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Doreen Patzelt Sprache und Intelligenz bei Vorschulkindern – Entwicklungszusammenhänge im Kontext von Sprachfördermaßnahmen ! Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades Dr. phil. der Pädagogischen Hochschule Weingarten vorgelegt von Doreen Patzelt geboren in Hagenow Ravensburg 2011 Erstgutachterin: Prof. Dr. Barbara Gasteiger Klicpera Zweitgutachter: Prof. Dr. Hermann Schöler Fach: Pädagogische Psychologie Tag der mündlichen Prüfung: 26. Juli 2011 !∀#∃%&∋#()(∗ +, −.. # /#∃( Danksagung Ein herzliches Dankeschön sage ich allen, die mich bei dieser Arbeit unterstützt, ermutigt und auf ihre je eigene Art und Weise begleitet haben. Ohne Euch hätte diese Arbeit nicht so entstehen können. Einige Personen und Institutionen möchte ich an dieser Stelle nennen: In erster Linie danke ich Frau Prof. Dr. Barbara Gasteiger Klicpera für die hilfreiche fachliche und persönlich stets ermutigende Betreuung dieser Arbeit. Unsere Gespräche waren für mich sehr wertvoll. Mein Dank geht ebenso an Herrn Prof. Dr. Hermann Schöler für die Zweitbetreuung und die präzisen Anregungen. Weiterhin danke ich natürlich dem ganzen Forschungsteam an der Pädagogischen Hochschule Weingarten: Frau Prof. Dr. Barbara Gasteiger Klicpera, Herrn Prof. Dr. Werner Knapp und Frau Prof. Dr. Diemut Kucharz sowie Beate Vomhof und Julia Ricart Brede für die gute Zusammenarbeit, die hilfreichen Diskussionen und alle Unterstützung. Spezieller Dank geht auch an Herrn Dr. Stephan Bulheller für die Unterstützung zur Erhebung mit den Coloured Progressive Matrices (CPM), vor allem in Form der zur Verfügung gestellten Protokollbögen, der Dateneinlese und Testauswertung. Weiterer Dank geht an die Baden-Württemberg Stiftung, durch deren Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ und die wissenschaftliche Begleituntersuchung an der PH Weingarten ich überhaupt die Chance hatte, diese Dissertation zu schreiben. Gleichzeitig danke ich allen an der Untersuchung beteiligten Personen. Persönlich danke ich weiterhin Barbara Maria Schmidt für die Beratung bei der Datenauswertung und Irene Kohlberger sowie Anne Birkhahn und Claudia Gronbach für das Korrekturlesen. Für alle Unterstützung danke ich den Schwestern Salvatorianerinnen in Österreich, bei denen ich einen großen Teil der Zeit, in der ich die Arbeit verfasste, lebte. Stellvertretend genannt sei die derzeitige Provinzleiterin Sr. Brigitte Thalhammer SDS. Nicht zuletzt danke ich von Herzen meinen Freundinnen und Freunden, insbesondere Anne, Bea und Melanie, die mich durch fachliche und persönliche Gespräche angeregt und auch in den schwierigen Zeiten unterstützt und immer wieder ermutigt haben. Gleichzeitig danke ich meinen Eltern für den wohltuenden Rückhalt. Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ............................................................................................................ 1 1 Einleitung ...................................................................................................................... 2 2 Theoretischer Hintergrund: Sprache, Intelligenz und Sprachförderung bei Vorschulkindern....................................................................................................... 5 2.1 Spracherwerb und Zusammenhänge mit kognitiven Leistungen ............................ 5 2.1.1 (Erst-)Spracherwerb ......................................................................................... 6 2.1.1.1 Entwicklungsschritte................................................................................. 6 2.1.1.2 Wortschatzerwerb und Kognition ............................................................. 8 2.1.1.3 Grammatikerwerb und Kognition ........................................................... 12 2.1.1.4 Das WIE des Spracherwerbs – Lernmechanismen und implizites Lernen ................................................................................................................ 15 2.1.1.5 Die Rolle des sprachlichen Inputs – Was Kinder zu hören bekommen.. 19 2.1.2 Zweitspracherwerb......................................................................................... 23 2.1.2.1 Bedingungen des (erfolgreichen) Zweitspracherwerbs .......................... 25 2.1.2.2 Erst- und Zweitspracherwerb im Vergleich ............................................ 26 2.1.2.3 Sensible Phase? – Die Bedeutung des Alters für den Spracherwerb ...... 28 2.1.2.4 Bedeutung der Erstsprache für die kognitive Entwicklung bilingualer Kinder ..................................................................................................... 32 2.1.2.5 Zusammenhänge zwischen Mehrsprachigkeit und Intelligenz bzw. kognitiven Leistungen............................................................................. 35 2.1.2.6 Exkurs: Zusammenhänge zwischen Bilingualismus und Sprachbewusstsein .................................................................................. 39 2.1.3 Beeinträchtigungen im Spracherwerb (SSES) ............................................... 41 2.1.3.1 Definition von SSES ............................................................................... 41 2.1.3.2 Prävalenz von SSES................................................................................ 43 2.1.3.3.Verlauf von SSES ................................................................................... 43 2.1.3.4 Ursachen von SSES ................................................................................ 44 2.1.3.5 Sprachliche Probleme bei SSES ............................................................. 44 2.1.3.6 Kognitive Defizite bei SSES................................................................... 46 2.1.4 Zusammenfassung zur Beziehung zwischen Sprache und Denken in der Entwicklung .................................................................................................. 54 2.1.4.1 Kognition beeinflusst die Sprachentwicklung ........................................ 54 2.1.4.2 Sprache beeinflusst die Denkentwicklung .............................................. 55 2.1.4.3 Das Miteinander von Sprache und Denken in der Entwicklung ............. 56 2.1.4.4 Epigenese des Spracherwerbs ................................................................. 57 I 2.2 Intelligenz und Sprache ........................................................................................ 59 2.2.1 Verschiedene Definitionen von Intelligenz ................................................... 60 2.2.2 Sprache in unterschiedlichen Intelligenzkonzepten ....................................... 61 2.2.2.1 Die General- bzw. Zwei-Faktorentheorie ............................................... 61 2.2.2.2 Das Modell mehrerer gemeinsamer Faktoren ......................................... 62 2.2.2.3 Hierarchische Modelle ............................................................................ 63 2.2.2.4 Das Intelligenzmodell von Wechsler ...................................................... 64 2.2.2.5 Das „Structure of Intellect“-Modell von Guilford .................................. 64 2.2.2.6 Das Berliner Intelligenzstrukturmodell .................................................. 65 2.2.2.7 Die Three-Stratum-Theorie..................................................................... 66 2.2.2.8 Das triarchische Modell .......................................................................... 67 2.2.3 Intelligenzdiagnostik – nonverbal? ................................................................ 68 2.2.4 Sprachstandsdiagnostik: Nachsprechleistungen als diagnostische Kennzeichen.................................................................................................. 73 2.2.4.1 Der „Königsweg“: Nachsprechen von Sätzen ........................................ 74 2.2.4.2 Nachsprechen von Kunstwörtern ............................................................ 79 2.2.4.3 Zusammenhänge zwischen den Sprachmaßen ........................................ 82 2.2.5 Empirische Zusammenhänge zwischen Sprache und Intelligenz .................. 83 2.2.6 Exkurs: Stabilität und Veränderung der Intelligenz im Vorschulalter .......... 87 2.3 Sprachförderung, Sprache und Intelligenz............................................................ 89 2.3.1 Notwendigkeit von Sprachförderung ............................................................. 89 2.3.2 Häufig verwendete „Sprachförderprogramme“ ............................................. 90 2.3.2.1 Das praxisbegründete Programm von Schlösser .................................... 91 2.3.2.2 Der offene Leitfaden für gezielte intensive Sprachfördermaßnahmen der Caritas Bodensee-Oberschwaben ........................................................... 92 2.3.2.3 Das linguistisch basierte Förderprogramm von Penner .......................... 93 2.3.2.4 Das Würzburger Trainingsprogramm zur Förderung der phonologischen Bewusstheit ............................................................................................. 94 2.3.2.5 Kontextoptimierung nach Motsch .......................................................... 96 2.3.3 Spezielle Zielgruppen von Sprachförderung ................................................. 97 2.3.3.1 Sprachtherapie bei SSES ........................................................................ 97 2.3.3.2 Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund ............................... 99 2.3.4 Bedingungen erfolgreicher Sprachförderung............................................... 101 2.3.4.1 Merkmale der Umwelt .......................................................................... 102 2.3.4.2 Merkmale des Kindes ........................................................................... 106 2.3.5 Effektivität von Sprachförderung für Sprache und Intelligenz .................... 108 2.3.5.1 Was heißt Wirksamkeit? ....................................................................... 108 2.3.5.2 Allgemeine Wirksamkeitsstudien und Erkenntnisse ............................ 109 2.3.5.3 Spezielle Fördereffekte ......................................................................... 113 II 3 Fragestellungen ......................................................................................................... 116 3.1 Zu Fragestellung 1: Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz ........................ 118 3.2 Zu Fragestellung 2: Unterschiede in den Korrelationen von sprachlichen Leistungen mit nonverbaler Intelligenz ............................................................... 119 3.3 Zur Bedeutung des Alters für die Zusammenhangsmuster ................................. 119 3.4 Zur Bedeutung von Mehrsprachigkeit für die Zusammenhangsmuster.............. 120 3.5 Zu Fragestellung 3: Stabilität der Leistungsmaße .............................................. 121 3.6 Zu Fragestellung 4: Interdependenzen zwischen den Leistungsmaßen .............. 122 3.7 Zu Fragestellung 5: Moderierende Einflüsse auf die Interdependenzen ............ 124 3.8 Zu Fragestellung 6: Extremgruppenvergleich .................................................... 126 4 Methode .................................................................................................................... 127 4.1 Die Studie der wissenschaftlichen Begleitung des Programms „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg) an der Pädagogischen Hochschule Weingarten ........................................................................................................... 127 4.1.1 Das Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ ..... 127 4.1.2 Die wissenschaftliche Begleitung an der PH Weingarten ........................... 128 4.2 Erhebungsinstrumente ........................................................................................ 130 4.2.1 Sprachscreening für das Vorschulalter – SSV ............................................. 130 4.2.2 Coloured Progressive Matrices – CPM ....................................................... 132 4.2.3 Elternfragebogen .......................................................................................... 133 4.3 Durchführung der Untersuchung ........................................................................ 133 4.4 Stichprobe ........................................................................................................... 134 4.4.1 Verteilung der Stichprobenmerkmale Geschlecht, Alter und Sprachen ...... 134 4.4.2 Vergleich der Untersuchungsstichprobe mit der Ausfallstichprobe ............ 137 4.5 Auswertung ......................................................................................................... 142 4.5.1 Prüfung von Leistungsverteilung und Leistungsentwicklung ..................... 142 4.5.2 Prüfung von Wirkungszusammenhängen mittels Pfadanalysen .................. 143 4.5.2.1 Modellschätzung und Modellevaluation ............................................... 144 4.5.2.2 Moderatoranalyse durch multiplen Gruppenvergleich ......................... 146 5 Ergebnisse ................................................................................................................. 147 5.1 Beschreibung der Leistungen und Leistungsverteilungen .................................. 147 5.1.1 Leistungen der Untersuchungsstichprobe .................................................... 147 5.1.1.1 Deskription der Leistungsverteilung ..................................................... 147 5.1.1.2 Vergleich der Altersangemessenheit der Leistungen............................ 149 5.1.1.3 Leistungsentwicklung ........................................................................... 151 III 5.1.2 Leistungen der Teilstichproben ................................................................... 153 5.1.2.1 Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen........................ 153 5.1.2.2 Leistungsunterschiede zwischen Förder- und Vergleichskindern ........ 157 5.1.2.3 Leistungsunterschiede zwischen vier- und fünfjährigen Kindern ........ 160 5.1.2.4 Leistungsunterschiede zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern ................................................................................................. 163 5.1.2.5 Leistungsunterschiede zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern ............................................................. 167 5.2 Zusammenhänge zwischen den Leistungsmaßen ............................................... 175 5.2.1 Zusammenhänge zwischen den Leistungsmaßen im Querschnitt zum ersten Messzeitpunkt ............................................................................................. 175 5.2.2 Zusammenhänge zwischen den Leistungsmaßen im Längsschnitt.............. 178 5.2.2.1 Stabilität der Leistungsmaße ................................................................. 181 5.2.2.2 Wirkungszusammenhänge zwischen den Leistungsmaßen .................. 181 5.2.2.3 Moderierende Einflüsse auf das Beziehungsgefüge der Leistungsmaße .............................................................................................................. 182 5.3 Vergleiche von Extremgruppen in Intelligenz und Sprachkompetenz ............... 189 5.4 Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse ...................................................... 195 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen ......................................... 197 6.1 Diskussion der zentralen Ergebnisse .................................................................. 198 6.1.1 Merkmale der Stichprobe............................................................................. 198 6.1.2 Zusammenhänge zwischen den Sprach- und Intelligenzleistungen im Querund Längsschnitt ......................................................................................... 206 6.1.3 Zusammenhänge zwischen Sprache und Intelligenz in Extremgruppen ..... 215 6.2 Diskussion der Methodik .................................................................................... 217 6.2.1 Kontext Sprachförderung ............................................................................. 217 6.2.2 Erhebung von Sprachkompetenz und Intelligenz ........................................ 218 6.2.3 Untersuchungsdesign ................................................................................... 219 6.2.4 Auswertungsmethoden................................................................................. 220 6.3 Schlussfolgerungen für Forschung und Praxis ................................................... 221 6.3.1 Schlussfolgerungen für die Forschung ........................................................ 222 6.3.2 Schlussfolgerungen für die Praxis der frühkindlichen Bildung ................... 223 Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 225 Anhang .......................................................................................................................... 245 IV Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1: Kognitive Effekte bei verschiedenen Bilingualismus-Typen (aus: Cummins, 1979, S. 230).................................................................................................... 34 Abbildung 2: Modell der zuprüfenden Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz .................................................................................................. 123 Abbildung 3: Altersverteilung der Untersuchungsstichprobe zum ersten Messzeitpunkt .................................................................................................................... 135 Abbildung 4: Häufigkeitsverteilung der Erstsprachen in der Untersuchungsstichprobe .................................................................................................................... 136 Abbildung 5: Verteilung von Ein- und Mehrsprachigkeit bei Förder- und Vergleichskindern ...................................................................................... 137 Abbildung 6: Leistungsentwicklung der Untersuchungsstichprobe (N = 411) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der nonverbalen Intelligenz (CPM).................................................................. 152 Abbildung 7: Leistungsentwicklung von Jungen (N = 217) und Mädchen (N = 194) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der Intelligenz (CPM) ...................................................................................... 155 Abbildung 8: Leistungsentwicklung von Vergleichskindern (N = 93) und Förderkindern (N = 318) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der Intelligenz (CPM) ................................................................ 159 Abbildung 9: Leistungsentwicklung von vierjährigen Kindern (N = 156) und fünfjährigen Kindern (N = 245) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der Intelligenz (CPM) ................... 162 Abbildung 10: Leistungsentwicklung von einsprachig (N = 181) und mehrsprachig aufwachsenden Kindern (N = 227) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der Intelligenz (CPM) ................... 166 Abbildung 11: Leistungsentwicklung von einsprachig vierjährigen (N = 69), einsprachig fünfjährigen (N = 106), mehrsprachig vierjährigen (N = 86) und mehrsprachig fünfjährigen Kindern (N = 137) im phonologischen Arbeitgedächtnis (PGN)............................................................................. 171 Abbildung 12: Leistungsentwicklung von einsprachig vierjährigen (N = 69), einsprachig fünfjährigen (N = 106), mehrsprachig vierjährigen (N = 86) und mehrsprachig fünfjährigen Kindern (N = 137) im Satzgedächtnis (SG) ... 173 Abbildung 13: Leistungsentwicklung von einsprachig vierjährigen (N = 69), einsprachig fünfjährigen (N = 106), mehrsprachig vierjährigen (N = 86) und mehrsprachig fünfjährigen Kindern (N = 137) in der nonverbalen Intelligenz (CPM) ........................................................................................................ 174 V Abbildung 14: Allgemeines Pfadmodell zur Überprüfung der Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz (SG), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und nonverbaler Intelligenz (CPM) über die Zeit .......................... 178 Abbildung 15: Modifiziertes Pfadmodell (= Basismodell) der Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz (SG), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und nonverbaler Intelligenz (CPM)................................................ 180 Abbildung 16: Modifiziertes Basismodell der Interdependenzen von nonverbaler Intelligenz (CPM), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und Satzgedächtnis (SG) für Förder- und Vergleichskinder............................. 184 Abbildung 17: Modifiziertes Basismodell der Interdependenzen von nonverbaler Intelligenz (CPM), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und Satzgedächtnis (SG) für Jungen und Mädchen .......................................... 188 Abbildung 18: Leistungsentwicklung von Kindern mit besonders hoher (N = 46) und besonders geringer (N = 44) nonverbaler Intelligenz (CPM) im Satzgedächtnis (SG) ................................................................................... 191 Abbildung 19: Leistungsentwicklung von sprachauffälligen einsprachigen (N = 23), sprachauffälligen mehrsprachigen (N = 58), sprachunauffälligen einsprachigen (N = 98) und sprachunauffälligen mehrsprachigen Kindern (N = 64) in der nonverbalen Intelligenz (CPM)......................................... 194 Abbildung A1: Mittelwerte und Varianzen in den CPM-Leistungen von Jungen und Mädchen zu t1 und t2 ................................................................................. 246 Abbildung A2: Mittelwerte und Varianzen in den SG-Leistungen von Förder- und Vergleichskindern zu t2 ............................................................................. 247 Abbildung A3: Mittelwerte und Varianzen in den PGN-, SG- und CPM-Leistungen von vier- und fünfjährigen Kindern zu t1 und t2 .............................................. 248 Abbildung A4: Mittelwerte und Varianzen in den SG-Leistungen von ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern zu t1 und t2 .................................. 249 Abbildung A5: Mittelwerte und Varianzen in den SG- und CPM-Leistungen von einund mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern zu t1 und t2 ................................................................................................................ 250 VI Verzeichnis der Tabellen Tabelle 1: Korrelationen des Nachsprechens von Sätzen (NS bzw. SG) mit verschiedenen anderen Sprachmaßen in empirischen Studien .................... 76 Tabelle 2: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe bei Förder- und Vergleichskindern ...................................................................................... 138 Tabelle 3: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe bei Jungen und Mädchen ..................................................................................................... 138 Tabelle 4: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern ...................................................... 139 Tabelle 5: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe bei vier- und fünfjährigen Kindern .................................................................................. 139 Tabelle 6: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe in den Regionen . 140 Tabelle 7: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe nach sozialem Einzugsgebiet ............................................................................................. 140 Tabelle 8: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße PGN, SG und CPM (Rohwerte) zu beiden Testzeitpunkten (t1 und t2) in Dropout und Stichprobe ................. 141 Tabelle 9: Statistische Kennwerte der Varianzanalysen zum Vergleich von Dropout und Stichprobe .................................................................................................. 141 Tabelle 10: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße PGN, SG und CPM (Rohwerte) zu beiden Testzeitpunkten (t1 und t2) in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) .................................................................................................... 148 Tabelle 11: Ergebnisse der Tests auf Normalverteilung für PGN, SG und CPM (Rohwerte) zu beiden Testzeitpunkten (t1 und t2) in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) .......................................................... 149 Tabelle 12: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße PGN, SG und CPM in T-Werten zu beiden Messzeitpunkten (t1 und t2) in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) .................................................................................................... 150 Tabelle 13: Vergleich der Leistungstestwerte (T-Werte) in PGN, SG und CPM mit der jeweiligen Normstichprobe (t-Tests bei einer Stichprobe, Testwert = 50) 151 Tabelle 14: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für die Kovariate Alter in der Untersuchungsstichprobe (N=411) ...................................................... 153 Tabelle 15: Produkt-Moment-Korrelationen zwischen den Leistungsmaßen PGN, SG und CPM zu t1 und t2 mit dem Alter zu t1 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) .................................................................................................... 153 Tabelle 16: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei Jungen (N = 217) und Mädchen (N = 194) .................................................................................... 154 Tabelle 17: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für die Kovariate Alter und den Faktor Geschlecht................................................................................ 156 VII Tabelle 18: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei Vergleichskindern (N = 93) und Förderkindern (N = 318) ..................................................................... 158 Tabelle 19: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für die Kovariate Alter und den Faktor Sprachförderung ...................................................................... 159 Tabelle 20: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei vier- (N = 156) und fünfjährigen Kindern (N = 245) ................................................................. 161 Tabelle 21: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für den Faktor Altersgruppe .................................................................................................................... 162 Tabelle 22: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei ein- (N = 181) und mehrsprachig aufwachsenden Kindern (N = 227) ..................................... 164 Tabelle 23: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für die Kovariate Alter und den Faktor Mehrsprachigkeit ..................................................................... 166 Tabelle 24: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern ........................................ 169 Tabelle 25: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche im phonologischen Arbeitgedächtnis (PGN) für die Faktoren Mehrsprachigkeit und Altersgruppe ............................................................................................... 171 Tabelle 26: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche im Satzgedächtnis (SG) für die Faktoren Mehrsprachigkeit und Altersgruppe ..................................... 173 Tabelle 27: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche in der nonverbalen Intelligenz (CPM) für die Faktoren Mehrsprachigkeit und Altersgruppe . 174 Tabelle 28: Korrelationen zum ersten Messzeitpunkt (t1) bei den Teilstichproben der ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kinder im Vergleich .................................................................................................... 176 Tabelle 29: Standardisierte Regressionsgewichte und Korrelationen im ursprünglichen und modifizierten kreuzverzögerten Pfadmodell zur Prüfung der Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz (SG), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und nonverbaler Intelligenz (CPM) .................. 180 Tabelle 30: Globale Fit-Maße für die Pfadmodelle zum Moderator Sprachförderung inkl. Chi-Quadrat-Differenzen-Test ........................................................... 183 Tabelle 31: Globale Fit-Maße für die Pfadmodelle zu den Moderatoren Alter und Mehrsprachigkeit inkl. Chi-Quadrat-Differenzen-Test ............................. 185 Tabelle 32: Standardisierte Regressionsgewichte und Korrelationen im modifizierten kreuzverzögerten Pfadmodell für ein- und mehrsprachig aufwachsende vierund fünfjährige Kinder ............................................................................... 187 Tabelle 33: Multiple quadrierte Korrelationen der endogenen Variablen im modifizierten Basismodell für die Moderatoren Alter und Mehrsprachigkeit .................................................................................................................... 187 Tabelle 34: Globale Fit-Maße für die Pfadmodelle zum Moderator Geschlecht inkl. ChiQuadrat-Differenzen-Test .......................................................................... 188 VIII Tabelle 35: Deskriptive Statistiken der Leistungen in PGN bei den Extremgruppen der Intelligenz .................................................................................................. 189 Tabelle 36: Ergebnisse der univariaten Vergleiche der PGN-Leistungen in der Kovarianzanalyse mit Messwiederholung im Extremgruppenvergleich Intelligenz .................................................................................................. 190 Tabelle 37: Statistische Kennwerte der Kovarianzanalyse mit Messwiederholung für die Leistungen in PGN im Extremgruppenvergleich Intelligenz..................... 190 Tabelle 38: Deskriptive Statistiken der Leistungen im Satzgedächtnis (SG) in den Intelligenz-Extremgruppen ........................................................................ 191 Tabelle 39: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche im Satzgedächtnis (SG) für die Kovariate Alter und den Faktor Intelligenz-Extremgruppe ................. 192 Tabelle 40: Deskriptive Statistiken der nonverbalen Intelligenzleistungen (CPM) bei den sprachlich auffälligen und sprachlich unauffälligen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern ...................................................... 193 Tabelle 41: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche in der nonverbalen Intelligenz (CPM) für die Kovariate Alter und die Faktoren Sprachauffälligkeit und Mehrsprachigkeit ................................................. 194 Tabelle A1: Deskriptive Statistiken der Leistungen in CPM bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Jungen und Mädchen ........................................................ 245 Tabelle A2: Statistische Kennwerte der zweifaktoriellen Kovarianzanalyse mit Messwiederholung für die Leistungen in CPM bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Jungen und Mädchen (Kovariate Alter) ........................... 245 Tabelle A3: Levene-Test auf Gleichheit der Fehlervarianzen in den CPM-Leistungen der ein- und mehrsprachig aufwachsenden Jungen und Mädchen ............. 246 Tabelle A4: Statistische Kennwerte der univariaten Vergleiche (Zwischensubjekteffekte) der CPM-Leistungen der ein- und mehrsprachig aufwachsenden Jungen und Mädchen ........................................................ 246 Tabelle A5: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von Jungen und Mädchen .......................................................................... 246 Tabelle A6: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von Förder- und Vergleichskindern ........................................................... 247 Tabelle A7: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von vier- und fünfjährigen Kindern ........................................................... 247 IX Tabelle A8: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern ................................. 249 Tabelle A9: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern .................................................................................................................... 250 Tabelle A10: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) ................ 251 Tabelle A11: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) .......................................................... 251 Tabelle A12: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 69) ..................................................................... 251 Tabelle A13: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 69) .................................................................................................................... 251 Tabelle A14: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 106) ................................................................... 252 Tabelle A15: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 106) .................................................................................................... 252 Tabelle A16: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 86) ..................................................................... 252 Tabelle A17: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 86) ...................................................................................................... 252 Tabelle A18: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 137) ................................................................... 252 Tabelle A19: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 137) ............................................................................................................ 253 Tabelle A20: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) ..... 253 Tabelle A21: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) .......................................................... 253 X Tabelle A22: „Critical Ratios for Differences between Parameters“ im kreuzverzögerten Modell von PGN, SG und CPM (Untersuchungsstichprobe N = 411) ...... 253 Tabelle A23: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Vergleichskinder (N = 93) .............................................................................................................. 254 Tabelle A24: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Vergleichskinder (N = 93) ........................................... 254 Tabelle A25: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Förderkinder (N = 318) .................................................................................................................... 254 Tabelle A26: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Förderkinder (N = 318) ................................................ 255 Tabelle A27: „Critical Ratios for Differences between Parameters“ von Förder- und Vergleichskindern im kreuzverzögerten Modell von PGN, SG und CPM 255 Tabelle A28: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 69) ............................................ 255 Tabelle A29: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 69) .................................................................................................................... 256 Tabelle A30: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 106) ......................................... 256 Tabelle A31: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 106) ............................................................................................................ 256 Tabelle A32: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 86) ............................................ 256 Tabelle A33: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 86) .............................................................................................................. 257 Tabelle A34: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 137) ......................................... 257 Tabelle A35: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 137) ............................................................................................................ 257 XI Tabelle A36: „Critical Ratios for Differences between Parameters“ von ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern im kreuzverzögerten Modell der Leistungen in PGN, SG und CPM .............. 258 Tabelle A37: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Jungen (N = 217) .... 260 Tabelle A38: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Jungen (N = 217) ......................................................... 260 Tabelle A39: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Mädchen (N = 194) ......................................................................................................... 260 Tabelle A40: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Mädchen (N = 194) ...................................................... 260 Tabelle A41: „Critical Ratios for Differences between Parameters“ von Jungen und Mädchen im kreuzverzögerten Modell der Leistungen in PGN, SG und CPM ........................................................................................................... 261 XII Zusammenfassung Zusammenfassung Sprache und Intelligenz sind zwei wesentliche menschliche Leistungsbereiche, die einerseits voneinander abzugrenzen sind, andererseits miteinander in Beziehung stehen. Gerade im Vorschulalter verläuft die Entwicklung sehr rasch und es gibt zahlreiche Belege für die Verknüpfung von sprachlicher und allgemein kognitiver Entwicklung (Anderson, 2001; Dodd & Crosbie, 2002; Funke, 2005; Szagun, 2006; Waxman, 2002; Weinert, 2000, 2002, 2004, 2007). Es fehlen jedoch Studien, die die Wechselwirkung zwischen allgemeiner Sprachkompetenz und nonverbaler Intelligenz im Vorschulalter über die Zeit untersuchen. Insbesondere an Entwicklungsauffälligkeiten und anhand von Interventionsmaßnahmen lassen sich die Beziehungen prüfen und beschreiben, weil in einem der Kompetenzbereiche Abweichungen vorliegen bzw. Veränderungen angestrebt werden. In der vorliegenden Arbeit wurden vor dem Hintergrund von Sprachfördermaßnahmen im Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung BadenWürttemberg) die Entwicklung und Entwicklungszusammenhänge von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbalen Fähigkeiten geprüft. Die drei Kompetenzbereiche wurden mit je einem zentralen, zuverlässigen Maß erfasst: die allgemeine Sprachkompetenz über die Aufgabe des Nachsprechens von Sätzen (Satzgedächtnis), das phonologische Arbeitsgedächtnis über das Nachsprechen von Nichtwörtern (PGN) (beide Untertests aus dem SSV: Grimm, 2003) und die nonverbale Intelligenz mit dem nonverbalen Matrizentest CPM (Bulheller & Häcker, 2002). 411 Kinder wurden in Kindertageseinrichtungen am Beginn und am Ende des ca. neunmonatigen Sprachförderzeitraumes getestet. 318 Kinder nahmen an der Sprachförderung teil, 93 Kinder waren Vergleichskinder. Im Durchschnitt erbrachten die Kinder keine altersangemessenen Leistungen, insbesondere in der allgemeinen Sprachkompetenz blieben sie deutlich unter der Norm. Gleichzeitig blieben die Leistungen über den Untersuchungszeitraum sehr stabil. Bei der Untersuchung der Wechselwirkungen über die Zeit mittels Pfadanalysen zeigte sich, dass lediglich die frühere Sprachkompetenz bedeutsam war für die späteren nonverbalen Intelligenzleistungen, nicht jedoch umgekehrt die frühe nonverbale Intelligenz für die späteren Sprachleistungen. Weiterhin von Bedeutung für das Beziehungsgefüge waren Alter und Mehrsprachigkeit der Kinder. Die Teilnahme an der Sprachförderung wirkte sich indirekt auf die sprachlichen, jedoch nicht auf die Intelligenzleistungen aus. Die NotWendigkeit der Förderung in Sprache und Intelligenz bei Kindern mit sprachlichen Defiziten im Vorschulalter wird deutlich. 1 1 Einleitung 1 Einleitung „Die eindrucksvollste kognitive Fähigkeit des Menschen ist sein Gebrauch der Sprache.