Bericht zur Sitzung des Wissenschaftlichen Beirats

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Bericht zur Sitzung des Wissenschaftlichen Beirats
Leipziger Forschungszentrum
für Zivilisationserkrankungen
Bericht zur Sitzung des
Wissenschaftlichen Beirats
27.05.2014
1
Inhaltsübersicht
1. Einleitung……………………………………………………………………………………………4
2. Finanzierung der Teilbereiche des LIFE-Forschungszentrums……………………………….5
3. Zusammenstellung der bisherigen Ergebnisse…………………………………………………6
3.1 Erwachsenenkohorte LIFE-ADULT……………………………………………………........6
3.2 Teilkohorte Adult Demenz……………………………………………………………….....18
3.3 Teilkohorte Adult Depression………………………………………………………………21
3.4 LIFE Health Child und LIFE Pregnancy/Birth sowie LIFE Obesity Child………………23
3.5 Kohorte LIFE-CHILD Depression…………………………………………………………..68
3.6 LIFE HEART (Leipziger Herzstudie)……………………………………………………… 82
3.7 LIFE Kohorte HNO-Tumore…………………………………………………………………91
4. Klinische Chemie, Biobank und genetische Analytik…………………………………………94
4.1 Klinische Labordiagnostik…………………………………………………………………...94
4.2 Biobank………………………………………………………………………………………100
4.3 Genom- und Transkriptomanalytik………………………………………………………..103
5. LIFE-Datenmanagement und Forschungsdatenbank……………………………………….106
6. LIFE-Bioinformatik……………………………………………………………………………....111
7. LIFE-Function-Projekte…………………………………………………………………………114
8. Publikationen seit 2012 mit LIFE-Beteiligung………………………………………………..115
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Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen - LIFE
Förderung des Freistaats, des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und
Europäischen Sozialfonds (ESF) für Nachwuchsforschergruppen
Projekt der Sächsischen Landesexzellenzinitiative
Sprecher des LIFE-Vorstandes
Prof. Dr. med. Joachim Thiery
Medizinische Fakultät
Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, Universitätsklinikum Leipzig (Direktor)
Prof. Dr. med. Markus Löffler
Medizinische Fakultät
Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Universität Leipzig (Direktor),
Interdisziplinäres Zentrum für Bioinformatik, Universität Leipzig (wissenschaftlicher
Sprecher), Klinisches Studienzentrum Leipzig, Universität Leipzig (wissenschaftlicher Geschäftsführer)
Projektlaufzeit:
08/2009 – 12/2014
Finanzierung:
LIFE wird aus Mitteln der Europäischen Union (34,8 Millionen Euro aus
dem sächsischen EFRE-Programm; 2,2 Millionen Euro ESF für Nach
wuchsforscher) und des Freistaates Sachsen (5,7 Millionen Euro) gefördert. LIFE ist das größte wissenschaftliche Vorhaben der Sächsischen Landesexzellenzinitiative.
Drittmittelstellen:
135
Redaktion:
Dr. Matthias Nüchter
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1. Einleitung
Das eine Vielzahl von Krankheitsbildern umfassende Gebiet der Zivilisationserkrankungen ist
seit mehreren Jahren ein zentraler Forschungsschwerpunkt der Leipziger Universitätsmedizin. Über 150 Wissenschaftler der Universität Leipzig, des Universitätsklinikums und
des Herzzentrums, des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Leipziger
Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (CNS) arbeiten derzeit im
Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen LIFE.
Innerhalb des sich aus LIFE schrittweise bildenden Hochtechnologieclusters werden genom-,
transkriptom- und metabolomweite Untersuchungen unter Einbeziehung modernster Bildgebungsverfahren (MRT, EEG u. a. m.) durchgeführt. Dazu wird die vorhandene wissenschaftliche Kompetenz der Universität und ihrer wissenschaftlichen Partner auf den Zukunftsgebieten der Biomedizin und Biotechnologie zu einem international kompetitiven
Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen ausgebaut, um die raschen Erkenntnisgewinne der modernen Biowissenschaften effizient nutzen zu können.
Um die hochgesteckten Ziele zu erreichen, werden in der Bevölkerung und in krankheitsbezogenen Populationen differenzierte Analysen unter verstärkter Berücksichtigung von
Umwelt und Lebensstil durchgeführt. Identifizierte molekulare Varianten und Faktoren
werden innerhalb des Forschungskomplexes in ihrer Struktur und systemischen Funktion
aufgeklärt, um neue diagnostische und therapeutische Anwendungen zu entwickeln.
Leistungsfähiges Datenmanagement und Biobanking ist für diese Arbeiten unabdingbar.
Es wird erwartet, dass die anwendungsorientierte Weiterentwicklung von Dienstleistungen,
Verfahren und Produkten zur Früherkennung, Diagnose und Therapie dieser Krankheiten im
Verbund mit Unternehmen aus den Branchen Biotechnologie, Diagnostik und Medizintechnik
zu einem Entwicklungsschub in der Region führen wird. Es ist mit einem großen Interesse
der Gesundheitswirtschaft und der Versicherungsbranche (Krankenkassen, Versicherungen
usw.) an den Ergebnissen der Untersuchungen zu rechnen, da wegweisende Trends in
Public Health offengelegt werden und wesentliche Fragestellungen der Zukunftsgestaltung
im Gesundheitssektor aus LIFE heraus beantwortet werden können. Das Vorhaben schafft
somit sehr gute Voraussetzungen für Industriekooperationen, Firmengründungen und weiterführende Drittmitteleinwerbungen.
Grundlegender Bestandteil des LIFE-Forschungszentrums ist ein in dieser Art einmaliges
Rekrutierungsprogramm. Aktuell (15.05.14) sind etwa 8.800 erwachsene Probanden und
3.900 Neugeborene, Kinder und Jugendliche teilweise mit den Eltern (Pilotstudien und
Hauptkohorten) und rund 7.000 Erkrankte in die Kohorten eingeschlossen mit Schwerpunkt
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie etwa 800 Kinder mit affektiven Störungen in die Kohorten eingeschlossen und in die Gesamtstudie integriert. Die direkte Verfügbarkeit einer
zentralen Proben- und Datenbank und die unmittelbare Nutzung von Biometrie und Bioinformatik vor Ort sichern eine interdisziplinäre und transsektorielle Zusammenarbeit und
gewährleisten eine erfolgreiche Durchführung des Projekts. Das Vorhaben ist darauf angelegt, die Universität Leipzig als ein führendes Forschungszentrum in Deutschland für
Zivilisationserkrankungen über das gesamte Alterspektrum zu etablieren, die interdisziplinäre
Vernetzung weiter voranzutreiben und auf diesem Gebieten international höchstes Niveau zu
erreichen. Die Universität Leipzig fördert dies u. a. mit der Forschungsprofillinie
„Zivilisationserkrankungen - Modern Diseases“.
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Das derzeitige Programm des LIFE-Forschungszentrums umfasst sowohl die Rekrutierung
der Probanden als auch alle Schritte der Analytik bis zur Datenauswertung, der sich daraus
ergebenden Grundlagenforschung und der Entwicklung von innovationen Verwertungsansätzen in einem interdisziplinären Netzwerk, welches derzeit etwa 250 persönliche LIFEMitglieder umfasst. Etwa 150 unterschiedliche Projekte zur Auswertung der erhobenen
Daten werden aktuell bearbeitet. Aus den Ergebnissen des LIFE-Forschungszentrums sind
derzeit rund 170 Publikationen sowie eine Vielzahl an Vorträgen und Postern auf nationalen
und internationalen Tagungen entstanden, wodurch LIFE auch international bereits einen
hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat und zur Mitarbeit in nationalen und internationalen
Forschungsverbünden eingeladen wurde (Nationale Kohorte, European Birth Cohort, GIANT,
EGG).
2. Finanzierung der Teilbereiche des LIFE-Forschungszentrums
In den folgenden beiden Tabellen ist die jetzt absehbare Finanzierungstruktur des LIFEForschungszentrums bis 12/2014 (Ende der 1. Finanzierungsphase) zusammengestellt.
Tabelle 1: Finanzierungsstruktur der Teilbereiche des LIFE-Forschungszentrums
Projekte
Anteil in Mill. €
Anteil in %
Kohortenrekrutierung
11,767
27,54
Analytik, Biobank, Genanalytik, MRT
8,816
20,63
(1)
Investitionen
7,168
16,78
Professoren und NWG, ESF-Gruppen
6,180
14,46
Function-Projekte
3,279
7,67
(2)
Management inkl. Versicherungen
3,053
7,15
IT, Biometrie, Datenbank
2,461
5,76
Summe
42,724
100,00
(1)
(2)
inkl. zusätzliche 2,46 Mill € für Investitionen in 2014
Probanden- und Wegeunfallversicherungen für die LIFE-Kohorten
Die Rekrutierung der Kohorten umfasst erwartungsgemäß den größten Ausgabeposten und
wird in Tabelle 2 nochmals weiter auf die Einzelkohorten aufgeschlüsselt.
Tabelle 2: Finanzierung der LIFE-Kohorten
Kohorten
Anteil in Mill. €
(1)
A1 Health Adult
4,273
A2 Child Health + B1Child Obesity
3,394
B3 Heart
0,859
B4A Child Depression
0,987
B4B Adult Depression
0,914
B5 Adult Demenz
0,706
B6 Chronic Pancreatitis
0,025
B7 Head and Neck Cancer
0,609
11,767
Anteil in %
36,31%
28,84%
7,30%
8,39%
7,77%
6,00%
0,21%
5,18%
100,00%
(1)
inkl. Probandenentschädigung, Probandenverpflegung und med. Verbrauch für die
Teilkohorten Adult Depression und Adult Demenz
5
Im Folgenden sind die wichtigsten Ergebnisse der Kohorten ADULT und CHILD ergänzt mit
einigen Resultaten aus der Bioinformatik und Analytik zusammengestellt.
3.
Zusammenstellung der bisherigen Ergebnisse
3.1.
Erwachsenenkohorte LIFE-ADULT
Dieser Teil des Berichts (Pkt. 3.1 – 3.3) wurde von Frau Dr. Kerstin Wirkner, Dr. Tobias Luck
und Dr. Chrstian Sander unter der Projektleitung von Prof. Dr. Markus Löffler verfasst. Die
Teilprojektleitung für den Pkt. 3.2 (Adult Demenz) liegt bei Frau Prof. Dr. Steffi Riedel-Heller
und Prof. Dr. Arno Villringer und für den Pkt. 3.3. bei Prof. Dr. Ulrich Hegerl. Zum Aufbau der
LIFE- Adult-Kohorte und zur Programmerstellung sei auf den Bericht zur Evaluierung des
LIFE-Forschungszentrums vom Februar 2012 verwiesen.
Im Zentrum der Arbeiten steht die Rekrutierung der Erwachsenenkohorte des LIFEForschungszentrums (bevölkerungsbezogene Kohorte mit 10.000 Erwachsenen). Das
Hauptanliegen der Studie liegt in der Untersuchung der prognostischen Rolle von frühen
pathologischen Veränderungen für den weiteren Verlauf einer Erkrankung, der Aufklärung
der Heterogenität von Erkrankungen und der Lieferung von Beiträgen zur Herstellung von
neuen frühdiagnostischen Verfahren.
3.1.1
Wichtige Fragestellungen in der LIFE-ADULT-Studie
Kognition und Demenz
Ein zentrales Thema der LIFE-ADULT-Studie ist, einen tieferen Einblick in die frühen Formen
der altersbedingten kognitiven Störungen zu erhalten, deren Verlauf zu erfassen, frühe Indikatoren für eine Entwicklung zur Demenz zu identifizieren und Determinanten dieser
Dynamik zu erfassen, um so Hinweise auf mögliche verzögernde Interventionen zu erhalten.
Die Fragestellungen sind im Einzelnen:
• Bestimmung der Inzidenz von demenziellen Erkrankungen und deren Vorstufen wie
subjektiver Gedächtnisbeeinträchtigungen (Subjective Cognitive Impairment/SCI) und
leichter kognitiver Störungen (Mild Cognitive Impairment/MCI)
• Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die Entwicklung
• Art und Umfang von hirnstrukturellen und neurobiologisch funktionellen Veränderungen
im Verlauf
• Einfluss von kardiovaskulären Erkrankungen auf die Entwicklung kognitiver Störungen
und demenzieller Erkrankungen
• Bedeutung von Lebensstilfaktoren für die Entwicklung kognitiver Störungen:
- sozial-emotional-kognitiv anregende Umgebung an der Arbeitsstelle (z. B. hohe
exekutiven Anforderungen) und im privaten Leben (z. B. hohes soziales Netzwerk)
- psychosoziale Belastungen der Arbeitswelt
Phänotypisierungsmethode: Neben umfangreichen kognitiven Testbatterien wird ein 3 Tesla
Hirn-MRT mit hochauflösenden Sequenzen (morphometrisch, resting state, DTI) durchgeführt.
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Depression
Ein zweites zentrales Thema der LIFE-ADULT-Studie ist, einen tieferen Einblick in die frühen
Formen der altersbedingten depressiven Symptomatik und Depression zu erhalten, deren
Verlauf zu erfassen, frühe Indikatoren für eine Entwicklung zur Depression und Determinante dieser Dynamik zu identifizieren, um so Ansätze für rechtzeitige Interventionen zu
erfassen. Die Fragestellungen sind im Einzelnen:
• Bestimmung der Inzidenz von depressiven Symptomen und Depression im Verlauf
• Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die
Dynamik
• Marker zur Abgrenzung von Depression und Demenz voneinander
• Zusammenhang der Depression mit der Kontrolle des Schlaf-Wach-Rhythmus (Vigilanzregulation)
• Art und Umfang von hirnstrukturellen und neurobiologisch funktionellen Veränderungen
im Zusammenhang mit Depression
• Zusammenhang zwischen kardiovaskulären und depressiven Störungen (z. B. Depression bei Herzinsuffizienz)
• Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Entwicklung depressiver Symptome (z. B.
soziales Netzwerk/soziale Isolation)
• Analyse des Einflusses depressiver Symptomatik bzw. verschiedener Verläufe von depressiven Symptomen (Chronizität, Remission etc.) auf die Entwicklung anderer Erkrankungen (kognitive Störungen, kardiovaskuläre Erkankungen, Adipositas)
Phänotypisierungsmethoden: Neben umfangreichen Testbatterien zu depressiver Symptomatik, wird ein diagnostisches Instrument zur Depression (SKID) eingesetzt. Es findet eine
umfangreiche EEG-Untersuchung (Vigilanzregulation, EKP, ERP) und eine Quantifizierung
der Schlafdauer mittels 7d-Aktometrie statt.
Stoffwechselerkrankungen und Adipositas
Ein weiteres zentrales Thema der LIFE-ADULT-Studie ist, einen tieferen Einblick in die
unterschiedlichen Formen der Energie- und Fettstoffwechselstörungen und insbesondere der
Adipositas zu erlangen, deren Verlauf zu erfassen und Determinanten dieser Dynamik zu erfassen. Die Fragestellungen sind im Einzelnen:
• Bestimmung der Ausprägung der Adipositas und Einteilung der Adipositas in verschiedene anthropometrisch abgrenzbare Formen mittels Bildgebungsverfahren
• Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die
Dynamik der Entwicklung der verschiedenen Adipositasformen
• Analyse des Einflusses der Kontrolle des Essverhaltens auf die Adipositasentwicklung
• Art und Umfang von hirnstrukturellen und neurobiologisch funktionellen Veränderungen
im Zusammenhang mit Adipositas (z. B. Belohnungssysteme)
• Zusammenhang der Adipositas mit Depression und dem Schlaf-Wach-Rhythmus
• Zusammenhang der verschiedenen Adipositasformen mit Störungen des Insulinstoffwechsels (Diabetes, metabolisches Syndrom) und des Fettstoffwechsels
• Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Dynamik der Adipositas (z. B. soziales Netzwerk/soziale Isolation, physische Aktivität)
Phänotypisierungsmethoden: Neben umfangreichen Erhebungen zu Lebensstilen, sozialer
Umwelt, wird die Fähigkeit zur Esskontrolle erfasst. Der Bodyshape mit einem 3D-BodyScan
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gemessen, der zur Klassifikation der Adipositasformen eingesetzt wird. In einer Teilgruppe
von 1200 Probanden wurde das viszerale Bauchfett mittels MRI bestimmt, in einer anderen
Teilgruppe wurde physische Aktivität mittels 7d-Aktigraphie erfasst. Außerdem werden umfangreiche Bestimmungen von Insulin-, Lipid- , Hormon und Adipokinlaborparametern durchgeführt.
Kardiovaskuläres System
Ein wichtiges Thema der LIFE-ADULT-Studie ist es, einen tieferen Einblick in die unterschiedlichen Formen der Störungen des kardialen und vaskulären Systems zu erlangen,
deren Verlauf zu erfassen und dessen Determinanten zu identifizieren. Die Fragestellungen
sind im Einzelnen:
• Bestimmung der Ausprägung der Gefäßveränderungen und ihrer Dynamik sowie den
Zusammenhang mit diabetischer Stoffwechsellage und Bluthochdruck
• Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die
Dynamik der Entwicklung der verschiedenen Gefäßveränderungen (Plaquebildung an
der A Carotis, Pulswellengeschwindigkeit)
• Zusammenhang der Gefäßveränderungen mit Insulinstoffwechsel, Fettstoffwechsel, Inflammation und Aktivierungen des Gerinnungssystems
• Zusammenhang von hirnstrukturellen Veränderungen mit Gefäßläsionen und deren
Dynamik (z. B. White matter lession-Hirnmikroinfarkte)
• Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Dynamik der Gefäßveränderungen (z. B. Diät,
physische Aktivität, Schlafverhalten)
• Bestimmung der Störungen der Herzfunktion im Zusammenhang mit Adipositas und
Bluthochdruck
• Bestimmung der Inzidenz von Repolarisationsstörungen
• Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren auf Gen- und Umweltebene für die
Dynamik der Entwicklung der verschiedenen Funktionsänderungen (Herzinsuffizienz,
Repolarisation)
• Zusammenhang der Herzfunktion mit Stoffwechsel und Inflammation
• Zusammenhang von hirnstrukturellen Veränderungen mit verminderter Herzleistung (z.
B. White matter lession- Hirnmikroinfarkte)
• Zusammenhang von Herzinsuffizienz und Depression
• Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Herzleistung (z. B. Diät, physische Aktivität,
Adipositas)
Phänotypisierungsmethoden: Es werden Untersuchungen des vaskulären Systems mit
einem Carotis-Ultraschall (IMT, Plaques) und mit einem Verfahren zur Messung der
Arteriensteifigkeit mittels Pulswellenausbreitung (PWV) durchgeführt. Ferner wird eine hochstandardisierte Cardiosonographie durchgeführt, die Messergebnisse zu Anatomie,
Volumenauswurfleistung, Kontraktilität, Klappenfunktion, u. a. m. liefert. Es wird ein 12-sec
EKG erhoben und es werden umfangreiche Laborbestimmungen zu kardialen Biomarkern
durch (z. B. Troponin, proBNT) durchgeführt.
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Makula – Degneration
Im Rahmen der LIFE-ADULT-Studie werden frühe Formen der altersbedingten Veränderungen untersucht, die an der Netzhaut im Auge zur Makuladegeneration und dem Verlust des Sehens führen können. Ziel ist, frühe Indikatoren für eine Entwicklung zur
Makuladegeneration zu identifizieren und Bedingungen dieser Vorgänge zu erfassen, um so
Ansatzpunkte für eine frühe Präventionsstrategie zu erlangen. Die Fragestellungen sind im
Einzelnen:
• Bestimmung der Inzidenz früher Zeichen der Makuladegeneration im mittleren Lebensalter und Beobachtung des Verlaufs
• Bestimmung von Risiko- und Schutzfaktoren auf die Dynamik der Entwicklung
• Zusammenhang mit metabolischen, kardiovaskulären und neurodegenerativen Erkrankungen
Phänotypisierungmethode: Fundusfotographie und Optische Kohärenztomograhpie der
Retina
Allergie und Immunkompetenz
Ein wichtiges Thema der LIFE-ADULT-Studie ist, einen tieferen Einblick in die Allergiebelastung der erwachsenen Bevölkerung zu erhalten. Nach den Umwälzungen der letzten 20
Jahre kam es zu einer Veränderung im Belastungsprofil mit allergenen Substanzen. Ziel ist,
die Verfolgung der Entwicklung der Sensibilisierungslage und der Entdeckung von Gesundheitsrisiken. Die Fragestellungen sind im Einzelnen:
• Wie entwickelt sich die Allergiesensibilisierung bei Erwachsenen?
• Wie entstehen Geschlechtsunterschiede?
• Welchen Zusammenhang gibt es mit Lebensstilen?
Phänotypisierungsmethode: Pricktest mit 12 Allergenen, Laboranalytik zu Immunglobulinen
und Zytokinen, hochauflösende FACS-basierte Zytomanalytik mit Häufigkeit und Aktivität von
Entzündungszellen (Teilkohorte).
Public Health – Identifikation von Handlungsoptionen
Die Ergebnisse der LIFE-ADULT-Studie gewähren einen tiefen Einblick in die Gesundheitszustand der erwachsenen Bevölkerung über 40 Jahren in Leipzig. Damit sind Voraussetzungen für einen Gesundheitsbericht geschaffen, der Politik, Versorger und Bürger über
die aktuellen Entwicklungen unterrichtet und Grundlagen für zukünftige Planungen von
präventiven und supportiven Maßnahmen schafft. Es können Daten zu folgenden Themenkreisen bereit gestellt werden:
• Quartiersbezogene Häufigkeiten von Zivilisationskrankheiten in der Stadt Leipzig
• Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen
• Identifikation von Versorgungsdefiziten
• Prävalenz und Inzidenz wichtiger sozialer Indikatoren (z. B. soziale Isolation)
• Ausprägung der Gesundheitsstörungen bei Probanden
- mit besonderen Erkrankungen (z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen, Depressivität)
- in sozialen Randschichten
- in besonderen Berufsgruppen (arbeitslos/arbeitend; Berufe mit hoher vs. niedriger
Autonomie etc.)
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Anmerkung zur Laboranalytik
In LIFE-ADULT werden derzeit folgende laboranalytische Methoden eingesetzt:
• An allen Probanden:
- Messung von 80 Laborparametern aus Blut und Urin (am Tag des Besuches)
• An einer Teilgruppe von Probanden werden bestimmt
- Genomweite Genotypisierung mittels SNP-Arrays (z. Z. 3.500)
- Metabolomanalytik aus Trockenblut (z. Z. 3.500)
- Genexpression mittels Arrays an peripheren mononukleären Zellen (z. Z. 2000)
- FACS-Zytomanalytik zur Quantifizierung von 25 Blutzellarten (z. Z. 850)
3.1.2 Verlauf der LIFE-ADULT-Studie
Bis Mai 2013 absolvierten ca. 8.800 Studienteilnehmer das Tag-1-Programm der LIFEHauptstudie. Probanden über 60 Jahren wurden zu zwei zusätzlichen Untersuchungstagen
eingeladen. Ein Tag wurde besonders dem Thema Depression in Verbindung mit einem
EEG (Teilkohorte Adult Depression) gewidmet und ein weiterer Tag dem Thema Kognition in
Verbindung mit einem MRT (Teilkohorte Adult Demenz). Bis zu diesem Zeitpunkt nahmen
2.750 bzw. 2.400 Probanden teil (geplant jeweils 3000).
Im Rahmen der 8. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie im
September 2013 wurde das 1. Internationale LIFE Symposium durchgeführt, auf welchem
die Ergebnisse einer zweiten Zwischenanalyse der erhobenen ADULT-Daten präsentiert
wurden. Insgesamt flossen Daten von 4.236 Teilnehmern der Hauptstudie in diese
Zwischenanalyse ein.
Seit November 2012 konnten kontinuierlich 16 bis 20 Studienteilnehmer pro Tag für die Erwachsenenkohorte (LIFE-Health Adult) rekrutiert und entsprechend des Studienprotokolls
untersucht werden. An den Tagen EEG und MRT nahmen täglich bis zu jeweils sieben Probanden teil.
Der folgende Berichtsteil basiert im Wesentlichen auf aktuellen Daten (Einladungsstatistik)
und auf ausgewählten Daten der zweiten Zwischenauswertung und demonstriert den erreichten wissenschaftlichen Stand (Stichtag im Juli 2013).
Einladungsstatistik
Bisher wurden 23.455 Ersteinladungen verschickt. 30,0 % der Angeschriebenen teilten mit,
dass sie nicht teilnehmen möchten (Non-Participants). 35,4 % meldeten sich nicht zurück
(Non-Responder). 34,1 % erklärten ihre Bereitschaft zur Teilnahme, haben eine Termin gebucht oder aber absolvierten ihren Termin bereits (Participants). Damit änderte sich das
Response-Verhalten im bisherigen Studienverlauf kaum.
Um Personen, die sich nicht zurückmelden (Non-Responder) zur Teilnahme zu bewegen und
dadurch die Response zu erhöhen, sollten deren Telefonnummern aus öffentlich zugänglichen Telefonregistern recherchiert und diese dann telefonisch kontaktieren werden.
Da dies durch die Meldebehörde der Stadt Leipzig im Vorfeld leider nicht erlaubt worden war,
wurden im Berichtszeitraum intensive Gespräche mit der Meldebehörde der Stadt Leipzig
geführt. Ende 2013 wurde unter strengen Auflagen die Erlaubnis, Non-Responder zu
recherchieren und telefonisch zu kontaktieren, erteilt, so dass bereits im Dezember 2013 mit
der Telefonnummern-Recherche begonnen werden konnte.
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Ab Januar 2014 wird die telefonische Kontaktierung von Non-Respondern intensiv vorangetrieben, um die Teilnehmerzahlen innerhalb der gezogenen Stichprobe weiter zu erhöhen.
Stratifiziert man die Teilnehmer nach Alter und Geschlecht (Abb. 2), so ist festzustellen, dass
insbesondere Probanden im Alter zwischen 40 und 49 Jahren seltener teilnehmen, als ältere
Probanden. Die Altersgruppe 20- bis 39jähriger ist hier zu vernachlässigen, da in diesem
Stratum insgesamt nur 400 Studienteilnehmer benötigt werden, die auch an einer Kopf- und
Bauch-MRT-Untersuchung teilnehmen. Der Anteil der Männer beträgt 49%.
Abb. 1: Einladungsstatistik der Erwachsenenkohorte (Stand 15.04.2014)
Abb. 2: Stratifizierung der Teilnehmer nach Alter und Geschlecht
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Darüber hinaus nahmen bisher (Stand 15.4.2014) 307 Personen einer Bevölkerungsstichprobe der Altersgruppe 20 bis 39 Jahre am Untersuchungsprogramm des Tages 1 teil und
absolvierten außerdem den MRT-Tag mit Kopf- und Bauch-MRT sowie Fragebogen- und
Testprogramm.
Das umfangreiche Untersuchungsprogramm wird von allen Teilnehmern nahezu vollständig
absolviert.
Interview Soziodemographie
100%
Cerad Untertest Tiere
100%
Blutdruckmessung
99,7%
Anthropometrie
99,7%
Greifkraftmessung
98,4%
Carotisultraschall
97,6%
Arm-Bein-Index
96,7%
Herzecho
80,3%
Die Studienteilnehmer stammen zur überwiegenden Mehrheit aus mittleren bis höheren
sozialen Schichten (Abb. 3). Verglichen zu den im vergangenen Berichtszeitraum
präsentierten Zahlen, wurde keine wesentliche Veränderung festgestellt. Trotz wiederholter
Präsenz in den Medien gelang es bisher leider nicht in ausreichendem Maße, Personen aus
niedrigen sozialen Schichten zur Teilnahme zu bewegen.
Abb. 3: Einteilung der Teilnehmer nach Geschlecht und sozio-ökonomischem Status
Ergebnisse der Erwachsenen-Gruppe (LIFE ADULT)
Seit Erhebungsbeginn konnten zwischen November 2011 und September 2013 rund 4.240
erwachsene Studienteilnehmer untersucht werden. Die jetzt veröffentlichten Zwischenergebnisse beruhen auf den Auswertungen ihrer Daten. Danach zeichnet sich ab, dass einige sogenannte Alterserkrankungen schon in weit jüngeren Lebensjahren beginnen, als bisher gedacht. Bei Personen unter 50 Jahren wurden nachweisbare Veränderungen an den Gefäßen
(Plaques) gefunden, die als Vorboten einer späteren koronaren Herzkrankheit eingestuft
werden. Aufgrund eines neuen Messverfahrens konnten bei den unter 50-Jährigen
außerdem Netzhautveränderungen (Makuladegneration) aufgedeckt werden, die bislang
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ebenfalls als eine Alterserkrankung galt. Die Wissenschaftler vermuten, dass diese frühen
Veränderungen späteren Sehverlusten um viele Jahre voraus laufen.
Ein großes Gesundheitsproblem stellt der erhöhte Blutdruck dar. Bereits im Alter unter 40
Jahren wurde bei ungefähr einem Viertel der Studienteilnehmer ein abzuklärendes Messergebnis gefunden. Im Alter über 60 Jahre sind 4 von 5 Leipziger Bürgern vom Bluthochdruck betroffen. Bluthochdruck ist die häufigste Indikation für medikamentöse Behandlung in
Leipzig.
Die Wissenschaftler haben außerdem festgestellt, dass Allergien tendenziell weiter zunehmen und in hohem Maße auch Erwachsene betreffen. Bemerkenswert ist dabei besonders die Sensibilisierung durch die aus Amerika eingewanderte Ambrosia (beifußblättriges Traubenkraut).
Auch das krankhafte Übergewicht (Adipositas) ist auf dem Vormarsch. Mit zunehmendem
Alter wächst der Anteil an übergewichtigen Personen (BMI >25) auf 80% und der Anteil an
adipösen Personen (BMI >30) auf 30%. Dabei wurde ein markanter Wechsel im Fettverteilungsmuster festgestellt. Während Personen im mittleren Alter eine gesäß- und beinbetonte Fettverteilung aufweisen (Birnenform), verschieben sich die Verteilungsmuster mit
dem Alter zu einem mehr bauchbetonten Muster (Apfelform). Mittels der bei den Untersuchungen eingesetzten innovativen 3D-Bodyscan-Technik und ausgefeilter bioinformatischer Methoden werden genaue Analysen von Körpergestalten erzielt.
Diabetes wurde bei über 20% der Personen über 60 Jahren vorgefunden. Bei jedem 4.
Diabetiker war er bislang nicht bekannt. Auffällig ist, dass der Diabetes unter Personen mit
Adipositas nochmals deutlich häufiger anzutreffen ist, in Teilgruppen bis 40%.
Verhalten: Über ein Drittel der Studienteilnehmer bewegt sich zu wenig. Einwöchige
Messungen über die zurückgelegte Schrittzahl zeigen, dass die von der WHO empfohlene
tägliche Schrittzahl von 10.000 deutlich unterschritten wird. Eine Auswertung des Essverhaltens zeigt deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Jede 4. Frau aber nur
jeder 8. Mann reguliert die Nahrungsaufnahme bewusst, um das Gewicht zu halten.
Erstmals liegt eine Untersuchung zum Schlafverhalten vor. Männer haben im Durchschnitt
eine Netto-Schlafdauer von 6 Stunden und Frauen von 6,5 Stunden, Einschlafzeiten und
Unterbrechungszeiten nicht mitgerechnet.
Eine depressive Symptomatik wiesen 6% aller Studienteilnehmer auf. Sie betrifft Frauen
häufiger als Männer. Auffallend ist, dass die Häufigkeit depressiver Symptome stark von
einer niedrigen sozialökonomischen Schicht abhängt.
Erwartungsgemäß gemessen wurden mit dem Alter zunehmende moderate Einschränkungen in der kognitiven Leistung. Bei 4% der Studienteilnehmer über 65 Jahre sind
diese allerdings erheblich.
Mit der zweiten Zwischenauswertung wird das große Forschungspotenzial der LIFE-Studie
deutlich. Sie erweist sich auch als ein Instrument, den Gesundheitszustand der Leipziger
Bevölkerung tiefgehend zu erfassen und daraus Hinweise für dringenden, gesundheitspolitischen Handlungsbedarf zu erhalten. Beispielsweise zeichnet sich eine Häufung von ungünstigen Gesundheitsmerkmalen in unteren sozioökonomischen Schichten ab, in denen
Adipositas, Diabetes und depressive Symptome bereits im mittleren Lebensalter verstärkt
auftreten.
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Anthropometrie
Alle Studienteilnehmer werden gemessen und gewogen. Aus Körpermasse und Körperlänge
wird der Body Maß Index (BMI) nach der Formel
BMI = Körpermasse [kg] / Größe [m2] ermittelt.
Gemäß WHO-Kriterien erfolgt die Einteilung von Körpergewichtsklassen nach BMI.
Normalgewichtig: BMI 18,5 bis <25,0; Übergewichtig: BMI 25,0 bis <30,0; Adipös: BMI >30,0
Werden die Studienteilnehmer nach dieser Klassifikation eingeteilt, so muss man feststellen,
dass 80 % der Männer und 70 % der Frauen übergewichtig sind. Einen BMI zwischen 25 und
30 haben 50 % der Männer über 40 Jahre und 30 - 40 % der Frauen über 40 Jahre. Einen
BMI über 30 weisen 30 % der über 50jährigen Männer und Frauen auf.
Bluthochdruck
Von Bluthochdruck spricht man bei systolischen Blutdruckwerten ab 140 mm Hg und
diastolischen Werten ab 90 mm Hg. In der LIFE-Stichprobe leiden Männer stärker an Bluthochdruck als Frauen, insbesondere in den jüngeren Altersgruppen. Bereits 40 % der 40 bis
49jährigen Männer weisen erhöhten Blutdruck auf und/oder werden mit blutdrucksenkenden
Medikamenten behandelt. Ab einem Alter von 60 Jahren leiden etwa 70 % der Männer und
Frauen unter Hypertension. Insgesamt ist die medikamentöse Behandlungssituation des
Bluthochdruckes als gut einzuschätzen. Etwa 55 % der Probanden erhalten blutdrucksenkende Medikamente.
Trotzdem wussten etwa 15 % der Männer und 10 % der Frauen vor ihrer Teilnahme an der
LIFE-Studie nicht, dass sie erhöhte Blutdruckwerte aufweisen.
Diabetes mellitus
Von jedem Probanden werden Blutproben abgenommen und Glukose-, Insulin- sowie
HbA1C-Spiegel bestimmt. Glykohämoglobin (HbA1c) ist ein Hämoglobin, an welches
Glucose gebunden ist. In der Vergangenheit wurde gezeigt, dass die Menge HbA1c mit der
Konzentration an Glucose im Blut direkt proportional ist und die Glukose ein ganzes
Erythrozytenleben lang am Hämoglobin gebunden bleibt. Somit gibt die Messung Auskunft
über den Blutzuckerspiegel der letzten drei Monate.
Außerdem wird bei einem Teil der Probanden der orale Glukose-Toleranztest (oGTT) durchgeführt, der in der Frühdiagnostik der Zuckerkrankheit eingesetzt wird und Auskunft über
eine gestörte Glukoseverwertung gibt. Bei diesem Test erfolgen zwei weitere Blutabnahmen
(30 und 120 min nach dem Trinken einer Zuckerlösung), wobei stets die Blutglukose- und
nach 120 min erneut die Insulinspiegel gemessen werden.
Etwa 13 % der Studienteilnehmer leiden unter einem bereits bekannten Diabetes. Bei
weiteren ca. 4 % der Teilnehmer konnte durch die in LIFE eingesetzten diagnostischen Verfahren der HbA1c-Bestimmung und/oder der Durchführung des oGTT ein bisher nicht
diagnostizierter Diabetes mellitus aufgedeckt werden. Hierbei wurde festgestellt, dass männliches Geschlecht, höheres Alter, größerer BMI und niedriger sozioökonomischer Status mit
der Prävalenz von Diabetes mellitus assoziiert sind.
Aktivitätsmessung mittels SenseWear Armband
14
Alle Studienteilnehmer werden gebeten, ein Aktivitätsmessgerät (SenseWear Armband) eine
Woche lang am Oberarm zu tragen und ein tägliches Aktivitätsprotokoll zu führen. Die Auswertung erfolgte nach der von Tudor-Loche et al. (Appl. Physiol. Nutr. Metab. 2013,
38(2):100-114, Abb. 4) publizierten Einteilung entsprechend des Aktivitätsstatus. Dabei
werden der sitzende, der wenig aktive und der physisch aktive Lebensstil unterschieden.
Die Teilnehmer an der LIFE-Studie sind zum überwiegenden Teil aktive Menschen (Abb. 5),
und dies weitgehend unabhängig von der sozialen Schicht. Während fast die Hälfte der 40bis 59jährigen einen aktiven Lebensstil, mit mehr als 10.000 Schritten pro Tag pflegen, erfährt dieser bei den über 70jährigen einen Wandel hin zu einem eher sitzenden Lebensstil.
Über ein Drittel der Probanden hat jedoch zu wenig Bewegung. Die einwöchige Messung
über die zurückgelegte Schrittzahl zeigt, dass die international empfohlene tägliche Schrittzahl von 10.000 klar unterschritten wird.
Abb. 4: Einteilung täglicher Aktivität (Schrittzahl pro Tag) in verschiedene Stadien (sitzender/
wenig aktiver/ physisch aktiver Lebensstil). Für das Erreichen zusätzlicher gesundheitlicher
Effekte werden >10.000 Schritte pro Tag empfohlen.
15
Abb. 5: Körperliche Aktivität (Schrittzahl) der Studienteilnehmer stratifiziert nach Geschlecht,
Alter und Sozialstatus (SES)
Allergische Sensibilisierungen
Eine wichtige Frage betrifft das Auftreten von allergischen Sensibilisierungen im Alter.
Mittels Prick-Test wird für 12 verschiedene Antigene die Sensibilisierung erhoben. Auffallend
ist, dass inzwischen eine Sensibilisierung gegen erst kürzlich eingewanderte Fremdpflanzen
wie Ambrosia nachzuweisen ist. Die Pollen dieser Pflanzen sind hochallergen und können
über weite Strecken verfrachtet werden.
Abb. 6: Allergische Sensibilisierung gegen Ambrosia in der untersuchten Bevölkerung
Schlafdauer
Die Probanden der ADULT-Kohorte wurden gebeten 7 Tage lang ein Aktometer zu tragen.
Es zeigte sich, dass damit die Schlafdauern sehr zuverlässig messbar waren.
Abb. 7 zeigt die Verteilung der der Schlafdauern in der Bevölkerung. Wir verfolgen die
Fragestellung, inwiefern die Schlafdauer mit dem Auftreten depressiver Störungen assoziiert
ist.
16
Abb. 7: Verteilung der Schlafdauer in der untersuchten Bevölkerung
Makuladegeneration
Die Makuladegeneration ist eine Hauptursache altersbedingter Erblindung. Erstmals haben
wir im Rahmen einer epidemiologischen Untersuchung ein systematisches Assessment aufgebaut, das der Frage nachgeht, in welchem Alter die ersten pathologischen Läsionen aufzufinden sind. Mittels optischer Kohärenztomographie gelingt es, hochauflösende Bilder der
Retina an der Stelle des schärfsten Sehens aufzunehmen. Mittel eine Multi-Reader Verfahrens werden alle Scans beurteilt. Abb. 8 zeigt, dass bereits in der Altersgruppe der 50-59jährigen ein erheblicher Anteil an Probanden eine pathologische Läsion (Druse) aufweist.
Abb. 8: Auftreten von pathologischen Läsionen (Drusen) in der LIFE Adult Studie
Aktuell geplante Publikationen:
Zur ADULT-Kohorte sind aktuell Publikationen zu folgenden Themen in Arbeit (Einreichung
in 2014):
• Design der ADULT- Studie (Löffler et al.)
• Herzecho-Feasibility- Studie (Hagendorff et al.)
• Herzecho – Herzinsuffizienz (Hagendorff, Löffler et al.)
• 3D-Body Scanner Feasibility-Studie (Ahnert et al.)
• 3D-Body Scanner – Bodytypen (Binder, Löffler et al.)
• 3D-Body Scanner – Körperoberflächen (Scholz, Löffler et al.)
• Aktometrie - Schlafdauer (Sander et al.)
• Aktometrie - Schrittzahlen (Zachariae et al.)
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Viszerales und subkutanes Fett mit MRI (Raschpichler, Stumvoll, Villringer et al.)
Multikanal-Zytom-Referenzwerte (Melzer et al.)
Pulse wave velocity –Feasibility (Teren et al.)
Carotis IMT – Feasibiltiy study (Beutner et al.)
Cystatin C und Nierenfunktion (Engel et al.)
Prick-Test allergische Reaktion – automatisches Bild- Reading (Treudler, Simon et al.)
Makuladegeneration - Optische Kohärenztomographie (Rauscher et al.)
Essverhalten (Then et al)
White matter Läsionen im Hirn-MRI (Schroeter, Villringer et al.)
Kognitive Funktion und Apo E (Luck et al)
Kognitive Funktion und Beruf (Then, Riedel-Heller et al.)
Metabolom - mQTL (Ceglarek, Thiery et al.)
Genomweite eQTL in Bezug zum Lipidstoffwechsel (Scholz, Thiery et al.)
Geomapping of major phenotypes and life styles to the city map (Löffler et al.)
Genutzt werden Daten aus den Feasibility-Studien bzw. aus der Zwischenauswertung der
LIFE Adult-Studie vom Sept. 2013 (N=4246). Das vorstehende Verzeichnis umfasst auch
Publikationen der Teilkohorten Adult Demenz und Adult Depression auf die in den folgenden
Punkten 3.2 und 3.3 näher eingegangen wird.
