Innovationsförderung in Deutschland
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Innovationsförderung in Deutschland
2 2. Antriebskräfte für Innovationen Antriebskräfte für Innovationen 1 Lernziele • Es soll erkannt werden, dass zur Zeit (in diesen und den kommenden Jahren) ein außerordentlicher Druck auf das Innovationsgeschehen der Unternehmen ausgeübt wird, • dass dieser Druck von allen Seiten kommt (Gesellschaft und Technologie, Kunden, Wettbewerber und eigenes Unternehmen) und dass entsprechend sensibel beobachtet und reagiert werden muss, proaktiv am besten durch eigene Innovationsstrategien. • Es soll aber auch nicht verkannt werden, dass mit den großen Chancen auch große Risiken verbunden sind, und dass Innovationsmarketing dazu da ist, die Chancen zu nutzen und die Risiken zu verringern bzw. zu vermeiden. 2. Antriebskräfte für Innovationen 2 Zusätzliche Lektüre Trommsdorff, V. Steinhoff, F., Innovationsmarketing, München 2007, S. 1-9 Trommsdorff, V., Binsack, M., Wie Marketing Innovationen durchsetzt, Absatzwirtschaft 40 (1997), 11, S. 60-65 2. Antriebskräfte für Innovationen 3 2 2. Antriebskräfte für Innovationen Antriebskräfte für Innovationen 4 Ausgewählte Indikatoren der Produktinnovations-Dynamik 1 Von 32.478 im Jahr 2000 im Lebensmitteleinzelhandel neu eingeführten Artikeln konnten sich nur 36% länger als ein Jahr im Markt behaupten (MADAKOM Studie, 2001) 2 Die Prozessorleistung verdoppelt sich seit drei Jahrzehnten alle 18 Monate 3 Angeblich knapp die Hälfte der Industrieumsätze entfällt auf neue Produkte, bei Siemens jetzt 75 % 4 2. Antriebskräfte für Innovationen Steigende F&E-Aufwendungen, kürzere Marktzyklen, Druck auf Entwicklungszeiten 5 Die Rangordnung der wichtigsten Faktoren für künftige Wettbewerbsfähigkeit von 22 Chefs deutscher Spitzenunternehmen 1 Globale Präsenz, Standort Europa, kundennahe Entwicklung und Fertigung 2 Qualifiziertes und motiviertes Personal, internationale Ausrichtung 3 Innovationskraft, Technologieführerschaft, Technologische Unabhängigkeit 4 Kostenposition, Kostenbeherrschung, Kostenführerschaft, hohe Stückzahlen 5 Produktpalette, Spezialisierung, Portfoliostruktur, Systemführerschaft 6 2. Antriebskräfte für Innovationen Kundennähe, Eingehen auf Kundenwünsche, Problemlösungen 6 Innovationsantriebe kommen von innen (Unternehmen) und außen (Markt, Umfeld) Umfeld Markt Unternehmen Technologie und Gesellschaft Kunden und Wettbewerb Strategische Situation Innovationen 2. Antriebskräfte für Innovationen 7 Antriebe von außen 2. Antriebskräfte für Innovationen 8 Umfeld: Technologische Entwicklungen 2. Antriebskräfte für Innovationen 9 Schrittmacher- und Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts ZellBiotechnologie nicht mehr nach alten Disziplinen differenzieren Neue Werkstoffe Molekularelektronik Transdisziplinäres Zusammenwirken NanoTechnologie Mikroelektronik Software und Simulationen Mikrosystemtechnik Photonik Quelle: Meyer-Krahmer, F., 1994 2. Antriebskräfte für Innovationen 10 Amerikanische Unternehmen sind Spitzenreiter bei F+E-Investitionen 1. Pfizer USA 2. Ford Motor USA 3. Johnson and Johnson USA 4. Microsoft USA 5. Daimler Chrysler Germnay 6. Toyota Motor Japan 7. Glaxo Smith Kline UK 2007 8. Siemens Germany 9. General Motors USA 10. Samsung Electronics, South Korea Mio. € 2008 0 1000 2000 3000 4000 5000 2007 6000 The 2007 EU Industrial R&D Investment Scoreboard, European Commission 2. Antriebskräfte für Innovationen 11 Patentanmeldungen sind ein Indikator für Länder-Innovativität Patentanmeldungen aus Deutschland beim deutschen Patentamt Eingereichte Patentanmeldungen beim europäischen