“ (Anderson, 2001, S. 353) Es gibt eine enge Beziehung zwischen Sprache und kognitiven Fähigkeiten. Sprache ist nicht unabhängig von Kognition, sie ist ein Teil davon, beschreibt Anderson (2001). Sprache begleitet den Alltag von Menschen. Die menschliche Kommunikation verläuft überwiegend über dieses System. Nach Vygotskij (1934/1964, 1978 zit. nach Weinert, 2000, S. 322) stellt Sprache „ein besonders wichtiges sozial-kulturelles Mittel dar, das eingesetzt wird, um andere zu beeinflussen, ihre Aufmerksamkeit auf ein Ereignis, eine Erinnerung, einen Aufgabenaspekt zu lenken oder um sich argumentativ über ein Problem mit anderen auseinanderzusetzen“. Damit betont Vygotskij vor allem die Funktion von Sprache: Sprache ist ein hoch effektives Steuerungsmittel und ein wichtiges Kommunikationsmittel – und darüber hinaus ein hoch effizientes Codiersystem (vgl. Weinert, 2000). Der Erwerb1 dieses Systems ist eine Leistung, die Kinder innerhalb weniger Jahre erbringen. Der Entwicklungsprozess ist dabei nicht losgelöst von anderen Entwicklungsbereichen. Vor allem mit der kognitiven Entwicklung gibt es enge Verflechtungen (vgl. z. B. Anderson, 2001; Dodd & Crosbie, 2002; Funke, 2005; Waxman, 2002; Weinert, 2000, 2002, 2004, 2007; Kap. 2.1). Eine geläufige Bezeichnung für die allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit ist Intelligenz. Sie wird von verschiedenen Forschern unterschiedlich differenziert definiert. Brocke und Beauducel (2001, S. 13) beschreiben sie als „ein komplexes Konstrukt, das durch eine Vielzahl von kognitiven Teilfähigkeiten gekennzeichnet ist“. In den unterschiedlichen Intelligenztheorien ist stets direkt oder indirekt die Bedeutung von Sprache für Intelligenzleistungen enthalten ebenso wie die Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken (Kap. 2.2). Die Beziehungen zwischen sprachlichen und nicht-sprachlichen Leistungen lassen sich insbesondere an Entwicklungsauffälligkeiten und anhand von Interventionsmaßnahmen untersuchen und beschreiben. Für die vorliegende Arbeit wurden Kinder im Vorschulalter untersucht, die an der Evaluation von Sprachfördermaßnahmen teilnahmen. Ein Teil der Kinder wies deutlich unzureichende Sprachkenntnisse in 1 „Spracherwerb“ und „Sprachentwicklung“ werden im Folgenden synonym gebraucht, wie es u. a. von Grimm (1995), Grimm und Weinert (2002), Weinert (z. B. 2000, 2006, 2007) und Szagun (2006) getan wird. „Sprachlernen“ wird stärker im Sinne eines aktiven Aneignungsprozesses verstanden und gelegentlich verwendet, z. B. beim Zweitspracherwerb. Im Übrigen werden die Bezeichnungen der jeweils zitierten Autoren übernommen. 2 1 Einleitung Deutsch auf. Die Gründe dafür sind verschieden: Teilweise sind sie im Migrationshintergrund der Familie, teilweise in Sprachentwicklungsstörungen oder auch in mangelnden Entwicklungsanregungen begründet (vgl. z. B. Gasteiger-Klicpera, Patzelt, Knapp, Kucharz & Vomhof, 2007). Die in der Studie verwendeten Daten wurden im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung zum Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg) erhoben, die an der Pädagogischen Hochschule Weingarten in den Jahren 2005 bis 2010 unter Leitung des interdisziplinären Forscherteams Prof. Dr. Barbara Gasteiger-Klicpera (Psychologie), Prof. Dr. Werner Knapp (Deutschdidaktik) und Prof. Dr. Diemut Kucharz (Schulpädagogik) erfolgte (vgl. Kap. 2.3 und 4 für die genauere Beschreibung). Das Ziel der Studie ist es, die Beziehung zwischen sprachlichen Kompetenzen und nonverbaler Intelligenz im Vorschulalter zu untersuchen. Gefragt wird nach den Zusammenhängen zwischen den Leistungen in der allgemeinen Sprachkompetenz, dem phonologischen Arbeitsgedächtnis und der Intelligenz sowie nach den Wirkzusammenhängen zwischen diesen Leistungen über die Zeit. Bestehen stärkere Wirkungen von allgemeiner Sprachkompetenz und phonologischem Arbeitsgedächtnis auf die Intelligenzentwicklung oder umgekehrt von der nonverbalen Intelligenz auf die Sprachkompetenzentwicklung und phonologische Gedächtniskapazität? Darüber hinaus interessiert, ob sich diese Beziehungen mit dem Alter der Kinder ändern, ob es Unterschiede bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern gibt und ob durch Sprachfördermaßnahmen Einfluss auf das Beziehungsgefüge genommen werden kann. Zunächst wird in Kapitel 2 der theoretische Hintergrund dargestellt. Der Spracherwerb und Zusammenhänge mit kognitiven Leistungen werden für den Erstund Zweitspracherwerb sowie bei Sprachentwicklungsstörungen erläutert, bevor die Beziehung zwischen Sprache und Denken entwicklungstheoretisch begründet wird. Des Weiteren werden Erkenntnisse der Differentiellen Psychologie zur Beziehung zwischen Intelligenz und Sprache diskutiert. Dabei wird auch auf die Erfassung von Intelligenz und Sprachkompetenzen sowie deren Zusammenhänge eingegangen. Außerdem wird die Bedeutung einer Sprachförderung für die Entwicklung in beiden Bereichen aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund werden in Kapitel 3 die Fragestellungen und Annahmen für die eigene Untersuchung abgeleitet. Die Erläuterung des methodischen Vorgehens erfolgt in Kapitel 4. Im Ergebniskapitel (Kapitel 5) werden zunächst das Leistungsniveau und die Leistungsentwicklung der untersuchten Kinder dargestellt. 3 1 Einleitung Anschließend werden die Beziehungen zwischen allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz bei unterschiedlichen (Teil-)Stichproben mittels Pfadanalysen beschrieben. Zum Schluss werden Vergleiche von Extremgruppen in Intelligenz und Sprachkompetenz berichtet. Im abschließenden Kapitel 6 werden alle Befunde zusammenfassend diskutiert und integriert sowie Schlussfolgerungen für die künftige Forschung und für die Praxis der frühkindlichen Bildung abgeleitet. 4 2 Theoretischer Hintergrund 2 Theoretischer Hintergrund: Sprache, Intelligenz und Sprachförderung bei Vorschulkindern Die Beziehung zwischen Sprache und Denken ist komplex. Sie ist aktual- und ontogenetisch zu betrachten, sie beschäftigt unter anderem Linguisten und Psychologen, die aus unterschiedlichen Perspektiven an deren Aufklärung herangehen. Die eigene Annäherung an das Thema erfolgt in drei Teilen. Zunächst werden aus der entwicklungspsychologischen Perspektive Zusammenhänge zwischen sprachlicher und kognitiver Entwicklung vorgestellt. Anschließend dienen Aspekte der Differentiellen und Kognitiven Psychologie dazu, aktualgenetische Beziehungen zwischen Sprache und Intelligenz zu verdeutlichen. Im dritten Schritt wird auf Sprachfördermaßnahmen eingegangen, die in erster Linie die Sprachentwicklung unterstützen (sollen), aber gleichzeitig die Intelligenzentwicklung fördern (können). 2.1 Spracherwerb und Zusammenhänge mit kognitiven Leistungen Nach aktueller entwicklungspsychologischer Perspektive ist das Sprachsystem ein bereichsspezifisches System, das jedoch von anderen kognitiven Bereichen nicht völlig unabhängig ist (E. Marx, 2006; vgl. auch z. B. Grimm & Weinert, 2002; Weinert, 2006). Im Folgenden werden einführend wichtige Entwicklungsschritte des (Erst-) Spracherwerbs dargestellt. Zusammenhänge der sprachlichen mit der kognitiven Entwicklung und der Intelligenz werden anhand des Wortschatz- und Grammatikerwerbs sowie den dazu erforderlichen Lernmechanismen erläutert. Das mentale Lexikon und die Grammatik sind zentrale sprachliche Kompetenzbereiche, die mit Kognition und Wissen in Beziehung stehen. Weiterhin wird auf die Bedeutung des sprachlichen Inputs eingegangen, der vorrangig durch die Eltern, aber genauso durch andere Personen, vor allem Erzieherinnen2 und Sprachförderkräfte an die Kinder gerichtet wird und die Entwicklung beeinflusst. Anschließend werden entwicklungsbezogene Aspekte des Zweitspracherwerbs behandelt und Erkenntnisse aus Untersuchungen bei Spracherwerbsstörungen vorgestellt. Dabei werden Dissoziationen ebenso wie gegenseitige Einflüsse von Sprach- und Intelligenzleistungen besonders deutlich. Abschließend wird die aktuelle Sicht der Beziehung zwischen Sprache und Denken in der Entwicklung zusammengefasst. 2 Aufgrund der überwiegend weiblichen Personen in den pädagogischen Berufen wird im Folgenden zur sprachlichen Vereinfachung diese grammatische Form verwendet, obwohl selbstverständlich auch die männlichen Kollegen gemeint sind. 5 2 Theoretischer Hintergrund 2.1.1 (Erst-)Spracherwerb „Spracherwerb […] stellt einen stetig fortschreitenden struktursuchenden und strukturbildenden Prozeß dar“ (Grimm, 1995, S. 712). Er erfolgt in einem Entwicklungsabschnitt, „in dem die Kinder simultan eine eminente Fülle weiterer Reifungs- und Lernprozesse zu vollziehen haben“ (Dannenbauer, 2002, S. 105), im Kontext und zum Teil in Wechselwirkung mit diesen Entwicklungsprozessen, wobei der Spracherwerb selbst äußerst komplex ist. Es sind verschiedene Kompetenzen zu erwerben, die für die Anwendung von Sprache, rezeptiv wie produktiv, nötig sind: (1) die linguistische Kompetenz, die Wissen über die Regeln der Grammatik umfasst, (2) die prosodische Kompetenz zur Anwendung von Intonation, Sprachmelodie und Sprachrhythmus, mit deren Hilfe z. B. Phrasen- und Satzgrenzen markiert werden und (3) die pragmatische Kompetenz, um Sprache kommunikativ und kontextangemessen zu verwenden (vgl. Grimm & Weinert 2002, S. 518f.). Diese verschiedenen Komponenten der Sprache und ihre Verwobenheit muss sich das Kind aneignen. Der Spracherwerb verlangt vom Kind den Einsatz besonderer Strategien und komplizierte Problemlösungsprozesse, die parallel ablaufen, sich gegenseitig durchdringen und teilweise voneinander abhängig sind (Dannenbauer, 2002). „So setzt beispielsweise der Erwerb morphologischer Markierungen (z. B. Verbflexive) eine segmentorientierte phonologische Differenzierung voraus; syntaktische und phonologische Verarbeitungsanforderungen beeinflussen sich wechselseitig (Dannenbauer & Kotten-Sederqvist 1986); der Grammatikerwerb resultiert auch ganz wesentlich aus lexikalischem Lernen, indem Wörter Wortklassen zugeordnet, nach rollen- bzw. kasusfordernden Eigenschaften subkategorisiert und mit morphologischen Eigenschaften versehen werden (Clahsen 1988); und der kindliche Bedeutungserwerb interagiert mit der Erschließung sprachlicher Formen.“ (Dannenbauer, 2002, S. 105f.) Diese komplexen Vorgänge erfolgen durch die Interaktion der biologischen Basis für den Spracherwerb mit den Anregungen aus der Umwelt (Input). Trotz der Komplexität ist der Spracherwerb relativ robust gegenüber Störungen, er erfolgt systematisch und in wesentlichen Zügen universell (vgl. z. B. Grimm & Weinert, 2002; Tracy, 2000, 2007). 2.1.1.1 Entwicklungsschritte Bedeutende Entwicklungsschritte im Spracherwerb werden im Folgenden als kurze Einführung zusammengefasst (vgl. dazu z. B. Berk, 2005; Grimm, 1995; Grimm & Weinert, 2002; Szagun, 2006). 6 2 Theoretischer Hintergrund Die ersten Laute, die ein Kind über das Schreien hinaus produziert, sind das so genannte Gurren. Es setzt mit knapp zwei Monaten ein. Darauf folgt die Nachahmung vorgesprochener Vokale. Ab dem vierten Monat ist das Lallen zu beobachten, das hauptsächlich im Alter zwischen sechs und neun Monaten auftritt. Das Kind redupliziert Silben aus Konsonant-Vokal-Verbindungen – kanonisches Lallen mit satzähnlicher Intonation. Die ersten Wörter treten um den ersten Geburtstag des Kindes auf, wobei die Altersspanne unterschiedlich angegeben wird mit plus/minus zwei bis plus/minus vier Monaten. Nach Szagun (2006, S. 65) ist es normal, dass einige Kinder erst mit eineinhalb oder fast zwei Jahren die ersten Wörter sprechen. Im Alter von 17 bis 24 Monaten erreichen die meisten Kinder jedoch schon die 50-Wörter-Marke. Kinder, die im Alter von zwei Jahren noch keine 50 Wörter sprechen, werden als „late talkers“ bezeichnet und haben ein hohes Risiko für die Ausbildung von Sprachentwicklungsstörungen (Grimm, 2003a; Grimm & Weinert, 2002; Sachse, 2007; Weinert, 2004, 2006). Wenn ein Kind den Wortschatz von 50 oder mehr Wörtern erreicht hat, kann ein Wortschatzspurt einsetzen. In den folgenden Monaten nimmt der aktive Wortschatz bei vielen Kindern rasant zu. Mit 20 bis 26 Monaten umfasst er rund 200 Wörter. In diesem Alter beginnt auch die Zwei-Wort-Phase. Es werden zunächst zwei oder drei Wörter rein bedeutungsmäßig kombiniert. Anfänge grammatisch korrekter Sätze sind ab 30 Monaten zu beobachten. Das Kind produziert nun Sätze mit mehreren Phrasen und sogar mehrere zusammenhängende Äußerungen. Mit vier bis fünf Jahren beherrscht es die hauptsächlichen Satzkonstruktionen der Muttersprache. Alle diese Schritte vollzieht das Kind, ohne sich darüber bewusst zu sein. Ab dem fünften Lebensjahr beginnt es vom eher intuitiven Sprachwissen zu metalinguistischer Bewusstheit von Sprachkategorien und -regularitäten überzugehen (vgl. Karmiloff-Smith, 1986, 1992 zit. nach Grimm & Weinert, 2002, S. 534f.). Dies ist eine wichtige Voraussetzung für den Erwerb des Lesens und Schreibens (Grimm, 1995, S. 729). Die Pragmatik, den sozialen Gebrauch der Sprache, erlernen Kinder sehr früh und schnell. Die frühkindlichen Interaktionen zwischen Mutter und Kind sind bereits Formen von Kommunikation und bereiten auf das spätere Kommunikationsverhalten vor (vgl. z. B. Grimm, 2003a; Grimm & Weinert, 2002; Hennon, Hirsh-Pasek & Golinkoff, 2000; Szagun, 2006). Für den gesamten Spracherwerb ebenso wie für den allgemeinen Sprachgebrauch gilt, dass die rezeptiven Fähigkeiten stets besser ausgeprägt sind als die produktiven. Kinder verstehen wesentlich mehr, als sie zu produzieren in der Lage sind (z. B. Grimm & Weinert, 2002). 7 2 Theoretischer Hintergrund Zwei Bereiche des Spracherwerbs – Wortschatz- und Grammatikerwerb – werden nun ausführlicher beschrieben, weil sie deutliche Zusammenhänge mit der kognitiven Entwicklung aufweisen. 2.1.1.2 Wortschatzerwerb und Kognition „Der Aufbau eines Lexikons ist ein wesentlicher Bestandteil des kindlichen Spracherwerbs“ (Rothweiler & Meibauer, 1999, S. 12), in dem sich Sprache und Kognition überschneiden (Waxman, 2002). Dabei ist Aufbau einerseits als Prozess und andererseits als Struktur zu verstehen. „Lexikonerwerb ist zu verstehen als interaktiver Prozeß zwischen Inputsprache und kindlichen Fähigkeiten, der durch lexikalische Erwerbsstrategien oder -prinzipien gesteuert wird“ (Rothweiler & Meibauer, 1999, S. 22). Der strukturelle Aspekt bezieht sich auf die Speicherung, Strukturierung und Vernetzung der Lexikoneinträge zu verschiedenen Erwerbszeitpunkten (Rothweiler & Meibauer, 1999, S. 12). Der Wortschatz, das mentale Lexikon, wird also im kognitionspsychologischen Sinne als Netzwerk interpretiert (z. B. Anderson, 2001; Sucharowski, 1996). Die Auffassung menschlichen Wissens als Netzwerk erklärt den Bedeutungsund Worterwerb und erlaubt die Annahme nichtsprachlicher Einflüsse (Elsen, 1999, S. 102). Deshalb soll der kognitive Aspekt des Worterwerbs, die Begriffsbildung und Konzeptentwicklung, bei den folgenden Ausführungen im Vordergrund stehen. Einführend wird jedoch kurz die Chronologie des frühkindlichen Wortschatzwachstums beschrieben. Der konkrete Worterwerb beginnt etwa ab dem zehnten Lebensmonat. Zunächst steht dabei der pragmatische Gebrauch von Wörtern im Vordergrund. Die ersten Wörter des Kindes sind sozial-kommunikativ. Der Wortschatz der Kinder spiegelt immer ihre Erfahrungswelt wider (Szagun, 2006). Das Anwachsen des Wortschatzes erfolgt zunächst sehr langsam, zwei bis drei neue Wörter pro Woche (Rothweiler & Meibauer, 1999, S. 13). Eine Beschleunigung tritt im Allgemeinen ein, wenn das Vokabular zwischen 50 und 100 Wörter umfasst. Die Kinder sind dann 17 bis 24 Monate alt, manchmal auch älter (vgl. Szagun, 2006, S. 117 bezugnehmend auf zahlreiche Studien). Ob, wann und in welcher Form der Wortschatzspurt einsetzt, ist interindividuell sehr verschieden und hängt u. a. mit der Art der erworbenen Wörter zusammen (Szagun, 2006, S. 118f.). Es muss keine plötzliche Steigerung der Worterwerbsrate auftreten. Viele Kinder erwerben neue Wörter kontinuierlich und die Erwerbsrate steigt allmählich (Rothweiler & Meibauer, 1999, S. 16). Doch „spätestens ab dem dritten 8 2 Theoretischer Hintergrund Lebensjahr erweitern Kinder ihren Wortschatz um durchschnittlich fünf bis zehn neue Wörter täglich (Anglin 1993)“ (Rothweiler & Meibauer, 1999, S. 18, Hervorh. i. O.). Kinder erwerben neue Wörter anhand von Beispielen aus dem Input der Erwachsenensprache. Es wird ein Induktionsprozess angenommen, der dazu führt, dass in der Anwendung der neu erworbenen Wörter anfangs Fehler auftreten, die sich durch ein zu enges oder zu weites Verständnis eines Wortes ergeben. Es kommt zur Überdiskriminierung und andererseits zur Übergeneralisierung (vgl. Berk, 2005; Grimm & Weinert, 2002; Szagun, 2006). Darin zeigt sich aber auch der Prozess der Begriffsbildung, in dem sich Sprach- und Denkentwicklung verbinden. Bei der Betrachtung des Wortschatzes ist es wichtig, zwischen Wort, Wortbedeutung und Begriff zu unterscheiden. Ein Wort ist nichts anderes als ein Symbol, eine Bezeichnung für einen Begriff. Das Kind muss die Bedeutung und den Begriff erwerben (vgl. z. B. Füssenich, 2002; Knapp, 2007; Szagun, 2006; Vygotskij, 2002). „Ein Begriff ist eine kognitive oder geistige Struktur, die Dinge oder Ereignisse aufgrund von Ähnlichkeiten oder kontextuellen Verbindungen zusammen gruppiert (Flavell, Miller und Miller 1993; Johnson-Laird 1983; Murphy und Medin 1985)“ (Szagun, 2006, S. 132). Die Bedeutung ist nach Vygotskij (2002), die zu Grunde liegende Wirklichkeit für das Symbol. Nach Szagun (2006) verstehen fast alle Theorien „unter ‚Bedeutung’ einen Begriff, der verbal enkodiert ist (Carey 1982; Murphy und Medin 1985; Aitchison 1987)“ und „noch Information bezüglich der Form, z. B. der Wortklasse“, enthält. „Der Kern der Bedeutung eines Wortes jedoch ist mit dem Begriff identisch (Carey 1982; Johnson-Laird 1983; Murphy und Medin 1985; Aitchison 1987)“ (Szagun, 2006, S. 132). Kognitionspsychologisch (z. B. Anderson, 2001; Sucharowski, 1996) wird auch von Repräsentationen und Konzepten gesprochen, die gleichzusetzen sind mit „Bedeutungen“ im Sinne von Vygotskij (2002) und „Begriffen“ bzw. Begriffshierarchien. Beim Wortschatzerwerb geht es genaugenommen um Bedeutungs- und Begriffserwerb (vgl. Knapp, 2007; Weinert, 2004) und damit Wissenserwerb. Auf welche Art und Weise Kinder ganz bestimmte Wörter, Wortarten und Begriffe erwerben, fasst z. B. Langenmayr zusammen (1997, S. 495ff.). Szagun (2006) beschreibt diesen Verlauf allgemein so: „Das Kind lernt […] Wortbedeutungen, indem es lernt, mehr und mehr kritische semantische Merkmale zu addieren und von allgemeinen in spezifischere und hierarchisch aufgebaute zu ordnen. Dieser Prozess erlaubt immer feinere Unterscheidungen“ (ebd., S. 133f.). Auf diesem Weg entsteht das 9 2 Theoretischer Hintergrund Bedeutungsnetzwerk im Gedächtnis. Dieser „Bedeutungserwerb ist dynamisch, lang andauernd und verläuft verdeckt, und er basiert auf der komplexen Interaktion zweier sich entwickelnder Systeme, des kognitiven Systems und des linguistischen Systems“ (Rothweiler & Meibauer, 1999, S. 19; vgl. auch Grimm & Weinert, 2002; Waxman, 2002; Weinert, 2006). Dabei ist es nicht so, dass ausschließlich ein Wort gelernt werden kann, für das bereits vorsprachlich ein vollständiges Konzept gebildet ist (s. de Villiers & de Villiers, 1992 zit. nach Grimm & Weinert, 2002, S. 527), wie es der kognitivistischen Sicht von Piaget entsprechen würde (vgl. Weinert, 2000). Zwar erwirbt das Kind konzeptuelle Unterschiede ohne sprachliche Benennung, aber ebenso kann umgekehrt der sprachliche Kontext eine Hilfe zum Erwerb von Konzepten sein. Nach Szagun (2006, S. 153) kann sprachliche Benennung „den Begriffsbildungsprozess und die Kognition beeinflussen“. Dies zeigt sich am Einfluss sprachlicher Benennung auf das Kategorisierungsverhalten schon bei einjährigen Kindern (Szagun, 2006). Wenn Kinder sprachliche Symbole, also Wörter, lernen, führt dies laut Tomasello (2006, S. 125) „zu einer radikal neuen Form kognitiver Repräsentation […], die die Art und Weise verändert, wie Kinder die Welt auffassen“. Auch Weinert (2000, 2004) betont die Wirkung in beiden Richtungen: „Die Beziehungen zwischen dem Aufbau kognitivkonzeptuellen Wissens und dem Erwerb von Wortbedeutungen sind lokal und bereits frühzeitig bidirektional“ (Weinert, 2004, S. 27). Damit lässt sich mit Waxman (2002) zusammenfassen: „These links between early language and conceptual development are most clearly viewed through the lens of early word-learning. Perhaps more than any other developmental achievement, word-learning stands at the very intersection of language and cognition, and serves as the gateway to subsequent development in both domains.“ (Waxman, 2002, S. 103) Elsen (1999) erweitert die Perspektive auf den Worterwerb noch um die Bedeutung weiterer sprachlicher Bereiche: „Der Aufbau des Lexikons wird von formaler und semantisch-kognitiver Information bestimmt. Tatsächlich geht in den vollständigen Lexikoneintrag eine Kombination von prosodischen, phonetischen, semantischen, pragmatischen und morphosyntaktischen Informationen ein (z. B. Elsen 1998a)“ (Elsen, 1999, S. 99f.). Das Wortlernen steht also auch im Zusammenhang mit Grammatik (Morphologie und Syntax) (Grimm & Weinert, 2002, S. 530). Viele Studien mit großen Stichproben von Kindern im Alter zwischen 16 und 30 Monaten fanden Korrelationen zwischen aktivem Wortschatz und Grammatikkompetenz in der Höhe von r = .70 bis r = .84 (Fenson et al., 1994; Bates & Goodman, 1999 beide zit. nach Szagun, 2006, 10 2 Theoretischer Hintergrund S. 126; Szagun, Steinbrink, Franik & Stumper, 2006). Das Ergebnis ist universal, d. h. unabhängig von der (Mutter-)Sprache und dem Stand und Tempo der Sprachentwicklung (vgl. Szagun, 2006). Szagun (2006) fand eine Bestätigung auch in den eigenen Daten und resümiert mit Bates und Goodman (1999 zit. nach Szagun, 2006, S. 126): „Es ist daher nahe liegend, diesen Zusammenhang so zu interpretieren, dass Wortschatzerwerb und Grammatikerwerb etwas gemeinsam haben und möglicherweise durch den gleichen Mechanismus gesteuert werden“. Eine Komponente, die für den Wortschatz- und den Grammatikerwerb eine zentrale Rolle spielt, ist das phonologische Arbeitsgedächtnis (vgl. Baddeley, 2003; Götze, Hasselhorn & Kiese-Himmel, 2000; Hasselhorn & Werner, 2000). Das Arbeitsgedächtnis „bezeichnet ein internes System, das eine kurzfristige Speicherung von Informationen während des Bearbeitens beliebiger kognitiver Anforderungen ermöglicht“ (Hasselhorn & Werner, 2000, S. 364).3 Das phonologische Arbeitsgedächtnis bzw. die phonologische Schleife bezeichnet dasjenige Teilsystem, das für die Verarbeitung sprachlicher Informationen zuständig ist (Hasselhorn & Werner, 2000 in Anlehnung an Baddeley, 1986; Baddeley, 2003). Es besteht aus den Komponenten „phonetischer Speicher“ und „subvokaler artikulatorischer Kontrollprozess“ – auch „subvocal rehearsal“ genannt. Als Kapazitätsindikator gilt die Fähigkeit zur Wiederholung sinnfreier Wörter (= nonword repetition) (vgl. z. B. Baddeley, 2003). Die Bedeutung des phonologischen Arbeitsgedächtnisses für den Wortschatz zeigten z. B. Gathercole, Willis, Emslie und Baddeley (1992). Die Studie bestätigte Ergebnisse früherer Untersuchungen von Gathercole (1990 zit. nach Gathercole et al., 1992) und Gathercole und Baddeley (1989, 1990a, 1990b alle zit. nach Gathercole et al., 1992), wonach in der Entwicklungsperiode zwischen vier und fünf Jahren das phonologische Gedächtnis eine kritische Rolle beim Lernen neuer Wörter spielt (Gathercole et al., 1992, S. 893/896). Im Alter von vier, fünf und sechs Jahren waren das phonologische Gedächtnis und der Wortschatz signifikant korreliert (um r = .48), auch nach Kontrolle von Alter und Intelligenz. Zwischen sechs und acht Jahren nahm dieser Zusammenhang signifikant auf r = .24 ab (Gathercole et al., 1992, S. 896). Der Zusammenhang zwischen phonologischem Gedächtnis im Alter von vier Jahren und dem Wortschatz ein Jahr später war signifikant stärker als der umgekehrte Zusammenhang zwischen dem Wortschatz im Alter von vier Jahren und dem phonologischen Gedächtnis mit fünf Jahren. Ab dem Alter von fünf Jahren erwies sich dagegen das 3 Eine umfassende Darstellung zum Arbeitsgedächtnis und seinen Funktionen bietet Baddeley (2007). 11 2 Theoretischer Hintergrund linguistische Wissen der Kinder, gemessen am Vokabular, als wichtige Grundlage für ihre Leistungen im phonologischen Kurzzeitgedächtnis (Gathercole et al., 1992, S. 896). Die Autoren resümieren, dass beim Wortschatzerwerb semantisches und konzeptuelles Lernen genauso wie phonologisches Lernen eine wichtige Rolle spielen (Gathercole et al., 1992, S. 897). Die Bedeutung der phonologischen Schleife des Arbeitsgedächtnisses für den Wortschatzerwerb ist demzufolge „inzwischen überzeugend empirisch nachgewiesen“ (Weinert, 2006, S. 644). Die Zusammenhangsmuster decken sich mit neuropsychologischen Beobachtungen (Baddeley, Papagno & Vallar, 1988 zit. nach Weinert, 2006) und Befunden zum lexikalischen Lernen beim Zweitspracherwerb (Baddeley, 2007; Service, 1992 sowie Service & Kohonen, 1995 beide zit. nach Weinert, 2006). 2.1.1.3 Grammatikerwerb und Kognition Der Erwerb der Grammatik wird von Kindern innerhalb von etwa zehn Jahren bewältigt (Anderson, 2001, S. 373). Die meisten Kinder haben bis zum Alter von zweieinhalb bis drei (Weissenborn, 2000, S. 143) oder vier Jahren (Szagun, 2006, S. 59) die wichtigsten Regeln von Morphologie und Syntax erworben. Dieser Erwerb erfolgt ohne Mühe und Instruktion auf implizitem Weg (Dannenbauer, 2002, S. 106; Grimm & Weinert, 2002, S. 250; Szagun, 2006, S. 59/264), genauso wie grammatisches Wissen überhaupt implizites Wissen ist (Anderson, 2001, S. 373). Die Schnelligkeit und Mühelosigkeit des frühen Spracherwerbs wird von Nativisten wie Noam Chomsky und Steven Pinker mit einer angeborenen Universalgrammatik (UG) erklärt. Die universelle – das heißt für alle Sprachen der Welt geltende – grundlegende Grammatik beinhalte das Wissen um eine hierarchische Struktur in Sätzen, die Fähigkeit zum regelhaften Umgang mit sprachlichen Elementen und morphologisches Wissen über Regeln und unregelmäßig gebildete Formen (Pinker 1991, 1994/1996, 1999 zit. nach Szagun, 2006, S. 269f.). Die sprachliche Umwelt fungiere lediglich als Auslöser, um den genetisch determinierten Bauplan für das Verhalten Sprache in Gang zu setzen. Es gibt unterstützende und widersprechende Ergebnisse zu dieser Auffassung (vgl. Berk, 2005; Szagun, 2006). Nach Dannenbauer (2002, S. 106) ist der Grammatikerwerb ein Teilprozess der komplizierten allgemeinen und sprachlichen Entwicklungsdynamik, der weitgehend in das Gesamterleben des sozialen Funktionierens von Sprache eingebettet ist. „Kinder schließen von Beginn des Spracherwerbs an aus den in ihrer Umgebung gebräuchlichen Wörtern auf die Bildungsweisen für Wörter“ (Rothweiler & Meibauer, 1999, S. 24). Sie 12 2 Theoretischer Hintergrund erkennen – nach und nach – Regelmäßigkeiten im Sprachangebot und klassifizieren sie. Um die erkannte Regel anzuwenden, müssen sie im nächsten Schritt eine Analogie zur bereits bekannten Form bilden. Dies geschieht zum Beispiel beim Erwerb von Flexionsmorphemen, wie sie bei der Pluralbildung von Bedeutung sind, und von Satzmustern. Dabei werden die Schemata im Laufe der Zeit immer abstrakter und damit vom spezifischen Inhalt unabhängiger und leichter übertragbar (vgl. Szagun, 2006, S. 260ff.). „Der Erwerb der spezifischen Regularitäten der jeweiligen Muttersprache stellt Anforderungen an die kindlichen Verarbeitungs-, Lern- und Gedächtnisfähigkeiten“ (Weinert, 2007, S. 228), also an die Kognition. Nach Weissenborn (2000, S. 164) sind für die morphosyntaktische Entwicklung kognitive und perzeptive Fähigkeiten nötig, die dem Kind eine linguistische Analyse des sprachlichen und nicht-sprachlichen Inputs ermöglichen. Diese Fähigkeiten sind Lautdiskriminierung, Erkennung prosodischer Einheiten und die Fähigkeit zum Aufbau von Objekt- und Ereignisrepräsentationen (vgl. dazu auch Penner, 2000 sowie Weinert, 2000a). Der entscheidende Lernmechanismus ist dann der Einsatz des aus der ersten Analyse erworbenen Wissens zur Erkennung der Struktureinheiten und -regeln einer anderen Repräsentationsebene (Weissenborn, 2000, S. 164), das heißt, die Übertragung und Anwendung von Wissen. Nach Weissenborn (2000, S. 158) ist für die Struktur der frühen Sprachproduktionen ein weiteres Prinzip bestimmend, das Prinzip der minimalen Struktur. Damit ist gemeint, dass das Kind Äußerungsstrukturen wählt, die unter Verwendung des bis dato erworbenen grammatischen Wissens den geringsten Aufwand an morphosyntaktischen Prozessen erfordern. Es werden funktionale Satzelemente ausgelassen, weil die nötigen sprachspezifischen Operationen (Wortstellungsänderungen, Artikelinsertion, Kongruenzmarkierung) kognitiv noch zu aufwändig sind (Weissenborn, 2000, S. 158). Daran wird deutlich, wie eng sprachliche und kognitive Entwicklung ineinander gehen. Auch von Grimm und Weinert (2002), Langenmayr (1997) und Szagun (2006) werden einige Strategien beim Syntaxerwerb beschrieben. Diesen Strategien ist gemeinsam, dass sie mit einem Problemlösungsprozess induktiver Art verbunden sind. Die Kinder lösen jeweils die Aufgabe, in dem sie aus den Beispielen, welche die Inputsprache liefert, die zugrundeliegende Regel ableiten. Laut Tracy (2000, S. 35) stützt sich das Kind dabei auf die optimistische Erwartung, dass es den prinzipiell invarianten Bauplan aufdeckt. Und daneben benötigt es „leistungsfähige kognitive 13 2 Theoretischer Hintergrund Strukturbildungsmechanismen“ (Tracy, 2000, S. 35). Dies spricht für die Bedeutung der Kognition für den Spracherwerb. Für den Grammatikerwerb ist weiterhin das bereits im Zusammenhang mit dem Wortschatzerwerb genannte phonologische Arbeitsgedächtnis bedeutsam (vgl. Grimm, 2001; Weinert, 2006). Das phonologische Arbeitsgedächtnis ist eine notwendige Voraussetzung für die Speicherung von Spracheinheiten und damit die Erstellung einer Datenbasis aus der formal-sprachliche Regeln abgeleitet werden können (vgl. Grimm, 2001 mit Verweis auf die Forschergruppe um Gathercole & Baddeley, 1992/1993; Weinert, 2000a). Bedeutsame Korrelationen zwischen Maßen zum phonologischen Arbeitsgedächtnis und Sprachleistungen bei vier- und fünfjährigen Kindern wiesen z. B. Götze, Hasselhorn und Kiese-Himmel (2000) nach. Sie führen auch Studien von Adams und Gathercole (1995, 1996 zit. nach Götze et al., 2000) an, in denen detaillierte empirische Analysen zum phonologischen Arbeitsgedächtnis und zur Sprachproduktion bei Kindern zwischen drei und fünf Jahren durchgeführt wurden. Die Ergebnisse von Adams und Gathercole (1995 zit. nach Götze et al., 2000) zeigen, dass Kinder mit geringem phonologischen Arbeitsgedächtnis weniger Wörter spontan nutzen und kürzere Äußerungen mit geringerer grammatikalischer Komplexität produzieren. Signifikante Korrelationen zwischen dem Arbeitsgedächtnis und expressiver Sprachfähigkeit (Länge der Äußerungen und Zahl relevanter Informationen) wiesen Adams und Gathercole (1996 zit. nach Götze et al., 2000) nach. Laut Weinert (1998 zit. nach Weinert, 2000a) besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem phonologischen Arbeitsgedächtnis und dem Grammatikerwerb vor allem im unteren Leistungsbereich. Es gibt Hinweise darauf, dass für den Grammatikerwerb die Arbeitsgedächtniskapazität einerseits nicht zu gering, andererseits aber auch nicht zu groß sein soll (Weinert, 2000a, S. 348). Die begrenzte Arbeitsgedächtniskapazität junger Kinder scheint für den Grammatikerwerb durchaus funktional zu sein. Es scheint nämlich förderlich, zunächst kleinere Sprachangebotseinheiten zu verarbeiten und daraus Regeln abzuleiten. Eine zu differenzierte Speicherung der Beispiele behindere dagegen die implizite Ableitung von Regularitäten (vgl. z. B. Karmiloff-Smith, 1997 und Newport, 1990 beide zit. nach Weinert, 2000a). Wenn mit dem Alter der Kinder die Arbeitsgedächtniskapazität zunimmt, muss dies demzufolge nicht unbedingt den Grammatikerwerb erleichtern (vgl. Weinert, 2000a). Im ungestörten Entwicklungsverlauf scheint es eine bedeutsame Passung zwischen früh verfügbaren Fähigkeiten zur 14 2 Theoretischer Hintergrund Informationsverarbeitung und spezifischen Merkmalen des Sprachangebots zu geben, die den Grammatikerwerb erleichtern oder sogar erst ermöglichen (Weinert, 2000a). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Grammatikerwerb (wie Wortschatzerwerb) zumindest teilweise als Wissenserwerb über einen Induktionsprozess erfolgt, für den das phonologische Arbeitsgedächtnis und verschiedene Informationsverarbeitungsstrategien von Bedeutung sind. Gleichzeitig sind andere Arten von Erwerbsprozessen und Erklärungsmöglichkeiten nicht auszuschließen. 2.1.1.4 Das WIE des Spracherwerbs – Lernmechanismen und implizites Lernen An verschiedenen Lernmechanismen, die für den Spracherwerb angenommen werden, wird die Bedeutung der Kognition deutlich. Für den Spracherwerb nützliche Lernprozesse sind nach Szagun (2006) Imitation, Klassifizieren und Analogiebildung sowie Nutzung von Häufigkeiten in Input und Reformulierungen. An dieser Stelle werden nur die erstgenannten Lernmechanismen behandelt, da auf die Rolle des Inputs unter 2.1.1.5 eingegangen wird. Besonderes Interesse gilt dem Klassifizieren und der Analogiebildung, weil diese Prozesse starke kognitive Anteile haben. In diesem Zusammenhang wird auf das induktive Schließen näher eingegangen. Das implizite Lernen – ebenfalls eine kognitive Leistung – wird als grundlegende Form des frühen Spracherwerbs angesehen und behandelt. Zunächst sei kurz auf die Befunde zur Imitation eingegangen. Imitation ist Lernen am Modell durch Nachahmung. Dieser Wirkmechanismus wird in behavioristischen Ansätzen auch für den Spracherwerb angenommen (vgl. Berk, 2005, S. 222; Langenmayr, 1997, S. 510). Im Alter „zwischen einem und vier Jahren – haben Kinder eine sehr starke Neigung zur Imitation. Bei vielen Problemlösesituationen besteht ihre erste Reaktion in der Imitation des Verhaltens der anderen“ (Tomasello, 2006, S. 203). Forschungsergebnisse von Bloom et al. (1974; Bloom, 1991 zit. nach Szagun, 2006, S. 257) sprechen weiterhin dafür, dass Imitation zur Aneignung von Wörtern oder semantisch-syntaktischen Kategorien benutzt wird, zu denen bereits Vorwissen vorhanden ist, die jedoch noch nicht aktiv beherrscht werden. „Imitierte sprachliche Formen sind also nicht bedeutungslos, sondern können den Einstieg in das Beherrschen einer sprachlichen Form darstellen“ (Szagun, 2006, S. 257). Laut Clark (1977 zit. nach Szagun, 2006) ist es auch möglich, dass zunächst „unanalysierte, nachgeahmte Ausdrücke plötzlich analysiert und neu kombiniert werden“ (Szagun, 2006, S. 258f.) und die Imitation auf diese Weise dem Grammatikerwerb dient. Eine notwendige Strategie zum Spracherwerb ist Imitation allerdings nicht, denn ob und wie viel Kinder 15 2 Theoretischer Hintergrund imitieren, ist individuell sehr verschieden und hängt u. a. von den Erwachsenenäußerungen ab (Snow, 1981; Uzgiris et al., 1974 beide zit. nach Szagun, 2006, S. 258). Insgesamt wird Imitation im Spracherwerb heute eher als unterstützend angesehen (Berk, 2005, S. 222). Sie dürfte außerdem wenig mit der kognitiven Entwicklung im Zusammenhang stehen. Eine weitaus bedeutendere und stärker kognitive Lernstrategie ist jene des Klassifizierens und der Analogiebildung. Klassifizieren und Analogiebildung sind Schlussfolgerungsprozesse. Schlussfolgerndes Denken kann auf drei Arten geschehen: (1) Analoges Schließen ist das Schließen von Bekanntem auf Unbekanntes aufgrund von Ähnlichkeiten, (2) Induktives Schließen meint die Schlussfolgerung von immer wiederkehrenden Phänomenen auf Regelmäßigkeiten oder Wirkzusammenhänge und (3) Deduktives Schließen heißt, aus gegebenen, auch implizit gegebenen, Sachverhalten auf weitere zu schließen (vgl. Oerter & Dreher, 2002, S. 487). Der natürliche Spracherwerb wird daher auch als Aufgabe induktiver Art gesehen, denn die Kinder erfahren keine oder wenig Anleitung dafür (Anderson, 2001, S. 379). Laut Oerter und Dreher (2002) ist das induktive Schließen von besonderer Bedeutung für die Begriffsbildung, die Generalisierung bzw. Spezifizierung von Konzepten ebenso wie für das Problemlösen. Hier wird die Verbindung zwischen Kognition und Sprache sehr deutlich. Menschen sind bestrebt, Informationen und Wissen in übergeordnete Klassen einzuteilen, die hierarchisch aufgebaut und verschiedentlich miteinander verknüpft sind. Für verschiedene Funktionen oder Handlungen werden Schemata abstrahiert, die in künftigen, ähnlichen Situationen den Rahmen bilden (vgl. Anderson, 2001). Der Prozess des Klassifizierens durch Analogiebildung wird auch beim Erwerb von Wörtern und Begriffen angenommen. Außerdem können Kinder die grammatikalischen Strukturen im sprachlichen Input suchen und finden. „Die Strategien, die sie dazu verwenden, basieren auf den Prinzipien, die den Kindern zur Lösung nicht-linguistischer Probleme zur Verfügung stehen“ sagt Clahsen (1982, S. 119), wobei er weiter einräumt, dass aus seiner Untersuchung keine begründeten Aussagen über außer-linguistische Bedingungsfaktoren der frühen Sprachentwicklung möglich sind. Das heißt jedoch nicht, dass es sie nicht gibt, denn auch Szagun (2006) folgert aus den Ergebnissen von Tomasello (1992, 2000, 2001 alle zit. nach Szagun, 2006): „Beim Erwerb von syntaktischen und flexionsmorphologischen Schemata sind vermutlich die gleichen klassifizierenden 16 2 Theoretischer Hintergrund informationsverarbeitenden Prinzipien am Werk wie bei der Verarbeitung von nichtlinguistischer Information“ (ebd., S. 260). Abgesehen von den Informationsverarbeitungsstrategien ist der Erfolg von Schlussfolgerungsprozessen vor allem vom verfügbaren und zu erwerbenden Wissen abhängig (Goswami, 2002; Lany, Gómez & Gerken, 2007). Das sprachliche Wissen ist den Kindern jedoch nicht bewusst und noch weniger sind ihnen die Lernmechanismen bewusst, die sie anwenden. „Kinder imitieren nicht bewusst, sie klassifizieren auch nicht bewusst, und sie sind sich auch keiner Analogieschlüsse bewusst, auf denen ihre Klassifikationsschemata basieren. Auch das Aufnehmen von Reformulierungen und deren Imitation ist kein bewusster Vorgang. Was bei diesen Lernvorgängen stattfindet, ist ein implizites Lernen.“ (Szagun, 2006, S. 264) Nach Perrig (1996) liegt implizites Lernen dann vor, „wenn eine Veränderung im Verhalten oder im Verhaltenspotential eines Menschen hinsichtlich einer Situation feststellbar ist, die auf einmalige oder wiederholte Erfahrung dieser oder ähnlicher Situationen zurückgeht, ohne daß eine Einsicht, berichtbare Erkenntnis oder berichtbares Wissen des betreffenden Menschen die Begründung für die Verhaltensänderung liefern kann“ (Perrig, 1996, S. 212f.). „Ein solches Lernen basiert auf der Funktionsweise unseres informationsverarbeitenden Systems“ (Szagun, 2006, S. 264). Implizites Lernen wurde insbesondere für den Spracherwerb bestätigt. Der Begriff „implizites Lernen“ ist verknüpft mit der Person Arthur S. Reber, der seit 1967 Studien zum Erwerb künstlicher Grammatiken veröffentlicht und diese Art des Lernens annimmt und nachweist (Perrig, 1996, S. 205). Eine große deutsche Studie zu diesem Thema stammt von Sabine Weinert (1991). Sie untersuchte Erwachsene sowie sprachlich normalentwickelte und sprachgestörte Kinder beim Lernen einer konstruierten Miniatursprache und konnte die Bedeutung impliziter Lernprozesse beim Erwerb formal-sprachlicher Regeln nachweisen, und zwar für Erwachsene ebenso wie für Vorschulkinder. Weinert (1991) zeigte damit, dass „auch jüngere Kinder in der Lage sind, komplexe formale Regeln induktiv zu erwerben“. Gleichzeitig weist sie auf eine Bedingung hin, nämlich, dass „die Induktionsbasis [= der Input] geeignete rhythmischprosodische Hinweise auf die Regelstruktur enthält“ (Weinert, 1991, S. 165). Diese Bedingung nutzen zu können, ist allerdings eine weitere Voraussetzung, die interindividuell verschieden ausgeprägt ist (Weinert, 1991, S. 216). Nachdem hiermit die Bedeutung des impliziten Lernens vor allem für die Abstraktion formal-sprachlicher, grammatischer Regeln aufgezeigt wurde, sei darauf 17 2 Theoretischer Hintergrund hingewiesen, dass dieses Lernen auch für den Aufbau semantischer Netzwerke genutzt wird. Zum Aufbau von Begriffen und Bedeutungskonzepten nutzen Menschen die auftretende Häufigkeit und Kovariation von Merkmalen auf implizite Art (Perrig, 1996, S. 208). Explizite, d. h. bewusst gesteuerte Lernprozesse, scheinen hier, ebenso wie bei der Ableitung grammatischer Regeln, weniger bedeutsam zu sein (Kemler-Nelson, 1984 zit. nach Weinert, 2000a; Weinert 1991, S. 47; vgl. auch Weinert, 2000a). Demzufolge wird beim Spracherwerb die Regularität im Lernmaterial genutzt, die dem Bewusstsein, der introspektiven Betrachtung und der Verbalisierung nicht verfügbar ist (vgl. Weinert, 1991). Werden Regeln expliziert, kann dies sogar hinderlich für die Anwendung des impliziten Wissens sein (vgl. Perrig, 1996; Weinert, 1991). Deshalb ist es wohl funktional, dass Kinder sich anfangs über Sprache und Lernen nicht bewusst sind. Mit der Zeit entwickeln Kinder jedoch ein Bewusstsein über Sprache, die Struktur und den Erwerb von Sprache. Karmiloff-Smith (1992 zit. nach Grimm & Weinert, 2002, S. 534f.) beschreibt den Erwerb metalinguistischer Bewusstheit in einem Drei-Phasen-Modell. Danach verfügt das fünfjährige Kind lediglich über das implizite Sprachwissen, das es aus der Umwelt datengeleitet erworben hat, im Gedächtnis repräsentiert und angemessen anwendet. Die Überführung in explizites Wissen erfolgt dann bei sechsjährigen Kindern in einem nicht-bewussten Reorganisationsprozess. Eine Begründung, die explizites Sprachwissen erkennen lässt, liefern jedoch erst ältere Kinder ab acht Jahren (vgl. Grimm & Weinert, 2002, S. 534f.). Diese Altersangaben sollten jedoch nicht als Absolutwerte verstanden werden. Auch hier dürfte es interindividuelle Variationen geben, die einerseits im Kind und andererseits in der sozialen und sprachlichen Umgebung begründet sind. So erscheint es plausibel, dass mehrsprachig aufwachsende Kinder schon sehr früh ein Bewusstsein über Sprache und ihre Anwendung entwickeln (vgl. dazu Bialystok, 2001; Haberzettl, 2007; Tracy, 2007). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sprache über mehrere, parallele Wege erworben wird. Imitation leistet einen Beitrag; eine größere Bedeutung hat jedoch das Klassifizieren und die Analogiebildung durch induktives Schließen. Diese Schlüsse sind zum größten Teil unbewusst, sie erfolgen auf implizite Weise (Weinert, 2003a). Diese nicht-bewussten Lernleistungen von Personen scheinen sogar eine relativ geringe interindividuelle Varianz aufzuweisen und weitgehend unabhängig von der allgemeinen Intelligenz und dem Alter der Probanden zu sein (Reber, Walkenfeld & Hernstadt, 1991; Weinert, 1991). Aber natürlich können die impliziten Lernprozesse den Sprachund Konzepterwerb nicht allein erklären (Weinert, 2003a). Es gibt andere Erklärungs18 2 Theoretischer Hintergrund möglichkeiten. Einige werden in den Ausführungen zu weiteren Lernmechanismen und Lernbedingungen deutlich (s. o. und s. u.). Beispielsweise ist bereits angeklungen, welch wesentliche Rolle der sprachliche Input spielt. 2.1.1.5 Die Rolle des sprachlichen Inputs – Was Kinder zu hören bekommen „Sprache wird in einer Kultur gelernt, die unsere Repräsentationen formt und den Weg zu effektiver Kommunikation bereitet.“ (Hennon, Hirsh-Pasek & Golinkoff, 2000, S. 80) Sprache vermittelt unsere Vorstellungen von der Welt und prägt unser Denken. Deshalb ist es grundlegend, was Kinder „zu hören“ bekommen. Sprachanregungen aus der Umwelt werden als sprachlicher Input bezeichnet. Laut Ritterfeld (2000) entspricht diese Bezeichnung zwar nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand, wird jedoch weiterhin verwendet – so auch in diesem Kapitel. Außerdem wird häufig vom Sprachinput durch die Mutter gesprochen; es ist jedoch jede Bezugsperson des Kindes gemeint, die mit dem Kind spricht. Jede Erzieherin in einer Kindertageseinrichtung ist für das Kind eine solche Bezugsperson. Um den Stellenwert ihrer sprachlichen Anregungen im Kindergartenalltag und insbesondere in Sprachfördersituationen zu verdeutlichen, wird in diesem Kapitel auf die Bedeutung des Inputs für den Spracherwerb sowie für die allgemeine kognitive Entwicklung eingegangen. Der sprachliche Input spielt eine wichtige Rolle beim Spracherwerb (Elsen, 1999; Grimm, 2003a; Grimm & Weinert, 2002; Klein, 2000; Ritterfeld, 2000; Szagun, 2006; Wode, 1988). Es gibt „Passungen“ zwischen den inneren Voraussetzungen des Kindes und den äußeren Merkmalen des Sprachangebots (Waxman, 2002, S. 125; Weinert, 2006, S. 689; u. a.). Dies entspricht der aktuell vertretenen „transaktionalen Betrachtungsweise“ (Ritterfeld, 2000, S. 404). „Es sind die sozialen Kontexte, die durch Familie, Nachbarschaft oder Kindergarten realisiert werden, welche den Informationsinput liefern, der für den biologisch fundierten Sprachlernprozeß notwendig ist“ (Ritterfeld, 2000, S. 403). „Umwelt und Kind tragen gemeinsam die Verantwortung für den Spracherwerb“ (Ritterfeld, 2000, S. 411). Das Kind ist ausgestattet mit den charakteristischen Eigenschaften des Spracherwerbsprozesses, die sich auf die Sensibilität für die Verarbeitung phonetisch-phonologischer Inputinformationen zurückführen lassen (Weissenborn, 2000, S. 145). So verfügt es sehr früh über Lernmechanismen, um aus dem sprachlichen Input statistische Informationen zu extrahieren, aus denen es Regelhaftigkeiten erschließt (vgl. Hennon et al., 2000, S. 80; Szagun 2006, S. 277; Weinert, 2000, S. 334f.). Die Erwachsenen verwenden intuitive Strategien, die in der Interaktion mit dem Kind zum Zweck der Kommunikation entstehen und dem 19 2 Theoretischer Hintergrund kindlichen Sprachentwicklungsstand angemessen sind (Ritterfeld, 2000; Weinert, 2006). Diese sind allerdings nicht unbedingt optimal, denn Förderstudien zeigen, dass „Optimierungen dieser Passungen zu einer Beschleunigung des Sprachlernens zu führen“ scheinen. Außerdem kann durch kognitiv-anspruchsvolle Dialoge „zugleich auch Einfluss auf die kognitive Entwicklung der Kinder genommen werden“ (Weinert, 2006, S. 691f.). Das zentrale Moment scheint dabei in der (dyadischen) Interaktion zu liegen (vgl. Garton, 1992; Grimm, 2003a; Hoff-Ginsberg, 2000, S. 478; Ritterfeld, 2000). Beobachtungen und Experimente zeigen, dass die soziale Interaktion die kognitive und sprachliche Entwicklung erleichtert (z. B. Bearison 1982, Bornstein & Bruner 1989, Light 1983, Murray 1983, alle zit. nach Garton, 1992). Die entscheidende Rolle spielt dabei die Beziehungsqualität zwischen Mutter und Kind (vgl. Grimm 2003a, S. 51 mit Hinweis auf die Ergebnisse von Bowlby, 1951 sowie Keller, 1992, 2000). Diese Befunde sprechen für die interaktionistische Sichtweise von Bruner (2002) und Vygotskij (2002), wonach Sprache im Wesentlichen in sozialen Interaktionen erworben wird (vgl. Berk, 2005; Garton, 1992; Grimm & Weinert, 2002).4 Ein bedeutender Aspekt des Inputs in der Interaktion ist die gemeinsame Aufmerksamkeit von Kind und Erwachsenem (vgl. Grimm, 2003a; Ritterfeld, 2000; Szagun, 2006; Tomasello, 2006). Deren Bedeutung hob Jerome Bruner als erster hervor (1983, siehe dt.: Bruner, 2002). Seine Hypothese wurde empirisch verschiedentlich bestätigt (vgl. Hoff-Ginsberg, 2000, S. 484). Die Aufmerksamkeitslenkung erfolgt – vor allem anfangs – durch die erwachsene Person, z. B. durch Benennung von Gegenständen oder Sachverhalten (z. B. Waxman, 2002, S. 112). Nach Ritterfeld (2000, S. 405f.) gehören zu den wesentlichen Aufgaben des Inputs im Spracherwerbsprozess neben der Aufmerksamkeitslenkung des Kindes (auf die Umweltsprache) auch die „Datenlieferung“ zur Ausbildung von Sprachwissen und die Anregung zur verbalen Kommunikation. Daher stellt sich die Frage nach der Menge des Inputs, die für den Spracherwerb förderlich ist. Dass sich die Menge sprachlicher Äußerungen, die Kinder hören, auf ihre Sprachentwicklung auswirkt, ist gut belegt (vgl. Hoff-Ginsberg, 2000, S. 481). Z. B. ist das Ausmaß mütterlicher Sprachangebote der beste Prädiktor für den Wortschatzerwerb insbesondere bei Kindern zwischen 18 und 21 4 Sprachlicher Input über Medien, wie Fernsehen und Hörfunk, reicht aus diesem Grund nicht aus, damit Kinder Sprache erwerben, denn es handelt sich nicht um interaktive, kommunikative Situationen, die an die Bedürfnisse des Kindes angepasst sind (Ritterfeld, 2000, S. 407; Weinert, 2006, S. 689). Beispiele der Entwicklung von hörenden Kindern gehörloser Eltern stützen diese Annahmen (vgl. Grimm, 2003a, S. 63; Ritterfeld, 2000). 20 2 Theoretischer Hintergrund Monaten (vgl. Ritterfeld, 2000, S. 421). Es ist jedoch nicht allein die Häufigkeit des Auftretens sprachlicher Formen, die zum Erwerb führt. Gerade hinsichtlich der Grammatik erhalten Kinder aus der Umwelt immer nur einen begrenzten Ausschnitt der Beschränkungen und Möglichkeiten und überdies nur wenig Informationen darüber, welche Regelableitungen zu falschen Ergebnissen führen würden. Dennoch kommen sie zu den richtigen Schlussfolgerungen und bauen „ein komplexes, reichhaltiges grammatisches System“ auf, das ihnen die Konstruktion nie gehörter Satzstrukturen erlaubt (Dannenbauer, 2002, S. 106). Wie viel Input mindestens für den Spracherwerb nötig ist, kann bislang nicht eindeutig beantwortet werden. Bei sprachauffälligen Kindern scheint die untere Grenze höher zu liegen als bei sprachlich unauffälligen Kindern (vgl. Ritterfeld, 2000, S. 422). Doch „nicht nur zu wenig, sondern auch zuviel Input“ kann die Sprachentwicklung hemmen, nämlich dann, wenn Bezugspersonen eher monologisieren und das Kind wenig zum Sprechen anregen (Ritterfeld, 2000, S. 423). Ritterfeld (2000) weist in diesem Zusammenhang auf das Pausenverhalten als Qualitätsmerkmal des Inputs hin. Die Sprachentwicklung ist im Vergleich zu anderen Lernbereichen äußerst robust. Daher ist weder die Quantität noch die Qualität des Inputs für den Erfolg entscheidend (Grimm, 2003a, S. 62; Weinert, 2006, S. 688; vgl. auch Anderson, 2001, S. 380). Doch Input per se reicht auch nicht aus. Das Kind muss diesen verarbeiten. Es wird angenommen, dass „spezifische Merkmale des Sprachangebots und der Lehr-LernSituationen“ dies erleichtern (Weinert, 2006, S. 689). Charakteristik effektiven Inputs Die an das Kind gerichtete Sprache (KGS) wurde vielfach untersucht. Eine ausführliche Charakteristik findet sich z. B. bei Szagun (2006, Kap. 7). „Entsprechend dem jeweiligen Entwicklungsstand [des Kindes] variiert die Mutter ihre Lernangebote und lenkt das Kind, ohne es jedoch zu dominieren“ (Grimm, 2003a, S. 51). Es wurden in Abhängigkeit vom Alter des Kindes drei Formen von KGS identifiziert (vgl. Grimm, 2003a; Grimm & Weinert, 2002; Ritterfeld, 2000). Im ersten Lebensjahr dominiert die „Ammensprache“, die besonders durch ihre überzogene Prosodie auffällt (vgl. Grimm, 2003a, S. 51ff.). Es schließt sich die „stützende Sprache“ im zweiten Lebensjahr an, die den Wortschatz stärker betont. Bei Kindern über zwei Jahre wird eine stärker „lehrende Sprache“, die sog. „motherese“ verwendet, die modellierend den Grammatikerwerb unterstützt. Nach Weinert (2006) schließt sich daran eine vierte Form von KGS an: die 21 2 Theoretischer Hintergrund „kognitiv anregende Sprache“. Diese zeichnet sich durch die Herstellung von Beziehungen und Kausalzusammenhängen aus und fördert die Reorganisation und Reflexion von Wissen (Weinert, 2006, S. 690f. mit Verweis auf Snow, 1999a). Mit zunehmender Sprachkompetenz des Kindes sollte diese Anregung zu „dekontextualisierter Sprache“ verstärkt werden. Input und Kognition Die sprachliche Kommunikation ist nicht nur entscheidend für den Spracherwerb, sondern hat auch in verschiedener Hinsicht Bedeutung für die kognitive Entwicklung. Tomasello (2006) fokussiert „(1) die kulturelle »Weitergabe« von Wissen an Kinder durch sprachliche Kommunikation; (2) die Einflüsse der Struktur sprachlicher Kommunikation auf die Bildung kognitiver Kategorien, Beziehungen, Analogien und Metaphern; und (3) die Art und Weise“ der sprachlichen Interaktion (Tomasello, 2006, S. 209). Es geht also um Wissen, Struktur und Anwendung. Und diese drei sind wiederum verzahnt, denn Wissen muss strukturiert werden und findet in Prozessen strukturiert Anwendung. Spracherwerb ist in vielen Teilen Strukturerwerb. Das Kind benötigt daher „leistungsfähige kognitive Strukturbildungsmechanismen“ (Tracy, 2000, S. 35). „Der Erwerb von Struktur ist als Ergebnis von aktiver Informationsverarbeitung aufzufassen. Der sprachlichen Umgebung und der Handlungssituation wird [dabei] ein direkter und häufig entscheidender Einfluß auf den Spracherwerbsprozeß zuerkannt“ (Elsen, 1999, S. 99). Es werden also neben den Wissensstrukturen auch die Prozesse und Prozeduren des Lernens – das kognitive Handeln – vom Input beeinflusst. Mueller Gathercole (2006, S. 13) weist darauf hin, dass die sprachliche Codierung den Verarbeitungsprozess beeinflusst. Weiterhin scheint die Effektivität des impliziten Lernens mit der Verfügbarkeit korrelativer Strukturen im Reizangebot zu steigen (Weinert, 2000a). „Insbesondere Karmiloff-Smith hat betont, daß diese Erwerbsprozesse datengesteuert sind, d. h. sie erfolgen durch Anpassung an externe Reize, indem das Kind konsistente Muster im Input identifiziert. Auch die Nutzung der unterschiedlichen Prozeduren ist zunächst durch den Input bestimmt“ (Weinert, 1991, S. 225). „Gopnik, Choi und Baumberger (1996) konnten zeigen, dass die Struktur der Inputsprache sowohl den Erwerb sprachlicher Formen wie die nicht-sprachliche Kognition beeinflusst“ (Szagun, 2006, S. 156). 22 2 Theoretischer Hintergrund Es sollte deutlich geworden sein, dass die Sprachanregungen nicht nur für das Lernen der Sprache von Bedeutung sind, sondern auch für den Aufbau kognitiver Konzepte und Prozeduren sowie deren Anwendung. Laut Mueller Gathercole (2006, S. 13) kann der Prozess des Spracherwerbs als Lernen der Zuordnung von linguistischer Form zur Kognition, vermittelt über die semantische Form, angesehen werden. Doch schon allein für den Spracherwerb weisen nach Ritterfeld (2000) die zahlreichen empirischen Befunde im Hinblick auf den Zusammenhang der Inputsprache mit der kindlichen Sprachentwicklung „kein übergreifend konsistentes Muster auf, wonach ein intensiver qualitativ hochwertiger Input den Spracherwerb erleichtert“ (ebd., S. 426). Laut Ritterfeld (2000) bildet das Sprachangebot der Erwachsenen den Rahmen für die Sprachentwicklung des Kindes. Gleichzeitig ist „das dynamische Sprachlehr-LernSystem von zwei Seiten gegenüber Störungen anfällig […]; von seiten des Lehrenden, wenn der Input ungeeignet ist, und von seiten des lernenden Kindes, wenn ein adäquater Input nicht regelrecht verarbeitet wird“ (Ritterfeld, 2000, S. 427). Es ist daher wohl eher von zwei sich mehr oder weniger überlappenden Größen auszugehen. Außerdem ist der Input ein Teil der gesamten sozialen Umwelt des Kindes. Daher sei darauf hingewiesen, dass bereits hierin Variationsquellen für die Sprachentwicklung zu finden sind. Dazu gehören die Kultur, der sozioökonomische Status ebenso wie die Betreuungsbedingungen in der Familie und der Kindertageseinrichtung des Kindes (vgl. HoffGinsberg, 2000). 2.1.2 Zweitspracherwerb „childhood bilingualism is an essential and significant influence on children’s development“ (Bialystok, 2001, S. 248) Die Entwicklung von Kindern ist wesentlich von der Kultur und Sprache geprägt, in der sie aufwachsen. Wenn sie mit mehr als einer Sprache groß werden, hat dies entsprechenden Einfluss. Für viele Kinder, die in Baden-Württemberg an Sprachfördermaßnahmen teilnehmen, ist Deutsch nicht die erste oder einzige Sprache. Sie kommen aus Familien mit Migrationshintergrund. Daher stellen sich folgende Fragen: Unter welchen Bedingungen erwerben Kinder (erfolgreich) eine zweite Sprache? Was ist anders als beim Erstspracherwerb? Welche Rolle spielt das Alter? Welche Leistungen sind demzufolge von den Kindern in der Erst- und Zweitsprache sowie in den kognitiven Fähigkeiten zu erwarten? Welche Zusammenhänge gibt es dazwischen 23 2 Theoretischer Hintergrund und mit weiteren Leistungen? Bevor Antworten auf diese Fragen erläutert werden, sind einige Begrifflichkeiten zu klären. Unter Erstspracherwerb wird zumeist der monolinguale Spracherwerb der „Muttersprache“ bis zur „perfekten“ Beherrschung verstanden (Klein, 2000, S. 541). Demgegenüber gibt es viele Wege zweisprachig zu werden. Grob unterschieden werden drei Erwerbstypen: (1) Doppelter oder simultaner, bilingualer Erstspracherwerb liegt vor, wenn zwei Sprachen gleichzeitig erworben werden. Das Hinzutreten der zweiten Sprache muss in den ersten beiden Lebensjahren oder zumindest vor dem dritten Lebensjahr erfolgen (Haberzettl, 2007; Tracy & Gawlitzek-Maiwald, 2000, S. 503). Die genaue Grenze ist wissenschaftlich jedoch noch nicht geklärt (Tracy, 2007, S. 125). Danach, wenn die Erstsprache mit ihren grundlegenden morphosyntaktischen Strukturen im Wesentlichen als erworben gelten kann (Haberzettl, 2007, S. 69; Klein, 2000, S. 541), handelt es sich entsprechend um (2) Zweitspracherwerb. Ein wichtiges Kennzeichen des Zweitspracherwerbs ist über das Alter des Beginns hinaus die Einbettung in die Kultur der zweiten Sprache. Demgegenüber steht (3) der Fremdspracherwerb, der außerhalb der Sprachkultur lediglich durch Unterricht gesteuert erfolgt (Haberzettl, 2007; Oksaar, 2003; vgl. auch Tracy, 2007)5. Der Zweitspracherwerb kann durch zusätzliche Unterweisung ergänzt werden. Beim Fremdspracherwerb ebenso wie beim gesteuerten Zweitspracherwerb wird dem Lerner eine linguistische Beschreibung des Sprachsystems zugänglich gemacht (Klein, 2000, S. 552). Die Unterscheidung in Erst-, Zweit- und Fremdspracherwerb steht demzufolge einerseits in Verbindung mit dem Alter (Oksaar, 2003, S. 15; Tracy, 2007, S. 48), andererseits werden für den Erst-, Zweit- und Fremdspracherwerb auch teilweise andere Erwerbsmechanismen angenommen. Während beim doppelten Erstspracherwerb die natürlichen Lernmechanismen für beide Sprachen zur Verfügung stehen, sind diese beim Zweitspracherwerb je nach Alter nur noch teilweise zugänglich, was jedoch z. B. durch das vorhandene Erstsprachwissen und die fortgeschrittene kognitive Entwicklung ausgeglichen wird (s. u.). Auf dem Hintergrund der genannten Definitionen wird nochmals deutlich, dass es sich bei vielen Kindern mit Migrationshintergrund in einer Kindertageseinrichtung in Deutschland um Kinder beim Zweitspracherwerb handelt. Die individuellen Erwerbssituationen sind dabei sehr vielfältig, ebenso die Erwerbsverläufe und auch die Ansichten darüber (vgl. Haberzettl, 2007; Klein, 2000). 5 Weitere Ausführungen zu Definitionen und Wegen zur Zweisprachigkeit finden sich z. B. bei Wilken (2005). 24 2 Theoretischer Hintergrund 2.1.2.1 Bedingungen des (erfolgreichen) Zweitspracherwerbs Der Verlauf und das Ergebnis des Zweitspracherwerbs sind durch mehrere interagierende Faktoren bedingt. Diese bestehen nach Klein (2000) im Wesentlichen aus dem biologisch-genetisch bedingten Sprachlernvermögen, dem inneren Antrieb und dem Zugang bzw. Input von außen. Sprachlernvermögen Das Sprachlernvermögen ist wie jegliches Lernen von biologischen Determinanten und vom verfügbaren (Vor-)Wissen abhängig (vgl. Klein, 2000, S. 550f.). Zu den biologischen Determinanten gehören die Organe zum Sprechen und Hören sowie das zentrale Informationsverarbeitungssystem im Gehirn. Diese verändern sich im Verlauf des Lebens, was Auswirkungen auf den Spracherwerb in unterschiedlichen Lebensaltern hat (vgl. Klein, 2000). Sprachtheoretisch wird die typisch menschliche, genetisch verankerte Sprachlernfähigkeit seit Chomsky als Universalgrammatik (UG) bezeichnet. Sie stellt quasi das Grundgerüst für den Erwerb jeder Sprache bereit (vgl. Haberzettl, 2007, S. 74; Klein, 2000, S. 546; Szagun 2006, S. 269f.; Weinert 2000, S. 336). Ursprünglich nativistisch, wird sie heute in verschiedenen Theorien als Basis oder Bestandteil angesehen, z. B. im verarbeitungsorientierten Ansatz zum Zweitspracherwerb von Pienemann (1998 zit. nach Haberzettl, 2007). Motivation bzw. Antrieb Was bewegt Menschen dazu, ihre Sprachlernfähigkeiten anzuwenden? Zu den wichtigsten Gründen für den Zweitspracherwerb gehören die soziale Integration, kommunikative Bedürfnisse, Einstellungen und Bildungsfaktoren (Klein, 2000). Mit Bildungsfaktoren meint Klein (2000) Ziele im Bereich von Bildung und Gesellschaft. Das Gewicht der einzelnen Gründe ist interindividuell sehr verschieden. Kinder und Erwachsene unterscheiden sich vor allem in ihrer Anpassungsbereitschaft. Während sich ein Kind möglichst perfekt der Umwelt anpassen möchte, sein und sprechen möchte, wie die anderen, um nicht aufzufallen und kein Außenseiter zu sein, ist ein Erwachsener eher bestrebt seine Identität zu wahren (Klein, 2000, S. 544; auch Haberzettl, 2007, S. 68). Dies hat Auswirkungen auf die Sprachlernmotivation, weil Sprache sehr stark mit sozialer Identität verbunden ist (vgl. auch Langenmayr, 1997). 25 2 Theoretischer Hintergrund Input bzw. Zugang Der Input interagiert mit dem Sprachlernvermögen des Lerners (Klein, 2000, S. 552). Dies gilt nicht nur für den Erstspracherwerb (s. o.), sondern genauso für den Zweitspracherwerb. „Ausreichender Input kann […] als eine Grundbedingung für erfolgreiches Lernen angenommen werden“ (Haberzettl, 2007, S. 87). Laut Haberzettl (2007) benötigen kindliche Lerner lediglich „genug zielsprachlichen Input und ausreichend Gelegenheit, in der Zielsprache zu kommunizieren“, um unproblematisch eine Zweitsprache zu erwerben – außer es liegen auffällige Lernschwierigkeiten bzw. Defizite in der Erstsprachkompetenz vor (ebd., S. 69). Die Kontaktdauer mit der Zweitsprache ist vor allem in den ersten zwei Jahren relevant, anschließend sind eher die Art und die Intensität des Inputs von Bedeutung (Wode, 1988, S. 326ff.). Tracy (2007) spricht sich daher klar für eine Anreicherung des Sprachangebots aus. Sie schließt aus ihren Studien, dass „es nicht an den Kindern nicht-deutscher Erstsprachen oder den vermeintlichen Einflüssen der Erstsprachen liegt, wenn sie bis zum Schulanfang nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen“ (ebd., S. 144, Hervorh. i. O.). Ebenso Haberzettl (2007): „Kommunikative Intentionen und die Motivation zur Kommunikation können wir nur sehr bedingt, angeborene Prädispositionen für Sprache gar nicht, den Input jedoch durchaus beeinflussen“ (ebd., S. 87). Für die optimale Förderung ist jedoch noch genauer zu erforschen „welcher Input wie wirkt“ (ebd., S. 88). In jedem Fall gibt es Untersuchungen zufolge einen „sensiblen Zusammenhang zwischen lebensweltlichen Entwicklungsbedingungen, Erwerbstempo und der Ausbildung der Standardvariante Deutsch“ (Kracht, 2007, S. 453; vgl. auch Oksaar, 2003). 2.1.2.2 Erst- und Zweitspracherwerb im Vergleich Der Spracherwerb ist, wie in Kapitel 2.1 deutlich wurde, „ein kumulativer Prozeß, bei dem Wissen aufgrund vorhandenen Wissens aufgebaut wird. Beim Zweitspracherwerb kommt schließlich noch die Kenntnis der Erstsprache dazu […] Dieser kognitive Transfer ist eine wichtige Quelle für den Unterschied zwischen Erst- und Zweitspracherwerb“ (Klein, 1995, S. 498, Hervorh. i. O.; vgl. auch Meisel, 2007). Nach heutigem Wissen unterscheiden sich die Erwerbspfade von monolingualen und simultan bilingualen Kindern nicht signifikant – bezüglich der benötigten Zeit und der grundlegenden qualitativen Merkmale von dokumentierten Erwerbsschritten (Tracy 26 2 Theoretischer Hintergrund & Gawlitzek-Maiwald, 2000, S. 517ff.; auch Meisel, 2007; Tracy, 2007)6. Es wurden keine Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern hinsichtlich des Beginns des Lallens und Sprechens, des Wortschatzumfangs und Erwerbs von Nebensatzkonstruktionen gefunden (vgl. Tracy, 2007). Auch beim frühen Zweitspracherwerb können der Verlauf und Prozess ebenso wie das Ergebnis dem Erstspracherwerb noch sehr ähnlich sein (Tracy, 2007). Tracys (2007) Befunde „legen die Schlussfolgerung nahe, dass sich L2-Kinder im Alter von drei bis vier Jahren die deutsche Syntax im Bereich der Verbstellung und der Verbflexion noch ebenso treffsicher und zügig aneignen können wie L1-Lerner. Wenn man die Kürze der ‚Belichtungszeit’ berücksichtigt, sind sie eigentlich sogar schneller! Abweichungen vom Erstspracherwerb finden sich in stark ausdifferenzierten Teilsystemen […]: Kasus, Genus, Numerus (Mehrzahl), morphologische Details der Flexion“ (Tracy, 2007, S. 142). Dies spricht für die sog. „Identitätshypothese“, die besagt, dass Erstspracherwerb und Zweitspracherwerb nach den gleichen Prinzipien verlaufen (vgl. Klein, 2000, S. 542). Identität im Verlauf ist jedoch nicht in gleicher Weise für ältere Zweitsprachlerner, vor allem Erwachsene anzunehmen. Nach Clahsen (1988) stehen dem erwachsenen Sprachlerner die auf den Grammatikerwerb spezialisierten Lernmechanismen der Kinder beim Erstspracherwerb nicht mehr zur Verfügung (Clahsen, 1988, S. 254). Sie setzen andere Strategien ein (ebd., S. 243) und haben mehr kognitive Kompetenzen verfügbar (Weinert, 2006, S. 674). So gesehen verläuft der Zweitspracherwerb vermutlich nicht nach „gleichen Gesetzmäßigkeiten“ wie der Erstspracherwerb (Oksaar, 2003, S. 110), denn die Grundlagen und Voraussetzungen für beide sind unterschiedlich (z. B. Alter und damit phonologische Sensibilität, Stand der kognitiven Entwicklung, Erwerbsbedingungen …) (vgl. Haberzettl, 2007, S. 86; auch Meisel, 2007; Oksaar, 2003). Auf die altersbedingten Veränderungen beim Spracherwerb wird im folgenden Abschnitt 2.1.2.3 eingegangen. Insgesamt scheint nur der bilinguale und eventuell sehr frühe Zweitspracherwerb, nicht jedoch der Zweitspracherwerb und Fremdspracherwerb im Schulalter mit dem Erstspracherwerb identisch zu sein. Die Unterschiedlichkeiten im Erst- und Zweitspracherwerb sind das Resultat sehr verschiedener Lernkonstellationen (Klein, 2000, S. 545). Möglicherweise beim Zweitspracherwerb auftretende Probleme können gesellschaftlicher, sozialer, kultureller, lebensweltlicher und sprachstruktureller Natur sein (Kracht, 2007, S. 453). Einzelne Erwerbsszenarien ebenso wie bestimmte Sprachkombi6 Einschränkend jedoch Müller, Hulk und Jakubowicz (1999) zit. nach Weissenborn (2000, S. 144). 27 2 Theoretischer Hintergrund nationen können den Lernern die Erwerbsaufgabe erleichtern oder erschweren (Tracy & Gawlitzek-Maiwald, 2000, S. 526). D. h. mehrsprachige Kinder werden vor Herausforderungen gestellt – auch hinsichtlich der Verarbeitung von sprachlichen Strukturunterschieden und sprachlicher Komplexität, die zu Entwicklungsauffälligkeiten führen können (Kracht, 2007, S. 453). Verzögerungen oder Erwerbslücken sind nach Haberzettl (2007) allerdings keine Anzeichen von Überforderung, sondern von „ungenügendem Input oder emotional bedingten Abwehrreaktionen“ (Haberzettl, 2007, S. 71). Auch sind Verlangsamungen nicht mit der Art der Schwierigkeiten von Kindern mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen (SSES) vergleichbar (Tracy & Gawlitzek-Maiwald, 2000, S. 525; vgl. Kap. 2.1.3). Kinder mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen gibt es unter bilingualen Kindern im Übrigen genauso häufig wie unter monolingualen – nicht häufiger (Tracy & Gawlitzek-Maiwald, 2000, S. 526). Zudem verdeutlichen die Befunde zum code mixing – dem Mischen von Sprachen – aus der kognitiven, linguistischen und kommunikativen Perspektive, dass der simultane Erwerb von zwei Sprachen kein Risiko verzögerter, unvollständiger oder abweichender Sprachentwicklung birgt (vgl. Genesee, 2002, S. 192). Ein Problem bei erwachsenen Zweitsprachlernern ist die vielfach zu beobachtende „Fossilierung“, d. h. es wird vor allem hinsichtlich der Phonologie und Grammatik ein Plateau erreicht und kaum noch überwunden (vgl. Klein, 2000; Tracy, 2007). Folglich scheint das Alter eine wichtige Rolle beim (Zweit-)Spracherwerb zu spielen. 2.1.2.3 Sensible Phase? – Die Bedeutung des Alters für den Spracherwerb In Forschung und Praxis wird diskutiert, welche Bedeutung das Alter für den Spracherwerb hat. Die meisten Studien dazu stammen aus der Zweitspracherwerbsforschung, weshalb das Thema an dieser Stelle behandelt wird. Beantwortet werden soll die Frage, welche Lernbereitschaft für Sprache im Vorschulalter besteht und ob sich in diesem Zeitraum die Erweiterung verschiedener sprachlicher Kompetenzen verändern kann. In verschiedener Form besteht die Annahme einer sensiblen Phase oder Periode, d. h. einem Zeitraum mit ausgeprägter Sensibilität für – in diesem Fall – sprachliche Erfahrungen und damit verbunden ein relativ schnelles Lernen in diesem Bereich (vgl. Szagun, 2006). Die Auffassungen über eine solche Phase für den Spracherwerb gehen weit auseinander (vgl. z. B. Meisel, 2007; Singleton & Ryan, 2004; Szagun, 2006; Wode, 1988). Zum Teil werden sehr enge kritische Zeitfenster von wenigen bestimmten Monaten oder Jahren angenommen, in denen Sprache allgemein oder spezielle 28 2 Theoretischer Hintergrund sprachliche Bereiche erworben werden müssen. Teilweise wird von einer allmählichen Abnahme der Sprachlernfähigkeiten ausgegangen. Demgegenüber steht die Annahme altersbedingter Veränderungen beim Sprachlernen, wobei es hier kein besser oder schlechter gibt. Bestimmte sprachliche Aspekte werden früher, andere später leichter und erfolgreicher gelernt. Auf die verschiedenen Sichtweisen wird im Folgenden genauer eingegangen. Die Annahme von kritischen Zeitfenstern beim Spracherwerb vertritt z. B. Grimm (2000). „Wenn diese zu spät erreicht werden und das Kind zu lange darin verharrt, sind Erwerbsdefizite die unausweichliche Folge“ (Grimm, 2000, S. 605f.). Eine „kritische Phase“, ja sogar „biolinguistische Uhr“ speziell für den Beginn des Grammatikerwerbs nimmt Locke (1997 zit. nach Szagun, S. 2006, S. 252; Locke, 1993, 1994 zit. nach Ritterfeld, 2004a, S. 84) an (vgl. auch Friederici & Hahne, 2000; Weissenborn, 2000). Das Fenster liege zwischen 24 und 36 Monaten. Diese Annahme wurde von Szagun (2001 zit. nach Szagun, 2006, S. 253) empirisch widerlegt. „Auch Elman et al. (1996) warnen eindringlich vor der Annahme einer genetisch programmierten und damit invariablen ‚Zeituhr‘“ (Ritterfeld, 2004a, S. 85). Es gibt bisher keine neurobiologische Evidenz für diese Phase (Szagun, 2006, S. 255 sowie Ritterfeld, 2004a, S. 85 mit vgl. zu Bishop, 2000a; vgl. auch Bialystok, 2001; Singleton & Ryan, 2004). Ebenso spricht die große interindividuelle Variabilität in der Schnelligkeit der Sprachentwicklung gegen enge Zeitfenster (Clahsen, 1982; Friedrich, 1991; Szagun, 2006). Von einer weiter gefassten „sensiblen Phase“, d. h. einer Zeitspanne mit erhöhter Sensibilität und Offenheit für sprachliches Lernen, geht Szagun (2006) aus. Sie begründet deren Existenz mit der Schnelligkeit der typischen Sprachentwicklung und den auftretenden Einschränkungen und Schwierigkeiten bei verspätetem Spracherwerb (Szagun, 2006, S. 254; vgl. auch Weissenborn, 2000). Diese sensible Phase dürfe jedoch nicht als zeitlich eng eingegrenzte Spanne verstanden werden. Sie sei alters- und erfahrungsabhängig und „das Produkt von Einflüssen der neurophysiologischen Reifung und der Erfahrung und damit ein epigenetisches Geschehen (Bateson 1979, 1981; Oyama 1979; s. auch Kap. 10)“ (Szagun, 2006, S. 255). Für diese weite Auffassung erscheint allerdings fraglich, ob der Begriff „sensible Phase“ noch angemessen ist. Meisel (2007) vertritt ebenfalls die Auffassung sensibler Phasen in der Sprachentwicklung, allerdings vor dem Hintergrund der neuronalen Reifung (Reifungshypothese). Diese sei für die Veränderungen der Lernfähigkeiten im Laufe der 29 2 Theoretischer Hintergrund Entwicklung verantwortlich. Beim Zweitspracherwerb sei das Alter zu Erwerbsbeginn insbesondere für den Erwerb der grammatischen Kompetenz entscheidend. Meisel (2007) verdeutlicht anhand empirischer Studien, dass die Alterszeiträume um vier und um sechs bis sieben Jahre für die morphologische und syntaktische Entwicklung relevant sind. Anschließend nehme die Sensibilität bereits ab. Eine allmähliche Abnahme der Sprachlernfähigkeiten in diesem Sinne zeigen die Ergebnisse der Studie von Johnson und Newport (1989). Sie führten eine Untersuchung von US-Immigranten zur grammatischen Kompetenz in der Zweitsprache Englisch durch und fanden die stärkste Sensibilität bis ca. sieben Jahre. Danach nahm sie kontinuierlich ab. „Je älter die Probanden zu Beginn des Zweitspracherwerbs waren, desto schwächer war ihr erreichtes Leistungsniveau; zugleich vergrößerten sich die interindividuellen Unterschiede im erreichten Endniveau“ (Weinert, 2006, S. 672, Hervorh. i. O.). Flege, YeniKomshian und Liu (1999) kamen zunächst zu dem gleichen Ergebnis an den von ihnen untersuchten koreanischen US-Immigranten. Sie fanden jedoch keine signifikante Wirkung des Alters bei Erwerbsbeginn auf den Erwerbserfolg in der grammatischen Kompetenz nach Kontrolle der mit dem Alter konfundierten Variablen: Umfang des Unterrichts in den USA und Verwendung der Zweitsprache im Vergleich zur Erstsprache. Dieses Ergebnis werteten sie als Hinweis gegen eine reifungsbedingte kritische Periode. Für die phonologische Kompetenz (Aussprache) war das Alter bei Erwerbsbeginn jedoch die entscheidende Variable. In einer Studie zum Erwerb der Gebärdensprache als Erstsprache stellten Newport und Supalla (1990 zit. nach Anderson, 2001) fest, dass bei Lernbeginn im Erwachsenenalter ein geringerer endgültiger Beherrschungsgrad erreicht wird als bei Beginn im Kindesalter. Diese und weitere Studien sprechen dafür, dass der Erfolg beim Zweitspracherwerb mit zunehmendem Alter abnimmt. Es handelt sich jedoch nicht um eine biologisch basierte kritische Periode (Bialystok, 2001, S. 83ff.). Abgelehnt wird die Hypothese der kritischen Periode auch von Singleton und Ryan (2004). Sie analysierten den Forschungsstand zur Frage der Bedeutung des Alters beim Erst- und Zweitspracherwerb sehr umfangreich. Ihrer Meinung nach sollte eher von einer Reihe altersbedingter Faktoren gesprochen werden (ebd., S. 227). Für den Zweitspracherwerb kommen die Autoren zwar zu dem Schluss, dass dieser älteren Menschen größere Schwierigkeiten – besonders in den mündlich-akustischen Aspekten – bereitet. Es sei jedoch falsch anzunehmen, dass der Zweitspracherwerb jüngeren oder 30 2 Theoretischer Hintergrund älteren Lernern generell, also in allen Aspekten, leichter oder schwerer falle. Wichtig seien die geeigneten Lernbedingungen (ebd., S. 226; vgl. auch Wode, 1988). Auch laut Weinert (2006) sollten die „Altersunterschiede im Zweitspracherwerb nicht vorschnell mit einer sensiblen Phase im engen biologischen Sinn gleichgesetzt werden“ (ebd., S. 671). In empirischen Untersuchungen zeigte sich eine allgemein positive Beziehung zwischen dem Alter und der sprachlichen Entwicklung der Kinder (Ervin-Tripp, 1974 zit. nach Anderson, 2001, S. 381; vgl. auch Weinert, 2006, S. 671). Danach lernen Kinder über elf Jahre schneller als jüngere, wobei das erreichbare Beherrschungsniveau bezüglich Phonologie und Morphologie bei Kindern, die früh mit dem Zweitspracherwerb beginnen, besser ist (vgl. Anderson, 2001, S. 381; Weinert, 2006, S. 671). Das Alter beim erstmaligen Kontakt mit der Zweitsprache beeinflusst vor allem die Phonologie: je früher der Kontakt, desto besser die spätere Aussprache (Bialystok, 2001; Flege, Yeni-Komshian & Liu, 1999; Wode, 1988, S. 326ff.). Grund dafür ist die nachweislich zurückgehende Sensibilität für lautliche, prosodischsegmentale und vielleicht auch häufigkeitsbezogene Eigenschaften einer Sprache, die beim Erstspracherwerb eine zentrale Rolle spielt. Dieser Rückgang erschwert den Zweit- und Fremdspracherwerb insgesamt (vgl. Weissenborn, 2000, S. 156). Vor allem phonologische Aspekte der Sprache werden daher mit zunehmendem Alter schwerer gelernt (vgl. Klein, 2000, S. 544; Tracy, 2007, S. 126). Im Lexikon haben erwachsene Lerner dagegen keine Nachteile (vgl. Klein, 2000; Weinert, 2006). Das Alter wirkt sich demzufolge bei einzelnen sprachlichen Fähigkeiten unterschiedlich aus (vgl. Bialystok, 2001). Des Weiteren verändern sich laut Wode (1988, S. 342) altersbedingt „einige Fähigkeiten, die den Spracherwerb steuern, wie die Perzeption, die kognitivintellektuelle Reifung oder die Entwicklung der affektiven Grundlagen“ und ebenso einige linguo-kognitive Fähigkeiten (vgl. auch Meisel, 2007). Diese Veränderungen vollziehen sich kontinuierlich und nicht abrupt (Wode, 1988). Untersuchungen zur Hirnreifung, wie jene von Simonds und Scheibel (1989 zit. nach Friederici & Hahne, 2000, S. 302), unterstützen die Annahme der Korrespondenz von Veränderungen im Gehirn mit den Aufgaben der Sprachentwicklung. Ebenso spricht sich Meisel (2007) für „altersbedingte Veränderungen“ beim Spracherwerb und bei den dafür verantwortlichen Verarbeitungsmechanismen aus (ebd., S. 109). Für Veränderung innerhalb des Sprachlernprozesses über die Zeit sprechen weiterhin die Ergebnisse von Rothweiler (1999) zum „fast mapping“, einem Konzept zu 31 2 Theoretischer Hintergrund kognitiven Prozessen, über die Kinder schon nach nur ein- oder zweimaligem Hören Wörter ins Lexikon übernehmen. Vor allem bei den dafür nötigen Speicherleistungen waren ältere Kinder im Vorteil. Das erklärt Rothweiler damit, „daß sich mit fortschreitendem Alter nicht der fast mapping-Prozeß an sich verändert, sondern daß die unmittelbare Integration eines neuen Wortes in das bestehende Netzwerk immer besser gelingt – auf der Wortform- oder/und Bedeutungsebene“ (Rothweiler, 1999, S. 271, Hervorh. i. O.). Veränderungen in der Beziehung zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und Wortschatzerwerb zeigten Gathercole, Willis, Emslie und Baddeley (1992, s. o.). Demnach hat das phonologische Arbeitsgedächtnis eine wichtige Funktion für den Wortschatzerwerb im Alter bis zu fünf Jahren. Anschließend scheint sich das Verhältnis umzukehren. Nun sagt der Wortschatz die Leistung im phonologischen Gedächtnis (Wiederholung von Kunstwörtern) besser vorher als das phonologische Gedächtnis den Wortschatz (Gathercole et al., 1992). Von einer alterstypischen Verschiebung in den Beziehungen zwischen Sprache und Kognition spricht Weinert (2006, S. 677): „Kognitive Funktionen, die zunächst eine Voraussetzung für den Erwerb sprachlicher Regularitäten darstellen, werden zunehmend durch den Erwerb sprachlichen Wissens beeinflusst“. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich viele Ergebnisse als Beleg für eine sensible oder kritische Phase als auch für altersbedingte Veränderungen interpretieren lassen. Dies hängt davon ab, wie eng oder weit die Phase und der Prozess des Lernens definiert und welche sprachliche Fähigkeit (Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexik) in welcher Form untersucht wird. Insgesamt wird von altersbedingten Veränderungen im Sprachlernen ausgegangen, wobei sich die ab- und zunehmenden Fähigkeiten und Wissensbestände gegenseitig kompensieren (können). Sprachlernen ist zu jedem Zeitpunkt unter geeigneten Bedingungen möglich und erfolgreich. Das Vorschulalter scheint jedoch eine besonders günstige Zeit für den (Zweit-)Spracherwerb zu sein (vgl. Meisel, 2007; Oksaar, 2003). Ob und wie sich innerhalb der Vorschulzeit Veränderungen in den Leistungen der Kinder abbilden lassen und was das für die Beziehung zur kognitiven Entwicklung bedeutet, bleibt bis hierher offen. Ebenso fraglich ist, welche Auswirkungen der Zweitspracherwerb für die Kognition hat. 2.1.2.4 Bedeutung der Erstsprache für die kognitive Entwicklung bilingualer Kinder In der Diskussion um die Bedeutung des Zweitspracherwerb für die weitere, insbesondere die kognitive Entwicklung, wird häufig auf die Annahmen von Cummins (1979) Bezug genommen. Diese behandeln im Grunde die Bedeutung der Erstsprach32 2 Theoretischer Hintergrund kenntnisse für die Kompetenzentwicklung in der Zweitsprache und für die kognitive und schulische Entwicklung. Cummins (1979) formulierte zwei Hypothesen: die Interdependenz- und die Schwellenhypothese. Nach der Interdependenzhypothese ist das erreichbare Kompetenzniveau in der Zweitsprache teilweise davon abhängig, welches Niveau in der Erstsprache zum Zeitpunkt der intensiven Konfrontation mit der Zweitsprache bestand. Je höher die Kompetenz in der Erstsprache war, desto höher wird sie auch in der Zweitsprache sein. Die Zweitsprache ist dabei die Unterrichtssprache (vgl. Cummins, 1979). Die Schwellenhypothese benennt zwei Schwellenniveaus in der Sprachkompetenz bilingualer Kinder, die erreicht werden müssen, um einerseits kognitive Nachteile zu vermeiden und andererseits mögliche Vorteile von Bilingualismus für die kognitive und akademische Entwicklung zu erhalten. Diese Annahmen dienten der Erklärung der Ergebnisse zur (Bildungs-)Entwicklung von Kindern in bilingualen Erziehungsprogrammen. Sie sind daher letztlich vor allem auf schulische Leistungen bezogen. Für die Interdependenzhypothese, welche die Relation von Erst- und Zweitsprache beschreibt, liefert Cummins (1979) zahlreiche Belege. Außerdem wird sie durch einige neuere Studien gestützt (z. B. Baur, 2000 zit. nach Kracht, 2007; Knapp, 1997). Es gibt jedoch auch erhebliche Kritik, z. B. die unzureichende Berücksichtigung des Alters der Kinder und Jugendlichen (vgl. Kracht, 2007). Die Ergebnisse der Studie von Limbird (2007) lassen ebenfalls an der Interdependenz zweifeln. Für die von ihr untersuchten 100 türkisch-deutsch bilingualen Zweitklässer fand sie nur wenige, geringe bis moderate Korrelationen zwischen verschiedenen Skalen zum expressiven Wortschatz in der Erst- und Zweitsprache. Die Kenntnisse in der Erstsprache Türkisch spielten außerdem keine Rolle für die Lesefertigkeiten in Deutsch. Die Schwellenhypothese versucht, aus den Fähigkeiten in der Erst- und Zweitsprache Folgen in der kognitiven und akademischen Entwicklung vorherzusagen. Cummins (1979) beschreibt in diesem Zusammenhang drei Typen von Bilingualismus, die durch zwei Schwellenniveaus voneinander abgegrenzt werden (vgl. Abbildung 1). Beim eingeschränkten Bilingualismus, Semilingualismus genannt, hat das Kind in beiden Sprachen keine altersangemessenen Fertigkeiten entwickelt. Dies habe negative Folgen für die kognitive Entwicklung. Werden in einer der beiden Sprachen altersgemäße Fertigkeiten, d. h. muttersprachliches Niveau erreicht, spricht Cummins (1979) von dominantem Bilingualismus. Dieser bleibe ohne positive oder negative Konsequenzen für die kognitive Entwicklung. Mit dem Erreichen der zweiten Schwelle, 33 2 Theoretischer Hintergrund nämlich einer hohen Sprachkompetenz in beiden Sprachen – Cummins (1979) bezeichnet dies als additiven Bilingualismus – werden schließlich positive Effekte für die kognitive Entwicklung postuliert. Abbildung 1: Kognitive Effekte bei verschiedenen Bilingualismus-Typen (aus: Cummins, 1979, S. 230) Cummins (1979) zeigt anhand der Literatur nachteilige Effekte von eingeschränktem Bilingualismus (Semilingualismus) für schulische Leistungen. Diese ergeben sich dadurch, dass keine Sprache zur Weiterentwicklung des kognitiven Systems zur Verfügung steht. Das Prinzip ist bei ein oder zwei Sprachen das gleiche: „Cognitive structures require the establishment of particular concepts, and these concepts require linguistic support“ (Bialystok, 2001, S. 228). Exkurs: Semilingualität Die Bezeichnung und die Definition von „Semilingualismus“, auch doppelte Halbsprachigkeit genannt, wird heute kritisch gesehen. Es stellt sich nämlich die Frage der Bezugsnorm(en) und der gesellschaftlichen und institutionellen Unterstützung von Mehrsprachigkeit (vgl. Kracht, 2007). Außerdem zeigte beispielsweise die Untersuchung von Wilken (2005) an 437 ostbelgischen7 Kindern im Alter von drei bis 13 Jahren, dass die Fälle von Semilingualität „eher selten sind – und dass es für die meisten von ihnen plausible Erklärungen 7 In Ostbelgien ist Deutsch die Verkehrssprache. Französischkenntnisse sind jedoch nahezu unentbehrlich (Wilken, 2005, S. 62). 