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Aktuelle Informationen
aus dem
Lohnsteuerrecht
Human Resource Newsflash
Ausgabe 2,
Juni 2015
Pauschalierung nach § 37b EStG – Neues BMF-Schreiben
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Datum vom 19. Mai 2015 eine
neue Version seiner Verwaltungsanweisung zur Pauschalierung der
Einkommensteuer nach § 37b EStG veröffentlicht.
Mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 hatte das BMF den Entwurf einer überarbeiteten
Version des BMF-Schreibens zur Pauschalierung der Einkommensteuer bei
Sachzuwendungen nach § 37b EStG an die Wirtschaftsverbände zwecks Stellungnahme
übersandt (vgl. dazu: Human Resource News, Ausgabe 1, Januar 2015). Mit Schreiben
vom 19. Mai 2015 (IV C 6 - S 2297-b/14/10001) wurde nunmehr die Neufassung des
BMF-Schreibens veröffentlicht.
Mit der Neufassung reagiert das BMF ausdrücklich auf vier maßgebliche
Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Oktober und 12. Dezember 2013
(Az.: VI R 52/11, VI R 57/11, VI R 78/12, VI R 47/12) zum Anwendungsbereich des § 37b
EStG. Nach den Entscheidungen soll eine Pauschalierung nach § 37b EStG voraussetzen,
dass dem Empfänger Zuwendungen im Rahmen einer der sieben Einkunftsarten des
Einkommensteuergesetzes zufließen, mithin, dass eine Steuerpflicht der
Sachzuwendungen gegeben ist (vgl. zu den Urteilen vom 16. Oktober 2013: Human
Resource Newsflash, Ausgabe 1, Februar 2014).
Nachfolgend wird auf die wesentlichen Änderungen der Verwaltungsanweisung
gegenüber der bisher geltenden Fassung vom 29. April 2008 (IV B 2 - S 2297b/07/0001) eingegangen. Vor dem Hintergrund, dass in den PwC Human Resource
News über den Entwurf des Schreibens bereits im Januar 2015 berichtet haben (s.o.),
liegt der Fokus dabei auf den Änderungen gegenüber der Entwurfsfassung.
Besondere Rabattregelung des § 8 Abs. 3 EStG
Gemäß R 8.2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien kann für die Bewertung von
Sachbezügen an Arbeitnehmer, die der Arbeitgeber überwiegend für Dritte herstellt,
vertreibt oder erbringt, zwischen der Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG und der
Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG gewählt werden.
In Rz. 3 des BMF-Schreibens wird nunmehr – in einem gegenüber der Entwurfsfassung
neu eingefügten Satz – die Auffassung der Finanzverwaltung klargestellt, dass eine
Pauschalversteuerung gemäß § 37b Abs. 2 EStG auch dann nicht zulässig ist, wenn eine
Bewertung des geldwerten Vorteils aus einer solchen Zuwendung nach § 8 Abs. 2 EStG
gewählt wird. Nach der Auffassung der Finanzverwaltung ist es daher nicht möglich,
über die Ausübung des Wahlrechts zwischen § 8 Abs. 2 und 3 zu einer Pauschalierung
gemäß § 37b EStG zu gelangen. Es ist fraglich, ob diese Ansicht einer gerichtlichen
Überprüfung standhält.
Wahlrecht zur Anwendung des § 37b EStG
Nach Rz. 4 des BMF-Schreibens ist für eigene Arbeitnehmer auch bei einem vom
Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr stets eine kalenderjahresbezogene
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Betrachtungsweise für die Ausübung des Wahlrechts nach § 37b Abs. 2 EStG
maßgeblich.
Das Wahlrecht zur Anwendung des § 37b EStG kann für alle inländischen
lohnsteuerlichen Betriebsstätten nach § 41 Absatz 2 EStG nur einheitlich ausgeübt
werden und eine Rücknahme der Entscheidung zur Anwendung der Vorschrift ist nicht
möglich. Im Hinblick auf diese Randziffer ist eine Anregung der Wirtschaftsverbände in
ihrer Stellungnahme vom 8. Januar 2015 umgesetzt worden. Durch Aufnahme des
Wortes „inländische“ wird nunmehr klargestellt, dass Zuwendungen einer ausländischen
Betriebsstätte, nicht zu berücksichtigen sind.