Patentamt Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt - Jahresbericht 2004/ 05/06/07 2. Antriebskräfte für Innovationen 12 Europäische High-Tech-Industrie im Rückstand • im Vergleich zu USA und China niedrige F+E-Ausgaben Ursachen • kleinere und weniger dynamische Technologiezentren („Cluster“) • kleiner Anteil an Management-Talenten • Förderung erfolgsversprechender „Cluster“ Lösungsansätze Lösungsaufsätze • Lenkung der öffentlichen Ressourcen in die Entwicklung von hochqualifizierten Mitarbeitern • langfristig ausgerichtete Finanzierung Quelle: McKinsey-Studie; FAZ, 17.11.2005, S. 13 2. Antriebskräfte für Innovationen 13 In Japan und den USA floss mehr Geld in F&E als in Deutschland Ausgaben für F&E (in Prozent des BIP in OECD-Ländern) 3,5 3 Frankreich Deutschland USA Japan 2,5 2 1998 2000 2002 Quelle: www.bmbf.de; Bundesbericht Forschung 2004 2. Antriebskräfte für Innovationen 14 Nur 17% der größten Hochtechnologie-Unternehmen kommen aus Europa 29 Alle Unternehmen 17 High-Tech 24 51 Automobil/Montage 32 Transport/Logistik 31 0% 38 20% 28 19 46 25 40% 35 60% 80% 9 4 3 Europa USA Asien/Pazifik Andere 9 100% Standorte der größten Unternehmen nach Branche, Anteil in % Quelle: McKinsey-Studie; FAZ 17.11.2005, S.13 2. Antriebskräfte für Innovationen 15 Deutschland ist in einigen dominierenden Technologiebereichen sehr stark (Marktanteil/Marktwachstum) 2. Antriebskräfte für Innovationen 16 Innovationsförderung in Deutschland Politiker betonen den essenziellen Wert von Innovation: „Forschung und Innovation sind Schlüssel zur Erhaltung und Mehrung unseres Wohlstands“ – Angela Merkel Innovationsförderung - „nachhaltigste Form für ein Konjunkturprogramm“ – Guido Westerwelle Vorherrschende Vorstellung: Innovationsförderung als Wundermittel für Wirtschaftswachstum Durch Förderung von Forschung und Technologie, neuen Geschäftsideen und neuen Produkten auf direktem Weg zum Abbau von Staatsschulden und Sicherung von Arbeitsplätzen?? Bisher Künftig Starke Branchen für hochwertige Industriegüter. D Technik-Weltführend: Spezialmaschinen, Anlagen, Präzisionsverarbeitung, neuartige Werkstoffe, Autos. Alte „Kassenschlager“ sind heute nicht mehr gefragt. Alte Technologie-Strategien funktionieren nicht mehr. Markt-Strategien gehen vom Kundennutzen aus. Nachzügler bei Dienstleistungen und Konsumgütern! Die Wirtschaft muss ihr Geschäftsmodell ändern! Artikel aus DIE ZEIT NR.41 vom 1.Okt 2009, S.25 2. Antriebskräfte für Innovationen 17 Die Zeit ist reif für neue Innovationsstrategien Strategie 1 Aus den vielen Techniken und Erfindungen die für den Markt richtigen auswählen und schneller in Produkte umsetzen … anstelle von alleiniger Förderung der Grundlagenforschung Negativbeispiel MP3 Format: Von der dt. Fraunhofer Gesellschaft entwickelt, doch verdiente Deutschland nichts daran, als der Markt sich in den 90er Jahren rasant entwickelte und der Internethandel florierte Hier entstand zwar die Technik, aber kein maßgebliches Produkt! Strategie 2 Dienstleistungen gewinnen stärker an Bedeutung Positivbeispiel Unternehmensstrategie: Aldi, Dell, Otto, Amazon haben allesamt keine neuen Produkte erfunden, doch haben sie Lieferketten, Werbung und Wissen über ihre Kunden ständig weiterentwickelt und so ihre Konkurrenten besiegt. Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und die Bereitschaft, das eigene Geschäftmodell ständig zu überdenken und von den Kunden zu lernen sind heute wichtiger als die reine klassische Forschung! Artikel aus DIE ZEIT NR.41 vom 1.Okt 2009, S.25 2. Antriebskräfte für Innovationen 18 Doch hohe F&E-Ausgaben sind kein Garant für Unternehmenserfolg …vielmehr das Management der Innovationsprozesse: • die funktionsübergreifende Zusammenarbeit von F+E, Marketing und Produktion im Unternehmen • Identifizierung und Förderung jener Segmente, denen die größten Effekte aus F+E zu erwarten sind Quelle: Booz Allen Hamilton-Studie; FAZ 24.10.2005, S. 22 2. Antriebskräfte für Innovationen 19 Der Deutsche Innovationspreis fördert primär technische Innovationen Solarthermie von Solarlite • Gewölbte Spiegelrinnen aus aluminiumbeschichteten Faserverbundmaterial • Bisherige Spiegel sind aus Glas und schwerer • Senkung der Kosten um rund 15 Prozent Bohren ohne Schmerzen • Mit seinem Produkt Icon, einem Harz, will DMG Kariesbehandlungen ohne Schmerzen, Spritzen und Bohren ermöglichen • Nach der Säurebehandlung füllt das Harz die beschädigte Stelle auf und dichtet sie ab Ceranplatten von Schott • Bisher konnte man auf Chemikalien nicht verzichten • Die schwarzen Ceranplatten sind dank einer Neukonzeption des Schmelzprozesses sowie einer neuen Glasrezeptur umweltverträglich Quelle: WirtschaftsWoche Mai 2010, Nr. 19, Bilder: www.solarlite.de http://static.wiwo.de www.schott.com 2. Antriebskräfte für Innovationen 20 Innovationsförderung als internationales „Wettrüsten“ Einige Zahlen D: Staat investierte in der letzten Legislaturperiode 41,5 Mrd € in traditionelle Hightech- und Forschungsförderung EU27 (2007): durchschnittlich 1,8% vom BIP für F+E: Schweden 3,6, Finnland 3,5, Deutschland 2,5, Portugal 1,2 USA: Obamas Konjunkturpaket mit 160 Mrd $ für Forschung und Technik, davon 40 Mrd für Energieforschung Ist dieser Förderungs-Wettlauf der richtige Weg? „Höhere Ausgaben für F&E stellen keineswegs bessere Leistung in Form von Wachstum, Gewinn oder Rentabilität sicher“ (Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton). Nicht nur die Spitzentechnik, sondern auch die „hochwertigen Technologien“ müssten gefördert werden. Doch die wenigsten Förderprojekte schicken Berater in mittelständische Unternehmen, um ihnen Hilfestellung in Innovationsmanagement zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu geben. Mittelständler bewerben sich selten für Förderprogramme: bürokratischer Aufwand so groß, Bedingungen streng. Artikel aus DIE ZEIT NR.41 vom 1.Okt 2009, S.25 2. Antriebskräfte für Innovationen 21 Unternehmensgründungen als Triebfeder der Innovation Venture Capital (VC) sollte nicht nur Geld bedeuten In den USA spielen venture capitalists (Risikokapitalgeber) eine große Rolle: Sie helfen junger Unternehmen finanziell und beraten an kritischen Stellen mit Erfahrung von Branchen-Experten. Nach einer Studie der Brüsseler ULB-Universität lassen Europäische Investoren stark zu wünschen übrig. Wenig spezialisiert und wenig Gefühl für Innovativität; werden oft erst aktiv, wenn die Gründung schon erfolgt ist. Innovationsträger sind oft Unternehmensgründer Hier werden Ideen erstmals getestet und herkömmliche Praktiken zugunsten neuer Geschäftsmodelle moduliert. In Krisenzeiten entstehen viele Unternehmensneugründungen (z.B. 2002) aus der Not heraus. Auch wenn längerfristig viele dieser Neugründungen scheitern (ca.30%), sorgen sie insgesamt doch für Umorientierung und Erneuerung auf dem Markt und tragen besonders zur Innovationskraft des Landes bei. Artikel aus DIE ZEIT NR.41 vom 1.Okt 2009, S.25 2. Antriebskräfte für Innovationen 22 Innovationsbeispiel Computerentwicklung Computerentwicklung • Die Maschine, die das elektronische Digitalzeitalter eröffnete, hieß Eniac (Electronic Numerical Integrator and Calculator) und wurde zwischen 1934 und 1946 an der University of Pennsilvania entwickelt. Sie hatte 18.000 Verstärkerröhren und führte 5.000 Additionen in der Sekunde aus. Nach kurzer Rechenzeit musste die Anlage