34 2 Theoretischer Hintergrund gibt, die keineswegs auf Defizite hindeuten“ (ebd., S. 147). Des weiteren zeigen die Ergebnisse, dass der Weg zur balancierten Zweisprachigkeit Zeit braucht (ebd., S. 163). In der förderdiagnostischen Studie von Krampen, Enneking, Brendel, Freilinger und Medernach (2003) an insgesamt 466 bi- und trilingualen Primarschulkindern in Luxemburg wurde allerdings bei neun Prozent der Stichprobe ein Verdacht auf Semilingualität festgestellt. Die Gruppe der SemiDreisprachigen erreichte bei den Faktoren der fluiden Intelligenz (SPM; Zahlennachsprechen aus HAWIK-R)8 die niedrigsten Leistungswerte. Für die Semi-Zweisprachigen war kein Leistungsdefizit nachzuweisen. Es ließen sich „Vorteile zu Gunsten der balanciert Mehrsprachigen inferenzstatistisch absichern“ (Krampen et al., 2003, S. 292). Damit werden die Annahmen von Cummins (1979) nur teilweise gestützt. Diese Beispiele zeigen, dass es sehr darauf ankommt, welche Normen angelegt und welche Maße als Kriterien untersucht werden. Cummins (1979, S. 230) selbst formulierte, dass die (untere) Schwelle nicht absolut definiert ist, sondern vielmehr auf den Stand der kognitiven Entwicklung bzw. auf die Anforderungen der jeweiligen Schulstufe bezogen ist. In den ersten Klassen von Immersionsprogrammen wurden nämlich keine kognitiven Nachteile beobachtet. Insgesamt gesehen dürfte die Schwellenhypothese kaum für die allgemeine Intelligenzentwicklung gelten, doch für den schulischen Bildungserfolg erscheint zumindest die Kompetenz in der Schulsprache ein entscheidendes Kriterium zu sein. So betont auch Bialystok (2001, S. 228f.), dass für Erziehung und Unterricht der absolute Level von wenigstens einer Sprache ausschlaggebend ist und begrenzte Kompetenzen in der Schulsprache mit Sicherheit Auswirkungen auf den Bildungserfolg haben. Die nächste Frage ist, ob das Erlernen einer zweiten oder weiteren Sprache Auswirkungen auf die Intelligenz oder bestimmte kognitive Fähigkeiten hat. 2.1.2.5 Zusammenhänge zwischen Mehrsprachigkeit und Intelligenz bzw. kognitiven Leistungen Annahmen zur Bedeutung von Mehrsprachigkeit für Kognition und Intelligenz sind schon sehr alt. Kindern eine andere Sprache wie Latein oder Griechisch zu lehren, hatte gleichzeitig das Ziel einer kognitiven Förderung. Doch diese Sprachen waren eher in der Oberschicht verbreitet, so dass wohl mehrere Einflussgrößen zusammenwirkten. 8 Näheres zu diesen Tests vgl. Kap. 2.2.3 35 2 Theoretischer Hintergrund Wenn Bilingualismus sich allgemein positiv auf die Intelligenz auswirken sollte, müsste dies genauso für die Fälle von „unfreiwilligem“ Bilingualismus, z. B. durch Migration gelten. Die Forschungsergebnisse zu diesem Thema sind allerdings uneinheitlich, weil sie immer von einem bestimmten sozialen und politischen Hintergrund geprägt sind und das Verständnis der Konstrukte und ihre Operationalisierung stark variieren (vgl. Bialystok, 2001, S. 182f.). So kann Bilingualismus verschiedene Gründe haben (Bialystok, 2001, 2002; Tracy, 2007, S. 108; Tracy & Gawlitzek-Maiwald, 2000). Die damit verbundenen Umstände hängen mit einer Reihe sozialer und demographischer Faktoren zusammen, die ihrerseits die kognitive und intellektuelle Leistungsentwicklung beeinflussen. Zu diesen Faktoren gehören: die Bildung der Eltern, das literale Umfeld, Natur und Kenntnisstand der Erstsprache, der Zweck der Zweitsprache, die gesellschaftliche Unterstützung für diese Sprache und die Identifikation des Kindes mit der neuen Sprachgruppe. Dies sind entscheidende Determinanten für das Ausmaß der Sprachkompetenz und den Level der kognitiven Entwicklung (Bialystok, 2002; 2001). Ebenso ist die Definition und Erfassung von Intelligenz ein weites Diskussionsfeld (vgl. Kap 2.2.1). Beobachtbare Unterschiede lassen daher unterschiedliche Interpretationen zu. „Bilingual children may or may not perform differently from comparable monolinguals on intelligence tests, but even if they do, it is not clear that differences in either direction reflect levels of intellectual capacity or are attributable to bilingualism.“ (Bialystok, 2001, S. 184) Daher lohnt sich ein genauerer Blick auf die Ergebnisse verschiedener Studien. Stern und Stern (1928 zit. nach Oksaar, 2003) wiesen Anfang des letzten Jahrhunderts darauf hin, dass der frühe Erwerb von mehr als einer Sprache eine positive Wirkung auf die sprachliche und kognitive Entwicklung hat. Die ersten Forschungsergebnisse des psychometrischen Ansatzes der Intelligenztestung, in dem allgemeine Intelligenz (g) als Leistung in einer Reihe von bestimmten Aufgaben operationalisiert und als IQ ausgedrückt wird, führten allerdings zu der Schlussfolgerung, dass Bilingualismus die Intelligenz vermindere (Bialystok, 2001, S. 184). Dann überraschte das Ergebnis von Peal und Lambert (1962) mit der signifikanten Überlegenheit der bilingualen Schüler. Die Autoren hatten monolinguale (französisch) und bilinguale (französisch-englisch) zehnjährige Kinder in sechs französischen Schulen in Montreal untersucht und eine breite Testbatterie, in der verbale und nonverbale Intelligenztestaufgaben enthalten waren, angewandt. Die Ergebnisse zeigten signifikante Vorteile der bilingualen Kinder sowohl in den nonverbalen als auch in den verbalen Testteilen. 36 2 Theoretischer Hintergrund Bei den nonverbalen Aufgaben gab es zwei Kategorien: räumlich wahrnehmungsbasierte und symbolische Reorganisationsaufgaben. Insbesondere bei letzteren schnitten die bilingualen Kinder besser ab. Faktorenanalysen ließen unterschiedliche Profile für beide Gruppen erkennen; insbesondere wurde deutlich, dass bilinguale Kinder abwechslungsreichere mentale Fähigkeiten besitzen. Starke Kritik an dieser Studie besteht jedoch aufgrund der unzureichenden Parallelisierung der Untersuchungsgruppen (vgl. dazu Lambert & Anisfeld, 1969; Bialystok, 2001). Die bilingualen Schüler stammten aus sozial besser gestellten Familien mit höherer Bildung. Von daher ist eine gemäßigte Interpretation der Ergebnisse angebracht (Bialystok, 2001, S. 188). Zu erwarten wären Unterschiede vielmehr in der Richtung, dass bilinguale Kinder bei der Prüfung verbaler Aufgaben in der Zweitsprache schlechter abschneiden. Zu einem derartigen Ergebnis kam Murphy (1990). Er untersuchte 20 bilinguale Erstklässler (Spanisch-Englisch) aus städtischem Milieu mit geringem sozioökonomischen Status sowie 20 monolinguale Erstklässler (Englisch) aus vorstädtischem Milieu mit mittlerem sozioökonomischen Status. Die Kinder wurden mit der Wechsler Intelligence Scale for Children – Revised (WISC-R) und den Coloured Progressive Matrices (CPM)9 getestet. Die Leistungen in beiden Tests korrelierten bei den bilingualen Kindern zu r = .50 und bei den monolingualen Kindern zu r = .62. IQDifferenzen zwischen der mono- und der bilingualen Gruppe wurden im WISC-R beobachtet: Vor allem im verbalen Bereich waren die bilingualen Kinder im Nachteil. In den CPM-Leistungen ließen die Mittelwerte keinen Unterschied erkennen. Mit welcher statistischen Methode die Differenzen geprüft wurden, geht aus der Darstellung nicht hervor. Außerdem dürfte auch in dieser Studie der sozioökonomische Hintergrund eine Rolle spielen. In der Studie von Patzelt (2003) zeigten sich auch nach Kontrolle des familiären Bildungsstatus signifikante Nachteile zweisprachiger Kinder bei den meisten Aufgaben des BIVA (Bildbasierter Intelligenztest für das Vorschulalter: Schaarschmidt, Ricken, Kieschke & Preuß, 2004). Die Unterschiede zu den monolingualen deutschen Kindern waren in den jüngeren Altersgruppen (3;6 bis 5;5 Jahre10) stärker ausgeprägt als bei den älteren Kindern (5;6 bis 7;6 Jahre). Insgesamt wurden 2 287 Kinder untersucht, von denen nach Angabe der Eltern 62.5 % monolingual Deutsch, 2.9 % bilingual und 3.2 % mit einer anderen Sprache in der Familie aufwuchsen (für 31.4 % fehlte die Angabe der Eltern). In der Gruppe der jüngeren Kinder (3;6 bis 5;5 Jahre) erbrachten die bilingualen vor allem in Anforderungen, die stärkeren Bezug zum 9 Näheres zu diesen Tests vgl. Kapitel 2.2.3 Die Altersangaben bezeichnen Jahre; Monate. 10 37 2 Theoretischer Hintergrund Alltagswissen und zum Wortschatz hatten, geringere Leistungen als die monolingual deutschen Kinder. Bei den älteren Kindern (5;6 bis 7;6 Jahre) waren nur punktuell und eher bei abstrakteren Anforderungen Leistungsunterschiede zu finden. Vermutlich spielte die Beherrschung der deutschen Sprache für dieses Ergebnis eine entscheidende Rolle. Bei den Aufgaben mit weniger Bezug zum Alltagswissen, die die älteren Kinder bearbeiteten, waren zumindest für die Instruktionen und somit das Aufgabenverständnis ausreichende Deutschkenntnisse nötig. Dubowy, Ebert, von Maurice und Weinert (2008) belegten aktuell, dass Kinder mit Migrationshintergrund bereits beim Eintritt in den Kindergarten nicht nur sprachlich, sondern z. T. auch kognitiv geringere Leistungen erbringen als Kinder ohne Migrationshintergrund. Gegenteilig zeigen Studien aus den 1970er und 80er Jahren laut Langenmayr (1997) insgesamt „eher leichte Vorteile bilingualer Personen im kognitiven Bereich. Alter und Schulsituation scheinen intervenierende Variablen zu sein“ (ebd., S. 357). Bialystok und Majumder (1998 zit. nach Bialystok, 2001) lieferten einen unterstützenden Hinweis für den Vorteil bilingualer Kinder bei nonverbalen Problemlöseaufgaben; allerdings nur, wenn ihr Bilingualismusniveau ausreichend hoch war und nur wenn das Lösen des Problems primär von selektiver Aufmerksamkeit abhing (Bialystok, 2001, S. 206). Problemlösen erfordert hohe exekutive Kontrolle und bilinguale Vorteile sind nur dann nachweisbar, wenn die Anforderungen auf einem moderaten Niveau bleiben, schränkt Bialystok (2001, S. 213) ein. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es in den verschiedenen kognitiven Bereichen (kognitive Stile, Umgang mit der Symbolik von Quantität, Problemlösen) spezifische Probleme oder Aufgaben gibt, bei denen bilinguale Kinder besser abschneiden als monolinguale und genauso Probleme, für die keine Gruppendifferenzen zu finden sind. Oberflächlich ist laut Bialystok (2001) kein Muster zu erkennen. Dieses liegt sehr wahrscheinlich in den dahinterliegenden kognitiven Prozessen (vgl. Bialystok, 2001, S. 210). Zurzeit scheint keine Intelligenztheorie in der Lage zu sein, eine Vorhersage zur Auswirkung von Bilingualismus zu treffen, weder über die Art und Weise, noch über die Datenmuster, welche die Forschung hervorbringt (Bialystok, 2001, S. 218). Nach Bialystok (2001, S. 246) ist das am besten begründete empirische Ergebnis hinsichtlich der Kognition von bilingualen Kindern ihr Vorteil in selektiver Aufmerksamkeit. Bilingualismus fördert die Fähigkeit zur selektiven Aufmerksamkeit, welche ein primärer Mechanismus der Kognition ist, nämlich der exekutiven Kontrolle 38 2 Theoretischer Hintergrund (Bialystok, 2002, S. 162)11. Das Ergebnis ist nachvollziehbar, denn die Fähigkeit zur Kontrolle der Aufmerksamkeit benötigen bilinguale Menschen sehr früh, um sich in einer Konversation auf eine Sprache zu konzentrieren. Diese Fähigkeit mag zwar ein Aspekt von allgemeiner Intelligenz (g) (vgl. Kap. 2.2) sein, doch auch in diesem Fall muss das keinen Niederschlag in der Leistung in standardisierten Intelligenztests finden (Bialystok, 2001, S. 218). 2.1.2.6 Exkurs: Zusammenhänge zwischen Bilingualismus und Sprachbewusstsein Verbreitet ist die Annahme, dass zweisprachige Kinder früher und ein stärker ausgeprägtes metalinguistisches Bewusstsein und vermutlich ein gesteigertes Abstraktionsvermögen entwickeln (Haberzettl, 2007, S. 71; Langenmayr, 1997, S. 358ff.; Reich & Roth, 2002, S. 32; Tracy, 2007, S. 102; vgl. auch Berk, 2005; Oksaar, 2003). Zu klären ist dann, inwieweit diese Fähigkeiten Auswirkungen auf die allgemeine Entwicklung von Sprache und Kognition haben bzw. ob Zusammenhänge bestehen. Laut Bialystok (2001, S. 88) bewegen sich mono- und bilinguale Kinder in verschiedenen kognitiven Welten. Beim Zweitspracherwerb müssen neue Konzepte gelernt oder bestehende verändert werden. Mit einer neuen Sprache wird eine neue Welt-Anschauung gelernt (vgl. Haberzettl, 2007, S. 86), die Welt wird neu angeschaut, denn „Wortbedeutungen sind muttersprachspezifisch“ (Weinert, 2006, S. 646). Insofern beeinflussen bereits erworbene Konzepte, z. B. über Zeit und Raum, den Erwerb entsprechender Begriffe auch in der Zweitsprache (positiv wie negativ), was ein Beispiel für die Interaktion zwischen linguistischer und kognitiver Entwicklung ist (vgl. Klein, 2000, S. 544). Gleichzeitig muss das Kind die beiden Sprachsysteme trennen, um sie erfolgreich einzusetzen. Dies spricht für die eingangs angeführte Annahme der stärker ausgeprägten metalinguistischen Bewusstheit zweisprachiger Kinder. Bei differenzierterer Betrachtung der metasprachlichen Fähigkeiten kann jedoch nicht von generellen Vorteilen der bilingualen Kinder gesprochen werden (vgl. Bialystok, 2001). Außerdem reflektieren metalinguistische und andere sprachliche Fertigkeiten laut Bialystok (2001) allgemeinere kognitive Prozesse. Zur phonologischen 11 Bialystok (2002) geht es um die Frage, welche kognitiven Aspekte durch Bilingualismus beeinflusst werden und welche Vorteile (oder auch nicht) sich daraus ergeben. Sie betrachtet daher nicht das multidimensionale Konstrukt Intelligenz (s. u.), sondern konzentriert sich auf zwei abgegrenzte kognitive Prozessvariablen: Analysen und Aufmerksamkeitskontrolle. Sie zeigt an Beispielen mit sprachlichen und numerischen Konzepten sowie beim Problemlösen den Vorteil bilingualer Kinder bei Aufgaben, die eine Unterdrückung der Aufmerksamkeit gegenüber einem ablenkenden Reiz erfordern. Der Prozess der Aufmerksamkeitskontrolle scheint sich bei Bilingualen leichter zu entwickeln als bei Monolingualen. Für die Entwicklung der Repräsentationsanalyse sind keine vergleichbaren Gruppenunterschiede durchgehend nachgewiesen (Bialystok, 2002, S. 159). 39 2 Theoretischer Hintergrund Bewusstheit deuten verschiedene Studien auf einen Vorteil von bilingualen Kindern im Kindergartenalter hin, der in der ersten Klasse verschwindet (vgl. Bialystok, 2001). Allerdings scheint dies kein prinzipielles Ergebnis, sondern von den Aufgaben und Umständen abhängig zu sein. Bialystok (2001, S. 143) resümiert daher, dass beim Lernen der Lautstruktur gesprochener Sprache bilinguale Kinder einige Vorteile zu haben scheinen – allerdings nur bei relativ einfachen Aufgaben und wenn die beiden Sprachen sich in gewisser Weise ähnlich sind. Die Mehrheit der Untersuchungsergebnisse indiziert keine Vorteile für bilinguale Kinder. Die Studie von Limbird (2007) unterstützt dies. Sie fand keinen signifikanten Unterschied zwischen den 169 untersuchten mono- und bilingualen Zweitklässlern in der phonologischen Bewusstheit. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse der Zweitspracherwerbsforschung Folgendes: Die Komplexität des Spracherwerbs und seiner Bedingungen lässt erahnen, wie groß die Variabilität und auch die Unsicherheit ist, die der Prozess und auch das Ergebnis in sich birgt (vgl. Bialystok, 2001). Einfluss auf das Endniveau in der Zweitsprache haben kognitive, sozial-motivationale und affektive Faktoren sowie Kompetenzen in der Erstsprache und Unterschiede im Input (Weinert, 2006, S. 676). Des Weiteren ist das Alter zu Beginn des Zweitspracherwerbs von Bedeutung für den Erwerbserfolg (vgl. Meisel, 2007). Andererseits spielt es keine Rolle, ob die zweite Sprache früher oder später in der Kindheit dazukam, wenn es um die Folgen für kognitive Prozesse geht. Die Beherrschung von zwei Sprachen ist in jedem Fall verantwortlich für die daraus folgenden Veränderungen in der Kognition (Bialystok, 2001, S. 225f.). Dennoch sind Kinder, die zweisprachig aufwachsen, nicht intelligenter als andere, auch wenn bestimmte Prozesse, wie die selektive Aufmerksamkeit, bei ihnen stärker entwickelt sind (Bialystok, 2001, 2002; Tracy, 2007). Das heißt, es gibt keine Kinder, die Nachteile vom Lernen und Verwenden einer zweiten Sprache haben, vorausgesetzt, dass sie in einer ihrer Sprachen über altersgemäße Kenntnisse verfügen. Für den weiteren Bildungserfolg ist die Schulsprache allerdings besonders bedeutsam. Insgesamt ist davon auszugehen, dass Bilingualismus nur unter bestimmten Umständen Vorteile für die weitere Entwicklung der Kinder hat, jedoch niemals Nachteile (Bialystok, 2001, S. 227ff.; vgl. auch Reich & Roth, 2002, S. 16). Gleichzeitig muss beachtet werden, dass dies nicht auf Kinder mit Migrationshintergrund zu verallgemeinern ist. Mit einer Migration sind weitere Bedingungen und Herausforderungen verbunden als „nur“ die des Lernens einer weiteren Sprache. 40 2 Theoretischer Hintergrund 2.1.3 Beeinträchtigungen im Spracherwerb (SSES) Kinder, die an den Sprachfördermaßnahmen der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg) teilnehmen (dürfen), haben ausschreibungsgemäß keine „medizinisch und/oder logopädisch indizierten Sprech- und Sprachentwicklungsstörung“ (Landesstiftung Baden-Württemberg, 2009, S. 3). Bei derartigen Störungen wären gezielte therapeutische Maßnahmen nötig. Kinder in der Sprachförderung haben in der Regel Defizite in der Sprache, die keine offenkundige Ursache haben oder sie kommen aus anregungsarmen Familien oder lernen Deutsch als Zweitsprache. Auch Kombinationen dieser Gründe sind möglich und wahrscheinlich. Auf die Bedeutung einer (sprach-)entwicklungsanregenden Umgebung wurde unter 2.1.1.5 eingegangen und der Zweitspracherwerb unter 2.1.2 behandelt. An dieser Stelle stehen Sprachentwicklungsstörungen ohne erkennbare Ursache im Vordergrund. Diese werden als Spezifische Sprachentwicklungsstörungen (SSES) bzw. im englischen Sprachraum als Specific Language Impairment (SLI) bezeichnet. Im deutschen Sprachraum treten weitere Bezeichnungen auf, durch die jeweils bestimmte Aspekte der Störung hervorgehoben werden (vgl. Fromm, Schöler & Scherer, 1998; Grimm, 2003a; Schecker et al., 2007). Im Folgenden wird – außer in Zitaten – die heute überwiegend gebräuchliche Bezeichnung Spezifische Sprachentwicklungsstörung, abgekürzt SSES, verwendet (vgl. Schöler & Welling, 2007). Die Beschäftigung mit Störungen der Sprachentwicklung ist jedoch nicht nur im Hinblick auf die Kinder in der Sprachförderung von Bedeutung, sondern auch zur Beleuchtung des Zusammenhangs zwischen Sprache und Kognition. Es geht um die Frage, inwiefern sich sprachliche Defizite auf die allgemeine kognitive Entwicklung auswirken und umgekehrt, welche Bedeutung kognitive Fähigkeiten für die sprachliche Entwicklung haben. Im Folgenden werden zunächst Spezifische Sprachentwicklungsstörungen definiert, ihre Häufigkeit, Verlaufscharakteristika sowie Ursachen und sprachliche Probleme beschrieben, bevor kognitive Defizite ausführlicher diskutiert werden. 2.1.3.1 Definition von SSES Spezifische Sprachentwicklungsstörungen sind schwer zu klassifizieren. In der internationalen Klassifikation der WHO müssen sie unter den umschriebenen Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache eingeordnet werden (F80 der ICD-10, vgl. WHO, 2009; vgl. auch Keilmann, Braun & Schöler, 2005; Weinert, 2005). „Es handelt sich um Störungen, bei denen die normalen Muster des Spracherwerbs von 41 2 Theoretischer Hintergrund frühen Entwicklungsstadien an beeinträchtigt sind“ (WHO, 2009). Unterschieden werden in der ICD-10 verschiedene Störungsformen, wobei SSES unter die expressiven und rezeptiven Sprachstörungen fällt. Ein zentrales Definitionskriterium für beide Formen ist, dass die Sprachfähigkeit des Kindes „deutlich unterhalb des seinem Intelligenzalter angemessenen Niveaus liegt“ (WHO, 2009). Dieses Diskrepanzkriterium von mindestens einer Standardabweichung zwischen Sprach- und Intelligenzleistungen wird in der Forschung viel diskutiert (vgl. z. B. Fromm et al., 1998; Leonard, 2000; Sachse, 2007; Weinert, 2005; u. a.). Während sich z. B. Schöler, Braun und Keilmann (2003), Weindrich, Jennen-Steinmetz, Laucht, Esser und Schmidt (2000, S. 192/193) sowie Buschmann et al. (2008, S. 227) eindeutig für dessen Nützlichkeit aussprechen, heben Leonard (Leonard, 2000, S. 16f.) sowie Weinert (2005, S. 486) die kritischen Punkte hervor (Messfehler beider Tests; keine bedeutsamen Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Diskrepanz in der Art der Störung und beim Ansprechen auf Intervention; Differenz trifft zum Teil auch bei höher Begabten zu). Ein zentraler Bestandteil der Definition von SSES sind weitere Ausschlusskriterien (vgl. Fromm et al., 1998; Grimm, 2003a; Leonard, 2000; Schecker et al., 2007). Die feststellbaren Sprachdefizite dürfen nicht direkt durch neurologische Störungen oder Veränderungen des Sprachablaufs, sensorische Beeinträchtigungen, Intelligenzminderung oder Umweltfaktoren erklärt werden können (WHO, 2009). Charakteristisch für die Störung sind ein später Sprechbeginn und verlangsamter Erwerb sowie typische phonologische, lexikalische und grammatikalische Abweichungen des Sprachgebrauchs (vgl. Leonard, 2000). Ob es sich bei den Abweichungen lediglich um Verzögerungen der normalen Sprachentwicklung handelt oder ob der Spracherwerb qualitativ anders erfolgt, ist ebenfalls Thema der Forschungsdiskussion (vgl. Grimm 2003a; Schecker et al., 2007; Schulz, 2007). „Neuere Arbeiten gehen jedoch mehrheitlich davon aus, dass sich Kinder mit SSES durch qualitative Probleme mit der Sprachstruktur auszeichnen, die Verzögerungen und quantitative Defizite im Spracherwerb zur Folge haben (vgl. Grimm, 1999, 2000; Hamann, Penner & Lindner, 1999; Penn, Wymann & Schulz, 1999; Rothweiler, 2001; Schöler, 1985; Schulz & Witteck, 2003)“ (Schulz, 2007, S. 179, Hervorh. i. O.). Zu den sekundären Folgen der Störung zählen „Schwierigkeiten beim Lesen und Rechtschreiben, Störungen im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen, im emotionalen und Verhaltensbereich“ (WHO, 2009). 42 2 Theoretischer Hintergrund In jedem Fall stellen Kinder mit SSES keine homogene Gruppe dar (Clahsen, 1988, S. 235; Dodd & Crosbie, 2002, S. 474; Grimm, 2000a; Leonard, 2000, S. 19; Schöler, Fromm & Kany, 1998a; Weinert, 2005). Ausmaß, Verlauf und Dauer der Störung können beträchtlich variieren (Grimm, 2000a, S. 613); „distinct profiles of difficulties exist“ (Dodd & Crosbie, 2002, S. 474). 2.1.3.2 Prävalenz von SSES Die Schätzungen zur Verbreitung von SSES reichen von drei Prozent bis 40 Prozent bei Kindern im Vorschulalter (vgl. z. B. Fromm et al., 1998; Sachse, 2007). Die Zahlen variieren abhängig von den untersuchten Leistungsbereichen, angewandten Diagnoseinstrumenten und Falldefinitionen. Fromm et al. (1998) gehen insgesamt von drei Prozent aus. Leonard (2000) nimmt eine Prävalenzrate von etwa sieben Prozent an, da diese Rate in Studien weltweit berichtet wird. Grimm (2003a; 1995 u. 1998 zit. nach Fromm et al., 1998) gibt an, dass in Deutschland sechs bis acht Prozent aller Kinder im Vorschulalter von einer spezifischen Sprachstörung betroffen sind (vgl. auch Schecker et al., 2007). Die Störung kommt bei Jungen häufiger vor als bei Mädchen (Sachse, 2007, S. 9). Das Verhältnis wird aufgrund verschiedener Studienergebnisse mit durchschnittlich 2.8 zu 1 angegeben (Fromm et al., 1998, S. 28; Leonard, 2000, S. 20). Unterschiede zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern gibt es in der Prävalenz nicht (Tracy & Gawlitzek-Maiwald, 2000, S. 526). 2.1.3.3.Verlauf von SSES SSES wird im Vorschulalter, etwa ab dem vierten Lebensjahr diagnostiziert (vgl. z. B. Schulz, 2007; Szagun, 2006). Erste Anzeichen einer möglichen Spracherwerbsstörung gibt es aber schon im frühen Kindesalter. Dazu zählt in erster Linie ein auffällig verspäteter Sprechbeginn. Wenn Kinder im Alter von 24 Monaten noch nicht die 50-Wort-Grenze erreicht haben, werden sie zunächst als „Late Talkers“ bezeichnet (Grimm, 2003, S. 128; Sachse, 2007; Schulz, 2007). Ein Teil der Kinder holt den Rückstand im folgenden Jahr auf. Dies sind die sogenannten „Late Bloomers“ (Grimm, 2003a, S. 129; Schulz, 2007). Ein weiterer Teil bleibt sprachlich schwach und nicht wenige Kinder, nämlich bis zu 50 Prozent, erfüllen die Kriterien einer Sprachentwicklungsstörung (vgl. zusammenfassend Schulz, 2007). Sachse (2007) fand in ihrer Längsschnittuntersuchung von 50 Late Talkers jeweils bei einem Drittel der Kinder die genannten Entwicklungsverläufe. „Demgegenüber war kein Kind aus der Gruppe der 43 2 Theoretischer Hintergrund Kontrollkinder und der Grenzbefunde sprachentwicklungsgestört und nur 5 % bzw. 14 % wiesen sprachliche Schwächen auf“ (Sachse, 2007, S. 173). Sprachstörungen sind im Verlauf sehr stabil. Die Sprachprobleme persistieren bis ins Erwachsenenalter und haben Auswirkungen auf Leseleistungen und auf die gesamte weitere (schulische) Entwicklung (z. B. Grimm, 2003a; Leonard, 2000, S. 20f.; Lewis, Freebairn & Taylor, 2000; Weindrich et al., 2000; Weinert, 2005). „Je schwerer und anhaltender die Sprachstörung, umso schlechter ist die sprachliche Prognose einzuschätzen und umso wahrscheinlicher wird das Auftreten einer Lese-RechtschreibStörung (Übersicht bei Larney 2002)“ (Sachse, 2007, S. 45). Es wandelt sich also das Erscheinungsbild von spezifischen Sprachentwicklungsstörungen im Lauf der Entwicklung, d. h. mit dem Alter (Weinert, 2002, S. 48). 2.1.3.4 Ursachen von SSES Über die einer SSES zugrundeliegenden Beeinträchtigungen gibt es verschiedene Theorien, die alle ihren Beitrag zur Erklärung leisten und im konkreten Fall mal mehr und mal weniger zutreffen mögen (vgl. Dodd & Crosbie, 2002, S. 474ff.; Grimm, 2000a; Ritterfeld, 2004a; Sachse, 2007; Schecker et al., 2007, Schöler, Fromm & Kany, 1998). Als Erklärungsmodelle werden einerseits kognitive Korrelate, wie eingeschränkte auditive Informationsverarbeitung und Gedächtnisfunktion sowie neuropsychologische Korrelate herangezogen, andererseits auch soziokulturelle sowie biologische Ursachen diskutiert (vgl. Ritterfeld, 2004a sowie Grimm, 2000a, 2003a). Dabei sind noch viele Fragen offen. „Es liegt bislang kein Modell vor, das die Entstehung und entwicklungspsychologische Dynamik der SSES hinreichend erklären kann“ (Ritterfeld, 2004a, S. 85). Es ist von einer multikausalen Determination auszugehen (vgl. z. B. Weinert, 1991, S. 219f.). Aufgrund der Heterogenität des Störungsbildes ist vermutlich auch keine allgemeine Erklärung möglich. 2.1.3.5 Sprachliche Probleme bei SSES Die Sprachprofile der SSES-Kinder sind sehr heterogen. Gleichzeitig gibt es Sprachbereiche, in denen die meisten Kinder mit SSES besondere Schwierigkeiten haben (Grimm, 2000a; Leonard, 2000; Schöler et al., 1998a; Weinert, 2005). Die größten Probleme liegen in der Sprachproduktion und meist weniger im Sprachverständnis. Besonders auffällig sind die Defizite in der formalen Grammatik, während die Semantik geringer und die Pragmatik kaum betroffen ist (vgl. Grimm, 2003a). Außerdem variiert die Charakteristik mit der Muttersprache (Leonard, 2000, S. 117). 44 2 Theoretischer Hintergrund Die sprachlichen Eigenheiten der Kinder mit SSES müssen daher für jede Muttersprache einzeln betrachtet werden. Für einige Sprachen gibt Leonard (2000) einen Überblick. Ausführlichere Beschreibungen der Defizite im Deutschen finden sich z. B. bei Schöler, Fromm und Kany (1998), Grimm (2000a, 2003a) und Weinert (2005). An dieser Stelle werden nur einige zentrale Befunde zusammengefasst. Die sprachlichen Defizite liegen vor allem im morphologischen und syntaktischen Bereich. Die Kinder produzieren Sätze, „die kein typisches Zwischenstadium eines unauffälligen Spracherwerbs darstellen“ (Weinert, 2005, S. 492; vgl. auch Grimm, 2003a, S. 137). Außerdem haben sie Schwierigkeiten im Umgang mit der grammatischen Kongruenz (Clahsen, 1988, S. 240, vgl. Weinert, 2005). Es handelt sich um ein spezifisch sprachstrukturelles Problem qualitativer Art (Weinert, 2005). Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen tun sich schwer mit dem Erwerb und der Anwendung variabler Wortordnungen, so dass sie die Regeln häufig verletzen (Grimm & Weinert, 2002, S. 533). Zwar erwerben sie im Entwicklungsverlauf langsam und mühevoll die Grundprinzipien einfacher Sätze (Grimm, 1986a, 1987 beide zit. nach Weinert, 2005), aber bei komplexeren Strukturen geht die Schere im Vergleich zu sprachlich normal entwickelten Kindern auseinander (Grimm, 2003a, S. 130). Sprachvergleichende Untersuchungen bestätigen die Probleme bei SSES im morpho-syntaktischen Bereich als hervorstechendes Merkmal, auch wenn die grammatischen Abweichungen verschieden ausgeprägt sind (vgl. zusammenfassend Rothweiler, 2007, S. 254). Bei zweisprachig aufwachsenden Kindern ist die Spracherwerbsstörung definitionsgemäß in beiden Sprachen beobachtbar. „Systematische Studien zur Ausprägung einer Spezifischen Spracherwerbsstörung in Deutsch als Zweitsprache fehlen aber zurzeit noch (Rothweiler, Kroffke & Bernreuter, 2004)“ (Rothweiler, 2007, S. 256). Für den simultanen Spracherwerb von Französisch und Englisch zeigten Paradis, Crago, Genesee und Rice (2003 zit. nach Rothweiler, 2007), dass die Sprachstörung sich in beiden Sprachen quantitativ und qualitativ gleich auswirkte und sich durch das simultane Angebot beider Sprachen nicht verstärkte. Håkansson, Salameh und Nettelbladt (2003 zit. nach Rothweiler, 2007) fanden beim frühen Zweitspracherwerb von Schwedisch bei arabischen Kindern in beiden Sprachen vergleichbare Schwierigkeiten wie sie jeweils monolinguale Kinder mit SSES hatten. Demgegenüber weisen mehrsprachige sprachnormale Kinder zumindest in einer Sprache unauffällige Leistungen auf (Rothweiler, 2007, S. 256). In der Zweitsprache lassen sich teilweise Parallelen zu monolingualen Kindern mit SSES feststellen 45 2 Theoretischer Hintergrund (Rothweiler, 2007; Schöler, Ljubeši & Kovaevi, 1998). Es sind zumindest partiell dieselben grammatischen Strukturbereiche betroffen, wobei die Abweichungen nicht identisch sind (vgl. Rothweiler, 2007, S. 255). Laut Rothweiler (2007) ist daher frühe Mehrsprachigkeit weder als Auslöser noch als zusätzliche Belastung bei SSES anzusehen (vgl. auch Tracy, 2007). Für den Wortschatzerwerb gilt ebenfalls, dass er nicht nur zu Beginn, sondern auch im Entwicklungsverlauf, gebremst verläuft (Grimm, 2000a; Rothweiler, 1999; Weinert, 2005). „Dabei scheint vor allem der Erwerb von Verben beeinträchtigt zu sein“ (Weinert, 2005, S. 497 mit Vgl. zu Leonard, 2000 und Penner, 2002). Es bestehen auch Kovariationen mit den grammatischen Defiziten (Weinert, 2005, S. 497). Die lexikalische Entwicklung ist bei SSES allerdings noch nicht ausreichend untersucht. In der Studie von Rothweiler (1999) war z. B. nicht für alle SSES-Kinder (N = 11) ein lexikalisches Defizit nachzuweisen. Sie folgert daher, dass ein Wortschatzdefizit „nicht zu den definitorischen sprachlichen Störungsbereichen von SSES-Kindern“ gehört (Rothweiler, 1999, S. 269). Außerdem bestehen laut ihrer Untersuchung die Probleme bei der Speicherung neuer Wörter und deren Einordnung ins semantische Netzwerk über Kategorisierungen und nicht im kurzfristigen Erwerb. Diesem Ergebnis entspricht auch der von Weinert (2003a, S. 98ff.; vgl. auch Weinert, 2006) berichtete Befund: Während sprachunauffällige Kinder durch die sprachliche Benennung eines Objektes ihre Klassifikationsleistungen steigern konnten, war dies den sprachgestörten Kindern nicht möglich. Die Verfügbarkeit einer sprachlichen Benennung beeinträchtigte teilweise sogar ihren Konzepterwerb (Weinert, 2003a, S. 101). Demzufolge haben SSES-Kinder Schwierigkeiten mit der Verknüpfung von Wort und Bedeutung bzw. Konzept. Die Verbindung zwischen sprachlichem Ausdruck und Kognition scheint in gewisser Weise beeinträchtigt zu sein. 2.1.3.6 Kognitive Defizite bei SSES Bei SSES gibt es verschiedene Annahmen über kognitive Defizite. Es wird diskutiert, ob es sich um generelle oder spezifische Defizite handelt und ob sie quantitativ messbar sind oder als qualitative Unterschiede bestehen. Außerdem wird ihre Bedeutung hinterfragt. Sind sie Ursache oder Folge oder begleitender Teil der Störung? Aus den Erkenntnissen lassen sich auch Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Beziehungen zwischen sprachlicher und kognitiver Entwicklung allgemein ableiten (vgl. Dodd & Crosbie, 2002). 46 2 Theoretischer Hintergrund Annahme genereller kognitiver Defizite: Schlussfolgerndes Denken Vor allem von Vertretern der kognitivistischen Schule (Piaget) werden für Sprachstörungen generelle kognitive Defizite als Ursachen angenommen (Grimm, 2000a; einen umfassenden Forschungsüberblick zu dieser Orientierung gibt Leonard, 2000, S. 119ff.). Strukturelle Parallelen zwischen einigen Fähigkeiten der kognitiven Repräsentation, wie Piaget sie in seiner Arbeit verwendete, und bestimmten Meilensteinen der Sprachentwicklung sind tatsächlich auffallend, fasst Leonard (2000, S. 119) zusammen. Demgegenüber sind nach einer sehr sorgfältig durchgeführten Studie von Kushnir und Blake (1996) keine signifikanten Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne SSES zu finden, die auf strukturelle kognitive Merkmale als ursächliche Faktoren schließen lassen könnten (Grimm, 2003a, S. 153f.). Dennoch werden weiterhin vor allem Schwierigkeiten der Symbolisierungsfähigkeit, der Klassifikationsfähigkeit, der hierarchischen Strukturierungsfähigkeit, der Hypothesenbildungsfähigkeit sowie ein Gedächtnisdefizit (Arbeitsgedächtnis) diskutiert (Grimm, 2000a; vgl. Weinert, 2005). Diese generellen Defizitannahmen werden von Grimm (2000a) und Weinert (2005) kritisch gesehen. Bei Untersuchungen, die diese Annahmen belegen, handle es sich überwiegend um korrelative Befunde, die nicht auf alle Kinder zutreffen würden (Grimm, 2000a, S. 622). Außerdem werde durch die Annahmen der Eigentümlichkeit der Störung zu wenig entsprochen und nicht beachtet, dass die kognitiven Defizite weitaus geringer ausgeprägt wären als die sprachlichen Probleme (Weinert, 2005, S. 509f, vgl. auch Leonard, 2000, S. 119). Nach einer Studie von Johnston (1982 zit. nach Leonard, 2000, S. 129) schneiden viele SSES-Kinder relativ gut bei Aufgaben mit visueller Wahrnehmung von statischen Figuren, Formen und Zeichnungen ab, die in den meisten gebräuchlichen Tests zur nonverbalen Intelligenz vorkommen (Leonard, 2000, S. 129f.). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass damit bei den Kindern eine recht starke Fähigkeit (relativ isoliert) geprüft wird. Befunde weiterer Studien zeigen, dass dadurch eine Überschätzung des IQ zustande kommen könnte. Beispielsweise fanden Swisher, Plante und Lowell (1994 zit. nach Leonard, 2000) bei einer Untersuchung mit den nonverbalen Aufgaben der K-ABC, dass die SSES-Kinder insgesamt in der Norm waren, aber der größte Unterschied zur Alterskontrollgruppe in den Ergebnissen der räumlichen Rotationsaufgabe bestand (Leonard, 2000). SSESKinder haben demnach Probleme in mentaler räumlicher Repräsentation und Operation, nicht jedoch bei visuellen Aufgaben allgemein. 47 2 Theoretischer Hintergrund Auf allgemeine Defizite im analogen Schließen bei Vorliegen einer SSES schlossen Nippold, Erskine und Freed (1988 zit. nach Leonard, 2000, S. 127) aus ihrer Untersuchung an Schulkindern. Ebenso zeigte die Studie von Masterson, Evans und Aloia (1993 zit. nach Leonard, 2000, S. 127), dass die Leistungen bei verbalen Analogieaufgaben von Schulkindern mit SSES mit jenen der sprachparallelisierten jüngeren Kontrollgruppe vergleichbar waren. Möglicherweise liegen die Probleme bei diesen Aufgaben jedoch eher im Verstehen der verbalen Instruktionen, wie Kamhi, Gentry, Mauer und Gholson (1990 zit. nach Leonard, 2000, S. 128) belegten. Annahme spezifischer kognitiver Defizite, z. B. im phonologischen Arbeitsgedächtnis Schöler, Fromm und Kany (1998, 1998b) sowie Grimm (2000a) und Weinert (2005) gehen insgesamt nicht von generellen kognitiven Defiziten als Ursache für Spracherwerbsstörungen aus, sondern eher von spezifischen Defiziten bei der sprachlichen Informationsverarbeitung. Dazu gehören Defizite des auditiven Gedächtnisses (phonologisches Arbeitsgedächtnis), Langsamkeit der Sprachverarbeitung, Defizite bei der ganzheitlichen Sprachverarbeitung sowie bei der Nutzung prosodischer Hinweisreize (Grimm, 2000a). Hasselhorn und Werner (2000) vertreten ebenfalls begründet die Auffassung, dass „ein Defekt im phonetischen Speicher des Arbeitsgedächtnisses als ein Verursachungsfaktor der morpho-syntaktischen Sprachprobleme ‚dysgrammatischer’ Kinder wirkt“ (ebd., S. 375). Zentral-auditive Verarbeitungsdefizite werden entsprechend aktueller Befunde auch von Schecker et al. (2007) in den Vordergrund gestellt. Die Defizite in der sprachlichen Informationsverarbeitung haben Konsequenzen für das Sprachlernen. Grimm (2000a, S. 634) weist auf die möglicherweise unterschiedlichen Lernmechanismen von sprachlich normalen und sprachgestörten Kindern hin. Dies betrifft z. B. den induktiven Regelerwerb. Weinert (1991) stellte bei den dysphasisch-sprachgestörten Kindern (entspricht Kindern mit SSES) ein Defizit bei der Verarbeitung und Nutzung rhythmisch-prosodischer Merkmale fest. Sie fand außerdem einen deutlichen Zusammenhang zwischen rhythmischen Leistungen und formalsprachlichen Fähigkeiten bei diesen Kindern (Weinert, 1991, S. 203). Einen vergleichbaren Zusammenhang mit anderen Sprachkomponenten gab es jedoch nicht (ebd., S. 214). Obwohl die Kovariationen nichts über die Einflussrichtung aussagen, schließt Weinert, dass „die Verfügbarkeit von Hinweisen auf die Gliederungsstruktur und ihre individuelle Nutzbarkeit von zentraler Bedeutung für den induktiven Erwerb komplexer 48 2 Theoretischer Hintergrund Regeln sind. Die Befunde belegen zugleich, daß dieser Effekt von der Mehrzahl der dysphasischen Kinder kaum genutzt werden kann“ (Weinert, 1991, S. 208, Hervorh. d. V.). Das implizite, induktive Schließen scheint beeinträchtigt. Nach Dodd und Crosbie (2002, S. 477) wurde eine kognitiv-linguistische Beeinträchtigung in der Regelabstraktion als ein Hauptgrund zur Erklärung für phonologische Beeinträchtigungen identifiziert. Dabei scheint m. E. noch die Frage zu sein, was Ursache und was Folge ist. Die Arbeitsgruppe um Gopnik (zahlreiche Studien 1990-1994 zit. nach Leonard, 2000) beschrieben die grammatischen Probleme bei SSES ebenfalls „as a serious and possibly permanent inability to acquire implicit rules to mark tense, number, and person. […] a feature blindness“ (Leonard, 2000, S. 225). Leonard (2000) ist dagegen weniger überzeugt, dass SSES-Kindern der Zugang zu impliziten Regeln fehlt: „In summary, there are some logical and empirical obstacles to the proposal that implicit rules are unavailable to children with SLI. […] The data are not so convincing as to rule out other possibilities“ (Leonard, 2000, S. 228). Phonologische Störungen bei Kindern mit SSES werden verschiedentlich belegt und ursächlich für SSES interpretiert. Gathercole und Baddeley (1990a, b zit. nach Dodd & Crosbie, 2002, S. 476) nehmen an und belegen mit ihren Ergebnissen aus dem Vergleich von sechs SSES-Kindern mit verschiedenen Kontrollgruppen, dass bei Kindern mit Sprachbeeinträchtigungen die phonologische Komponente des Arbeitsgedächtnisses gestört ist. Auch Weinert (2002) geht von ursächlichen phonologischen Störungen für SSES aus, denn die Defizite spezifisch-sprachentwicklungsgestörter Kinder beim Erinnern mehrsilbiger Kunstwörter sind ausgeprägter als ihre sprachlichen Probleme allgemein und können daher keine Folge dieser Probleme sein (Montgomery, 1995; Weinert, 1996, 2000b alle zit. nach Weinert, 2002, S. 57). Insgesamt werden demzufolge vor allem spezifisch linguistische Beeinträchtigungen des kognitiven Systems als Ursache und Begleiterscheinung von SSES angenommen. Doch auch andere kognitive Fähigkeiten und Verarbeitungsprozesse können beeinträchtigt sein, obwohl der nonverbale IQ im Normalbereich liegt (vgl. Fromm et al., 1998; Leonard, 2000; Weinert, 2000). „Many children with SLI show weaknesses in areas of functioning that seem to require little or no language ability. Some of these areas are clearly cognitive; children perform relatively poorly in these areas despite achieving ageappropriate scores on standardized nonverbal tests of intelligence.