3.2
Teilkohorte Adult Demenz
Die Kohorte Adult Demenzerkrankungen und Mild Cognitive Impairment (MCI) zielt auf eine
Tiefen-Phänotypisierung der Kohorte bzgl. häufiger degenerativer Erkrankungen (Demenz
und deren Vorstadien der leichten kognitiven Störungen; Mild Cognitive Impairment/MCI), für
welche eine wesentliche epidemiologische und sozioökonomische Bedeutung in den
nächsten Jahren zu erwarten ist. Das Projekt wählt dabei einen innovativen Ansatz:
Während das derzeit vorherrschende Paradigma in der Demenzdiagnostik die Einordnung
jedes Patienten in die wichtigsten Diagnosegruppen Alzheimer-Erkrankung, vaskuläre
Demenz und frontotemporale lobäre Degeneration ist, kombiniert unser Ansatz diesen
differentialdiagnostischen
Pfad
mit
einer
genauen
deskriptiven
individuellen
Phänotypisierung eines jeden Probanden. Diese Philosophie beruht auf der Grundannahme,
dass die genannten Krankheitsentitäten lediglich pathophysiologische Extremvarianten eines
breiten sich erheblich überlappenden Spektrums dementieller Syndrome darstellen. Der deskriptive Ansatz beinhaltet neben der umfassenden klinischen Phänotypisierung eine genaue
Charakterisierung der pathophysiologischen Vorgänge. Wir erwarten anhand einer
individualisierten Diagnostik eine auf den einzelnen Patienten zugeschnittene bessere
prognostische Aussage und Therapie. Der besondere Schwerpunkt liegt hierbei auf dem
Verständnis des Einflusses von Frontalhirnfunktionen (exekutive Funktionen und soziale
Kognition) und Risikofaktoren für eine Demenz, wie vaskuläre Faktoren und Adipositas, und
einem Verständnis der involvierten Mechanismen.
Bisher konnten folgende Meilensteine erfüllt werden:
• Es erfolgte die fortlaufende Durchführung der Probandenuntersuchungen in LIFEADULT einschließlich des Einsatzes der Assessments von LIFE Adult Demenz; mit
18
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•
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Stand 15.04.2014 konnten in der LIFE ADULT Kohorte Daten von 8.660 Probanden (N =
2.810 Probanden im Alter von über 65 Jahren) erhoben werden.
An insgesamt 2.720 Probanden konnte bis zum 15.04.2014 zudem die vertiefte Erfassung der kognitiven Leistungsfähigkeit im LIFE-Teilprojekt Adult Demenz anhand zusätzlicher Untersuchungen (Tag 2 – Untersuchungsprogramm) umgesetzt werden.
Darüber hinaus wurde für 2.690 Probanden eine multimodale Bildgebung mittels
Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) zur Charakterisierung von strukturellen Maßen
(T1) und Konnektivitätsparametern (resting state MRT & DTI) umgesetzt.
Zur Gewährleistung der Datenqualität unterstehen die erhobenen Daten im LIFETeilprojekt Adult Demenz einer regelmäßigen und systematischen Kontrolle auf Vollständigkeit, Plausibilität, Konsistenz und Qualität der Durchführung der Untersuchung.
Diese Datenkontrolle konnte im Laufe des Jahres in Zusammenarbeit mit der LIFE-IT
und den verantwortlichen Wissenschaftlern optimiert werden. Zudem wurden
Schulungen und regelmäßige Hospitationen der Interviewer zur Sicherung einer
objektiven, reliablen und validen Durchführung der Probandenuntersuchungen durchgeführt.
Im Rahmen der Qualitätssicherung wurde außerdem ein Datenkurationsprozess
implementiert. Die in der LIFE-Teilkohorte Demenz durchgeführten Interviews bzw.
Untersuchungen werden hierbei stringent überprüft und systematische Fehler im Datenerhebungsprozess sowie fehlerhafte Einzelmesswerte folgerichtig korrigiert.
Auch wurden für Datenauswertungen insgesamt 20 computerisierte Skripte (Derivate)
entwickelt, welche für jeden Studienteilnehmer die Summenscores bzw. Cut-off-Werte
der in der LIFE-Teilkohorte Demenz durchgeführten Interviews bzw. Untersuchungen
automatisch erstellen.
Es erfolgte die Vorstellung von Ergebnissen des LIFE-Teilprojektes Adult Demenz anhand von Vorträgen und Postern auf dem 1. Internationalen LIFE-Symposium (gemeinsame Veranstaltung mit der 8. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGepi), 24.-27. September 2013 in Leipzig).
Ein wesentlicher Meilenstein des Projektes ist die Phänotypisierung der Kohorte entsprechend der Vorstadien demenzieller Erkrankungen, sogenannter leichter kognitiver
Störungen. Die Definition leichter kognitiver Störung (minNCD – Minor Neurocognitive
Disorder) nach dem aktuellsten internationalen Klassifikationssystem psychischer Störungen
- DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, veröffentlicht von der
American Psychiatric Association im Mai 2013) erfordert folgende Kriterien: (i) Sorgen über
ein schlechter werdendes Gedächtnis, (ii) Leistungen in neuropsychiatrischen Assessments
eine Standardabweichung unter der Norm, und (iii) die Beeinträchtigungen können nicht
durch andere Erkrankungen erklärt werden. Diese Kriterien konnten in der LIFE-Adult Kohorte der über-65-Jährigen bisher von 24,9% der Probanden erfüllt werden. Die am
häufigsten beeinträchtigte kognitive Domäne war hierbei das verbale Kurzzeitgedächtnis.
Statistische Analysen zeigten signifikante Verschlechterungen des verbalen Kurzzeitgedächtnis mit ansteigendem Alter (p < 0,001; siehe Abb. 9).
19
Abb. 9: Ergebnisse im CERAD Wortlisten-Subtest für alle drei Lerndurchgänge (words
remembered) stratifiziert nach Altersgruppen (age).
Außerdem konnten signifikante Geschlechtsunterschiede beobachtet werden: So zeigten
Frauen durchschnittlich in allen kognitiven Testungen eine bessere Leistung als Männer (p <
0,001). Nichtsdestotrotz waren Frauen häufiger von einer leichten kognitiven Störung betroffen als die Männer (p = 0,027; 52,9 % der Betroffenen sind Frauen). Die ermittelten Daten
liefern so insgesamt erste Hinweise zu Häufigkeit und Ausprägung leichter kognitiver
Störungen nach den aktuellen Klassifikationskriterien in der Bevölkerung als eine mögliche
Vorstufe von Demenz.
Wesentliche weitere Milestone-Projekte konnten bereits basierend auf erhobenen Daten abgeschlossen und publiziert werden: (i) Charakterisierung von Hirnatrophie und
Hirnkonnektivität bei vaskulären Demenzen, insbesondere dem Vorstadium „Mild Vascular
Impairment“, welche wesentlich auf den Risikofaktor arterielle Hypertonie zurückzuführen
sind (Quinque et al., 2012), (ii) Validierung von Imaging-Daten mittels zellspezifischer (glialer
und neuronaler) Serummarker mit Assoziation zu Risikofaktoren für neurodegenerative Erkrankungen, wie Adipositas bzw. Schilddrüsendysfunktion (Mueller et al., 2012; Quinque et
al., 2014; Raschpichler et al., 2014; Schroeter et al., 2014; Streitbürger et al., 2012), (iii)
Assoziation zwischen Funktionseinbußen und Imaging-Daten bei frühen Stadien einer
Demenz (Frisch et al., 2013; Schroeter 2012; Schroeter et al., 2012; Woost et al., 2013), (iv)
Entwicklung neuer Konnektivitätsanalysen zur Untersuchung der krankheitspezifischen
Interaktion zwischen Hirnarealen bei neurodegenerativen Erkrankungen (Jech et al., 2013;
Mueller et al., 2013), (v) Entwicklung automatisierter Ansätze (machine learning) zur Prädiktion von häufigen neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-Krankheit (Dukart et
al.,
2014),
(vi)
Untersuchung
des
Zusammenhanges
zwischen
Herzfunktion/Gefäßrisikofaktoren und Neurokognition, (vii) Entwicklung von Modellen zu den
neuralen Korrelaten von frühen neurodegenerativen Erkrankungen und ihren Vorstadien
20
(Dukart et al., 2013a & 2013b), und (viii) Validierung methodischer Einflüsse der Bildgebungstechnik auf Effektstärken der Bildgebung (s. Abb. 10; Streitbürger et al., 2014).
Abb. 10: Einflüsse von (A) Spulentyp (Coil), (B) gewählter Sequenz
(Sequence), und (C) räumlicher
Auflösung (Resolution) auf den mit
MRI detektierten Alterseffekt (Age).
3.3 Teilkohorte Adult Depression
Die Kohorte Adult Depression befindet sich weiterhin in der Rekrutierungsphase. Bis Ende
April 2014 konnten ca. 2720 Probanden untersucht werden (davon ca. 250 Teilnehmer in
Feasibility- und Pilot-Phase). Somit lagen Ende April 2014 n = 2475 von angestrebten 3.000
Messungen in Adult Depression vor (82,5%). Im Rahmen der Hauptstudie wurden n = 2.924
Messslots angeboten, was einer Auslastung von 84% entspricht (Abb. 11)
Um den, sich aufgrund der zum Projektbeginn nicht rechtzeitig verfügbaren EEG-Messplätze
akkumulierten, Rekrutierungsrückstand auffangen zu können, wurde im Frühjahr 2013 eine
Modifikation der Einschlusskriterien für die Teilkohorten Adult Depression und Adult Demenz
beschlossen. Seit Sommer 2013 werden nun auch Probanden im Altersbereich von 60-64
Jahren für diese Teilkohorten rekrutiert. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die
noch benötigten n = 525 Messungen im Verlauf der zur Verfügung stehenden restlichen
Rekrutierungszeit eingeschlossen und die Rekrutierungsziele somit erfüllt werden können.
21
Eine Auswertung der in der Teilkohorte Adult Depression erhobenen Daten findet im
Rahmen von Projektvereinbarungen (PV) statt. Folgende PVs sind aktiv und werden bearbeitet:
PV009 – „Einfluss der Vigilanzregulation auf die P3b im Alter“
PV059 –„Prävalenz der minoren Depression bei älteren Probanden mit und ohne Mild
Cognitive Impairment“
PV077 – „SAEP und ApoE-Genotyp“
PV080 – „Persönlichkeit und Vigilanz“
PV082 – „CYP2D6-Phänotypen“
PV083 – „IAEP und Affektivität“
In einer zweiten Zwischenauswertung im Herbst 2013 wurden neben Daten des Basistags
(LIFE Health Adult) auch erstmalig Zwischenergebnisse aus Instrumente und Verfahren vorgestellt, die in der Teilkohorte Adult Depression erhoben wurden.
Abb. 11: Rekrutierungsverlauf in der Hauptstudienphase der Teilkohorte Adult Depression.
Die vertikale blaue Markierung kennzeichnet den aktuellen Rekrutierungsstand (Ende April
2014), die violette Markierung zeigt das ursprünglich geplante Rekrutierungsende
(Dezember 2013). Erkennbar ist, dass bis zum Ende des aktuellen LIFERekrutierungszeitraums (September 2014) deutlich mehr als die erforderlichen 3000
Messslots (gelbe Linie) erreicht werden. Unter der Voraussetzung, dass die Quote der tatsächlichen Messungen (grüne Linie) wie in den letzten Wochen beibehalten werden kann, ist
bis zum Ende der Rekrutierungszeit mit einem Erreichen der Rekrutierungsziele (rote Linie)
zu rechnen.
Aufgrund der generellen Verlängerung der Rekrutierungsphase von LIFE bis zum September
2014 ist davon auszugehen, dass die noch ausstehenden Probanden unter den derzeitig
geltenden Bedingungen rekrutiert werden können. Dies berücksichtigt eine im Berichtszeit22
raum erreichte Rekrutierungsquote von ca. n = 26 Probanden pro Woche. Somit ist davon
auszugehen, dass die Rekrutierung der fehlenden n = 525 Probanden in 21 Wochen möglich
ist.
Die Teilkohorte Adult Depression ermöglicht aufgrund der angewandten klinischen und
apparativen Untersuchungen eine Charakterisierung der Prävalenz sowie des Krankheitsverlaufs eines der häufigsten neuropsychiatrischen Krankheitsbilder, der Depression, in einer
repräsentativen Stichprobe der Allgemeinbevölkerung, sowie in Zusammenarbeit mit der
Teilkohorte Adult Demenz der leichten kognitiven Beeinträchtigung. Genauere Kenntnisse
um die spezifischen Prävalenzen, insbesondere subsyndromaler depressiver Syndrome, ist
notwendig, um daran unmittelbare Präventions- und Behandlungsprogramme der fachmedizinischen Disziplinen anschließen zu können. Die gleichzeitige, im vorliegenden Projekt
erstmals in ausreichender Untersuchungstiefe durchgeführte Evaluation der geistigen
Leistungsfähigkeit bei älteren Menschen mit und ohne subsyndromale Depression erlaubt
darüber hinaus die frühzeitige Erfassung einer komorbiden kognitiven Beeinträchtigung.
Diese kann entweder als eigenständiges Krankheitsbild auftreten oder aber Folge der depressiven Grunderkrankung sein. Die durchgeführten apparativen Untersuchungen Elektroenzephalographie und Magnetresonanztomographie sowie die labormedizinischen Analysen erlauben eine frühzeitige Abgrenzung präklinischer Formen neurodegenerativer
Demenzen.
3.4
LIFE Health Child und LIFE Pregnancy/Birth sowie
LIFE Obesity Child
Dieser Teil des Berichts wurde von Dipl.-Psych. Andreas Hiemisch und Frau Stephanie
Naumann und dem Team der LIFE-Child-Studienambulanz unter der Projektleitung von
Prof. Dr. Wieland Kiess verfasst.
3.4.1. Ziel des Forschungsvorhabens
LIFE Child - Kindliche Entwicklung und Zivilisationserkrankungen
Adipositas, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes, Allergien und psychische Erkrankungen
wie Depression, Verhaltensstörungen und Abhängigkeitssyndrome gehören in Industrieländern zweifelsohne zu den häufigsten und gesundheitsökonomisch bedeutendsten Erkrankungen. Zudem sind Ihnen mit Abstand der größte Anteil der Todesursachen in unserer
Gesellschaft zuzurechnen (vgl. Berichte der World Health Organization - WHO). Trotz des
derzeitigen medizinischen Wissens und Fortschrittes nimmt die Zahl der Erkrankten wie auch
die Intensität der Erkrankungen ungebremst weiter zu. Bis vor einigen Jahren waren
Zivilisationserkrankungen fast ausschließlich im Erwachsenenalter zu finden. Mit fortschreitender Entwicklung werden die Auswirkungen nun mehr und mehr auch im Kindesund Jugendalter sichtbar. Beispielsweise ist das Auftreten des sogenannten Altersdiabetes
bei Jugendlichen mittlerweile keine Seltenheit mehr. Auch Herz-Kreislauferkrankungen wie
Bluthochdruck lassen sich immer häufiger bereits bei Heranwachsenden diagnostizieren.
Darüber hinaus deuten bisherige Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Schlüssel für
die Zivilisationserkrankungen fast ausschließlich im Kindes- und Jugendalter zu suchen sind
23
oder oftmals schon in der vorgeburtlichen Entwicklungsphase. Werden in diesen sensiblen
Entwicklungsabschnitten die entsprechenden Weichen gestellt, ist eine gesundheitsförderliche Beeinflussung in späteren Lebensphasen überaus schwierig.
Darüber hinaus zeichnen sich weitere Trends ab: Kindern und Jugendlichen fällt es zunehmend schwer, den gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Stetig steigend
ist die Zahl an Jugendlichen ohne Schulabschluss und Ausbildung. Unzureichende Bildung
fördert wiederum eine Zunahme von gesundheitskritischen Verhaltensweisen. Persönliche
Kontakte und körperliche Betätigung werden zugunsten von IT-basierten sozialen Netzwerken vernachlässigt. Moderne Smartphones übernehmen mehr und mehr die Erledigung
unserer täglichen intellektuellen Herausforderungen. Die langfristigen Folgen dieser Entwicklungen lassen sich nur schwer abschätzen.
Die LIFE Child Kohorte hat sich deshalb mit den Teilprojekten LIFE Health Child und
Pregnancy/Birth zum Ziel gesetzt, in einer Langzeituntersuchung über mindestens 10 Jahre
hinweg umfassend und tiefgreifend diese Zusammenhänge und damit die Entstehungsmechanismen und Risikofaktoren von Entwicklungsveränderungen und Zivilisationserkrankungen zu untersuchen.
Erst wenn es gelingt, das komplexe Zusammenspiel von Umwelteinflüssen, Lebensstil, Erziehung, Bildung und Erbanlagen zu verstehen, kann ein entsprechendes Lebensumfeld geschaffen werden für ein gesünderes und unbeschwertes Heranwachsen unserer Kinder mit
hoher Lebensqualität und positiver Zukunftsperspektive.
Eine Zivilisationserkrankung spielt im Kindes- und Jugendalter eine ganz besondere Rolle.
Das krankhafte Übergewicht, auch Adipositas genannt, ist oftmals die Ursache für eine
ganze Reihe weiterer schwerwiegender Störungen und Probleme, die von Kindheit bis ins
hohe Erwachsenenalter an Intensität zunehmen. Fast jedes dritte Kind in den Industrieländern ist übergewichtig. In der Folge können bereits im Kindesalter Bluthochdruck wie
auch Diabetes Typ II auftreten und zu Arterienveränderungen führen, welche im späteren
Leben in Herzinfarkt, Hirnschlag, Nierenversagen und Augenerkrankungen resultieren
können. Zudem leiden die Betroffenen nicht selten bereits in der Kindheit an psychischen
Störungen wie Depressionen oder Verhaltensauffälligkeiten. Sie werden oft durch Vorurteile
und Ausgrenzung stigmatisiert, was die eigentliche Krankheitsproblematik weiter verstärkt.
Damit ist Adipositas eine der häufigsten und schwerwiegendsten Zivilisationserkrankungen
der Gegenwart.
Adipositas kann in jedem Lebensalter auftreten. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass
übergewichtige Neugeborene ein besonders hohes Risiko haben, ein Leben lang adipös zu
bleiben. Folgeerkrankungen entwickeln sich umso rasanter, je frühzeitiger das Übergewicht
auftritt.
Trotz dieser drastischen Befunde ist das Wissen um die Entstehung, Einflussfaktoren und
Aufrechterhaltung der Erkrankung noch sehr vage. Ebenso gibt es eine Vielzahl an
therapeutischen Angeboten, deren Erfolge jedoch äußerst begrenzt sind.
Nicht zuletzt aus dieser Tatsache zeigt sich, dass Adipositas mehr ist, als ein Ungleichgewicht zwischen Nahrungsaufnahme und Energieverbrauch. Es handelt sich vielmehr um
ein komplexes, multifaktorielles Geschehen, bei dem Erziehung, Lebensumfeld, sozioökonomischer Hintergrund, Genetik und auch soziale Vererbung wichtige Einflussfaktoren sind.
Von Natur aus sind wir programmiert, möglichst viel Energie in kurzer Zeit für „schlechte
Zeiten“ zu speichern. Nahrungsmittel sind in unserer Gesellschaft jedoch selten knapp.
24
Dennoch sind nicht alle Menschen übergewichtig. Hier spielt auch die sogenannte Epigenetik
eine entscheidende Rolle – wir können unser Erbmaterial scheinbar der Umwelt anpassen.
Selbst die Motive zu Essen sind vielfältig und unterliegen gesellschaftlichen, rituellen, körperlichen und psychosozialen Bedingungen.
Um dieser Vielzahl an Einflussgrößen auf die Spur zu kommen, ist ein sehr breiter, multifaktorieller und ganzheitlicher Forschungsansatz notwendig. Dieser Rahmen wurde nun
erstmals in der LIFE-Child Kohorte mit dem speziellen Forschungsteilbereich LIFE Child
Obesity geschaffen. Dabei werden insgesamt 1.500 Kinder mit und ohne Übergewicht mit
teils speziell entwickelten Untersuchungsmethoden tiefgreifend analysiert und über
mindestens 10 Jahre hinweg begleitet. Als Nebeneffekt werden durch den longitudinalen Ansatz aktuelle und zukünftige Therapiemethoden validiert.
Formale Ziele des LIFE Child Projektes
Im nachfolgenden Text wird nach Rekrutierungsziel und Kohortierungsziel unterschieden.
Dies ist notwendig, da die LIFE-Child-Kohorte von Beginn an über den aktuellen Förder- und
Bewilligungszeitraum hinaus geplant wurde. Diese longitudinale Konzeption ist ein grundlegendes Element zur Beantwortung der eingangs geschilderten wissenschaftlichen Fragestellungen. Es macht den Mehrwert gegenüber den meisten anderen nationalen und internationalen Kinderkohortenprojekten aus, welche aufgrund ihrer cross-sektionalen Ausrichtung nicht in der Lage sind, ausreichend Erkenntnisse über die Entwicklung von
Zivilisationserkrankungen und Ansätze der Prävention wie auch Therapie zu liefern. Das
Rekrutierungsziel beinhaltet die Zahl der insgesamt in einem Zeitraum von 10 Jahren geplanten nativen Teilnehmer. Mittels Poweranalyse wurde die notwendigen Teilnehmerzahlen
errechnet, um die im Studienprotokoll verankerten Hypothesen und Fragestellungen beantworten zu können. Nicht berücksichtigt wurden Attrition und Drop-out, da hierzu aufgrund
der wenigen internationalen, longitudinalen Kinderkohortenprojekte kaum verlässliche Daten
vorliegen bzw. diese Phänomene sehr regionspezifisch zu sein scheinen. Im Verlauf des
LIFE Child Projektes werden so Nachrekrutierungen notwendig werden, um die Power der
Untersuchungen weiter zu gewährleisten. Bei einem Zeitraum von 10 Jahren wird nach
aktuellen Erfahrungen mit einer Nachrekrutierungsrate von 30 Prozent gerechnet.
Das Kohortierungsziel beinhaltet die Meilensteine für den aktuellen Förderzeitraum 2008 bis
2014, wobei die Rekrutierung der Probanden erst nach einer Planungs- und Pilotierungsphase im Sommer 2011 begonnen hatte. Relevant für die Kohortierungszielplanung sind
weniger die absoluten Probandenzahlen, sondern vielmehr die Untersuchungstage für die
einzelnen Teilnehmer - im folgenden Besuche genannt. Jeder Besuch generiert einen
separaten Datensatz des Teilnehmers mit den Ergebnissen des Untersuchungstages. Für
jeden Teilnehmer existieren somit mehrere Datensätze im zeitlichen Verlauf, sobald er an
Folgeuntersuchungen teilgenommen hat. Erst dieses Konzept macht die Entwicklung von
Kindern wie auch den Verlauf einer Erkrankung erfassbar und verstehbar. Eine longitudinale
Ausrichtung gestaltet eine Kohortenstudie sehr aufwendig, insbesondere wenn möglichst
kleine Untersuchungsabstände wie im vorliegenden Projekt gewählt werden. In den Folgestudienjahren steigt die Zahl der Besuche exponentiell im Vergleich zur Neurekrutierungsrate
an. Dies wiederum erfordert bei limitierten personellen, räumlichen und finanziellen
Ressourcen einen längeren Neurekrutierungszeitraum, der bei LIFE Child damit voraussichtlich bis zum Jahr 2017 reichen wird. Ausgehend von den zur Beantwortung der wissen25
schaftlichen Fragestellungen geplanten 10 Jahren Follow-up muss die Gesamtprojektlaufzeit
damit bis mindestens 2027 dauern.
LIFE Health-Child
Rekrutierungsziel über den Planungszeitraum von 10 Jahren
• 5.000 für die Region Leipzig repräsentative Familien mit Kinder und Jugendliche im Alter
0-18 Jahre,
Kohortierungsziel in der Förderperiode 2008 bis 2014 und Rekrutierungsbeginn 2011
• 2.500 Kinder und Jugendliche, die insgesamt 5.000 Erst- und jährliche FolgeUntersuchungen (= 5.000 Besuche) absolvieren
Zielstellungen der Kohorte:
1. Abbildung der gegenwärtigen körperlichen Entwicklung und psychosozialen Adaptation
von Kindern und Jugendlichen in einer ostdeutschen Großstadt. Vergleich mit Entwicklungsdaten nationaler und internationaler Kohortenstudien.
2. Retrospektive Charakterisierung der Ursachen und Entstehung von ZivilisationsErkrankungen sowie Wechselwirkungen von Risikofaktoren im zeitlichen Verlauf bei
vormals gesunden bzw. unauffälligen Probanden.
3. Untersuchung des Zusammenwirkens molekularer, umwelt- und entwicklungsbezogener sowie lebensstilassoziierter Einflüsse auf die Ausprägung bestimmter Phänotypen und Zivilisationserkrankungen. Insbesondere auch Identifizierung protektiv und
salutogenetisch wirkender Faktoren im Zusammenhang mit diesen Störungsbildern.
4. Identifizierung und Charakterisierung von Risikopopulationen mit Vorliegen bestimmter
Risikofaktoren oder präklinischer Krankheitsausprägungen, die in den LIFE-CHILD
Disease-Kohorten weiterverfolgt und hinsichtlich ihrer Krankheitsentwicklung genauer
phäno- und genotypisiert werden.
5. Gewinnung von Kontrollpopulationen gesunder Probanden, die im Rahmen von Vergleichsbetrachtungen (z. B. Fall-Kontroll-Analysen, Extremgruppenvergleiche) entsprechenden LIFE-DISEASE-Populationen gegenübergestellt werden.
LIFE Pregnancy/Birth
In der Planungsphase der LIFE-Child-Kohorte wurde eine Neugeborenenkohorte durch die
Untersuchungszeitpunkte bereits während der Schwangerschaft sowie direkt zur Geburt per
se schon definiert und auch innerhalb der Fördermittelanträge so deklariert. In der initialen
Umsetzung des Projektes wie auch in den vorangegangenen Berichten wurde jedoch auf
eine separate Darstellung verzichtet, da es sich ausgehend vom Primärkonzept eher um
eine Alterserweiterung handelte. Im Verlauf der Umsetzung kristallisierten sich mehr und
mehr differierende Aspekte zu der Kinder- und Jugendkohorte heraus. Dies betrifft insbesondere die Rekrutierungsstrategien, der zeitliche Abstand von Untersuchungszeitpunkten, die primäre Untersuchung einer Erwachsenenpopulation sowie damit einhergehend ein weit heterogeneres Untersuchungsprogramm und nicht zuletzt die bei weitem
komplexeren Herausforderungen bei der technischen Umsetzung. Aus diesem Grund wird
die LIFE-Child-Geburtskohorte zukünftig in diesem Sinne separat dargestellt.
26
Rekrutierungsziel über den Planungszeitraum von 10 Jahren
• 2.000 schwangere Frauen und deren Partner ab der 24.-26. Schwangerschaftswoche
mit anschließender wissenschaftlicher Begleitung der Entwicklung aller neugeborenen
Kinder dieser Familien
Kohortierungsziel in der Förderperiode 2008 bis 2014 und Rekrutierungsbeginn 2011
initiale Planung
• 1.000 schwangere Frauen mit je einem Untersuchungszeitpunkten in der 24.-26. (=
1.000 Besuche)
• 500 Neugeborene mit Untersuchung in der Schwangerschaft sowie mit je drei Untersuchungszeitpunkten im ersten Lebensjahr und anschließend Übergang in die Kinderund Jugendkohorte (=1.500 Besuche)
• 500 Neugeborene ohne Untersuchungen in der Schwangerschaft und mit je drei Untersuchungszeitpunkten im ersten Lebensjahr und anschließend jährlichen Folgeuntersuchungen (=1.500 Besuche)
• gesamt 4.000 Besuche
•
•
•
•
nach Erfahrungen korrigiert
500 schwangere Frauen mit je zwei Untersuchungszeitpunkten in der 24.-26. sowie in
der 36. Schwangerschaftswoche (= 1.000 Besuche)
400 Neugeborene mit Untersuchung in der Schwangerschaft sowie mit je drei Untersuchungszeitpunkten und ein bis zwei Untersuchungstagen im ersten Lebensjahr und
anschließend Übergang in die Kinder- und Jugendkohorte (=2.400 Besuche)
200 Neugeborene ohne Untersuchungen in der Schwangerschaft und mit je drei Untersuchungszeitpunkten und einem Untersuchungstag im ersten Lebensjahr und anschließend jährlichen Folgeuntersuchungen (=600 Besuche)
Gesamt 4.000 Besuche
Wie schon eingangs erwähnt, gibt es selbst international nur wenig Erfahrung bei
Rekrutierung eines solchen Probandenkollektivs. Insbesondere auch die nationalen,
regionalen und ideellen Unterschiede implizieren große Herausforderung bei der Bildung
einer solchen Kohorte. Erst aus den Erfahrungen, die mit Beginn der Rekrutierung gemacht
wurden, konnte das endgültige Kohortenkonzept definiert werden. Dazu gehört auch der zusätzliche Untersuchungszeitpunkt in der 36. Schwangerschaftswoche, der einerseits wissenschaftlich höchst interessant ist, zum anderen maßgeblich zur Probandenbindung peri- und
postnatal beigetragen hat. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde die ursprünglich geplante
Strategie, einen Teil der Säuglinge erst pränatal in die Kohorte aufzunehmen recht schnell
verlassen. Die bis dahin eingeschlossenen Kinder verbleiben in der Geburtskohorte. Eine
weitere Erfahrung zeigt, dass im Unterschied zu der eher homogenen und hochmotivierten
Klientel der Feasibilitystudie, die Familie in der Hauptstudie weit größere Individualität hinsichtlich Motivation, kognitiven Fähigkeiten wie auch Erziehungsverhalten aufweisen. Genau
diese Heterogenität ist für die Projektidee natürlich elementar, macht jedoch einige
Änderungen im Design notwendig. So führte das geplante Untersuchungsprogramm im
ersten Lebensjahr insbesondere durch die tiefgreifende Entwicklungsuntersuchung teilweise
27
zu Überforderung der Kinder. Aus diesem Grund wurde beschlossen, die Entwicklungsuntersuchung für hochvalide Ergebnisse an einem separaten Tag durchzuführen.
Zielstellung der Kohorte:
1. Identifizierung pränataler und perinataler Risikofaktoren sowie präklinischer und
klinischer Krankheitsausprägungen, die die Entwicklung des Kindes nachhaltig beeinflussen.
2. Untersuchung von säkularen Entwicklungstrends mit Blick auf die Ausbildung von bestimmter Phänotypen und Zivilisationserkrankungen.
3. Identifizierung der Mechanismen und Folgen von pränataler Programmierung
4. Suche nach prä-, peri- und postnatal protektiven Faktoren und Verhaltensweisen, die die
Entwicklung im allgemeinen Verständnis positiv beeinflussen können
5. Gewinnung von Kontrollpopulationen gesunder Probanden, die im Rahmen von Vergleichsbetrachtungen (z. B. Fall-Kontroll-Analysen, Extremgruppenvergleiche) entsprechenden LIFE-DISEASE-Populationen gegenübergestellt werden.
LIFE-B1 Obesity-Child
Rekrutierungsziel über den Planungszeitraum von 10 Jahren
• 2.000 Kinder und Jugendliche mit Übergewicht oder Adipositas im Alter 6-18 Jahre
• 1.000 schlanke Kinder und Jugendliche als Kontrollpopulation im Alter 6-18 Jahre
Kohortierungsziel in der Förderperiode 2008 bis 2014 und Rekrutierungsbeginn 2011
• 500 Kinder und Jugendliche mit Übergewicht oder Adipositas mit je zwei Untersuchungstagen, die insgesamt 1.000 Erst- und jährlichen Folge-Untersuchungen (=
2.000 Besuche) absolvieren
• 250 schlanke Kinder und Jugendliche mit je zwei Untersuchungstagen, die insgesamt 500 Erst- und jährlichen Folge-Untersuchungen (= 1.000 Besuche) absolvieren
Zielstellung der Kohorte
1. Identifizierung von Risikofaktoren und Mechanismen, die zu Adipositas und damit
assoziierten metabolischen Erkrankungen führen.
2. Suche nach Prädiktoren für die Entwicklung von juveniler Adipositas und metabolischem
Syndrom
3. Zusammenhang zwischen Lebensstil, Umweltfaktoren und genetischer Disposition bei
der Pathogenese von kindlichem Übergewicht.
4. Identifikation von Frühmarkern metabolischer und kardiovaskulärer Folgeerkrankungen
3.4.2
Inhaltliche Themenbereiche und wissenschaftliche Fragestellungen
Entwicklungsveränderungen im Kindes- und Jugendalter
28
Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unterliegt einer stark zunehmenden
Dynamik. Nicht zuletzt sind sie in zunehmendem Maß verändernder Umweltbedingungen
gegengestellt. Um die Ursachen und Mechanismen von Erkrankungen erforschen zu
können, muss die „normale“ körperliche, psychische und soziale Entwicklung verstanden
werden. Einerseits bestehen hier in weiten Bereichen noch unerforschte Gebiete und unverstandene Regulationsvorgänge, anderseits unterliegt die Entwicklung demselben Veränderungsdruck wie die Umweltbedingungen, in denen die Individuen leben. Nicht zuletzt
dies erfordert eine regelmäßige Neujustierung unseres Wissens:
• Gegenwärtige körperliche, kognitive und psychosoziale Entwicklung von Kindern und
Jugendlichen in Leipzig
• Identifizierung und Funktionsaufklärung von bekannten bzw. neuen Knochenstoffwechselmarkern
• Einfluss von Nikotinexposition zu verschiedenen Zeitpunkten im Langzeitverlauf der
kindlichen körperlichen, kognitiven und psychischen Entwicklung
• Etablierung von 3D-Laser-basierter, anthropometrischer Körpervermessung mit anschließender computerassistierter Rekonstruktion und Auswertung; Identifikation,
Häufigkeit und Krankheitsassoziation von Dysmorphiezeichen bei Kindern und Jugendlichen; Körperkonturveränderung in der Schwangerschaft als Indikator für pränatale und
postnatale Entwicklungsdevianzen.
• Art und Häufigkeit von Schilddrüsenerkrankungen im Großraum Leipzig und Relevanz
für die kindliche Entwicklung; Häufigkeit von unentdeckten Fällen
• Art und Häufigkeit von Nierenerkrankungen; Normwerte für Cystatin-C im Kindes- und
Jugendalter
• Etablierung von Haaranalysen für sensitive, zeitstabile Indikatoren: Haarkortisol als
retrospektives
Zeichen
chronischer
Stressbelastung,
Toxikologische
HaarUntersuchungen zur Quantifizierung von Umweltbelastungen, Objektivierung von
Alkoholkonsum im Kindes- und Jugendalter mittels Haar-Ethylglucuronid (ETG)
• Aktuelle normative Daten zur Lungenfunktion im individuellen Verlauf; Einfluss auf Entwicklung und Leistungsfähigkeit von Kindern, Zusammenhang mit Frühgeburtlichkeit,
Allergien, Umweltbelastungen, körperlicher Aktivität
• Spezifischer Einfluss von Umweltbelastungen auf die frühkindliche Entwicklung: Analyse
von Muttermilch und Haaren
• Motorik und Koordination von Kindern und Jugendlichen im zeitlichen Verlauf; Einfluss
von körperlicher Aktivität, Erziehung, sozialem Umfeld, detaillierter Zusammenhang mit
Ausbildung von lebensstilassoziierten Erkrankungen
• körperlicher, kognitiver und psychosozialer Einfluss von Suchtmittelgebrauch in der
Familie auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sowie deren sozialer
Adaptation
• Relevanz von Fertilität und Kinderwunsch auf die Bindung und frühkindliche Entwicklung
sowie Partnerschaftsstabilität
• Soziale Vererbung: Langzeitarbeitslosigkeit, Milieu, Sozialstatus, Schwangerschaftsmotive, Bildung, Selbstkonzept
• Hormonelle Einflüsse auf die Inzidenz kraniomandibulärer Dysfunktionen im Jugendalter
• Unfälle und Verletzungen
• Stimmleistung und -qualität
29
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Systemweite phänotypische und funktionelle Erfassung peripherer Blutleukozyten mittels
Cytomics
Interaktionen zwischen sozialräumlichen Merkmalen der Nachbarschaft, psychosozialen
und soziodemographischen Merkmalen der Eltern und den genetischen Prädispositionen der Kinder bei der Prädiktion von Gesundheitszustand und Erkrankungen
der Kinder und Jugendlichen
Juvenile Adipositas – Einflussfaktoren und Folgen
Identifizierung von Prädiktoren und Mechanismen der Endotheldysfunktion bei adipösen
Kindern und Jugendlichen
Motorik, Koordination und körperliche Leistungsfähigkeit von adipösen im Vergleich zu
schlanken Kindern und Jugendlichen
Relevanz von Lifestyle, Peer und Medien auf die Entwicklung und den Verlauf von
Adipositas bei Kindern und Jugendlichen
Beziehungen zwischen Schlafvariablen und der Entwicklung von Adipositas und
assoziierten Folgeerkrankungen bei Kindern
Prädiktiver Wert von Erfahrungen figur- und gewichtsbezogener Diskriminierung für die
psychische und körperliche Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
Störungen des Fettstoffwechsels – Molekulare Lipidgenetik
Krankheitsprädisposition in der Schwangerschaft und im Säuglingsalter
Einfluss intrauteriner/pränataler sowie perinatologischer Parameter auf die Ausbildung
von Krankheitsdispositionen und lebensstilassoziierten Erkrankungen
Metabolische Langzeiteffekte des Stillens
Pränatale psychische Prädiktoren für kindliches Übergewicht
Effektivität von Rotaviren-Impfungen
Körperliche Belastbarkeit und Lungenfunktion ehemaliger Frühgeborener im Zeitalter
von Surfactant
Bindungsstil der Mutter als Prädiktor von psychischen und körperlichen (Funktions-)
Merkmalen des Kindes
Psychosoziale Adaptation und psychische Störungen
Somatoforme Störungen im Kindes- und Jugendalter - Assessmentstrategien, Epidemiologie, psychologische Korrelate und medizinisches Inanspruchnahme-verhalten
Entstehungsbedingungen von depressiven Erkrankungen und anderen psychopathologischen Störungen von der Kindheit bis ins junge Erwachsenenalter
Veränderungen im Freizeitverhalten von Jugendlichen - Interessen, Mediennutzung,
Suchtmittel sowie deren Auswirkungen auf die psychosoziale Entwicklung
Entwicklung von Sensation Seeking und Persönlichkeit im Kindes- und Jugendalter
Einfluss traumatischer Ereignisse und pränataler Verluste der Mutter auf die Entwicklung
des Kindes
Umwelt und Allergie
30
•
•
•
Entwicklung von Allergie und Anaphylaxie bei Kindern und Jugendlichen
Assoziation zwischen Allergien vom Soforttyp und Diabetes mellitus Typ 1 bei Kindern
und Jugendlichen
Bestimmung der inneren Phthalatexposition von adipösen und normalgewichtigen
Kindern sowie Ermittlung des phthalatassoziierten Risikos zur Entwicklung einer Insulinresistenz, Adipositas oder Atopie
Periphere hämatopoetische Stammzellen (Eosinophile Vorläufer)
•
•
Inanspruchnahmen von Gesundheitsleistungen
Gebrauch alternativer Heilmethoden bei Kindern und Jugendlichen
Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Versorgungskosten
•
Für die Bearbeitung der oben genannten Themen und den daraus resultierenden Fragestellungen wird ein breites Spektrum an Untersuchungsmethoden und Analysen benötigt.
Um den multifaktoriellen Ätiologien von Zivilisationserkrankungen gerecht zu werden,
müssen die Einflüsse verschiedenster Faktoren aus den Bereichen Wohnumfeld, Lebensstil,
Erziehung, Persönlichkeit, Bildung und Genetik in Zusammenhang gebracht werden. Die Ergebnisse aus diesen wissenschaftlichen Analysen können als sogenannte Derivate wieder in
neue Auswertungen eingebunden werden. Fortlaufend können auf dieser Basis neue Fragestellungen generiert werden. Letztlich ergibt sich so ein quasi unerschöpfliches Potential an
Anwendungs- und Verwertungsmöglichkeiten.