wegen Überhitzung immer wieder ausgeschaltet werden. • Mit der Erfindung des Transistors wurde die Basis für die große Verbreitung des Computers gelegt. Doch erst mit den integrierten Schaltungen, die auf einem Siliziumplättchen mehrere Transistoren zusammen fassen, und die sich in einem einzigen Prozess herstellen lassen, begann die sensationelle Entwicklung der Computertechnik. • Die Zahl der Transistoren auf einem Chip und damit im Prinzip die Computerleistung verdoppelte sich in den letzten Jahrzehnten etwa alle 16-18 Monate. Zugleich konnte die Größe der Chips reduziert und ihre Taktfrequenz drastisch gesteigert werden. Auf keinem anderen Gebiet der Technik konnte die Geschwindigkeit des Fortschritts so kontinuierlich aufrecht erhalten werden wie in der Chip-Herstellung 2. Antriebskräfte für Innovationen 23 Technologieverbesserung nach Größe, Kapazität und Preis Beispiel: Dynamic Random Access Memory (DRAM) 1000$ >>> 100$ >>>1$ >>>>1cent >>> ... Minimum feature size (mm) 10 1 0,1 1K 4K 16 K 64 K 256 K 1M 4M 16 M 64 M 256 M 1G 4G 16 G 64 G 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Quelle: Siemens 2002 2. Antriebskräfte für Innovationen 24 Innovationsmotor Technologieentwicklung Diffundierende Basisinnovationen • • • • • • Informationstechnologie Neue Werkstoffe Biotechnologie Mikrosystemtechnik Nanotechnologie usw. Entwicklungskosten, Tempo, Timing Verflechtung • • • • • Int. Entwicklungs-/Produktionsverflechtung Vertikale Integration Märkte wachsen zusammen Systemisch-komplexere Produkte Wachsender Dienstleistungsanteil • • • • Steigende Kosten Kürzere Produktlebenszyklen Engere InnovationsZeitfenster Druck auf die Entwicklungszeiten Technologieentwicklung 2. Antriebskräfte für Innovationen 25 Innovationsklima Zum ersten Mal seit einem Jahr hat sich das Innovationsklima in Deutschland wieder verbessert Top 30 Sehr gut 29 29 27 30 28 28 27 27 25 Gut 22 22 Mäßig 18 15 15 Schwach IV I 05 II III IV 2006 I II III 2007 IV I II III 2008 IV I II 2009 • Steigende Erwartungen in der Chemiebranche und der Branche der Umwelttechnik • Nur die IT/Kommunikationsbranche und Energie/Wasserversorgungsbranchen zeigten sich gegenüber dem ersten Quartal 2009 pessimistischer Quelle: Wirtschaftswoche, VDI-Technologiezentrum 2. Antriebskräfte für Innovationen 26 Innovationsklima Innovationsklima-Index • Wirtschaftliche Entwicklung Ihrer Branche in den nächsten drei Monaten • Aktuelle Verfügbarkeit von Fachkräften in Ihrer Branche • Entwicklung des finanziellen und personellen Umfanges der FuE-Aktivitäten (intern und extern) Ihres Unternehmens in den nächsten drei Monaten • Technologische Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in Ihrer Branche im internationalen Vergleich • Aktivität Ihrer Branche in Deutschland hinsichtlich der Einführung von Marktneuheiten (keine Produktverbesserungen) in den letzten drei Monaten • • Gewichtete Summe der Ratings Transformiert auf Werte von -100 bis +100 Items Skala Sample Häufigkeit Kritik VDI-Mitglieder aus allen Branchen (aktuelle Teilnehmeranzahl 537) Viermal jährlich • • Skala spiegelt außer Innovativität allgemeine Prosperität wider Gewichtung bleibt geheim Quelle: VDI-Technologiezentrum (2.Quartal 2009) 2. Antriebskräfte für Innovationen 27 Deutsche Patentanmeldungen nehmen stetig zu Eingereichte Patentanmeldungen beim europäischen Patentamt Patentanmeldungen aus Deutschland beim deutschen Patentamt 35.000 70.000 30.000 60.000 50.000 46.523 51.414 47.352 48.329 25.000 40.000 20.000 30.000 15.000 20.000 10.000 10.000 5.000 0 0 1998 2000 2002 2004 1998 2000 Deutschland USA 2002 Japan 2004 Frankreich Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt - Jahresbericht 2004 2. Antriebskräfte für Innovationen 28 Die aktuelle Situation macht Sorgen, aber auch Hoffnung 1 Hoffnung: In einigen Technologien ist Deutschland stark, 680.000 Jobs um Mikrosystemtechnik. Sensorik, Medizintechnik, Umwelt –technik, optische Technologien, Automotive, Industrielaser 2 I+K-Technologien sind in Fernost und USA konzentriert. Jedoch (noch) starke deutsche Stellung bei Software (z.B. SAP), deren Wertschöpfung die von Hardware schon übersteigt. Sorge: Wenig Risikokapital, bürokratische Hemmnisse für Startups, mangelnde Kooperationsbereitschaft 3 4 Sorge: Stiefkind Forschung (Kürzungen Grundlagenforschg). In D. kostet ein Forschungs-Arbeitsplatz 800 T€. Der Forscher darauf arbeitet 1.560 h p.a., der amerikanische dagegen 2.000 5 Sorge: Teilweise technologiefeindliches Umfeld (Gentechnik, Militärtechnik), kommender Mangel an TU-Absolventen, Sicherheitsmentalität statt Unternehmertum Quelle: Spektrum der Wissenschaft November 2003, Sonderteil Innovation in Deutschland 2. Antriebskräfte für Innovationen 29 Umfeld: Markt 2. Antriebskräfte für Innovationen 30 Zielkundenentwicklungen 2. Antriebskräfte für Innovationen 31 Die Alterstruktur in Deutschland wird von der Pyramide zum Pilz Quelle: Statistisches Bundesamt 2. Antriebskräfte für Innovationen 32 Die Alterstruktur in Deutschland wird von der Pyramide zum Pilz Bevölkerungspyramide 2004, 2030 und 2050 Männer Lebensjahre Frauen in 1000 Personen Quelle: Statistik Austria, Neue Bevölkerungsprognosen für Österreich und die Bundesländer, 2005, S. 8f. 2. Antriebskräfte für Innovationen 33 Ein Umfeldfaktor: Die Deutschen werden immer älter Alterstruktur der Bevölkerung Deutschlands % 58,0 % 52,0 % 46,0 % < 20 J. 40,0 % 20 - 60 J. 34,0 % > 60 J. 28,0 % 22,0 % 16,0 % 1992 2000 2010 2020 2030 2040 Quelle: Eggert, BBE Trend- und Handels-Forum 99 2. Antriebskräfte für Innovationen 34 Das Segment der Senioren nimmt an Bedeutung zu Seniorenmärkte Jugendmärkte Haushaltsgröße • Zunahme der >60 jährigen 1990-2025 von 21% auf 33% bei steigendem verfügbaren Einkommen und Vermögen • 55-64-jährige “Nachkarrieristen” plus 2 Millionen (Marktvolumen € 90 Mrd.) • WOOPIEs (Well-Off Older People) • Abnahme der 25-30jährigen bis 2030 um 50% • Zunahme der SingleHaushalte, auch durch SeniorenEntwicklung • in Großstädten kommen 50% der Neugeborenen in Single-Haushalte Kundensegmente 2. Antriebskräfte für Innovationen 35 Tendenzen zur Verbraucherstruktur 2015 82,3 Mio. Einwohner, ab 2015 starker Rückgang 1 2 Hoher Anteil berufstätiger Frauen (45% aller Erwerbstätigen), auch im Alter viele Doppel-Verdiener 3 Senioren-Gesellschaft : Im Jahre 2050 wird es doppelt so viele 60-Jährige wie Neugeborene geben 4 Rentenproblematik (mehr als 1/3 aller Haushalte) Sinkende Arbeitslosenzahlen unter 3,3 Mio. Arbeitslose (7,8%) 5 6 Hohes Alter bei Eheschließungen und Erstgeburt (2005: 29,6 Jahre) Quelle: Statistisches Bundesamt 2006 2. Antriebskräfte für Innovationen 36 Gewinner ist, wer „aktive“ Dienstleistungen (mit) anbietet 1 Anbieter, die Probleme des Alters verringern, lindern, verzögern, vergessen lassen (Bsp.: Pharma, Kosmetik, Heil- und Hilfsmittel, gesunde Ernährung, Bekleidung, Unterhaltung) 2 Anbieter, die dazu beitragen, dass Senioren so lange wie möglich zu Hause bleiben können: Treppenhilfe, Einkaufsservice, Hausund Gartenpflege, Putzen, Renovieren, Essen auf Rädern, Pflegedienst, Notruf, elektron. Überwachung, Sicherheitssysteme 3 Anbieter für Freizeitgestaltung (Bsp.: Reisen, Gartenpflege, Heimwerken, Einrichtung, Haushaltsgeräte - viel zu Hause) 4 Anbieter von Bildung, z.B. Fernstudium, verbunden mit Sozialkontakten 5 Anbieter mit