“ (Leonard, 2000, S. 119) 49 2 Theoretischer Hintergrund Beispielsweise zitiert Leonard (2000, S. 134) eine Studie von Tallal und Piercy (1973a), in der mit nonverbalen auditorischen Stimuli gearbeitet wurde. SSES-Kinder hatten dabei Sequenzierungsschwierigkeiten, die als Ausdruck ihrer Probleme bei der Diskrimination von zwei Stimuli in schnellen Folgen interpretiert wurden. Annahme qualitativer Unterschiede: Zusammenhang zwischen Sprache und Kognition Restrepo, Swisher, Plante und Vance (1992) gehen von qualitativen Unterschieden in den kognitiven Systemen von sprachlich normal entwickelten und sprachgestörten Kindern aus. Sie führten eine experimentelle Studie mit 20 SSES-Kindern und 20 sprachlich normal entwickelten Kindern im Alter von 4;2 bis 5;11 Jahren durch. Die Kinder bekamen eine Sprach-Lern-Aufgabe und eine nonverbale Aufgabe sowie normierte verbale und nonverbale Tests vorgegeben. Die Korrelationen zwischen der Aufgabe, bei der gebundene Morpheme gelernt werden mussten, und der RegelInduktions-Aufgabe waren für die beiden Gruppen signifikant voneinander verschieden; der Zusammenhang fiel bei den sprachlich normal entwickelten Kindern höher aus (r = -.58) als bei den SSES-Kindern (r = -.12). Aus allen vorgenommenen Analysen schlussfolgern die Autoren, dass die Relationen von verbalen und nonverbalen kognitiven Fähigkeiten bei den beiden Gruppen unterschiedlich sind. Dies entspreche anderen Forschungsergebnissen (z. B. Johnston & Ramstad, 1983; Kamhi et al. 1984; Nelson, Kamhi & Apel, 1987; Nippold, Erskine, & Freed, 1988; Savich, 1984; Weismer, 1991: alle zit. nach Restrepo et al., 1992) und widerspreche Leonard (1987, 1991 zit. nach Restrepo et al., 1992), der ein „low-normal model“ für SSES annimmt (vgl. Restrepo, et al., 1992). Festzuhalten ist, dass der Zusammenhang zwischen Sprache und Kognition bei Vorliegen einer SSES geringer zu sein scheint als bei normaler Sprachentwicklung, wie es auch das Befundmuster von Schöler et al. (1998a, S. 210) zeigt. Intelligenz bei SSES Bei SSES ist die Diskrepanz zwischen kognitiven Fähigkeiten und sprachlichen Defiziten charakteristisch (Weinert, 2005, S. 506; s. o.). Dennoch suggeriert die Diagnose SSES kognitive Schwächen (Dodd & Crosbie, 2002, S. 471). Und tatsächlich sind SSES-Kinder in nicht-sprachlichen kognitiven Leistungen oft schlechter als die gleichaltrigen. 50 2 Theoretischer Hintergrund „… we review evidence suggesting that on certain nonlinguistic cognitive tasks, children with SLI do not perform as well as same-age peers. Thus, these children's age-appropriate scores on nonverbal tests of intelligence (a requirement for the label of SLI) should not be interpreted as meaning that all nonverbal cognitive operations in these children are above suspicion.” (Leonard, 2000, S. 17) Zwar fand Weinert (1991, S. 204f.) keine signifikanten Unterschiede in den nichtverbalen Intelligenztestleistungen der dysphasischen zu den sprachunauffälligen Kindern, aber in vielen anderen Untersuchungen wurden Differenzen gefunden. „Studien kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Kinder mit spezifischen Sprachstörungen im Durchschnitt eine konsistent niedrigere Intelligenz zeigen (z. B. McArthur et al. 2000, Johnston 1992)“ resümiert Sachse (2007, S. 10). Sie stellte auch in ihrer Untersuchung von Late Talkers, die sich in allen sprachlichen Bereichen (auf Grundlage von Testergebnissen und Elternangaben) von Kontrollkindern unterschieden, fest, dass die Late Talkers mit zwei Jahren zwar entsprechend der Definition bezüglich ihrer nonverbalen Entwicklung im Normbereich lagen, allerdings ein- bis eineinhalb Monate hinter den Kontrollkindern (Sachse, 2007, S. 173). Ebenso zeigte die Untersuchung von Buschmann et al. (2008) geringere Intelligenzleistungen bei Kindern mit Sprachdefiziten. Sie hatten 100 Kinder mit Sprachdefiziten und 53 Kinder mit normaler Sprachentwicklung im Alter von etwa 2;6 Jahren untersucht. Die Kinder mit Sprachdefiziten erreichten durchschnittlich eine signifikant geringere allgemeine sowie nonverbale Intelligenz (gemessen mit Mental Scale of the BSID-II-NL) als die Gruppe der sprachnormalen Kinder. Insgesamt 18 der Kinder mit Sprachverzögerungen hatten ebenfalls eine kognitive Beeinträchtigung (IQ < 85) (Buschmann et al., 2008). In der Studie von Viding et al. (2003) hatte über die Hälfte aller Kinder mit Sprachbeeinträchtigungen (aus der Stichprobe von 1 662 Zwillingen) auch geringe nonverbale Fähigkeiten. Weiterhin weisen verschiedene Studien auf den prognostischen Wert der nonverbalen Intelligenz für die Sprachentwicklung hin (Amorosa et al., 1990 zit. nach Sachse, 2007, S. 47; Weindrich, Jennen-Steinmetz, Laucht, Esser & Schmidt, 2000). Kinder mit SSES können ihre Sprachdefizite vermutlich durch die höhere Intelligenz kompensieren, schließen Weindrich et al. (2000, S. 192f.) aus der Längsschnittuntersuchung von 4;6 bis 8jährigen Kindern mit Sprachstörungen. Auch „In der Studie von Snowling et al. (2001) war der IQ der sprachgestörten Kinder der beste Prädiktor des Schulerfolgs“ (Sachse, 2007, S. 47). Sachse (2007, S. 45, 56) zitiert u. a. die Studien 51 2 Theoretischer Hintergrund von Dale et al. (2003) und Oliver et al. (2004), die zeigen, dass zu den Prädiktoren sprachlicher Leistungen bei Late Talkers der nonverbale Entwicklungsstand zählt. Andererseits ist die Intelligenzentwicklung bei SSES alarmierend. In einer Längsschnittstudie von Tomblin, Freese und Records (1992 zit. nach Ritterfeld, 2004a) zeigte sich, dass SSES-Kinder im Vorschulalter zwar eine normale nonverbale Testintelligenz aufwiesen, die Werte sanken jedoch bis zum Erwachsenenalter um durchschnittlich zehn Punkte. Weitere Studien deuten auf einen ähnlich hohen Leistungsabfall über nur vier bis fünf Jahre hin (Conti-Ramsden, Bottin, Simkin & Knox, 2001; Paul & Cohen, 1984 beide zit. nach Ritterfeld, 2004a). „Conti-Ramsden et al. (2001) untersuchten siebenjährige sprachauffällige Kinder im Alter von elf Jahren nach. Dabei erzielten 28 % der Kinder unterdurchschnittliche Leistungen. Silva et al. (1983, 1987) fand bei Nachuntersuchungen von Kindern, die ehemals alle durchschnittliche kognitive Leistungen zeigten, deutlich häufiger unterdurchschnittliche IQ-Werte als bei Kontrollkindern. Schlechtere Sprachleistungen zu einem Zeitpunkt standen immer in Verbindung mit schlechteren intellektuellen Leistungen beim nächsten Untersuchungspunkt. Auch bei Webster et al. (2004) fanden sich unter den ehemals isoliert sprachgestörten Kindern bei 57 % nonverbale Leistungen außerhalb einer Standardabweichung.“ (Sachse, 2007, S. 44) Längsschnittuntersuchungen (Haffner, 1995; Paul & Cohen, 1984 beide zit. nach Dannenbauer, 2001) sowie eine Querschnittstudie (J. Stark, 1967 zit. nach Leonard, 2000) verdeutlichen ebenfalls einen abrutschenden IQ für Kinder mit SSES. Schöler und Spohn (1998, S. 199) berichten eine signifikante Abnahme des nonverbalen IQ – gemessen mit den Raven Matritzen – bei SSES-Kindern über die Grundschulzeit. Auf diese negative Leistungsentwicklung wiesen außerdem Weinert (2005) sowie Schöler, Braun und Keilmann (2003, vgl. auch Keilmann, Braun & Schöler, 2005) mit weiteren Studienergebnissen (Schöler, 1992 sowie Aram, Ekelman & Nation, 1984; Tallal, Townsend, Burtiss & Wulfeck, 1991; alle zit. nach Schöler et al., 2003, S. 25) hin. Aus diesem Grund wird es mit zunehmendem Alter der Kinder schwieriger eine SSES zu diagnostizieren, wofür das Kriterium von durchschnittlicher nonverbaler Intelligenz erfüllt sein muss (vgl. Schöler et al., 2003). Häufig erfolgt dann die Annahme einer allgemeinen Lernbehinderung, die nach Dannenbauer (2001) „in Wirklichkeit […] sprachlich bedingt und nur über erfolgreiche Verbesserung sprachlicher Kompetenzen zu verändern“ ist (ebd., S. 106). 52 2 Theoretischer Hintergrund Demzufolge deuten die Ergebnisse zahlreicher Studien bezüglich des Entwicklungsverlaufs einerseits darauf hin, dass die nonverbale Intelligenz ein Prädiktor für die weitere Sprachentwicklung ist. Andererseits können Sprachprobleme der Kinder ihre kognitive Entwicklung beeinträchtigen – ohne sie zu determinieren (vgl. Weinert, 2005, S. 507; z. B. Schöler & Spohn, 1998, S. 200). Daher und trotzdem nehmen Schöler und Spohn (1998, S. 203) an, „daß eine deutliche Verbesserung der sprachlichen Leistungen eine Stabilität des IQ bewirken könnte (vgl. hierzu auch Stark, Berstein, Condino, Bender, Tallal & Catts, 1980, zitiert nach Leonard, 1998).“ Sie sprechen sich für „eine valide und frühzeitig erfolgende (Differential-)Diagnostik und die adäquate Gestaltung von Fördermaßnahmen“ aus, denn diese wären „nicht nur für die Verbesserung der sprachlichen Leistungen und der hiermit einhergehenden Verhinderung von Folgeproblemen im psychosozialen Bereich entscheidend; ihr käme auch eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die Entwicklung der allgemeinen intellektuellen Leistungsfähigkeit von SSES-Kindern zu“ (ebd., S. 203, Hervorh. i. O.; vgl. auch Dannenbauer, 2001; Grimm, 2003a). Exkurs: Bedeutung des sprachlichen Inputs bei SSES Spielt der sprachliche Input bei SSES eine Rolle und kann an dieser Stelle Förderung ansetzen? Mehrere Befunde sprechen dafür, dass sich Erwachsene – nicht nur Eltern – sowie Gleichaltrige gegenüber Kindern mit SSES anders verhalten als gegenüber sprachlich normal entwickelten Kindern. Es scheint sich um eine natürliche Reaktion auf die Sprachschwierigkeiten der Kinder zu handeln (Leonard, 2000, S. 167). Die zuverlässigste Differenz in der Sprache, die an Kinder mit SSES und sprachlich normal entwickelte Kinder gerichtet ist, besteht in der Nutzung von Umformulierungen. Sie kommen im Input für SSES-Kinder seltener vor. Insofern passen sich die Mütter „zwar an die sprachlichen Defizite an, unterfordern das Kind jedoch in kognitiver Hinsicht“ (Ritterfeld, 2000, S. 421), wodurch „die Kinder mit zunehmendem Alter ein kumulatives Fähigkeitsdefizit ausbilden“ (Grimm, 2003a, S. 146). Dies kann auch als Teil eines Teufelskreises gesehen werden (Leonard, 2000, S. 167). Ob und in welchem Ausmaß ein spezifischer Sprachinput bei Sprachentwicklungsstörungen kompensatorisch wirkt, kann nach Ritterfeld (2000, S. 424) jedoch nicht genau angegeben 53 2 Theoretischer Hintergrund werden. Lediglich Leonard (2000, S. 176) weist darauf hin, dass eine Steigerung der Häufigkeit von Umformulierungen das grammatische Lernen der SSESKinder unterstützen würde. Die Ausführungen zu Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen sollten verdeutlicht haben, wie komplex – vielschichtig und vielgestaltig – die Störung ist. Die Unterschiede zu sprachlich normal entwickelten Kindern sind nicht nur quantitativer, sondern auch qualitativer Art. Der Zusammenhang zwischen verbalen und nonverbalen kognitiven Fähigkeiten scheint bei SSES geringer auszufallen. Gegenseitige Bedingungen der sprachlichen und nicht-sprachlichen Fähigkeiten sind jedoch anzunehmen. Dodd und Crosbie (2002) fassen zusammen: „Specific language impairment is associated with cognitive deficits, although the nature of the relationship – causal, consequent, or correlative – awaits clarification“ (ebd., S. 490). 2.1.4 Zusammenfassung zur Beziehung zwischen Sprache und Denken in der Entwicklung In den bisherigen Ausführungen sollte die grundlegende Auffassung deutlich geworden sein, „dass verschiedene sprachliche und nichtsprachliche Bereiche beim Spracherwerb zusammenwirken“, wie sie auch Elsen (1999, S. 88) vertritt. Im Folgenden werden die gegenseitigen Einflüsse und das Zusammenwirken von Sprache und Denken in der Entwicklung aus verschiedenen Forscherperspektiven zusammengefasst. Als entscheidend werden letztlich das Miteinander, die Interaktion und der gegenseitige Einfluss von Sprache und Kognition sowie von Anlage und Umwelt angesehen. Dies wird in der epigenetischen Perspektive des Spracherwerbs abschließend dargestellt. 2.1.4.1 Kognition beeinflusst die Sprachentwicklung Große Bedeutung für den Spracherwerb haben die Entwicklung des Denkens und der Denkkompetenzen. So sind das menschliche Informationsverarbeitungssystem als kognitive Rahmenbedingung, generelle Lernmechanismen und spezifische Formen der Informationsgewinnung (wie die Nutzung prosodischer Informationen) sowie die sich entwickelnden kognitiv-konzeptuellen Grundlagen für den Spracherwerb unentbehrlich (Weinert, 2000, S. 351). Es gibt viele Hinweise auf die Bedeutung bereichsübergreifender kognitiver Rahmenbedingungen (z. B. des Arbeitsgedächtnisses), der Lernfähigkeiten (z. B. Entdeckung von Zusammenhangsmustern, implizites Lernen) und 54 2 Theoretischer Hintergrund individueller Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung, um bereichsspezifisches, besonders sprachliches Wissen zu erwerben. Dieser sprachliche Wissenserwerb ist ein kumulativer Vorgang (Weinert, 2000, S. 350). Eine von mehreren Voraussetzungen für das Sprachlernen besteht in einer angemessenen intellektuellen Entwicklung (Wode, 1988, S. 309). 2.1.4.2 Sprache beeinflusst die Denkentwicklung Gleichzeitig zeigen sich „auch wichtige Rückwirkungen des Spracherwerbs auf die kognitive Entwicklung – sowohl auf Gedächtnisleistungen, die maßgeblich durch phonologisches, lexikalisches, satzstrukturelles oder textbezogenes Wissen beeinflusst werden, als auch auf […] den sprachlich vermittelten Erwerb vielfältiger inhaltlicher und metakognitiver Wissensbestände und Problemlösungen sowie auf Aspekte der Selbstregulierung über selbstbezogene Sprache“ (Weinert, 2007, S. 228f.; vgl. auch Weinert, 2000, S. 326). Die Aufmerksamkeitslenkung durch die Sprache spielt für Problemlöseprozesse eine entscheidende Rolle, zuerst vor allem durch Fremd- später auch durch Selbststeuerung. So wird über inneres Sprechen strategisches Verhalten und der Aufbau metakognitiven Wissens gefördert (Weinert, 2000, S. 351f.; vgl. auch Weinert, 2006, S. 678). Dem Kind fällt es mit der Zeit immer leichter, durch sprachliche Begleitung Probleme zu lösen und sich Wissen anzueignen. Die innere Beteiligung von Sprache an kognitiven Prozessen wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger (Dannenbauer, 2001, S. 106). Des Weiteren konnten sehr frühzeitige Spracheinflüsse auf die Entwicklung kognitiv-konzeptueller Kompetenzen nachgewiesen werden. Denken wird durch die Kategorien und Relationen der Sprache geformt und im Umkehrprozess wieder eingesetzt, um Gedanken und Wissen mitzuteilen und zu verwenden (vgl. Weinert, 2000). Sprache kann in gewissem Grad als Medium des Denkens und der Spracherwerb als Bedingung der Denkentwicklung bezeichnet werden (Weinert, 2000, S. 352). So zeigt auch Bialystok (2001, S. 190) anhand von Studien zum Zweitspracherwerb, dass die Kognition vom Prozess des Sprachlernens beeinflusst ist. Resümiert mit Weinert (2000, S. 324) „wird heute nicht mehr in Frage gestellt, dass der Sprache eine wichtige Funktion in der kognitiven Entwicklung zukommt“. Es lässt sich festhalten, dass Sprache die kognitive Entwicklung in Bezug auf Wissen, kognitive Strukturen und zielorientiertes Handeln beeinflusst. 55 2 Theoretischer Hintergrund 2.1.4.3 Das Miteinander von Sprache und Denken in der Entwicklung Die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Entwicklungsbereichen sind laut Weinert (2007) zwar noch nicht letztendlich aufgeklärt, aber es lassen sich „sowohl wichtige kognitive Voraussetzungen des Spracherwerbs als auch bedeutsame Sprachwirkungen auf die kognitive Entwicklung spezifizieren“ (Weinert, 2007, S. 228). Weinert (2000, 2003a, 2007, auch Grimm & Weinert, 2002) betont zwar die Eigenständigkeit von Sprache und Kognition, aber gleichzeitig die punktuellen, entwicklungsbedingten Interaktionen. Bialystok (2001) und Szagun (2006) gehen von einer engen Beziehung zwischen Sprache und Kognition aus. Die verschiedenen Perspektiven weisen jedoch auf das Miteinander von Sprache und Denken hin. Laut Weinert (2000) besteht heute weitgehende Einigkeit darüber, dass „weder der Erwerb der Sprache eine einfache Folge kognitiver Entwicklungsveränderungen ist, noch die geistige Entwicklung des Kindes sprachlich determiniert wird“ (Weinert, 2000, S. 312). Die Einflussrichtung und die Art des Zusammenhangs können sich dabei alterskorreliert verändern. Zu einem sehr frühen Entwicklungszeitpunkt sind bestimmte kognitive Fähigkeiten für den Spracherwerb Prädiktoren und wirken vermutlich auch zum selben Zeitpunkt als Funktion der Entwicklung, so z. B. das phonologische Arbeitsgedächtnis für den Wortschatzerwerb. Zu einem späteren Zeitpunkt sind dagegen eher aus dem sprachlichen Entwicklungsstand, in diesem Fall dem Wortschatz, Vorhersagen über spätere Leistungsfortschritte im phonologischen Arbeitsgedächtnis möglich (Gathercole et al., 1992; weitere Beispiele siehe Weinert, 2006, S. 677). Von generellen alterskorrelierten Veränderungen geht Funke (2005, S. 145) aus, nämlich dass erst mit zunehmender Sprachkompetenz der Einfluss der Sprache auf das Denken zunimmt. Eine weitere punktuelle Interaktion von Sprache und Denken sieht Weinert (2004) im „Aufbau kognitiv-konzeptuellen Wissens und dem Erwerb von Wortbedeutungen“. Deren Beziehungen sind „lokal und bereits frühzeitig bidirektional“ (ebd., S. 27). Entwicklung beinhaltet Lernen von beidem: Konzepten zur Strukturierung der Welt und Wörtern, um die Strukturen zu bezeichnen und auszudrücken. Es ist daher unstrittig, dass Kinder Sprache und Konzepte zusammen erwerben, wobei Interaktionen zwischen beiden anzunehmen sind, was auch Bialystok (2001, S. 189) unterstreicht. Die Bilingualismusforscherin Bialystok (2001, S. 188) argumentiert, dass der rein modulare Ansatz, der Sprache von anderen kognitiven Bereichen isoliert, nicht kompatibel ist mit den Evidenzen für die Interaktionen in der Entwicklung. Aufgrund 56 2 Theoretischer Hintergrund der Ergebnisse verschiedener Studien der Zweitspracherwerbsforschung kommt Bialystok (2002) zu den Schlussfolgerungen: Der Einfluss des Bilingualismus in der frühen Kindheit auf bedeutende Aspekte der kognitiven Entwicklung deutet darauf hin, dass Sprache und Kognition keine unabhängigen Module in der kindlichen Sprachentwicklung sein können. Sprachentwicklung hat Auswirkungen auf die allgemeine Kognition. Sprache und kognitive Entwicklung verlaufen aufgrund derselben Mechanismen als Antwort auf dieselben Erfahrungen und mit beachtlichem gegenseitigen Einfluss aufeinander (Bialystok, 2002, S. 161f.). Für diese gewisse Gegenseitigkeit spricht auch, dass mit Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen kognitive Defizite einhergehen, wobei noch nicht geklärt ist, ob diese als Ursache, Folge oder als Zusammenhang zu interpretieren sind (vgl. Dodd & Crosbie, 2002, S. 490, s. o.). Der Sprachwissenschaftler Sucharowski (1996, S. 124) belegt mit Untersuchungsergebnissen, dass einerseits schwache kausale Beziehungen zwischen kognitivem und sprachlichem Niveau bestehen und andererseits unabhängige Reifungsprozesse angenommen werden können. Außerdem sei darauf hingewiesen, dass die Zusammenhänge sozial vermittelt sein können (durch sprachlich-kognitive Umweltstimulationen und -anregungen) (vgl. auch Furth, 1966 zit. nach Weinert, 2000, S. 351). Zusammengefasst mit Weinert (2000) „läßt sich begründet vermuten, daß die allgemeine Funktionstüchtigkeit des kognitiven Systems für den frühen Spracherwerb von unabdingbarer Bedeutung ist, während zu einem späteren Zeitpunkt die bereits erworbenen sprachlichen Kompetenzen zunehmend wichtiger für die weitere Denkinsbesondere für die sophistizierte Konzeptentwicklung werden“ (ebd., S. 352). 2.1.4.4 Epigenese des Spracherwerbs Nachdem die gegenseitige Bedeutung und Interaktion von sprachlicher und kognitiver Entwicklung aufgezeigt wurde, wird nun die entsprechende spracherwerbstheoretische Position dargestellt, welche die Grundlage für die eigenen Annahmen bildet. Die sogenannte epigenetische Perspektive (Szagun, 2006) wird als umfassend und dem Forschungsstand entsprechend angesehen. Sie ist an der neurokognitiven Entwicklung orientiert und erklärt den Spracherwerb über die Interaktion von angeborenen Fähigkeiten und Anregungen aus der Umwelt. Als angeboren werden die Fähigkeit zum sprachlichen Verhalten, allgemein perzeptuelle und kognitive Fähigkeiten angenommen. Beim Erwerb der Sprache wirken viele Faktoren in einem Lernprozess zusammen. 57 2 Theoretischer Hintergrund „Im Zusammenspiel mit anderen kognitiven Fähigkeiten, wie intentionale Kommunikation, Klassifikation, und Imitation von Handlungen und Lauten, erwerben Kinder Sprache aus dem sprachlichen Angebot ihrer Umwelt, das in bedeutungsvollen, kommunikativen Kontexten stattfindet. Dabei operieren sie mit Lernmechanismen, die generell in der kognitiven Entwicklung wirksam sind, wie Klassifikation, Analogiebildung und Strukturbildung. Mit diesen bauen sie in Interaktion mit dem Input sprachliche Strukturen auf.“ (Szagun, 2006, S. 267f.) Das heißt, Lernen erfolgt in einem konstruktivistischen und nicht im behavioristischen Sinne. Es geht um das Schaffen neuer Strukturen; Verallgemeinerungen werden konstruiert. Das Kind entdeckt Regelhaftigkeiten im sprachlichen Input und verallgemeinert sie. Dies konnte mit der Simulation neuronaler Netzwerke nachgewiesen werden (Szagun, 2006). Auch Grimm und Weinert (2002) betonen, dass der Spracherwerb nicht nur über ein einfaches Imitieren, sondern über einen aktiven Induktionsprozess erfolgt. D. h. das Kind muss aus der gehörten Sprache induktiv zugrunde liegende, abstrakte Regeln ableiten. Diese Regeln sind wiederum zum Verständnis weiterer Regeln und zur Produktion eigener Sätze anzuwenden, wodurch sie verifiziert werden. Dieser anhaltende Abstraktions- und Induktionsprozess läuft nicht als bewusster, gezielt und gesteuerter Problemlösungsprozess ab, sondern implizit und unreflektiert. Weiterhin besteht Konsens darüber, dass dafür eine Passung zwischen inneren Voraussetzungen des Kindes und äußeren Lernbedingungen gegeben ist (Grimm & Weinert, 2002, S. 520; vgl. auch Szagun, 2006). Der Ursprung der epigenetischen Position liegt bei „Piaget (1967, 1970), der die gesamte kognitive Entwicklung als epigenetischen Prozess beschrieben hat“ (Szagun, 2006, S. 274). Traditionell wird Piaget die kognitivistische Position zugeschrieben, weil er die kognitive Entwicklung als Motor der sprachlichen Entwicklung sieht (vgl. z. B. Grimm & Weinert, 2002). Andererseits wurde auf seinen Annahmen beruhend die „Korrelationshypothese“ formuliert, die besagt: „Zur Korrelation zwischen Kognitionsniveau und Sprachentwicklungsstand kommt es, weil sprachliche Muster von unterschiedlicher Komplexität sind und diese in Abhängigkeit vom Kognitionsniveau bewältigt werden“ (Sucharowski, 1996, S. 122f.). In jedem Fall geht nach der epigenetischen Ansicht Sprachentwicklung mit der allgemeinen kognitiven und sozialen Entwicklung (ein- bis zweijähriger Kinder) einher (vgl. Szagun, 2006). Kurzgefasst: Der Spracherwerbsprozess erfolgt im passenden Zusammenspiel aus Anlage und Umwelt. Die Anlagen sind die genetischen und biologischen 58 2 Theoretischer Hintergrund Voraussetzungen für Kognition und Sprache, die miteinander interagieren. Die Umweltfaktoren sind die äußeren Lernbedingungen, wobei die sozial-kommunikativen Interaktionen eine zentrale Rolle für die sprachliche und kognitive Entwicklung spielen (vgl. auch Grimm & Weinert, 2002; Hennon et al., 2000, S. 45; Sachse, 2007, S. 38; Wode, 1988, S. 57). Die epigenetische Position verdeutlicht somit nicht nur die Interaktion von Sprache und Kognition in der Entwicklung, sondern bezieht auch Entwicklungsbedingungen mit ein, die im Kontext von Sprachfördermaßnahmen eine wesentliche Rolle spielen. 2.2 Intelligenz und Sprache Während bisher die Verknüpfung zwischen Sprache und Denken unter entwicklungspsychologischen Aspekten im Vordergrund stand, geht es im Folgenden um differentialund kognitionspsychologische Ansichten und Befunde zum Zusammenhang zwischen Sprache und Intelligenz. Zunächst wird bei der Definition von Intelligenz die Schwierigkeit einer einheitlichen, allgemein akzeptierten Beschreibung deutlich. Daher werden verschiedene, ausgewählte Intelligenzkonzepte vorgestellt, wobei insbesondere auf die Einordnung von Sprache sowie auf den Standpunkt zu übergeordneter „allgemeiner Intelligenz“ eingegangen wird. Zur Diagnostik von Intelligenz werden vor allem nonverbale Verfahren diskutiert, da hiermit sprachunabhängige Fähigkeiten gemessen werden sollen. Damit soll aufgezeigt werden, ob und wie sprachliche und nicht-sprachliche Fähig- und Fertigkeiten konzeptionell getrennt werden können und wie das Verhältnis zueinander verstanden werden kann. Bezüglich der Diagnostik des Sprachentwicklungsstandes wird der Fokus auf zentrale Indikatoren gelegt, nämlich Nachsprechleistungen, die als besonders valide in der Differenzierung zwischen sprachauffälligen und sprachunauffälligen Kindern gelten. Zusammenhänge mit kognitiven Leistungen lassen sich auch hier aufzeigen. Eine Trennung zwischen sprachlichen und nicht-sprachlichen Kompetenzen ist demzufolge kaum eindeutig möglich, was an mehreren Forschungsergebnissen deutlich wird. Zahlreiche Studien weisen auf Zusammenhänge zwischen verschiedenen sprachlichen und Intelligenzleistungen hin. Die Frage nach Entwicklungs- und Beeinflussungsmöglichkeiten wird in einem abschließenden Exkurs zu Stabilität und Veränderung von Intelligenz im Kindesalter erörtert. 59 2 Theoretischer Hintergrund 2.2.1 Verschiedene Definitionen von Intelligenz Intelligenz ist „das am besten untersuchte Persönlichkeitsmerkmal überhaupt“ (Holling, Preckel & Vock, 2004, S. 11). Doch was ist unter Intelligenz zu verstehen? Verschiedene Forscher sind zu unterschiedlichen Definitionen gelangt. Eine der ersten und bekanntesten ist jene von Binet und Simon (1905 zit. nach Amelang & Bartussek, 1997, S. 188). Sie verstanden unter Intelligenz Urteilsfähigkeit im Sinne von gesundem und praktischem Menschenverstand sowie Anpassungsfähigkeit, kurz: „gut urteilen, gut verstehen und gut denken“ (Binet & Simon 1905b, S. 197 zit. nach Groffmann, 1983). Eine weitere berühmte Definition stammt aus dem Gebiet der Differentiellen Psychologie von Stern (1912, S. 3 zit. nach Groffmann, 1983): „Intelligenz ist die allgemeine Fähigkeit eines Individuums, sein Denken bewußt auf neue Anforderungen einzustellen, sie ist allgemeine geistige Anpassungsfähigkeit an neue Aufgaben und Bedingungen des Lebens“. Ähnlich betont in neuerer Zeit Sternberg (1985a, b, 1997) die Interaktion mit der Umwelt. Er definiert: „Intelligence comprises the mental abilities necessary for adaptation to, as well as shaping and selection of, any environmental context. […], intelligence is not just reactive to the environment but also active in forming it. It offers people an opportunity to respond flexibly to challenging situations.“ (Sternberg, 1997, S. 1030) In Wechslers (1964) Definition klingt außerdem die Mehrdimensionalität des Konstrukts an: „Intelligenz ist die zusammengesetzte oder globale Fähigkeit des Individuums, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinanderzusetzen“ (Wechsler, 1964, S. 13). Die verschiedenen Denkinhalte betont Groffmann (1964, S. 190 zit. nach Amelang & Bartussek, 1997): „Intelligenz ist die Fähigkeit des Individuums, anschaulich oder abstrakt in sprachlichen, numerischen oder raum-zeitlichen Beziehungen zu denken; sie ermöglicht erfolgreiche Bewältigung vieler komplexer und mit Hilfe jeweils besonderer Fähigkeitsgruppen auch ganz spezifischer Situationen und Aufgaben“. In der Kognitions- und Lernpsychologie gibt es noch andere Herangehensweisen. Zum einen geht es um Intelligenzprozesse, zum anderen um Intelligenz als Lernfähigkeit (Guthke, 1998, 1999). Nach Klix (1983) gehört zum Merkmal menschlicher Intelligenz in erster Linie die Vereinfachungsleistung. Darunter ist eine effektive Informationsverarbeitung zu verstehen, deren Ergebnis eine einfachere Repräsentation eines komplexen Problems ist, welches dadurch mit geringerem kognitiven Aufwand lösbar wird. Guthke und Beckmann (2001, S. 143) betonen, 60 2 Theoretischer Hintergrund Intelligenz muss „als unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeit zur Wissensaneignung, also als intellektuelle Lernfähigkeit verstanden und gemessen werden.“ Laut Guthke (1998) führt „Intelligenz zu einem schnelleren und vor allem effizienteren Wissenserwerb“ (ebd., S. 7). Auch Sternberg (1985a) sieht die Fähigkeit zur „acquisition of knowledge“ als eine wichtige Intelligenzkomponente an. Trotz der über 100jährigen Forschungstradition zum Persönlichkeitsmerkmal Intelligenz gibt es bislang keine einheitliche, allgemein akzeptierte Definition. Einigkeit besteht lediglich darin, dass Intelligenz ein Konstrukt und kein unmittelbar beobachtbares Merkmal ist (Conrad, 1983; Amelang & Bartussek, 1997). Zusammenfassend lässt sich Intelligenz mit Brocke und Beauducel (2001) beschreiben als „ein komplexes Konstrukt, das durch eine Vielzahl von kognitiven Teilfähigkeiten gekennzeichnet ist“ (ebd., S. 13). Die damit verbundenen kognitiven Prozesse dienen der Aneignung und Verarbeitung von Wissen, um auf Anforderungen der Umwelt angemessen reagieren zu können. 2.2.2 Sprache in unterschiedlichen Intelligenzkonzepten „Intelligenzleistungen sind sehr vielfältig und ermöglichen sehr unterschiedliche theoretische Strukturierungen“ (Holling et al., 2004, S. 14). Verschiedene Forscher sind ausgehend von der Messung einer Vielzahl von Leistungsvariablen sowie der Anwendung meist faktorenanalytischer Techniken zu unterschiedlichen Ordnungen bzw. Modellvorstellungen von Intelligenz gekommen. Diese sind z. T. abhängig von den einbezogenen Leistungsparametern, untersuchten Populationen und angewandten Verrechnungsmethoden (vgl. Amelang & Bartussek, 1997; Conrad, 1983). Im Folgenden werden einige der bedeutendsten Modellvorstellungen von Intelligenz dargestellt. Dabei wird vor allem auf die Spezifikation sprachlicher Fähigkeiten und die Auffassung von allgemeiner Intelligenz eingegangen, um die Beziehungen zwischen diesen zu verdeutlichen. 2.2.2.1 Die General- bzw. Zwei-Faktorentheorie Spearman formulierte 1904 die erste explizite Modellvorstellung von Intelligenz, die Generalfaktoren- bzw. Zwei-Faktorentheorie (Holling et al., 2004). Nach Spearman haben alle kognitiven Leistungen eine gemeinsame Grundlage, die sich faktorenanalytisch in einem Generalfaktor g ausdrückt. Dieser wurde von ihm als allgemeine Intelligenz bezeichnet. Um die restliche Varianz in Testleistungen zu erklären, postulierte er spezifische Faktoren s. Diese stehen für die Fähigkeiten, die zur Lösung 61 2 Theoretischer Hintergrund der jeweiligen Aufgabenart nötig sind. Es gibt nach Spearman so viele s, wie es Tests bzw. Aufgabentypen gibt. Jede individuelle Testleistung setzt sich demzufolge aus g und s zusammen, wobei die Anteile unterschiedlich hoch sein können (vgl. Amelang & Bartussek, 1997; Conrad, 1983; Holling et al., 2004)12. Die Bedeutung von Sprache wird in den Beschreibungen des Modells von Spearman nicht explizit genannt. Als spezifischer Faktor kann jedoch jede sprachliche Fähigkeit, die in einem Leistungstest gefordert ist, angenommen werden. Für die Messung von Intelligenz spielt der Generalfaktor bis heute eine große Rolle. Jedes globale Intelligenzmaß folgt dieser Annahme (Amelang & Bartussek, 1997). Darüber hinaus wurde versucht, Tests zu konstruieren, die g möglichst rein erfassen. Dazu gehören beispielsweise figurale Matrizenaufgaben (vgl. z. B. Conrad, 1983). Nähere Ausführungen zu diesen Tests folgen in Kapitel 2.2.3. 2.2.2.2 Das Modell mehrerer gemeinsamer Faktoren Nach Thurstone (1938, 1941 zit. nach Conrad, 1983) lassen sich Denkleistungen immer durch mehrere generelle Faktoren erklären. Diese nebeneinander stehenden „Primärfaktoren“ sollen jeweils eine grundlegende Fähigkeit widerspiegeln, so dass für eine Person ein Fähigkeitsprofil zu erstellen ist, anstatt einen globalen Intelligenzwert zu ermitteln. Die wiederholt belegten Primärfähigkeiten sind (1) verbales Verständnis, (2) Wortflüssigkeit, (3) schlussfolgerndes Denken, Erkennen von Regelhaftigkeiten, (4) räumliches Vorstellungsvermögen, (6) Rechenfähigkeit und (5) Merkfähigkeit, (7) Wahrnehmungsgeschwindigkeit. Kurzzeitgedächtnis, Die bedeutsamen Korrelationen zwischen diesen Faktoren und das Ergebnis von Sekundäranalysen fassen andere Forscher jedoch als Beleg für den g-Faktor auf (vgl. Amelang & Bartussek, 1997; Holling et al., 2004). Dass sprachliche Fähigkeiten einen eigenen und großen Stellenwert in Thurstones Modell haben, wird in den Faktoren „verbales Verständnis“ und „Wortflüssigkeit“ deutlich. Dabei ist nicht nur der Wortschatz von Bedeutung, sondern auch dessen angemessene Anwendung, sowohl mündlich als auch schriftlich (vgl. Amelang & Bartussek, 1997). 12 Der empirische Befund, dass die Korrelationen zwischen bestimmten Aufgabentypen nicht allein auf g zurückzuführen sind, deutet jedoch darauf hin, dass zwei Faktoren zur Erklärung der Leistungsvarianz nicht ausreichend sind (Holling et al., 2004). 62 2 Theoretischer Hintergrund Diese zunächst gegensätzlich erscheinenden Modelle von Spearman und Thurstone finden in moderneren Vorstellungen zu einem Ineinander und Miteinander. In einer Hierarchie werden mehrere Intelligenzbereiche auf verschiedenen Ebenen angeordnet. Auf der höchsten Ebene befindet sich der g-Faktor. Die Modelle unterscheiden sich in der Anzahl der Ebenen und der Anordnung der Intelligenzfaktoren (Holling et al., 2004, S. 20). 2.2.2.3 Hierarchische Modelle Hierarchische Modelle stellen eine Verknüpfung zwischen der Generalfaktorentheorie Spearmans und der Annahme mehrerer gemeinsamer Faktoren von Thurstone dar (vgl. Amelang, 1995; Amelang & Bartussek, 1997; Holling et al., 2004). Zum Beispiel geht Vernon (1950, 1965 nach Amelang & Bartussek, 1997) aufgrund der immer wieder auftretenden Überlappungen in Fähigkeitsgruppen, von einer hierarchischen Struktur der Intelligenzfaktoren aus. Den Faktor mit dem höchsten Allgemeinheitsgrad bezeichnet er ebenfalls als g. Aus der Restvarianz ergeben sich die Gruppenfaktoren v:ed (verbal: educational) und k:m (spatial: motor) („major group factors“) und weiter ausdifferenziert: Kreativität, Lesen-Buchstabieren-Sprechen-Büro-Fähigkeiten, mathematische, wissenschaftliche und technische Fähigkeiten sowie mechanische Kenntnisse („minor group factors“). Diese gliedern sich auf der untersten Ebene in spezielle Faktoren für die Testaufgaben auf (vgl. Amelang, 1995; Amelang & Bartussek, 1997). Folglich werden die sprachlichen Fähigkeiten in diesem Modell als ein Faktor von Intelligenz auf mittlerer Ebene verstanden, der mit Kulturtechniken verbunden ist. Ein weiteres hierarchisches Modell stammt von Cattell (1971). Er unterscheidet – neben einem Generalfaktor g – die Sekundärfaktoren fluide und kristalline Intelligenz. Unter fluider Intelligenz versteht Cattell die angeborenen, von Lernerfahrungen unabhängigen Fähigkeiten, auch Anpassungsfähigkeit genannt. Alle erworbenen kognitiven Fertigkeiten seien hingegen in der kristallinen Intelligenz vereinigt (vgl. Amelang & Bartussek, 1997), wobei die Kultur- und Lernumgebung einen starken Einfluss auf die Entwicklung ausübt (vgl. Amelang, 1995; Amelang & Bartussek, 1997; Holling et al., 2004). Die daraus abgeleitete, aber noch nicht hinreichend abgesicherte InvestmentTheorie Cattells besagt, dass eine Person durch die Investition ihrer fluiden Intelligenz in Lernen zur kristallinen Intelligenz gelangt (Holling et al., 2004). Sprachlich erworbenes Wissen ist damit der kristallinen Intelligenz zuzuordnen. Dies zeigt sich auch in der Spezifikation von Horn (1968 zit. nach Holling et al., 2004), wonach kristalline Intelligenz durch „Verbales Verständnis“ oder „Mechanische Kenntnisse“, 63 2 Theoretischer Hintergrund fluide Intelligenz dagegen durch Fähigkeiten wie „Induktives Schließen“, „Figurale Beziehungen“ und „Intellektuelle Geschwindigkeit“ gekennzeichnet ist. Die fluide Intelligenz sollte relativ sprachfrei und damit relativ kulturfair erfassbar sein, da die Materialien den Menschen in verschiedenen Gesellschaften vertraut sein dürften (Amelang & Bartussek, 1997). Cattell entwickelte entsprechende Tests mit dem Ziel, fluide Intelligenz relativ rein zu erfassen (Holling et al., 2004). Laut Holling et al. (2004) ist völlig kulturfreie Intelligenzmessung jedoch nicht möglich, weil beispielsweise auch beim Lösen sprachfreier, figuraler Aufgaben sprachliche Prozesse eine Rolle spielen können (vgl. z. B. DeShon, Chan & Weissbein, 1995, siehe auch Kap. 2.2.3). Cattells Unterscheidung einer verbalen und einer eher non-verbalen Komponente von Intelligenz wird in der entwicklungspsychologischen Forschung jedoch häufig verwendet (Schneider, 2007). 2.2.2.4 Das Intelligenzmodell von Wechsler Das Intelligenzmodell von Wechsler (1944 zit. nach Conrad, 1983) ist insbesondere durch die in der Intelligenzdiagnostik häufig verwendeten Tests bekannt geworden. „Die von Wechsler entwickelten Intelligenztests sollen Informationen über die ‚Allgemeine Intelligenz’, über die ‚Verbale Intelligenz’ im Vergleich zur ‚Handlungsintelligenz’ (bzw. ‚Praktische Intelligenz’) und – unter Ausdifferenzierung dieser Gruppenfaktoren – über die Ausprägung spezieller Fähigkeiten erbringen“ (Conrad, 1983, S. 113f.). Der Konzeption wird z. T. der Modellcharakter abgesprochen (vgl. Holling et al., 2004). Wichtig für die vorliegende Arbeit erscheint jedoch die Unterscheidung von verbaler Intelligenz und praktischer Begabung sowie als übergeordnetem Faktor die Annahme allgemeiner Intelligenz. 2.2.2.5 Das „Structure of Intellect“-Modell von Guilford Eine andere Vorstellung der Intelligenzstruktur hat Guilford (1959, 1967 zit. nach Amelang & Bartussek, 1997) über konfirmatorische Faktorenanalysen gewonnen. Das aus seinen Untersuchungen und theoretischen Überlegungen entstandene Modell soll intellektuelle Prozesse beschreiben, klassifizieren und erklären. Es ist als ein Modell der Informationsverarbeitung zu verstehen, in dem Input-, Operations- und Outputvariablen unterschieden werden. Die Inhalte, die den Input charakterisieren, können nach Guilford figural, symbolisch, semantisch und behavioral bzw. verhaltensmäßig sein. Die Vermittlungs- bzw. Verarbeitungsprozesse (Operationen) unterscheidet er in Kognition, Gedächtnis, divergente Produktion, konvergente Produktion und Evaluation. Die 64 2 Theoretischer Hintergrund Ergebnisse oder Produkte sind schließlich Einheiten, Klassen, Beziehungen, Systeme, Transformationen und Implikationen. Aus der Kombination der genannten Inhalte, Operationen und Produkte gehen 120 Faktoren hervor, die sich in einem Quadermodell darstellen lassen. Jeder Faktor steht für einen Informationsverarbeitungsprozess, der durch einen bestimmten Inhalt, eine bestimmte Operation und ein bestimmtes Produkt gekennzeichnet ist. Bislang konnten jedoch nicht alle Faktoren empirisch nachgewiesen werden (vgl. Amelang & Bartussek, 1997). Sprache hat in diesem Modell ihren Platz in den Inhaltsbereichen Symbolisch und Semantisch. Buchstaben und auch Wörter sind letztlich Symbole, die zu verarbeiten sind. Semantische Informationen liegen überwiegend in Begriffen vor und sind für das verbale Denken und Kommunizieren entscheidend (vgl. auch Amelang & Bartussek, 1997). Neuere Intelligenzmodelle sind umfassender. Es wird ein größeres Spektrum an Fähigkeiten und Fertigkeiten einbezogen, wobei im Grunde die Ergebnisse der bisherigen Intelligenzforschung zusammengefasst werden. Solche integrativen Modelle sind das Berliner Intelligenzstrukturmodell von Jäger (Kap. 2.2.2.6) und die ThreeStratum-Theorie von Carroll (Kap. 2.2.2.7). 2.2.2.6 Das Berliner Intelligenzstrukturmodell Das Berliner Intelligenzstrukturmodell BIS (Jäger, 1967, 1982 zit. nach Holling et al., 2004; Jäger, 1973 zit. nach Amelang & Bartussek, 1997) ist ein integratives Modell, da es „Elemente aus den Kategorisierungs-Systemen von Spearman, Thurstone und Guildford unter Berücksichtigung allgemeiner Erkenntnisse der Intelligenzforschung und sehr gezielt durchgeführter gesonderter Erhebungen bzw. Analysen“ vereinigt (Amelang & Bartussek, 1997, S. 221). Dem BIS liegt eine sehr große Vielfalt an Typen von Intelligenz- und Kreativitätsaufgaben zugrunde (Jäger, 1967, 1982 zit. nach Holling et al., 2004), 289 Variablen (Jäger, 1973 zit. nach Amelang & Bartussek, 1997). Unter allgemeiner Intelligenz wird eine allen intelligenten Leistungen zugrunde liegende allgemeine Fähigkeit verstanden, die am besten durch eine große Auswahl kognitiver Prozesse erfasst werden kann (Holling et al., 2004). Nach Jäger (1984) handelt es sich um ein deskriptives Modell, das hierarchisch und bimodal strukturiert ist. „Das Modell akzentuiert 7 hochgradig generelle Hauptkomponenten, die in den beiden Modalitäten Operationen und Inhalte angesiedelt und als Fähigkeitsbündel anzusehen sind“ (Jäger, 1984, S. 25, Hervorh. i. O.). Die vier Operationen sind Bearbeitungsgeschwindigkeit, 65 2 Theoretischer Hintergrund Gedächtnis/Merkfähigkeit, Einfallsreichtum und Verarbeitungskapazität. Die Inhalte werden differenziert in anschauungsgebundenes, figural-bildhaftes Denken (Fähigkeitsbündel figural-bildhaft), sprachgebundenes Denken (Fähigkeitsbündel verbal) und zahlengebundenes Denken (Fähigkeitsbündel numerisch). Durch die Kombination von Operationen und Inhalten lassen sich die Anforderungen der jeweiligen Aufgabe bzw. die kognitiven Leistungen beschreiben (Jäger, 1984; vgl. auch Amelang & Bartussek, 1997; Holling et al., 2004). Grundsätzlich besteht die Annahme, dass jede intelligente Leistung durch alle Operationen und Inhalte – zu sehr unterschiedlichen Anteilen – bestimmt wird. Bei den meisten Leistungen sei jedoch eine Operation und ein Inhalt vorherrschend (Holling et al., 2004). „Als Integral aller Komponenten ist die Allgemeine Intelligenz, ‚g’ vorgesehen“ (Jäger, 1984, S. 26). In dieses Modell lassen sich viele Testaufgaben einordnen, u. a. figurale Matrizenaufgaben (wie jene von Raven) in die Zelle Verarbeitungskapazität figural (Holling et al., 2004). Die Erfassung von Sprachkompetenzen fällt dagegen unter den Inhaltsbereich verbal, wobei je nach Aufgabenstellung unterschiedliche Operationen verlangt werden. Bei jeder Art von Nachsprechaufgaben ist Merkfähigkeit nötig. Wenn nicht nur Wörter, sondern Sätze wiederholt werden sollen, wird darüber hinaus Verarbeitungskapazität gebraucht (vgl. Kap. 2.2.4). Hier findet sich eine Überschneidung in den Anforderungen einer verbalen und einer nonverbalen Aufgabe. 