europäischen Endemiegebieten stationierten Truppen ergaben ein Infektionsrisiko von
0,9/1000 Mannmonate.
FSME ist nicht therapierbar, der Verlauf ist schicksalhaft, und die Schwere der Erkrankung nimmt mit dem Alter zu. Ist ein (möglicherweise infizierter) Zeckenstich erfolgt, so gibt es derzeit keine Möglichkeit, einen eventuellen Krankheitsausbruch zu
unterdrücken, es existiert keine Form der „postexpositionellen Prophylaxe“, wie das
zum Beispiel von Tollwut bekannt ist.
Die einzig wirksame Prävention ist die FSME-Impfung. Sie ist seit den 1970er-Jahren
in Gebrauch und hat erst jüngst in einer Langzeitstudie eine Feldeffizienz von über
99 Prozent (!) gezeigt. Zusätzlich ist die Impfung nebenwirkungsarm und lange wirksam.
Der rigorose Einsatz der Impfung hat in Österreich als einzigem Endemiegebiet dazu
geführt, dass die FSME-Erkrankungszahlen ständig rückläufig sind, sie betragen in
den letzten Jahren weniger als 10 Prozent der jährlichen Fallzahlen vor der Impfära.
Die Durchimpfung mit zumindest einer Impfung beträgt in Österreich derzeit knapp
90 Prozent, der Anteil der Bevölkerung mit zumindest einer kompletten Grundimmunisierung liegt bei 66 Prozent.
Im Hinblick auf die intensive Reisetätigkeit Richtung Österreich während der EURO
2008 und hier wiederum in einige äußerst hoch endemische Gebiete wie Kärnten
erfolgt der Aufruf an die Fußballfans, vorsorglich die FSME Impfung zeitgerecht vor
der Abreise nach Österreich durchführen zu lassen. Insbesondere dann, wenn der
Österreichaufenthalt auch dazu genutzt wird, ländliche Gebiete zu bereisen.