Tab. 3: Einordnung in das europäische Kinder-Kohortennetzwerk mit ähnlicher Konzeption
Projekte /
Populationsbasierte
Forschungs-
Orte
Kohorten
ziel
LIFE Child
Leipzig
1-18 Jahre +
Schwangeren/Geburtskohorte
Beginn 2011
Geplant 8.700 Familien
24.SSW, 36. SSW, G,
3.LM, 6.LM, 12LM,
dann jährliches Followup
Entwicklungsphänomene;
Generieren von
Normen;
Ursachen und
Auslöser
häufiger
Störungen und
Erkrankungen
3-17 Jahre,17.641 Teilnehmer 2003-2006,
deutschlandweit,
Querschnitt mit geplantem Follow-up 2014
GINI/LISA
Geburtskohorte
mehrere
9.098 Teilnehmer
Studienzentren 1995-1999
in Deutschland Follow-up bis 10.LJ
SNIP/SHIP
Geburtskohorte
Greifwald
6.800 Teilnehmer
2003-2008
Neue Welle geplant
HBSC
Schulkinder,11-15
1. Bevölkerungsrepräsentativ,
2. Schwangersch./
Geburt,
3. Adipositas,
4. Psychische
Störungen
5. Eltern
Schwesterprojekt
mit Erwachsenen
40-75 Jahre
Mituntersuchung der
Eltern
KiGGS, RKI
Deutschland
Subkohorten
QuerschnittMOMO, BELLA
liche Erfassung
der kindlichen
Entwicklung in
Deutschland
Atopische Er- Ernährung,
krankungen
Umweltfaktoren/
Lifestyle
Besonderheiten
Bio-Analytik
Untersuchungs-
Biobank
Programm
sehr tiefgehende
Phänotypisierung
z. T. 2-3 Tage, 3DBodyscan, BayleyScales III, Augen,
Stimme, Zähne,
oGTT, ärztliche
Untersuchung,
Akzellerometer,
Ultraschall/Echo,
BIA, Grundumsatz,
Spiro/Spiroergo
uvm.
ca. 4 Stunden,
mittelgradige
Phänotypisierung,
umfangreiche Blut+Urin
Sofortanalytik (ca. 80
Parameter), Genom,
Transkriptom, Proteom,
Mikrobiom,Serum,
EDTA, DNA, RNA,
Leukos, Haare, Stuhl,
Plazenta, NS-Blut,
Muttermilch
Umfangreiche Analytik +
Genom
Einflussfaktoren keine
prä/peri/postnat
al
Umwelteinflüsse,
Lifestyfaktoren,
Schadstoffanalyse,
Anthro, BIA
Daten der Vorsorgeuntersuchunge
n
Fokus aufallergologische
Parameter, Genetik,
Stammzelltypisierung,
Antikörper
Nicht bekannt
Generationale
45min,
keine
keine
31
EU
Jahre, seit 1982,
mehrere
4jährige Follow-ups
Studienzentren 43 Länder Europa und
Nordamerika
ALSPAC
Bristol, UK
Generation R
Rotterdam
The Danish
National Birth
Cohort,
Kopenhagen
3.4.3
Veränderung
sowie Einstellungen und
Werte von
Schulkindern
Geburtkohorte
Kindliche Entseit 1991
wicklung in UK,
jährliches Follow-up
„Children of the
90ies“
Geburtkohorte
Verbesserung
9.778 Schwangere
der Gesunddiskontinuierliche
heitsvorsorge
Follow-ups mit untervon
schiedlichem Spektrum Schwangeren
und Kindern
100.000 Kinder ab Ge- Kindliche Entburt
wicklung in
seit 1996
Dänemark
Psychosoziale
Adaptation und
gesundheitsrelevantes Verhalten
mehrere
Umfassendes
tiefgehende Analytik inkl.
Spektrum inkl. MRT, Genom, Urin, Zähne,
EEG, DEXA u.a.
Nabelschnurblut,
Umweltanalytik
Vertiefungsphänoty Von mittelgradig bis tiefgehende Analytik inkl.
pisierung bei 1.232 umfassend inkl.
Genom, Nabelschnurblut
Teilnehmern
MRT, EEG, DEXA
Schwesterprojekt u.a.
mit Erwachsenen
45-106 Jahre
keine
Teils eher geringtiefgehende Analytik inkl.
gradige PhänoGenombereich, Nabeltypisierung, Aufschnurblut, Umweltanawertung durch
lytik
Daten aus dem
dänischem
Gesundheitsregister
Vertiefende Untersuchungen bei Teilgruppen inkl. MRT,
DEXA,
Pilotphase
3.4.3.1
Machbarkeitsstudien
Neuartige oder im Kindesalter noch wenig etablierte Untersuchungsmethoden, die im
Rahmen der LIFE-Child Kohorte auf der Suche nach neuen Erkenntnissen eingesetzt
werden sollten, wurden in sogenannten Feasibility-Studien auf Ihre Durchführbarkeit, Verträglichkeit und Akzeptanz durch die Probanden überprüft. Damit wird unter anderem auch
den Forderungen der medizinischen Ethikkommission entsprochen. Kinder und Jugendliche
bedürfen eines besonderen Schutzes und jegliche Schädigungen oder Belastungen sind
möglichst niedrig zu halten. Vor dem endgültigen positiven Votum durch die Ethikkommission
war eine Beurteilung der neuartigen Untersuchungsmethoden in Feasibility-Studien notwendig.
Das LIFE-Child-Untersuchungsprogramm besteht gleichwertig aus etablierten Untersuchungsmethoden, die weltweit bereits langjährig eingesetzt werden und die eine gute
Vergleichbarkeit mit anderen internationalen Studien zulassen. Anderseits werden gezielt
neuartige Verfahren eingesetzt, die eventuell neuartige Erkenntnisse erwarten liessen. Nach
dem vorläufigen Votum der Ethikkommission und dem Abschluss einer Probandenversicherung konnte im Dezember 2010/Januar 2011 mit der Durchführung der FeasiblityUntersuchungen begonnen werden. Machbarkeitsuntersuchungen wurden folgende Verfahren unterzogen:
-
3D-Bodyscan mittels Laser der Firma Body Solutions
Zielgruppe: Kinder/Jugendliche ab 4 Jahre, Eltern, Schwangere
Untersuchungsdauer: 10 min (mit Aus- und Ankleiden), Scandauer ca. 2 x 12 Sekunden
Energiegrundumsatzmessung mittels indirekter Kalorimetrie
Zielgruppe: Kinder ab 6 Jahre, Schwangere
32
-
Untersuchungsdauer: 20 min
Endothelfunktion mittels Endopat®
Zielgruppe: Kinder ab 6 Jahre
Untersuchungsdauer: 25 min
oraler Glukosetoleranztest (oGTT)mit 6 Messzeitpunkten
Zielgruppe: Schwangere, Kinder ab 6 Jahren
Untersuchungsdauer: 2 Stunden
Aktometrie mittels SenseWear-Geräten
Zielgruppe: Kinder ab 6 Jahre
Untersuchungsdauer: 7 Tage
Motoriktest adäquat zu MOMO (KiGGS)
Zielgruppe: Kinder/Jugendliche ab 3 Jahre
Untersuchungsdauer: 20 min
Sing-und Sprechstimmanalytik
Zielgruppe: Kinder ab 4 Jahre und Eltern
Untersuchungsdauer: 10 min
Lipidbelastungstest - Durchführbarkeit, Verträglichkeit und Dosisfindung
Zielgruppe: Kinder ab 6 Jahre
Dauer: 4 Stunden
3.4.3.2
Erprobungen des Gesamtprogramms (Pilotstudie)
Zur Vorbereitung der Hauptstudie wurde ab Januar 2011 eine Pilotstudie gestartet. In dieser
sollten alle wesentlichen Elemente der Hauptstudie simuliert und überprüft werden. Dabei
wurden Prozeduren und Verfahrensabläufe einschließlich Erhebungsmethoden in identischer
Weise wie in der geplanten Hauptstudie im Parcours und mit echten Probanden getestet.
Diese Pilotphase hatte folgende Zielsetzung:
a) Erprobung von Algorithmen zur Probandenauswahl
b) Erprobung des Verfahrens zur Probandeneinladung
c) Ablaufplanung mit:
Erprobung der logistischen Abläufe in der LIFE-Studienambulanz
Gewinnung von Informationen über die Dauer und zeitliche Variabilität der einzelnen
Untersuchungsmaßnahmen und Befragungen
Durchführbarkeit von einzelnen Untersuchungen und des Gesamtprogramms in Abhängigkeit vom Alter der Probanden
Anhand der in der Pilotphase gewonnenen Informationen konnte das für die Hauptstudie geplante Untersuchungsprogramm in seinem Umfang oder seinen zeitlichen Abläufen gegebenenfalls modifiziert werden. Für die Pilotphase waren insgesamt 400 teilnehmende
Familien geplant (250 LIFE-Child Kinder, 50 LIFE-Child Schwangere, 50 LIFE-Child Neugeborene, 100 LIFE-Child-Obesity Probanden) von denen ein Teil bereits unter denselben
Bedingungen wie die eigentliche Probanden-Kohorte ausgewählt, eingeladen und untersucht
wurden.
a) Erprobung von Algorithmen zur Probandenrekrutierung
In der Pilotphase lag das Hauptaugenmerk auf der Information der Bevölkerung und mitwirkender Instanzen, da dies ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg einer derartigen
33
Studie darstellt. Die Bedeutsamkeit dieses Einflusses steigt unter der Bedingung, dass im
LIFE Child Projekt freiwillige, gesunde Kinder und Jugendliche umfangreich phänotypisiert
werden sollen. Kinder und Jugendliche haben per se kein Interesse an einer wissenschaftlichen Studie. Meist entscheiden die Erziehungsberechtigten über deren Teilnahme. Dies
stellt eine außerordentliche Herausforderung an die Imagebildung und Rekrutierungsstrategie dar. Aus diesem Grund wurde bereits frühzeitig mit der Involvierung beteiligter,
öffentlicher Institutionen begonnen. Es folgten Informationsveranstaltungen für spezielle
niedergelassene Facharztgruppen und dosierte Presseberichte in Leipziger Lokalmagazinen.
Damit wurde gezielt das Gesundheitsbewusstsein der Leipziger Bevölkerung angesprochen
und aktiviert. Weitere Maßnahmen wie der Aufbau einer Internetpräsenz mit umfangreichen
Informationen über Gesundheit, Zivilisationserkrankungen und das LIFE-Forschungszentrum
sollen das Image der Studie weiter stärken. Gegen Ende der Pilotphase der LIFE-Child Kohorte wurde mit verstärkter Initiative zur Teilnahme über verschiedene Medien aufgerufen.
Neben der umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit wurden Kooperationen geschlossen, um
Kinder/Jugendliche und deren Erziehungsberechtigte/Eltern aus allen sozialen Schichten des
Großraums Leipzig anzusprechen. Hierzu zählen:
• Kinderärzte, niedergelassene Gynäkologen und Hebammen der Stadt Leipzig,
• das Gesundheitsamt sowie die Schwangerschaftsberatung der Stadt Leipzig
• die Sächsische Bildungsagentur, Schulen und Lehrer
• Geburtsmedizin und Kinderpoliklinik des Universitätsklinikum Leipzig AöR
Die Pilotphase hatte gezeigt, dass insbesondere die Kooperation mit dem Gesundheitsamt
sowie die Ansprache über die Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Universität
Leipzig zahlreiche Anmeldungen in allen sozialen Schichten eingebracht hat. Als
Problematisch hat sich hingegen die Rekrutierung von Schwangeren erwiesen. Aufgrund der
gewünschten frühzeitigen Anmeldung in der 24.-26. Schwangerschaftswoche muss in der
Hauptstudie weiter auf diese Probandengruppe eingegangen und die Kooperationen insbesondere mit den niedergelassenen Gynäkologen verstärkt werden.
b) Erprobung des Verfahrens zur Probandeneinladung
Sind Kinder und deren Eltern/Erziehungsberechtigte sowie Schwangere über die oben genannten Rekrutierungswege auf LIFE aufmerksam geworden und möchten sich zur Studie
anmelden, haben sie dazu folgende Möglichkeiten.
Zum einen ist eine telefonische Anmeldung über die LIFE-Hotline möglich. Dort werden
alle benötigten Probandendaten aufgenommen und ein Termin vereinbart.
Zum anderen können Interessierte ihre Kontaktdaten über ein Online-Anmeldeformular
auf der LIFE-Homepage hinterlassen. Daraufhin werden Sie zur Terminvergabe von
einer Dokumentationsassistentin angerufen.
Darüber hinaus ist es Interessierten möglich sich per Kontaktformular, welches den
Informationsunterlagen, die über die Schulen, das Gesundheitsamt sowie der Klinik und
Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Universität Leipzig ausgegeben werden, anzumelden. Für die Aufnahme der notwendigen Probandendaten sowie einer Terminvergabe werden die Interessierten ebenfalls von einer Dokumentationsassistentin
kontaktiert.
Es hatte sich gezeigt, dass die Methoden zur Probandeneinladung gut ausgewählt und
34
umsetzbar sind und von den Probanden gut akzeptiert werden. Bei dem Rückruf von
Interessenten ist jedoch darauf zu achten, dass dies aufgrund der Berufstätigkeit der
Eltern/Erziehungsberechtigten und Schwangeren auf den Nachmittag bzw. die frühen
Abendstunden zu legen ist.
120
108
107
100
80
A2
60
43
Geburten/Säuglinge
40
20
14
10
0
Schwangere
B1
A2-B1
Abb. 12: Probandenkollektiv der Pilotstudie
c)
Ablaufplanung
In der Pilot-Studie wurden der Ablauf und die Logistik des gesamten bzw. eines großen Teils
an Untersuchungen der späteren Hauptstudie sowie die indirekt mit dem Untersuchungsprogramm hängenden Abläufe erprobt. Neben der zeitlichen Dauer und Variabilität der
einzelnen Untersuchungsmaßnahmen und Befragungen, sowie der interdisziplinären Interaktion zwischen einzelnen Studienambulanzmitarbeitern, betraf dies beispielsweise auch die
anschließende Verarbeitung von Bioproben und die Archivierung von Untersuchungsdaten in
die Forschungsdatenbank.
Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse wurde der altersabhängige Untersuchungsablauf
sowie die Ambulanzlogistik optimiert und ein Idealplan zur standardisierten Ablaufplanung
erstellt. Berücksichtigt wurden dabei auch die positiven und negativen Aspekte, die in den
Evaluationen am Untersuchungsende genannt wurden.
3.4.3.4 Auswertung der Pilotphase, Überarbeitung des Studienprotokolls und Beantragung des Ethikvotums für die Hauptstudien der LIFE Child Health und LIFE
Child Obesity
Die Ethikkommission der Universität Leipzig hatte im Jahr 2010 ein vorläufiges positives
Votum für die Pilotphase des beantragten Studienprotokolls für die hier beschriebenen LIFE
Child Teilprojekte erteilt. Aufgrund der Einzigartigkeit einer solch umfassenden und langfristigen Kinderforschungsprojektes fehlten Erfahrungen zur Risikoeinschätzung. Aus diesem
Grund wurden die Studienleiter der LIFE Child Kohorte durch die Ethikkommission aufgefordert vor Entscheidung über ein endgültiges Votum wesentliche Ergebnisse zu Belastbarkeit, unerwünschten Ereignissen, Probandenfeedback, Rekrutierungserfolg sowie
35
Relevanz und Validität der Untersuchungsergebnisse einzureichen. Zudem sollten Art, Zahl
und Konsequenzen von sogenannten Zufallsbefunden dargestellt werden.
Kurze Übersicht der relevanten Ergebnisse:
• Erfolg der Rekrutierungsstrategien
Im Pilotkollektiv konnte eine weitgehend ausgewogene Alters- und Geschlechtsverteilung erreicht werden. Einzig in der Altersgruppe der 16-18-jährigen gab es eine Ungleichverteilung zugunsten der weiblichen Teilnehmer.
Als besonders effektiv zeigten sich die Rekrutierung über die Ambulanzen der Universitätskinderklinik, die Ansprache über das Gesundheitsamt und die Schulen direkt.
Weniger erfolgreich war die Ansprache über niedergelassene Kinder- und Frauenärzte.
Ebenfalls Optimierungsbedarf ergab sich bei der Rekrutierung Schwangerschaftskohorte
Insgesamt konnte die angestrebten täglichen Durchsatzzahlen erreicht werden
• Relevanz und Validität von Untersuchungsergebnissen
Zur Prüfung der Untersuchungs- und Ergebnisvalidität im Kindes- und Jugendalter
wurden verschiedene Feasibility- und Machbarkeitsuntersuchungen der wichtigsten
Methoden durchgeführt. Im Einzelnen betraf dies den 3D-Bodyscan, die Messung der
Arterienfunktion, der Köperzusammensetzung mittels bioelektrischer Impedanz, des
Energiegrund- und Aktivitätsumsatzes sowie der metabolischen Auswirkungen der Fettresorption, Testung der motorischen Fähigkeiten und Analyse der Sing- und Sprechstimme.
Bis auf die Testung der Fettresorption konnte alle Methoden als valide bestätigt werden
und wurden in die Hauptstudie übernommen.
• Probandenfeedback, Akzeptanz und Belastbarkeit
Eine elementare Voraussetzung für die erfolgreiche, langfristige Bindung der Probanden
ergibt sich aus deren Akzeptanz in Bezug auf die durchgeführten Untersuchungen, des
gesamten Parcours und der damit zusammenhängenden Belastbarkeit der einzelnen
Teilnehmer.
Wie sich aus den folgenden Graphiken erkennen lässt, gibt es keine Untersuchungsmethode, die als absolut inakzeptabel eingeschätzt wurde. Vielmehr werden die einzelnen Methoden je nach Vorliebe mehr positiv oder negativ bewertet. Selbst die Blutentnahme, die ja aus kindlicher Sicht eher kritisch zu erwarten wäre, wurde von 15 Prozent
der Teilnehmer als besonders positiv eingeschätzt.
• Unerwünschte Ereignisse
In Einzelfällen kam es zu einem Kollaps nach der Blutentnahme und in 2 Fällen zu
einem Unfall auf dem Weg in die LIFE-Studienambulanz.
• Relevanz von Zufallsbefunden
Ein sehr wichtiges und international überaus kontrovers diskutiertes Thema bei Kohortenstudien ist der Umgang mit sogenannten Zufallsbefunden. Dies sind Normabweichungen bestimmter Messergebnisse (Befunde), die im Rahmen der Forschungsziele nicht absehbar sind. Solche Normabweichungen können für die Teilnehmer ohne
weitere Relevanz sein, andererseits können Normabweichungen auch auf eine schwere
Erkrankung hinweisen. Aus diesem Grund fordert jede Ethikkommission ein
standardisiertes, moralisch vertretbares und gesundheitspolitisch ökonomisches Verfahren im Umgang mit Zufallsbefunden. Eine detaillierte Beschreibung zum Procedere
findet sich in einem späteren Abschnitt.
36
2,5
2
1,5
1
AN
ZA
AK
GU
sp
m
Hs
F
LF
SE
BS
BE
U
EKG
RR
A
MT
EP
BIA
US
SS
0
FB
0,5
Abb. 13: Positiv-(grün) und Negativnennungen (rot) der einzelnen Untersuchungsmethoden
0
-0,5
-1
-1,5
ZA
OGT
EV
Ur
An
AK
GU
m
Hs
F
LF
SE
BS
BE
U
EKG
RR
A
MT
EP
BIA
US
FB
-2,5
SS
-2
Diese und weitere Resultate aus der Pilotstudie führten zu zahlreichen Änderungen im
Studienprotokoll, um den hohen ethischen Anforderungen an eine solche longitudinale Kohortenstudie gerecht zu werden. Insbesondere gab es Modifikationen bei den Rekrutierungsstrategien, dem Ablauf des Untersuchungsparcours und ethikrelevanten Vorgehensweisen in
der Umsetzung des Forschungsprojektes. Änderungen am Untersuchungsdesign oder inhaltlichen Fragestellung wurden bis auf die Eliminierung des Fettresorptionstests nicht vorgenommen.
Die revidierten Studienprotokolle für die Teilprojekte LIFE Health-Child und LIFE ObesityChild wurden als Amendement und mit den geforderten Auswertungen bei der Ethikkommission eingereicht. Ohne weitere Auflagen wurde das uneingeschränkte Votum für die
Hauptstudien beider Teilprojekte erteilt.
3.4.3
Rekrutierungs- und Follow-up-Phase
Untersuchungsprogramm für die Hauptstudie
Zu einem Untersuchungsparcours zusammengeführt, wurden in der Pilotphase der Ablauf
und die Logistik des gesamten bzw. eines großen Teils an Untersuchungen der folgenden
Hauptstudie sowie die indirekt mit dem Untersuchungsprogramm hängenden Abläufe erprobt. Neben der zeitlichen Dauer und Variabilität der einzelnen Untersuchungsmaßnahmen
und Befragungen, sowie der interdisziplinären Interaktion zwischen einzelnen Studienambulanzmitarbeitern, betrifft dies beispielsweise auch die anschließende Verarbeitung von
Bioproben und die Archivierung von Untersuchungsdaten in die Forschungsdatenbank.
37
Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse wurde der altersabhängige Untersuchungsablauf
sowie die Ambulanzlogistik optimiert und ein Idealplan zur standardisierten Ablaufplanung
erstellt. Berücksichtigt wurden dabei auch die positiven und negativen Aspekte, die in den
Evaluationen am Untersuchungsende genannt wurden. Bezüglich der unterschiedlichen
Untersuchungsgruppen in der LIFE-Child- und LIFE-Child-Obesity-Kohorte ergeben sich
folgende Untersuchungsprogramme (Tab. 4).
Tab. 4: Untersuchungsprogramm der Hauptstudie nach Zielgruppe, Alter und Berufsgruppe
A2-Kohorte
ab 1 Jahr
B1-Kohorte
A2/B1-Kohorte
Aufklärung/Einwilligung
x
x
x
Anamnese (Eigenanamnese,
Familienanamnese, Geschwisteranamnese, Medikamentenanamnese)
x
x
x
Körperliche Untersuchung +
Pflegezustand
x
x
x
Entwicklungsneurologische
Untersuchung
x
x
x
Blutentnahme
x
x
x
x
x
EKG-Auswertung
x
x
Schilddrüsensonographie
x
x
Intima-Media-Sonographie
x
x
Herzecho
x
x
x (Subgruppe)
x (Subgruppe)
Ärztliche Tätigkeiten
Blutentnahme als oGTT
Zahnuntersuchung
x
Überwachung Spiroergometrie
Studienassistenten-Tätigkeiten
Urinprobe
x
x
x
Anthropometrie
x
x
x
Blutdruckmessung
x
x
x
Haarprobe
x
x
x
Hautfaltenmessung
x (ab 2,5 Jahre)
x
x
BIA
x (ab 5,5 Jahre)
x
x
Bayley Scales
x (bis 3,6 Jahre)
Motoriktest
x (ab 3,6 Jahre)
x
x
Bodyscan
x (ab 5,5 Jahre)
x
x
Spirometrie
x (ab 6,5 Jahre)
x (ab 6,5 Jahre)
x (ab 6,5 Jahre)
Sing- und Sprechtest
x (ab 6,5 Jahre)
x (ab 6,5 Jahre)
x (ab 6,5 Jahre)
x
x
Grundumsatzmessung
x (Subgruppe)
x (Subgruppe)
Endopat
x (Subgruppe)
x (Subgruppe)
Aktivitätsmessung per
Accellerometer
x (Subgruppe)
x (Subgruppe)
EKG
38
Spiroergometrie
x (Subgruppe)
x (Subgruppe)
x (ab 7,5 Jahre)
x (ab 7,5 Jahre)
x (ab 7,5 Jahre)
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Fragebögen
Selbstausfüller für
Kind/Jugendlichen
(Anzahl und Art je nach Alter
verschieden)
Selbstausfüller für
Eltern/Begleitperson
Fragebögen über
Kind/Jugendlichen ausgefüllt von
Eltern/Begleitperson
(Anzahl und Art je nach Alter des
Kindes verschieden)
Speicherung von Daten aus Dokumenten
Gelbes Heft/
Grünes Checkheft
Impfausweis
Geburtskohorte
Schwangere
Säuglinge
Aufklärung/Einwilligung
x
x
Anamnese (Schwangerschaftsu. Gynäkologieanamnese,
Eigenanamnese)
x
x
Ärztliche Tätigkeiten
Anamnese (Familienanamnese,
Geburtsanamnese, Medikamentenanamnese)
x
Körperliche Untersuchung +
Pflegezustand
x
Entwicklungsneurologische
Untersuchung
x
Blutentnahme als oGTT
Blutentnahme
x (in 24.-26.SSW)
x (in 36.SSW)
Zahnstatus
x (ab 3.LM)
x
Schädelsonographie
x (nur im 3.LM)
Studienassistenten-Tätigkeit
Plazentabiopsie
x (zum Geburtszeitpunkt)
Nabelschnurblut
x (zum Geburtszeitpunkt)
Urinprobe
x
Muttermilch
x
x (Mutter)
Anthropometrie
x
x
Blutdruckmessung
x
x
Haarprobe
x
x
Bayley Scales
Bodyscan
x
x
x (nur die Eltern)
39
Fragebögen
Selbstausfüller für Schwangere
bzw. Eltern/Begleitperson
Fragebögen über
Kind/Jugendlichen ausgefüllt von
Eltern/Begleitperson
x
x
x
x
(Anzahl und Art je nach Alter des
Kindes verschieden)
Speicherung von Daten aus Dokumenten
Mutterpass
Gelbes Heft/
Grünes Checkheft
Impfausweis
x
x
x
x
x
Procedere bei Zufallsbefunden
Nach ersten Auswertungen liegt die Häufigkeit aller Zufallsbefunde bei den in der LIFE Child
Studie durchgeführten Untersuchungen bei knapp 100 Prozent. Die Schwierigkeit liegt im
Abschätzen der Relevanz solcher Zufallsbefunde für die Teilnehmer einer Kohortenstudie
wie LIFE Child. Einerseits würde eine weitere medizinische Abklärung aller Zufallsbefunde
eine Überforderung des Gesundheitssystems darstellen und zu Belastungen der Teilnehmer
führen. Anderseits besteht die Gefahr eine bedeutende Krankheit zu übersehen, welche in
der Folge zu Beeinträchtigung der Teilnehmer führt.
Folgende Vorgehensweise bei Zufallsbefunden wurde aufgrund dieser Überlegungen und infolge eines intensiven Austausches mit ähnlich gearteten internationalen Kohortenstudien
sowie umfangreichen Diskussionen mit Medizinethikern, Mitgliedern des Arbeitskreises
Medizinischer Ethikkommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e. V. sowie einer anhaltenden Feedbackverhältnisses mit niedergelassenen Kinderärzten der Stadt Leipzig für
das LIFE Child Projekt erarbeitet.
Wird bei einer der Untersuchungen ein Zufallsbefund gefunden, wird von dem verantwortlichen Studienarzt eine Dringlichkeit eingeschätzt. Bei hoher Dringlichkeit, beispielsweise
akuter Herz-Rhythmusstörung, erfolgt eine sofortige Vorstellung in der Notaufnahme der
Universitätskinderklinik zur weiteren Diagnostik und eventuellen Therapie. Bei lebensbedrohlichen Zuständen steht das Reanimationsteam der Universitätskinderklinik auch in der
Studienambulanz zur Verfügung.
Finden sich Zufallsbefunde mit subakuten oder chronischen Charakter werden diese Ergebnisse in der wöchentlich stattfindenden Teamrunde den Studienleitern vorgestellt und deren
Konsequenz für Behandlung sowie Folgen für die kindliche Entwicklung diskutiert. Ziel ist es,
einen Präzedenzfall zu generieren. Alle Präzedenzfälle werden mit einer Handlungsanweisung (weitere Diagnostik notwendig oder nicht?) dokumentiert und können so für zukünftige, ähnliche Befunde wieder zur Anwendung kommen. Ist es in der LIFE-internen Diskussion nicht möglich, einen Präzedenzfall zu generieren, wird ein externer, als solches ausgeschriebener Experte zu Rate gezogen. Kann auch nach dieser Expertenbeurteilung aufgrund einer fraglichen medizinischen oder psychologischen Relevanz für den Probanden
wiederum kein Präzedenzfall generiert werden, wird der Fall einem ethischen Beratungs40
gremium vorgetragen (siehe Studienprotokoll). Dieses Gremium erfüllt eine beratende
Funktion aus nichtmedizinischer Sicht. Spätestens aufgrund dieser Beratung sollte der
Präzedenzfall in Zusammenarbeit mit Studienleitern und Experten generiert werden.
Ergibt sich aus dem Präzedenzfall eine Handlungskonsequenz, wird nach Entbindung von
der Schweigepflicht der behandelnde Kinder-/Hausarzt über den Zufallsbefund unterrichtet.
Zeitnah erhalten die Erziehungsberechtigten eine Information mit der Bitte um Vorstellung
bei dem Kinder-/Hausarzt. Von dem Kinder-/Hausarzt können weitere Ergebnisse, die für die
Beurteilung des Zufallsbefundes wichtig sind, im LIFE Forschungszentrum angefordert
werden. Alle Erziehungsberechtigten werden vor Beginn der Untersuchungen um eine
Schweigepflichtentbindung für die Kinder gebeten. Auf die Wahrung des Rechtes auf Nichtmitteilung von Untersuchungsbefunden wird dabei geachtet. Zur Qualitätssicherung erfolgt
nach 2 bis 3 Wochen eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zur Eruierung der Ergebnisse eventuell weiterer Diagnostik.
Evaluierungsprozess und Auswirkung auf den Untersuchungsparcours
Die konsequente, tagesgenaue Evaluierung des gesamten Untersuchungsparcours, des
Einladungs- und Rekrutierungsprocedere sowie der Nachbetreuung (bspw. bei Incidental
findings) ist eine der grundlegendsten Elemente des LIFE Child Konzeptes. Im Vergleich zu
anderen Kinderforschungsprojekten ist es oberste Prämisse von LIFE Child, möglichst gezielt auf die Bedürfnisse, Wünsche und Anregungen der Teilnehmer und Begleitpersonen
einzugehen. Der Erfolg zeigt sich in der erfolgreichen Rekrutierung sowie der im Vergleich zu
anderen Studien im Kindes- aber auch Erwachsenenalter deutlich geringeren Attrition. Die
Evaluierung erfolgt über Fragebogenassessments, die an die Kinder und Jugendlichen als
auch an die Begleitpersonen gerichtet sind. Ausführliche Beschreibungen dazu finden sich
auch in den vorangegangenen Berichten.
Im Verlauf wurde der Evaluierungsprozess mit den vorherigen Erfahrungen weiter verbessert. Die Befragung wurde in eCRFs des LimeSurvey-Formats umgewandelt und erfolgt
nun außer bei technischen Ausfällen ausschließlich in elektronischer Form. Dies bietet den
Vorteil einer sofortigen elektronischen Auswertung mit verschiedenen Kategorisierungen
sowie der Verknüpfung zu anderen Erhebungsdaten. In diesem Zusammenhang wurde das
Assessment überarbeitet und optimiert. Wöchentlich erfolgt eine Präsentation der Auswertedaten im Ambulanzteam mit Diskussionen und Brainstorming zur Verbesserung des
Ambulanzdurchlaufes sowie des Untersuchungsparcours.
Viele Teilnehmer geben auf diese Art wichtige und überaus konstruktive Anregungen, wie die
Untersuchungsabläufe für die Kinder noch verbessert werden können. Dieses Verhalten verdeutlicht, dass die Leipziger Bevölkerung nicht nur passiv das Angebot als „Gesundheitscheck“ nutzt, sondern LIFE Child als einzigartiges Leipziger Forschungsprojekt annimmt und
auch am Gelingen interessiert ist.
Kohortenaufbau und gleichzeitige Implementierung von Follow-up-Untersuchungen.
Der primäre Fokus in der Phase der Hauptstudie liegt im Aufbau der einzelnen Child Kohorten und dem Erheben von Untersuchungsdaten.
Aufbauend auf den gesammelten Erkenntnissen in Bezug auf die Testung von Prozeduren
und Verfahrensabläufen in der Pilotstudie im Jahr 2011 sowie der umfangreichen Öffentlich41
keitsarbeit und den zahlreichen Kooperationspartnern war es allzeit möglich, kontinuierlich
Familien mit Kindern für die Untersuchungen zu gewinnen
Insgesamt konnten bisher für LIFE-Child 1.873 Probanden rekrutiert werden, die bis Ende
April 2014 3.302 Besuche absolviert haben. Dazu kommen 355 Schwangere mit 555 Besuchen sowie 508 Geburten/Säuglinge mit 896 Besuchen (LIFE-ChildPregnancy/Birth).
Gleichzeitig nahmen für LIFE-Child Obesity 242 Probanden mit insgesamt 720 Besuchen
sowie für deren Kontrollgruppe 184 Probanden mit 556 Besuchen teil. (siehe Abb. 14 - 17)
Wie sich gut erkennen lässt, steigt der Neueinschluss von Teilnehmern von 2011 zu 2012
deutlich an und muss dann im Jahr 2013 zugunsten der Folgeuntersuchungen bei gleichbleibenden Personal-, Raum- und technischen Ressourcen wieder reduziert werden
1.000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
892
489
382
2011
110
177 137
124 70
126150
38
41
2012
769947
20
46793623
2013
2014
Abb. 14: Neueinschluss von Probanden in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014
2.000
1.873
1.600
1.200
800
400
508
355
242
184
0
Abb. 15: Gesamtzahl der Teilnehmer (Erstbesuche) 01.06.2011 – 30.04.2014
42
1.400
1.200
1.323
1.149
2011
2012
1.000
2013
800
600
2014
390
440
400
196
200
326
225
149
193
55
242
65
223
176 22695
181 186
92
97
0
Abb.16: Besuche (Erstbesuch und Follow-ups) in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014
3.500
3.302
3.000
2.500
2.000
1.500
1.000
896
555
720
556
500
0
Abb. 17: Besuche gesamt im Zeitraum 01.06.2011 – 30.04.2014
Gemessen an der Gesamtzahl der Besuche konnte der Probandendurchlauf in der LIFE
Child Studienambulanz im Berichtszeitraum durch Optimierung des Einladungsmanagements und des Parcoursablaufes kontinuierlich gesteigert werden.
Für eine optimale Auslastung der Studienambulanz sind neben der Anzahl der rekrutierten
Kinder, Jugendlichen, Eltern und Schwangeren auch die Zahl der Besuche ausschlaggebend, die pro Jahr in den einzelnen Untersuchungsgruppen vorgesehen sind. Folgende
Untersuchungszeitpunkte werden umgesetzt:
LIFE-Child 1 – 18Jahre:
1 Untersuchungstag pro Jahr
LIFE-Child Schwangere:
1 Untersuchungstag zwischen der 24. - 26. SSW +
1 Untersuchungstag in der 36. Schwangerschaftswoche
LIFE-Child Geburtskohorte: 1 Untersuchungszeitpunkt zur Geburt +
1 Untersuchungstag im 3.LM, 6.LM und 12.LM
LIFE-Child Obesity
6 – 18Jahre:
2 Untersuchungstage pro Jahr
43
Für die bisherige Projektlaufzeit können für die Kohorten folgende Ergebnisse vorgelegt
werden. Die Grafiken wurden dabei im Vergleich zu den vorherigen Berichtszeiträumen um
das Jahr 2014 erweitert und entsprechend angepasst:
In der Gruppe der Kinder und Jugendlichen in LIFE-Child zeigt sich seit der Pilotstudie im
Jahr 2011 ein konstanter Anstieg der Probandenzahlen. Seit März 2013 zeigt sich bei
weiterhin konstantem Anstieg eine leichte Divergenz zu den intern gesetzten Meilensteinen
(Abb. 18).
Abb. 18: Anzahl der Besuche LIFE-CHILD 1-18 Jahre
Dafür konnten unterschiedliche Gründe identifiziert werden, die auch mit eigens dafür angefertigten und bereits publizierten Analysen bestätigt wurden.
Bei der Planung der Meilensteine wurde von einer allzeit optimalen Auslastung des Untersuchungsparcours mit 16 Kindern pro Tag ausgegangen. Nach den bisherigen Erfahrungen
kann dies nur als rein synthetischer Wert betrachtet werden. Ein nicht unerheblicher Teil der
Eltern bzw. Probanden verschieben sehr kurzfristig ihre Teilnahme auf einen anderen
Termin. Komplette Ablehnungen der Teilnahmen sind in diesem Zusammenhang verschwindend gering, da sich die Teilnehmer freiwillig für die Studie anmelden. Mit Abstand der
häufigste Grund für eine Terminverschiebung sind akute Erkrankungen, welche im Kindesalter nicht ungewöhnlich sind. Auf dem zweiten Platz liegen plötzliche Verhinderung der
Eltern als Begleitperson. In der von uns durchgeführten Analyse zeigte sich zudem eine
deutliche Wetterabhängigkeit bei den kurzfristigen Terminverschiebungen. Sowohl sehr
schlechtes Wetter als auch sommerliche Temperaturen führen zu einer höheren Absagerate.
Resultierend aus diesen Erkenntnissen wurden entsprechende Maßnahmen etabliert. So
wird bspw. die tägliche Durchlaufplanung entsprechend des Wetterberichtes individuell überbucht. Dabei stellt sich regelmäßig die Herausforderung, dass die Teilnehmer ein altersadaptiertes Untersuchungsprogramm haben, welches bei Nachrücken in den die Gesamttagesablaufplanung passen muss.
Ein weiterer Grund ist der kurzfristige und teils langandauernde kranksheits- oder
schwangerschaftsbedingte Ausfall von Mitarbeitern. So waren in 2013 zwei Mitarbeiterinnen
mehr als 6 Monate krank. Gleichzeitig befanden sich 4 MitarbeiterInnen in Beschäftigungsverbot, Mutterschutz oder Elternzeit. Der tägliche Probandendurchsatz wird immer am
oberen Limit anhand der an diesem Tag anwesenden Mitarbeiter geplant. In diesem Zu44
sammenhang können oben genannte Ausfälle kurz- und mittelfristig nicht kompensiert
werden, was in einer Herabsetzung des täglich machbaren Probandendurchsatzes resultiert.
Dennoch konnte das SOLL zum Ende des Berichtszeitraumes zu 87% erfüllt werden, was
eine hohe Effizienz der Mitarbeiter und der Abläufe in der Studienambulanz bestätigt.
Die Rekrutierungszahlen in der Geburtskohorte (LIFE-Child Pregnancy/Birth) zeigen sich
durchweg positiv. Die Anstrengungen hinsichtlich verstärkter Öffentlichkeitsarbeit in Bezug
auf Schwangere in den Jahren 2012 und 2013 haben die Anmeldezahlen stetig gesteigert,
so dass das angestrebte SOLL zu 93% erfüllt wurde (siehe Abb. 19).
Abb. 19: Anzahl der Besuche LIFE-A2 während der Schwangerschaft (24. und 36.
Schwangerschaftswoche)
Durch gezielte Probandenbindungsmaßnahmen sowie der guten Kooperation mit Kinderärzten, dem Gesundheitsamt sowie der Universitätsgeburtsmedizin liegen die Besuchszahlen der Kinder in der LIFE Child Geburtskohorte sogar oberhalb der internen Meilensteinplanung (siehe Abb. 20). Aufgrund technischer Gegebenheiten wird jedes Follow-up auch bei
zwei Untersuchungstagen nur als ein Besuch gezählt.
Abb. 20: Anzahl der Besuche LIFE-A2 Geburtskohorte
45
Auch bei der Rekrutierung der übergewichtigen und adipösen Kinder wurden die Bemühungen deutlich intensiviert und verschiedenartige Strategien kamen zur Anwendung.
Durch die enge Zusammenarbeit mit der Adipositas-Ambulanz der Universitätskinderklinik
stiegen die Teilnehmerzahlen zwar weitegehend linear, jedoch nicht adäquat zu den Zeitzielen.
Wie sich nicht nur im Studiensetting, sondern auch in der klinischen Versorgung zeigt,
handelt es sich bei übergwichtigen und adipösen Kindern um ein sehr spezielles Probandenwie auch Patientenklientel, deren phlegmatische Mentalität es gerade bedingt, was zu dem
zu untersuchenden Beschwerdebild führt. Adipöse Kinder und Jugendliche sowie deren
Familien sind in der Regel nur sehr schwer motivierbar, an gesundheitsbildenden Maßnahmen teilzuhaben. Nicht zuletzt fehlt bei einem Teil der Betroffenen überhaupt ein
Leidensdruck, andere haben hingegen längst resigniert. Dies zeigt sich täglich an der überdurchschnittlich hohen Zahl an Terminverschiebungen oder Terminversäumnissen. Aus
aktueller Sicht scheint bei den Rekrutierungs- und Kohortierungszahlen kaum mehr eine
weitere Steigerung möglich. So kann die Kohorte zwar stetig weiter aufgebaut werden, absehbar ist gegen Ende jedoch eine deutliche Differenz zwischen Kohortierungszahlen und
Meilensteinen (siehe Abb. 21). Für noch intensivere und umfangreichere Rekrutierungsmaßnahmen fehlen aktuell die Ressourcen bzw. muss das Kosten-Nutzen-Verhältnis hinterfragt werden. Dies ist kein Phänomen, das allein in der LIFE-Kohorte auftritt, sondern weltweit in aktuellen Projekten mit adipösen Kindern und Erwachsenen zu verzeichnen ist. Das
stellt den Sinn von LIFE-Child-Obesity nicht in Frage, vielmehr können allein aus diesen Erfahrungen wichtige Konsequenzen für die klinische Versorgung generiert werden. Die
Forschung der Gegenwart wird sich zunehmend mit diesem Thema auseinander setzen
müssen, um gezieltere und suffizientere Therapieoptionen bereit stellen zu können. Deshalb
ist auch im Rahmen der nächsten LIFE-Child-Finanzierungsperiode ein entsprechendes
Modul geplant.
Durch Verlängerung des aktuellen Projektzeitraumes bis Ende 2014 (Gründe dafür wurden
ausführlich in den vorangegangenen Berichtsperioden beschrieben) können die
Rekrutierungszahlen jedoch mit den bisherigen Erfahrungen noch weiter den Meilensteinen
angenähert werden.
46
Abb. 21: Anzahl der Besuche LIFE-Child Obesity
In der LIFE-Child-Obesity-Kontrollkohorte ist ein offensichtlich steilerer Anstieg zu verzeichnen. Bei den Probanden der Kontrollgruppe handelt es sich um schlanke Kinder und
Jugendliche, was die vorher beschriebene Problematik nochmals bestätigt. Die Rekrutierung
funktioniert weitgehend unproblematisch. Zeitweise musste die Rekrutierung sogar zurückgefahren werden, da ein inadäquates Verhältnis zwischen der eigentlichen AdipositasKohorte und der Kontrollkohorte entstand. So entsteht nun auch die Differenz zwischen
Meilensteinplanung und Rekrutierungszahlen. Die Teilnehmerzahlen der LIFE-Child-ObesityKontrollkohorte wurden zugunsten der anderen LIFE-Child-Kohorten und in Anbetracht eines
adäquaten Verhältnisses zur Adipositas-Kohorte gebremst.