2.2.2.7 Die Three-Stratum-Theorie Von Carroll (1993) stammt eine weitere integrative Intelligenzmodellentwicklung. Das faktorenanalytisch ermittelte Strukturmodell weist drei Hierarchieebenen auf. Die höchste Generalität (Stratum III) bildet die allgemeine Intelligenz. Allen intellektuellen Aktivitäten liegen die komplexen kognitiven Prozesse höherer Ordnung zu Grunde. Acht Fähigkeiten mittlerer Generalität (Stratum II) sind der allgemeinen Intelligenz untergeordnet, die wiederum 69 spezifische Fähigkeiten (Stratum I) beeinflussen. Auf Stratum II befinden sich fluide Intelligenz, kristalline Intelligenz, allgemeine Gedächtnisfähigkeit, visuelle Wahrnehmung, auditive Wahrnehmung, Abruffähigkeit, kognitive (Verarbeitung-)Geschwindigkeit und Entscheidungsgeschwindigkeit. Spezifische Fähigkeiten sind beispielsweise – aus dem sprachlichen Bereich – Fremdsprachenbeherrschung, Leseverständnis und Lesegeschwindigkeit, die vor allem von der kristallinen Intelligenz beeinflusst werden. Es sei jedoch betont, dass die intellektuellen Fähigkeiten komplex und nicht unabhängig voneinander angenommen werden (Holling et al., 2004). 66 2 Theoretischer Hintergrund Für die beschriebenen Intelligenzmodelle gilt, dass sie nicht losgelöst voneinander zu betrachten sind und in gewisser Weise durch die Methoden und Festlegungen der jeweiligen Autoren bestimmt sind. Außerdem sind sie „nur“ als Ordnungssysteme zur Beschreibung von Produkten zu verstehen, denn Prozesskomponenten werden nicht (oder kaum) einbezogen (Amelang & Bartussek, 1997). Ein Modell, das die Prozesse von Intelligenzleistungen einbezieht und damit einen kognitionspsychologischen Hintergrund aufweist, hat Sternberg (1985a, b, 1997) publiziert (Holling et al., 2004). 2.2.2.8 Das triarchische Modell Sternberg (1985a, b; 1997) beschreibt Intelligenz über drei Teiltheorien, mit denen er auf einen internen Aspekt, die Erfahrung und einen externen Aspekt hinweist. Internal sind die Metakomponenten, Performanz-Komponenten und Wissenserwerbs- komponenten. External sind die Funktionen zur Anpassung an die Umwelt und Veränderung der konkreten Umgebung, letztlich die Aneignung von Handlungswissen. Im Bereich Erfahrungen geht es um die Veränderungen über die Zeit, d. h. von der Lösung neuartiger Probleme zur Automatisierung (Sternberg, 1985a, vgl. auch Amelang & Bartussek 1997, Holling et al., 2004). Sternberg (1985a, S. 117) sieht „Intelligence as mental self-government“. Er versteht unter Intelligenz, die Fähigkeit zum Erfahrungslernen und Anpassen an die Umgebung (vgl. Holling et al., 2004). Die Berücksichtigung der Interaktion von intelligentem Verhalten mit Umgebungsvariablen ist eine weitere Neuerung gegenüber anderen Intelligenzmodellen (vgl. Holling et al., 2004). Die Einordnung sprachlicher Fähigkeiten wird in diesem Modell nicht explizit vorgenommen. Andererseits wird dem Kontakt zur Umwelt eine große Bedeutung beigemessen und dieser Kontakt ist im Regelfall sehr stark durch Kommunikation geprägt. Somit kann angenommen werden, dass auch im triarchischen Modell der Intelligenz nach Sternberg Sprache eine wichtige Rolle spielt. Es gibt noch zahlreiche weitere Modelle, die je ihren eigenen, wichtigen Beitrag zur Intelligenzforschung geleistet haben. Nur die wichtigsten wurden im Hinblick auf die Einordnung sprachlicher Fähigkeiten und das Verständnis von allgemeiner Intelligenz vorgestellt. Dabei wurde deutlich, dass Sprache direkt oder indirekt für Intelligenzleistungen von Bedeutung ist. Sprache kann daher auch als ein Teil von Intelligenz verstanden werden. Außerdem erscheint die Beibehaltung der Annahme eines Generalfaktors der Intelligenz – als statistische Abstraktion – gerechtfertigt (vgl. Amelang & Bartussek, 1997; Daseking, Lipsius, Petermann & Waldmann, 2008). 67 2 Theoretischer Hintergrund 2.2.3 Intelligenzdiagnostik – nonverbal? Nachdem die Bedeutung von Sprache für Intelligenz deutlich geworden ist, stellt sich die Frage, ob verbale und nonverbale Fähigkeiten getrennt erfasst werden können. Dies wäre wichtig, um die Beziehung zwischen beiden Bereichen aufzuklären. Zumindest sollte geklärt sein, welche Anteile verbale und nonverbale Fähigkeiten an der Aufgabenlösung haben. Wie dieses Zusammenspiel bei sogenannten nonverbalen Matrizenaufgaben aussieht, wird im Folgenden diskutiert. Zuvor wird jedoch kurz in die Intelligenzdiagnostik allgemein eingeführt. Zur Erfassung von Intelligenz sind aus den unterschiedlichen Modellen und Strukturierungsversuchen verschiedene Testverfahren entwickelt worden. Es gibt daher eine große Anzahl an Intelligenztests, die außerdem für verschiedene Alters- und Fähigkeitsbereiche konzipiert sind. Einige Tests dienen der Erfassung einzelner Intelligenzdimensionen, andere erfassen mehrere Intelligenzbereiche und erlauben eine Beschreibung der Intelligenz- bzw. Fähigkeitsstruktur. Trotzdem decken Intelligenztests „immer nur einen bestimmten Ausschnitt aus dem Spektrum intellektueller Fähigkeiten“ ab (Holling et al., 2004, S. 58). Allerdings und dennoch erlauben die meisten von ihnen die Bildung eines globalen Intelligenzmaßes. Die heutige Form der Einordnung individueller Ausprägungen von Intelligenz(dimensionen) besteht in Normwerten (z. B. IQoder T-Werte), mit denen inter- und intraindividuelle Unterschiede bestimmt werden können (vgl. Amelang & Bartussek, 1997; Holling et al., 2004; Schneider, 2007). Ein Beispiel für die Erfassung mehrerer Intelligenzdimensionen sind die weit verbreiteten Tests nach dem Wechsler-Konzept. Die klassische Struktur mit Verbal- und Handlungsteil wurde in den aktuellen deutschsprachigen Versionen WPPSI-III (Petermann, 2009) für das Vorschulalter (früher HAWIVA) und HAWIK-IV (Petermann & Petermann, 2008) für das Kindesalter aufgehoben und erweitert. Über die theoretische Begründung und praktische Interpretation der ursprünglichen Aufteilung, die in der Version für Erwachsene (WIE: Aster, Neubauer & Horn, 2006) (noch) beibehalten wurde, besteht nämlich Uneinigkeit (vgl. Holling et al., 2004). Die Tests dieser Familie werden im klinischen und pädagogischen Kontext sowie in der Forschung häufig angewandt (vgl. z. B. Bölte, Adam-Schwebe, Englert, Schmeck & Poustka, 2000). Dies gilt auch für Intelligenztests, die auf Cattell (1971) zurückgehen. Mit diesen Verfahren wird versucht, fluide Intelligenz – im Sinne von Cattell (1971) – zu erfassen 68 2 Theoretischer Hintergrund und damit grundlegende intellektuelle Fähigkeiten abzuschätzen. Die dabei anvisierten Prozesse der analytischen Intelligenz stehen in engem Zusammenhang mit Spearmans g-Faktor. Das Aufgabenmaterial dieser Tests ist meistens sprachfrei, um den Kulturund Bildungseinfluss zu reduzieren. Cattell nannte seine Tests daher Culture Fair Tests (CFT) (Holling et al., 2004). Es gibt drei Versionen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsniveau für Kinder (CFT 1), Erwachsene (CFT 2 bzw. CFT 20) und hochbegabte Menschen (CFT 3), auch in deutschen Adaptationen. Für Kinder von fünf bis neun Jahren wird der CFT 1 (Cattell, Weiß & Osterland, 1997) angewendet. Er besteht aus rein figuralen Aufgaben, die durch wahrnehmungsbasierte Regelerkennung zu lösen sind. Einer der fünf Untertests ist ein Matrizentest. Es muss die fehlende Figur in einem Vierfelderschema aus fünf Alternativen ausgewählt werden. Matrizentests sind in der Intelligenzdiagnostik allgemein weit verbreitet. Als reiner Matrizentest sind die progressiven Matrizen von Raven (vgl. Bulheller & Häcker, 2002) am bekanntesten. Es liegen wiederum drei Testversionen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden vor, die in vielen Ländern Anwendung finden. Die einfachste und damit für jüngere Kinder, geistigbehinderte und ältere Menschen geeignete Variante stellen die Coloured Progressive Matrices (CPM) dar. Aufgaben mittlerer Schwierigkeit bieten die Standard Progressive Matrices (SPM). Überdurchschnittliche Fähigkeiten können mit den Advanced Progressive Matrices (APM) getestet werden (vgl. Bulheller & Häcker, 2002; Conrad, 1983; Holling et al., 2004). Die Raven-Matrizen gelten als sehr ökonomische Verfahren, um zu einer Einschätzung der allgemeinen Intelligenz zu gelangen. Was sie wirklich messen, ist jedoch umstritten. Die empirischen Befunde zur Faktorenstruktur sind widersprüchlich. Einige stützen das g-Faktorenmodell, andere sprechen mit mehrfaktoriellen Lösungen für eine Anzahl unterschiedlicher kognitiver Fähigkeiten, die zur Aufgabenlösung nötig sind. Neben dem g-Faktor dürften räumliches Vorstellungsvermögen, fluide Intelligenz, induktives Denken, simultane Verarbeitung, Wahrnehmungsgenauigkeit und Gedächtnis, aber auch Persönlichkeitsvariablen und kulturabhängige Einflussgrößen von Bedeutung sein (vgl. zusammenfassend Conrad, 1983; Bulheller & Häcker, 2002; McCallum et al., 2001; Schöler et al., 1995). Für die CPM berichten Bulheller und Häcker (2002) eine hohe Ladung auf dem Faktor g und eine gewisse Bedeutung des visuell-räumlichen K-Faktors. „Der Test stellt kein Messinstrument für ‚allgemeine Intelligenz’ dar, sondern er mißt das Ergebnis intellektueller Tätigkeit im Sinne eines reinen Faktors“ (Bulheller & Häcker, 2002, S. 25). Raven, Raven und Court (1998 nach 69 2 Theoretischer Hintergrund McCallum et al., 2001) schlussfolgern aus zahlreichen Untersuchungen, dass die SPM eine relativ gute Messung der allgemeinen intellektuellen Fähigkeiten widerspiegeln, aber nicht das reine g abschätzen. Die RPM werden dennoch gern als relativ klare Messung von g oder genereller intellektueller Fähigkeit genutzt. Validitätsuntersuchungen (kriterienbezogen, konkurrent) stützen diese Annahme (vgl. McCallum et al., 2001). Auch „Spearman (Spearman & Wynn-Jones, 1951) regarded the Progressive Matrix Test as an appropriate measure of the general factor. Jensen (1972) refers to the test as the best single measure of the g factor that is now available“ (Hunt, 1974, S. 129). Neben der Faktorenstruktur ist umstritten, welche Prozesse zur Lösung der Aufgaben nötig sind. Bei den Raven-Aufgaben handelt es sich um Probleme der Musterergänzung. Darunter sind folgende Mustertypen zu finden: kontinuierliche Muster, Muster mit progressiven Veränderungen in ein oder zwei Richtungen, diskrete Muster, Muster, die ein verbundenes Ganzes darstellen, Muster mit räumlichen Analogien (Symmetriewahrnehmung), Muster mit abstrakten Analogien. Die zur Lösung nötigen Denkprozesse reichen von der Wahrnehmung von Unterschied, Ähnlichkeit und Identität, Orientierung und Symmetrie über Gestaltbildung und -ergänzung bis hin zur Veränderungswahrnehmung in Bezug auf Symmetrie, Rotation und schließlich Addition und Subtraktion von Merkmalen (vgl. Bulheller & Häcker, 2002, S. 4ff.). In einer Validitätsuntersuchung wurden drei Typen von Items identifiziert: abstraktes Denken in Analogien, Vervollständigung des Musters durch Identität und Gestaltschließung, einfache Vervollständigung des Musters. Diese drei Typen kommen sehr nahe an die Beschreibung bei der ursprünglichen Konstruktion der Aufgaben heran (Bulheller & Häcker, 2002). Die informationsverarbeitenden Prozesse, die zur Lösung der Aufgaben nötig sind, wurden von verschiedenen Forschern untersucht. Carpenter, Just und Shell (1990 zit. nach McCallum et al., 2001, S. 45) entwickelten ein detailliertes theoretisches Modell für die Prozesse beim Problemlösen der Raven-Matrizen. Ihre Schlussfolgerung lautet: „The processes that distinguish among individuals are primarily the ability to induce abstract relations and the ability to dynamically manage a large set of problemsolving goals in working memory” (ebd., S. 404). Hunt (1974) verdeutlicht zwei Wege zur Lösung der Matrizenaufgaben: den Gestaltalgorithmus und den analytischen Algorithmus, zwei psychologisch gesehen sehr unterschiedliche Techniken. Dennoch sind auf beiden Wegen bis zu einem gewissen Maße die gleichen Resultate zu erzielen. Daher zweifelt Hunt (1974) die Interpretation der Raven-Testwerte als Maß für g an: 70 2 Theoretischer Hintergrund „This observation casts some doubt on the interpretation of a Raven Progressive Matrix Test score as a measure of g, since nothing in the psychometric literature leads one to believe that identical general factor scores should be associated with qualitatively different styles of cognition“ (Hunt, 1974, S. 150). Schon Spearman habe die analytische und die synthetische Herangehensweise bei der Aufgabenlösung unterschieden, sah jedoch nur die analytische als die kognitive Operation an, die am stärksten auf g lädt (Spearman & Wynn-Jones, 1951 zit. nach Hunt, 1974). Nach Hunt (1974) kann nicht unterschieden werden, WIE die RavenAufgaben gelöst werden. Es sind unterschiedliche Wege zur Lösungsfindung möglich. Die beiden Strategien, analytisch und visuell-räumlich basiert, bestätigten auch Capenter et al. (1990 zit. nach DeShon, Chan & Weissbein, 1995). Gleichfalls zeigten Schöler, Altmann und Fromm (1995) in einer Aufgabenanalyse, dass die CPMAufgaben durch unterschiedliche Strategien gelöst werden können. Beispielsweise können demnach „Muster“- und „Gestalt“-Aufgaben in der gleichen Weise wie „Analogie“-Aufgaben verarbeitet und gelöst werden. Bei der Untersuchung des Antwortverhaltens von 64 spezifisch sprachentwicklungsgestörten und 47 sprachunauffälligen Erst- bis Viertklässlern fanden sie allerdings keine Unterschiede in der Wahl der Lösungsstrategien. Diese wären anzunehmen, da bei der spezifischen Sprachentwicklungsstörung auch Defizite in nicht-sprachlichen Bereichen beobachtet werden und daher eine bereichsübergreifende Störung der Informationsverarbeitung vermutet wird (vgl. Schöler et al., 1995; siehe Kap. 2.1.3). Es stellt sich weiterhin die Frage, ob die Raven-Tests tatsächlich nonverbal und kulturfair messen. Das Verhältnis von sprachlichen und nicht-sprachlichen Lösungsstrategien für das Lösen der Testaufgaben sollte geklärt sein, da die Bedeutung von Sprache für die kognitiven Fähigkeiten geprüft werden soll (vgl. Fuchs, 1983). Bereits Vygotskij (2002, erstmals 1934) wies auf die Bedeutung des inneren Sprechens für höhere kognitive Prozesse, wie etwa das Problemlösen, hin (vgl. Werani, 2009 für einen Überblick). Insbesondere als Steuerungssystem beeinflusst bzw. moderiert Sprache die Leistungen in unterschiedlichen Problemlöse- und Konzepterwerbsaufgaben (vgl. Weinert, 2003a; Weinert, 2006, S. 678). Sogar für die Bewältigung sprachfreier Problemlöseaufgaben wurde die Erleichterung durch sprachliche Aufmerksamkeitslenkungen und die Verwendung von Selbstinstruktionen nachgewiesen (vgl. Weinert, 2000, 2006). Dabei kann Sprache „sowohl eine hilfreiche als auch eine behindernde Funktion wahrnehmen" (Funke, 2005, S. 138) – hilfreich als Steuerungsmittel und behindernd, wenn sie zusätzlich Aufmerksamkeit verlangt (Funke, 71 2 Theoretischer Hintergrund 2005). Laut Bartl und Dörner (1998) kann sie für die Bewältigung von Matrizenaufgaben nützlich sein. DeShon, Chan und Weissbein (1995) zeigten beispielsweise, dass sich bei der Lösung von Items der APM, welche die visuell-räumliche Strategie erfordern, Verbalisierungen negativ auswirken, während dies für Items, die der analytischen Strategie zugeordnet wurden, nicht zutraf. Eine Studie, die den Inhalt der Verbalisierungen beim Lösen der Progressiven Matrizen von Raven analysierte, stammt von Werani (2009). Sie untersuchte 22 Personen mit der Methode des lauten Denkens und fand heraus, dass „das problemlösende Sprechen mit zunehmender Schwierigkeit signifikant zunimmt und dass […] das problemlösende Sprechen in einem positiven Zusammenhang mit der Lösungsgüte steht.“ Außerdem gab „es zwischen guten und schlechten Problemlösern signifikante Unterschiede hinsichtlich der sprachlichen Äußerungen sowohl beim problemlösenden Sprechen als auch bei den formalen Äußerungen.“ Weiterhin zeigte sich, dass „nicht die alleinige Sprechmenge das Lösungsergebnis begünstigt, sondern dass anderweitig qualitative Faktoren des Sprechens beteiligt sein müssen.“ Unter der Annahme, dass das laute Denken dem inneren Sprechen entspricht, zeigen die Ergebnisse, dass „ein positiver Einfluss des inneren Sprechens auf den Problemlöseprozess entscheidend von seiner Qualität abhängig ist. Die Qualität des inneren Sprechens ist dafür verantwortlich, ob sich das Sprechen positiv oder negativ auf die Funktionen der Orientierung und Regulation von Problemlöseprozessen auswirkt.“ Für diese Funktion des inneren Sprechens dürfte es keine Rolle spielen, welche Sprache verwendet wird. Insofern sollten Probanden unterschiedlicher Muttersprache keine Nachteile haben. Wenn Menschen mit verschiedenen Muttersprachen und/oder kulturellen Hintergründen verglichen werden sollen, ist lediglich das Instruktionsverständnis vorauszusetzen. Dass die sprachliche Instruktion möglicherweise ein Problem für Kinder mit Migrationshintergrund sein kann, zeigte sich hinsichtlich des CFT in der Studie von Limbird (2007, S. 161). Das ist ein Grund, weshalb die meisten als nonverbal bezeichneten Intelligenztests eher als sprachreduzierte Tests mit verbalen Instruktionen charakterisiert werden sollten (McCallum et al., 2001). Die mangelhafte Qualität von übersetzten Tests und das Fehlen zwei- und mehrsprachiger Testleiter, die Kinder in ihrer Muttersprache testen könnten, spricht dennoch für die Alternative, nonverbale Tests einzusetzen (McCallum et al., 2001). Ansonsten sind die Differenzen noch größer. Beispielsweise fanden Daseking et al. (2008) bei ihrer Untersuchung von 321 Kindern mit Migrationshintergrund und einer parallelen Stichprobe deutsch72 2 Theoretischer Hintergrund sprachiger Kinder ohne Migrationshintergrund mit dem HAWIK-IV die größten Unterschiede in den sprachlichen Untertests. In der Studie von Murphy (1990) verschwand der Nachteil bilingualer Kinder bei der Prüfung mit den CPM im Vergleich zur Prüfung mit dem WISC-R (Wechsler Intelligence Scale for Children – Revised). Nonverbale Tests reduzieren zumindest den Fehler, der durch den Einfluss der Sprache entsteht (McCallum et al., 2001). Die Aufgaben der Raven-Matrizen können als nonverbal gelten, abgesehen vom inneren Sprechen und ggf. der Notwendigkeit, verbal gegebene Instruktionen zu verstehen. Die Aufgabenstellung kann jedoch relativ gut auch nonverbal vermittelt werden. Die RPM sind deshalb geeignet, um Personen mit verschiedenem sprachlichen und kulturellen Hintergrund auf ihre kognitiven Fähigkeiten zu untersuchen und zu vergleichen (Bulheller & Häcker, 2002). Daher werden im Kindesalter die CPM in zahlreichen Untersuchungen als relativ sprachunabhängiges Maß für die allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit eingesetzt (z. B. Gathercole et al., 1992; Roos et al., 2010; Schöler, Guggenmoos, Hasselbach & Iseke, 2005). 2.2.4 Sprachstandsdiagnostik: Nachsprechleistungen als diagnostische Kennzeichen Die Feststellung des Sprachentwicklungsstandes ist mindestens ebenso schwierig wie die Intelligenzdiagnostik. Die Entwicklung diagnostischer Instrumente erfolgt nicht nur aus psychologischer, sondern auch aus linguistischer und pädagogischer Perspektive. Insbesondere in den letzten Jahren wurde aufgrund des bildungspolitischen Drucks zunehmend in die Entwicklung von Erhebungsinstrumenten investiert. Das Ziel ist neben Klassifikations- und Selektionsentscheidungen, vor allem die Einleitung von Interventionsmaßnahmen. Die Prüfverfahren sind teilweise sprachanalytisch, informell, einschätzungsbasiert und teilweise testdiagnostisch angelegt (vgl. Schulz, Kersten & Kleissendorf, 2009). Einen ausgewählten, kritischen Überblick über die Sprachentwicklungsdiagnostik und deren Konsequenzen in den ersten sechs Lebensjahren bietet Ritterfeld (2004b), umfassendere Darstellungen, auch von vorliegenden Diagnoseinstrumenten zum Sprachstand im Vorschulalter, finden sich bei Fried (2004), Ehlich (2007), Kany und Schöler (2010) sowie Weinert, Doil und Frevert (2008). Für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) fehlen häufig noch die Instrumente zur Diagnostik in der Erstsprache (Reich, 2007; Rothweiler, 2007, S. 256; 73 2 Theoretischer Hintergrund vgl. Ehlich, 2007a)13. Diese wären nötig, sowohl um auch bei diesen Kindern Spezifische Sprachentwicklungsstörungen festzustellen als auch um gezielte Fördermaßnahmen einzuleiten (Roth & Dirim, 2007). „Ebenso ließen sich auf der Basis der Erhebung beider Sprachen auch Auswirkungen der allgemeinen kognitiven Entwicklung auf das Sprachverhalten eher erkennen“ (Roth & Dirim, 2007, S. 661). In der Sprachentwicklungsdiagnostik werden entsprechend der verschiedenen sprachlichen Bereiche unterschiedliche Aufgaben eingesetzt. Eine umfassende Sprachdiagnostik zur Ableitung von Fördermaßnahmen beinhaltet die Prüfung phonologischer, morphologischer und syntaktischer Fähigkeiten sowie lexikalischen Wissens. Außerdem sind Sprachverstehens- und Sprachproduktionsleistungen zu unterscheiden. Hinzu kommen weiterhin die für den Spracherwerb zentrale Kapazität des phonologischen Arbeitsgedächtnisses und kognitive Verarbeitungsfähigkeiten. Der pragmatische, kommunikative Sprachgebrauch sollte ebenfalls nicht vergessen werden (vgl. z. B. Bredel, 2007; Ehlich, 2007a; Roos & Schöler, 2007). Diese Bereiche werden in der Praxis mehr oder weniger isoliert geprüft oder eingeschätzt. Für eine allgemeine Einschätzung des sprachlichen Entwicklungsstandes sind Aufgaben hilfreich, die mehrere Bereiche einschließen oder grundlegende Fähigkeiten prüfen und damit als „diagnostische Marker“ gelten. Derartige Marker sind das phonologische Arbeitsgedächtnis für Pseudowörter ab einem Alter von drei Jahren und das Gedächtnis für Sätze ab vier Jahren (Grimm, 2005). Es ist das Nachsprechen von Sätzen bzw. Wörtern gefordert. 2.2.4.1 Der „Königsweg“: Nachsprechen von Sätzen Roos und Schöler (2007) bezeichnen die Aufgaben des Nachsprechens von Sätzen als „Königsweg der Sprachentwicklungsdiagnostik“ (ebd., S. 541). Darin sind viele sprachliche Aspekte konfundiert (vgl. Grimm, 2001; Kany & Schöler, 1998; Roos & Schöler, 2007; Schöler et al., 1997). Diese Aufgabe zeichnet sich durch hohe prognostische Validität aus und hat eine lange Tradition (Roos & Schöler, 2007). Sie kommt in (zahlreichen) Verfahren zur Sprachstandserhebung im Kindesalter vor: im H-S-E-T (Grimm & Schöler, 1978), in IDIS (Schöler, 1999a) und HASE (Brunner & Schöler, 2001/02; Schöler & Brunner, 2007), in Delfin 4 (Fried, 2007), im SEV (Heinemann & Höpfner, 1993), im SETK 3-5 (Grimm, 2001) sowie SSV (Grimm, 13 Aktuell ist jedoch ein Verfahren erarbeitet worden, das eine sprachtheoretisch begründete Diagnostik bei DaZ-Kindern im Alter von drei bis sieben Jahren erlaubt, die Linguistische Sprachstandserhebung Deutsch als Zweitsprache (LiSe-DaZ) (vgl. Schulz, Tracy & Wenzel, 2008; Erscheinungsdatum Frühjahr 2011). 74 2 Theoretischer Hintergrund 2003) als auch in der schon älteren Testbatterie von Schüler (1978 zit. nach Roos & Schöler, 2007) und dem informellen Dysgrammatiker-Prüfmaterial (Frank & Grziwotz, 1978 zit. nach Roos & Schöler, 2007). Um die Aufgabe, Sätze wörtlich wiederzugeben, lösen zu können, sind verschiedene Fähigkeiten und Fertigkeiten nötig. Zunächst muss der Satz verstanden werden, wofür rezeptive Sprachkenntnisse gebraucht werden. Das Arbeitsgedächtnis ermöglicht die Speicherung und Wiedergabe der Wörter. Allerdings kann nur eine begrenzte Anzahl an sinnlos aneinander gereihten Wörtern unmittelbar aus dem Gedächtnis reproduziert werden. Diese sogenannte Wortspanne beträgt bei Vorschulkindern maximal sechs (Grimm, 2001). Bei Sätzen kann aufgrund der Verbindungen zwischen den Wörtern eine internale Analyse vorgenommen und daraus eine Repräsentation erstellt werden. Für diese Leistung ist grammatisches Regelwissen aus dem Langzeitgedächtnis nötig. Bei inhaltlich sinnvollen Sätzen hilft zusätzlich das gespeicherte Weltwissen. Die Aufgabe des Nachsprechens von Sätzen ist häufig unterteilt in das Nachsprechen semantisch sinnvoller Sätze einerseits und semantisch sinnloser Sätze andererseits. Die sinnlosen Sätze können aus der morpho-syntaktisch korrekten, aber inhaltlich unsinnigen Kombinationen sinnvoller Wörter bestehen (z. B. im SETK 3-5) oder aus der morpho-syntaktisch korrekten Kombinationen von Kunstwörtern (z. B. im HASE). In beiden Fällen wird die semantische Komponente ausgeschaltet. Für die Rekonstruktion dieser Sätze kann ausschließlich grammatisches Wissen genutzt werden. Die im Gedächtnis erstellte Repräsentation ist zu rekonstruieren und zu reproduzieren (vgl. Grimm 2001, 2003b; Kany & Schöler, 1998; Schöler & Brunner, 2007; Schöler et al., 1997). Das bedeutet, dass das Nachsprechen von Sätzen ein Maß für sprachliche Fähigkeiten im weiteren Sinne ist, weil die verschiedenen relevanten Leistungsbereiche konfundiert sind. Einen Beleg dafür liefern sowohl aktuelle als auch prädiktive mittlere Zusammenhänge mit anderen Subtests bzw. Sprachmaßen (vgl. Tabelle 1). 75 2 Theoretischer Hintergrund Tabelle 1: Korrelationen des Nachsprechens von Sätzen (NS bzw. SG) mit verschiedenen anderen Sprachmaßen in empirischen Studien Studie Stichprobe Aufgaben (Tests) und Korrelationen SETK 3-5: Grimm, Normstichprobe N = 495 SG – MR r = .41*** (N = 175) 2001 SG – VS r = .40*** (N = 169) SG – PGN r = .56*** (N = 168) SG – GW r = .56*** (N = 167) HASE: Schöler & Einschulungsuntersuchungen NS – WZ r = .29*** (N = 7 949); Brunner, 2007 in Mannheim N = 2 940 r = .45*** (N = 166 041) in Biberach N = 1 467 NS – EW r = .46*** (N = 3 313) in Münster N = 2 694 NS – NK r = .45*** (N = 6 108); in Baden-Württemberg r = .55*** (N = 165 087) N = 171 189 Bockmann, 2007 t1 = 47.8 Monate (N=57) SG – MR r = .33*; SG – VS r = .49** t2 = 60.1 Monate (N=54) SG – MR r = .59**; SG – VS r = .34*; SG – WS r = .59* t3 = 93.6 Monate (N=53) SG – MR (PS) r = .38**; SG (IS) – VS r = .39** Stabilität: SG(t1) – SG(t2) r = .60**; SG(t2) – SG(t3) r = .54**; SG(t1) – SG(t3) r = .26 (n.s.) Goldammer et al., t0 = 1;10 J. (N = 57) Korrelationen: 2007 t1 = 4;0 J. (N = 54) SG – WS r = .599** (Stichprobe t2 = 5;0 J. (N = 54) SG – MR r = .590** entspricht t3 = 7;10 J. (N = 53) SG – PGN r = .622** Bockmann, 2007) Abkürzungen: SETK 3-5 mit den Untertests SG = Satzgedächtnis (entspricht IS = Imitation sprachlicher Strukturformen im H-S-ET), MR = Morphologische Regelbildung (entspricht PS = Plural-Singular-Bildung im H-S-E-T), VS = Verstehen von Sätzen; PGN = Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter; GW = Gedächtnisspanne für Wortfolgen; HASE mit den Untertests NS = Nachsprechen von Sätzen, WZ = Wiedergeben von Zahlenfolgen, EW = Erkennen von Wortfamilien, NK = Nachsprechen von Kunstwörtern; WS = Wortschatz im AWST 3-6; t = Zeitpunkt; * p < .05; ** p < .01; *** p < .001 Der diagnostische Wert der Nachsprechaufgabe zeigt sich in der deutlichen Differenzierung zwischen sprachlich auffälligen und unauffälligen Kindern (vgl. u. a. Kany & Schöler, 1998; Kiese-Himmel, 1997; Schöler, 1999b) sowie in der frühen Prädiktion von Lese-Rechtschreibfähigkeiten und -schwierigkeiten (Goldammer, Bockmann & Mähler, 2007; Treutlein, Roos & Schöler, 2007; vgl. auch Roos & Schöler, 2007). Kinder mit SSES schneiden deutlich schlechter ab als sprachunauffällige Kinder (Grimm, 2003a, 2005; Kany & Schöler, 1998; Kiese-Himmel, 1997; Kratzer & Schöler, 1992; Schöler et al., 1991, 1997). Von sieben kritischen Leistungsprofilen für Risikokinder, die bei der Prüfung der prognostischen Validität des HASE beobachtet wurden, war bei sechs Profilen die Leistung im Nachsprechen von 76 2 Theoretischer Hintergrund Sätzen (NS) auffällig (Treutlein et al., 2007). „Dies stützt die Annahme, dass mit dem Nachsprechen von Sätzen sehr gut zwischen spracherwerbsgestörten und sprachunauffälligen Kindern diskriminiert werden kann“ (Schöler & Brunner, 2007, S. 19). Vertieft zeigten Kratzer und Schöler (1992) durch eine Fehleranalyse der Reproduktionsleistungen von 68 SSES-Kindern im Vergleich zu 52 sprachunauffälligen Grundschulkindern, dass den SSES-Kindern implizites Grammatikwissen fehlt. Laut Kany und Schöler (1998) haben Kinder mit SSES beim Nachsprechen von Sätzen „bereits Probleme beim Verstehen sowohl der Inhalte als auch der Satzstruktur“ (ebd., S. 175). Ihren Strategien zur Begegnung dieser Probleme, nämlich bloßes Wiederholen oder Versuche der Anwendung von Regeln, die in Übergeneralisierungen enden, „liegen allgemein kognitive und keine sprachspezifischen Prozesse zugrunde“, so Kany und Schöler (ebd., S. 175f.). Demzufolge ist anzunehmen, dass kognitive Fähigkeiten ebenfalls einen Beitrag zur Erfolg im Sätze-Nachsprechen leisten. Ebenfalls aufgrund mangelhafter Grammatikkenntnisse erbringen Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen bedeutend schlechtere Leistungen als Kinder mit ausreichenden Kenntnissen in der deutschen Sprache (vgl. Brunner & Schöler, 2002; Grimm et al., 2004; Schöler & Brunner, 2007; Schöler et al., 2004, 2005). Von den vier Aufgaben des HASE sind in diesem Untertest die größten Leistungsschwächen der Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen zu verzeichnen (vgl. Schöler, Dutzi et al., 2004). Die Bedeutung der allgemeinen kognitiven Fähigkeiten für das Nachsprechen von Sätzen wird an den beobachtbaren Zusammenhängen zwischen der Nachsprechaufgabe und Intelligenzleistungen deutlich (vgl. Schöler & Brunner, 2007). Schöler, Guggenmos et al. (2005) fanden eine Korrelation zwischen der Aufgabe Nachsprechen von Sätzen und den Leistungen in den CPM von r = .22. Diese ist zwar als gering einzustufen, aber sie ist höher als jene zwischen CPM und anderen sprachlichen Aufgaben (ebd., S. 18). Auch Bockmann (2007, S. 46, 66 und 68) liefert Hinweise, dass das Satzgedächtnis in besonderem Maße von kognitiven Faktoren bedingt ist. Sie fand die höchste differentielle Stabilität im Schulalter – wie es vor allem für die kognitive Entwicklung bekannt ist – sowie nur für diesen Untertest einen varianzaufklärenden Beitrag des Alters der Kinder. Andererseits berichtet Grimm (2001) keine signifikanten Korrelationen zwischen dem Satzgedächtnis und nonverbalen Untertests der K-ABC und des WET. Die Stichproben dieser Untersuchungen waren allerdings mit N = 8 bzw. N = 26 äußerst klein. 77 2 Theoretischer Hintergrund Prognostisch berichten Schöler und Brunner (2007, S. 35) bezeichnende Korrelationen der Aufgabe Nachsprechen von Sätzen (NS) mit verschiedenen Leistungswerten in der dritten Klasse. Von den vier HASE-Aufgaben weist NS die höchsten Korrelationen mit den Schulnoten und Testleistungen auf. Der Zusammenhang mit Schulnoten liegt zwischen r = -.38 und r = -.48, mit Testwerten zum Lesen und Rechtschreiben zwischen r = .36 und r = .55. Die Korrelationen sind substantiell und statistisch hoch signifikant. „Ähnliche Korrelationen zu den Schulleistungen sind in der Literatur ansonsten nur bei der Intelligenz bekannt“ (Schöler & Brunner, 2007, S. 35). Wenn die Intelligenz auspartialisiert wird – sie wurde in diesem Fall mit dem Prüfsystem zur Schul- und Bildungsberatung (PSB-R 4-6; Lukesch, Kornmann & Mayrhofer, 2002) erhoben –, reduziert sich die Höhe der Koeffizienten etwas. Dies weist erneut auf Zusammenhänge zwischen Intelligenz und den Leistungen in NS hin. Die hohe prädiktive Validität der Aufgabe für den späteren Schriftspracherwerb zeigt des Weiteren die Studie von Badian (1998). Sie verfolgte 238 Vorschulkinder in zwei Kohorten bis zum Ende der zweiten Klasse, um Prädiktoren der Lesefähigkeit zu untersuchen. Der verbale IQ, der sozio-ökonomische Status, das Alter und die vorschulische Lesefähigkeit wurden in den hierarchischen Regressionsanalysen berücksichtigt. In der ersten Klasse erwies sich die vorschulische Leistung in der Buchstabenbenennung als entscheidender Prädiktor, in der zweiten Klasse war das Satzgedächtnis im Vorschulalter noch maßgeblicher für das aktuelle Lesevokabular und das Leseverständnis. Anzumerken ist noch, dass die meiste Varianz jeweils der verbale IQ erklärte. Scheib, Schöler, Fehrenbach, Roos und Zöller (2005, S. 24) berichten ebenfalls, dass von fünf sprachlichen Aufgaben im Vorschulalter das Nachsprechen von Sätzen den stärksten prädiktiven Wert für die Lese-Rechtschreib-Leistungen am Ende der ersten und zweiten Klasse hat (standardisierte -Koeffizienten zwischen .14 und .33). Goldammer, Bockmann und Mähler (2007) zeigten in einer sechsjährigen Längsschnittuntersuchung mit 57 Kindern, dass das Satzgedächtnis (SG) mit fünf Jahren der entscheidende Prädiktor für die Lese- und Rechtschreibfertigkeiten zu Beginn der zweiten Klasse war. In einer Stepwise-Regression erwiesen sich weder Wortschatz noch andere SETK-Maße als signifikante Prädiktoren. Nur das Satzgedächtnis konnte die Rechtschreibleistungen (DRT, = .39*), das Wortlesen (WLLP, = .45**) und das Satzlesen (SLS, = .42*) vorhersagen. Das Satzgedächtnis mit fünf Jahren war wiederum stark bedingt von den Leistungen des phonologischen Arbeitsgedächtnisses mit vier Jahren (PGN = .70**; GW = .71**) ergänzt durch Leistungen im 78 2 Theoretischer Hintergrund Nachsprechen von Sätzen = .58**, in der morphologischen Regelbildung = .59**, dem Sprachverstehen = .46** sowie dem Wortschatz mit vier = .53** bzw. knapp zwei Jahren = .54**. Die Aufgabe Nachsprechen von Sätzen ist „für ein Screening durch die Konfundierung einer Reihe von Leistungsbereichen sehr wertvoll, denn neben Sprachverstehens- und Sprachproduktionskompetenzen ist gleichzeitig auch immer die kurzzeitige Verarbeitung auditiver Informationen involviert“ (Schöler & Brunner, 2007, S. 5). Die Aufgabe „ist einerseits wenig diskriminativ hinsichtlich einzelner an der Rezeption und Produktion beteiligten Strukturen und Prozesse, andererseits aber gerade wegen der umfassenden Überprüfung vieler an der Sprachrezeption und -produktion beteiligten Bereiche ein geeignetes Mittel, um einen (wenn auch nicht vollständigen) Überblick über die Leistungen einzelner Kinder zu erhalten“ (Schöler et al., 1997, S. 8). Schöler et al. (1997) zeigten theoretisch und empirisch in ihrer Längsschnittstudie über zehn Jahre, dass „die sehr zeitökonomische Nachsprechaufgabe ein reliables und valides Meßinstrument für die Sprachentwicklungsdiagnostik darstellt“ (ebd., S. 2). 2.2.4.2 Nachsprechen von Kunstwörtern Kunstwörter, auch Pseudo- oder Nichtwörter genannt, sind Wörter, die nach den phonologischen und morphologischen Regeln einer Sprache konstruiert, jedoch inhaltlich bedeutungslos sind. Mit dem Nachsprechen von Pseudowörtern wird die Leistungsfähigkeit des phonologischen Arbeitsgedächtnisses geprüft (vgl. Baddeley, 2003; Götze, Hasselhorn & Kiese-Himmel, 2000; Grimm, 2001; Hasselhorn & Körner, 1997; Hasselhorn & Werner, 2000; Sachse, 2007; Schöler & Brunner, 2007). Der Fokus liegt auf den grundlegenden Funktionen des zentralen auditiven Gedächtnisses, nämlich der Wahrnehmungs- und Enkodierfähigkeit sprachlicher Lautmuster (vgl. u. a. Grimm et al., 2004). Zur Beurteilung der Speicherkapazität des Arbeitsgedächtnisses werden in anderen Untersuchungen auch Zahlen-, Wörter- oder Silbenfolgen eingesetzt und damit die Gedächtnisspanne bestimmt. Das Nachsprechen von Kunstwörtern gilt jedoch als sensitiveres Maß für die Verarbeitungskapazität und -genauigkeit der phonologischen Schleife (Gathercole & Baddeley, 1989, 1990 zit. nach Sachse, 2007; Gathercole & Baddeley, 1993 zit. nach Götze et al., 2000; vgl. auch Schöler & Brunner, 2007; Spohn, Spohn & Schöler, 1998). Durch die Verwendung von Kunstwörtern wird der Rückgriff auf das Langzeitgedächtnis unterbunden, so dass die Verarbeitungsfähigkeit neuer sprachlicher Reize geprüft wird (Schöler & Brunner, 2007). Demzufolge gilt die 79 2 Theoretischer Hintergrund Aufgabe „sowohl als Indikator für die Kapazität wie auch die Verarbeitungsgenauigkeit der phonologischen Schleife (Baddeley, 1986, 2000; vgl. hierzu u. a. Browne & Hulme, 1996; Gathercole, 2006; Gathercole & Martin, 1996; Hasselhorn & Körner, 1997)“ (Schöler & Brunner, 2007, S. 9). Die Ergebnisse von Spohn et al. (1998) stützen diese Annahme. Die Bedeutung des phonologischen Arbeitsgedächtnisses für die Sprachentwicklung wurde bereits in den Kapiteln zur Wortschatz- und Grammatikentwicklung sowie als ein Faktor bei Sprachentwicklungsstörungen erläutert (s. o.; vgl. auch die umfassende Darstellung von Hasselhorn & Werner, 2000). Die entwicklungsbedingten Zusammenhänge zwischen dem phonologischen Arbeitsgedächtnis und dem Wortschatz zeigten z. B. Gathercole et al. (1992) auf (s. o.). Für den SETK 3-5 (Grimm, 2001, 2003a) sind ebenfalls signifikante Zusammenhänge zwischen dem Phonologischen Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) und der lexikalischen sowie morphosyntaktischen Entwicklung dokumentiert. Die Leistungen in PGN mit drei Jahren korrelieren signifikant mit der morphologischen Regelbildungsfähigkeit MR (r = .64**), der Gedächtnisspanne für Wortfolgen GW (r = .54*) und dem Satzgedächtnis SG (r = .74***) mit fünf Jahren (N = 20). Diese Korrelationen sprechen auch für den prädiktiven Wert des Maßes (Grimm, 2001, S. 79f.). Defizite in der Kapazität des phonologischen Arbeitsgedächtnisses werden als eine Ursache von Sprachentwicklungsstörungen postuliert (s. o.; Baddeley, 2003, 2007; Hasselhorn & Werner, 2000; Sachse, 2007; Schöler & Brunner, 2007). Beispielsweise fanden Spohn et al. (1998), Schöler, Braun und Keilmann (2003) bzw. Keilmann, Braun und Schöler (2005) Beeinträchtigungen der phonologischen Schleife bei SSES-Kindern. Desgleichen weist Grimm (2001) auf die stabilen Defizite der SSES-Kinder im Nachsprechen von Kunstwörtern hin: Von allen Untertests des SETK 3-5 ist im Phonologischen Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) die größte Leistungsdifferenz im Vergleich zur Kontrollgruppe zu verzeichnen. Auch die Ergebnisse von Dollaghan und Campbell (1998) sowie Bishop et al. (1996) zeigen die deutliche Abgrenzung von sprachauffälligen und sprachunauffälligen Kindern im Nachsprechen von Nichtwörtern. Diese Defizite stellen laut Bishop et al. (1996) einen erkennbaren Marker für Sprachentwicklungsstörungen dar. Insofern ist das Nachsprechen von Kunstwörtern für die Diskriminierung spezifisch sprachentwicklungsgestörter von sprachunauffälligen Kindern von entscheidender Bedeutung (Spohn et al., 1998, S. 16). Außerdem ist das phonologische Arbeitsgedächtnis für den späteren Schriftspracherwerb relevant, wie 80 2 Theoretischer Hintergrund Zusammenhänge mit Lese- und Rechtschreibleistungen zeigen (u. a. Bishop & Snowling, 2004; Lewis, Freebairn & Taylor, 2000; Snowling, 1998; ein Überblick in Vellutino, Fletcher, Snowling & Scanlon, 2004; vgl. dazu auch Grimm, 2001; Klicpera, Schabmann & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schöler & Brunner, 2007). Im Gegensatz zum Satzgedächtnis ist das Nachsprechen von Kunstwörtern weniger an eine konkrete Sprache gebunden. Die Sensibilität für phonologische Muster ist relativ sprachunabhängig. Entsprechend legen die Befunde zum lexikalischen Lernen beim Zweitspracherwerb nahe, dass PGN auch für Zweitsprachlerner ein Indikator des phonologischen Arbeitsgedächtnisses ist (Service, 1992; Service & Kohonen, 1995 beide zit. nach Weinert, 2006). Die Prüfung des auditiven Gedächtnisses gilt insgesamt eher als kulturunabhängig. Daher eignet sich das Nachsprechen von Kunstwörtern gut zur Sprachstandsdiagnostik bei mehrsprachigen Kindern (Dollaghan & Campbell, 1998). Empirisch zeigen sich jedoch teilweise leichte Leistungsdifferenzen. Im HASE ist ein geringer, signifikanter Leistungsunterschied zwischen Kindern mit deutscher und anderer Muttersprache dokumentiert. Allerdings ist die absolute Differenz so minimal, dass sie nicht als praktisch bedeutsam angesehen wird (Schöler & Brunner, 2007; Schöler & Schäfer, 2004, S. 15). Dennoch hatten die Deutschkenntnisse auf das Nachsprechen von Kunstwörtern in den Einschulungsuntersuchungen 2003 in Mannheim den größten Effekt im Vergleich zu Alter, Geschlecht, Dauer des Kindergartenbesuchs und Sozialstatus. Bei mangelhaften Deutschkenntnissen fielen die Leistungen schlechter aus. Der Einfluss ist aber wesentlich geringer als beim Nachsprechen von Sätzen (Schöler, Dutzi et al., 2004; vgl. auch Schöler & Schäfer, 2004). Des Weiteren ist der Einfluss des Milieus beim Nachsprechen von Pseudowörter geringer als beim Nachsprechen von Sätzen (Schöler, Dutzi et al., 2004; Schöler, Guggenmos et al., 2005, S. 19). Im SETK 3-5 wurde fast ausschließlich für diese Aufgabe kein Zusammenhang mit dem Bildungsstand der Mutter gefunden (Grimm, 2001, S. 70f.). Desgleichen werden nur äußerst geringe Korrelationen von NK (aus HASE) mit der Intelligenz berichtet (r = .14 zwischen NK und CPM, Schöler, Guggenmos et al., 2005, S. 20; keine signifikanten Korrelationen zwischen PGN und nonverbalen Untertests der K-ABC bei N = 8, Grimm, 2001). Insofern ist die Aufgabe als relativ isolierter Fähigkeitsindikator des phonologischen Arbeitsgedächtnisses zu werten. Ein kritischer Punkt der Aufgabe besteht in der Durchführung und Bewertung. Bei jüngeren Kindern ist die Durchführung schwierig, insbesondere wenn sprachliche 81 2 Theoretischer Hintergrund Probleme vorliegen, z. B. bei Late Talkers oder bei Artikulationsproblemen. Auch Motivationsmängel kommen häufig vor (vgl. Sachse, 2007). Außerdem gibt es in der Bewertung keine Unterscheidung zwischen phonologischen Repräsentationsschwierigkeiten und rein artikulatorischen Problemen (im SETK 3-5: Grimm, 2001; im HASE: Schöler & Brunner, 2007). 