Gewinne aus Gewinnspielen, Prämien aus
Neukundenwerbungsprogrammen u. ä.
In der im Vergleich zum Entwurfsschreiben neu eingefügten Rz. 9e des BMF-Schreibens
wird ausgeführt, dass Gewinne aus Verlosungen, Preisausschreiben und sonstigen
Gewinnspielen sowie Prämien aus (Neu)Kundenwerbungsprogrammen und
Vertragsneuabschlüssen nicht in den Anwendungsbereich des § 37b Abs. 1 EStG fallen.
Damit können (und müssen) entsprechende Zuwendungen an Dritte nicht nach § 37b
Abs. 1 EStG versteuert werden.
Dies stellt eine Abkehr von der bisherigen Verwaltungspraxis dar (vgl. Verfügung der
OFD Frankfurt vom 3. April 2014, S 2297b A-1-St 222; Kurzinformation für den
Lohnsteuer-Außendienst der OFD Rheinland und Münster vom 28. März 2012, S 2334 1011 St 213, S 2372 - 24 - St22 – 31).
Weiter fällt auf, dass in dem fraglichen Satz nicht eindeutig klargestellt wird, um welche
Zuwendungsempfänger es bei dieser Regelung gehen soll. Aus dem Zusammenhang zur
vorgehenden Rz. 9d, der Einfügung von kundenbezogenen Beispielen („Prämien aus
(Neu)Kundenwerbungsprogrammen und Vertragsneuabschlüssen“) und des Zitates des
§ 37b Abs. 1 EStG dürfte u. E. jedoch darauf geschlossen werden können, dass es um
Zuwendungen an Dritte geht.
Eine Begründung für die neu eingefügte Regelung wird nicht gegeben. Es ist daher
unklar, ob der Anwendungsbereich des § 37b Abs. 1 EStG – etwa mangels Vorliegens
eines Grundgeschäfts oder aber mangels Vorliegens von steuerbaren und
steuerpflichtigen Einkünften – nicht eröffnet sein soll.
Bewirtungsaufwand bei Incentive-Maßnahmen und -Reisen
Geschäftlich veranlasste Bewirtungsaufwendungen fallen generell nicht in den
Anwendungsbereich des § 37b EStG. Daher überrascht es, dass trotz plausibler Kritik der
Wirtschaftsverbände der letzte Satz der Rz. 10 des BMF-Schreibens unverändert
belassen wurde. Demnach sollen auch geschäftlich veranlasste
Bewirtungsaufwendungen, die im Rahmen einer Incentive-Reise anfallen, in die
Pauschalversteuerung einbezogen werden. In Abgrenzung zu einer sog. IncentiveMaßnahme, bei der ggf. ein Bewirtungsanteil gemäß Rz. 15 des BMF-Schreibens
herausrechenbar sein soll, soll eine Incentive-Reise vorliegen, wenn die Veranstaltung
mindestens eine Übernachtung umfasst. Diese Abgrenzung ist nicht überzeugend. Eine
Übernachtung kann nicht alleiniges Kriterium sein, um eine Incentive-Reise zu
begründen, die im Gesamten der Pauschalversteuerung gemäß § 37b EStG zu
unterwerfen sein soll. Auch in Fällen einer Übernachtung müssen gemischt veranlasste
Veranstaltungen möglich sein, mit der Folge, dass betrieblich veranlasste Aufwendungen
generell und geschäftlich veranlasste Bewirtungsaufwendungen nicht in die
Pauschalierung nach § 37b EStG einzubeziehen sind.