Abb. 22: Anzahl der Besuche LIFE-Child-Obesity-Kontrollgruppe
Wie eingangs beschrieben, ist ein Alleinstellungsmerkmal der LIFE-Child-Kohorte die gleichzeitige Phäno- und Genotypisierung der begleitenden Elternteile. Das erhöht den Wert einer
solchen longitudinalen Kohorte wesentlich. Sowohl genetische als auch soziale Vererbungseffekte können nur auf diese Art genau analysiert werden. Deshalb kommen in der LIFE
Child Elternuntersuchung ebenfalls körperliche, genetische und psychosoziale Assessments
zum Einsatz.
Dieses Vorgehen wird durch die Eltern gut akzeptiert und die Untersuchungszahlen stiegen
in gleichem Maße wie die Besuche der Kinder im Zeitraum 2011 bis 2014 stetig an. Die
Gesamtzahl der Elternuntersuchungen betrug am Ende des Berichtszeitraums 3.140
(=Besuche).
Insgesamt konnten damit seit dem Beginn der Rekrutierung im Jahr 2011 9.169 Datensätze
gemessen an Teilnehmer und Untersuchungszeitpunkt generiert werden. Diese hohe Zahl ist
von großer Bedeutung, da Auswertungen auf Basis von Alter und Geschlecht erfolgen und
die einzelnen Strati mit ausreichender Power besetzt werden müssen.
Ebenfalls in vorherigen Berichten wurde bereits ausführlich die Motivation erläutert, ganze
Schulklassen in die Rekrutierung einzubeziehen und so soziodemographischen BiasTendenzen entgegen zu wirken. Die Kohortierung stieg innerhalb des Berichtszeitraums auf
28 Schulklassenuntersuchungen.
47
3.4.4
Öffentlichkeitsarbeit
Die Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen von LIFE Child Health und LIFE Child Obesity ist ein
weiteres grundlegendes Element zur erfolgreichen Umsetzung des gesamten Projektes.
Bereits zu Beginn der Planungen wurden verschiedene Strategien für eine effektive Probandenbindung getestet. Durch den Erfahrungsaustausch mit anderen internationalen Kohortenstudien wie Generation R, KiGGS oder ALSPAC wurde schnell klar, dass nur durch
intensive und transparente Öffentlichkeitsarbeit Teilnehmer für ein solches Projekt begeistert
werden können und noch bei weitem schwieriger auch für mehrere Jahre gebunden werden.
Kinder haben primär kein Interesse an einer Gesundheits-Studie teilzunehmen - noch dazu
wenn dabei Blutentnahmen stattfinden. Ein Erfolg des Vorhabens ist somit nur möglich,
wenn es gelingt, das Projekt und seine Inhalte in der Bevölkerung und insbesondere bei
Kindern und Jugendlich positiv zu besetzten. Aus diesem Grund wird ein nicht unerheblicher
Teil der Ressourcen für Öffentlichkeitsarbeit, welche die Rekrutierungsstrategien einschließt,
aufgewendet. Eine Auswahl der LIFE Child Öffentlichkeitsaktivitäten findet sich im
Folgenden.
Rekrutierungsstrategien:
Elementarer Bestandteil für eine erfolgreiche Umsetzung von Kohortenstudie ist die Auswahl
von geeigneten Rekrutierungsstrategien. So einfach dies klingt, ist deren praktische Umsetzung umso schwieriger. Theorie und Praxis gehen dabei in der Regel weit auseinander.
Alle von LIFE genutzten Strategien werden regelmäßig validiert und nach Aufwands-/NutzenVerhältnis bewertet. Wie in Abb. 23 ersichtlich wird, haben die Zusammenarbeit mit der
Sächsischen Bildungsagentur und die anschließende Öffentlichkeitsarbeit in den Schulen
den größten Erfolg gehabt. Diese Maßnahme hat jedoch auch überdurchschnittlich hohen
personellen und finanziellen Aufwand beinhaltet. Dies wird zu den anderen Strategien ins
Verhältnis gesetzt.
So betrachtet können die dargestellten Strategien allesamt als notwendig und erfolgreich
eingeschätzt werden.
600
1. Rekrutierungswelle Schulen
2012
Flyer Gesundheitsamt
Anzahl der Rückmeldungen
512
500
Flyer Kinderklinik
400
Anmeldungen Homepage
300
Werbung durch Freunde/
Bekannte
Flyer Pränataldiagnostik
200
118
100
85
72
59
Adipositassprechstunde
48
35
17
Zoofest
0
Jahr 2013
48
Abb. 23: Erfolg der eingesetzten Rekrutierungsstrategien
Geburtskliniken, niedergelassene Gynäkologen und Hebammen
Die Kohorte der Neugeborenen respektive die schwangeren Frauen werden, soweit ein
Kontakt stattgefunden hat, bis zur 26 Schwangerschaftswoche in der Geburtsmedizin des
Universitätsklinikums Leipzig angesprochen und über die Studie informiert. Auch über
niedergelassene Gynäkologen und Hebammen erfolgen Informationen an die Schwangeren.
Danach können sich die schwangeren Probandinnen schriftlich, telefonisch oder per Web im
LIFE Forschungszentrum anmelden.
Gesundheitsamt, Schwangerschaftsberatung der Stadt Leipzig
Während der Vor- und Einschuluntersuchungen werden durch den Kinder- und Jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes Leipzig Informationsflyer übergeben und die Eltern
mittels Anschreiben aktiv angesprochen. Danach können sich die Eltern schriftlich, telefonisch oder per Web im LIFE Forschungszentrum anmelden.
Zudem werden schwangere Frauen während der Schwangerschaftsberatung des Gesundheitsamtes der Stadt Leipzig (Beratung bei Bedarf von finanzieller Unterstützung bis 21.
Schwangerschaftswoche) auf die Studie aufmerksam gemacht und zur Teilnahme motiviert.
Sächsische Bildungsagentur, Schulleiter, Lehrer
In Klassenstufe eins bis vier werden mit Unterstützung der Sächsischen Bildungsagentur,
der Schulleiter und Klassenlehrer Informationsmaterialen an die Eltern beispielsweise im
Rahmen eines Elternabend verteilt. Danach können sich die Eltern schriftlich, telefonisch
oder per Web im LIFE Forschungszentrum anmelden. Daraufhin erfolgen eine Terminvereinbarung und der Versand weiterer Informationenunterlagen. Am Untersuchungstag findet zu
Beginn eine weitere Aufklärung statt.
Ab der vierten Klassenstufe werden zudem die Schüler ganzer Klassen in die Studienambulanz einzuladen. Dies wird regelmäßig nach Zustimmung aller Eltern als Projekttag geplant. So können Unterrichts-Fehlzeiten einzelner Schüler vermieden werden und an dem
Studientag wird den Schülern gleichwohl Wissen vermittelt. Dazu wird von den Mitarbeitern
des LIFE Forschungszentrums für die jeweilige Schulklasse regelmäßig ein inaktives Vortragsprogramm angeboten.
Bei der jährlichen Schulleiterkonferenz wird das Projekt regelmäßig allen Schulleitern der
Stadt Leipzig erläutert. Danach erhalten alle Schüler einen Informationsflyer. Die Eltern der
randomisiert nach Stadtteil, Schule und Schulklasse ausgewählten Schüler besprechen eine
mögliche Teilnahme während eines Elternabends. Erst bei Zustimmung von neunzig Prozent
der Eltern findet eine Teilnahme statt. Die Schüler der Eltern, die Ihre Einwilligung nicht gegeben haben, kommen ebenfalls am Studientag in die Studienambulanz, nehmen aber nicht
an den Untersuchungen teil oder werden nach Ermessen der Schulleiter temporär in
anderen Klassen unterrichtet. Sobald eine Klasse die Teilnahme bestätigt hat, werden gesonderte Einwilligungsunterlagen 3 Wochen vor dem Studientag an die Eltern versendet. Alle
Eltern, Schüler und Lehrer haben zudem die Möglichkeit, das Untersuchungsprogramm in
Form eines 18minütigen Filmes auf der Website des LIFE Forschungszentrums anzuschauen. Zwei Wochen vor dem Studientag werden alle Eltern von den Studienärzten des
LIFE Forschungszentrums angerufen, um die Einwilligungsunterlagen zu besprechen bzw.
49
um offene Fragen zu klären. Die Einwilligungsunterlagen werden in einem verschlossenen
Umschlag an den verantwortlichen Lehrer gegeben, der so bei fehlenden Umschlägen entsprechend reagieren kann. Am Studientag kommen die Schüler in Begleitung des/der verantwortlichen Lehrer/s in die Studienambulanz. Alle Probanden haben jederzeit die Möglichkeit die Untersuchung ohne Nennung eines Grundes abzubrechen.
Niedergelassene Kinderärzte, Ambulanzen der Universitätskinderklinik
In enger Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten wird der Aufbau der LIFE Child Kohorte aktiv durch diese unterstützt. Während der gesetzlich vorgeschriebenen UVorsorgeuntersuchungen und anderen ärztlichen Konsultationen werden Eltern und Kinder
auf das Projekt aufmerksam gemacht und zur Teilnahme motiviert. Danach können sich die
Eltern schriftlich, telefonisch oder per Web im LIFE-Forschungszentrum anmelden. Daraufhin
erfolgen eine Terminvereinbarung und der Versand weiterer Informationenunterlagen. Am
Untersuchungstag findet zu Beginn eine weitere Aufklärung statt.
Ebenso wird das Projekt in den Ambulanzen der Universitätskinderklinik, der Kinderchirurgie,
der Pädaudiologie, der Augenklinik und der Kinderzahlheilkunde aktiv beworben.
LIFE Child Homepage
Mehr und mehr Anmeldungen zur Teilnahme erfolgen über die LIFE Child Homepage. Dies
macht kenntlich, dass regelmäßig auf der Website nach Informationen über die Studie gesucht wird. Ein ansprechender Internetauftritt gehört in der heutigen Zeit zu den Basics.
Darüber hinaus sollte sich eine Homepage von dem Einheitsdesign abheben und außergewöhnliche Inhalte bieten. Zu diesem Zweck wurden für den LIFE Child Bereich
humanisierte Comic-Lurche angefertigt, die auch für jüngere Kinder ansprechend den
Studienablauf erklären. Ähnlich diesem Bespiel sind eine Vielzahl an Inhalten im LIFE Child
Bereich der LIFE Homepage umgesetzt.
Newsletter
Um den zunehmenden Anfragen von Teilnehmern nach Informationen über Studienergebnisse sowie Informationen rund um die LIFE-Child-Kohorten gerecht zu werden, wurde im
Jahr 2012 der erste Newsletter gelauncht. Seither erscheint der Newsletter vierteljährlich mit
Themen wie Untersuchungsergebnissen, Erklärung zu Hintergrund und Ablauf von Untersuchungen, Vorstellen von Mitarbeitern und Hinweisen zu Veranstaltungen rund um LIFE
Child. Der Newsletter wird per Mail an alle Teilnehmer versendet und steht auf der Homepage zum Download bereit.
Soziale Netzwerke
Für Millionen von Menschen gehört die Nutzung von Facebook, Twitter oder Xing mittlerweile
zum Alltag. Fast vier von fünf Internetnutzern in Deutschland (78 Prozent) sind in mindestens
einem sozialen Online-Netzwerk angemeldet, zwei Drittel nutzen die sozialen Netzwerke fast
täglich. Bei den 14- bis 29-Jährigen Internetnutzern sind sogar 90 Prozent Mitglied in einem
oder mehreren sozialen Netzwerken. Aus diesem Grund nutzt LIFE Child diese Verbreitungswege zur Imagebildung und zur Bekanntmachung von Veranstaltungen
50
„Leipzig läuft mit LIFE“ - Lauf
Eines der Highlights für die Studien-Teilnehmer ist der im Berichtszeitraum zum zweiten Mal
veranstaltete „Leipzig läuft mit LIFE“ – Lauf. Mehr als 250 Läuferinnen und Läufer aus
Leipzig und Umgebung begaben sich auf die Strecke und spendeten am Ende des Tages ca.
1.000 € für die Unterstützung eines ambulanten Paliativprojektes. Dazu kamen Spenden der
Leipziger Volksbank, der Gothaer Versicherung und des Lohnsteuerhilfevereins in Deutschland e. V.
Die Organisation und Durchführung der Veranstaltung erfolgte außerhalb der Arbeitszeit.
Umso erfolgreicher kann die Veranstaltung für die positive Imagebildung von LIFE-Child in
der Leipziger Bevölkerung bewertet werden und gleichzeitig die enge Verbundenheit der
Mitarbeiter mit dem Projekt. Weitere regelmäßige Events zur Imagebildung und Probandenpflege:
• Veranstaltungen zur Langen Nacht der Wissenschaften
• Beteiligung bei der Ausrichtung des KIDZ Kinderfest im Leipziger Zoo
• Gemeinsames Kinderfest mit der Universitätskinderklinik
• Öffentliche LIFE Science Days (Wissenschaft für jedermann)
• Workshop für werdende Eltern (Ernährung, Notfallmaßnahmen, Wickel- und Tragkurse)
• Lesungen mit speziellen Kinderthemen zur Leipziger Buchmesse
• Adventsveranstaltung, Gruselabend usw.
Für alle Veranstaltungen und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit erhält LIFE-Child regelmäßig positives Feedback von Studien-Teilnehmern, Wissenschaftlern und Interessierten.
Um dieses Feedback messen zu können, sollen die Probanden ihre erneute Teilnahme und
die einer potentiellen Weiterempfehlung einschätzen. So gaben 99,6 % der Eltern im Jahr
2013 an, erneut an dem Projekt teilnehmen zu wollen. 98,4 % würden das Projekt weiterempfehlen. Ähnlich war die Verteilung bei den Kindern. Dort gaben 96,8 % an, erneut teilzunehmen. Ebenfalls positiv bewerteten die werdenden Mütter den Ambulanztag. 99,6 %
möchten erneut wiederkommen und 99,1% sind bereit LIFE weiter zu empfehlen. (Abb. 2426).
Anzahl ausgefüllter
Evaluationen
Evaluation Eltern
1500
1131
1120
1000
500
5
19
0
erneute Teilnahme ja
erneute Teilnahme nein
Weiterempfehlung ja
Weiterempfehlung nein
Abb. 24: Weiterempfehlung und erneute Teilnahme Eltern mit ihren Kindern
51
Anzahl ausgefüllter
Evaluationen
Evaluation Kinder
1500
1002
938
1000
500
81
33
0
erneute Teilnahme ja
erneute Teilnahme nein
Weiterempfehlung ja
Weiterempfehlung nein
Abb. 25: Weiterempfehlung und erneute Teilnahme Kinder
Anzahl ausgefüllter
Evaluationen
Evaluation Schwangere
300
222
220
200
100
1
0
2
erneute Teilnahme ja
erneute Teilnahme nein
Weiterempfehlung ja
Weiterempfehlung nein
Abb. 26: Weiterempfehlung und erneute Teilnahme Schwangere
3.4.5
Veränderungen im Untersuchungsprogramm
Das Untersuchungsprogramm wurde wie in einer longitudinalen Kohortenstudie üblich, auch
in den Follow-ups weitgehend unverändert fortgesetzt. Geringfügige Änderungen gab es
dahingehend, dass einzelne Erhebungsinstrumente nur einmalig oder nicht jährlich zum Einsatz kommen müssen, da die erhobenen Daten zeitstabil sind. Das Geschlecht ist bspw. ein
Leben lang gleich. Dieser Parameter muss demzufolge nur einmal erhoben werden. Manche
Eigenschaften sind ebenfalls, wenn auch nicht über ein Leben lang, zumindest über mehrere
Jahre konstant - bspw. die Persönlichkeitsstruktur. Hierbei reicht es alle 2-3 Jahre eine neue
Erhebung durchzuführen.
Eine zweite Art der Parcoursänderung ergab sich aus Erfahrungen im Verlauf der Studie. So
wurde bspw. das Erhebungsalter eines Fragebogeninstrumentes entgegen der Empfehlung
des Autors von acht auf 10 Jahre angehoben, da nur wenige der unter 10jährigen Kinder tatsächlich den Inhalt des Instrumentes erfassen konnten.
52
Eine dritte Veränderung betraf das Augenassessment im LIFE-Child-Untersuchungsprogramm. Dieses wurde um den Teil der apparativen Visusmessung sowie der Ermittlung
biometrischer Parameter des Auges wie Länge, Dicke und Krümmung von Hornhaut, Linse
sowie Glaskörper erweitert. Dies war notwendig, weil die anamnestischen Angaben meist
mehr als unzureichend waren und wichtige wissenschaftliche Fragestellung mit den bisherigen Daten nicht beantwortet werden konnten. Die Erweiterung des Augenassessments
erfolgt in Zusammenarbeit mit der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikum Leipzig AöR und der Carl Zeiss AG in Oberkochen. Im Berichtszeitraum wurde
diesbezüglich mit einer zweistufigen Feasibility-Studie begonnen. Der erste Teil der
Pilotierung erfolgte in der Universitätsaugenklinik an minderjährigen Patienten zur Erprobung
der Machbarkeit und Akzeptanz. Die anschließend in der LIFE Child Studienambulanz begonnene und aktuell noch laufende zweite Feasibility-Phase dient zur Erprobung der Abläufe
und Integration in den bisherigen Untersuchungsparcours. Der Beginn des Regelbetriebes ist
für das zweite Quartal 2014 geplant.
3.4.6 Konzeption und Implementierung einer IT-basierte ProzessmanagementSoftware zur Optimierung des Untersuchungsablaufes und der Ambulanzlogistik
in LIFE Child
Eine Kohortenstudie mit einem Hochdurchsatz an Probanden, einer Vielzahl an Untersuchungsassessments sowie einem longitudinalen Ansatz mit Folgeuntersuchungen teils im
Dreimonatsabstand wie LIFE Child bedarf einer überdurchschnittlich effizienten, intelligenten
und ökonomischen Ablaufplanung. Eine Vielzahl an Bedingungen beeinflussen die täglichen
Planungsgrundlagen. So wird beispielsweise die tägliche Probandenzahl immer am oberen
Limit entsprechend der taggenauen, vorort befindlichen Mitarbeiterzahl geplant. Die Mitarbeiter wiederum gehören verschiedenen Professionen an und besitzen unterschiedliche
Untersuchungszertifizierungen. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Zahl der Untersuchungsräume, die ihrerseits wieder mit einer limitierten Zahl und Apparaten und Instrumenten ausgestattet sind usw.
Um die Vielzahl an Einflussfaktoren abzubilden, wurden sogenannte Kernbereiche benannt
und die Einflussvariablen definiert:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Kernbereich I - Teilnehmer:
Familienkonstellation (Anzahl teilnehmende Geschwister, Anzahl und Typ der
Begleitperson, Bsp. Pflegeltern)
Alter der Teilnehmer
Tagesgesamtzahl der Teilnehmer
Besonderheiten, wie z. B. geist. oder körp. Behinderung, zeitl. Einschränkungen
Kernbereich II – Untersuchungen
Erstbesuch bzw. Follow-up-Zeitpunkt
Wissenschftl. Kohorte (A2, A2-B1, B1)
Wissenschaftl. Subkohorte (Bsp. Allergie)
alterstratefiziertes Untersuchungsassessment
Bedingungen im Ablauf, bsw. Blutentnahme vor dem Frühstück u. ä.
53
•
•
•
•
•
•
Kernbereich III – Mitarbeiter
Anzahl der Mitarbeiter
Ausbildung/ Zertifizierung der Mitarbeiter
Arbeitszeiten, Pausen, Urlaub, FZA, Krankheit, Dienstreisen, Meetings
Kernbereich IV - Räume
Anzahl der Untersuchungsräume
Ausstattung der Räume und Anzahl der Untersuchungsgeräte
Bedingungen, wie Bodyscanner wird von LIFE Adult und LIFE Child genutzt und steht
nur in bestimmten Zeitslots zur Verfügung
Allein aus dem Kernbereich II – Untersuchungen ergeben sich 765 Einladungs- und
Assessmentkonstellationen, die eindeutig den Teilnehmern zugeordnet werden müssen.
Diese Assessmentkonstallationen werden in der Ablaufplanung mit den Bedingungen aus
den anderen Kernbereichen verknüpft.
Mit Voranschreiten des Projektes wurden die täglichen Teilnehmerzahlen immer weiter gesteigert, um den definierten Meilensteinen gerecht zu werden. Der daraus resultierende Anstieg an Folgeuntersuchungen im weiteren Verlauf musste ebenfalls Berücksichtigung
finden. So stieg der tägliche Ambulanzdurchsatz von anfangs 4 bis 6 Teilnehmern im ersten
Halbjahr 2011 auf 12 bis 16 Teilnehmer ab September 2012. Zählt man die Eltern, die ebenfalls ins Untersuchungsprogramm integriert sind, hinzu, durchlaufen täglich bis zu 30 Teilnehmer die LIFE Child Studienambulanz. Bei Schulklassenuntersuchungen kommen ebenfalls bis zu 30 Kinder oder Jugendliche zeitgleich in das Studienzentrum.
Die Planungskomplexität aus den Variablen der oben genannten Kernbereiche und der täglichen Teilnehmerzahl übersteigt zunehmend die kognitiven Ressourcen und bedarf zeitnah
einer IT-basierten Unterstützung.
Alle bereits auf dem Markt befindlichen IT-Lösungen kommen auch fast ausschließlich in
Kliniken oder im Pflegedienst zur Dienstplangestaltung zur Anwendung. Keines dieser
kommerziell oder frei erhältlichen Planungstools kann nativ auch nur annähernd die
Komplexität der in LIFE Child vorkommenden Einflussvariablen abbilden. Folglich muss eine
eigene, proprietäre Lösung geschaffen werden.
In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Operations Research
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg arbeitet LIFE Child an der Entwicklung und
Etablierung einer solchen Planungssoftware, die möglichst alle Bedingungen berücksichtigt
und darüber hinaus auch externe Faktoren wie Wettervorhersage (siehe Abschnitt:
Intensivieren und Optimieren der Rekrutierung von Probanden und damit Fortsetzen des Kohortenaufbaus bei gleichzeitiger Implementierung der Follow-up-Untersuchungen) integrieren
kann.
Hauptziel ist es, den Planungsaufwand entscheidend zu vereinfachen und zeitlich auf ein
Minimum zu reduzieren. Das Tool muss sich zudem in die LIFE-Probandenverwaltungssoftware integrieren lassen. Entsprechende Schnittstellen müssen programmiert
werden. Eine weitere Herausforderung ist eine benutzerfreundliche Oberfläche zu
generieren, da die Anwender in der Regel IT-Laien sein werden.
Nicht zuletzt könnte eine solche Software-Lösung auch für andere Kohortenprojekte, Studien
oder dienstplanführende Einrichtungen interessant sein. Denkbar wäre eine Weiterentwicklung bis zur Marktreife. Entsprechende Urheberrechts- und Patentanmeldungen sind
54
in Diskussion.In LIFE Child würde sich in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der
praktischen Überführung mit gleichzeitiger Erprobung in einem sehr komplexen Setting
bieten.
3.4.7
Kooperation, Vernetzung und Unterstützung
Kooperationen mit wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen und Instituten
Kernziel des LIFE Forschungsvorhabens ist Daten in einem geprüften Open-AccessVerfahren Wissenschaftlern auf der gesamten Welt zur Verfügung zu stellen. Dies erhöht
den wissenschaftlichen Wert einer solchen Studie immens, da hiermit große konsortionale
Auswertungen und Metaanalysen möglich werden. Somit erfolgt die Auswertung im internationalen und interkulturellen Vergleichen. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit und
die Geschwindigkeit für Wissens- und Technologietransfers und damit die Entwicklung neuer
diagnostischer und therapeutischer Anwendungsmöglichkeiten. Aus diesem Grund ist LIFE
Child daran interessiert Forschungspartnerschaften einzugehen. Im Berichtszeitraum und
damit in einer sehr frühen Phase wurden bereits Kooperationen mit dem Helmholtz-Zentrum
für Umweltforschung Leipzig, mit dem Herzzentrum Leipzig, mit der Universität Fribourg
(Schweiz), dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Leipzig, der Hochschule
für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig und anderen vereinbart.
Internationales LIFE Child spezifisches Advisory-Board
Ein so dimensioniertes Kohortenprojekt wie LIFE Child wäre ohne internationale Kooperationen und Unterstützung kaum denkbar. Bereits bei der Konzeption von LIFE Child
wurde auf Erfahrungen anderer Großprojekte im Kindes- und Jugendalter zurückgegriffen.
Zu diesem Zweck wurde ein Internationales Advisory-Board gegründet, welches LIFE Child
beratend zur Seite steht. Die Einberufung erfolgt ein bis zwei Mal pro Jahr.
Mitglieder:
Prof. Anne‐Marie Nybo Andersen, Danish National Birth Cohort, Danish Epidemiology Science Centre, Copenhagen and Aarhus, Denmark
Dr. Karen Birmingham, The Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC),
Department of Social Medicine, University of Bristol, UK
Prof. Henning Tiemeyer, The Generation R Study, Research Center, Rotterdam
Dr. Bärbel-Maria Kurth, Bundesweites Kindergesundheitssurvey KiGGS, Robert-KochInstitut, Berlin
Ethik-Board
Neben dem Advisory-Board steht LIFE Child für ethisch/moralische Aspekte und Problemstellungen ein Ethik-Board beratend zur Seite, das gezielt aus externen, nichtärztlichen Mitgliedern besteht.
Aus der Erfahrung verschiedener internationaler Projekte ist bekannt, dass während der
Rekrutierung und Untersuchung von Probanden eine Reihe von ethischen Fragestellungen
auftreten, die einer intensiven Auseinandersetzung bedürfen. In der Regel bedürfen diese
Fragestellungen einer sehr individuellen Entscheidung. Dazu gehören unter anderem
Handlungsweisen bei grenzwertigen Zufallsbefunden während des Untersuchungsprozesses. Der Umgang mit solchen Zufallsbefunden bedarf einer moralischen Abwägung.
Für solche Fragestellungen ist es empfehlenswert ein beratendes Gremium aus Fach55
kollegen und fachfremden Mitgliedern zur Verfügung zu haben, die die grundsätzlichen Entscheidungen der Ethikkommission beachten. Sie steht daher in keiner Konkurrenz mit der
Ethikkommission. Auch für andere nicht vorhersehbare Problemstellungen kann dieses
Gremium hinzu gezogen werden, so beispielsweise bei Anfragen von Industriepartner zu
Verwertungen von Bioproben oder dem Umgang mit der Familie bei verstorbenen Teilnehmern (nicht LIFE Child assoziiert!). Das ethische Beratungsgremium der LIFE Child Kohorten soll die Begutachtung ethischer und rechtlicher Standards sowie die wissenschaftliche
Integrität im Rahmen der Studie sichern. Es ist unabhängig und dient der Beratung,
Orientierung und Information. Das Gremium stellt ein interdisziplinäres Forum für Auseinandersetzungen mit ethischen Fragen im Rahmen der Studie dar und besteht aus mind. 5
Mitgliedern (Tab. 5). Das Gremium tagt in regelmäßigen Abständen nach Einberufung durch
den Projektleiter aller drei Monate oder in akuten Fällen unmittelbar. Im Rahmen erster
Sitzungen konnte eine Satzung beschlossen und verabschiedet werden.
Tab. 5 Aktuelle Mitglieder des LIFE Child Ethik Boards
Name
Vorname
Arbeitsbereich
Gabriel
Thomas
Anwalt für Sozialrecht der Diakonie Mitteldeutschland
Vierhock
Lothar
Kath. Pfarrer, Dekanat Leipzig, kath. Probstei-Pfarramt
Enders
Reinhard
Evang. Pfarrer, Leipzig
Kothe
Christoph
1. Vorstand, Volksbank Leipzig
Neumann
Ingolf
Stellv.
Chefredakteur
Leipzig
Seiten,
freischaffender
Journalist, Physiker, Jurist
Hammermüller
Sören
Krankenpfleger, Intensivstation UKL
Vernetzung mit Wissenschaftlern durch gemeinsame Auswerteprojekte
Am Ende des Berichtszeitraumes waren 65 Auswerteprojekte mit Daten aus den einzelnen
LIFE Child Kohorten beantragt worden. In diesem Zusammenhang entstanden Kooperationen mit verschiedenen Wissensschaftlern externer Institute, Universitäten und
anderen Kohortenstudien.
Im Folgenden findet sich eine kurze Auswahl der Kooperationspartner mit denen aktuell an
Auswerteprojekten gearbeitet wird:
• Dr. C. Paech, Herzzentrum Leipzig GmbH
• Prof. A. Hilbert, IFB Adipositas, Universitätsklinikum Leipzig
• Dr. I. Lehmann, Helmholtzzentrum für Umweltforschung Leipzig
• Prof. G. Grande, Universität Bremen
• Prof. M. Heckmann, SNIP/SHIP Greifwald
• Dr. S. Castell, Helmholtzzentrum für Infektionsforschung, Braunschweig
• Prof. J. Kratzsch, Institut für Laboriumsmedizin, Universitätsklinikum Leipzig
• Dr. P. Lindner, Wirtschaftsinformatik und Operations Research der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg
• Prof. T. Bertsche, Institut für Pharmazie, Universität Leipzig
• U. Igel, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, Leipzig
• Prof. Ch. Hirsch, Klinik für Kinderzahnheilkunde und Primärprophylaxe, Universitätsklinikum Leipzig
• Prof. M. Fuchs, Abteilung Pädaudiologie, Universitätsklinikum Leipzig
56
Interdisziplinäres Diskussions-Board für wissenschaftliche Auswerte-Projekte
Einmal wöchentlich findet im LIFE Studienzentrum eine Diskussions- und Präsentationsrunde für Wissenschaftler, Doktoranden, Masteranden, Mitarbeiter und Interessierte statt.
Dabei werden neue Projektideen vorgestellt, Datenanalysen besprochen, Probleme diskutiert
und Doktoranden/Masteranden Hilfestellung geboten. Zum Ende des Berichtszeitraums
standen insgesamt 17 Dissertationen/Masterarbeiten unter Betreuung von LIFE Child
Wissenschaftlern.
Neben dem interdisziplinären Diskussionsboard haben sich auch mehrere themenspezifische, wissenschaftliche Besprechungsrunden etabliert (bspw. 3D-Körpervermessung,
Labordaten, Psycho-Assessments u.a.), in denen spezifische und tiefgreifende Aspekte des
jeweiligen Themenkreises bearbeitet werden.
Unterstützung der Umsetzung von LIFE Child
Im Verlauf der Planung und Rekrutierung konnten zahlreiche Kooperationen geknüpft
werden, die sich für die Umsetzung des Gesamtvorhabens LIFE Child als überaus wichtig
und gewinnbringend gezeigt haben. Nur durch die ehrenamtliche Hilfe der im Folgenden genannten Personen und Einrichtungen waren eine erfolgreiche Rekrutierung wie auch die
Durchführung von nachhaltigen Events zur Probandenbindung möglich:
• Myelinprojekt e.V.; ehrenamtl. Geschäftsführer Heiko Agather und Katja Wuttke
• BSV AOK Geschäftsführer Dr. Detlev Günz
• SC DHFK, Abteilungsleiter Leichtathletik – Jörg Matthé
• SC DHFK Abteilung Kindersport: Leiter Stefan Exner
• Leipziger Volksbank ; 1. Vorstand: Christoph Kothe
• Leipziger Laufladen ; Geschäftsführer Uwe Förster und Jörg Matthé
• Sächsische Bildungsagentur: Roman Schulz, Amtsleiter Ralf Berger
• Gesundheitsamt Leipzig: Conny Anders, Amtsleiterin Dr. Regine Krause-Döring
• Stiftung Kinderlinik; 1.Vorstand: Kerstin Sommerfeld
3.4.8 Qualitätssicherung und Datenaufbereitung
Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement
In den Forschungsprojekten LIFE-A2 und LIFE-B1 werden verschiedenste Untersuchungen
zur umfassenden Phänotypisierung von Kindern, Jugendlichen und in Teilbereichen auch
von Eltern durchgeführt. Diese Untersuchungen entsprechen einem breiten Spektrum der
medizinischen und psychologischen Diagnostik. Um ein hohes Maß an Qualität und
Standardisierung der erhobenen Daten zu gewährleisten, muss ein entsprechendes Qualitätsmanagement aufgebaut und angewendet werden.
Das Qualitätsmanagementsystem der Kohorten LIFE-Child und LIFE-Child Obesity gestaltet
sich als mehrstufiger Prozess, angefangen mit der Prüfung der inhaltlichen Relevanz einer
Untersuchung, über die Implementierung dieser in den Ambulanzablauf und deren Verlaufskontrolle bis hin zur Datenherausgabe. Im Detail beinhaltet das LIFE Child Qualitätsmanagement Relevanzprüfung, Implementierung/Verlaufskontrolle und Datenaufbereitung.
Diese werden nachstehend näher erläutert:
57
Relevanzprüfung
Bevor eine Untersuchung in das LIFE Child Panel aufgenommen wird, sind folgende
Kriterien positiv zu beantworten:
• Ist die Untersuchung für Kinder und Jugendliche zumutbar?
• Wird die Untersuchung durch die Teilnehmer so akzeptiert, dass diese motiviert
genug sind, bestmögliche Leistung zu erbringen?
• Leisten diese gewonnenen Daten einen Beitrag zur Aufklärung der Wirkmechanismen
von Zivilisationskrankheiten?
• Kann mit den Daten mittel- oder langfristig ein Nutzen für die Gesellschaft erzielt
werden?
Für den Prozess der Relevanzprüfung werden im erweiterten Entscheidungsprozess verschiedene Instanzen durchlaufen:
Wissenschaftliche Programmkommission:
Beurteilung der wissenschaftlichen Relevanz und Validität der Untersuchungsmethoden
LIFE Child Ethikboard:
Beurteilung der moralischen und ethischen Vertretbarkeit
LIFE Projekt Taskforce:
Beurteilung von Plausibilität und Überwachung des Datenerhebungsprozesses
LIFE Labor Taskforce:
Expertise und ausführende Einheit für alle Bioproben und Bioanalysen
Implementierung / Verlaufskontrolle
Für alle in LIFE Child implementierten Untersuchungen müssen entsprechende „Standard
Operating Procedures“ (SOPs) und „Case Report Forms“ (CRFs) erstellt werden. Weiterhin
werden die Untersucher im Vorgehen geschult, zertifiziert sowie in regelmäßigen Abständen
rezertifiziert. In Vorbereitung sind nach abgeschlossenem Mappingprozess und Nacherfassung ein Reportings-System, das Auskunft über Intra- und Interobserver-Variabilitäten
gibt sowie technische Defekte oder Eichungsfehler von Untersuchungsgeräten aufdecken
soll, die nicht sofort ersichtlich sind.
- „Standard Operating Procedures“ (SOPs)
Mit den „Standard Operating Procedures“ (SOPs) gibt sich die Studienambulanz LIFE-child
ein notwendiges und bindendes Regelwerk für alle Untersuchungen als auch Arbeitsabläufe.
Die Forderung nach der Erstellung von SOPs ist nicht nur Bestandteil von LIFE, sondern
auch der „Guideline of Good Clinical Practice“ (GCP).
Bereits die Erstellung, sowie Überarbeitung der SOPs ist nach strengen inhaltlichen Richtlinien reglementiert. Ziel dieser Qualitätsmaßmnahme, im Hinblick auf die Untersuchungen,
ist ein höchstmögliches Maß an Standardisierung bei den Datenerhebungen.
- „Case Report Forms“ (CRFs)
Die CRFs dienen der Dokumentation der am Probanden erhobenen Daten. Diese werden
elektronisch auf LimeSurvey-Ebene erstellt und nach Prüfung durch das gesamte Untersucher-Team vom Verantwortlichen freigeschalten. Über eine entsprechende Applikation
(Assessment-Battery) lassen sich die CRFs aufrufen und ermöglichen die elektronische Erfassung und nach Beenden eine sofortige Übernahme der Daten in die Roh-Datenbank vom
58
LIFE. Bevor eine solche CRF im Alltag Anwendung findet, durchlaufen diese mehrere TestProzesse.
Schulungen
Bevor LIFE Child Mitarbeiter eine Untersuchung an einem Teilnehmer selbstständig durchführen, erfolgt eine Schulung an einem Testprobanden. Schulungen können durch interne
LIFE-Mitarbeiter sowie durch externe Experten erfolgen. Wobei bei Verfügbarkeit und
größerer Expertise eines life-externen Experten dieser dem internen Mitarbeiter vorgezogen
wird.
Interne Schulungen erfolgen stets durch den SOP-Verantwortlichen und orientieren sich am
Inhalt der SOP. Diese Schulungen dienen nicht nur allein der Demonstration der Vorgehensweisen, sondern auch der Klärung offener Fragen, Problemen und zudem für
eventuelle Anregungen zur inhaltlichen Verbesserung der SOPs.
Wenn möglich, unterliegen Instrumente und Untersuchungsmethoden einer externen
Validierung. Im Einzelnen betrifft dies:
• 3D-Bodyscan:
Expertengremium bestehend aus Universität Regensburg,
Helmholtzzentrum Braunschweig, SHIP Greifswald, Universität
Halle
• Anthropometrie:
PD Dr. Katrin Kromeyer-Hauschild, Universität Jena
• Echokardiographie:
Prof. Dr. Ingo Dähnert, Herzzentrum Leipzig GmbH
• Sonographie:
Prof. Dr. Wolfgang Hirsch und Prof. Dr. Ulrich Thomé, Universi
tätsklinikum Leipzig AöR
• Stimmenanalytik:
Prof. Dr. Michael Fuchs, Universitätsklinikum Leipzig AöR
• Pubertätsstatus:
Prof. Dr. Roland Pfäffle und Prof. Antje Körner, Universitätskli
nikum Leipzig AöR
• BIA:
Klaus Springmann, MEDI CAL HealthCare GmbH
• Grundumsatzmessung: Dr. Tatjana Schütz, Universitätsmedizin Leipzig, IFB
AdipositasErkrankungen
• Spirometrie:
Dr. Freerk Prenzel, Universitätsklinikum Leipzig AöR
• Spiroergometrie:
Dr. Freerk Prenzel, Universitätsklinikum Leipzig AöR
Zertifizierung
Eine erfolgreich in einem Assessment absolvierte Zertifizierung befähigt den Untersucher zur
selbstständigen Durchführung dieser Untersuchung am Probanden/Teilnehmer. Der Prozess
der Zertifizierung ist in zwei Bereiche unterteilt: Die Zertifizierung eines Mitarbeiters der neu
in einer Untersuchung angelernt wurde und die wiederholte Zertifizierung eines Mitarbeiters
der die Untersuchung bereits durchführt (Rezertifierung).
Im ersten Fall erfolgt vor der eigentlichen Zertifizierung eine Hospitationsphase. Zu Beginn
hospitiert der Mitarbeiter bei den entsprechenden Untersuchungen und im Anschluss führt er
diese, unter Aufsicht eines erfahrenen Kollegen, selbst durch. Die Dauer dieser Phase ist
abhängig von dem Schwierigkeitsgrad der Untersuchung und der Lernfähigkeit des Mitarbeiters. Hiernach erfolgt die Zertifizierung durch den Assessment-Verantwortlichen.Im
zweiten Fall erfolgt die Rezertifizierung des Mitarbeiters praxisnah am Probanden durch den
SOP-Verantwortlichen oder eine von ihm bevollmächtigte Person. Rezertifizierungen werden
59
in einem halbjährlichen Rhythmus wiederholt um systematischen Abweichungen von der
Norm entgegen zu wirken.
Kalibrierung der Geräte
Je nach Art der Geräte finden in regelmäßigen Abständen Kalibrierungen statt. Beispielsweise werden die Geräte für die Grundumsatzmessung oder der Hautfaltenmessung vor
jeder Untersuchung kalibriert. Andere, weniger störanfällige, Geräte wie die Standwaagen,
Babywaagen, Stadiometer, oder die BIA werden täglich einmal kalibriert. Eichpflichtige
Geräte werden regelmäßig entsprechend der Vorschriften vom Eichamt neu genormt.
Abb. 27 + 28. Exemplarische Beispiele für Ergebnisse der Qualitätssicherungsmaßnahmen.
Durch regelmäßige Untersucherzertifizierungen wird die Observervarianz auf ein Minimum
reduziert und so die Güte der Daten deutlich gesteigert. Werden Abweichungen bei einem
Untersucher sichtbar, wird sofort interveniert und der Untersucher nachgeschult und rezertifiziert.
3.4.9
Ausblick
LIFE Child wurde longitutinal konzipiert. Wenn man sich wissenschaftlich mit Ursachen und
Wirkmechanismen von Erkrankungen oder auch mit Referenzwerten und Abweichung von
diesen Normen im Kindes- und Jugendalter beschäftigt, wird man zahlreichen Entwicklungsphänomenen begegnen. In keinem anderen Lebensabschnitt gibt es solch einschneidende
und rasante Veränderungen wie in der Kindheit (vgl. Säuglingsalter, Pubertät usw.). Querschnittsuntersuchungen sind insbesondere im Kindesalter mit bei Weitem weniger durchzuführen, sind jedoch auch aufgrund dieser Entwicklungseinflüsse meist von geringer Aussagekraft.