2.2.4.3 Zusammenhänge zwischen den Sprachmaßen Die zwei vorgestellten, markanten Kennzeichen in der Sprachentwicklungsdiagnostik bestehen in Nachsprechleistungen. Dass es sich trotz dieser Gemeinsamkeit in den Anforderungen nicht um identische Fähigkeitsbereiche handelt, wenn Pseudowörter oder Sätze nachgesprochen werden, wurde in den Ausführungen deutlich. Die Größenordnung der Übereinstimmung ist an empirischen Zusammenhängen zu erkennen. Beispielsweise korrelieren die HASE-Untertests Nachsprechen von Sätzen (NS) und Nachsprechen von Kunstwörtern (NK) stichprobenabhängig zwischen r = .45 und r = .55, die Untertests NS und Wiedergeben von Zahlenfolgen (WZ, entspricht der Gedächtnisspanne) stichprobenabhängig zwischen r = .29 und r = .45 (Schöler & Brunner, 2007, S. 28). Schöler und Schäfer (2004, S. 17) berichten eine Korrelation zwischen NS und NK von r = .38 und Schöler, Guggenmos et al. (2005, S. 20) von r = .35. In der Untersuchung von Hasselhorn und Körner (1997) mit jeweils 24 sechsund achtjährigen Kindern betrug die Korrelation bei den Sechsjährigen r = .58 und bei den Achtjährigen r = .53 zwischen Nachsprechen von Kunstwörtern und SätzeNachsprechen (IS aus dem H-S-E-T). Die Zusammenhänge zwischen Wortspanne und Sätze-Nachsprechen waren vergleichbar hoch. Die Intelligenz wurde in der Studie allerdings nicht kontrolliert. Die Autoren sehen in den Ergebnissen eine Bestätigung, dass „der Erwerb syntaktisch-satzstruktureller Sprachleistungen bei höherer Arbeitsgedächtniskapazität günstiger verläuft“ (ebd., S. 222), wobei diese Aussage lediglich auf Korrelationsanalysen beruht (Hasselhorn & Körner, 1997). Insgesamt deuten diese empirischen Ergebnisse auf einen mittleren Zusammenhang zwischen den Maßen Nachsprechen von Sätzen und Nachsprechen von Kunstwörtern hin. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Nachsprechleistungen entscheidende Indikatoren der Sprachentwicklung mit hohem prognostischen Wert sind. Beide Aufgaben unterscheiden präzise zwischen sprachauffälligen und sprachlich unauffälligen Kindern und sind Prädiktoren für Leistungen im Lesen und Schreiben im Grundschulalter. Natürlicherweise ist das Alter für beide Sprachmaße relevant, was sich 82 2 Theoretischer Hintergrund in der Normierung niederschlägt (Grimm, 2001; Schöler & Brunner, 2007; auch Götze, Hasselhorn & Kiese-Himmel, 2000). Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen schneiden vor allem beim Nachsprechen von Sätzen bedeutsam schlechter ab als Kinder mit Deutsch als Muttersprache. Beim Nachsprechen von Kunstwörtern ist der Nachteil höchstens minimal (Schöler & Schäfer, 2004). Trotz dieser Gemeinsamkeiten sind die erfassten Leistungen nicht identisch, wie die empirischen Korrelationen von mittlerer Höhe bestätigen. Somit ergänzen die Aufgaben einander. Gleichzeitig bilden sie nur einen geringen Teil sprachlicher Kompetenzen ab. 2.2.5 Empirische Zusammenhänge zwischen Sprache und Intelligenz Zwischen sprachlichen Fähigkeiten und Intelligenz zeigen sich in empirischen Untersuchungen zum einen Korrelationen, zum anderen sind bedeutsame Abweichungen festzustellen. Zahlreiche Beobachtungen belegen, dass es Kinder und Jugendliche gibt, die trotz sehr niedriger allgemeiner kognitiver Leistungsfähigkeit elaborierte sprachliche Kompetenzen entwickelt haben. Dazu gehören vor allem Kinder mit genetischen Veränderungen (Chromosomen-Anomalien) oder peri- oder postnatalen Schädigungen. Ihr Leistungsprofil ist jedoch, sowohl im sprachlichen als auch im kognitiven Bereich, nicht als homogen zu bezeichnen. Auch der Spracherwerb ist teilweise auffällig und die kognitiven Kompetenzen sind nicht durchgängig beeinträchtigt (vgl. Grimm, 2003a; Weinert, 2000, S. 339f.). Andererseits gibt es eine erhebliche Anzahl von Kindern, die trotz altersentsprechender nonverbaler Intelligenztestleistungen erhebliche Schwierigkeiten beim Spracherwerb, insbesondere beim Grammatikerwerb, haben (vgl. z. B. Grimm, 2000, 2003; Leonard, 2000). Diese sog. Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen wurden im Kapitel 2.1.3 ausführlich behandelt. Dort wurde auch auf gleichzeitige kognitive Defizite eingegangen und verdeutlicht, dass Kinder mit SSES vergleichsweise geringere Intelligenzleistungen erbringen und die Gefahr besteht, dass die Intelligenz im Laufe der Entwicklung weiter abnimmt. Eine Folgerung Weinerts (2000) aus den beobachteten Dissoziationen zwischen sprachlichen und kognitiven Leistungen ist, dass die Entwicklungsveränderungen im Sprach- und Denkbereich teilweise voneinander unabhängig zu sein scheinen und dass Problemlösefähigkeiten, wie z . B . in Intelligenztests gemessen, beim Spracherwerb nur eine begrenzte Rolle spielen dürften (ebd., S. 341). Die Ergebnisse von Reber, Walkenfeld und Hernstadt (1991) machen dies plausibel. Sie führten mit 20 Personen 83 2 Theoretischer Hintergrund eine standardisierte Intelligenzmessung durch, ließen sie eine explizite Problemlöseaufgabe und eine implizite, künstliche Grammatikaufgabe lösen. Die Korrelation zwischen dem IQ und der expliziten Aufgabe betrug r = .69, zwischen dem IQ und der impliziten Aufgabe r = .25 (n. s.). Die Differenz war allerdings nicht signifikant. Die implizite und die explizite Aufgabe korrelierten zu r = .32 (n. s.). Die nicht signifikanten Korrelationen erklären Reber et al. (1991) mit der geringen Stichprobengröße. Es lässt sich dennoch festhalten, dass das bei gebräuchlichen, standardisierten IQ-Messungen erfasste explizite Wissen und Lernen nur geringfügig mit dem impliziten (Sprach-) Lernen zusammenhängt. Die Ergebnisse der Untersuchung zur Entwicklung des aktiven Wortschatzes und zur Sprachförderdiagnostik bei 258 bilingualen Erst- bis Fünftklässlern aus Luxemburg (davon 91 trilingual) von Krampen, Blatz, Brendel, Freilinger und Medernach (2002) stützen die Annahme der Unabhängigkeit: „Wortschatz und förderdiagnostische Wortschatzzunahme erwiesen sich bei Auspartialisierung der Alterseffekte als unabhängig von den Indikatoren der allgemeinen Intelligenz“ (ebd., S. 194). Auch Ritterfeld (2004) bemerkt, dass die Geschwindigkeit, mit der Kinder Sprache lernen, nicht deren (verbale) Intelligenz widerspiegelt (ebd., S. 201). Allerdings deuten andere Studien auf einen Einfluss der Intelligenz auf die Sprachentwicklung hin. Beispielsweise fanden Schiffer, Ennemoser und Schneider (2002) bei der Untersuchung von 332 Vor- und Grundschulkindern über den Zeitraum von einem Jahr bei den intelligenteren Kindern (gemessen mit dem CFT 1) deutlichere Leistungszuwächse in der allgemeinen Sprachentwicklung (Untertests aus dem H-S-E-T) als bei den Kindern mit geringerer Intelligenz. Intelligenz hatte auf alle erhobenen Leistungsbereiche (u. a. Wortschatz, Lesen) den stärksten Einfluss (Schiffer et al., 2002, S. 11). Die Studie von Weindrich et al. (2000) zeigte außerdem, dass bei Kindern mit biologischem und psychosozialem Risiko, deren Kompetenzen im sprachlichen Bereich nicht altersgemäß entwickelt sind, die nonverbale Intelligenz ein wichtiger Prädiktor für die weitere Leistungsentwicklung ist. Den prädiktiven Wert der nonverbalen kognitiven Entwicklung bei drei- und vierjährigen Kindern für die sprachlichen Fähigkeiten im Alter von 4;6 Jahren wiesen auch Oliver, Dale und Plomin (2004) nach. Für das Schulalter berichtet die Forschergruppe um Schöler und Roos, dass Intelligenz (CFT 1) meistens den stärksten Effekt auf die Lese- und Rechtschreibleistungen in den ersten beiden Klassen aufweist (KNUSPEL, WLLP, WRT1+/2+) (Scheib et al., 2005; auch Roos, Treutlein, Zöller & Schöler, 2007). Limbird (2007) fand dagegen, dass nonverbale kognitive Fähigkeiten (CFT 1) die 84 2 Theoretischer Hintergrund Lesefertigkeiten (WLLP, ELFE) nicht mehr signifikant vorhersagen, wenn Maße der phonologischen Bewusstheit (u. a. BAKO 1-4) und der Wortschatz in die Analyse einbezogen werden. Außerdem spielten in ihrer Untersuchung die kognitiven Fähigkeiten eine geringe Rolle sowohl für die Erst- als auch für die Zweitsprachkenntnisse der Kinder mit Migrationshintergrund. Lediglich zwischen Wortschatz und Intelligenz gab es in der ersten Klasse eine signifikante Korrelation von r = .30. Es wurden auch die Korrelationen aller Messwerte für mono- und bilinguale Kinder separat ermittelt. Sprachfähigkeiten korrelierten mit der nonverbalen Intelligenz bei monolingualen Kindern etwas stärker (um r = .40) als bei bilingualen (um r = .30), wobei sich die Koeffizienten nicht signifikant unterschieden (Limbird, 2007, S. 106f.). Dass Sprachkompetenzen sich auch auf die weitere Intelligenzentwicklung auswirken, zeigten z. B. Friedrich (1991, 1993) und Daseking et al. (2008). In der Längsschnittuntersuchung von Friedrich (1993) wurden 120 Kinder im Alter von 2;6 bis 3;0 Jahren über drei Jahre (vier Messzeitpunkte) untersucht. Der Sprachentwicklungsstand wurde mit dem Teddy-Test geprüft, welcher den Erwerb und die Anwendung zwischenbegrifflicher semantischer Relationen im Kleinkind- und Vorschulalter erfasst und dabei kognitive, entwicklungspsychologische und psycholinguistische Forschungsergebnisse berücksichtigt. Außerdem wurden verschiedene Maße für die intellektuellen Fähigkeiten der Kinder erhoben (Erzieherfragebogen nach Kukla, Gutjahr und Roether, Binet-Simon-Kramer-Test, Lerntest für das Vorschulalter von Roether in Statusform, HAWIVA-Verbalteil). Laut Friedrich (1991, 1993) ließen sich signifikante bis hoch signifikante Korrelationen zwischen Sprach- und Intelligenzmaßen in allen Altersgruppen nachweisen; die zugehörigen statistischen Werte fehlen jedoch in den Ausführungen. Nachweislich prognostisch valide für die intellektuelle Leistungsfähigkeit erwies sich die verbale Verfügbarkeit semantischer Relationen. Die Korrelation zwischen der Erstuntersuchung der Sprache mit 2;6 bis 3;0 Jahren und den Intelligenzmaßen im Alter von 5;6 bis 6;2 Jahren lagen bei r = .49 bis r = .75 (Friedrich, 1993, S. 112). Laut Friedrich (1993) scheint klar, dass „der Erwerb semantischer Sprachfähigkeiten in besonderem Maße mit der gesamten intellektuellen Leistungsfähigkeit eines Kindes in Beziehung steht“ (ebd., S. 116). „Die Ergebnisse zeigen, daß sprachliche Fähigkeiten in hohem Maße von intellektuellen Leistungsvoraussetzungen abhängen, durch sie bedingt werden, ihrerseits aber auch mitverantwortlich sind, um das intellektuelle Leistungspotential zum Tragen zu bringen“ (Friedrich, 1991, S. 127). 85 2 Theoretischer Hintergrund Daseking et al. (2008) wiesen bei den untersuchten Grundschulkindern mit und ohne Migrationshintergrund (Nges = 642) im Querschnittsvergleich der Altersgruppen ebenfalls nach, dass mangelnde Sprachkompetenz nicht nur einen kumulativen Effekt hat, sondern sich zudem auf sprachfreie, kognitive Leistungen auswirkt. Nicht für Intelligenzleistungen, aber für die kognitive Entwicklung der Theory of Mind belegten Lockl, Schwarz und Schneider (2004) den positiven Einfluss der Sprachkompetenz. Sie untersuchten 179 dreijährige Kindergartenkinder. Deren sprachliche Kompetenzen (SETK 3-5, Grimm, 2001) waren ein guter Prädiktor für die Theory of Mind-Leistungen sieben Monate später ( = .35, p < .01). Die umgekehrte Vorhersage war nicht möglich ( = .04, n. s.). Damit wird die Bedeutung der Sprachkompetenz für die kognitive Entwicklung deutlich. Abschließend seien noch einige korrelative Befunde bei Kindern im Vorschulalter angeführt, die den Zusammenhang zwischen CPM- und verschiedenen Sprachleistungen belegen. In der Studie von Gathercole et al. (1992) mit 80 Kindern lag die Korrelation zwischen Intelligenz und Wortschatz bei den Kindern im Alter von vier, sechs und acht Jahren stabil um r = .43, bei den fünfjährigen Kindern war sie jedoch nicht signifikant. Die Korrelation zwischen Intelligenz und dem Nachsprechen von Nichtwörtern nahm über die Zeit ab: Bei den vierjährigen Kindern betrug sie r = .44, bei den fünfjährigen r = .35, bei den sechsjährigen r = .39 und bei den achtjährigen nur noch r = .20. Schöler, Guggenmoos et al. (2005) fanden in den Einschulungsuntersuchungen von fünf Jahrgängen der Stadt Münster (N = 16 267) ebenfalls signifikante, wenn auch geringe Korrelationen zwischen sprachlichen und kognitiven Leistungen, nämlich r = .22 zwischen Nachsprechen von Sätzen und CPM sowie r = .14 zwischen Nachsprechen von Kunstwörtern und CPM. In der Heidelberger Evaluationsstudie zu den Sprachfördermaßnahmen in Baden-Württemberg erwies sich die Intelligenz erneut als bedeutsamer, positiver Faktor für die sprachlichen Leistungen Verstehen grammatischer Strukturformen (VS), Plural-Singular-Bildung (PS), Wortfindung (WF) und Wortschatz (WS), jedoch nicht für das Nachsprechen von Sätzen, gemessen mit dem Untertest Imitation grammatischer Strukturformen (IS) (Roos, Polotzek & Schöler, 2010). Die beschriebenen Befunde lassen Zusammenhänge zwischen Sprache und Intelligenz sowohl im Quer- als auch im Längsschnitt erkennen. Für die Prädiktion sind die Ergebnisse allerdings widersprüchlich. Teilweise wird Unabhängigkeit, zum Teil wird (nonverbale) Intelligenz als Prädiktor für sprachliche Leistungen und in anderen 86 2 Theoretischer Hintergrund Studien wird eine Abhängigkeit der Intelligenzentwicklung von Sprachkompetenzen nachgewiesen. 2.2.6 Exkurs: Stabilität und Veränderung der Intelligenz im Vorschulalter Ist Intelligenz veränderbar? Erst unter dieser Annahme sind Auswirkungen von Interventionsmaßnahmen zu erwägen. Zwar ist Intelligenz eines der stabilsten Persönlichkeitsmerkmale (vgl. z. B. Bjorklund & Schneider, 2006; Holling et al., 2004; Koglin, Janke & Petermann, 2009), aber Veränderungen sind vor allem in jungen Jahren möglich, wie sich in der entwicklungspsychologischen Perspektive zeigt (vgl. Bjorklund & Schneider, 2006). Die Stabilität eines Merkmals ergibt sich aus dem Rangplatz im interindividuellen Vergleich über die Zeit. Sie wird in Korrelationen zwischen den Messungen zu verschiedenen Zeitpunkten ausgedrückt. Die Stabilitätswerte nehmen natürlicherweise zu, je kürzer die Testintervalle sind. Außerdem ist der Entwicklungszeitpunkt entscheidend. Erst ab dem Alter von etwa drei Jahren haben Intelligenzmessungen eine ausreichende Vorhersagekraft für spätere Leistungen (Schneider, Perner, Bullock, Stefanek & Ziegler, 1999). Gathercole et al. (1992) berichten beispielsweise für die 80 mit vier, fünf, sechs und acht Jahren untersuchten Kinder Korrelationen der Intelligenzleistungen zwischen r = .50 und .64. Weinert, Ebert und Dubowy (2010) fanden bei 441 dreijährigen Kindern über einen Zeitraum von zwei Jahren für die nonverbalen Fähigkeiten (Untertests Kategorien und Analogien aus SON-R [Snijders-Oomen Non-verbaler Intelligenztest]) eine Stabilität von r = .49. Spätestens ab dem Grundschulalter ist die Stabilität der Intelligenz auch über Zeiträume von etlichen Jahren relativ hoch und nimmt mit dem Alter zu (vgl. Schneider, 2007). Dass trotz interindividueller Stabilität unterschiedlich starke intraindividuelle Veränderungen auftreten können, zeigt sich in Labilitätskennwerten. „Dieser Kennwert gibt die Standardabweichung des für eine bestimmte Person ermittelten IQ-Werts im Vergleich mehrerer Messzeitpunkte an“ (Schneider, 2007, S. 279). Es ist also zu beachten, dass Labilität nicht als Gegenteil von Stabilität interpretiert wird. So wurde in amerikanischen Studien (vgl. z. B. die Übersicht von Bayley, 1970 zit. nach Schneider, 2007) eine relativ hohe interindividuelle Stabilität gefunden. Gleichzeitig gab es beträchtliche intraindividuelle Veränderungen in den IQ-Werten. Die höchste Labilität wurde für die Vorschulzeit berichtet. Andere Studien, wie z. B. LOGIK, weisen allerdings auf nur vereinzelt überzufällige IQ-Veränderungen hin (vgl. Schneider, 2007, 87 2 Theoretischer Hintergrund S. 279f.). In der LOGIK-Studie zeigte sich insgesamt noch eine größere Instabilität für diesen Altersbereich (Schneider et al., 1999, S. 26). Untersucht wurden 205 Kindergartenkinder von durchschnittlich vier Jahren über elf Messzeitpunkte bis zum Alter von etwa 23 Jahren. Die Korrelationen der Intelligenzwerte im Alter von vier, sieben und 13 Jahren mit der Intelligenz im Alter von 23 Jahren nahmen kontinuierlich und deutlich zu (r = .26; .54; .66; Schneider, 2007). Vom Vorschulalter an gab es moderate Korrelationen zwischen den verbalen und nonverbalen IQ-Komponenten (im HAWIVA und HAWIK). Die Stabilität innerhalb der Bereiche (verbal, nonverbal) war im Vorschulalter allerdings nicht höher als die Interkorrelationen. Damit geht die Vorhersagekraft nicht über den Vergleich aktueller Maße hinaus. Im Schulalter waren vor allem die verbalen Fähigkeiten stabiler. Diese Ergebnisse stimmen laut Schneider und Mitarbeitern (1999, S. 25) mit der Ansicht überein, dass intraindividuelle Veränderungen in den verbalen und nonverbalen Intelligenzkomponenten verschiedenen Mustern folgen. Wenn die Intelligenz im Vorschulalter noch eher veränderbar ist als später, stellt sich die Frage, inwieweit eine Beeinflussung durch Umweltfaktoren vorliegt oder sogar vorgenommen werden kann, z. B. durch Fördermaßnahmen. Im Überblick verdeutlichen Bjorklund und Schneider (2006) sowie Schneider (2007), dass die Intelligenz, vor allem von Kindern, beeinflusst werden kann, und zwar in positiver wie negativer Richtung. Ungünstige frühe Erfahrungen lassen sich durch günstige Umweltbedingungen korrigieren und sogar umkehren (Bjorklund & Schneider, 2006; Schneider, 2007). Koglin et al. (2009) zeigten beispielsweise an 102 Kindern im Alter von durchschnittlich 6.1 Jahren, die sie im Abstand von einem Jahr mit dem SON-R untersuchten, dass neben einer hohen IQ-Stabilität (r = .67) die aktuelle Anzahl an psychosozialen Risikofaktoren entscheidend für die Höhe des kindlichen IQ und auch für dessen Veränderung ist. Die Veränderbarkeit der Intelligenz ist weiterhin Grundlage für Interventionsstudien. Die Ergebnisse zeigen, dass (vorschulische) Intelligenzförderung signifikante Effekte haben kann, aber nicht jedes Training bei allen Kindern erfolgreich ist (vgl. Bjorklund & Schneider, 2006, S. 807; Schmidt-Denter, 2002). Auch besteht eine wechselseitige Beziehung zwischen Intelligenz und Beschulung: Unterschiede in der Intelligenz haben Auswirkungen auf Form und Umfang der Beschulung, umgekehrt beeinflussen Beginn, Dauer, Umfang u. a. Beschulungsmerkmale die Intelligenzentwicklung. Ferner werden manche kognitive Fähigkeiten durch Beschulung stärker 88 2 Theoretischer Hintergrund beeinflusst als andere (vgl. Bjorklund & Schneider, 2006, S. 805). Beispielsweise erwies sich in der LOGIK-Studie die Entwicklung der verbalen Intelligenz, nicht jedoch die Entwicklung der nonverbalen Intelligenz, als abhängig von der Schulform (Gymnasium, Hauptschule). Es zeigte sich ein Schereneffekt zugunsten der Gymnasiasten (Schneider, 2007). Daran wird erneut die Bedeutung sprachlicher Kenntnisse für die weitere Entwicklung deutlich. 2.3 Sprachförderung, Sprache und Intelligenz Die Beziehung zwischen Sprache und Intelligenz wird in der vorliegenden Studie im Kontext von Sprachfördermaßnahmen untersucht. Doch welche Bedeutung mag initiierte Sprachförderung im Vorschulalter für die Entwicklung in Sprache und Intelligenz und für das Beziehungsgefüge haben? Im Folgenden wird versucht, die Annahme der Wirksamkeit aus bisherigen Studienergebnissen abzuleiten. Zuvor werden die Gründe für Sprachfördermaßnahmen kurz zusammengefasst. Außerdem werden einige Sprachförderprogramme beschrieben, vor allem solche, die im Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg) häufig angewandt wurden. Damit wird verdeutlicht, was sich konkret hinter dem Begriff Sprachförderung verbirgt und welche Art von Förderung die Kinder (der eigenen Studie) erhielten. Weiterhin werden Erkenntnisse zur Sprachförderung bei den Zielgruppen Kinder mit SSES und im Zweitspracherwerb aufgezeigt. Bedingungen erfolgreicher Förderung werden erläutert, um die Forschungsergebnisse zur Effektivität einordnen zu können. 2.3.1 Notwendigkeit von Sprachförderung Zur Notwendigkeit von Sprachförderung können im Wesentlichen drei Gründe genannt werden, die sich aus den vorangegangenen Kapiteln ableiten lassen (vgl. auch Weinert & Lockl, 2008). Zum Einen ist der Spracherwerb eine zentrale Entwicklungsaufgabe, durch die das Kind ein wichtiges Kommunikationsmittel, ein Kodier- und Steuerungssystem erwirbt, das für die weitere (schulische) Leistungsentwicklung von entscheidender Bedeutung ist (vgl. Weinert, 2000; s. o.). Zum Zweiten ist der Spracherwerb trotz seiner relativen Robustheit besonders häufig gestört und Kinder mit Störungen der Sprachentwicklung tragen ein sehr hohes Risiko für vielfältige Folgeprobleme – nicht nur im sprachlichen, sondern auch im sozialen und vor allem im kognitiven und 89 2 Theoretischer Hintergrund schulisch-akademischen Bereich (vgl. z. B. Grimm, 2003a; Kany & Schöler, 2007; Weinert, 2005; s. o.). Und zum Dritten haben auch unabhängig von einer Sprachstörung mangelnde Sprachkompetenzen, z. B. aufgrund sozialer Benachteiligung und/oder Migrationshintergrund, negative Folgen, wie beispielsweise die Ergebnisse internationaler Schulleistungsstudien (PISA, IGLU)14 zeigen (Weinert & Lockl, 2008; vgl. auch Pinquart & Silbereisen, 2008). Auch Schöler et al. (2004) fanden in den Einschulungsuntersuchungen in Mannheim an knapp 3 000 Kindern bei über einem Viertel der nichtdeutschen Muttersprachler unzureichende Deutschkenntnisse für die Anforderungen des Deutschunterrichts. Bei den Kindern mit Deutsch als Muttersprache waren es 1.8 % (Schöler et al., 2004, S. 40). Die negativen Folgen von Beeinträchtigungen in der vorschulischen Sprachentwicklung können Leseschwierigkeiten sein. „Sowohl ein geringer Wortschatz als auch ein Rückstand in der Beherrschung grammatikalischer Strukturen sagen künftige Schwierigkeiten beim Lesen und Rechtschreiben voraus“ (Klicpera, Schabmann & Gasteiger-Klicpera, 2007, S. 179). Außerdem treten bei sprachlichen Defiziten in der kognitiven Leistungsentwicklung Phänomene wie der „Schereneffekt“ oder ein „abrutschender IQ“ auf, in der psychosozialen Entwicklung fördern sie häufig den Eintritt in eine „negative Spirale“ (Jungmann, 2007, S. 722). Insofern sind Sprachförderprogramme „Notfallmaßnahmen“, um spracherwerbsgestörte Kinder und Kinder mit unzureichenden Sprachkenntnissen beim Sprachlernen zu unterstützen (Kany, 2007). 2.3.2 Häufig verwendete „Sprachförderprogramme“ Es gibt eine große Anzahl von Sprachförderprogrammen. „Das Spektrum der Sprachförderung reicht von globalen, informellen Maßnahmebündeln hin zu (vorgeblich) theoretisch fundierten, oft als bereichsspezifisch ausgewiesenen Programmen“ (Kany, 2007, S. 767). Kany (2007) stellt einige Programme bezüglich strenger Standards vor. Einen größeren Überblick über Ansätze und Projekte zur Sprachförderung im Elementarbereich und Maßnahmen der verschiedenen deutschen Bundesländer bieten Jampert, Best, Guadatiello, Holler & Zehnbauer (2007). Die Konzepte unterscheiden sich hinsichtlich der (primären) Zielgruppe, den Förderbereichen, Förderzielen, Vorgehensweisen, Methoden und Materialien sowie der Elternarbeit und Berücksichtigung bestimmter Merkmale der Kinder (Alter, Sprachstand, …). In der Praxis werden häufig mehrere Programme parallel oder 14 Deutsches PISA-Konsortium (2001, 2004, 2007); Bos et al. (2003, 2007). 90 2 Theoretischer Hintergrund nacheinander durchgeführt, z. B. ein allgemeines Programm und ein spezifisches zur Förderung der phonologischen Bewusstheit. Außerdem ist die Konkretisierung der Vorgehensweisen in den Konzepten sehr unterschiedlich, so dass eine große Variation in der Durchführung von Erzieherin zu Erzieherin bestehen kann (vgl. Weinert & Lockl, 2008, S. 124). Der grundlegende Zugang ist meistens entweder (elementar)pädagogisch oder linguistisch geprägt. In elementarpädagogischen Förderkonzepten stehen sprachliche Erfahrungen mit alltäglichem Bezug im Vordergrund, während linguistisch fundierte Konzepte deutlicher zum Regelerwerb hinführen (vgl. Weinert & Lockl, 2008, S. 124f.). Alle Konzepte und Angebote zur Sprachförderung bewegen sich im Spannungsfeld der Konzentration auf sprachliche Funktionen und auf sprachliche Strukturen (Winner, 2002). Die Sprachförderprogramme und Methoden für Kinder im Zweitspracherwerb variieren ebenfalls in mehrerer Hinsicht: Zum einen sind die Theorien zu den Prozessen des Zweitspracherwerbs verschieden, zum anderen die vorgeschlagenen Förderprinzipien und schließlich die umgesetzte Förderung in ihren Zielen, Methoden und Materialien (Weinert & Lockl, 2008, S. 123). Eine differenzierte Unterscheidung einiger Förderprogramme hinsichtlich ihrer Herkunft sowie Didaktik und Methodik bieten Knapp, Kucharz und Gasteiger-Klicpera (2010). Im Folgenden werden einige, allgemeine und spezifische Programme zur Sprachförderung beispielhaft vorgestellt. Der Fokus liegt auf Konzepten, die innerhalb des Programms „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der BadenWürttemberg Stiftung zur Anwendung kamen (vgl. Gasteiger-Klicpera et al., 2010). Diese Beschreibung soll einen Einblick in die Praxis geben, die hinter dem Begriff „Sprachförderung“ steht. 2.3.2.1 Das praxisbegründete Programm von Schlösser Ein verbreitetes Programm „aus der Praxis für die Praxis“ stammt von Elke Schlösser (2001). Das Programm „Wir verstehen uns gut – spielerisch Deutsch lernen“ bietet Methoden und Bausteine zur Sprachförderung für deutsche Kinder sowie für Kinder mit Migrationshintergrund. Es ist für den Einsatz in Kindertageseinrichtungen vor allem im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung gedacht. Das vorrangige Ziel besteht in der Förderung der Sprachproduktion durch Erweiterung des Wortschatzes und des Ausdrucksvermögens. Die Muttersprache der Kinder wird berücksichtigt, da Mehrsprachigkeit ebenfalls ein Ziel des Programms ist (Kany, 2007). 91 2 Theoretischer Hintergrund Zu Beginn der Fördermaßnahme dienen detaillierte Anamnese- und Sprachstandsbögen der informellen Einschätzung des Sprachentwicklungsstandes. Eine umfassende Diagnostik ist damit jedoch nicht gegeben (Kany, 2007). Das Programm besteht aus neun Bausteinen, die in sich gegliedert und aufeinander aufbauend konzipiert sind. Die Themen orientieren sich an der Lebenswelt der Kinder und behandeln Themen wie „Das bin ich“, „Meine Familie“, „Im Kindergarten“, „Mein Stadtteil“. Die Förderung soll ein- bis zweimal pro Woche in Einheiten von 20 bis 30 Minuten stattfinden. Empfohlen wird die Förderung in Kleingruppen von acht bis zehn Kindern. Für die Durchführung liegen präzise Anweisungen vor. Eine positive, vertraute Beziehung zwischen den Kindern und der Erzieherin wird vorausgesetzt. Ein Reflexionsbogen dient der Selbstkontrolle der Sprachförderkräfte (vgl. Kany, 2007; Knapp et al., 2010). Auf den Erfolg des Programms weisen die Rückmeldungen von Anwenderinnen und Anwendern hin (vgl. Schlösser, 2002). Das Programm wurde aus der Praxis heraus entwickelt, beruht also auf Alltagserfahrungen und ist damit sehr lebensnah. Dafür fehlt die theoretische Begründung und eine wissenschaftlichen Standards entsprechende Diagnostik und Evaluation (vgl. Kany, 2007). 2.3.2.2 Der offene Leitfaden für gezielte intensive Sprachfördermaßnahmen der Caritas Bodensee-Oberschwaben Eine ebenfalls in der Praxis entstandene Zusammenstellung von Fördermaterialien und -anregungen bietet der Leitfaden der Caritas Bodensee-Oberschwaben (Hack, Langer & Neubauer, 2004). Er ist speziell für das Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung BadenWürttemberg) entstanden. Grundlage ist ein differenzierter Beobachtungsbogen zur Sprachstandserhebung, der von einem Team aus Psychologen, einer Erzieherin und einer Sprachwissenschaftlerin entwickelt wurde. Dieser Bogen dient sowohl der Erstbeobachtung, als auch einer Zwischen- und der Schlussbeobachtung. Er ist in fünf Bereiche gegliedert: Sprachaktivität, Sprachverständnis, Aussprache, Sprachniveau, Sprachliches Wissen. Diese Bereiche sind auch für die Förderung vorgesehen. Jeder der fünf Förderbereiche wird mit Erläuterungen zum Hintergrund (Leitsätze der Landesstiftung, Theoretischer Hintergrund) und zur Umsetzung (Materialbörse, Aufgepasst, Elternarbeit) dargestellt. Das Programm ist „ganzheitlich“ angelegt, weil Sprache im Kindergartenalter ungesteuert und mit allen Sinnen gelernt werde. 92 2 Theoretischer Hintergrund Außerdem lässt es den Erzieherinnen bewusst viel Spielraum auf die jeweilige Gruppe einzugehen und ihre Kreativität einzubringen (Neubauer, 2007). Eine theoretische Fundierung fehlt dem Programm ebenso wie eine wissenschaftliche Evaluation. Der Leitfaden dient(e) in zahlreichen Kindertageseinrichtungen, die Sprachförderung im Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ durchführen, als Orientierung oder Anleitung, wird jedoch selten isoliert eingesetzt (vgl. Gasteiger-Klicpera et al., 2010). 2.3.2.3 Das linguistisch basierte Förderprogramm von Penner Das von Penner (2005) entwickelte Kon-Lab-Programm ist linguistisch fundiert und vor allem als Programm zur sprachlichen Frühförderung bei Migrantenkindern bekannt. Es ist jedoch gleichzeitig für deutschsprachige Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen gedacht (Penner & Schmid, 2005). Grundlage dafür ist die Annahme, dass „Erst- und Zweitspracherwerb auf identischen Erwerbsmechanismen beruhen und die Grammatikentwicklung bei fremdsprachigen Kindern den gleichen Verlauf wie bei Deutsch lernenden Kindern nimmt“ (Kany, 2007, S. 788). Außerdem geht Penner (2005) von einer engen „kritischen Phase“ für den Spracherwerb aus, die sowohl Kinder mit Deutsch als Zweitsprache als auch mit SSES verpasst haben und daher die natürlichen Bootstrapping-Mechanismen nicht mehr nutzen können. Mit Bootstrapping-Mechanismen sind Strategien gemeint, mit denen das Kind das bereits erworbene sprachliche Wissen auf einer Ebene nutzt, um die Kompetenzen auf einer anderen Ebene zu erweitern. Mit dem Kon-Lab-Programm wird versucht, die Defizite im Regellernen zu beheben und damit das Sprachverstehen zu verbessern. Die Förderung konzentriert sich auf den Input und betont die drei Bereiche: Sprachrhythmus und prosodische Morphologie, Grammatik der Satzstruktur und des Artikels und Verblexikon (Penner 2005, S. 103f.). Den Kindern wird kompensatorisch ein um bestimmte Mehrdeutigkeiten bereinigter sprachlicher Input angeboten. „Auf diese Weise sollen die Kinder in die Lage versetzt werden, jene Daten aus dem Sprachangebot auszusondern, die es ihnen ermöglichen, die Regeln ihrer Muttersprache zu erwerben“ (Weinert & Lockl, 2008, S. 117). Weinert und Lockl (2008, auch Weinert, 2002) bezeichnen Penners Ansatz daher als „Input-Therapie zur Förderung von Bootstrapping-Mechanismen“. „Das Programm besteht aus drei Stufen und 34 Bausteinen, die zunächst Mechanismen der Wortbildung und des Wortbedeutungserwerbs fördern sollen, dann des Satzbaus und Artikelgebrauchs und schließlich im dritten Schritt Nebensätze, 93 2 Theoretischer Hintergrund Zeitstruktur, Fragen und Mengen“ (Weinert & Lockl, 2008, S. 117). Die Förderung erfolgt vor allem in Kindertageseinrichtungen drei- bis fünfmal pro Woche in zeitlich klar begrenzten Sitzungen. Es steht ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Material zur Gestaltung zur Verfügung. Für eine kompetente Durchführung ist die Teilnahme an entsprechenden Schulungsmaßnahmen erforderlich (vgl. Kany, 2007). Die Wirkung dieses lerntheoretisch und rezeptiv orientierten Programms ist noch nicht erforscht bzw. kontrolliert evaluiert (vgl. Jungmann, 2007; Kany, 2007; Weinert & Lockl, 2008). Lediglich Penner selbst berichtet erste positive Befunde (Penner, 2005; Penner & Schmid, 2005). Kritisch anzumerken sind darüber hinaus u. a. die eingeschränkte Diagnostik der Ausgangssituation (Kany, 2007) sowie „die Vernachlässigung der kindlichen Alltagssituationen und der pragmatischen Kompetenzen“ (Knapp et al., 2010, S. 127). Im „Ravensburger Modell“ (Stumpf & Coninx, 2005) wurde eine Kombination des Kon-Lab-Programms mit Programmen zur Hörwahrnehmung und zur phonologischen Bewusstheit sowie umfangreichen Schulungen der Erzieherinnen vorgenommen. Eine erste Evaluation mit jeweils 142 Förder- und Kontrollkindern (DaM und DaZ, IQ 90 im CFT 1) zeigt signifikante Verbesserungen der geförderten zweisprachigen Kinder in den Zielbereichen phonologische Bewusstheit und Pluralbildung auf das Niveau der monolingualen Altersgenossen (Stumpf & Coninx, 2005). Diese Befunde können allerdings nur erste Hinweise sein, da die Stichprobe relativ klein und ausgewählt erscheint (IQ 90) und die Ergebnisse der Intelligenz- und weiteren Sprachstandserhebungen im Vor- und Nachtest nicht dargestellt wurden. 2.3.2.4 Das Würzburger Trainingsprogramm zur Förderung der phonologischen Bewusstheit Das psychologisch und linguistisch basierte Würzburger Trainingsprogramm ist ein spezifisches Programm zur Förderung der phonologischen Bewusstheit und damit eigentlich kein „Sprach-Förderprogramm“. Es wird jedoch häufig in der Sprachförderung verwendet, meistens zusätzlich zu anderen Konzepten. Das Programm mit dem Namen „Hören, Lauschen, Lernen“ (Küspert & Schneider, 2008) ist die deutsche Adaptation eines auf Wirksamkeit geprüften schwedischen Vorschulprogramms und bereits in sechster Auflage erschienen. Es ist vor allem für Kinder im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung gedacht. „Das wesentliche Ziel besteht darin, Vorschulkindern Einblick in die Lautstruktur der 94 2 Theoretischer Hintergrund gesprochenen Sprache zu vermitteln“ und damit auf den Erwerb der Schriftsprache vorzubereiten. Das Programm besteht aus sechs Übungsbereichen, die inhaltlich aufeinander aufbauen und in der Schwierigkeit sukzessive ansteigen. Die Bereiche sind: Lauschspiele, Reimspiele, Sätze und Wörter, Silben, Anlauterkennung und Lautsynthese und -analyse. Die Erzieherinnen des Kindergartens führen das Training über 20 Wochen durch. Die täglichen Sitzungen von 10 bis 15 Minuten sollten möglichst immer zur gleichen Tageszeit erfolgen. Eine optimale Trainingsgruppe besteht aus vier bis acht Kindern (Weber, Marx & Schneider, 2007, S. 749f.). „Das Ziel des Programms liegt eindeutig bei der Förderung phonologischer Kompetenzen, die Förderung anderer wichtiger sprachlicher Kompetenzen (z. B. grammatischer Fähigkeiten) ist kein Trainingsinhalt“ (Weber et al., 2007, S. 759, Hervorh. i. O.). Damit kann das Programm nicht als Programm zur Sprachförderung allgemein verstanden werden. Des Weiteren wird aufgrund von Wirksamkeitsstudien eine Ergänzung durch das Buchstabe-Laut-Training „Hören, Lauschen, Lernen 2: Spiele mit Buchstaben und Lauten für Kinder im Vorschulalter“ (Plume & Schneider, 2004) empfohlen (E. Roth & Schneider, 2002; Schneider & Marx, 2008; Weber et al., 2007). „Fördermaßnahmen im Bereich der phonologischen Bewusstheit haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht nur im deutschsprachigen Bereich, sondern auch international als effektiv erweisen“ (Schneider & Marx, 2008, S. 263). Die Wirksamkeit des Trainings wurde laut Weber et al. (2007) in drei Studien bestätigt, auch bis ins Schulalter hinein. Dabei war eine konsequente, exakte Durchführung ein entscheidender Bedingungsfaktor. Schneider und Marx (2008) wiesen auf weitere Merkmale für den Erfolg des Trainings hin. Es sei wichtig, dass „hinreichend viele Elemente phonologischer Bewusstheit im engeren Sinne […] in die Förderung integriert sind“. Außerdem ist die Verknüpfung mit dem Buchstabe-Laut-Training sinnvoll und insbesondere für Risikokinder hilfreich. Das Training sollte möglichst täglich über mindestens ein halbes Jahr erfolgen. Eine sorgfältige Einarbeitung und hohe Motivation der Erzieherinnen sowie deren Unterstützung durch das Kollegium sind ebenfalls für den Erfolg verantwortlich (Schneider & Marx, 2008, S. 365f.). Ehrlich angemerkt wird, dass nicht alle Kinder gleichermaßen von der Förderung profitieren. In der Zielgruppe der Vorschulkinder scheint der Erfolg am größten zu sein. Für Kinder mit SSES und Deutsch als Zweitsprache wurden zwar unmittelbare Trainingseffekte nachgewiesen, jedoch kein Transfer auf den Schriftspracherwerb gesichert (Schneider & Marx, 2008, S. 264f.; vgl. dazu die Trainingsstudie von Marx, Weber & Schneider, 2005a, b). 95 2 Theoretischer Hintergrund Insgesamt scheint das Training vor allem bei Risikokindern erfolgreich zu sein. Weber et al. (2007) weisen darauf hin, „dass die im Kindergarten als gefährdet eingestuften Kinder, die das kombinierte Training erhalten hatten, insgesamt am besten abschnitten. Sie konnten in den ersten drei Jahrgangsstufen der Grundschule im Lesen und im Rechtschreiben jeweils annähernd das Niveau der unausgelesenen Kontrollgruppe erreichen“ (ebd., S. 756; vgl. auch E. Roth & Schneider, 2002). Außerdem empfehlen Roos, Treutlein, Zöller und Schöler (2007) aufgrund der Ergebnisse ihrer Evaluationsstudie zum flächendeckenden Einsatz des Würzburger Trainingsprogramms in Heidelberg, den Einsatz auf Risikokinder zu beschränken. Im Übrigen belegten die Autoren die Wirkung des Trainings unabhängig vom sozioökonomischen Status, der Intelligenz und den Deutschkenntnissen der Kinder, allerdings stärker bei Mädchen als bei Jungen. Für die Lese-Rechtschreib-Leistungen waren die anderen Faktoren (Sozialstatus, Deutschkenntnisse, Intelligenz) jedoch genauso stark wie jener des Trainings (Roos et al., 2007). Hingewiesen sei nochmals auf die Tatsache, dass das Trainingsprogramm nur die phonologische Bewusstheit fördert. Küspert und Schneider (1998) stellten entsprechend Auswirkungen des bei 191 Kindern stattfindenden sechsmonatigen Trainings nur auf metaphonologische Fähigkeiten fest, nicht jedoch auf nonverbale Intelligenz, Wortschatz, frühe Literalität, phonologisches Gedächtnis und verbale Informationsverarbeitungskapazität. Außerdem ist das Würzburger Trainingsprogramm nicht konzipiert, „um den Wortschatz oder das Sprachverständnis der Kinder zu fördern. Es trägt also nicht primär dazu bei, die deutsche Sprache zu erlernen“ (Weber et al., 2007, S. 757). Dennoch können Kinder mit Deutsch als Zweitsprache von dem Training profitieren (Weber et al., 2007, S. 757). Weber, Marx und Schneider (2007b) berichten für Migrantenkinder vergleichbare Erfolge wie für deutsche Muttersprachler. 2.3.2.5 Kontextoptimierung nach Motsch Die Kontextoptimierung von Motsch (2002, 2006) ist ebenso nicht als Sprachförderprogramm zu verstehen, sondern eher als grundlegende Förderstrategie. Es ist ein neuerer Ansatz, der verschiedene Strategien kombiniert (Motsch 2002, 2006; vgl. Weinert & Lockl, 2008). Aufgrund seiner hohen Praxisrelevanz wird kurz darauf eingegangen. Das Prinzip der „Kontextoptimierung“ zielt darauf ab, „durch konsequente Optimierung des situativen und sprachlichen Kontextes, in den die grammatische Zielstruktur eingebettet wird, die Effektivität der Interventionen zu steigern. Die 96 2 Theoretischer Hintergrund Methode der Kontextoptimierung spricht zeitnah rezeptive, produktive und reflexive Fähigkeiten des Kindes an und versucht, diese zu erweitern.“ Dadurch soll „eine optimale Fokussierung der Zielstruktur erreicht werden. Die Wahrnehmung und Verarbeitungsmöglichkeiten der Zielstruktur und der damit verbundenen Regel sind dadurch erleichtert und die Verarbeitungswahrscheinlichkeit erhöht sich“ (Motsch, 2002, S. 103). Motsch (2006) berichtet Erfolge der kontextoptimierten Förderung, die sich in Interventionsstudien sowohl mit einzelnen Kindern als auch mit Gruppen nachweisen ließen. Kontextoptimierung sei in therapeutischen und unterrichtlichen Situationen erfolgreich, bereits kurzfristig (nach Stunden und Wochen) seien die Therapieziele hinsichtlich der Grammatik erreichbar (Motsch, 2006, S. 218). Dabei war der Fortschritt der Kinder in den anvisierten grammatischen Kompetenzen unabhängig von Defiziten in der Kapazität des Arbeitsgedächtnisses und der Wahrnehmung zeitlicher Abfolgen sowie der Muttersprache der Kinder (Motsch, 2006, S. 214). Auf eine theoretische Fundierung der Kontextoptimierung wird jedoch verzichtet. Außerdem genügen Diagnostik und Evaluation bislang nicht den wissenschaftlichen Standards. Die Anwendung ist bisher nur im Rahmen von Logopädie und Sprachheileinrichtungen vorgesehen (Kany, 2007). 2.3.3 Spezielle Zielgruppen von Sprachförderung Sprachförderung ist für alle Kinder wichtig. Aber es gibt Gruppen von Kindern, die eine spezielle Unterstützung benötigen, denn ihr Sprachstand bleibt hinter dem der Altersgenossen zurück (s. o.). Kinder mit Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen benötigen sogar therapeutische Interventionen. Im Folgenden werden Erkenntnisse zur Sprachtherapie bei Kindern mit SSES erläutert, weil diese auch für die allgemeine Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen relevant sind. Des Weiteren wird auf die Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund eingegangen, die bei den aktuell initiierten Maßnahmen eine zentrale Zielgruppe darstellen. Besonderes Interesse gilt der differentiellen Effektivität der Förderung. 