Verbundene Unternehmen
In Rz. 11 der Neufassung des BMF-Schreibens wird ausgeführt, dass es bei Zuwendungen
an Mitarbeiter verbundener Unternehmen i.S.d. §§ 15 AktG oder § 271 HGB nicht
beanstandet wird, wenn anstelle des Zuwendenden der Arbeitgeber des
Zuwendungsempfängers die Pauschalierung gemäß § 37b Abs. 1 EStG durchführt.
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Die Formulierung dieser Vereinfachungsregelung entspricht dem Petitum der acht
führenden Wirtschaftsverbände in ihrer Stellungnahme vom 8. Januar 2015. Damit wird
dem Umstand Rechnung getragen, dass gerade in Konzernverbünden häufig nicht das
zuwendende Unternehmen, sondern nur der jeweilige Arbeitgeber des begünstigten
Konzernmitarbeiters in der Lage ist, beim Bezug mehrerer Sachzuwendungen i. S. d.
§ 37b Abs. 1 Satz 2 EStG von verschiedenen Konzernunternehmen im selben
Lohnzahlungszeitraum festzustellen, ob im Einzelfall die Summe der Zuwendungen der
Besteuerung nach § 37b EStG zu unterwerfen ist oder nicht. Des Weiteren kommt diese
Vereinfachung auch der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung entgegen.
Sofern von dieser Vereinfachungsregelung Gebrauch gemacht wird, ist zu vermuten,
dass damit generell zur Anwendung des § 37b Abs. 1 EStG optiert wird. Folglich wären
alle Zuwendungen an Dritte nach § 37b Abs. 1 zu pauschalieren.
Zusätzlichkeitserfordernis bei Zuwendungen von Dritter Seite
Nach der Formulierung des Entwurfs vom 11. Dezember 2014 sollte die erforderliche
„Zusätzlichkeitsvoraussetzung“ bei Zuwendungen an Arbeitnehmer nur dann erfüllt sein,
wenn die Zuwendungen auf vertraglichen Beziehungen zwischen dem Dritten und dem
Arbeitnehmer beruhen (Tz 11 Satz 4). Zuwendungen, die auf vertraglichen Beziehungen
zwischen dem Zuwenden und dem Arbeitgeber des Arbeitnehmers beruhen, sollten
daher „nicht“ pauschal besteuert werden können.
Diese Formulierung war durch die Wirtschaftsverbände in ihrer o.g. Stellungnahme als
nicht nachvollziehbar erachtet worden.
Nunmehr ist durch Streichung des Wortes „nicht“ und Hinzufügung eines weiteren
Halbsatzes klargestellt worden, dass bei Zuwendungen, die auf vertraglichen
Beziehungen zwischen dem Zuwendenden und dem Arbeitgeber des die Zuwendung
empfangenden Arbeitnehmers beruhen, pauschalierungsfähig sind, wenn dem Grunde
nach Arbeitslohn von dritter Seite vorliegt.
U.E. ist die Regelung weiterhin widersprüchlich, insbesondere der Satz 4 der Textziffer
11.
Aufzeichnungspflichten
Laut Rz. 13 des BMF-Schreibens sind für Zuwendungen, die nicht in die
Bemessungsgrundlage des § 37b EStG einzubeziehen sind, zusätzliche
Aufzeichnungspflichten zu erfüllen. Dies betrifft einerseits Fälle, bei denen die
Zuwendung auf Empfängerseite nicht im Rahmen einer Einkunftsart zufließt.
Andererseits sind davon Fälle betroffen, in denen die Empfänger der Zuwendung nicht
der Besteuerung in Deutschland unterliegen.
Was jedoch entsprechende „geeignete Aufzeichnungen“ sein sollen, wird nicht näher
ausgeführt. Ob den Aufzeichnungspflichten ausreichend nachgekommen wird, wenn
z. B. der nicht der inländischen Besteuerung unterliegende Arbeitnehmer der
ausländischen Tochtergesellschaft lediglich als solcher aufgezeichnet wird oder ob
weitere Angaben und Informationen aufzuzeichnen sind, bleibt unklar. Erklärungen von
Teilnehmern anzufordern, in denen bestätigt wird, dass keine Steuerpflicht in
Deutschland besteht, dürfe demgegenüber nicht nur wenig praxistauglich und für die
meisten Personen mangels steuerlicher Fachkenntnis unmöglich, sondern auch
unverhältnismäßig sein.