Es gibt weltweit nur wenige langzeitlich angelegte Kohortenstudien im Kindesalter. Kinder
und Jugendliche haben per se keinerlei Interesse an einer Studie teilzunehmen, in der
medizinische Untersuchungen bis hin zu Blutentnahmen durchgeführt werden. Es bedarf
also weit mehr Überzeugungsarbeit und Belohnungsaufwand als in vergleichbaren Erwachsenenuntersuchungen. Nicht zuletzt daran scheitern viele ideenreiche Vorhaben von
60
Beginn an. Dazu kommen die zahlreichen Auflagen für eine ethisch/moralisch vertretbare
Untersuchung an nicht einwilligungsfähigen Teilnehmern. Letztendlich basiert hierauf das
riesige Wissensdefizit, dass wir im Vergleich zum Erwachsenenalter haben. Wir sind weit
davon entfernt, „normale“ Entwicklung verstanden zu haben, geschweige denn kennen wir
die Mechanismen von „normabweichender“ Entwicklung (=Erkrankungen).
Den Initiatoren des LIFE Child Projektes sind weltweit keine anderen Kohortenprojekte
bekannt, die sich in vergleichbaren Umfang und Tiefe der Phänotypisierung Entwicklungsveränderungen und in gleichen Zusammenhang stehende Krankheitsinzidenzen sowie
Wirkmechanismen der 2010er Jahre erforscht. Wie eingangs bereits beschrieben, ist es
gerade die multifaktorielle Komplexität, welche die Erkrankungsschwerpunkte der Gegenwart
und Zukunft in ihrer Ätiologie bestimmen wird. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren die
menschheitsgeiselnden Erkrankungen in der Regel monokausal (sog. Infektionskrankheiten)
und funktionierten nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip.
Eine longitudinale Kohortenstudie per se ist ein Forschungsinstrument, mit dem Entwicklungsveränderungen und deren Folgen sehr frühzeitig detektiert werden können.
Dementsprechend ist es immer ein Blick in die Zukunft und die Stärke von Kohortenstudien
liegt darin, Entwicklungsphänomene und Krankheitsprobleme der folgenden fünf bis 20 Jahre
vorauszusehen und entsprechende Interventionen bzw. Präventionen bereitzustellen. Die
Geschichte zeigt, dass die bedeutendsten Krankheitszusammenhänge der vergangenen 100
Jahre in Kohortenstudien aufgedeckt wurden und sie darüber hinaus die wichtigsten
Forschungshypothesen für klinische Studien geliefert haben.
LIFE Child beschäftigt sich mit den Entwicklungsphänomenen der 2010er und 2020er Jahre
und den daraus resultierenden individuellen, psychosozialen, gesundheitsökonomischen und
gesellschaftlichen Problemen wie auch Chancen. Viele der wissenschaftlichen Fragestellungen und Forschungshypothesen, aus denen das Projekt heraus entwickelt wurde, bedürfen für valide Aussagen einer langzeitlichen Betrachtung. Aus diesem Grund wurde auch
bei vorerst fünfjähriger Förderphase das Studienprotokoll für 10 Jahre Rekrutierung, Untersuchung und Auswertung konzeptioniert. An dieser Zielsetzung wurde bisher ohne
nennenswerte Abweichungen festgehalten und die planmäßigen Projektabschnitte eingehalten.
3.4.10
Longitudinale Nachbeobachtungen
Um die geplante Studienpopulation bei gleichzeitiger Wiedereinladung und Phänotypisierung
der bereits eingeschlossenen Teilnehmer zu erreichen, ist nach derzeitigen Erfahrungen eine
Rekrutierungszeit bis einschließlich dem Jahr 2017 erforderlich. Entsprechend der Studienkonzeption und der wissenschaftlichen Fragestellungen ist ein Follow-up von mindestens 10
Jahren geplant. Die Studienlaufzeit reicht somit bis mindestens zum Jahr 2022. Bis zu
diesem Zeitpunkt erfolgt eine kontinuierliche Datenerhebung entsprechend des Studienprotokolls. Die Häufigkeit der Folgeuntersuchungen in LIFE Child sowie deren zeitliche Nähe
ergibt sich aus dem im Vergleich zum Erwachsenenalter deutlich höheren Veränderungspotential. Erst durch die Abbildung von normaler Entwicklung und Devianzen in einem engen
zeitlichen Muster können die zugrunde liegenden Mechanismen aufgeklärt werden
Abweichungen vom Studienprotokoll können sich auch zukünftig ergeben, wenn sich beispielsweise im Verlauf zeigt, dass Untersuchungen (auch nur in bestimmten Altersabschnitten) nicht den geforderten Güte- und Validitätskriterien entsprechen. Dann wird der
61
Untersuchungsaufbau verändert oder der Einsatz des Verfahrens in Frage gestellt. Auf der
anderen Seite werden regelmäßig wissenschaftlich sehr spannende Fragestellungen an
LIFE Child herangetragen, welche sehr nah mit dem Grundthema verankert sind und das
Gesamtkonzept weiter komplettieren würden. Oftmals sind Analysen bereits mit den
erfolgenden Datenerhebungen möglich oder es wird ein ergänzendes Assessment
implementiert. In diesem Sinne wurde in Zusammenarbeit mit der Klinik für Augenheilkunde
der Universitätsklinik Leipzig AöR und der Zeiss AG die Untersuchung des bioptischen
Apparates des Auges zusätzlich integriert. Fehlsichtigkeiten nehmen in der Kindheit rapide
zu, was mit unserer veränderten Lebensgewohnheiten zusammen zu hängen scheint.
Größere Studien dazu gibt es bisher nur im asiatischen Raum. Die Ursachen sind nach wie
vor unklar. Ein weiteres Beispiel ist die Erweiterung der Bioprobenanalyse und -sammlung
um Stuhlproben, nachdem sich in anderen wissenschaftlichen Projekten, welche insbesondere im Erwachsenenalter durchgeführt wurden, die Tragweite und das Einflusspotential des enterologischen Mikrobioms zunehmend verdeutlicht. Das Mikrobiom scheint
nach bisherigen Erkenntnissen einen nicht unbedeutenden Varianzanteil der multifaktoriellen
Prozesse in der Entstehung verschiedener Zivilisationserkrankungen zu erklären. In Studien
konnte gezeigt werden, dass sich mit einer Modifikation des Mikrobioms auch Erkrankungen
wie Allergien, Entwicklungsstörungen, Zahnkrankheiten, Tumore, Entzündungsprozesse bis
hin zu Depression beeinflussen lassen. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind bisher
unklar. Ergebnisse im Kindesalter fehlen weitgehend.
Auch zukünftig wird LIFE Child interessanten wissenschaftlichen Fragestellung und Hypothesen offen gegenüber stehen und sich entsprechend des technischen Fortschrittes wie
auch des gesellschaftlichen Wandels anpassen.
3.4.11
Datenanalyse und Auswertung
Kohortenprojekte haben in der Regel die Eigenheit, dass erst nach ihrer Beendigung bzw.
nach Abschluss einer Erhebungswelle die Daten einer wissenschaftlichen Aufbereitung und
Analyse zugeführt werden können. Beginnt man vor Rekrutierungsende mit der Datenauswertung, fehlen oftmals für eine ausreichende statistische Power die noch ausstehenden Erhebungen. Ein später wiederholtes Publizieren derselben Datenanalyse mit einer größeren
Fallzahl führt zu widersprüchlichen Ergebnissen und ist dementsprechend nicht „State of the
art“ in der wissenschaftlichen Praxis. Aus diesem Grund erfolgen Publikationen in den
meisten Kohortenprojekten oftmals erst drei bis fünf Jahre nach Beendigung der Erhebung.
Im Fall von LIFE Child handelt es sich um eine fortlaufende Erhebung, die nicht dem
klassischen Modell der Erhebungswellen folgt, was zu vielseitigen Herausforderungen aber
auch Chancen führt. Vorteil dieser Konzeption ist, dass bereits im laufenden Betrieb Auswertungen erfolgen können. Dies minimiert die zeitliche Verzögerung zwischen Erhebung
und Publikation immens und führt zu einer deutlich besseren Aktualität der Ergebnisse. Bei
der Planung muss nicht explizit bedacht werden, was vielleicht in 10 Jahren eine Fragestellung sein wird, sondern es können auch gegenwärtige Probleme aufgegriffen werden. Ein
weiterer Vorteil sind die fortlaufenden Folgeuntersuchungen ohne zeitliche Unterbrechungen.
Wie schon beschrieben, liegen insbesondere in der Kindheit Entwicklungsveränderungen
sehr nah bei einander. Viele Kohortenstudien verzichten auf vermeintlich uninteressante
Altersbereiche, um Ressourcen zu sparen. Insbesondere im Altersbereich der Heranwachsenden mit Übergang in das junge Erwachsenenalter bis etwa zum 30. Lebensjahr gibt
62
es kaum Untersuchungen oder wissenschaftliche Auswertungen. Aber auch die Zeiträume
zwischen Kleinkindalter und Pubertät und die Postpubertätsphase werden gern vernachlässigt. Gerade hier liegen spannende und weitgehend unerschlossene Forschungsgebiete.
Nicht zuletzt die Vielzahl an Herausforderungen, die ein solches Querschnitts-LängsschnittsKonzept - wie es in LIFE Child angewendet wird - mit sich bringt, schreckt wohl die meisten
Studienleiter ab, ein solches Vorgehen zu wählen. So gibt es mittlerweile eine Vielzahl an
Geburtskohorten in Deutschland, in Europa und auch weltweit, die immer demselben
Konzept entsprechen. Es werden Schwangere oder Neugeborene rekrutiert und diese in
Untersuchungswellen weiter verfolgt. Je nach finanzieller Ausstattung entstehen kleinere
oder größere Lücken. Es dauert jedoch Jahre bis Effekte sichtbar werden, die für die Folgegeneration vielleicht schon nicht mehr aktuell sind, insbesondere wenn man die psychosoziale säkulare Akzeleration berücksichtigt.
Für LIFE Child wurde ein moderneres Konzept gewählt. Es galt die Vorteile des klassischen
Vorgehens mit einem breiten Altersspektrum zu verbinden, um so bereits nach vier bis fünf
Jahren Ergebnisse über das gesamte Kindes- und Jugendalter aus Quer- und Längsschnittanalysen bereitstellen zu können. Dabei gilt es nach wie vor folgende Herausforderungen zu
bewältigen:
1. Das Untersuchungsassessments muss das gesamte Altersspektrum abdecken,
Instrumente müssen in altersübergreifenden Versionen und inhaltlichen Konzepten vorliegen bzw. konstruiert werden. Eine kindgerechte Durchführbarkeit in allen Altersklassen muss gewährleistet sein.
2. Der Untersuchungsparcours muss flexibel den täglichen Teilnehmern angepasst
werden, insbesondere werden unterschiedliche Altersgruppen zur gleichen Zeit untersucht. Täglich erfolgt erneut eine individuelle Ablaufplanung für bis zu 30 Kinder bzw. 20
Familien
3. Datenerhebung und Datenaufbereitung (siehe Abschnitt „Datenaufbereitung und Verfügbarmachung für wissenschaftliche Auswertungen“) erfolgen zeitgleich. Dies erfordert
hocheffiziente Abläufe sowie hochmotiviertes und gut geschultes Personal.
4. Da zeitgleich alle Altersgruppen eingeladen und untersucht werden, bedarf es einiger
Zeit, bis ausreichend Daten alters- und geschlechtsstratifiziert erfasst sind.
Entsprechend internationaler Empfehlungen sind wissenschaftliche Analysen erst dann sinnvoll, wenn in den einzelnen alters- und geschlechtsstratifizierten Gruppen mindesten 120
Datensätze vorliegen. Hochgerechnet auf das gesamte Altersspektrum von LIFE Child entspricht dies 4.560 Teilnehmern. Diese Zahl wird bei fortlaufender Rekrutierung voraussichtlich im Jahr 2015 erreicht.
3.4.12
Publikationen
Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben und wie aus den Erfahrungen anderer großer Kohortenstudien resultierend, werden erste größere Auswertungen mit Daten der Teilnehmer
und Aufklärung von Kausalzusammenhängen im Jahr 2015 zu erwarten sein. LIFE Child
würde damit circa zwei Jahre unter der durchschnittlichen Publikationskarenz von
longitudinalen Kohortenstudien liegen. Seit Beginn der Rekrutierung haben sich bereits zahlreiche Arbeitsgruppen gebildet, die seither an Auswertungen und Publikationsvorbereitungen
arbeiten. Dazu gehört unter anderem die Begleitung des Erhebungsprozesses, die
63
Sicherung der Datenqualität, die technische und inhaltliche Aufbereitung der Untersuchungsdaten bis hin zur Erstellung von Auswertealgorithmen und ersten Kausalitätsberechnungen. Sobald die notwendigen Fallzahlen erreicht sind, werden die Daten vollständig an die Arbeitsgruppe übergeben.
Nach aktuellem Stand werden in den einzelnen Arbeitsgruppen derzeit 63 Projekte entsprechend wissenschaftlicher Hypothesen mit LIFE Child Daten bearbeitet (Tab. 7).
Tab. 7: Aktuell bearbeitete Themengebiete und Fragestellungen mit Vorbereitung der Auswertung und Publikation
Themengebiet/
Arbeitsgruppe/
Institut / Hoch-
Antragsteller
Arbeitsgruppenleiter
schule/ Klinik
Thema
Aufklärung von molekularbiologischen und molekulargenetischen Mechanismen
Antje Körner
Adipozytokine
CPL, LIFE
Zirkadiane Rhythmik von
HZL, LIFE
Immunphänotypisierung NS-Blut
HZL, LIFE
MaKaDos Kontrollgruppe
LIFE, CPL, Oxfort
Exome Analyse LIFE Child
CPL, LIFE, UKL
Zusammenwirken von Th1 und Th2
Antje Körner
Attila Tarnok
Zytometrie
Adipozytokinen
Attila Tarnok
Attila Tarnok
Zytometrie
Attila Tarnok
Antje Körner
Genomanalytik
Antje Körner
Allergie und Umwelterkrankungen
Sabine Klamt
Diabetes
Wieland Kiess
Zellen bein Kindern mit Diabetes und
Allergien
Kristin Weise
Dr. Irina Lehmann
UFZ
LeGUA2N TP4, hämatopetische
Stammzellen bei der Entwicklung von
Allergien
Michaela Grams
Allergien
LIFE
Lungenfunktion und Adipositas
CPL, DHfK
Einfluss von Bewegung auf die
Wieland Kiess
Adipositas
Christian Degen
kindliche Adipositas
Antje Körner
Julia Gesing
kindliche Adipositas
Adipositas-Ergebnisse von Kindern
CPL
Feasibility Lipidbelastungstests
CPL, MPI
PWS-fMRT-Studie
IFB-Adipositas
Kontrollgruppe BEDA-Patienten
HZL
EKG-Referenzbereiche bei Adipositas
Antje Körner
Lilli Sonnengrün
Prader-Willi-Syndrom
Wieland Kiess
Anja Hilbert
Adipositas und Essstörungen
Anja Hilbert
Christian Paech
Kardiologie bei
Adipositas
im Kindesalter
Ingo Dähnert
Madlen Neef
XXL-Projekt
CPL
Jugendliche mit extremer Adipositas
Walkability,Deprivation und Adipositas
Wieland Kiess
Gesine
Wohnumfeld und
Universität
Grande/Ulrike Igel
Adipositas
Bremen,
Gesine Grande
HTWK Leipzig
64
Christian Paech
Kardiologie bei
HZL
Adipositas
Evaluation kardialer Repolarisationsparameter
Ingo Dähnert
Anja Hilbert
Adipositas und Ess-
IFB-Adipositas
störungen
Figur- und Gewichtsbezogene Diskriminierung und Gesundheit
Anja Hilbert
Anja Hilbert
Adipositas und Ess-
IFB-Adipositas
Ernährungsstil und kindliche Adipositas
CPL
Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung
störungen
Anja Hilbert
Susanne Schuster
experimentelle
Forschung
bei Kindern und Jugendlichen
Wieland Kiess
Anja Hilbert
Adipositas und Ess-
IFB-Adipositas
Essstörungen im Kindesalter
IFB-Adipositas
Pränatale psychosoziale Prädiktoren
störungen
Anja Hilbert
Anja Hilbert
Adipositas und Essstörungen
für kindliches Übergewicht
Anja Hilbert
Anja Hilbert
Adipositas und Ess-
IFB-Adipositas
störungen
Somatoforme Symptome im Kindesund Jugendalter
Anja Hilbert
Julian Tristan
Adipozytokine
Schwartze
Antje Körner
CPL, LIFE
The role of lipoprotein(a) in metabolism
and early cardiovascular dsyfunction in
children
3D-Bodyscan
Laura Papsdorf
3D-Bodyscan
LIFE
3D-Bodyscan als Screeningmethode
Wieland Kiess
für Knochenstoffwechselstörungen
Anne Dathan-
3D-Bodyscan
Bodyscann vs. Serumlipide und Carotis
Stumph
Wieland Kiess
intima media thickness zur Beurteilung
Jennifer Junge
3D-Bodyscan
des kardiovaskulären Risikos
LIFE
Wieland Kiess
Body-Scan vs. Glucose-Toleranztest
zur Beurteilung des KohlenhydratMetabolismus
Anna-Lena Fischer
3D-Bodyscan
LIFE
Wieland Kiess
Körperwahrnehmung vs Bodyscan in
Korrelation zu psychischen Auffälligkeiten
Carolin Bucher
3D-Bodyscan
LIFE
Wieland Kiess
Analyse Körpermaße mittels 3DBodyscan als Indikator für kardiovaskuläre Erkrankungen
Stephanie
3D-Bodyscan
Naumann/Carolin
Wieland Kiess
LIFE
Vergleich Bodyscanner/klassische
Anthropometrie
Bucher
Psychopathologie in Kooperation mit LIFE Child Depression
Mirko Döhnert/Uta
Child Depression
Ceglarek/
Kai von Klitzing
LIFE, ILM
Etablierung einer Methode zur
Messung von Cortisol im Speichel
Jürgen Kratzsch
Stephanie Stadel-
Child Depression
mann
Kai von Klitzing
Steffi Waskewitz
Child Depression
Kai von Klitzing
LIFE
Depressive Störungen im Kindes- und
Jugendalter
LIFE
Erziehungsverhalten und internalisierende Symptome
65
Tina Matuschek
Child Depression
LIFE
Lächeln im Kontext von Stress
LIFE, UKL
Stressreaktion bei Kindern im TSST
LIFE, UKL
Feasibility Haarcortisol und Speichel-
Kai von Klitzing
Sonja Jaeger
Child Depression
Kai von Klitzing
Valerie Espach
Child Depression
Kai von Klitzing
Tina
Child Depression
Matuschek/Sonia
Kai von Klitzing
cortisol bei Kindern und Jugendlichen
LIFE
Validierung K-SADS-PL
LIFE
Vigilanzregulationsstörungen im
Jäger
Mirko Döhnert
Child Depression
Kai von Klitzing
Mirko Döhnert
EEG
Kindesalter
LIFE, UKL
Mirko Döhnert
Mirko Döhnert
Child Depression
Emotional Bias bei Kindern in einer
Go/NoGo-Aufgabe
LIFE, UKL
Kai von Klitzing
Subjektive Akzeptanz und Zusammenhang zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung des Pubertätsstatus
Sonia Jaeger
Child Depression
LIFE
Kai von Klitzing
Steffi Waskewitz
Child Depression
pression
LIFE
Kai von Klitzing
Stephanie Stadel-
Child Depression
mann
Kai von Klitzing
Kai von
AMIS
Klitzing/Andrea
Kai von Klitzing
Erster Querschnitt LIFE Child DeSelbst- und fremdbezogene
Kompetenz und Psychopathologie
LIFE
Beziehungsrepäsentationen
LIFE, AMIS
Kontrollgruppe für Projekt AMIS (Deprivation im Kindesalter)
Michel
Sozialstatus und Soziodemographie
Laura Meißner
Soziale Faktoren und
LIFE, Universität
Gesundheit
Bremen
Sozialstatus und Kindergesundheit
Wieland Kiess/Gesine
Grande
Yve Stöbel-Richter
Eltern und Kinder-
Abteilung für
Elterliche Arbeitslosigkeit, kindliches
gesundheit
medizinische
Freizeitverhalten und BMI
Yve Stöbel-Richter
Psychologie und
Soziologe,
Universität Leipzig
Inanspruchnahme und medizinische Versorgung
Alexandra Weithase
Inanspruchnahme und
LIFE
Soziodemographische Einfluss-
Versorgung
faktoren auf die Inanspruchnahme
Wieland Kiess
und Befunde von Früherkennungsuntersuchungen bei Kinder und
Jugendlichen
Katja Neininger
Pharmchild
Institut für Pharmazie,
Arneimittelanwendung bei Kindern
Thilo Bertsche
Universität Leipzig
in einer bevölkerungsrepräsentativen Population
Referenzwerte
Körner-2014-144-03
bioanalytische
CPL, LIFE
Insulinreferenzwerte für oGTT
Referenzwerte
Antje Körner
Mandy
Bioimpedanzanalyse
LIFE,
Normierung der BIA bei Kindern
Geserick/Andreas
Andreas Hiemisch
Firma Medi Cal Karls-
und Jugendlichen
66
Hiemisch
ruhe
Michael Fuchs /
Stimmentwicklung
Thomas Berger
Michael Fuchs
HNO UKL
Generierung von Sing/Sprechstimmprofilen und
Referenzwerten
Eva Müller, Anja
bioanalytische
Willenberg
Referenzwerte
LIFE, ILM, CPL
Referenzwerte Cystatin C
LIFE, ILM
Referenzwerte für Knochenstoff-
Wieland Kiess/Katalin
Dittrich
Mandy Geserick
bioanalytische
Referenzwerte
wechselparameter
Wieland Kiess/Jürgen
Kratzsch
Tillmann Wallborn
bioanalytische
LIFE, ILM
Referenzwerte
Referenzwerte Schilddrüsenhormone
Wieland Kiess/Jürgen
Kratzsch
Andreas
kindliche Entwicklung
Hiemisch/Juliane
Wieland Kiess
LIFE, Pearson Verlag
Normierung der BayleyScales of Infant Development Version III
Ludwig
kindliche Entwicklung
Janett Püschel
kindliche Entwicklung
LIFE
Sozialstatus und kindliche Ent-
Eltern und Kinder-
Abteilung für
Kinderwunsch, Familiengründung
gesundheit
medizinische
und frühkindliche Entwicklung
Yve Stöbel-Richter
Psychologie und
Wieland Kiess
Yve Stöbel-Richter
wicklung anhand BayleyScales
Soziologe,
Universität Leipzig
Franziska Abicht
2D:4D
LIFE
Andreas Hiemisch,
Auswirkung des Fingerlängenverhältnis 2D:4D auf motorische
Leistungsfähigkeit
Christian Kley
Motorische Ent-
LIFE, DHfK
Die Erfassung des motorischen Ist-
wicklung
Zustandes von Leipziger Kindern
Wieland Kiess
und Jugendlichen aus der LIFE
Child Kohorte unter dem Einfluss
sozialer und lebensstilassozierter
Faktoren
Franziska Rauscher
Sehentwicklung im
Augenklinik UKL,
Kindesalter
Zeiss AG
Optometrie bei Kindern
Franziska Rauscher
Andreas Hiemisch
psychosoziale An-
LIFE
passung
Gesundheitskritisches Verhalten
von Schülern
Wieland Kiess
Elterliche Gesundheit und Wohlbefinden
Yve Stöbel-Richter
Eltern und Kinder-
Abteilung für
Mütterliche Gesundheit und früh-
gesundheit
medizinische
kindliche Entwicklung
Yve Stöbel-Richter
Psychologie und
Soziologe,
Universität Leipzig
67
Zahnentwicklung
Rainer
Paradontose
Kinderzahnheilkunde,
Nachweis von paradontalen Ge-
Haak/Christina
Rainer Haak
UKL
webeabbau bei Kindern und
Diegmann
Jugendlichen
Christian Hirsch
CMD
Kinderzahnheilkunde,
Einfluss von Sexualhormonen auf
Christian Hirsch
UKL
craniomandibuläre Dysfunktionen
LIFE
Auswertung der Teilnehmer-
Kohortenaufbau und -pflege
Stephanie Kirmse
LIFE Child study
WielandKiess/Andreas
Evaluationen
Hiemisch
Stephanie
LIFE Child study
LIFE, Bioinformatik
Entwicklung einer Prozesssoftware
Naumann/Christiane
WielandKiess/Andreas
Universität Halle
zur Optimierung des Ambulanz-
Koch
Hiemisch
Mirja
LIFE Child study
Quante/Andreas
Wieland Kiess
durchlaufs
LIFE, CPL
Inzidenz und Bewertung von Zufallsbefunden
Hiemisch
3.5
Kohorte LIFE CHILD Depression
Dieser Teil des Berichts wurde von Dipl.-Psych. Sonia Jaeger, Dr. Mirko Döhnert und Dr.
Stephanie Stadelmann unter der Projektleitung von Prof. Kai von Klitzing verfasst.
3.5.1
Zahlen & Fakten: Probanden und durchgeführte Untersuchungen
Gesamtanzahl der Probanden
Bis zum 30.04.2014 durchliefen 770 Kinder im Altern von 8-14 Jahren und ihre Eltern das
Basisprogramm der LIFE Child Disease Depression Kohorte. 220 Kinder nahmen an dem
psychosozialen Stresstest teil und 280 Probanden nahmen an den EEG-Untersuchungen
teil. Die Fallzahlen in den diagnostischen Subgruppen (insges. N=219) gliedern sich aktuell
wie folgt: internalisierend N = 65, externalisierend N = 40, Kontrollgruppe N = 89 und Risiko
= 25.
Bis Ende April 2014 wurden 180 Familien zu einem ersten Follow-up-Zeitpunkt umfassend
untersucht, darunter 27 Kinder auch im EEG. Diese Erhebungen zum 2. Messzeitpunkt (T2)
werden durchgeführt durch das Verbundprojekt AMIS „Analyzing pathways from childhood
maltreatment to internalizing symptoms and disorders in children and adolescents / Analyse
von Verlaufsmustern internalisierender Symptome nach frühen Stresserfahrungen“, gefördert
durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projektträger: Deutsches Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR)).
Im September 2013 wurden die bis dahin eingeschlossenen Probanden genauer analysiert,
sodass nun eine gezielte Rekrutierung bestimmter Probandengruppen möglich ist um eine
möglichst gute Vergleichbarkeit der Gruppen zu erzielen. So werden inzwischen Probanden
aus der Bevölkerung gezielter nach Geschlecht und Alter ausgewählt sowie gezielt Kontrollfamilien mit niedrigem sozioökonomischem Status in die Studie eingeschlossen um eine gute
Vergleichbarkeit mit den Daten der klinischen Stichprobe zu erreichen.
Während die Fallzahlen für die Subgruppen bereits fast vollständig erfüllt sind, ist inzwischen
deutlich geworden, dass das Erreichen der ursprünglich geplanten Gesamtfallzahlen bis
68
Ende des Projektes nicht möglich sein wird. Selbst unter optimierten Rekrutierungsbedingungen ist die Anzahl der wöchentlich durchführbaren Erhebungen aufgrund von
strukturellen Gegebenheiten (räumlich, Ausstattung, personell) nicht beliebig steigerbar. Die
voraussichtlich zu erzielende Gesamtfallzahl ist für die geplanten Auswertungen und Analysen jedoch ausreichend, sodass der Fokus im Jahr 2014 neben der Fortsetzung der
Rekrutierungen auch auf der Auswertung und Publikation der bis dahin erhobenen Daten
sowie auf der Beantragung von Folgefinanzierungen für die nächsten Messzeitpunkte liegen
wird.
Rekrutierungswege
Die Rekrutierung der Probanden erfolgte über verschiedene Zugangswege: Über die beteiligten kinderpsychiatrischen Kliniken konnten gut 250 Probanden erfolgreich in die Studie
eingeschlossen werden. Über das LIFE Child Health Projekt konnten weitere 110 Probanden
eingeschlossen werden. Über Werbemaßnahmen (z.B. Leipziger Kinderuni) konnten ebenfalls einige Familien rekrutiert werden. Schließlich ermöglichte eine 2012 zusätzlich beantragte Gruppenauskunft beim Ordnungsamt der Stadt Leipzig die Rekrutierung der Mehrheit der bisher untersuchten Probanden. Hierbei konnten über die Gruppenauskunft sowohl
Kinder für die Kontrollgruppe (d.h. ohne psychopathologische Auffälligkeiten) als auch für die
klinische Gruppe rekrutiert werden. Abb. 29 stellt die Zuordnung zur klinischen bzw. Kontrollgruppe nach Rekrutierungsweg dar (Bevölkerung vs. Kinderpsychiatrie).
Abbildung 29: Zuordnung zur klinischen Gruppe und gesunden Kontrollgruppe je nach
Rekrutierungsweg. (Vorauswertung, N = 579. Davon n = 251 aus der Kinderpsychiatrie und n
= 328 aus der Bevölkerung)
3.5.2
Erste Ergebnisse zu Häufigkeiten von psychischen Störungen und zentralen Risiko- und Schutzfaktoren
Im Folgenden werden erste Ergebnisse zu Auswertungen der Gesamtstichprobe dargestellt.
Die Ergebnisse beruhen auf Zwischenauswertungen der ersten N = 579 untersuchten Probanden und wurden im März 2014 auf der Buchmesse Leipzig erstmals präsentiert. Aktuell
werden diese Auswertungen erweitert und vertieft um in einer allgemeinen Publikation zu
den Hauptergebnissen der Studie im Frühjahr / Sommer 2014 veröffentlicht zu werden.
69
Abbildung 2 zeigt die Häufigkeiten der zentralen psychischen Störungen sowohl für die
Gesamtstichprobe als auch getrennt nach Rekrutierungsweg (Bevölkerung vs. Kinderpsychiatrie). Wie erwartet zeigt sich insbesondere eine hohe Prävalenz der Angststörungen,
gefolgt von externalisierenden Störungen. Aber auch die depressiven Störungen – mit einer
Lebenszeitprävalenz von 19,5 % in der Gruppe aus der Kinderpsychiatrie – zeigen wie
wichtig das Thema Depression bereits im Kindes- und Jugendalter ist. Die Prävalenz von 3,3
% für depressive Störungen in der Bevölkerung entspricht den allgemein bekannten Prävalenzen für das untersuchte Lebensalter.
Komorbidität
Wie erwartet ist die Depression bei Kindern und Jugendlichen in unserer Stichprobe selten
die einzige Störung. Lediglich 14 % der Kinder mit depressiven Störungen haben keine
andere psychische Störung. Besonders häufig treten Depressionen im Zusammenhang mit
Angststörungen und Verhaltensstörungen (33 %) oder nur mit Angststörungen (19 %) auf.
40
35
30
25
20
15
10
5
0
36,6
29
25,2
23,1
19,5
12,9
10,4
4,8
3,3
Depression
16,7
13,8
Angststörung
ADHS
7,2
Gesamtstichprobe
Kinderpsychiatrie
Bevölkerung
Oppositionelles
Trotzverhalten
Abbildung 30: Prävalenzen der wichtigsten psychischen Störungen
Lebensqualität
69.5 % der depressiven Kinder weisen eine unterdurchschnittliche Lebensqualität auf. Sie
unterscheiden sich darin signifikant von Kindern mit anderen psychischen Störungen und
Kindern ohne psychische Störungen (χ²(8)=110.32, p=.000). Bei Kindern mit Angststörungen
sind 50.9 % der Kinder von einer unterdurchschnittlichen Lebensqualität betroffen, bei
Kindern mit anderen psychischen Störungen sind es 34.6 % der Kinder. Bei Kindern ohne
psychische Störungen wird lediglich bei 14,5 % der Kinder die Lebensqualität als unterdurchschnittlich eingeschätzt (s. Abb. 31).
70
Abb. 31: Lebensqualität der Kinder nach Störungsgruppe.
Belastende Lebensereignisse
Depressive Kinder haben besonders häufig belastende interpersonelle Lebensereignisse erlebt. 51,8 % der Eltern von depressiven Kindern berichten von schweren Konflikten zwischen
den Eltern. Depressive Kinder haben damit signifikant häufiger schwere elterliche Konflikte
erlebt als Kinder mit anderen psychischen Störungen und Kinder ohne psychische Störungen
(χ²(4)=50.56, p=.000). 26,6 % der depressiven Kinder haben eine Trennung der Eltern erlebt.
Elterliche Trennung kommt bei depressiven Kindern dabei signifikant häufiger vor als bei
Kindern ohne psychische Störungen (χ²(4)=11.82, p=.019). Auch Misshandlungserfahrungen
(5,4 %) und sexueller Missbrauch (3,6 %) werden häufiger berichtet als bei psychisch
gesunden Kindern (s. Abb. 32), der Unterschied zu den anderen diagnostischen Gruppen
wird jedoch nicht signifikant.
Abb. 32: Die häufigsten kritischen Lebensereignisse für die verschiedenen Störungsgruppen.
Depressive Mütter
Ein Drittel der depressiven Kinder hat eine depressive Mutter, während dies nur bei 19 % der
Kinder mit anderen psychischen Störungen und lediglich bei 6,5 % der gesunden Kinder der
Fall ist. Mütterliche Depression kommt damit in Familien von depressiven Kindern signifikant
häufiger vor als bei Kindern mit einer anderen psychischen Störung und bei Kindern ohne
psychische Störungen (χ²(8)=48.77, p=.000).
Soziale Kompetenzen
Selbstorientierte soziale Kompetenzen (Durchsetzungsfähigkeit, soziale Initiative) sind bei
Kindern mit depressiven Störungen am geringsten ausgeprägt, sowohl im Vergleich mit
gesunden Kindern, als auch im Vergleich mit Kindern mit anderen psychischen Störungen
71
(ANOVA mit Post-hoc-Analysen, F=15.62, p=.000). Fremdorientierte soziale Kompetenzen
(prosoziales Verhalten, Kooperativität) sind bei Kindern mit psychischen Störungen generell
geringer ausgeprägt als bei Kindern ohne psychische Störungen. Depressive Kinder unterscheiden sich dabei nicht bedeutsam von Kindern mit anderen psychischen Störungen
(ANOVA mit Post-hoc-Analysen, F=30.31, p=.000).
Physiologische und kognitive Stressregulation
Kinder mit depressiven Störungen weisen deutliche Schwierigkeiten im Umgang mit Stress
auf. So fällt es ihnen insbesondere schwer sich gedanklich von belastenden Situationen zu
lösen (Grübeln). Auch physiologisch scheinen Kinder mit depressiven Störungen anders auf
Stress zu reagieren als gesunde Kinder, was sich in einer veränderten Cortisolausschüttung
nach Stress zeigt.
3.5.3
Wissenschaftliche Auswertungen
3.5.3.1 Vorstudien
In der Vorbereitung der Rekrutierung wurden zwei Vorstudien erfolgreich abgeschlossen, die
zum einen den Einsatz von Haarproben (vs. Speichelproben) als Stressmarker bei LIFE
Child Depression und zum anderen die Selbsteinschätzung des Pubertätsstatus (vs. Fremdeinschätzung) untersucht haben.
Vorstudie Haarcortisol
Die Erfassung von Haarcortisol gilt als innovative Methode zur Erfassung von chronischem
Stress, bisher liegen jedoch kaum Ergebnisse zum Kindesalter vor. Im Rahmen einer Vorstudie prüfen wir die Validität dieses Stressmarkers und die Durchführbarkeit der Sammlung
von Haarproben bei einer kinder- und jugendpsychiatrischen Stichprobe von n = 30 8-15jährigen Kindern und Jugendlichen. Die Vorstudie zum Haarcortisol umfasste die Gewinnung
von Speichelcortisol (14tägig an 3 Wochentagen (Montag, Mittwoch, Freitag) 3x/Tag (1- max.
3 Monate)), Fragebogenuntersuchung zur subjektiven Stressbelastung (Hassles Scale und
CSiK, abwechselnd) der Kinder 14tägig (freitags) und eine Haarprobenentnahme am Ende
der Speichelerhebung (je nach 1 – max. 3 Monaten).
Die Datenerhebung ist abgeschlossen (n = 37 Kinder Speichelproben, davon n = 30 Kinder
zusätzlich Haarprobe). Aktuell erfolgen Re-Analysen der Haar- und Speichelproben in
Dresden (Labor Prof. Dr. Kirschbaum) bzw. Leipzig (Labor Prof. Dr. Ceglarek / Kratzsch)
mittels massenspektrometrischer Analysemethoden zur Verifizierung der unerwarteten Ergebnisse.
Die erwartete Korrelation zwischen Haar- und Speichelcortisol konnte nicht nachgewiesen
werden. Vielmehr zeigte sich eine fehlende bis leicht negative Korrelation (r = -.23; p = .3)
zwischen Haar- und Speichelcortisol (AUC = Area under the curve). Auch mit emotionaler
Symptomatik (SDQ) und Depressivität (CES-DC (Kind)) zeigte Haarcortisol einen fehlenden
bis leicht negativen Zusammenhang. Intraindividuell zeigte Haarcortisol in unserer Studie mit
r = .79 - .99 eine hohe (erwartete) Stabilität, hingegen das erhobene Speichelcortisol eine
unerwartet hohe intra- und interindividuelle Varianz.
Da die Ergebnisse das Haarcortisol betreffend unerwartet sind, erfolgen aktuell oben genannte Re-Analysen. In der Zwischenzeit wurden mit den Speichelproben spezifischere
72
Auswertungen vorgenommen. So konnte eine hohe intraindividuelle und interindividuelle
Variabilität des Cortisolanstiegs am Morgen gefunden werden, obwohl für verschiedene
wichtige Einflussfaktoren (insbes. Genauigkeit der Speichelprobenabnahme) kontrolliert
wurde. Nur an etwa der Hälfte der Speichelerhebungstage (45 %) zeigten die Kinder den
typischen morgendlichen Cortisolanstieg. Bei keinem Kind konnte durchgehend an (fast)
allen Erhebungstagen der Cortisolanstieg nach dem Erwachen am Morgen (sogen. Cortisol
Awakening Response = CAR) abgebildet werden. Diese Ergebnisse belegen, dass es notwendig ist, zur Untersuchung von Speichelcortisol Speichelproben an mehreren Tagen zu
erheben und zukünftig weitere beeinflussende Faktoren herauszuarbeiten (z. B. Schlafqualität, Schlafdauer, psychologische Faktoren).
Die Einreichung einer Publikation zur Cortisol Awakening Response (CAR) ist für Frühjahr/Sommer 2014 bei der Zeitschrift „Developmental Psychobiology“ geplant.
Vorstudie Pubertätsstatus
Im Rahmen einer medizinischen Doktorarbeit (Michaela Jurisch) wurde die Validität der
Selbsteinschätzung des Pubertätsstatus von 8- bis 15-jährigen Kindern und Jugendlichen (n
= 50) mit psychopathologischen Auffälligkeiten untersucht. Die Ergebnisse belegen einen
hohen Zusammenhang zwischen der Selbsteinschätzung des Pubertätsstatus und der
Fremdeinschätzung durch einen professionellen Untersucher bei Kindern und Jugendlichen
mit psychischen Störungen. Probanden mit internalisierenden und gemischten Störungen
hatten signifikant höhere Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung des Pubertätsstatus als Probanden mit externalisierenden Störungen bzw. ADHS. Gleichwohl zeigte
das Alter der Probanden einen signifikanten Einfluss auf die Übereinstimmung. Die Genauigkeit der Selbsteinschätzung nahm mit zunehmendem Alter der Probanden ab. Geschlecht,
BMI und subjektives Körperbild hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Genauigkeit der
Selbsteinschätzung. Die Akzeptanz der Selbsteinschätzung war signifikant höher als die
Akzeptanz der Fremdeinschätzung durch den professionellen Untersucher. Die Akzeptanz
der körperlichen Untersuchung hatte jedoch keinen signifikanten Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung des Pubertätsstatus.
3.5.3.2 Abgeschlossene Auswertungen
Die folgenden Auswertungen wurden im Rahmen von mehreren Qualifikationsarbeiten
(Diplom-, Bachelor-, Masterarbeiten Psychologie) durchgeführt.
Mimische und emotionale Stressreaktion von Kindern mit einer Angststörung oder
einer Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten
Es wurden insgesamt N = 18 acht- bis zwölfjährigen psychisch auffälligen Kindern (n = 10
mit einer Angststörung und n = 8 mit einer Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten)
untersucht. Die Diagnosestellung erfolgte mit Hilfe eines teilstrukturierten, klinischen Elterninterviews. Alle Kinder wurden während der psychosozialen Leistungssituation des Trier
Social Stress Test for Children (TSST-C; Buske-Kirschbaum et al., 1997) gefilmt. Ausgewählte Sequenzen der daraus gewonnenen Videoaufzeichnungen wurden mittels Facial
Action Coding System (FACS; Ekman, Friesen & Hager, 2002a, 2002b) analysiert. Dieses
Kodiersystem ermöglicht, jegliche visuell unterscheidbare Gesichtsbewegungen als Action
73
Units zu erfassen. Es wurden Vorhandensein, Lateralität und Intensität der Gesichtsausdrücke analysiert und emotionale Entsprechungen der gezeigten Gesichtsbewegungen
identifiziert. Zusätzlich wurde erfasst, welche Emotionen die Kinder subjektiv während der
Stresssituation empfunden hatten.
Anhand globaler Maße des menschlichen Gesichtsausdrucks wie der Gesamtaktivität, dem
Gesamtrepertoire und der Intensität der gezeigten Bewegungen konnten keine Unterschiede
zwischen den Probandengruppen gefunden werden. Die Analyse auf Ebene einzelner Action
Units lässt vermuten, dass für Kinder mit einer Angststörung eine geringere Aktivität in der
oberen Gesichtshälfte als für Kinder mit einer Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten
typisch ist. In beiden Probandengruppen zeigten Kinder Ausdrücke von Verachtung. Wut,
Traurigkeit und Angst konnten nicht identifiziert werden. Zwischen den analysierten
Emotionsausdrücken fanden sich keine Gruppenunterschiede. Alle Probanden berichteten,
Angst während der Stresssituation empfunden zu haben. Jedoch zeigte sich nur für die
subjektive Einschätzung von Ekel ein signifikanter Unterschied zwischen den Probandengruppen. Diese ersten Ergebnisse lassen auf viel versprechende Erkenntnisse durch weitere
Untersuchungen hoffen, bei denen idealerweise Vergleiche zwischen psychisch auffälligen
Kindern und gesunden Kontrollkindern durchgeführt werden sollten.