zielgerichteter Bedarfsbündelung Quelle: Eggert, BBE Trend- und Handels-Forum 99 2. Antriebskräfte für Innovationen 37 Kundenentwicklungen liefern Chancen und Risiken für Innovatoren Zusammenfassung • Demographische Verschiebungen • Bevölkerungs- und Wanderungsprobleme • Ernährungs- und Gesundheitsprobleme • Bedürfnisänderungen, Wertewandel • Differenzierung, Polarisierung • Erschwerte Kommunikation • Zunehmende Verhandlungsmacht • Sinkende Einkommen, steigende Freizeit • usw. 2. Antriebskräfte für Innovationen 38 Umfeld: Wettbewerb 2. Antriebskräfte für Innovationen 39 Neuer Wettbewerb dringt in traditionelle Märkte ein Beispiel Telekommunikation Altes Kerngeschäft einer Telekommunikationsgesellschaft Netzproduktion Hard-/Software neuer Wettbewerb Internationale Telekoms Mobilfunkbetreiber Energieversorger Netzbetrieb DiensteVermarktung InhalteVermarktung Produktion von Kundensoftware Marktentwicklung Produktentwicklung Diversifikation Medienunternehmen Absatzweg-Sicherung Rückwärts-Integration EDV-Unternehmen Telekomm.Ausrüster Wertschöpfungskette der Telekommunikation Vorwärts-Integration Wettbewerbsstrategien 2. Antriebskräfte für Innovationen 40 Multimedia und IT schweißen Branchen zusammen Apple IBM Philips Computer und Elektronikgeräte Sony Microsoft Telekom Time Warner Formate Multimedia Viacom Walt Disney Medien Inhalte Bertelsmann News Corp. Kundendienst NetzDienste US West BT Telekom. Dienste TCI MCI Vebacom AT&T Quelle: IMT Berlin, unveröffentlichte Seminarunterlagen, 1999 2. Antriebskräfte für Innovationen 41 Die Abgrenzung von Produkten und Dienstleistungen verschwindet 1 •Software-Hersteller bieten Finanzdienstleistungen an. • Fluggesellschaften verkaufen Investmentfonds. • Autoproduzenten konkurrieren mit Versicherern. 2 Fortune hat 1995 die Unternehmensrangliste „Fortune 500“ umgestellt, weil die Trennung zwischen Industrie, Handel und Dienstleistungen nicht mehr aufrechtzuerhalten sei. 3 Die Wirtschaft wandele sich so schnell und tiefgreifend wie in der ersten und zweiten industriellen Revolution. 4 Das deutsche BSP besteht überwiegend aus Dienstleistungen, industrielle Dienstleistungen in der Wertschöpfungskette nicht gezählt. Quelle: FAZ 11.5.1995, S. 24 2. Antriebskräfte für Innovationen 42 Wettbewerbsentwicklungen Zusammenfassung • Wettbewerb dringt in traditionelle Märkte ein • Steigende Wettbewerbsintensität Wachsende Konzentration Aggressives Preisverhalten Schwer identifizierbare neue Wettbewerber • Zunehmende Verhandlungsmacht der Abnehmer Konzentration im Handel Härterer Umgang mit Lieferanten Zunehmendes Selbstbewusstsein der Kunden • Professionelleres Management beim Wettbewerb Kundenorientierung Systemlieferanten Strategisches Verhalten Intelligente Kooperationen 2. Antriebskräfte für Innovationen 43 Antriebe von innen Unternehmen unterscheiden sich stark nach ihren Grundhaltungen – gerade auch nach Innovationsneigung – eine Mittelstandsstudie 2. Antriebskräfte für Innovationen 44 1. Wie denken und handeln Mittelständische Unternehmer? Typologie der „Macher im Mittelstand“ • Befragung mittelständischer Unternehmer zur Analyse der Situation des Mittelstands in Deutschland („MIND“) • Im Auftrag der Wirtschaftszeitschrift "impulse„ und der Dresdner Bank, entwickelt vom Kölner rheingold Institut für qualitative Markt- und Medianalysen •. Es wurden 1.027 Unternehmer befragt, die einer statistischen Grundgesamtheit von 1.358 Mio. Entscheidern (Alleininhabern / geschäftsführenden Gesellschaftern) entsprechen • Mit dieser Zielgruppenanalyse wurden kommunikationsrelevante Einstellungsfaktoren und andere Merkmale der mittelständischen Entscheider bekannt gemacht und gewähren einen Einblick in die kognitive und emotionale Welt der „Macher im Mittelstand“ • Die Befragten wurden in sechs Gruppen geclustert [1] o.V.: Wie Mittelständische Unternehmer denken und handeln, Mind 2002, Mittelstand in Deutschland, Gruner + Jahr Wirtschaftspresse, www.mind-mittelstand.de/studie/pdf/gesamt.pdf, Seite 30 ff, 29.05.2004 2. Antriebskräfte für Innovationen 45 1.1 Der Unterlasser „Tue nur das, was gerade anliegt.