Gleichsam unklar bleibt, welche Aufzeichnungen zu führen sind, wenn das zuwendende
Unternehmen unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten lediglich einen
bestimmten Prozentsatz aller Zuwendungen an Dritte pauschalieren will. Die
diesbezüglichen Anregungen zur Konkretisierung seitens der Wirtschaftsverbände und
der Bundessteuerberaterkammer in ihren Stellungnahmen jeweils vom 8. Januar 2015
wurden weitestgehend nicht umgesetzt. In Rz. 13a ist lediglich die Möglichkeit
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aufgenommen worden, auf Aufzeichnungen über einen repräsentativen Zeitraum
zurückzugreifen.
Bewertung von Zuwendungen
Bereits im Entwurf des BMF-Schreibens fand sich die Formulierung, dass in die
Bemessungsgrundlage für die Pauschalversteuerung alle tatsächlich angefallenen
Aufwendungen einzubeziehen seien, die der jeweiligen Zuwendung direkt zugeordnet
werden können.
Der BFH hatte mit zwei maßgeblichen Entscheidungen vom 16. Mai 2013 (VI R 94/10
und VI R 7/11) seine bisherige Rechtsprechung zu Betriebsveranstaltungen grundlegend
geändert und im Wesentlichen festgestellt, dass nur solche Zuwendungen beim
Empfänger zu steuerpflichtigen Einnahmen führen könnten, die diesen objektiv
bereichern (vgl. Human Resource Newsflash Ausgabe 4, Oktober 2013).
Dementsprechend hatten die Wirtschaftsverbände in ihrer Stellungnahme gefordert,
diese Rechtsprechung auch bei der Auslegung des § 37b EStG zu berücksichtigen. Im
Petitum der Verbände wurde daher u.a. eine Klarstellung gefordert, dass nur diejenigen
tatsächlich angefallenen und der Zuwendung direkt zuordenbaren Aufwendungen
einzubeziehen sind, die beim Zuwendungsempfänger zu einer objektiven Bereicherung
führen.
Dem ist das BMF nicht nachgekommen. In Rz. 14 des BMF-Schreibens wurde vielmehr
eine der zuvor genannten Rechtsprechung entgegenstehende Formulierung
aufgenommen. Demnach sollen z. B. die Raummiete und Aufwendungen für einen
Eventmanager ausdrücklich zu den pauschalierungspflichtigen Aufwendungen im
Rahmen von Veranstaltungen gehören.
Fazit
Die finale Fassung des BMF-Schreibens übernimmt die neuere Rechtsprechung des BFH
zur Auslegung und Anwendung des § 37b EStG und bietet Lösungsansätze für den
Praktiker. Teilweise ist das Schreiben jedoch weiterhin unklar, lässt wichtige Fragen
offen und wirft neue Rechtsfragen auf. Dies gilt u.a. für die missverständlichen
Formulierungen im Hinblick auf das Zusätzlichkeitserfordernis bei Drittzuwendungen
an Arbeitnehmer. In Bezug auf die Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten fehlen
eindeutige Klarstellungen dazu, was etwa in Fällen von Zuwendungen an
„Steuerausländer“ als eine ausreichende Dokumentation anerkannt werden wird. Die
Ausführungen zur Differenzierung zwischen Incentive-Reisen und IncentiveMaßnahmen sind u. E. wenig überzeugend. Das Gleiche gilt für die
Nichtberücksichtigung der neueren BFH-Rechtsprechung zu Betriebsveranstaltungen.
Während unklare bzw. missverständliche Ausführungen im Wege einer lohnsteuerlichen
Anrufungsauskunft geklärt werden können, müssen dem BMF-Schreiben
entgegenstehende Auffassungen wohl im Rahmen finanzgerichtlicher Verfahren einer
Überprüfung zugeführt werden.
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