Emotionsregulation, untersucht mittels emotionaler Go/NoGo-Aufgabe:
Die emotionale Go/NoGo-Aufgabe bietet die Möglichkeit kognitive Prozesse und Emotionsregulation auf der Ebene der Informationsverarbeitung zu untersuchen. Hierbei sollen Probanden auf emotionale Gesichter (ängstlich, glücklich oder traurig) reagieren (GoBedingung) und ihre Reaktion auf nicht-emotionale Gesichter (ruhig/gelasssen) unterdrücken
(NoGo-Bedingung) oder vice versa. Defizite in der Regulation von Emotionen stehen im Zusammenhang mit der Entstehung internalisierender Störungen wie Angst- und Depressionserkrankungen (z. B: Beck, Emery, & Greenberg, 1991). Hierbei scheint das Phänomen des
„emotional bias“ eine wichtige Rolle zu spielen. Dabei handelt es sich um stimmungskongruente Verzerrungen bei der Verarbeitung emotionaler Informationen (Williams, Watts,
MacLeod, & Mathews, 1997). Bisher ist jedoch wenig bekannt über die Auswirkungen solch
maladaptiver emotionaler Verarbeitungsprozesse im Entwicklungsverlauf. Es wurde der Einfluss emotionaler Gesichtsausdrücke auf die Leistung in einer kognitiven Aufgabe sowie die
ereigniskorrelierten Potentiale (ERPs) für emotionale Gesichtsausdrücke bei Kindern mit
internalisierenden Störungen (n = 15), externalisierenden Störungen (n = 10) und gesunden
Kontrollkindern (n = 15) im Alter von 8-12 Jahren untersucht.
Alle Kinder reagierten am schnellsten auf glückliche und am langsamsten auf traurige Gesichter. Jungen beider klinischer Gruppen zeigten Defizite in der Hemmungskontrolle bei
emotionalen Gesichtern, während klinische Mädchen (besonders in der Gruppe der internalisierenden Störungen) sich gehemmter zeigten als gesunde Mädchen, wenn ein Gesicht
Ruhe/Gelassenheit ausdrückte. Zudem ließen sich Hinweise auf Unterschiede in der Aufmerksamkeitsorientierung (Hinwendung vs. Vermeidung) für ängstliche Gesichter bei
Kindern mit Angststörungen finden.
Die ERP-Analyse zeigte für die N170 die kleinste Amplitude bei glücklichen und die größte
Amplitude bei traurigen Gesichtern. Die größten N170-Latenzen zeigten gesunde Kinder,
kürzere N170-Latenzen für emotionale Gesichter waren mit vermehrten emotionalen
Problemen und kürzere N170-Latenzen speziell für traurige Gesichter mit erhöhter De74
pressivität assoziiert. Die P3b-Komponente zeigte für traurige Gesichter die größte
Amplitude und Latenz. Kinder mit internalisierenden Störungen differenzierten auf der Ebene
kortikaler Aktivierung kaum zwischen verschieden Emotionen, zudem deuten Abweichungen
in der P3b auf eine dysfunktionale Verarbeitung emotionaler Gesichter hin. Bei Kindern (v.a.
Jungen) mit externalisierenden Störungen fanden sich Hinweise darauf, dass Defizite in der
frühen Verarbeitung (N170) emotionaler Gesichter mit Problemen in der Verhaltenshemmung in Verbindung stehen.
Die emotionale Go/NoGo-Aufgabe erwies sich als geeignetes Instrument zur Untersuchung
emotionaler Informationsverarbeitung bei gesunden Kindern und Kindern mit psychopathologischen Auffälligkeiten. Anhand der ERPs ließen sich Unterschiede in der Emotionsverarbeitung zwischen diesen Gruppen auf neurophysiologischer Ebene abbilden.
Konfliktbasierte Spielnarrative: Zusammenhänge mit elterlicher Depressivität und
kindlicher Psychopathologie
Es wurde geprüft, inwieweit die elterliche Depressivität und die Psychopathologie der Kinder
mit Inhalt und Struktur von konfliktbasierten Spielnarrativen im Zusammenhang stehen.
Außerdem wurde untersucht, ob strukturelle und inhaltliche Aspekte konfliktbasierter Spielnarrative diesen Zusammenhang moderieren. Hierfür absolvierten n = 56 8- bis 12-jährige
Kinder einer vorwiegend klinischen Stichprobe vier Geschichtenstämme der MacArthur Story
Stem Battery (MSSB). Die Erfassung der Psychopathologie der Kinder erfolgte über die
Selbsteinschätzung mittels zweier Fragebögen, ebenso schätzten die Eltern (n = 75) über
einen Fragebogen die eigene Depressivität ein. Zwischen der mütterlichen Depressivität und
der Psychopathologie der Kinder zeigten sich nur für die Mädchen signifikante Zusammenhänge: Sie gaben umso mehr depressive Symptome an, je mehr eigene depressive
Symptome die Mütter berichteten. In den Spielnarrativen der Jungen bildeten sich umso
weniger soziale Kompetenzen ab, je mehr depressive Symptome die Mütter in der Selbsteinschätzung angaben. Eine vermehrte Darstellung von negativen Emotionen und eine verminderte Darstellung von Suchen nach elterlicher Hilfe standen im Zusammenhang mit der
Angabe von psychopathologischen Auffälligkeiten bei den Mädchen. Die Jungen zeigten
hingegen umso weniger positive Vaterrepräsentationen in ihren Spielnarrativen, je mehr depressive Symptome sie angaben. Struktur und Inhalt der konfliktbasierten Spielnarrative
stellten keine Moderatorvariable in der Beziehung zwischen elterlicher und kindlicher
Psychopathologie dar. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die
intergenerationale Risikotransmission depressiver Störungen von einem komplexen Zusammenspiel verschiedener moderierender und mediierender Faktoren bestimmt ist, die
weiterer Erforschung bedürfen und multimodale Präventions- uns Behandlungskonzepte erfordern.
Diagnostisches Interview K-SADS-PL
Das halbstrukturierte Interview Kiddie – Schedule for Affective Disorders and Schizophrenia
– Present and Lifetime (K-SADS-PL; Kaufman et al., 1997; deutsche Übersetzung von
Delmo et al., 2000/2001) in einer überarbeiteten Version von Jaeger, Matuschek und
Stadelmann (2011) wurde in drei verschiedenen Bereichen untersucht.
Zunächst wurde das K-SADS-PL anhand der Child Behavior Checklist /4-18 (CBCL/4-18;
Deutsche Arbeitsgruppe Child Behavior Checklist, 1998) validiert (n = 102), um mehr Klarheit
75
über die heterogenen Aussagen bisheriger Validitätsstudien zu erhalten, die meist
Konsensus-Diagnosen von Psychiatern als (unzureichend valides) Außenkriterium nutzten
(z.B. Füredi et al., 2003; Rettew et al., 2009; Shear et al., 2000; etc.). Die Ergebnisse zur
konvergenten Validität des K-SADS-PL zeigen, dass sowohl auf kategorialer als auch
dimensionaler Ebene die internalisierenden Diagnosen signifikant mit der CBCL/4-18-Skala
„internalisierende Auffälligkeiten“ zusammenhingen. Gleiches fand sich auch bei den externalisierenden Diagnosen und der CBCL-Skala „externalisierende Auffälligkeiten“. Bei der
divergenten Validität konnten ähnlich gute Ergebnisse erzielt werden. Viele Kategorien aus
dem Interview hingen nicht signifikant mit einer entgegengesetzten Skala der CBCL/4-18 zusammen bzw. zeigten keine Unterschiede in den mittleren T-Werten.
Im zweiten Bereich wurde die Akzeptanz des Interviews mit Hilfe von Akzeptanzfragebögen
(angelehnt an Suppiger et al., 2009; Gesamtzufriedenheit gemessen auf einer Skala von 0
„überhaupt nicht zufrieden“ bis 100 „sehr zufrieden“) sowohl auf Seiten der Interviewten als
auch der Interviewer in verschiedenen Rekrutierungssettings (Forschungssetting vs. Kliniksetting) untersucht (n = 90). Sowohl bei den Interviewten, als auch bei den Interviewern war
über alle Rekrutierungssettings hinweg eine hohe Gesamtzufriedenheit zu verzeichnen
(Interviewte: M = 91.11; SD = 11.63; Interviewer: M = 81.64; SD = 15.48).
Der dritte Teil dieser Masterarbeit untersuchte, welchen Einfluss die Einführung des KSADS-PL als diagnostischer Standard in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und
Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters des Universitätsklinikums Leipzig hatte.
Hierfür wurden die Achse I-Entlassungsdiagnosen aus dem ersten Halbjahr 2010 (01-06/10)
(n = 60) mit denen des ersten Halbjahres 2012 (01-06/12) (n = 51) verglichen. Diese Analyse
ergab keinen signifikanten Anstieg der Diagnosen Depression, Angststörung, Verhaltensstörung und Essstörung. Auch die mittlere Diagnosenanzahl pro Kind stieg nicht signifikant
im ersten Halbjahr 2012 an. Nach Einführung des K-SADS-PL nahmen die Diagnosekategorie „andere emotionale Störungen“ & Diagnosen mit der Bezeichnung „sonstige/nicht
näher bezeichnet“ marginal signifikant ab.
Copingstrategien von Kindern mit Angststörungen und Verhaltensstörungen
Die Fähigkeit Stress zu bewältigen stellt eine zentrale Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen dar und spielt eine wichtige Rolle für eine gesunde psychische Entwicklung (HermanStahl, Stemmler & Petersen, 1995). In der Vergangenheit wurden die Bewältigungsstrategien
dieser Altersgruppe bereits vielfach untersucht, allerdings i.d.R. mit Hilfe der Vorstellung
hypothetischer bzw. Erinnerung an zurückliegende stressreiche Situationen oder körperlichen Erkrankungen (Compas, 2001).
Neben hypothetischen bzw. erinnerten Stresssituationen (schwere Hausaufgaben und Streit
mit einem Freund) wurde auch eine reale standardisierte Stresssituation untersucht. Dabei
wurden Alters- und Geschlechtseffekte, sowie störungsabhängige Unterschiede (Angststörung, Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten/Störung des Sozialverhaltens) bei der
Stressverarbeitung von Kindern und Jugendlichen in der Altersspanne von 8-14 Jahren beleuchtet. Zudem wurde ein explorativer Vergleich zwischen den Bewältigungsstrategien, die
bezüglich der hypothetischen Stressoren erfasst wurden und denen mit Bezug auf die reale
Stresssituation angestellt. Die standardisierte Stresssituation wurde mit Hilfe des Trier Social
Stress Test for Children (TSST-C, Buske-Kirschbaum et al., 1997), einem Verfahren zur
Stressinduktion unter Laborbedingungen, erzeugt. Das Stressbewältigungsverhalten wurde
76
mit Hilfe des Fragebogens zur Erhebung von Stress und Stressbewältigung im Kindes- und
Jugendalter (SSKJ 3-8; Lohaus et al., 2006), sowie einer für den TSST-C modifizierten
Variante des SSKJ erhoben.
Mädchen griffen tendenziell vermehrt auf soziale Unterstützung in der Belastungsbewältigung zurück als Jungen. Im Hinblick auf Unterschiede im Bewältigungsverhalten in
Abhängigkeit der Psychopathologie konnten Hinweise dafür gefunden werden, dass Kinder
mit externalisierenden Störungen stärker auf destruktiv-ärgerbezogene und vermeidende
Bewältigungsstrategien zurückgreifen. Zudem zeigten sich Unterschiede in den emotionsbezogenen und vermeidenden Strategien in Abhängigkeit davon, ob die Bezugsstressoren
hypothetisch oder real waren. So wurde in der realen Bedingung vermehrt vermeidende und
palliative Emotionsbewältigung, in der hypothetischen hingegen verstärkt destruktivärgerbezogene Emotionsbewältigung gezeigt. Alterseffekte konnten im Rahmen dieser
Untersuchung nicht gefunden werden.
Weitergehende Untersuchungen mit realen Bezugsstressoren können tiefergehende Einblicke hierzu ermöglichen.
Selbst- und Fremdbezogene Kompetenzen
Ausgangspunkt der Auswertung war die Untersuchung selbst- und fremdbezogener sozialer
Kompetenz und deren unterschiedliche Rolle bei Kindern und Jugendlichen mit internalisierenden Störungen. Um dies zu untersuchen wurden 8-14-jährige Kinder und Jugendliche eingeschlossen, die entweder eine aktuelle Angst- oder Depressionsdiagnose hatten
(internalisierende Störungen), oder keinerlei psychopathologische Auffälligkeiten aufwiesen
(gesunde Kontrollkinder). Es konnte die 2-Faktorenstruktur des Fragebogens zur sozialen
Kompetenz repliziert werden. Die Befunde zur geringeren Ausprägung der selbst- und
fremdbezogenen sozialen Kompetenz bei Kindern mit internalisierenden Störungen im Vergleich zu gesunden Kontrollkindern entsprechen zumindest teilweise bisherigen Befunden
zum Zusammenhang zwischen sozialer Kompetenz und internalisierenden Symptomen: Es
konnte hypothesenkonform gezeigt werden, dass Kinder mit internalisierenden Störungen
signifikant niedrigere selbstorientierte soziale Kompetenz aufweisen als gesunde Kontrollkinder. Entgegen der Erwartungen wiesen Kinder mit internalisierenden Störungen auch
geringere fremdorientierte soziale Kompetenz im Vergleich zu gesunden Kontrollkindern auf.
Insgesamt fügen sich die Ergebnisse gut in die bisherige Datenlage ein und leisten einen
wichtigen Beitrag zu diesem Forschungsbereich.
3.5.3.3 Laufende Auswertungsprojekte
Aktuell werden bei LIFE Child Depression fünf Masterarbeiten (Psychologie), vier psychologische Promotionen, sechs medizinische Promotionen sowie zwei Habilitationen durchgeführt. Im Folgenden werden die Themen und Fragestellungen dieser aktuellen Auswertungsprojekte skizzenhaft dargestellt.
Zusammenhang zwischen kritischen Lebensereignissen, Vernachlässigung,
Selbstwertgefühl und Depression
Es soll der Zusammenhang zwischen kritischen Lebensereignissen, Vernachlässigungs- und
Misshandlungserfahrungen,
Selbstwertgefühl
und
dem
Vorliegen
depressiver
Symptome/einer depressiven Störung untersucht werden. Bisher konnte gezeigt werden,
77
dass je mehr und je früher kritische Lebensereignisse erlebt werden, desto eher eine depressive Symptomatik entsteht. Es wird vermutet, dass ein hohes Selbstwertgefühl als Puffer
in der Beziehung zwischen kritischen Lebensereignissen und Depression wirken. Weiterhin
sollen Kinder mit und ohne Vernachlässigungs- und Misshandlungserfahrungen miteinander
verglichen werden. Hierbei sollen sowohl Risiko- als auch Schutzfaktoren für die Entwicklung
von psychischen Störungen identifiziert werden.
Elterliche Depressivität und Psychopathologie des Kindes
Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Untersuchung der elterlichen Depressivität und deren
Zusammenhang mit der Psychopathologie des Kindes. Hierbei wird insbesondere beleuchtet, inwieweit sich die psychische Gesundheit des Vaters und seine Verfügbarkeit
(Wohnsituation, Kontakt) sowie das Familienklima auf den beschriebenen Zusammenhang
auswirken. Dabei sollen folgende Hypothesen untersucht werden: (1) Der psychopathologische Status des Vaters moderiert den Zusammenhang zwischen mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie. D. h. wenn keine oder nur leichte Depressivität beim
Vater vorliegt, dann besteht ein geringerer Zusammenhang zwischen mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie. Wenn mittlere oder schwere Depressivität beim
Vater vorliegt, dann besteht ein stärkerer Zusammenhang zwischen mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie. (2): Die Verfügbarkeit des Vaters moderiert den Zusammenhang zwischen mütterlicher Depressivität und kindlicher Psychopathologie. D. h.
wenn der psychisch gesunde Vater nicht mit im Haushalt lebt und nur geringer Kontakt zum
Kind besteht, dann gibt es einen stärkeren Zusammenhang mütterlicher Depressivität und
kindlicher Psychopathologie, als wenn der psychisch gesunde Vater mit dem Kind und der
Mutter zusammenlebt oder häufig Kontakt zum Kind hat. (3): Das Familienklima stellt eine
weitere Mediatorvariable/Moderatorvariable in der Beziehung mütterlicher Depressivität und
kindlicher Psychopathologie dar. Die Abgabe der Arbeit ist für Ende 2014 geplant.
Mütterliches und väterliches Erziehungsverhalten in Zusammenhang mit internalisierenden Symptomen
Es gibt einen bereits gut untersuchten Zusammenhang zwischen elterlichem Erziehungsverhalten und der psychischen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Studien zu internalisierenden Symptomen kamen jedoch zu widersprüchlichen Ergebnissen bezüglich des
Zusammenhangs von bestimmtem negativen Erziehungsverhalten und internalisierenden
Symptomen wie Depressivität und Ängstlichkeit. Außerdem wurde bisher häufig ausschließlich das mütterliche Erziehungsverhalten untersucht. Die vorliegende Arbeit untersucht bei
Kindern und Jugendlichen (n = 222) im Alter zwischen 8 und 14 Jahren (M = 11.09, SD =
1.92) den Zusammenhang von mütterlichem und väterlichem Erziehungsverhalten und internalisierenden Symptomen beim Kind. Dabei sollen Zusammenhänge von mütterlichem und
väterlichem Erziehungsverhalten getrennt als auch in Kombination bezüglich der kindlichen
Symptomatik betrachtet werden. Es wird einerseits angenommen, dass für mütterliches und
väterliches Erziehungsverhalten ein unabhängiger Zusammenhang mit internalisierenden
Symptomen des Kindes besteht. Andererseits wird angenommen, dass durch Mütter und
Väter ein gemeinsames Erziehungsverhalten entsteht, das mit internalisierenden
Symptomen von Kindern und Jugendlichen zusammenhängt. Elterliches Erziehungsverhalten wird durch das jeweilige Elternteil mittels Fragebogen auf unterschiedlichen
78
Dimensionen eingeschätzt. Die Einschätzung der internalisierenden Symptomatik des
Kindes liegt von der Mutter und vom Kind selbst vor. Elterliche Psychopathologie wird als
Mediator untersucht. Für Alter, Geschlecht und sozioökonomischen Status wird kontrolliert.
Soziokönomischer Status und internalisierende Störungen
Ziel einer weiteren Auswertungsarbeit ist es, den Zusammenhang zwischen
internalisierenden Störungen, insbesondere Depressionen und Angststörungen, bei Kindern
und Jugendlichen und dem sozioökomischen Status (SES) ihres familiären Umfelds zu
beleuchten. Dazu sollen die Zusammenhänge zwischen internalisierenden Störungsbildern,
dem Geschlecht, SES und Arbeitslosigkeit betrachtet werden. Weiter soll überprüft werden,
ob es einen Unterschied beim Zusammenhang zwischen internalisierenden Störungen und
SES gibt, abhängig davon ob ein 3-Item-Index zur Erfassung des sozioökonomischen Status
benutzt wird oder ein 1-Item-Index. Eine Publikation der Ergebnisse wird angestrebt.
Diagnostisches Interview K-SADS-PL
Zunächst wurde dabei genau analysiert, inwieweit das Interview in einem Forschungskontext
und einem klinischen Kontext (Kinder- und Jugendpsychiatrie) aus Sicht der Interviewten und
Interviewer akzeptiert ist und von welchen Faktoren diese Einschätzung abhängt. Darüber
hinaus wurde der Einfluss des Interviews auf die in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie gestellten Entlassdiagnosen untersucht, nachdem das K-SADS-PL in den diagnostischen
Prozess als Standardinstrument integriert wurde. Abschließend soll mit Hilfe des K-SADS-PL
ein genauer Blick auf depressive Störungsbilder geworfen werden, die knapp die gängigen
Diagnosekriterien verfehlen und damit trotz vorliegender klinischer Beeinträchtigung nicht zu
einer vollständigen Depressionsdiagnose führen (subthreshold depression respektive minor
depression).
EEG-Untersuchung - Emotionale Go/No-Aufgabe
Erste Auswertungen in diesem Bereich mündeten in ein Manuskript zur Verarbeitung von
Gesichtern im Rahmen einer emotionalen Go/NoGo Aufgabe, welches im Dezember 2013
beim Journal of Child Psychology and Psychiatry eingereicht wurde. Bei dieser EEGbasierten Auswertung wurden 32 Kinder mit internalisierenden Störungen mit 32 gesunden
Kontrollprobanden hinsichtlich kognitiver Performanz und neurophysiologischer Verarbeitung
verglichen. Hierbei zeigten Muster einen sogenannten „emotional bias“ für traurige Gesichter
bei Kindern mit internalisierenden Störungen: Sie zeigten langsamere Reaktionen auf ruhige
Gesichter, wenn diese mit traurigen Gesichtern als NoGo-Reize kombiniert waren im Vergleich zu gesunden Kontrollen. Außerdem konnte bei ihnen eine früher beginnende Verarbeitung/Erkennung emotionaler Gesichter (N170 Latenz) gefunden werden. Dieser Effekt
war vor allem bei internalisierenden Mädchen für traurige Gesichter prominent. Internalisierende Mädchen zeigten zudem eine im Vergleich zu gesunden Mädchen verminderte
Aktivierung für traurige Gesichter. Die Ergebnisse deuten auf dysfunktionale Verarbeitungsmuster trauriger Gesichter im Zusammenhang mit internalisierenden Störungen hin, die möglicherweise Endophänotypcharakter oder Vulnerabilitätsmarker für diese Erkrankungen darstellen. Das Manuskript wurde beim Journal of Neural Transmission eingereicht und ist
aktuell in Revision.
79
EEG-Untersuchung - Vigilanzregulationsstörungen bei Kindern und Jugendlichen mit
psychopathologischen Auffälligkeiten
Die im Rahmen der LIFE Child Depression B4-A-Kohorte aufgezeichneten EEGs weiterhin in
Bezug auf Vigilanzregulationsstörungen bei Kindern und Jugendlichen mit psychopathologischen Auffälligkeiten untersucht. Genauer werden die 15-minütigen Ruheableitungen
hinsichtlich des Vigilanzverlaufs analysiert und zudem eine Auswertung in quantitativer Hinsicht mittels BrainVisionAnalyzer vorgenommen. Für die Auswertung werden insgesamt 80
EEGs untersucht, welche in 4 Subgruppen unterteilt werden. Entsprechend den Ergebnissen
des klinischen Interviews (K_SADS-PL) werden die Probanden der Kontrollgruppe, der
Gruppe der internalisierenden Störungen (Depressionen, Angststörungen, etc.), der Gruppe
der externalisierenden Störungen oder der ADHS-Gruppe zugeordnet. Die zentralen Fragen
lauten: Haben ADHS-Patienten ein für dieses Störungsbild spezifisches Muster ihrer
Vigilanzregulation in Form einer instabilen Vigilanzregulation? Weisen Kinder, die unter
einer internalisierenden Störung leiden konträr dazu eine hyperstabile Vigilanzregulation auf?
Weiterhin soll analysiert werden, ob sich ADHS-Patienten und Probanden mit externalisierenden Störungen (außer der ADHS) in ihrem Vigilanzmuster unterscheiden.
Psychosozialer Stresstest: Stressreaktion und –verarbeitung bei Kindern mit internalisierenden Störungen
Die emotionale, kognitive und physiologische Stressreaktion und –verarbeitung von Kindern
und Jugendlichen mit internalisierenden Störungen wird mit denen von gesunden Kontrollkindern verglichen werden. Bei einer ersten Auswertung wurde das stressbezogene Grübeln
von Kindern mit depressiver Störung mit demjenigen von alters- und geschlechtsgematchten
gesunden Kindern verglichen. Zunächst konnte gezeigt werden, dass der Stressor für beide
Gruppen vergleichbar war (negatives Feedback während des Stresstests, subjektive Aufregung). Unmittelbar nach dem Stresstest unterschieden sich beide Gruppen auch nicht in
ihrer subjektiven Selbsteinschätzung (Note). Eine Stunde später berichteten die Kinder der
Depressionsgruppe jedoch von signifikant höheren negativen Gedanken (Grübeln) als die
Vergleichsgruppe. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es nur innerhalb der Depressionsgruppe einen starken Zusammenhang zwischen der unmittelbaren Leistungseinschätzung und dem späteren Grübeln gibt. Das Manuskript wird in Kürze eingereicht werden.
Weitere Publikationen zur physiologischen (Cortisol) und emotionalen Stressreaktion werden
aktuell vorbereitet und im Sommer bzw. Herbst 2014 eingereicht.
Ein Teilauswertung der TSST-C Daten erfolgt auch in Hinblick auf das Lächeln der Kinder
während des Stresstest. Dieses wird bei depressiven Kindern und Jugendlichen und Kindern
und Jugendlichen ohne psychopathologische Auffälligkeiten differenzierter analysiert und
ausgewertet. Bei der Untersuchung des Zusammenhangs von Lächeln und Stress wurden
bisher vorrangig die positiven Auswirkungen von Lächeln auf die physiologische Stressreaktion beschrieben (u.a. Kraft & Pressman, 2012). Dies lässt vermuten, dass Lächeln eine
Schutzfunktion vor negativen Langzeitfolgen von Stress, bspw. der Entstehung depressiver
Erkrankungen haben könnte. Die Auswertung des Videomaterials erfolgt mittels des Facial
Action Coding Systems (FACS; Ekman, Friesen & Hager, 2002a; Ekman, Friesen & Hager,
2002b). Es wird erwartet, dass depressive Kinder und Jugendliche weniger häufig und
weniger intensiv lächeln als Kinder und Jugendliche ohne psychopathologische Auffälligkeiten. Vor diesem Hintergrund soll der Umgang mit Stress bei depressiven Kindern und
80
Jugendlichen näher beleuchtet werden, was zu einem besseren Verständnis der Erkrankung
im Kindes- und Jugendalter führen würde. Die Abgabe der Masterarbeit ist im Juli 2014 geplant.
Cortisol und Alpha-Amylase als Stressmarker:
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Auswertungen der Speichelcortisolmessungen der
LIFE Child Depression Kohorte. Hierbei werden folgende Fragestellungen untersucht: (1)
Welchen Einfluss haben Schlafdauer, subjektive Schlafqualität und die Zeit des Erwachens
auf die Cortisol Awakening Response (CAR)? (2) Welchen Einfluss übt die Compliance, besonders die Zeitcompliance auf die CAR aus? (3) Wie verändert sich die CAR mit dem Alter,
bzw. mit der Pubertät? (4) Welche Cortisolparameter erweisen sich als stabil und somit als
verlässlich?
Darüber hinaus soll geprüft werden, inwieweit sich Cortisol und Alpha-Amylase (AA) als
diagnostischer Hinweis auf depressive Erkrankungen nutzen lassen. Hierfür werden Veränderung der Konzentrationen von Cortisol und AA im Speichel bei Kindern mit depressiver
Erkrankung im Vergleich zu gesunden Kindern untersucht. Die explorative Fragestellung
lautet: Besteht ein Unterschied des basalen Cortisol- bzw. Alpha-Amylase-Spiegels im
Speichel von Kindern mit und ohne depressive Erkrankung? Besteht darüber hinaus ein
Unterschied in der Stressantwort, welche als Verlaufskurve der Cortisol- bzw. AASpeichelkonzentration, unter Einwirkung eines akuten Stressors (TSST-C) erfasst wird? Die
Hypothese lautet dahingehend, dass bei Kindern mit rein depressiver Erkrankung die
Antwortreaktion der beiden Stresssysteme, repräsentiert durch die Parameter Cortisol und
AA, nicht mehr, wie bei gesunden Probanden üblich, gleichsinnig erfolgt, sondern diesbezüglich vielmehr eine Dissoziation im Sinne einer übermäßigen Ausschüttung von AA bei gleichzeitig gehemmtem Cortisolanstieg besteht. Geplant ist eine Stichprobe von n = 100 Probanden (davon n = 50 depressive und n = 50 Kontrollkinder).
3.5.3.4 Weiterführende Projekte
Vor dem Hintergrund der vorliegenden Daten der ersten Erhebungswelle ist ein Manuskript
in Arbeit, das sich den grundlegenden Fragen zum ersten Erhebungszeitpunkt der Studie
zuwendet und Risiko- und Schutzfaktoren bei depressiven Störungen in den Blick nimmt. Die
Autoren haben sich für eine englischsprachige internationale Publikation entschieden, die in
der Zeitschrift „European Child and Adolescent Psychiatry“ eingereicht werden soll.
Auf der Basis des LIFE-Function-Projektes (LIFE-205 D22) „Quantifizierung von Cortisol und
Cortison in Speichel und Haar mittels HPLC-LC-MS/MS zur Beurteilung von chronischem
Stress“ entstehen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische
Chemie und Molekulare Diagnostik des Universitätsklinikums Leipzig (Prof. Jürgen Kratzsch,
PD Uta Ceglarek) aktuell zwei Publikationen.
Das LIFE-Function-Projekt (LIFE-206-D34) „Kognitiv-emotionale Vulnerabilitätsmerkmale
depressiver Störungen im Kindes- und Jugendalter“ untersucht mentale Repräsentationen
von Kindern anhand eines Geschichtenstammverfahrens. Aktuell werden hierfür die Videoaufnahmen einer B4a-Teilstichprobe von N=150 Probanden kodiert, mit dem Ziel, den Zusammenhang zwischen mentalen Repräsentationen der Kinder und ihren depressiven
Symptomen und Störungen zu analysieren.
81
Des Weiteren werden Auswertungen zu genetischen und immunologischen Aspekten vorbereitet. Aktuell geht es dabei um die Organisation der labortechnischen Analysen der
bereits gesammelten Blutproben.
3.6
LIFE HEART (Leipziger Herzstudie)
Dieser Teil des Berichts wurde von Dr. Frank Beutner und Dr. Andre Teren unter der Projektleitung von Prof. Dr. Joachim Thiery verfasst.
Erkrankungen des Herzkreislaufsystems als Folge atherosklerotischer Gefäßerkrankungen
stellen nach Angaben des Statistischen Landesamtes im Freistaat Sachsen stabil die
führende Todesursache dar (48% zu Beginn der Leipziger Herzstudie 2006, 47% zum Zeitpunkt der LIFE-Assoziation 2010). Die klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren des
Lebensstils und der Umwelt, wie arterielle Hypertonie, Dyslipidämie, Rauchen und Bewegungsmangel, sind heute gut untersucht. Weitgehend unbekannt sind jedoch die
molekularen Faktoren der individuellen Empfindlichkeit für Gefäßerkrankungen und die
Heterogenität der Atherosklerose bei vergleichbarer Risikobelastung. Etwa 50 % des
koronaren Risikos sind genetisch bedingt.1 Die Kombination aus traditionellen Risikofaktoren,
klinischer Phänotypisierung, genetischer Information und innovativen Biomarkern ist eine
vielversprechende Strategie zur Einschätzung des individuellen kardiovaskulären Risikos –
die Voraussetzung für eine ‚personalisierte Medizin’.2
Grundlegendes Ziel der LIFE Leipziger Herzstudie war die Etablierung einer Kohorte von
symptomatischen Patienten mit unterschiedlicher Ausprägung der koronaren Herzerkrankung. Dies beinhaltet zum einen Patienten mit stabiler Angina pectoris und zum anderen
Patienten mit akuten Koronarsyndromen. Die Datenbank und Bioproben stellen die Basis für
weitere LIFE-Module dar, um über moderne molekulare Analyseverfahren die Atherosklerosedisposition beim Menschen aufzuklären.
1.
2.
Marenberg ME, Risch N, Berkamn LF, Floderus B, de FAire U. 1994. Genetic suceptibility to
death from coronary heart diseae in a study of twins. N Engl J Med. 330(15):1041-6.
Gerszten RE, Wang TJ. The search for new cardiovascular biomarkers. Nature
2008;451(7181):949-52.
Rekrutierungsmodus
Die Patienten nach folgenden Kriterien identifiziert und ausgewählt:
1)
Patienten mit Verdacht auf eine Koronare Herzerkrankung bei bisher unbekanntem
Koronarstatus (zugewiesen zur elektiven Koronarangiographie), in Abhängigkeit des
Koronarbefundes wurden die Patienten in Gruppen mit normalen Koronargefäßen, nichtstenosierender KHK und stenosierender KHK eingeteilt (Abb. 33)
82
Abb. 33: Exemplarische Koronarangiographien in links-anteriorer (LAO) und rechts anteriorer
(RAO) Projektion mit unterschiedlicher Ausprägung der koronaren Herzerkrankung
2) Patienten mit Myokardinfarkt als Erstmanifestation der KHK
3) Patienten mit einer signifikanten Obstruktion im Bereich des linken Hauptstammes.
Abb. 34: Eine besonders gefährliche Entität der KHK besteht bei Beteiligung des linken
Hauptstammes (A), exemplarische Koronarangiographien mit Normalbefund (B) und signifikanter Hauptstammstenose (C)
In den folgenden 3 Schemata sind die Rekrutierungsmodie der jeweiligen Probanden mit
V.a. KHK, akuten Myokardinfarkt sowie Z. n. Myokardinfarkt bzw. Hauptstammstenose beschrieben.
83
Abb. 35: Workflow bei Probanden mit
Verdacht auf KHK
Abb. 36: Workflow bei Probanden mit akutem
Myokardinfarkt
Abb. 37: Workflow bei Probanden mit retrospektivem
Herzinfarkt oder Hauptstammstenose
84
Neben der präzisen klinischen Phänotypisierung sind die standardisierte Präanalytik und das
Biobanking der Leipziger Herzstudie hervorzuheben. Die Bioproben werden letztendlich in
einer der modernsten Biobanken, der LIFE-Biobank (siehe Modul Biobank), eingelagert und
stehen für zukünftige Analysen auch noch in Jahrzehnten zur Verfügung.
Abb. 38: Workflow Präanalytik
Rekrutierungsverlauf
Ausgehend von den etablierten Rekrutierungsmodie im Rahmen der initialen Projektphase
2006-2009 konnte in der LIFE-assoziierten Studienphase die tägliche Rekrutierungszahl
deutlich gesteigert werden (Abb. 39). Ein HZL-intern-logistisch bedingter Abfall der
Rekrutierungszahl konnte durch einen Ausbau der Kohorte von Patienten mit Herzinfarkt
kompensiert werden (Abb. 40)
85
8
6
4
2
0
Abb. 39: Die Balken zeigen die Anzahl der eingeschlossenen Probanden pro Tag im LIFEassoziierten Rekrutierungszeitraum 2010-2014 und den Vergleich zum davorliegenden
Studienzeitraum 2007-2009 (initiale Förderung durch Roland-Ernst Stiftung).
1500
1000
500
0
Abb. 40: Die Balken zeigen die Anzahl der eingeschlossenen Probanden pro Jahr nach Subgruppen unterteilt: ‚V.a. KHK‘ – blau, Haupstammstenose – grün, Myokardinfarkt – orange,
total – schwarz.
Zum Projektabschluss 04/2014 konnten in den einzelnen Kohorten folgende Fallzahlen erreicht werden:
Verdacht auf KHK: N= 3.442
Myokardinfarkt: N= 2.931
Haupstammstenose: N= 502
Der kumulative Rekrutierungsverlauf ist in Abb. 41 dargestellt.
86
8000
6000
4000
2000
0
Abb. 41: Die Balken zeigen die kumulative Anzahl der eingeschlossenen Probanden nach
Subgruppen unterteilt: ‚Verdacht auf KHK‘ – blau, Haupstammstenose – grün, Myokardinfarkt – orange, total – schwarz.
Vergleich mit anderen angiographisch phänotypisierten Kohorten
Die Leipziger Herzstudie zählt nach einer aktuellen Metaanalyse zu den größten Studien mit
angiographisch phänotypisierten Kohorten und ist unserem Wissen nach die einzige Studie
mit genomweiter Genotypisierung und Expressionsanalytik (Tabelle 8).
Tabelle 8: Kohorten mit angiographischer Phänotypisierung der koronaren Herzerkrankung
(modifiziert nach Holmes MV et al., JACC 2013).
Studie
Land
Alter
Anteil Frauen
Anzahl
LIFE Heart
Deutschland
62.8 ± 11.5
32.8
3128 (aktuell 7.000)
CURE
28 Länder
54.2 ± 11.0
40.9
4334
Fast MI
Frankreich
66.1 ± 13.7
29.2
973
Gendemip
Tschechien
57.1± 8.6
26.0
1432
GRACE France
Frankreich
60.1 ± 12.7
20.4
274
GRACE Scotland
UK
64.8 ± 12.0
30.0
1488
IHCS
USA
63.0 ± 12.3
29.1
2382
KAROLA
Deutschland
58.9 ± 8.0
15.0
1019
MERLIN TIMI
17 Länder
63.4 ± 10.8
34.1
1606
MIRACL
19 Länder
65.7 ± 11.8
34.8
2587
PROVE-IT
8 Länder
57.5 ± 11.0
22.5
2260
AMC-PAS
Niederlande
44.0 ± 3.9
19.0
740
ASAP
Schweden
63.5 ± 12.4
28.7
272
GENDER
Niederlande
62.0 ± 11.1
26.0
866
87
MedStar
USA
59.7 ± 8.9
54.4
1322
PennCath
USA
59.3 ± 9.7
51.9
1516
SMART
Niederlande
56.5 12.4
32.2
8297
Datenerhebung und -dokumentation
Es werden 97 initiale Kernvariablen und Derivate definiert (Tabelle 9), welche im Rahmen
dieses Projektes prozessiert werden sollen. Eine Analyse der Basischarakteristika und die
Verteilung der kardialen Phänotypen wurde bereits pupliziert (Beutner F et a., PLoSOne
2011).
Tabelle 9: Zusammenfassung der 97 initiale Kernvariablen und Derivate der LIFE –
HEART
Kategorie
Kernparameter/Derivate(*)
Anzahl
Angaben zur Person/
Alter, Geschlecht, KHK*, Myokardinfarkt, Schlaganfall*, peri-
19
Anamnese
phere arterielle Verschlusskrankheit*, Diabetes mellitus, Hypertonie,
Herzrhythmusstörung,
Claudicatio
intermittens*,
Angina
pectoris*,
Dyspnoe*,
Familienanamese*, 5
körperliche
Aktivität-Scores*, Medikation
Anthropometrie /
Größe, Gewicht, Taillen- und Hüftumfang, BMI (Body-Mass-
Biometrie
Index)*,
WHR
(Waist-Hip-Ratio)*,
9
Blutdruck
(systolisch/diastolisch)*, Nüchternstatus*
Ruhe-EKG
Rhythmus
Ergometrie
Leistungsfähigkeit
1
(Watt,
MET),
Belastungsangina,
EKG-
3
Veränderungen*
ABI
Blutdruck Arm, Blutdruck Knöchel, ABI*
3
Karotisultraschall
IMTmean, IMTmax, Plaque CCA, Plaque Bulbus, Plaque ACI, 3
9
Plaquescore*, Stenosen
Echokardiographie
Ejektionsfraktion, LV-Diameter, LV-Volumen, Wanddicke, LV-
10
Masse, Hypertrophie*, diastolische Funktion*, Vorhofvolumina*,
Vorhhoffunktion*, Aortenklappenstenose*
Herzkatheter
Versorgungstyp,
Gefäßerkrankung,
15
Koronarsegmente,
Hauptstammstenose,
Gensini-Score*,
10
weitere
x-
30
KHK-
Scores*, Ejektionsfraktion
Kardio-Labor
ntproBNP, Troponin, CK, CKMB, Myoglobin, Kreatinin, Cystatin,
10
C-reaktives Protein, LDL-C, HDL-C
Weitere Derivate
Framingham Risk Score*, EuroScore*, Procam Score*
3
Validierung der Daten- und Biobank für genetische Assoziationsstudien
In der Region auf Chromosom 9p21 lokalisierte SNPs wurden in mehreren unabhängigen
GWAs als robusteste genetische Marker für KHK/Myokardinfarkt identifiziert und gelten
daher als Qualitätskriterium für weitere genetische KHK-Studien. Der Chromosom 9p21
88
Lokus konnte in der initialen Kohorte der Leipziger Herzstudie (n>3.000) repliziert werden
und zeigt damit die Eignung der Kohorte für genetische Assoziationsstudien. Die erfolgreiche
Validierung der Kernkohorte für genetische Assoziationsstudien wurde bereits publiziert
(Abbbildung 6, Beutner F. et al., PLoS One 2011). Für die Validierung der finalen LIFE Heart
Daten- und Biobank sollen erneut die bekannten genetischen Marker mit dem KHK-Phänotyp
assoziiert werden. Die dazu notwendigen Genotypisierungen werden gegenwärtig im der
LIFE Genom- und Transkriptomanalytik prozessiert.