“ Fokus dieses Unternehmertyps • das operative Geschäft, • langfristige Weichenstellungen geht er nur mit Widerwillen an • müsste er sein Unternehmen grundlegend verändern, würde ein Gros es eher schließen Demographische Einordnung • mittlere Altersgruppe Sein Unternehmen • wenige Beschäftigte, geringer Umsatz Erreichbarkeit über kommunikative Maßnahmen • eher weniger gut erreichbar • besonders hinsichtlich Botschaften mit stark informativem Charakter • simple Aussagen, die sein Traditionsbewusstsein pflegen Teamindex: Er traut vor allem sich selbst, Delegation wird sehr klein geschrieben. Aktualitätsindex: Es fehlt der Wille sich für neue Entwicklungen fit zu halten. Traditionsindex: Tradition ist ruhender Pol und eine Stütze, um das eigene Tun zu rechtfertigen. 2. Antriebskräfte für Innovationen 46 1.2 Der Konservator „Es gibt nichts wesentliches, was ich in meinen Geschäft noch hinzulernen könnte.“ Fokus dieses Unternehmertyps • Unabhängigkeit als Unternehmer Demographische Einordnung • meist über 50 Jahre alt • 8% der befragten mittelständischen Unternehmer Sein Unternehmen • eher in der Industrie und im Handwerk angesiedelt Erreichbarkeit über kommunikative Maßnahmen • ähnliches Bild wie für den Unterlasser • beide können gleich gut (schlecht) erreicht werden Teamindex: Kooperatives Denken und Handeln sind hier kein Thema. Selbst bei komplexen Fragestellungen wird nur selten ein Berater hinzugezogen. Aktualitätsindex: Es wird wenig über den eigenen Tellerrand hinausgeschaut. Traditionsindex: Das Bewährte ist sehr wichtig als Orientierung. 2. Antriebskräfte für Innovationen 47 1.3 Der Vorsichtige „Mein Credo ist das der Risikobegrenzung“ Fokus dieses Unternehmertyps • Risikobegrenzung • im Gegensatz zum Konservator, gibt er sich nicht mit dem Erreichten zufrieden • müsste er sein Unternehmen grundlegend verändern, würde ein vergleichsweise geringer Teil es schließen • eher in der jüngeren Altersgruppe • mit 23% die drittgrößte Gruppe Sein Unternehmen • in allen Größenordnungen etwa gleich stark vertreten Erreichbarkeit über kommunikative Maßnahmen • Informationen gehören zum täglichen Handwerkszeug • informative Kommunikation bietet sich stark an Demographische Einordnung Kreativitätsindex: Neues Terrain wird durchaus betreten, aber nur wenn der Erfolg nahezu sicher ist. Aktualitätsindex: Er hat ein aufmerksames Auge auf den Markt, bildet sich selbst fort und ist immer auf dem neuesten Wissensstand. Traditionsindex: Tradition ist eine Stütze, aber kein Ruhekissen. 2. Antriebskräfte für Innovationen 48 1.4 Der Aufbauer „Anpacken!“ Fokus dieses Unternehmertyps Demographische Einordnung Sein Unternehmen Erreichbarkeit über kommunikative Maßnahmen Visionsindex: • aufbauen, schaffen und gestalten - und dies konkret im Hier und Heute • hinsichtlich Finanzen und Einkauf neigt er mehr als andere zu Konzepten und Plänen • meist über 50 Jahre alt • mit 27% die zweitgrößte Gruppe aller Befragten • in allen Größenordnungen etwa gleich stark vertreten • eher im Handwerk angesiedelt • ähnlich stark ausgeprägtes Informationsinteresse wie der Vorsichtige • jedoch mit unterschiedlichen Motiven Trends werden stets beobachtet, die Zukunft ist Teil der Gegenwart. Aktualitätsindex: Realismus steht über dem Avantgardismus. Traditionsindex: Tradition ist kein Selbstzweck sondern die Basis. 