Abb. 42: Validation der initialen Daten- und Biobank der Leipziger Herzstudie anhand Replikation eines bekannten KHK-Sukzeptibilitätslokus auf Chromosom 9p21 für das Vorliegen
einer obstruktiven koronaren Herzerkrankung (CAD), Myokardinfarkt und Hauptstammstenose (LMCAD), Beutner et al. PLoS One 2011)
Zusammenfassend sehen wir einen erfolgreichen Abschluss der Rekrutierungsphase des
Projektes LIFE Heart. Die Rekrutierung wurde in der LIFE-assoziierten Phase kontinuierlich
ausgebaut und hat letztendlich Fallzahlen erreicht, welche die geplanten genomweiten Analysen mit ausreichender statistischer Power unterstützen. Es erfolgte eine zielgerichtete
Phänotypisierung, die Heart-Kohorte zeigt eine exzellente Verteilung der wichtigen
koronaren Phänotypen mit Anteilen von stabiler KHK, Myokardinfarkten, Hauptstammstenosen und angiographisch unauffälligen Koronargefäßen. Die Leipziger Herzstudie ist
aktuell die größte Studie in dieser tiefgreifenden Phänotypisierung und Genotypisierung.
Aus der Kohortierung und den folgenden Untersuchungen ergaben sich folgende Beiträge
zur Erhöhung der eigenen wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit
Beteiligung an internationale Konsortien zur Aufklärung der Genetik der KHK und
Myokardinfarkt
Die Kohorte der Leipziger Herzstudie erfüllt mit ihrer präzisen kardiovaskulären
Phänotypisierung, insbesondere der koronaren Charakterisierung und den bereits vorliegenden molekularen Analysen höchste qualitative Ansprüche und kann in dieser Größen89
ordnung als weltweit einmalig angesehen werden. Neben den lokalen Forschungsprojekten
an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig ist die Leipziger Herzstudie bereits in
internationalen Consortien verknüpft (z.B. CARDIoGRAMplusC4D, Genuis-CHD). Ziel dieser
Consortien ist es, durch Metaanalysen mit größeren Fallzahlen und globale Kohorten allgemeingültige und sichere Ergebnisse zu erhalten. Die Implementierung der Leipziger Herzstudie in diese Consortien ermöglicht zum einen die Umsetzung eigener Fragestellungen in
diesem Consortium und zum anderen die Validierung von eigenen lokalen Ergebnissen.
Beitrag zur nationalen Versorgungsleitlinie der nicht-obstruktiven KHK
Brustschmerzen und eine myokardiale Unterversorgung ohne eine obstruktive KHK sind eine
häufige Diagnose. In unserem Kollektiv von Patienten mit Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung zeigen nur 49% der Männer und 29% der Frauen relevante Koronarstenosen.
Bei dem anderen Teil der symptomatischen Patienten liegt mutmaßlich eine nicht-obstruktive
KHK mit spontanen Spasmen der epikardialen Koronarien oder der Microzirkulation vor. Die
spezielle Diagnostik und Therapie dieser großen Patientengruppe ist bis heute nicht gut
validiert und nicht standardisiert. Aktuelle Bestrebungen durch das Deutsche Zentrum für
Herz-Kreislauferkrankungen (DZHK, initiiert durch das Bundesministerium für Bildung und
Forschung - BMBF) zielen auf eine Verbesserung der Versorgung dieser Patienten durch die
Erstellung einer nationalen Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der nicht-obstruktiven KHK.
Die Datenlage zu Patienten mit nicht-obstruktiver KHK ist im Vergleich zu Patienten mit
obstruktiver KHK mangelhaft. In der Leipziger Herzstudie konnten ca. 1200 Patienten mit
einer mutmaßlichen nicht-obstruktiven KHK identifiziert werden. Es laufen aktuell Bestrebungen diese Patienten bzgl. ihres Langzeit-Verlaufes unter Anbindung der Leipziger
Herzstudie an das DZHK nachzuuntersuchen.
Kooperation Berliner Alterstudie (BASE II)
Die Lebenserwartung steigt, in Deutschland und weltweit. Die Wissenschaftler der Berliner
Altersstudie II (BASE II) erforschen, wie sich diese gewonnenen Lebensjahre möglichst
gesund und aktiv gestalten lassen. In einer Kooperation werden BASE und LIFE versuchen
insbesondere Fragestellungen bzgl. des kardiovaskulären Alterungsprozess gemeinsam zu
beantworten. Hier können Lebensstilfaktoren, Risikoprofile und insbesondere molekulare
Signaturen von auf der einen Seite (BASE) alten und sehr alten ‚Gefäß-gesunden‘ Teilnehmern (>80 Jahre) mit denen von jüngeren ‚Gefäß-kranken‘ Teilnehmern (Leipziger Herzstudie) verglichen werden.
Die aufgeführten Beiträge zeigen exemplarisch einerseits die Bestrebungen zu nationalen
und internationalen Vernetzung und andererseits die Verknüpfung von Grundlagenforschung
(molekulare Pathomechanismen) mit klinischen Versorgungsinhalten zur Patientenorientierten Verbesserung von Diagnostik und Therapie der koronaren Herzerkrankung. Auf
Grundlage der LIFE-Biobank und der geplanten Follow-up Untersuchungen kann die LIFE
Leipziger Herzstudie den Standort Leipzig als Basis für die Erforschung von HerzKreislauferkrankungen mit Schwerpunkt Atherosklerose und Herzinfarkt langfristig sichern
und ausbauen.
90
3.7
LIFE Kohorte HNO-Tumore
Die LIFE-Disease-Kohorte HNO-Tumore (PIs: Prof. Dr. Andreas Dietz, Dr. Gunnar
Wichmann, Prof. Dr. Markus Löffler) ist eine monozentrische prospektive Kohortenstudie zur
Erforschung des Einflusses molekularer, lebensstil- und umweltbedingter Faktoren auf die
Entstehung und Prognose von Kopf-Hals-Tumoren.
Das primäre Ziel der Studie ist die Identifizierung genetischer Marker, die im Kontext mit
einem durch Umwelteinflüsse und/oder Lebensstil erhöhten Risiko für das Entstehen von
HNSCC prädisponieren oder assoziiert zu einem vorhandenen erhöhten Risiko gefunden
werden bzw. bei manifester Erkrankung prognostischen Wert haben. In diese Untersuchungen werden ausschließlich Plattenepithelkarzinome (HNSCC) und deren Metastasen
einbezogen, da diese die größte Zahl an Kopf-Hals-Tumoren repräsentieren, aber auch eine
in sich heterogene Gruppe darstellen. Eine besondere Gruppe scheinen dabei die HPVinduzierten HNSCC darzustellen. Es existieren Daten, die einerseits eine erhöhte Aggressivität der HPV 16-positiven HNSCC, andererseits aber auch ein verbessertes Ansprechen auf
Bestrahlung und Chemotherapie und insofern verbesserte Prognose belegen.
Ein wesentlicher Teil des Vorhabens ist eine längsschnittliche Beobachtungsstudie von
Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren (HNSCC: Head and Neck Squamous Cell Carcinoma) mit
Materialasservierung für genomische, transkriptomische und proteomische Analysen inklusive der Identifizierung korrelierter Gensets und von prädiktiven Markern durchgeführt.
Untersuchungsmaterialen waren dabei neben Blut- und Urinproben insbesondere
Tumorbiopsate, aus denen DNA, RNA und Proteine isoliert wurden. Blut- und Urinproben der
HNSCC-Patienten wurden nicht nur im Rahmen der primären Diagnostik sondern darüber
hinaus im Verlauf asserviert, um minimal- bzw. nichtinvasive Marker mit prognostischem
oder prädiktivem Wert zu identifizieren. Außerdem wurden Leukozyten aus Vollblut
durchflusszytometrisch untersucht, um das Zytom von HNSCC im Vergleich vor und nach
Therapie vergleichen zu können.
Über zwei Jahre (von August 2010 bis Juli 2012) wurden entsprechend informiertem Einverständnis 450 Patienten mit Verdachtsdiagnose HNSCC prospektiv in der LIFE-Kohorte
HNO-Tumore eingeschlossen, Befragungen durchgeführt und Bioproben asserviert. Bei 329
dieser Patienten war mit der pathohistologischen Sicherung eines HNSCC sowie bei fünf
weiteren Patienten einer prämalignen Vorstufe (intraepithelialer Neoplasie Grad I bis III) das
zentrale Einschlusskriterium bei 334 Patienten vorhanden und lagen Ausschlusskriterien
(häufigster Ausschlussgrund: das simultane oder metasynchrone Vorhandensein anderer
Malignome) nicht vor. Von 229 der 329 Patienten konnten Biopsate erhalten werden, die in
die Tumorprobenbank des HNO-Forschungslabors eingebracht und aufgearbeitet wurden.
Ergänzt wurden die molekularbiologischen Untersuchungen an diesen 229 Tumorproben
durch 69 weitere Proben, die zuvor im Rahmen anderer Studien entsprechend identischer
Standards (SOP) asserviert und aufgearbeitet worden waren. Diese Proben wurden auf das
Vorhandensein von HPV-DNA untersucht und bei Vorhandensein von HPV-DNA der Subtyp
über Genotypisierung bestimmt. Mit diesen 298 Proben wurden die Untersuchungen des
Transkriptoms durchgeführt und HPV-spezifisch differente Genexpression identifiziert. Des
Weiteren wurde bei 263 dieser Proben eine Untersuchung auf Vorhandensein von
Mutationen in 207 Amplikons von 45 Genen, die bei Karzinomen verschiedener Entitäten die
am häufigsten beschriebenen Mutationen aufweisen.
91
Prospektive Rekrutierung von >300 HNSCC mit longitudinaler Materialasservation
Es kann festgestellt werden, dass die mit dem Projekt LIFE Kopf-Hals-Tumoren angestrebten Rekrutierungsziele erreicht wurden. Die Rekrutierung der LIFE-Kohorte HNOTumore erfolgte planmäßig etwas oberhalb der erwarteten Fallzahlen von ca. 15 Patienten
mit Verdachtsdiagnose HNSCC pro Monat über 24 Monate vom August 2010 bis Juli 2012.
Von insgesamt 450 Patienten mit Verdachtsdiagnose HNSCC und informiertem Einverständnis in die Studienteilnahme hatten 329 Patienten (73,1% der mit Verdachtsdiagnose
eingeschlossenen Patienten) ein HNSCC ohne Vorliegen von Ausschlusskriterien wie bspw.
simultane oder metasynchrone Malignome anderer Entität. Über das Einbringen der von
diesen Patienten asservierten Materialien in die Probenbanken und deren Analyse wurden
mit der Supplementierung durch weitere Proben aus der Probenbank des HNOForschungslabors die geplanten Fallzahlen für die geplanten Untersuchungen erreicht und
die geplanten Untersuchungsergebnisse erzielt. In Zusammenhang mit den klinischepidemiologischen Daten der Patienten und der fortgesetzten Nachbeobachtung der
Patienten inklusive Dokumentation und fortgesetzter Materialasservation wurden die Datensätze geschaffen, die nunmehr wissenschaftlich verwertet werden können.
HPV-DNA und HPV-RNA in HNSCC
Von zentraler Relevanz sind die HPV-Detektion und Genotypisierungen unter den präanalytischen Bedingungen der Asservierung und Lagerung von Proben in TRIzol™ mit dem
Detektionssystem Inno-LiPA der Firma Innogenetics. Dieses Detektionssystem wurde für die
Analyse von zwischenzeitlich >500 HNSCC sowie von Mundspülungen von 300 Probanden
der LIFE-Adult-Subkohorte, die per Propensity-Scores gematcht zu HNSCC-Patienten ausgewählt wurden, genutzt. Die Methode findet in künftigen klinischen und epidemiologischen
Untersuchungen des HNO-Forschungslabors Anwendung. Mit anderen Methoden erhobene
diskrepante Ergebnisse werden derzeit bezüglich der ihnen zugrundeliegenden Eigenschaften der Proben bzw. Detektionssysteme geprüft. Einige Teilergebnisse daraus wurden
bereits ausschnittsweise auf Kongressen präsentiert. Es entstehen derzeit zwei wissenschaftliche Publikationen dazu; Entwürfe der entsprechenden Manuskripte liegen zwischenzeitlich vor.
HPV-assoziierte Methylierungsmuster in HNSCC
Zusätzlich konnten wir an der Aufklärung der Relevanz von bei HPV16-getriebenen Oropharynxtumoren im Vergleich zu HPV16-DNA-negativen Tumoren differentiell methylierten
Gen-Promotoren mitwirken. Teile der Ergebnisse wurden bereits publiziert (Kostareli et al.,
2013). Aktuell wird die Bestimmung von HPV-RNA-Mustern in unserer Kohorte fortgesetzt,
um die differentiell exprimierten und korrelierten Gensets bei HPV16-getriebenen HNSCC
(HPV16-DNA+RNA+) im Vergleich zu HPV-DNA-negativen Tumoren wie auch HPV16-DNApositiven aber HPV16-RNA-negativen Tumoren herauszuarbeiten. Die serologische Untersuchung von HPV bzw. Antikörpern gegen HPV-Proteine lieferten Erkenntnisgewinn sowohl
in methodischer Hinsicht als auch onkologisch relevante Daten.
92
RNA-Expressionsmuster in HNSCC
In 298 HNSCC wurde mittels Illumina HT12v4-Arrays die RNA-Expression genomweit untersucht. Der Aufbau und die Nutzung der dafür neu zu etablierenden Auswertepipeline sind
hinsichtlich der Qualität der resultierenden Daten höchstklassig und gestatteten die Expressionsmuster von HNSCC entsprechend verschiedener Klassifikatoren zu vergleichen.
Wir fanden differente Expression von RNA von Proteinen einer Vielzahl von Signaltransduktionswegen von für HPV16-DNA positiven und negativen HNSCC. Noch stärkere und
klarere Kontraste ergeben sich im Vergleich der HPV16-RNA-positiven HNSCC mit HPV16negativen HNSCC. Interessant ist das identische Clustern HPV16-DNA-positiver, aber für
HPV16-RNA negativer HNSCC mit HPV-negativen HNSCC. Das belegt, dass die aktive
HPV-Infektion (über die Expression der neoplastisch transformierenden Proteine E6 und E7)
in die Regulation der Epithelzellen eingreift und – obwohl es sich um HNSCC handelt –
HPV16-Expression (Anwesenheit von HPV16-RNA und Produktion der Proteine E6 und E7)
zu einem anderen Tumor-Subtyp führt, der sich bezüglich Genexpression aber auch
klinischem Verlauf der Erkrankung abweichend (distinkt) von HPV-negativen Tumoren verhält. Die Anwesenheit von HPV16-DNA in HNSCC scheint zu einem gewissen Anteil ausschließlich ein Epiphänomen darzustellen. Solche Tumore sind bezüglich der Genexpression
nicht statistisch sicher different gegenüber HPV16-DNA negativen HNSCC, und sie unterscheiden sich im gleichen Maß wie diese von HPV16-RNA-positiven HNSCC. Dies geht
auch mit einem differenten klinischen Verlauf der Erkrankung einher.
Abb. 43: Genexpression von 300 HNSCC-Tumorproben
93
Zytomuntersuchungen
In einer Subgruppe der Patienten konnten zwischen Januar 2011 und März 2012
Zytomuntersuchungen durchgeführt werden. Dabei wurden Vollblutproben auf Vorhandensein und Verteilung von Zellpopulationen über den Einsatz von vier Antikörperpanels unter
Verwendung von multicolorimetrischer Durchflusszytometrie mit zehn Immunfluoreszenzfarbstoffen untersucht. Diese Untersuchungen gestatteten tiefe Analysen von T- und NKZellen, B-Lymphozyten und Monozyten. Dabei wurden im Vergleich früher mit fortgeschrittenen Stadien von HNSCC Zellpopulationen identifiziert, deren differente Proteinexpression charakteristisch und geeignet sind, die Gruppen zu klassifizieren und so über
Blutproben und deren durchflusszytometrische Charakterisierung die Diagnostik von HNSCC
und die Unterscheidung früher und später Stadien zu unterstützen. Auch im Vergleich zu
Probanden der Bevölkerungsstichprobe wurden durch die maligne Erkrankung bedingte Veränderungen des Zytoms erfasst.
Die LIFE-Disease-Kohorte HNO-Tumore und die innerhalb der Studie erhobenen Ergebnisse sind innerhalb des hoch kompetitiven Umfeldes der Erforschung von HNSCC und der
Entwicklung prognostischer und prädiktiver Biomarker und Klassifikatoren für HNSCC gut
positioniert bzw. von hoher Relevanz.
Erst kürzlich wurde im DKTK ein ähnliches Projekt initiiert. Es befindet sich derzeit im
Rekrutierungsmodus. Das LIFE-Vorhaben hat derzeit einen Vorsprung von ca 2 Jahren.
4. Klinische Chemie, Biobank und genetischen Analytik
Dieser Teil des Berichts wurde von Frau Dr. Ute Ceglarek, Frau Julia Stäker, Dr. Ronny
Baber und Prof. Dr. Ralph Burkhardt unter der Projektleitung von Prof. Dr. Joachim Thiery
verfasst. Die Zuarbeit zu Pkt. 4.1.3. kommt von Frau Dr. Melzer und Prof. Dr. Attila Tarnok.
4.1
Klinische Labordiagnostik
Die Klinische Labordiagnostik gliedert sich in drei Abschnitte: (4.1.1) Metabolom-Analytik,
(4.1.2) Klinische Chemie und Hämatologie und (4.1.3) Zytom-Analytik auf die im Folgenden
näher eingegangen wird.
4.1.1
Metabolom-Analytik
Für die Metabolom-Analytik werden die Proben in der Biobank bei Temperaturen unter
-130°C eingelagert und stehen damit für eine spätere Diagnostik im Batch zur Verfügung. Im
Projektzeitraum wurden massenspektrometrische Analysenmethoden für verschiedene
Stoffwechselgruppen entwickelt, für die Analytik im LIFE-Programm validiert und publiziert.
Insgesamt lassen sich 125 verschiedene Analyte aus 500 µl Plasma quantitativ analysieren.
Weitere Methoden befinden sich in der Entwicklung (s. Tabel).
Im Berichtszeitraum erfolgten Aminosäure- und Acylcarnitinmessungen für 6300 LIFE AdultProbanden, für 300 LIFE Child-Obesity-Probanden und 5200 LIFE Heart-Probanden. Diese
Untersuchung wurde außerdem an 4000 Trockenblutproben von A2-Probanden und 1300
Proben von Probanden der LIFE-Kohorte HNO-Tumore durchgeführt.
94
Tabelle 10: Konzentrationsbereiche, Probenmaterialien und –volumina massenspektrometrisch quantifizierbarer Parameter
Analytengruppe
Sterols
Phytosterols
Cholesterol ester
Steroids
Oxysterols
Sphingolipids
Parameter
Cholesterol free, ester, total
Lanosterol free
Desmosterol, Zymosterol,
7-Dehydrocholesterol free
Desmosterol, Zymosterol,
7-Dehydrocholesterol ester
Desmosterol, Zymosterol,
7-Dehydrocholesterol
Brassicasterol free, ester, total
Campesterol free, ester, total
Stigmasterol free, ester, total
Sitosterol free, ester, total
Cholesteryltetra-/-penta- and -hexadecanate
Cholesterylhexa- and octadecenate
Cholesteryloctadecadienate
Cholesteryloctadecatrienate
Cholesteryleicosatetraenate
Cholesteryleicosapentaenate
Cholesteryldocosahexaenate
Androstenedione
Aldosterone
Estradiol, premenopausal
Testosterone
17-Hydroxyprogesterone
Progesterone
Dehydroepiandrosterone
Dexamethasone
Cortisol
11-Deoxycortisol
Cortisone
Prednisolone
Dehydroepiandrosterone sulfat
7-Ketocholesterol
7-OH-Cholesterol
3ß-5α-6ß-Trihydroxycholestane
5,6 β Epoxycholesterol
5,6 α Epoxycholesterol
4ß-Hydroxycholesterol
22α(R)-Hydroxycholesterol
24(R/S),25-Epoxycholesterol
Summenparameter:
20α-Hydroxycholesterol,
22α(S)-Hydroxycholesterol,
24S-Hydroxycholesterol,
25-Hydroxycholesterol,
27-Hydroxycholesterol
Cholesterol
Sphingosin-1-Phosphate,
Probenmaterial
Probenvolumen
Serum/
Plasma,
Dried
blood
spots
10 µL,
4.7 mm
Konzentration
sbereich
1.5 - 3 g/L
0.1 - 0.5 mg/L
2 - 20 mg/L
0.2 - 10 mg/L
Serum/
Plasma
10 µL
30 - 3000 mg/L
0.01 - 1.0 µ/L
0.05 - 10 µg/L
0.1 - 10 µg/L
Serum/
Saliva
50 µL
Serum/
Plasma
80 µL
Serum/
~ 50 µL
0.1 - 50 µg/L
0.2 - 10 µg/L
0.4 - 20 µg/L
0.5 - 25 µg/L
1.0 - 50 µg/L
2.0 - 100 µg/L
3.0 - 3000 µg/L
2 - 25 µg/L
0.5 - 1.5 g/L
5 - 300 µg/L
95
Analytengruppe
Phospholipids
Endocannabinoids
Amino acids
Acylcarnitine
Eicosanoides
Parameter
Sphinganin-1-Phosphate
Sphingosine, Sphinganine
Phosphatidylcholine
Lysophosphatidylcholine
Arachidonoyl Ethanolamide,
Palmitoyl Ethanolamide
1-Arachidonoyl Glycerole,
2-Arachidonoyl Glycerole
Oleoyl Ethanolamide
Alanine, Valine, Leucin+Isoleucin,
Methionin
Phenylalanin, Tyrosin, Glutamic acid,
Proline, Threonine
Tryptophan, Histidin, Glycin,
Ornithine, Arginine, Citrullin
Acylcarnitine C3-C18:2OH, free
Carnitine, Acetylcarnitine
Propionylcarnitine, Malonylcarnitine,
Butyrylcarnitine
3-Hydroxy-Butyryl-Carnitine,
Isovalerylcarnitine, Tiglylcarnitine
2-Hydroxyisovalerylcarnitine,
Hexanoylcarnitine, Octanoylcarnitine
Octenoylcarnitine, Decanoylcarnitine,
Decenoylcarnitine
Methylmalonylcarnitine,
Glutarylcarntine, Dodecanoylcarnitine
3-Methylglutarylcarnitine,
Myristoylcarnitine,
Tetradecenoylcarnitine
3-Hydroxy-tetradecanoylcarnitine,
Palmitoylcarnitine
Hexadecenoylcarnitine,
3-Hexadecenoylcarnitine
3-Hydroxy-decanoylcarnitine,
Stearoylcarnitine
Octadecenoylcarnitine, HydroxyOctadec-1-enoylcarnitine
Hydroxy-Octadec-2-enoylcarnitine3Hydroxy-Octadecanoylcarnitine
6-Keto-Prostaglandin F1a, Prostaglandin F2a, E2, D2
Thromboxane B2, B3, 8-isoProstaglandin F2a, Lipoxin A4
Leukotriene B4,
5,6-Dihydroxyeicosatrienoic acid
5,6-Epoxyeicosatrienoic acid, 5-OxoEicosatetraenoic acid
5-Hydroxyeicosatetraenoic acid
5-Hydroperoxyeicosatetraenoic acid
11-Hydroxyeicosatetraenoic acid, 12Hydroxyeicosatetraenoic acid
Arachidonic acid
Probenmaterial
Plasma
Probenvolumen
Konzentration
sbereich
Serum/
Plasma
~ 50 µL
0.78 - 2.5 mg/L
0.08 - 1.5 mg/L
Serum/
Plasma
~ 50 µL
0.2 - 7 µg/L
0.5 - 50 mg/L
Dried
blood
spot
3.2 mm
0.03 - 25 mg/L
Plasma,
Urine
200 µL,
1 mL
10-1000 pg/mL
2000 ng/mL
96
Analytengruppe
Probenmaterial
Parameter
Eicosapentaenoic acid
Docosahexaenoic acid
Bile acids
Triacylglycerides
Apolipoproteins
Probenvolumen
Konzentration
sbereich
200 ng/mL
500 ng/mL
in progress
in progress
in progress
4.1.2
Klinische Chemie und Hämatologie
Von den insgesamt geplanten 30.000 Proben der LIFE-HEALTH-Kohorten und LIFEDISEASE-Kohorten wurden bisher 18.200 Proben entnommen und für die Probenanalyse
gemäß standardisierten Protokollen weiter prozessiert. Bis zum 15.04.14 wurden die in
Tabelle 11 dargestellten Laboruntersuchungen durchgeführt.
Tab. 11: Bestimmungen Klinische Chemie und Hämatologie der LIFE-Kohorten bis 15.04.14
Kohorte
Parameter
Blutbild
Elektrolyte
Leber-PankreasScreening
Nierenfunktionsdiagnostik
Kardiale Diagnostik
Lipidstoffwechsel
Glucosestoffwechsel
Eisenhaushalt
Vitamine
Knochenstoffwechsel
Endokrine Funktion
Schilddrüse
Inflammationsdiagnostik
Allergiediagnostik
Adult
Child
Heart
Head and Neck
Cancer
A1
A2 / B1 / B4a
B3
B7
8700
8700
8700
4100
4800
4600
3900
2400
3900
500
700
700
8700
3900
3900
500
8700
8700
7300
6800
6800
6700
6700
8700
8700
6800
3700
4900
4300
3500
4000
3700
2700
4900
4900
2700
3900
3900
3900
2400
2400
2400
/
2400
3900
/
500
700
200
200
200
700
200
700
700
200
Der Umfang dieser Untersuchungen konnte von ursprünglich 34 Analyten zu Projektbeginn
auf 70 verschiedene Parameter aus verschiedensten medizinischen Bereichen (Großes
Blutbild, Elektrolyte, Leber-Pankreas-Screening, Nierenfunktionsdiagnostik, Kardiale
Diagnostik, Eisenhaushalt, Lipid-, Glucose- sowie Knochenstoffwechsel, Endokrinologie,
Schilddrüsen-, Inflammations- sowie Autoantikörperdiagnostik) erweitert werden. Die Durchführung der in der Krankenversorgung bereits etablierten Untersuchungen erfolgt mit Hilfe
neuester Plattformen der klinisch-chemischen, hämatologischen, hämostaseologischen und
immunologischen Diagnostik in dem als Medizinisches Prüflabor (ISO 15189) akkreditierten
Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, ILM des
Universitätsklinikums (Direktor Prof. Dr. med. J. Thiery). Die qualitätsgesicherten Ergebnisse
(Dr. Christoph Weisbrich) werden seit Februar 2011 in die LIFE-Datenbank übertragen und
97
stehen somit späteren Auswerteprojekten zur Verfügung.Da die geplanten Rekrutierungszahlen noch nicht in allen Kohorten erreicht sind, ist die Analytik weiterer 11.800 Proben geplant.
4.1.3
Zytom-Analytik
Während der Pilotierungsphase (2010) wurden bereits 667 A1 Blutproben mit einem 10
Farben 13 Antikörperpanel mittels Hochdurchsatz Durchflusszytometrie erfolgreich gemessen. Die 667 Probanden sind nur unzureichend phänotypisch charakterisiert. Für diese
Fälle sind jedoch die Stammdaten vorhanden. Mit Hilfe der Daten über Geschlecht und Alter
der Probanden wurden geschlechts- und altersspezifische Normwerte für 16 Leukozytensubpopulationen erhoben. Die Auswertung erfolgte unter Verwendung der FCS 2.0
Datenfiles.
Im Zeitraum der Hauptstudie wurden weitere 219 A1 Blutproben (01.11.2011-19.03.2012)
sowie 422 Proben im Zeitraum 18.03.2013 bis 18.11.2013 (Altersverteilung: Abb.1,
Gatingstrategie und Diskriminierung von gesunden vs. auffälligen Probanden: Abb. …, Tab.
12) gemessen. Um die hohe Qualität der Messungen zu gewährleisten wurden tägliche
Fluoreszenzbeadmessungen durchgeführt, um die Stabilität des Instruments zu garantieren.
Die Präparation der Proben und Analyse wurde weitergehend optimiert um bessere Qualitätsstandards zu erreichen.
In einem Vortest wurden 25 der 641 Proben der Hauptstudie verwendet und mittels des
höher auflösenden FCS3.0-Datenfiles neue, detailliertere Auswertungsansätze entwickelt.
Die 641 Fälle sind im Vergleich zur Pilotierungsphase umfangreich phänotypisch
charakterisiert.
Das rechenzeit-aufwendige, manuelle Gating der 641 Fälle ist in Bearbeitung. Ziel ist die
Korrelation der Verteilung und Aktivierung verschiedener Leukozytensubpopulationen mit
Lebensstilfaktoren (z. B. BMI, Rauchverhalten, Alkoholkonsum), die aus der umfangreichen
Phänotypisierung gewonnen werden. Die Datenverarbeitung/Datenreduktion und Verknüpfung der Daten mit den Phänotypdaten und Derivaten ist in Bearbeitung.
Mit dem Ziel den Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Verteilung von verschiedenen
Leukozytensubpopulationen zu untersuchen wurden 422 Männer und Frauen mit einem 10
Farben 13 Antikörper Panel zytometrisch erfasst (Abb. 44).
A1 Cytomics Panel 1 Altersverteilung n = 422
30
Anzahl n
25
20
Männer (n -211)
Frauen (n -211)
15
10
5
0
18-19 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 ≥ 75
Altersklassen (Jahre)
98
Abb. 44: Altersverteilung der in die Cytomics-Messungen einbezogenen Probanden
Auf eine Gleichverteilung von Männern und Frauen zwischen 40 bis
≥ 75 Jahre wurde geachtet. Um eine möglichst vollständige Altersstruktur zu erfassen, wurden auch junge Erwachsene von 18-39 Jahren mit in die Studie eingeschlossen.
Zur Erhebung von Referenzwerten und zur Bestimmung von Lebensstilfaktoren, welche die
absolute Zellzahl und Aktivität von Leukozyten beeinflussen, wurden ausschließlich Daten
von Probanden mit unauffälligen Zytomen (Abb. 45, Beispiel in A) verwendet. Probanden mit
einem auffälligen Zytom (B und C) wurden von der Analyse ausgeschlossen.
1
2
3
A
B
C
Abb. 45: A1: Normalverteilung der 3 Hauptpopulationen Granulozyten, Monozyten und
Lymphozyten vs. B1: Überschuss an Lymphozyten vs. C1: Überschuss an Monozyten. A2:
Normalverteilung von CD3- Lymphozyten (B-Zellen CD3- , CD16/56-und NK-Zellen CD3-,
CD16/56+) und CD3+ Lymphozyten (T-Zellen CD3+- , CD16/56- und NKT-Zellen CD3+,
CD16/56+) vs. B2: Überschuss an B-Zellen [Hinweis auf Manifestation einer chronisch
lymphatischen B-Zell-Leukämie im Blut]. A3/C3 zeigt die Monozytenanalyse: Ausschluss von
CD8/14/19-, HLA-DR- Events vom CD45+, SSCmid Monozytengate.
99
Tabelle 12: Zusammenfassung der normalen (A) und abweichenden (B, C) prozentualen
Angaben der Leukozytensubpopulationen aus Abb. 45.
Granulozyten, %
Monozyten, %
Lymphozyten, %
CD3+ Lymphozyten, %
CD3- Lymphozyten, %
Fall A
71,55
6,74
21,44
29,71
70,33
Fall B
6,28
2,79
90,53
95,65
4,32
Fall C
51,23
34,01
14,86
26,74
73,56
Vom Normbereich abweichende Werte sind unterstrichen dargestellt. Im Fall B handelte es
sich um eine CLL, die auch durch weitere Laborbefunde bestätigt wurde. Im Fall C lagen die
Monozyten weit über den empfohlen Normalwerten. Als Normalwerte wurden für
Granulozyten 35-80 %, für Monozyten 2-14 % und für Lymphozyten 20-51 % festgelegt.
4.2 Biobank
Die Probenbank stellt ein zentrales Dienstleistungsmodul des LIFE-Projekts dar und trägt
wesentlich zu dessen Nachhaltigkeit bei. Eine Biobankstruktur war an der Universität Leipzig
bisher nicht vorhanden und musste, inklusive aller Arbeitsabläufe der Probenprozessierung
und Einlagerung, im Rahmen des Projekts C3 für LIFE völlig neu entwickelt werden.
Die Kryotechnologie für die Probenbank wurden Ende 2009 beschafft und nach Umbau
speziell für eine Biobank ausgelegter Räumlichkeiten im Sockelgeschosses des Studienzentrums der Medizinischen Fakultät in der Liebigstrasse 27 aufgestellt und in Betrieb genommen. Im Rahmen des LIFE-Projekts wurde Ende Februar 2011 mit der Pilotierung der
Probensammlung in den LIFE-HEALTH- und LIFE-DISESASE-Kohorten auch die Arbeit des
LIFE-Ambulanzlabors einschließlich der Einlagerung von Proben in die Probenbank aufgenommen. Es werden verschiedenste Probenmaterialien (Serum, Plasma, Urin, Plazentaund Nabelschnurgewebe, Vollblut, Nukleinsäuren, Blutzellen, Trockenblut, Muttermilch,
Haare) von Probanden aus den LIFE-HEALTH-Adult und LIFE-HEALTH-Child Kohorten
sowie Patienten (Adipositas), kardiovaskuläre Erkrankungen, psychische Auffälligkeiten bei
Kindern , Kopf-Hals-Tumore ) gesammelt und eingelagert. Hierbei ergeben sich durch die
unterschiedlichen Probenmaterialien auch unterschiedliche Anforderungen an die Art und
Weise der Prozessierung und Lagerung. Aus diesem Grund werden verschiedenste
Lagerungssysteme und Lagertemperaturen verwendet.
Im Rahmen des Projekts wurde folgender Probenfluss etabliert: Blutproben und Urin der
Probanden der Adult- und Child-Kohorten werden in den Ambulanzen gewonnen und treffen
je nach Material bis spätestens 60 Minuten nach Abnahme im Ambulanzlabor ein. Nach anschließender Zentrifugation eines Großteils der Proben im Ambulanzlabor werden die
flüssigen Bestandteile in Sekundärröhrchen überführt. Serum und Plasma werden anschließend durch einen Aliquotierroboter (DIVA-System) in Straws zu je 0,3 bzw. 0,5 ml abgefüllt, hermetisch versiegelt und bei -80 °C zwischengelagert. Nach anschließendem
Transport bei auf Trockeneis zur Biobank, werden die tiefgefrorenen Straws in einer tiefgekühlten Arbeitsbank (kleiner -100 °C) für die Einlagerung vorsortiert. Die sortierten Straws
werden in mit flüssigem Stickstoff gekühlten Dewargefäßen in die Kühltürme eingeschleust,
und dort an einem vorher zugewiesenen Lagerort eingelagert. Durch dieses Vorgehen ist die
bestmögliche Probenqualität gewährleistet. Erste noch unpublizierte Vorversuche konnten
100
belegen, dass diese innovative Lagerung bei tiefsten Temperaturen mit einer durchgängigen
Kühlkette bei Temperaturen unter -100°C die Stabilität einiger Analyten gegenüber der konventionellen Lagerung bei -80 °C bzw. -20 °C signifikant erhöht. Neben der Einlagerung in
Kunststoffhalmen, erfolgt auch die Lagerung in Kryoröhrchen. Hierbei werden 1 – 2 ml Urin
bzw. Serum manuell abgefüllt und bei – 80 °C eingelagert. Auch hier erfolgt der Transport
auf Trockeneis und die Endlagerung in Ultratiefkühlschränken der Biobank im Studienzentrum. Die Anzahl der bis zum 30.04.2014 produzierten Straws und gefüllten Köcher kann
aus Tabelle 13 entnommen werden. Das Zusammenspiel aus standardisierten Arbeitsabläufen und Unterstützung durch Aliquotierroboter ermöglichen es, eine gleichbleibend
hohe und vergleichbare Probenqualität zu erreichen.
Aus EDTA-Vollblut wird im Ambulanzlabor Trockenblut gewonnen und für spätere Analysen
dauerhaft bei -80°C eingefroren. Zusätzlich wird aus den EDTA-Röhrchen, nach kurzzeitiger
Zwischenlagerung bei 4°C, DNA mit dem Autopure LS – DNA-Isolationsroboter isoliert (Anzahl s. Tabelle 13). Die so gewonnene DNA wird in 2D-barcodierte, 1 ml fassende Gefäße
portioniert und bei -80 °C eingelagert. Neben der Isolation und Lagerung von DNA ist auch
die Isolation von RNA für spätere Expressionsuntersuchungen von großer Bedeutung. Das
für die RNA-Isolation stabilisierte Vollblut (Tempus-System) wird bis zur Isolation
(mindestens 50 Monate Haltbarkeit garantiert) bei -80 °C gelagert. Die RNA-Isolation kann
somit zu einem späteren Zeitpunkt im Batch durchgeführt werden. Mit der Sammlung von
stabilisiertem Vollblut wurde am 15.05.2012 begonnen. Bis einschließlich 30.04.2014
konnten bereits 30.999 Proben asserviert werden.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Projekts ist die Etablierung geeigneter Techniken
für die Zellpräparation und Kryokonservierung von Zellen. Hierfür wurden Methoden zum
Einfrieren von Zellen getestet. In diesem Zusammenhang ist entscheidend, dass die Zellen
nach dem Einfrierprozess mit möglichst hoher Ausbeute lebensfähig wieder aufgetaut
werden können. In der zurückliegenden Förderphase wurden erste Protokolle entwickelt, getestet und an die bestehenden Gegebenheiten adaptiert. Mit der Sammlung der peripheren
mononukleären Blutzellenzellen (PBMCs) wurde am 06.06.2012 begonnen. Bis einschließlich 30.04.2014 konnten 29.253 Proben asserviert und in die Gasphase flüssigen Stickstoffs
eingelagert werden. In diesem Zusammenhang konnte auch die Immortalisierung von Zellen
in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie getestet und
etabliert werden.
Tabelle 13: Übersicht der Anzahl der bis zum 30.04.2014 produzierten Straws, gefüllten
Köcher, durchgeführten DNA-Isolation, gesammelten Tempus und isolierten Aliquots an
peripheren mononukleären Blutzellen (PBMCs)
Kohorte
A1-oGTT
A2-Eltern-12C
A2-Mutter-12C
A2-Geburt-12
A2-3M-12
A2-6M-12
A2-1J-12
A2-3J-12C
A2-6J-12C
Straws
250479
29939
12440
2811
478
695
4422
1543
1636
Köcher
17644
2203
1005
224
40
56
280
131
136
DNA-Isolationen
6999
2145
645
238
132
146
566
163
139
Tempus
13343
1350
346
0
0
0
113
148
141
PBMCs
12677
1219
82
0
0
0
2
133
132
101
A2-8J-12C
A2-Schwangere-12C
B1-A2-oGTT
B1-O-oGTT
B3-AMI
B3-HSS
B3-LE-HEART
B4a-Fall-KJP
B7-Initial
Summe
25267
6910
4831
6728
6590
7299
6345
2713
10631
381757
2098
570
335
475
658
507
496
213
629
27700
1720
288
219
310
566
342
456
305
608
15987
850
295
118
150
4376
2486
6892
0
391
30999
789
213
107
145
4376
2486
6892
0
0
29253
Der immer weiter steigenden Probanden- und Probenzahl konnte durch eine bereits durchgeführte Erweiterung der Biobank begegnet werden. So wurden 2013 für die Lagerung in der
Gasphase flüssigen Stickstoffs neben den 2009 beschafften 5 HS102 der Firma Askion
sechs Lagersysteme HS200 installiert. Der Hauptvorteil dieser neuen Lagereinheiten besteht
in einer möglichen Teilautomatisierung des Systems und somit in der Möglichkeit der Einsparung von Personalkapazitäten und im unterbinden möglicher menschlicher Fehler.
Außerdem konnten 2013 ebenso 3 weitere Ultratiefkühlschränke für die Lagerung bei –80
°C erworben werden. Mit dieser Erweiterung wurden allerdings die räumlichen Kapazitäten
komplett erschöpft. Aus diesem Grund werden ab Anfang Juni diesen Jahres neue Räumlichkeiten für die Erweiterung der Biobank ausgebaut. Damit bietet sich die Möglichkeit bis zu
5 weitere Ultratiefkühlschränke und bis zu 4 weitere Lagersysteme und eine weitere kühlbare
Arbeitsbank für die Lagerung von Proben in der Gasphase flüssigen Stickstoff aufzustellen.
Neben der Einlagerung von Bioproben konnten in den letzten Jahren auch Proben erfolgreich wieder aus der Biobank ausgelagert werden. Bei Vorversuchen zur Auslagerung in der
Gasphase flüssigen Stickstoffs eingelagerter Proben zeigte sich, dass die HS200 auch im
Handling den HS102 überlegen waren, was zu einer Zeitreduktion von ca. 30 % bei der Auslagerung von Einzelproben führt (s. Tabelle 14). Diese Vorversuche verdeutlichten allerdings
auch den immensen Zeitaufwand für die Auslagerung von Proben bei der Gasphasenlagerung.
Tabelle 14: Ergebnisse Vorversuche Auslagerung von Proben aus der Gasphase flüssigen
Stickstoffs mit HS102 und HS200
Tätigkeit
Einschleusen leerer
Köcher
Suchen der Straws
und Entnahme
Ausschleusen und
Einlagern in die
Workbench
Durchschnittlich je
Straw bei HS200
Durchschnittlich je
Straw bei HS102
0:00:05
0:00:09
0:00:52
0:01:13
0:00:04
0:00:09
0:01:01
0:01:30
Im Berichtszeitraum wurden Genotypisierungsprojekte der Adult- und Child-Kohorten durchgeführt und begonnen. Die Biobank konnte durch schnelle Bereitstellung der Materialien zum
Erfolg dieser Projekte beitragen.
102
Als wichtiges Bindeglied zwischen Ambulanz und Labor ist eine gut funktionierende IT unerlässlich. In Kooperation mit dem Projekt IT/Biometrie konnte die entsprechende Software,
die in dieser Weise bisher nicht auf dem Markt erhältlich ist, von einem Softwareentwickler
programmiert werden. In diesem Bereich konnte die Verknüpfung von LIFE-Ambulanz und
LIFE-Ambulanzlabor gewährleistet werden. Des Weiteren ist eine lückenlose Nachverfolgung
jeder Probe vom Zeitpunkt der Abnahme im Ambulanzlabor, über die Probenprozessierung
(mit dem DIVA-Aliquotier-Roboter) und die Zwischenlagerung bei -80 °C bis zur endgültigen
Einlagerung im Kühlturm bzw. bei der jeweils benötigten Temperatur gegeben. Weitere
Optimierungen der Programmierung wurden vorgenommen und laufen weiter. Dabei wurde
auch den kritischen sicherheitstechnischen, datenschutzrechtlichen und analytischen Erfordernissen Rechnung getragen.
Im Berichtszeitraum gab es mehrere relevante Ereignisse. Neben dem Weggang von für das
Projekt prägenden Personen wie Prof. Dr. med. Daniel Teupser und Dr. med. Johannes
Zander wurde der Umzug vom provisorischen Ambulanzlabor im Westflügel des „Roten
Hauses“ in den Ostflügel mit einiger Verzögerung realisiert. Die Stelle von Dr. med.
Johannes Zander als Gesamtverantwortlichen für die Laboranalytik-Projekte wurde nach 6,5
monatiger Vakanz durch Julia Stäker besetzt. Durch die Verzögerungen bei Umbau des Ostflügels des „Roten Hauses“ kam es zu einer Unterrekrutierung in den Ambulanzen. Diese
konnte, nach dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten, aufgeholt werden.
Durch den verschobenen Start in der Rekrutierung der Probanden/Patienten ins LIFE-Projekt
hat sich auch der Zeitpunkt des Beginns der Einlagerung von Proben in die Biobank verlagert. Während der Pilotierungsphase wurden bereits Proben von 5 bis 15 Probanden pro
Tag prozessiert. Nach dem Umzug in den Ostflügel konnte die Anzahl der durchschnittlichen
Probanden je Tag auf bis zu 50 erhöht werden Die Finanzierung wurde dem verzögerten
Beginn der Rekrutierungsphase angepasst. Um dem veränderten Zeitplan Rechnung zu
tragen und zusätzlich Kosten zu sparen, wurden in einzelnen Bereichen die Mittel zur
Finanzierung verzögert abgerufen.
4.3
Genom- und Transkriptomanalytik
Das Teilprojekt Genom- und Transkriptomanalytik ist für die molekulargenetische
Charakterisierung der LIFE-Probanden zuständig. Die Arbeiten des Moduls umfassen hierbei
die Probenaufarbeitung zur Gewinnung von Nukleinsäuren (DNA und RNA) aus Vollblut, die
Durchführung von genomweiten Transkriptom- und Genomuntersuchungen, die Validierung
von Genregionen bzw. Genvarianten mittels Tiefensequenzierung, quantitativer RT-PCR und
Genotypisierung von Single Nucleotide Polymorphismen (SNP), sowie die Aliquotierung und
Einlagerung der Proben in die Biobank. Die in den Bereichen erzielten Ergebnisse sollen im
Folgenden dargestellt werden.
Nukleinsäureaufreinigung (DNA, RNA)
Unter Verwendung des DNA Isolationsgerätes Autopure der Firma Qiagen werden hoch
standardisiert Nukleinsäuren aus Vollblut (maximales Volumen 10 ml) von allen Probanden
der LIFE Kohorten extrahiert. Durch vorangegangene Optimierung der Arbeitsschritte und
des Isolationsprotokolls konnte der Durchsatz auf 48 Proben pro Tag gesteigert werden. Die
Erhöhung des maximalen täglichen Probendurchsatzes war notwendig, um eine zeitnahe
103
Isolation der DNA bei gestiegener Probandenzahl (das Rekrutierungsvolumen hat nach Inbetriebnahme der neuen Studienambulanz im Berichtszeitraum signifikant zugenommen) zu
gewährleisten. Im Jahr 2013 wurde DNA von 8.072 Probanden auf dem Autopure Gerät
isoliert und die isolierte DNA in der Biobank eingelagert bzw. für nachfolgende Untersuchungen prozessiert. Dies entspricht einer Steigerung von 42% im Vergleich zum Jahr
2012 (Isolationen 2012: 5.690). Zusätzlich wurden 60 DNA Isolationen aus Nabelschnurblutproben der LIFE Child Geburtskohorte manuell durchgeführt. Aufgrund ihrer besonderen Zusammensetzung sind die Nabelschnurblutproben nicht für die automatisierte DNA Extraktion
am Autopure Gerät geeignet und müssen nach einem von uns etablierten Protokoll separat
bearbeitet werden. Zusammenfassend verläuft die DNA Isolation aus Blutproben aller LIFE
Kohorten weitestgehend automatisiert und ein reibungsloser Ablauf ist auch nach Erhöhung
der Rekrutierungszahlen seit Bezug der neuen Ambulanzräume gewährleistet. Seit Beginn
des Projektes wurde aus insgesamt 23.769 Blutproben DNA isoliert (Stand: 30.04.2014).
Tabelle 15 zeigt die Verteilung der in LIFE vorhandenen DNA Proben auf die einzelnen Kohorten.
Tab.15: Übersicht der im LIFE Studienzentrum gewonnenen DNA Proben (30.04.2014)
Kohorte
LIFE A1
LIFE A2 (Kinder und Eltern)
LIFE B1
LIFE B3
LIFE B4A
LIFE B7
Anzahl der DNA Proben
8.237
7.093
570
6.877
384
608
Zur nachfolgenden Bestimmung von Genexpressionsprofilen bzw. zur Analyse der Expression einzelner Kandidatengene werden RNA Isolationen aus Vollblutproben der LIFE
Probanden durchgeführt. Die Verwendung spezieller Probenröhrchen (Tempus Tubes – Life
Technologies) zur Stabilisierung der RNA, sowie die Optimierung der RNA-Aufreinigung
(Norgen I Kit) wurden ausgiebig in der vorangegangenen Berichtsperiode evaluiert. Im
Gegensatz zur Aufreinigung von DNA erfolgt die Aufreinigung von RNA nicht automatisiert
und ist somit mit einem höheren manuellen Arbeitsaufwand verbunden. Im Berichtszeitraum
wurde die Isolation von RNA aus Blutzellen der LIFE Kohorten A1, B3 und B7 durchgeführt.
Hierbei wurden vorrangig Proben der A1 Kohorte prozessiert, da bei diesen Probanden
parallel die Erstellung von genomweiten Expressionsprofilen erfolgte (siehe unten). Die im
Jahr 2013 durchgeführten RNA Isolationen umfassten 3500 Proben der A1 Kohorte, 1.200
Proben der B3 Kohorte, sowie 379 Proben der B7 Kohorte. Insgesamt liegen gegenwärtig
isolierte RNA Proben von 8.500 Probanden vor. Aktuell erfolgt die Aufarbeitung der RNA aus
den Kinderkohorten.
Array-basierte Genom- und Transkriptomuntersuchungen
Im Rahmen dieses Projektteils soll eine möglichst große Zahl von LIFE Probanden aus verschiedenen Kohorten mit Hilfe genomweiter SNP Arrays und Expressionsarrays
charakterisiert werden. In Vorarbeiten der vorangehenden Berichtsperiode wurde bereits
104
eine Kohorte von 3.000 Probanden des Moduls LIFE Disease B3 mit unterschiedlich ausgeprägter koronarer Herzerkrankung molekulargenetisch analysiert. In diese Kohorte sind
Patienten eingeschlossen, die mit dem klinischen Verdacht auf koronare Herzerkrankung zur
Erst-Herzkatheteruntersuchung in das Herzzentrum eingewiesen werden. Nach unserer
Kenntnis gibt es weiterhin keine vergleichbar große Kohorte von Patienten mit koronarer
Herzerkrankung bei der gleichzeitig RNA und DNA für Arrayuntersuchungen verfügbar ist.
Damit läßt sich der ganzheitliche Ansatz, genetische Variationen in DNA Proben direkt in
Beziehung zur Geneexpression am Lokus der Variation zu stellen, erstmals in Studien mit
größerem Umfang verwirklichen. Die sehr aufwendigen statistischen Auswertungen der
Genetischen Assoziations- und Expressionsdaten wurden von der Arbeitsgruppe der LIFE
W2 Professur „Genetische Statistik“ (Prof. Markus Scholz) innerhalb des letzten Jahres
durchgeführt. Hier erfolgte auch eine kombinierte Analyse der Daten aus genomweiter
Assoziation und genomweiter Expression. Dies wird auch als Expressions Kopplunganalyse
(engl.: expression Quantitative Trait Locus Mapping, kurz: eQTL) bezeichnet. Erste Ergebnisse dieser Arbeiten wurden zur Veröffentlichung eingereicht und befinden sich gegenwärtig
in der Begutachtung.
Aufgrund der der niedrigeren Rekrutierungsraten der LIFE Hauptkohorten bis zum Umzug in
die neuen Ambulanzräume, wurde mit den genomweiten Untersuchungen dieser Kohorten
erst im letzten Jahr begonnen. Die Prozessierung der Proben sollte hierbei blockweise ( im
„batch“) erfolgen, um mögliche Chargen- / Reagenz-abhängige Variationen gering zu halten.
Im Jahr 2013 wurden zunächst 3.515 Probanden der LIFE-Adult-Kohorte auf der Affymetrix
Gene Titan Plattform genotypisiert. Parallel wurden DNA Proben dieser Probanden auf
Mikrotiterplatten im 384-Loch Format aufgetragen, um nachfolgende Replikationsstudien
durchführen zu können. Die genomweite Genotypisierung der A1 Kohorte wurde im August
2013 abgeschlossen. Nach anschließender stringenter Qualitätskontrolle und Datenaufarbeitung durch die Arbeitsgruppe von Prof. Scholz stehen die Ergebnisse nun seit Jahresanfang für weiterführende Auswertungen den Arbeitsgruppen des LIFE Forschungszentrums
zur Verfügung. Parallel zur SNP Analytik wurde in der LIFE Adult Kohorte auch die Messung
genomweiter Expressionsprofile mit dem Illumina HT-12 Array im Vollblut durchgeführt. Bis
zum Februar 2014 konnte die Transkriptomanalytik der 3.500 Probanden der Adult-Kohorte
abgeschlossen werden. Somit stehen den Wissenschaftlern des LIFE Forschungszentrum
nun erstmals genomweite Profile für Genvarianten und Genexpression eines großen, sehr
umfangreich charakterisierten Probandenkollektivs der Normalbevölkerung zur Verfügung.
Weiterhin wurde im Jahr 2013 die Genotypisierung eines zweiten, neu rekrutierten Teils der
LIFE-Herz-Kohorte, welcher überwiegend aus Patienten mit einem akuten Myokardinfarkt
besteht, begonnen. Insgesamt wurden 3000 Probanden aus dieser Kohorte mit genomweiten
SNP- und Expressionsarrays untersucht. Die SNP-Genotypisierungen der 3.000 Probanden
wurden im September 2013 begonnen und konnten im April 2014 abgeschlossen werden.
Die Expressionsarrays an RNA aus Blutzellen dieser Probanden wurden im März 2014 begonnen und befinden sich aktuell in Bearbeitung.
Analyse und Validierung von Kandidatengenregionen
In
Kooperation
mit
Wissenschaftlern
aus
LIFE-Function-Projekten
wurden
Genotypisierungen von ausgewählten Kandidaten-SNPs durchgeführt. Diese Untersuchungen beinhalteten die Bestimmung des Apolipoprotein E (Apo E)-Genotyps bei 2.222
105
Probanden der LIFE-Adult-Kohorte, um dessen Einfluss auf neuropsychologische Phänotypen zu analysieren (Kooperation mit Dr. Tobias Luck und Frau Prof. Steffi Riedel-Heller).
Des Weiteren erfolgte die Genotypisierung von 128 SNPs in 927 Probanden der Adult Kohorte, um deren Assoziation mit Endophänotypen psychiatrischer Erkrankungen zu prüfen
(Kooperation mit Herrn Dr. Tilmann Hensch). Erste Ergebnisse aus beiden Projekten wurden
unter Beteiligung von Wissenschaftlern des Projekts zur Publikation eingereicht und befinden
sich gegenwärtig in der Begutachtung.
5.
LIFE-Datenmanagement und Forschungsdatenbank
Dieser Teil des Berichts wurde von Dr. Thoralf Kirsten und dem Team der LIFE-IT-Gruppe,
unter Mitarbeit von Dipl.-Psych. Andreas Hiemisch unter der Projektleitung von Prof. Dr.
Markus Löffler verfasst. Zum Aufbau der LIFE-Forschungsdatenbank und zur grundlagenden
Programmierungsarbeiten sei auf den Bericht zur Evaluierung des LIFEForschungszentrums vom Februar 2012 verwiesen.
Datenerfassung mit Lime Survey und Teleform
Seit Beginn des LIFE-Projektes werden die Software-Applikationen Lime Survey zur OnlineDateneingabe und Teleform zur Elektronifizierung von paper&pencil-Befragungen eingesetzt.
In Lime Survey wurden im Berichtszeitraum Eingabeoberflächen für neu in das LIFEProgramm aufgenommene Untersuchungen und Befragungsinstrumente erstellt, getestet
und produktiv gestellt. Darüber hinaus wurden viele Eingabeoberflächen erweitert, verbessert und vervollkommnet. Hierunter fällt beispielsweise eine große Menge von Spezialversionen von Befragungsinstrumenten, die ausschließlich zur Datennacherfassung zur Anwendung kommen. Diese Versionen unterschieden sich von den „Normal“-Versionen
dadurch, dass sie keine Pflichtfragen beinhalten. Somit lassen sich alle Daten eines
Instruments (z. B. aus den Patientenakten) erfassen, selbst wenn Antworten für Pflichtfragen
fehlen. Ebenso wie mit Lime Survey wurden mit Teleform neue Versionen von Befragungsinstrumenten umgesetzt, um sie an aktuelle Anforderungen anzupassen.
So erfolgte bei allen Teleform-Instrumenten 2013 zudem eine Überarbeitung hinsichtlich der
Aufnahme von Prolog-Parametern (u. a. wissenschaftliche Gruppe), was eine schnellere
Identifizierung und Gruppierung der Daten verschiedener Besuchszeitpunkte erlaubt.
Eine ressourcen- und zeitlich umfangreiche Aufgabe wurde im Berichtszeitraum mit der
Nacherfassung von Daten vollzogen, die aus verschiedensten Gründen noch nicht
elektronisch verfügbar waren. Dazu zählen Daten, die in IT-Havariefällen in Papierform erhoben wurden sowie Fragebögen, für die die Eingabemasken erst nachträglich erstellt
wurden.
Mapping als Grundlage für Datenaufbereitung und Qualitätssicherung
Sofern im Rahmen des Untersuchungsparcours bei LIFE neue Assessments in das Untersuchungsprogramm integriert werden, beziehungsweise aufgrund neuer Entwicklungen eine
Änderung der bestehenden Instrumente erforderlich erscheint, bedarf es einer Erstellung und
Modifikation der zugehörigen CRF’s und Fragebogen-Assessments. Zudem besteht oftmals
die Notwendigkeit, identische Versionen für die unterschiedlichen Ziel- und Altersgruppen zu
konzipieren, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. So werden beispielweise diverse
Themenbereiche, wie das Freizeitverhalten, die Mediennutzung, oder auch der sozioöko106
nomische Status sowohl bei den Kindern und Jugendlichen als auch bei deren Eltern bzw.
Erziehungsberechtigten eingesetzt. Der Inhalt der Items ist identisch, die Semantik der
Fragen jedoch dem Alter des Teilnehmers entsprechend formuliert.
Um eine Vergleichbarkeit der Daten zu erreichen und eine valide statistische Auswertung zu
ermöglichen, müssen die neu erstellten, modifizierten und semantisch divergenten Erhebungsinstrumente verknüpft und zusammengeführt werden. Hierfür werden entsprechende Mappingtabellen bereitgestellt, die alle Variablen der differierenden Versionen
der Erhebungsinstrumente beinhalten. Im Rahmen des Mappings wird zunächst überprüft,
ob sich die Fragen inhaltlich unterscheiden oder identisch sind. Sofern Abweichungen in der
Fragestellung erkennbar sind, muss kontrolliert werden, ob diese Items noch die gleichen
Antworten entsprechen. Ist dies nicht der Fall, so findet im weiteren Mappingprozess eine
getrennte Betrachtung der entsprechenden Fragen statt. Im Anschluss an die Kontrolle der
Fragestellungen, müssen in einem nächsten Schritt die Antwortvorgaben auf deren
Konsistenz überprüft werden. Sofern die Kodierungen der Antwortvorgaben über die
Versionen nicht richtig abgebildet werden, bedarf es einer Änderung und Anpassung der
fehlerhaften Kodierungen. Diese Konvergenz in den Items und Antwortcodes ist für die
spätere statistische Auswertung unerlässlich. Zusätzlich können im Rahmen des Mappingprozesses Eingaben, die aufgrund des zugrundeliegenden Formats, nicht in die Forschungsdatenbank integriert werden können, identifiziert werden und durch die Definition von Transformationsregeln in das notwendige Format übertragen werden.
Nicht zuletzt werden als Ergebnis des Mappingprozesses die Annotationen (annotated
CRFs) erstellt, die für die weitere Datenaufbereitung als auch für die eigentlich statistische
Auswertung der Erhebungsdaten von elementarer Bedeutung sind.
Den Mappingprozess müssen alle Assessments durchlaufen. Im Berichtszeitraum wurden im
LIFE Child Projekt 243 Assessments mit jeweils durchschnittlich 4 Versionen „gemappt“. Die
Dauer eines Mappings ist abhängig von dem Umfang eines Assessments und der Zahl der
zugehörigen Versionen. Durchschnittlich wurden 28 Minuten pro Assessment benötigt. Das
Mapping wird fortlaufend angewendet.
Datenkontrolle
Mit der vermehrten Eingabe von Daten sowie ersten vorläufigen Auswertungen wurde ein
neuartiges Konzept zur Datenkontrolle erarbeitet und umgesetzt. Mit ihm wird eine stetig
hohe Datenqualität gewährleistet. Das Konzept beinhaltet einen technischen Teil und die
epidemiologischen Datenkontrolle. Der technische Teil umfasst mehrere Kontrollen der erfassten Rohdaten und davon abhängig evtl. Korrekturen, die vermehrt manuell ausgeführt
werden, um möglichst viele Daten in die nachträglichen Auswertungen einzuschließen. Zu
diesen Kontrollen zählen der korrekte Abschluss von Befragungen, die unter Nutzung der
Software Lime Survey durchgeführt wurden, ebenso wie die Berichtigung von Transformationsfehlern, die beim Laden der Daten aus den jeweiligen Eingabesystemen und zur
Verfügung gestellten Datenquellen in die Forschungsdatenbank auftreten können. Darüber
hinaus wird stetig nach Duplikaten gesucht und im Einvernehmen mit den verantwortlichen
Wissenschaftlern bereinigt.
Im Gegensatz zur technischen Kontrolle fokussiert die epidemiologische Datenkontrolle auf
die Feststellung, Dokumentation und ggfs. Korrektur von fehlerhaften Werten bzw. Ausreißern. Dazu werden unter Nutzung von speziellen Programmen die Konsistenz und die
107
inhaltliche Validität der Daten regelmäßig überprüft. Das jeweilige Konzept sowie dessen
programmtechnische Umsetzung, das zentralisiert von der LIFE-Biometrie koordiniert wird,
erfolgt durch die verantwortlichen Wissenschaftler.
Das Datenmanagement umfasst die technische und inhaltliche Datenaufbereitung.
Abb: 46: Ablauf der Datenaufbereitung und –bereitstellung nach Beantragung durch die
auswertende Arbeitsgruppe
Die technische Datenkontrolle beinhaltet drei Korrekturschritte. Beim ersten Schritt werden
Datensätze die nicht an die Forschungsdatenbank übermittelt wurden auf möglichen Inhalt
überprüft. Beinhaltet ein solcher Datensatz Informationen, wird dieser an die Forschungsdatenbank weitergeleitet. Im zweiten Schritt werden Datensätze die von der Forschungsdatenbank abgelehnt werden auf so genannte Transformationsfehler überprüft. Transformationsfehler sind in der Regel Formatierungsfehler die durch Fehler im Mappingprozess
entstehen. Solche „Falscheingaben“ müssen in die richtige Formatierung überführt werden
und der Mappingprozess wird korrigiert. Im letzten Schritt der technischen Datenkontrolle
wird in der Forschungsdatenbank nach Duplikaten gesucht. Duplikate sind zwei oder mehr
Datensätze in einem Assessment, die das gleiche Erhebungsdatum, die gleiche Probandennummer und evtl. den gleichen Inhalt aufweisen. Es gilt zu prüfen, welcher Datensatz der
Erhebung entspricht. Die „falschen“ Datensätze werden aus der Forschungsdatenbank entfernt.
Nach der technischen Aufbereitung der Daten folgt die inhaltliche (epidemiologische)
Kontrolle der Informationen in den Datensätzen. Experten legen hierzu so genannte
Toleranzbereiche fest, in denen die erhobenen Daten plausibel erscheinen. Daraufhin
werden IT-basierte Routinen programmiert, welche alle Datensätze auf die definierte
Plausibilität prüft.
Da der Datenaufbereitungsprozess und die Programmierung der Routinen werden im Jahr
2014 weitegehend abgeschlossen sein.
Probenabnahme, -verfolgung und -lagerung mit CryoLab
In den zurückliegenden Berichtsperioden wurden die fundamentalen Funktionalitäten des
CryoLab-Systems aufgebaut. Dieses moderne Laborinformations- und Managementsystem
(LIMS) dient primär der Steuerung sowie der Dokumentation der Probenabnahme in den an108
gebundenen Ambulanzen und Kliniken sowie der Probenverfolgung von der Abnahme bis
zur Analyse und Lagerung.
Im Jahr 2013 wurden vermehrt Erweiterungen und Anpassungen an veränderte Rahmenbedingungen durchgeführt. Insbesondere wurden zur Lagerung von FluidX-Aliquots neue
Funktionalitäten notwendig, um die Röhrchen mit entsprechenden 2D-Barcodes zu versehen. Dies umfasst sowohl die Verwaltung der Barcodes in gesonderten Profilen sowie den
Druck der Barcodes, so dass die Druckseiten möglichst optimal genutzt werden. Darüber
hinaus wurden neue Lagerungsprofile zur Bestückung von 96er-Lagerungsboxen notwendig,
in die die Straws zur gekühlten Lagerung eingeordnet werden. Ferner wurden Anpassungen
bzgl. der Lagerung von Straws in den neu angeschafften Kühltürmen HS200 notwendig, die
im Wesentlichen darin bestanden, das verwendete Lagersystem und –format zu adaptieren.
Eine weitere umfangreiche Aufgabe bestand in der Konzeption und Implementierung der Befunddatenbank. Diese Software-Applikation verwaltet die aus dem Direktlabor übermittelten
Befunde zu den LIFE-Proben. Diese Befunddatenbank ist die Voraussetzung für die Übernahme der Befunddaten in die Forschungsdatenbank.
Für die nächste Berichtsperiode sind die automatisierte Befundrückübermittlung sowie die
Hinzufügung weiterer Funktionalitäten geplant.
Bereitstellung von Daten für spezifizierte Auswerteprojekte
Die Bereitstellung von Forschungsdaten in LIFE basiert auf einem etablierten Prozess, in
dem das Datenmanagement als zentrale Treuhandstelle fungiert. Es findet eine enge Interaktion mit den Antragstellern, der Biometrie und IT statt. Besprochen und aktiviert werden
alle Projektvorhaben in einem monatlichen stattfindenden Task Force Meeting, bei dem
jeweils ein Vertreter der IT und des Datenmanagements mit anwesend sind.
Die Funktionalität der für die Herausgabe von Forschungsdaten eigenentwickelten Tools
LifeOntoConverter und LifeOntoSqlExporter konnte wesentlich erweitert werden. Zu nennen
sind vor allem die Einführung unterschiedlicher Verknüpfungsoptionen (Joins nach wiss.
Gruppe, Datum, Labor Sampling ID) verschiedener DQPs (Datentabellen), die Einschränkung der Probandenmenge nach wissenschaftlicher Gruppierung und die automatische Erstellung der Reports für den LIFE-Reporter. Zudem wurden die Tools hinsichtlich
ihrer Benutzerfreundlichkeit optimiert.
Alle Forschungsdaten werden nach Export aus dem LIFE-Reporter vom Datenmanagement
im xls.- oder csv.-Format ausgegeben. Zusammen mit den Daten werden aCRFs (annotated
Case Report Forms) ausgereicht, die grundlegend überarbeitet und in kohortenspezifischen
Studienhandbüchern zusammengefasst wurden. Eine weitere Neuerung stellt die zusätzliche
Ausreichung von SPSS-Skripten dar, mit denen sich die Variableneigenschaften und Codes
bequem in SPSS einspielen lassen.
Bislang wurden in LIFE über 150 Auswertungsprojekte registriert; für über 50 Projekte
wurden 2013 Daten ausgegeben. Die 2. Interim Analyse der LIFE-ADULT-Kohorte war mit
ca. 250 DQP-Datensätzen von über 4.000 Probanden die mit Abstand umfangreichste
Datenbereitstellung im Berichtszeitraum.
Schulungen
Im Berichtszeitraum wurde der Lehrgang „Datenanalyse für LIFE-Mitarbeiter“ konzipiert und
eingeführt. Dieses mehrtägige Tutorial richtet sich an Doktoranden, Studierende und weitere
109
Interessenten die planen, ein wissenschaftliches Projekt in LIFE zu bearbeiten, um bspw.
ihre Abschlussarbeit anzufertigen. Neben einen Überblicksteil zum LIFE-Forschungszentrum
mit seinen grundlegenden Abläufen und Regularien beinhaltet die Schulung einen umfangreichen Praxisteil mit Übungen am PC zu Zusammenfassung von Datentabellen, Datenkontrolle sowie statistische Datenanalyse mit SPSS. Von Beginn an wurde dieses
Schulungsangebot sehr gut angenommen und wird mittlerweile regelmäßig in 3-monatigen
Abständen durchgeführt.
Dateneinsichtnahme und -export mit dem Reporter-System
In den vergangenen Berichtsperioden wurde das Reporter-System zur Generierung von
tabellarischen Berichten konzipiert und umgesetzt. In der aktuellen Berichtsperiode wurden
viele neue Reports hinzugefügt. Diese Reports dienen einerseits der Qualitätssicherung der
laufenden Prozesse in Ambulanz und Datenkontrolle. So wurden
u. a. Reports bereitgestellt, mit denen nicht korrekt abgeschlossene Befragungen und
Duplikate identifiziert werden können; andere dienen der Aufdeckung von nicht anwendbaren
Kurationen, während wiederum andere Reports die Häufigkeiten von Teilnahmen und Teilnehmern je Befragungsinstrument und Untersuchung wiedergeben. Andererseits wird das
Reporter-System zur Datenbereitstellung verwendet und dient damit als Abfrage- und Export-Tool für die Daten der Forschungsdatenbank.
In der nächsten Berichtsperiode wird die Reporter-Applikation derart erweitert, dass der Zugriff auf Funktionen und Daten benutzerspezifisch eingestellt werden kann. Damit einhergehend soll die Software-Applikation einem breiteren Benutzerkreis zugänglich gemacht
werden, um die Prozesse des Datenexports und –zugriffs zu entkoppeln.
LIFE-Forschungsdatenbank
In den vorangegangenen Berichtsperioden wurden die fundamentalen Funktionen der
Forschungsdatenbank etabliert. Dazu zählen neben dem Laden der Daten aus verschiedenen Quellsystemen auch die Transformation der Daten, um bspw. spezifischen Zielformaten (z. B. Zahl, Datum, Text) und notwendigen Datentransformationen unter Nutzung
des globalen Metadaten-Repositories Rechnung zu tragen. Damit war es möglich, Daten
eines Instruments aus verschiedenen Quellsystemen und Versionen zu harmonisieren, so
dass diese zusammenhängend herausgegeben werden konnten.
Es wurden die Funktionalitäten und Prozesse der Forschungsdatenbank in mehrfacher Hinsicht erweitert. Das initiale Set an Instrumenten, deren Daten über die Forschungsdatenbank
verfügbar waren, wurde umfangreich erweitert. Dazu zählen nicht nur Befragungsinstrumente und Untersuchungen aus den verschiedenen angeschlossenen Ambulanzen,
sondern auch die Messwerte aus dem Direktlabor, das einen Teil der den Teilnehmern abgenommenen Proben (z. B. Blut, Urin, Speicher, Haar) einer Sofortanalytik unterzieht. Somit
stehen die Daten sowohl für definierte Auswerteprojekte als auch für tagesaktuelle teilnehmerspezifische Zusammenfassungen zur Verfügung. Darüber hinaus wurde in enger Zusammenarbeit mit der LIFE-C5 Biometrie sowie anderen Forschungsgruppen viele Derivate
als Kennzahlen konzipiert und implementiert, die aufbauend auf den in der Forschungsdatenbank integrierten Rohdaten agieren und neue Sekundärdaten erzeugen. Diese Derivate fassen typischerweise die Rohdaten zusammen und geben in aggregierter Art und
Weise Auskunft über den untersuchten Teilnehmer, so dass ein Rückgriff auf die umfang110
reichen Rohdaten zwar möglich aber nicht notwendig ist. Für die Umsetzung der Derivate
stehen zwei Alternativen zur Wahl. Einerseits können sie in der Datenbank fest programmiert
werden. Andererseits wurde eine Möglichkeit geschaffen, die Derivate unter Nutzung der
Software SPSS nächtlich (ohne Benutzereingriff) neu zu berechnen und deren Ergebnisse in
vordefinierte Tabellen der Forschungsdatenbank zu importierten. Der Vorteil dieser Alternative liegt darin, dass die zur Berechnung notwendigen SPSS-Skripte nicht von der LIFE-IT
erstellt werden müssen, sondern von den Forschungsgruppen selbst implementiert werden
können. Somit ist der Implementierungsaufwand auf mehrere Gruppen verteilt.
Eine weitere Herausforderung stellte der Import von Daten aus Untersuchungsgeräten (z. B.
Body Scanner, Accelerometer) und anderen externen Datenquellen (z. B. Access Datenbank
für Zahnuntersuchungen) in die zentrale Forschungsdatenbank dar. In enger Abstimmung
mit den verantwortlichen Wissenschaftlern wurden speziell zugeschnittene Importkonzepte
entwickelt, um die Daten in einem einheitlichen Format speichern und für Datenherausgaben
verfügbar machen zu können. Fehlende Prologinformationen in den Gerätedaten konnten
über korrespondierende Lime Survey- Assessements rekonstruiert werden. In der nächsten
Berichtsperiode ist der Import von Daten aus weiteren Geräteuntersuchungen vorgesehen.
Ein weiterer Aufgabenbereich bezog sich in der abgelaufenen Berichtsperiode auf das
Kurationskonzept, dessen technische Basis in der Forschungsdatenbank konzipiert und umgesetzt wurde. Damit ist es nicht nur möglich, die Daten einer regelmäßigen Kontrolle zu
unterziehen sondern die je nach Fehlerart folgenden Aktionen entweder datenbanknah abzubilden oder deren Ergebnisse nach Abschluss der Kontrolle in die Forschungsdatenbank
einzubringen. Die Transformationsfehler, die auf dem Weg der Daten aus den Quellsystemen in die Forschungsdatenbank auftreten, können mit einer neu entwickelten Software-Applikation behoben werden. In der folgenden Berichtperiode soll diese SoftwareApplikation erweitert werden, so dass weiteren Fehlerarten (z. B. Duplikate, nicht abgeschlossene Befragungen, Wertkorrekturen) ohne Hilfestellung der LIFE-IT begegnet
werden kann.
6.
LIFE Bioinformatik
Dieser Teil des Berichts wurde von Dr. Hans Binder und Dr. Christoph Engel unter der
Projektleitung von Prof. Dr. Markus Löffler verfasst.
Im Bereich Bioinformatik wurde im Berichtszeitraum der Schwerpunkt auf methodische Entwicklungen zur Analyse von in LIFE erhobenen Bodyscannerdaten sowie der Zytometrie gelegt. Ziel war es, vordem u.a. auch im Rahmen des LIFE-Projektes entwickelte Methoden
des maschinellen Lernens für die o. g. Daten und Fragestellungen zu modifizieren und damit
die Voraussetzung zu schaffen, insbesondere die in der LIFE-ADULT-Kohorte erhobenen
Bodyscanner-Daten in 2014 umfassend zu charakterisieren und die Ergebnisse zu
publizieren. Bei der Zytometrie bestand das Ziel in erster Linie darin, in einer Proof-ofPrinciple-Studie die SOM-Methode entsprechend zu adaptieren und die Machbarkeit der
Analysen im Grundsatz zu überprüfen, um damit die Voraussetzung für die Entwicklung anwendungsbereiter Methoden zur automatischen Analyse der in LIFE erhobenen
Zytometriedaten zu schaffen. Die Automatisierung der Analyse soll in erster Linie die
111
Effektivität und den Durchsatz der Methode, aber auch die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse wesentlich erhöhen bzw. verbessern.
Die gewählten Ansätze sind innovativ und komplex, sie erforderten die Entwicklung neuartiger Lösungen, die unten genauer beschrieben werden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Zielstellungen erreicht wurden:
- Es steht eine weitgehend abgeschlossene Auswertpipeline für Bodyscannerdaten zur Verfügung. Die Analyse der entsprechenden Daten der Adult-Kohorte ist in Arbeit und soll
2014 publiziert werden. Zwischenergebnisse wurden zur Interimsauswertung präsentiert.
- Es konnten gezeigt werden, dass die Anwendung von Methoden des maschinellen Lernens
zur Auswertung von Zytometriedaten machbar ist und einen erheblichen Effektivitäts- und
Genauigkeitsgewinn erwarten lässt. Allerdings wurde ebenfalls deutlich, dass die Entwicklung anwendungsbereiter Methoden einen erheblichen Aufwand erfordert und den Einsatz zusätzlicher Ressourcen bedingt.
Bodymetrie
Für die Auswertung der Daten, welche im Rahmen von LIFE mittels 3D-Bodyscanner
Anthropometrie erhoben wurden, wurde eine Methode zur Klassifizierung und
Charakterisierung von Körperformen basierend auf Algorithmen des maschinellen Lernens
entwickelt. Die ca. 130 Messgrößen beinhalten sowohl Längen- als auch Volumenmaße verschiedenster Körperregionen und können mit unserer Methode auf einen Satz von 8-10
charakteristischen Maßzahlen reduziert werden. Aus der Kombination dieser Maßzahlen
haben wir eine hochaufgelöste Karte der Körperformen von mehr als 4.000 Probanden angefertigt (Abb. 26). Darin können etwa ein Dutzend unterschiedliche Körpertypen erkannt
werden.
112
Abb. 47: Kartierung der etwa 4.000 im Rahmen der Interimsauswertung analysierten Probanden anhand ihrer Körperform. Verschiedene Körpertypen sind durch die Färbung angedeutet. Für einige als Prototypen der entsprechenden Cluster ausgewählte Probanden
sind die 3D-Bilder des Bodyscanners gezeigt. Jeder Cluster ist zudem durch einen
charakteristischen Satz von Body-Metamaßen charakterisiert, die in Form der ‚sternförmigen‘
Bodygramme für ausgewählte Cluster dargestellt sind.
Dieses Vorgehen ist hochinnovativ und in dieser Form einzigartig: Die jetzt erreichte Auflösung der Diversität der Körperformen reicht weiter als die bisher publizierten Körpertypen
(z. B. Äpfel- / Birnen- / Chili-Formen oder zentrale / periphere Fettspeicherung). Im nächsten
Schritt ist die Assoziierung von Körpertypen mit sowohl klinischen als auch mit krankheitsbezogenen Phänotypen geplant. Darin liegt enormes Potential für das Gesundheitswesen,
denn das Verfahren erlaubt eine schnelle und verfeinerte Risikovorhersage basierend auf
der Körperform und den assoziierten Krankheitsphänotypen.
Zytometrie
Die Durchflusszytometrie bietet eine ausgefeilte Methode, um die Anzahl der Zellen verschiedenster Zelltypen in Blutproben zu bestimmen. Es werden dabei in jeder Probe mehrere
hunderttausend Zellen gezählt, welche durch Intensitäten von bis zu einem Dutzend Farbkanälen charakterisiert sind. Aufgrund der Kohortengröße der LIFE-Studie und einem
gesamten Datenvolumen von mehr als 1010 Werten gehört die Analyse der Zytometriedaten
zum Bereich „Big Data“. Dafür wurde eine Methode entwickelt, welche in zwei Schritten
arbeitet. Im ersten Schritt wurden die gemessenen Zellen einer Referenzprobe (Abb. 27,
mittig) kartiert und dadurch eine automatische Zelltypisierung ermöglicht.
Die bisherige, manuelle Ermittlung der Typ-Zugehörigkeiten mittels ‚Gating‘ ist enorm aufwendig und nimmt den weit größten Teil der benötigten Zeit für die Analyse der
Zytometriedaten ein. Nach Abschluss unserer Proof-of-Principle-Studien wird mit dieser
Methode eine erhebliche Arbeitserleichterung für die LIFE-Zytometrie bereitstehen.
Der zweite Schritt der Auswertung, welcher sich ebenfalls in der Entwicklungs- und Testphase befindet, bietet die Möglichkeit die Blutzusammensetzung der Probanden zu
visualisieren und untereinander direkt zu vergleichen .
Hier kann auf eigene etablierte Auswertungssoftware zurückgegriffen werden, welche für
Genexpressionsstudien entwickelt wurde und in mehr als zehn Beiträgen in Fachzeitschriften
und -büchern publiziert ist. Diese enthält eine Vielzahl an Modulen, welche für die Analyse
der Zellzahlen angepasst werden müssen. Nach Abschluss der Machbarkeitsstudie ist die
Auswertung und Publikation der LIFE-Adult-Zytometriedaten geplant. Es steht unter anderem
die Frage im Mittelpunkt, ob es charakteristische Typen der Blutzellen-Zusammensetzung
gibt und ob, und wenn ja, wie diese mit Risikogruppen und Krankheiten assoziiert sind. Dies
stellt einen wichtigen Beitrag sowohl zur Prävention als auch zur serumgestützten Diagnostik
dar.
113
Abb. 48: Zweistufige Auswertung der Zytometriedaten. Im ersten Schritt werden die verschiedenen Zelltypen kartiert und zugeordnet. Im zweiten Schritt erfolgen die individuelle
Visualisierung der Blutzusammensetzung der einzelnen Probanden und deren weitergehend
Analyse.
7.
LIFE-Function-Projekte
Function-Projekte konnten in den Jahren 2012 und 2013 durch die Nutzung neuester Erkenntnisse und Methoden der Biowissenschaften zur Aufklärung der molekularen
Mechanismen der Zielerkrankungen des LIFE-Forschungszentrums beitragen. Folgende
Projekte wurden 2012 aus Mitteln des LIFE-Forschungszentrums gefördert (Function 4)
1. Funktionelle Charakterisierung von JMJD1c, einem neuen Kandidatengen des Fettstoffwechsels
114
2. Molekulargenetik funktionaler Endophänotypen psychiatrischer Erkrankungen
3. Globale DNA-Methylierung und Adipositas
4. Untersuchung von Oxysterolen sowie Markern des Cholesterolstoffwechsels in
Serum und Lipoproteinen der LIFE HEART Kohorte
5. Lipomzellmodelle von Patienten mit PTEN-Hamartoma-Tumor-Syndrom (PHTS) zur
Testung der Wirkung von Inhibitoren des PI3-Kinase/AKT/mTOR Signalwegs
Die folgenden 2013 geförderten Function-Projekte wurden ebenfalls erfolgreich abgeschlossen (Function 5):
1. Quantifizierung von Cortisol und Cortison in Speichel und Haar mittels HPLC-LCMS/MS zur Beurteilung von chronischem Stress
2. Neurokognition kardialer Funktionsparameter
3. Neuropsychologische und neurophysiologische Aspekte der Emotionsregulation bei
Kindern in einer emotionalen Go/NoGo-Aufgabe
4. NAD-Vorstufen als neue prädiktive Biomarker für nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen bei Kindern und Jugendlichen
5. Plasma micro-RNA-Profiling zur Identifizierung neuer Atherosklerose-Biomarker in
der LIFE-Heart-Kohorte
6. Molekulargenetik von Schlafphänotypen
7. Mild Cognitive Impairment & Alltagskompetenz – Beeinträchtigungen in komplexen
Alltagsaktivitäten in der Vorstufe dementieller Erkrankungen
8. Metabolische und molekulare Veränderungen in der zirkadianen Rhythmik als Risikofaktor für Lebensstil-assoziierte Erkrankungen bei Adipositas
2013 erfolgte eine weitere Ausschreibung für Function-Projekte zur Förderung im Jahr 2014.
Dabei sollten die eingereichten Proposals folgende Merkmale erfüllen: Die Projektanträge
sollten unmittelbaren Bezug zu den LIFE-Kohorten haben und mit den in LIFE erhobenen
Daten arbeiten. Die Proposals wurden von Mitgliedern der Forschungskommission der
Medizinischen Fakultät und vom LIFE-Vorstand begutachtet. Im Ergebnis werden 2014 elf
weitere Function-Projekte gefördert (Function 6).
8.
Publikationen seit 2012 mit LIFE-Beteiligung
Beutner F, Ubrich R, Zachariae S, Engel C, Sandri M, Teren A, Gielen S. Validation of a brief
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115
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