2. Antriebskräfte für Innovationen 49 1.5 Der Kreative „Immer auf der Suche nach neuen Aufgaben.“ Fokus dieses Unternehmertyps Demographische Einordnung Sein Unternehmen Erreichbarkeit über kommunikative Maßnahmen • stets etwas Neues anzupacken ist sein handlungsleitendender Imperativ • hat die Ansicht, dass das bekannte „Quäntchen Glück“ zum unternehmerischen Erfolg gehört • jüngere Altersgruppe • mit 28% stellt er die größte Gruppe dar • in allen Größenordnungen etwa gleich stark vertreten • eher im Dienstleistungsbereich angesiedelt • nicht besonders zugänglich • Botschaften für diesen Typus sollten „kreativer“ verpackt werden, um auf seine „Likeability“ abzuzielen Risikoindex: Der Kreative lebt förmlich das Risiko. Teamindex: Erfolg ist die Summe aus Teamwork und Unterstützung durch externe Berater. Aktualitätsindex: Er ist im höchsten Maße gewillt, sein Wissen und Know-how auf den neuesten Stand zu bringen. 2. Antriebskräfte für Innovationen 50 1.6 Der Tausendsassa „No Risk, No Fun.“ Fokus dieses Unternehmertyps Demographische Einordnung Sein Unternehmen Erreichbarkeit über kommunikative Maßnahmen Teamindex: • Unternehmer zu sein, ist für ihn so etwas wie das letzte Abenteuer der Menschheit • Ohne Rücksicht auf Tradition • Sehr selbstbewusst • häufig vertreten in der Gruppe der 20-29 jährigen sowie der 50-59 jährigen • mit 6% die kleinste Gruppe • Übermäßig häufig mit 20 bis 25 Mitarbeitern einem Umsatz von 2,5 - 5 Millionen € • absolut betrachtet am häufigsten im Dienstleistungssektor • der am schwierigsten zu erreichende Typ • Evtl. über innovative Medien erreichbar, um so seiner „unkonventionellen“ Art kommunikativ zu begegnen. und „Nur keine Bedenkensträger oder rationale Typen an meiner Seite“. Aktualitätsindex: Auf dem Laufenden zu sein macht Arbeit, er ist hier sehr zurückhaltend. 2. Antriebskräfte für Innovationen 51 Zeitfresser hemmen Innovationen bei deutschen Industrieunternehmen • Mängel beim strategischen und operativen Innovationsmanagement • Verlängerung der Entwicklungsdauer durch unklare Ziele zu Projektbeginn Zeitfresser Zeitfresser • Probleme beim Einsatz neuer Technologien • Mitarbeiter- und Kompetenzprobleme • Intern und externe Schnittstellenprobleme • keine wachsende Innovationsdynamik Folgen • Stagnation der Aufwendungen für F&E Lösung Quelle: www.isi.frauenhofer.de/pr/presse.htm 2. Antriebskräfte für Innovationen Die Zeitfresser sind hausgemacht und durch eigene Maßnahmen lösbar 2005 52 Produktionsanforderungen ändern sich – aber anders als gedacht starke Verkürzung der Produktlebenszyklen betrifft nur einen kleinen Teil der deutschen Metall- und Elektroindustrie 1 Abmessung der Produkte nimmt zu, kein Trend zur Miniaturisierung 2 3 Trend zu Produktvarianten 4 grosse Losgrößenerzielung durch Modulbauweise und einheitliche Plattform 5 Trend zur Individualisierung von Produkten 6 Steigung der Anforderungen an die Fertigungsgenauigkeit Quelle: www.isi.frauenhofer.de/pr/presse.htm 2. Antriebskräfte für Innovationen 2005 53 Kontrollfragen 1. Nennen Sie je ein eigenes Beispiel dafür, dass Unternehmen Innovationssignale von Kunden, von Wettbewerbern, aus der Technologie und aus dem sonstigen Umfeld übersehen haben und sich ihre Marktstellung dadurch erheblich verschlechtert hat. 2. Beschreiben Sie am Beispiel einer Branche eine Wirkungskette von Innovationsantrieben unterschiedlicher Art. 3. Diskutieren Sie Konsequenzen des zunehmenden Innovationsdrucks für das Informations- und Wissensmanagement eines Unternehmens. 2. Antriebskräfte für Innovationen 54