2.3.3.1 Sprachtherapie bei SSES Kinder mit SSES benötigen spezifische Interventionen, wobei die therapeutische Vorgehensweise ganz entscheidend für den Erfolg ist. Restrepo, Swisher, Plante und Vance (1992, S. 215) sowie Grimm (2000a, S. 634) weisen darauf hin, dass die Therapie bei SSES so spezifisch sein muss, wie die Störung selbst es ist. Überwiegend 97 2 Theoretischer Hintergrund wird daher ein individualisiertes Vorgehen gefordert und eine Ausrichtung an den spezifischen Problemen verlangt. Ebenso differentiell ist die Effektivität zu betrachten (vgl. Dannenbauer, 2002; Ellis Weismer, 2001; Leonard, 2000; Weinert & Lockl, 2008). Im entwicklungsproximalen Ansatz betont Dannenbauer (2002) individualisiertes Vorgehen im natürlichen kommunikativen Kontext. Die Diagnostik erfolgt in erster Linie über Spontansprachanalysen. Auf dieser Basis werden die Ziele der Therapie in der „Zone der nächsten Entwicklung“ (Vygotskij, 2002) festgelegt. Der Schwerpunkt der Förderung liegt auf dem Sprachverstehen. Der Input wird in kommunikativen Kontexten optimiert, so dass er stimulierend und modellierend wirkt. Die therapeutischen Situationen werden genau geplant und die Techniken (z. B. Modellieren) im Kontext einer positiven Kind-Therapeut-Beziehung gezielt eingesetzt. Es handelt sich um eine eher langwierige Einzeltherapie, deren Wirksamkeit nur für den Einzelfall auf dem Prüfstand steht. Z. T. werden für Therapieverläufe nur langsame Fortschritte in der Sprachproduktion der Kinder berichtet (vgl. Kany, 2007; Weinert, 2003b; Weinert & Lockl, 2008). Leonard (2000) sowie Weinert und Lockl (2008) stellen einige sprachbezogene Ansätze zur Therapie von SSES vor, wobei diese teilweise auch für die allgemeine Sprachförderung relevant sind und dort Anwendung finden, beispielsweise systematische Strukturierungen des Sprachangebots (Weinert, 2007, S. 230; vgl. Grimm, 2003a). Ellis Weismer (2001) fordert mit Blick auf die störungsspezifische, geringere kognitive Kapazität eine Modifikation des Sprachangebots in der Form, dass die Anforderungen an die Verarbeitungskapazität reduziert werden (Reduktion der Sprechgeschwindigkeit, visuelle Hilfen, Betonung neuer Wörter u. a.). Der Erfolg des Einsatzes dieser Modifikationen ist bei SSES-Kindern allerdings verschieden. Die Kinder profitieren unterschiedlich von den Inputvariationen. Die Wirkungen sind im Einzelnen individuell zu evaluieren (vgl. Weinert & Lockl, 2008, S. 114f.). Tallal et al. (1996 zit. nach Weinert 2002, S. 57f.) erzielten durch eine spezifische Förderung – sprachbezogene, die eingeschränkte Verarbeitungskapazität kompensierende und geschwindigkeitsfördernde Intervention – eine spezifische Wirkung, nämlich eine signifikante Verbesserung der rezeptiven Sprachfertigkeiten der Kinder. Verschiedene Trainingsformen, sowohl imitations- als auch modellorientierte Trainingsformen, sowohl fokussierende als auch allgemeine Stimulationen führen laut vorliegender Zusammenstellungen und Metaanalysen zu deutlich positiven Trainingseffekten. Sie erweisen sich erfolgreich in der Vermittlung linguistischer Formen und 98 2 Theoretischer Hintergrund helfen bei der Verdeutlichung semantischer Zusammenhänge und der Übung der alltäglichen Anwendung (Leonard, 2000; Weinert & Lockl, 2008, S. 107f.). Weinert und Lockl (2008, S. 109) geben eine Übersicht über die Grundtypen der realisierten Interventionen in den Trainingsstudien im anglo-amerikanischen Sprachraum (vgl. auch Weinert, 2002 sowie Leonard, 2000). Durch entsprechende Methoden konnten einige Kinder ihren Sprachrückstand teilweise aufholen, allerdings oft nicht die altersentsprechende Sprachkompetenz erreichen (vgl. Weinert & Lockl, 2008; z. B. Hindson et al. 2005). Laut Leonard (2000, S. 3) steigert die Behandlung von Sprachstörungen das Sprachlernen der Kinder, aber gleichzeitig muss betont werden, dass die Sprachdefizite nicht einfach behoben werden. Häufig bleiben die betroffenen Kinder lebenslänglich hinter den Sprachfähigkeiten der Gleichaltrigen zurück. Oberflächliche Erwerbsschleifen führen zu diesem Schereneffekt, so Leonard (2000). Deshalb ist eine Behandlung nicht nur effektiv, wenn die Lücke geschlossen wird, sondern auch schon dann, wenn das Auseinanderdriften der Schere aufgehalten werden kann. Es gibt Evidenzen für beide Ausgänge. Die stärksten Befunde liefern Studien mit standardisierten Tests, in denen fast überall berichtet wird, dass es gelingt, dass die Kinder mit SSES die Lücke schließen (Leonard, 2000, S. 206f. mit Bezug auf zahlreiche Studien). Nach Leonard (2000) gibt die Literatur zur Interventionsforschung Anlass zu Optimismus und Besorgnis: „On the one hand, treatment seems to accelerate language learning in many children with SLI. On the other hand, for some children, this acceleration does not carry far enough to lead to normal language functioning. For such children, language problems, though mitigated, will remain as obstacles to social and academic success.“ (Leonard, 2000, S. 209) 2.3.3.2 Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund Die zweite große Gruppe sprachförderbedürftiger Kinder sind Kinder mit Migrationshintergrund. Sie stehen vor einer Reihe von Herausforderungen. Der Erwerb der Zweitsprache ist nur eine davon, aber eine entscheidende. Die Sprachkompetenz ermöglicht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Bildungsbiographie (vgl. Limbird & Stanat, 2006; Pinquart & Silbereisen, 2008). Dubowy, Ebert, von Maurice und Weinert (2008) zeigen, dass Kinder mit Migrationshintergrund bereits beim Eintritt in den Kindergarten geringere Sprach99 2 Theoretischer Hintergrund kompetenzen besitzen als die gleichaltrigen, monolingual aufwachsenden deutschen Kinder. Untersucht wurden insgesamt 547 Kinder, von denen 9.7 % einen Elternteil und 12.1 % beide Elternteile mit Migrationshintergrund hatten. Vor allem wenn beide Eltern keine deutschen Muttersprachler waren, schnitten die Kinder im sprachlichen Bereich und in vorwissensabhängigen Fertigkeiten deutlich schlechter ab. Bei nonverbalen Aufgaben erbrachten sie teilweise ebenfalls geringere Leistungen, und zwar im Untertest Kategorien des SON-R 2½-7. In den Untertests Analogien des SON-R 2½-7 und Handbewegungen der K-ABC wurden dagegen keine Nachteile der Kinder mit Migrationshintergrund beobachtet. Der sozioökonomische Status wurde in allen Analysen als Kovariate einbezogen und ist daher nicht für die berichteten Leistungsunterschiede verantwortlich. Die Autoren fordern zur Förderung der Sprachentwicklung in Kindergärten auf, um Defizite im weiteren Entwicklungsverlauf und negative Auswirkungen auch auf nicht primär sprachliche Fähigkeiten zu verhindern (Dubowy et al., 2008). Weitere Studien belegen geringere Sprachkompetenzen von Kindern im Zweitspracherwerb über das gesamte Kindergartenalter bis zur Einschulung (GasteigerKlicpera et al., 2010; Roos et al., 2010; Schöler et al., 2004; Schöler, Guggenmoos et al., 2005; u. a.). Auf die Fortsetzung und die Auswirkungen im Schulalter wurde bereits hingewiesen. In den letzten Jahren wurden verstärkt Fördermaßnahmen initiiert. Die meisten davon wurden allerdings nicht oder mit großen methodischen Schwächen evaluiert (vgl. z.B. Kany & Schöler, 2007; Limbird & Stanat, 2006). Zur Effektivität der Förderung bei Migrantenkindern gibt es daher bislang wenig Befunde, vor allem kaum Untersuchungen, in denen verschiedene Maßnahmen verglichen werden (Weinert & Lockl, 2008). Über den internationalen Forschungsstand zur Sprachförderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund geben Limbird und Stanat (2006) einen ausführlichen Überblick. Sie weisen auf die sehr uneinheitlichen Befunde hin und bemängeln die in Deutschland unzureichende Wirksamkeitsprüfung. Dies trifft nicht nur auf das Schulalter, sondern auch auf den Elementarbereich zu, obwohl einzelne Evaluationsstudien auf die Effektivität der eingesetzten Maßnahme hinweisen. Das in erster Linie für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache konzipierte Programm von Penner (2005; Penner & Schmid, 2005) wird in der Selbstevaluation als erfolgreich beschrieben. Vom Würzburger Trainingsprogramm zur Förderung der phonologischen Bewusstheit profitieren Kinder im Zweitspracherwerb gleichermaßen wie Kinder mit deutscher Muttersprache (Weber et al., 2007, 2007b; Roos et al., 2007). 100 2 Theoretischer Hintergrund Allerdings sind für Kinder im Zweitspracherwerb Programme zur Wortschatzförderung eine größere Bereicherung, wie in mehreren Interventionsprogrammen gezeigt wurde (vgl. Limbird, 2007, S. 180f.). Strehmel (2006) berichtet von einem Modellprojekt zur Förderung des Zweitspracherwerbs in Kindertageseinrichtungen mit dem vorrangigen Ziel der Wortschatzförderung. Über ein Kindergartenjahr wurden 203 Kinder in Kleingruppen gefördert. Die Eltern wurden in die Förderung einbezogen. Der Sprachstand wurde mit dem Einschätzverfahren SISMIK (Ulich & Mayr, 2003) vor und nach dem Förderzeitraum erhoben. In der Dimension sprachliche Kompetenz war für die geförderten Kinder im Vergleich zur nicht geförderten Kontrollgruppe (N = 53) ein höherer Zuwachs zu verzeichnen. Insgesamt profitierten jene Kinder stärker von der Förderung, deren deutsche Sprachkenntnisse zu Beginn der Maßnahme sehr gering waren, die jünger waren (ca. drei Jahre) und deren Familien sozial schlechter gestellt (geringe Schulbildung und keine Erwerbstätigkeit der Mütter) und weniger in die deutsche Gesellschaft integriert (zu Hause Herkunftssprache, auch beim Fernsehen, seltene Kontakte zu deutschen Familien) waren. Eine umfangreiche Fördermaßnahme stellt das Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg) dar. Von der Maßnahme sollen Kinder mit Migrationshintergrund und auch Kinder mit Deutsch als Erstsprache profitieren (vgl. A. Weber & Potnar, 2006). Auf einige wesentliche Ergebnisse der zwei wissenschaftlichen Begleitprojekte wird in Kapitel 2.3.5.2 eingegangen. Nachdem die Notwendigkeit von Sprachförderung verdeutlicht und die Vielfalt der Umsetzung erläutert wurde, sollen nun Bedingungen zusammengefasst werden, die für eine erfolgreiche Sprachförderung nötig sind. Erst vor diesem Hintergrund lassen sich Ergebnisse zur Wirksamkeit von Maßnahmen besser einordnen. 2.3.4 Bedingungen erfolgreicher Sprachförderung Die Bedingungen erfolgreicher Förderung liegen in der Umwelt und im Kind. „Bestimmte Trainingsaspekte wirken in Abhängigkeit von Persönlichkeitsmerkmalen der Kinder, von Merkmalen der Übungssituation, vom Alter und Intelligenzniveau der trainierten Kinder sowie von der Programmgestaltung und der Schwierigkeit der Übungsaufgabe“ (Schmidt-Denter, 2002, S. 746). Im Folgenden werden als Merkmale der Umwelt die Eltern und der Kindergarten sowie Programmbedingungen in den Blick 101 2 Theoretischer Hintergrund genommen. Anschließend wird auf die Bedeutung der individuellen Voraussetzungen des Kindes eingegangen, die sich zum Teil in differentiellen Wirksamkeitsunterschieden zeigen. 2.3.4.1 Merkmale der Umwelt Eltern Eltern spielen die entscheidende Rolle für die Entwicklung ihrer Kinder. Sie geben ihnen die genetischen Anlagen mit und bieten den sozialen Rahmen für das Wachsen und Lernen (vgl. z. B. Oerter & Montada, 2002; Rossbach, Kluczniok & Isenmann, 2008). Außerdem setzen sie im Umgang mit dem Kind intuitiv Förderstrategien ein. Diese sind allerdings nicht immer ausreichend und optimal, wie Beobachtungen von Müttern mit Kindern mit SSES und Trainingsstudien mit Eltern zeigen (Grimm, 2003a). Sogar Trainingsstudien zur Spracherwerbsförderung bei typisch entwickelten Kindern lassen eine positive Wirkung durch eine Optimierung der Sprachumwelt erkennen. Beispielsweise waren für das Bilderbuchprogramm von Whitehurst et al. (1988 zit. nach Grimm 2003a; Weinert & Lockl, 2008), das Eltern systematisch zum gemeinsamen Anschauen von Büchern anleitet, positive Veränderungen im Sprachverhalten der Mütter erzielt worden und damit einhergehend ein überdurchschnittlicher Zuwachs in den Sprachkompetenzen der zweijährigen Kinder. Der Unterschied zur Kontrollgruppe war selbst nach neun Monaten noch nachweisbar. Weitere Studien belegten den Erfolg des Trainings auch in Kindertageseinrichtungen bei Kindern mit niedrigem Sozialstatus sowie als videobasiertes Elterntraining (vgl. Weinert & Lockl, 2008, S. 101). Ebenso zeigten Buschmann und Jooss (2007) den deutlichen Erfolg eines Elterntrainings in einer standardisierten, kontrollierten Längsschnittuntersuchung mit 54 Kindern zwischen zwei und drei Jahren. Die Kinder wiesen in der Eingangsdiagnostik (ELFRA) deutliche Verzögerungen in der Sprachentwicklung auf (Wortschatz < 50). Es erfolgte eine randomisierte Zuweisung zur Trainings- und Kontrollgruppe und eine Nachuntersuchung nach drei und neun Monaten. Für die Kinder, deren Mütter am strukturierten sprachbasierten Training teilnahmen, war ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zur Kontrollgruppe zu verzeichnen. Mit drei Jahren hatten 77 % der Kinder der Trainingsgruppe den sprachlichen Rückstand aufgeholt im Vergleich zu 43 % der Kontrollgruppe. In der Trainingsgruppe gab es im Vergleich zur Kontrollgruppe mehr als die Hälfte weniger Kinder mit Sprachauffälligkeiten und manifestierten Sprachentwicklungsstörungen (Buschmann & Jooss, 2007, S. 9f.). 102 2 Theoretischer Hintergrund Laut Ritterfeld (2000, S. 425) gibt es jedoch genauso Befunde, nach denen die Auswirkungen von Elterntrainings auf die Sprachentwicklung der Kinder weniger offensichtlich sind. Für sprachentwicklungsgestörte Kinder berichtet Grimm (2003a, S.190ff.) von einer vergleichenden Studie (Dale et al., 1996 zit. nach Grimm, 2003a) zur Wirksamkeit von zwei Interventionsprogrammen, in denen die Mütter als KoTherapeutinnen betrachtet und programmgemäß geschult wurden; die Lernzuwächse der Kinder fielen jedoch sehr unterschiedlich aus, ohne dass ein allgemeiner Trend sichtbar geworden wäre. Bei Kindern mit Migrationshintergrund weisen Pinquart und Silbereisen (2008, S. 741) darauf hin, dass „eine begrenzte Beherrschung der Landessprache durch die Mütter und Konflikte zwischen mütterlichen Einstellungen und Programmzielen die Interventionseffekte reduzieren“ können. Deshalb sprechen sie sich stärker für kindergartenbasierte Interventionen aus. Nach Jungmann (2007) ist die interaktionszentrierte Frühförderung, die sich an den intuitiven Sprachlehrstrategien der Mütter orientiert und bei den Eltern ansetzt, bisher nicht gezielt evaluiert. Dennoch kommt Jungmann (2007) zu folgendem Schluss: „Insgesamt sprechen die bisherigen Befunde aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum dafür, dass die Befähigung und die aktive Einbeziehung der Eltern für Entwicklungsfortschritte im Rahmen einer Intervention genauso effektiv sind wie die Sprachtherapie des Kindes“ (Jungmann, 2007, S. 735). Dies dürfte damit zusammenhängen, dass über die Eltern ein weitreichender Bedingungsfaktor der Entwicklung beeinflusst wird. Laut Schmidt-Denter (2002, 2007) ist die Mitarbeit der Eltern als Bedingungsfaktor gut dokumentiert. Über die Eltern werden Veränderungen der familiären Situation erreicht, die sich auf die Entwicklung des Kindes auswirken. Die tatsächliche Zusammenarbeit von Eltern und Erzieherinnen im Rahmen von Sprachfördermaßnahmen für Vorschulkinder wird aktuell von Vomhof (in Arbeit) näher untersucht. Kindertageseinrichtungen In Kindertageseinrichtungen findet Förderung in vielen Entwicklungsbereichen und auf mehreren Ebenen statt. Sie ist für viele Kinder ein wichtiger Baustein für die weitere Entwicklung (Ahnert, 2007; Rossbach, Kluczniok & Isenmann, 2008; Schmidt-Denter, 2007; Tietze & Viernickel, 2003). Internationale Studien zeigen positive Auswirkungen des Besuchs eines Kindergartens auf die weitere Bildungsentwicklung. Auch einige deutsche Untersuchungen deuten auf günstige Wirkungen des Kindergartenbesuchs hin. 103 2 Theoretischer Hintergrund Dabei scheinen jedoch die Dauer des Kindergartenbesuchs und die Qualität der Einrichtung eine entscheidende Rolle zu spielen (vgl. Albers, 2009; Biedinger & Becker, 2006; Bos et al., 2003; Niklas, Schmiedler & Schneider, 2010; Rossbach, Kluczniok & Isenmann, 2008; Schöler, Guggenmos et al., 2005; Seyda, 2009). Nach Tietze (1998) variieren die Qualität und die Entwicklungsbedingungen zwischen einzelnen Kindergärten beträchtlich und können für Entwicklungsunterschiede von bis zu einem Jahr verantwortlich sein. Außerdem gibt es Belege, dass Risikokinder stärker vom Kindergartenbesuch profitieren als Nicht-Risikokinder (z. B. Bos et al., 2003; Peisner-Feinberg et al., 2001). Eine Längsschnittstudie von Spiess, Büchel und Wagner (2003) zeigte, dass für Kinder mit Migrationshintergrund die weitere Schullaufbahn mit dem früheren Kindergartenbesuch bedeutsam zusammenhängt. Für deutsche Kinder war der Zusammenhang in dieser Weise nicht nachweisbar. Dass für den Erwerb der deutschen Sprache bei Migrantenkindern die Kindergartenbesuchsdauer von Bedeutung ist, zeigte Becker (2006). Sie untersuchte die Daten von 1 173 Kindern aus den Einschulungsuntersuchungen in Osnabrück in den Jahren 2000 bis 2005. Verglichen wurden türkische Kinder und Aussiedlerkinder aus der ehemaligen UdSSR. Becker (2006) belegte, dass türkische Kinder häufiger Defizite in der deutschen Sprache haben als Aussiedlerkinder. Die Schwächen kamen jedoch umso seltener vor, je länger die Kinder einen Kindergarten besuchten und zwar auch unter Berücksichtigung des sozialen Familienhintergrundes. Für die türkischen Kinder stellte Becker (2006) weiterhin fest, dass mit dem Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in der Vorschuleinrichtung und vor allem dem Anteil an Kindern der eigenen ethnischen Gruppe der Erwerb der deutschen Sprache erschwert wird. Es bietet also nicht jeder Kindergarten die gleichen Chancen. Ein Beispiel für die positive Wirkung des „Sprachbads“ in der Bildungseinrichtung für die Entwicklung balancierter Zweisprachigkeit zeigt die Untersuchung von Wilken (2005). Zwar identifizierte sie als häufigsten Weg zur erfolgreichen Zweisprachigkeit in Ostbelgien die zweisprachige Kindererziehung, doch als nächste erfolgreiche Möglichkeit die Betreuung und Erziehung im Sprachbad, d. h. bei Kindern, bei denen die Unterrichtssprache im Elternhaus nicht gesprochen wurde (Wilken, 2005, S. 178). Dies ist teilweise vergleichbar mit der Situation, die Kinder mit Migrationshintergrund in deutschen Kindertageseinrichtungen erleben. Die Studie von Albers (2009) weist konkret für die sprachliche Entwicklung auf die Bedeutung der Qualität der Kindertageseinrichtungen hin. Untersucht wurden 314 104 2 Theoretischer Hintergrund Kinder aus vier Kindergärten in unterschiedlichem Umfeld (Stadt/Land, Trägerschaft, Konzeption). In einer Einrichtung waren im Vergleich zu den anderen mangelhafte Förderbedingungen zu verzeichnen. Dies konnte sowohl in den Sprachleistungen der Kinder als auch in den Interaktionen zwischen Erzieherinnen und Kindern beobachtet werden. Diese Ergebnisse zur allgemeinen Wirkung des Kindergartenbesuchs geben für die Sprachförderung und deren Effektivität wichtige Hinweise: Es kommt auf die Qualität, die Dauer und die Voraussetzungen auf Seiten der Kinder an. Kriterien für die Qualität einer Einrichtung, die sich auch auf einzelne Fördermaßnahmen übertragen lassen, bietet der Kriterienkatalog von Tietze und Viernickel (2003). Programmbedingungen Die Bedingungen unter denen ein Förderprogramm durchgeführt wird, beeinflussen laut Evaluationsstudien die Effekte stärker als die eigentlichen Curricula (Schmidt-Denter, 2002; vgl. auch Schmidt-Denter, 2007). Zu diesen Bedingungen gehören - die Dauer und Art des Programms: Je früher, kontinuierlicher und länger die Förderung stattfindet, umso besser; - die Passung zwischen der Art des Trainings und den individuellen Bedingungen des Kindes; - die Entwicklungsangemessenheit des Förderprogramms: Es gibt ein Altersoptimum für jedes Training; - die Erzieher-Kind-Beziehung sowie - die kompetente Umsetzung der Förderrichtlinien (vgl. Schmidt-Denter, 2002). Diese Bedingungen werden allerdings nicht immer beachtet oder untersucht. Außerdem ist bisher nicht bekannt „für welche Kinder in welchem Alters- und Sprachstandsbereich welche Fördermaßnahmen in welcher Kombination besonders geeignet sind“ (Weinert & Lockl, 2008, S. 126; vgl. auch Jungmann, 2007; Leonard, 2000). Die weitere Untersuchung ist nötig (vgl. Gasteiger-Klicpera et al., 2010; Hofmann et al., 2008; Roos et al., 2010). Sprachförderung ist nicht gleich Sprachförderung und die Auswirkungen sind bei den jeweiligen Kindern verschieden. Insgesamt sind laut Schmidt-Denter (2002, 2007) „Interventionen […] um so effektiver, je umfassender sie die Entwicklungsbedingungen des Kindes positiv verändern“ (Schmidt-Denter, 2002, S. 754). Darüber hinaus ist entscheidend, ob sie den individuellen Voraussetzungen des Kindes entsprechen. 105 2 Theoretischer Hintergrund 2.3.4.2 Merkmale des Kindes Es gibt zahlreiche Merkmale von Kindern, die Einfluss auf die Effektivität von Förderung haben. Im Fokus der vorliegenden Studie stehen die sprachlichen Ausgangsleistungen und die Intelligenz. Sprachliche Ausgangsfähigkeiten Die Ausgangsfähigkeiten der Kinder scheinen eine entscheidende Rolle für die Förderung zu spielen. Friedman und Friedman (1980 zit. nach Leonard, 2000, S. 204) berichten, dass der imitationsbasierte Ansatz für Kinder mit geringen Fähigkeiten effektiver war, während der fokussierend stimulierende Ansatz bei Kindern mit fortgeschrittenen Fähigkeiten überlegen war. Generell scheinen Kinder mit geringeren Ausgangsfähigkeiten stärker von Fördermaßnahmen zu profitieren als Kinder mit besseren Ausgangsleistungen. BellionRiedel (1985) fand in ihrer Interventionsstudie einen tendenziell überdurchschnittlichen Lernzuwachs in der allgemeinen Sprachentwicklung bei Kindern mit unterdurchschnittlicher Sprachkompetenz aus der Unterschicht. D. h. „Kinder mit ungünstigen Voraussetzungen profitierten am stärksten von der Fördermaßnahme“ (ebd., S. 144). Zu diesem Ergebnis kam auch die wissenschaftliche Begleitung der Sprachfördermaßnahmen in Baden-Württemberg (Gasteiger-Klicpera et al., 2010) sowie die Studie von Schöler, Hasselbach, Schäfer, Dreßler und Engler-Thümmel (2005). Niklas et al. (2010) verzeichneten ebenfalls für Kinder mit geringeren Ausgangsfähigkeiten (jüngere Kinder, geringere Intelligenz, Migrationshintergrund, geringer sozioökonomischer Status) stärkere Leistungszuwächse. Möglicherweise sind in diesem Fall jedoch Deckeneffekte der Tests dafür verantwortlich, also dass die Kinder mit guten Leistungen die obere Grenze der Tests erreichten und deshalb ihre Leistungsfähigkeit und damit die Leistungssteigerung nicht angemessen abgebildet wurde (Niklas et al., 2010). Zu den Kindern mit geringeren Ausgangsfähigkeiten gehören oft Kinder mit Migrationshintergrund bzw. im Zweitspracherwerb (vgl. z. B. Dubowy et al., 2008). Aktuell zeigen die Ergebnisse von Gasteiger-Klicpera et al. (2010) sowie Roos et al. (2010) einen deutlicheren Zuwachs der Sprachkompetenzen von förderbedürftigen Kindern mit einer anderen Erst- bzw. Familiensprache als Deutsch im Vergleich zu förderbedürftigen, deutschsprachigen Kindern. Die Autoren schlussfolgern daher, dass für deutschsprachige Kinder und Kinder mit einer anderen Erstsprache verschiedene Fördermaßnahmen und didaktische Konzepte nötig wären. 106 2 Theoretischer Hintergrund Weinert (2003b) weist darauf hin, dass sich jene Förderkonzeptionen sowohl in kognitiven Programmen als auch in der Sprachförderung bewährt haben, die berücksichtigen, dass „das, was ein Kind verarbeitet und verarbeiten kann, entscheidend durch die verfügbaren Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung und vor allem durch den erreichten Entwicklungsstand beeinflusst wird [… Dies] unterstreicht die Bedeutung einer genauen Diagnose und Berücksichtigung des Sprachstandes des einzelnen Kindes und seiner sprachbezogenen Verarbeitungsfähigkeiten“ (Weinert, 2003b, S. 47). Auch die von Jungmann (2007) berichteten Befunde sprechen für die Hypothese, „dass sich mit einer auf die Besonderheiten der kindlichen Sprachentwicklung abgestimmten Intervention große Wirkungen erzielen lassen“ (Jungmann, 2007, S. 738). Demzufolge kann „es nicht die eine Interventionsmethode geben [...], die bei allen Kindern gleichermaßen greift. Welches Vorgehen im Einzelfall das effektivere ist, scheint von individuellen Charakteristika, wie z. B. der Intelligenz, dem erreichten Sprachentwicklungsstand und dem Spracherwerbsstil abzuhängen“ (Jungmann, 2007, S. 739). Intelligenz Die Bedeutung der Intelligenz für den Erfolg der Förderung bleibt fraglich. Einerseits wurde in der umfassenden Untersuchung von Schery (1985 zit. nach Dannenbauer, 2001) festgestellt, dass die Fortschritte sprachentwicklungsgestörter Kinder in einem zwei- bis dreijährigen Förderzeitraum umso größer waren, je jünger die Kinder waren und je höher ihr nonverbaler IQ war. Außerdem weisen Roos, Polotzek und Schöler (2010) auf das Potential hin, das die Intelligenz für Sprachlernprozesse bietet. Andererseits fanden Niklas et al. (2010) höhere Zuwächse für Kinder mit geringer ausgeprägter Intelligenz und jüngere Kinder mit Migrationshintergrund. Laut Weinert (2002) gibt es allerdings keine Hinweise, „dass sich sprachgestörte Kinder mit leicht unterdurchschnittlichen nicht-sprachlichen Intelligenzleistungen im Bereich zwischen 70 und 85 [IQ-Punkten] in ihren Reaktionen auf therapeutische Maßnahmen in bedeutsamer Weise von jenen Kindern unterscheiden, deren nicht-sprachliche Intelligenztestleistungen im Normbereich liegen (Cole et al. 1995, Frey et al. 1994, s. auch Lahey 1990, Leonard 1998)“ (Weinert, 2002, S. 47). Für das Training der phonologischen Bewusstheit mit dem Würzburger Trainingsprogramm zeigten dies auch Roos et al. (2007). Ebenso wiesen Klicpera und Gasteiger-Klicpera (2001) darauf hin, dass die Intelligenz ein schlechter Prädiktor für den Erfolg der Förderung von Grundschülern mit LeseRechtschreib-Schwierigkeiten ist. Für die Wirksamkeit von Sprachfördermaßnahmen 107 2 Theoretischer Hintergrund hat sie nach Gasteiger-Klicpera et al. (2010) sowie Roos et al. (2010) ebenfalls keine Bedeutung. 2.3.5 Effektivität von Sprachförderung für Sprache und Intelligenz Die Analyse zahlreicher Sprachförderprogramme, deren Umsetzung und Erprobung lässt erkennen, wie groß die Vielfalt der Angebote und Möglichkeiten zur Sprachförderung ist. Allerdings liegen wenig kontrollierte Untersuchungen, vor allem kaum externe Evaluationen zur Effektivität dieser Förderung, vor (Jungmann, 2007, S. 732; Kany, 2007). Außerdem sind Langzeiteffekte von Frühförderungen allgemein bislang selten empirisch geprüft (vgl. Ellis Weissmer, 2001; Weinert & Lockl, 2008). Auf einige Studien zur Effektivität von Sprachförderung allgemein sowie auf Sprache und Intelligenz wird im Folgenden eingegangen. Zunächst ist jedoch zu klären, was Effektivität oder Wirksamkeit bedeutet. 2.3.5.1 Was heißt Wirksamkeit? Maßnahmen zur Prävention oder Intervention sollen wirksam sein. Aber wann ist eine Maßnahme wirksam? Dies lässt sich am Kompetenzniveau und/oder am Kompetenzzuwachs festmachen. Eine bestimmte Kompetenz mit einem bestimmten Kompetenzniveau ist ein objektives Kriterium. Wenn z. B. ein altersgemäßer Sprachstand erreicht wird, der nicht durch andere Einflüsse als das Training erklärt werden kann, ist von der Wirksamkeit der Maßnahme auszugehen. Es wurde bereits im Zusammenhang mit der Intervention bei Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen darauf hingewiesen, dass eine Maßnahme ein Aufschließen auf das Lern- und Leistungsniveau unauffällig entwickelter Kinder bewirken kann. Damit ist der Erfolg eindeutig. Allerdings wird das angezielte Kompetenzniveau selten erreicht. Oft findet nur eine Annäherung an dieses Niveau statt. Diese Annäherung muss dann zumindest größer sein als bei einer nicht geförderten Kontrollgruppe. Diese Annahmen gelten für Kinder oder Personen mit ähnlichen Ausgangsvoraussetzungen, d. h. ähnlichem Leistungsniveau und vergleichbaren Lernfähigkeiten sowie Entwicklungsbedingungen. Kinder, die an Sprachfördermaßnahmen teilnehmen, haben jedoch häufig einerseits ein geringeres Leistungsniveau und andererseits sind sie teilweise in ihren Lernfähigkeiten – sprachlich oder allgemein – und/oder von den (familiären) Entwicklungsbedingungen her benachteiligt. Wenn diese Förderkinder durch die Maßnahme nicht das Leistungsniveau der Gleichaltrigen erreichen, sondern lediglich einen entsprechenden Lernzuwachs oder sich diesem 108 2 Theoretischer Hintergrund zumindest annähern, sollte eine Intervention ebenfalls als erfolgreich gelten. Ohne Intervention entwickeln sich die Kompetenzen dieser benachteiligten Kinder meist langsamer weiter als von gleichaltrigen Vergleichskindern. Es kommt zum sogenannten „Schereneffekt“. Insofern ist ein ausbleibender „Schereneffekt“ schon als Erfolg einer Intervention anzusehen (vgl. Leonard, 2000). Klauer (2001) weist außerdem darauf hin, dass ein Training eine Reihe von Effekten haben kann, die nicht auf den ersten Blick nachgewiesen werden, z. B. auf der Prozessebene oder in nicht geprüften Kompetenz- und Leistungskomponenten. Des Weiteren kann sich durch ein Training die Leistungsvarianz verändern. Alter, Vorwissen und Lernfähigkeit spielen eine Rolle für die Effektivität der Förderung. Insofern kann es durch ein Training zu einer Vergrößerung der interindividuellen Unterschiede und damit zu erhöhten Korrelationen mit den Kriteriumsvariablen kommen. Andererseits können beispielsweise Deckeneffekte in den Tests zu einer Varianzschrumpfung führen (vgl. Klauer, 2001, S. 13). Weiterhin ist die Effektivität einer Maßnahme danach zu beurteilen, welche Auswirkungen sie mittel- und langfristig hat. Wünschenswert sind anhaltende oder gar steigende Effekte, die dem Training eine Art „Anschubfunktion“ zuschreiben. Oft sind jedoch mehr oder weniger stark abnehmende Effekte beobachtbar (vgl. Klauer, 2001). Bei der Prüfung von Langzeiteffekten ist zu beachten, welche Methoden bzw. Tests zu den verschiedenen Zeitpunkten angewendet werden (können), um adäquate Schlüsse zu ziehen. Für die Beurteilung von Wirksamkeit gibt es demzufolge verschiedene Kriterien. Primär entscheidend sind meistens die positiven Veränderungen im Lern- und/oder Leistungsniveau und deren Dauerhaftigkeit, wobei auszuschließen ist, dass diese Veränderungen durch andere Einflüsse als die der Maßnahme zustande gekommen sind. 2.3.5.2 Allgemeine Wirksamkeitsstudien und Erkenntnisse Zur Wirksamkeit früher Interventionen bei drohenden oder bestehenden Störungen der Sprachentwicklung gibt es vor allem in der anglo-amerikanischen Literatur Belege (vgl. Bishop & Leonard, 2001; Buschmann & Jooss, 2007; Leonard, 2000; Weinert & Lockl, 2008). Diese sind jedoch kaum auf die hiesige Situation übertragbar und weisen unterschiedliche methodische Mängel auf. Doch auch Untersuchungen aus dem deutschen Sprachraum sind häufig methodisch mangelhaft. In einzelnen, experimentellen und quasi-experimentellen Studien finden sich jedoch Hinweise auf die Wirksamkeit von Sprachförderung. 109 2 Theoretischer Hintergrund Kastner-Koller, Deimann, Konrad und Steinbauer (2004) berichten aus ihrer experimentellen Studie mit 42 Kindern in zwei Trainings- und einer Kontrollbedingung positive Effekte der zwei Sprachtrainings (Einzeltrainings im Sinne der entwicklungsproximalen Sprachförderung nach Dannenbauer), zum einen für trainingsspezifische sprachliche Leistungen, zum anderen für die allgemeine sprachliche Entwicklung. Darüber hinaus stellten sie für das Förderprogramm „Allgemeine sprachliche Anregung“ günstige Auswirkungen auch auf die nicht-sprachliche Entwicklung fest. Es konnten zugleich differentielle Unterschiede ausgemacht werden: „Die Kinder mit normaler Entwicklung profitierten eher von spezifischer Sprachförderung, die Kinder mit retardierter Entwicklung eher von der allgemeinen Sprachförderung“ (ebd., S. 154). Außerdem profitierten im sprachlichen Bereich die Kinder mit allgemeinem Entwicklungsrückstand stärker von der Sprachförderung als die normal entwickelten Kinder, was für einen kompensatorischen Effekt spricht (Kastner-Koller et al., 2004). Schöler, Hasselbach et al. (2005) berichten von erfolgreicher Förderung in Vorschulen der Stadt Mannheim mit dem Würzburger Trainingsprogramm und vor allem in der Kombination mit dem Sprachprogramm von Schlösser (2001). 80 Kinder wurden vor und nach der siebenmonatigen Förderperiode untersucht. Im Vergleich waren Leistungsverbesserungen beobachtbar und darüber hinaus verminderte sich die Anzahl der mit den eingesetzten Screenings ermittelten Risikokinder. Häuser und Jülisch (2003) geben ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung eines Förderprogramms in einer Kindertageseinrichtung in Kleingruppenarbeit. Es wurden 139 sprachauffällige Kinder (ohne Sprech- und Stimmstörungen sowie neurologische Beeinträchtigungen oder Intelligenzminderung) in zehn Einrichtungen in einem Förder-Warte-Gruppen-Design untersucht. Nach einer intensiven Förderung über drei Monate war ein deutlicher Rückgang der Zahl der sprachauffälligen Kinder zu verzeichnen (von 27 % auf 10 % Auffälligkeiten bzw. von 12 % auf 3 % starke Auffälligkeiten). Die umfangreiche Fortbildung des pädagogischen Personals bildete einen Hauptbestandteil der Umsetzung des Förderprogramms. Sie wirkte sich auch auf den Alltag in der Einrichtung aus. Das beispielhaft geprüfte Programm wird inzwischen im Land Brandenburg im letzten Kindergartenjahr für Kinder mit Förderbedarf verpflichtend eingesetzt (MBJS Brandenburg, 2010) und an der Freien Universität Berlin evaluiert. Einen Überblick über die in den verschiedenen Bundesländern durchgeführten Fördermaßnahmen gibt der Deutsche Bildungsserver (www.bildungsserver.de). An 110 2 Theoretischer Hintergrund dieser Stelle kann nicht auf alle eingegangen werden. Hervorzuheben sind jedoch die aktuellen, übergreifenden wissenschaftlichen Begleituntersuchungen des Programms „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg). Die Stiftung unterstützt seit 2003 in diesem Programm Kindertageseinrichtungen bei der Durchführung von Sprachförderung, die über den Kindergartenalltag hinaus geht und sich an Kinder mit unzureichenden Sprachkenntnissen (in Deutsch) richtet (vgl. A. Weber & Potnar, 2006). Das Programm hat das Ziel, „individuelle Lebenschancen von Kindern durch Unterstützung des Spracherwerbs – insbesondere der deutschen Sprache – im Vorschulalter zu verbessern“ (ebd., S. 2). An der Evaluationsstudie von Jeanette Roos und Hermann Schöler an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg nahmen 544 Kinder aus Mannheim und Heidelberg teil. Sie wurden zu Beginn und am Ende der Fördermaßnahme (2005/06) sowie am Ende der ersten und zweiten Grundschulklasse hinsichtlich ihrer sprachlichen bzw. schulischen Leistungen untersucht. 230 Kinder erhielten spezielle Sprachförderung nach einem von drei Programmen (Penner, Tracy, Kaltenbacher & Klages). Die übrigen Kinder, von denen 95 ebenfalls Sprachförderbedarf hatten, nahmen am regulären Kindergartenalltag teil. Es zeigten sich für alle Kinder die erwarteten Entwicklungsfortschritte im letzten Kindergartenjahr, jedoch keine Unterschiede im Zuwachs zwischen den verschiedenen Fördergruppen und gegenüber den unspezifisch im Kindergarten geförderten Kindern. Die förderbedürftigen Kinder erreichten „zu keinem Zeitpunkt das Leistungsniveau der Kinder ohne einen Förderbedarf“ (Roos, Polotzek & Schöler, 2010, S. 1). Damit blieb der erwartete Effekt für die zusätzliche Förderung durch geschulte Fachkräfte aus. Auch zwischen den drei Programmen gab es keine Unterschiede (vgl. auch Hofmann, Polotzek, Roos & Schöler, 2008; SchakibEkbatan et al., 2007). Differentiell zeigte sich jedoch, dass förderbedürftige Kinder im Zweitspracherwerb „einen höheren Leistungszuwachs in den sprachlichen Leistungen auf[wiesen] als förderbedürftige deutschsprachige Kinder“ (Roos et al., 2010, S. 68). Außerdem erwies sich die Intelligenz als wichtiger Indikator für die sprachlichen Lernprozesse: „Kinder mit mittlerer bis hoher Intelligenz sind leistungsmäßig in allen untersuchten Bereichen besser als Kinder mit geringerer Intelligenz – unabhängig von anderen Faktoren wie familiäre Sprachsituation, Sprachförderbedarf, Kindergarten- und Schulzugehörigkeit“ (Roos et al., 2010, S. 68). 111 2 Theoretischer Hintergrund Die Untersuchung an der Pädagogischen Hochschule Weingarten von Barbara Gasteiger-Klicpera, Werner Knapp und Diemut Kucharz bestand aus drei Teilstudien zur Umsetzung der Sprachförderung unter den Leitlinien der Baden-Württemberg Stiftung. In einer Längsschnittuntersuchung wurden 1 150 Kinder der zwei Jahrgänge 2005/06 und 2006/07 aus unterschiedlichen Regionen Baden-Württembergs über zwei Jahre untersucht: am Beginn und Ende der Sprachförderung sowie am Ende der ersten Grundschulklasse. Drei Viertel der teilnehmenden Kinder erhielt Sprachförderung im Rahmen des Programms der Stiftung, die in den verschiedenen Einrichtungen sehr unterschiedlich durchgeführt wurde. Die anderen Kinder nahmen am regulären Kindergartenalltag teil und wurden als Vergleichsgruppe einbezogen. Wie in der Heidelberger Studie verbesserten alle Kinder ihre sprachlichen Leistungen über den Förderzeitraum, und zwar unabhängig davon, ob sie an der speziellen Sprachförderung teilgenommen hatten oder nicht. Für den zweiten Jahrgang konnte teilweise (im Untertest Satzgedächtnis des SSV, Grimm, 2003b) ein leichter Effekt der Sprachförderung nachgewiesen werden. Für die späteren Leistungen im Lesen und Schreiben waren keine Effekte der Sprachförderung nachweisbar. Insgesamt erzielten jüngere Kinder ebenso wie förderbedürftige Kinder einen höheren Leistungszuwachs über die Zeit als ältere bzw. nicht förderbedürftige Kinder, allerdings unabhängig von der Teilnahme an der Sprachförderung. Dies gilt auch für mehrsprachig aufwachsende Kinder, die im Vergleich zu einsprachig deutschen Kindern einen größeren Leistungszuwachs erzielten (GasteigerKlicpera, Knapp & Kucharz, 2010; vgl. auch Gasteiger-Klicpera, Knapp, Kucharz, Patzelt & Vomhof, 2007a, b; Gasteiger-Klicpera, Patzelt, Knapp, Kucharz & Vomhof, 2007). Daran wird die große Bedeutung des Ausgangsniveaus deutlich. In der zweiten Teilstudie wurden Erzieherinnen und Eltern zur Sprachfördermaßnahme befragt, um Hinweise auf Hintergründe und Einstellungen der beteiligten Personen zu bekommen. 14 Leitfadeninterviews mit Erzieherinnen wurden im Sinne einer Typenbildung analysiert (vgl. Kucharz, Uemminghaus, Gasteiger-Klicpera & Knapp, 2009). Die dritte Teilstudie diente der Untersuchung der Prozessqualität der stattfindenden Sprachförderung. Dafür wurden 48 Sprachfördereinheiten videographiert und analysiert (vgl. Knapp et al., 2008; Ricart Brede, im Druck). Die Ergebnisse der Interview- und Videostudie helfen, die Befunde der Längsschnittuntersuchung zu deuten und Schlussfolgerungen für weitere Fördermaßnahmen abzuleiten. Genauere Informationen und Folgerungen sind im Abschlussbericht des Projektes nachzulesen (GasteigerKlicpera et al., 2010). 112 2 Theoretischer Hintergrund 2.3.5.3 Spezielle Fördereffekte Sprachliche Strukturen und phonologische Bewusstheit Der Fokus von Sprachförderung liegt teilweise auf einzelnen Bereichen der Sprache oder auf dem Training bestimmter Sprachstrukturen. Für solch spezifische Sprachförderung lassen sich einige Wirksamkeitsbelege finden. Beispielsweise zeigten Vasilyeva, Huttenlocher und Waterfall (2006) bei vierjährigen Kindern, dass sich durch ein spezifisch angereichertes Sprachangebot Passivkonstruktionen trainieren lassen. In zwei kleineren Interventionsstudien (Friedrich, 1993) wurde versucht, die verbale Verfügbarkeit der zwischenbegrifflichen semantischen Relationen zu fördern und damit gleichzeitig die sprachliche Strukturierung des kognitiven Wissens. Die relativ kurzzeitigen und spezifischen Trainings erwiesen sich als erfolgreich (Friedrich, 1993, S. 118ff.). Die Effektivität von Trainings zur phonologischen Bewusstheit ist vielfach nachgewiesen (Schneider & Marx, 2008; s. o.). Hindson et al. (2005) zeigen, dass Kindern im Vorschulalter mit einem Risiko für Leseschwierigkeiten durch vorschulische Förderung (phonologische Bewusstheit, strukturiertes Buchlesen) geholfen werden konnte, dem Anfangsunterricht entsprechende Leistungen zu erbringen. Sie benötigten allerdings mehr anhaltende Unterweisung als Nicht-Risiko-Kinder und erreichten dennoch nicht dasselbe Niveau. Untersucht wurden 169 Kinder, davon 101 Risiko-Kinder und 68 Nicht-Risiko-Kinder (Hindson et al., 2005). Hagtvet, B. (1993 zit. nach Limbird, 2007, S. 181) fand heraus, dass die Integration von sprachlich und phonetisch reichen Komponenten in das Kindergartencurriculum Risikokindern ein intensiveres Lernen ermöglicht als es ansonsten in der ersten Klasse zu erwarten wäre. Kognitive Fähigkeiten und Intelligenz Zu den zentralen Intentionen von Sprachförderung gehört auch die Intelligenzförderung (Schmidt-Denter, 2002). Für die „Arbeitsmappen zum Sprachtraining und zur Intelligenzförderung“ von Schüttler-Janikulla (1968) berichtet Schmidt-Denter (2002) allerdings unterschiedliche Befunde, so dass ihre Effektivität nicht grundsätzlich angenommen werden kann. Die Güte und Wirksamkeit muss auch deshalb in Frage gestellt werden, weil bis heute keine Neuauflage vorliegt. Dass durch Sprachtherapie ein Absinken der Intelligenz zu verhindern ist, erklärt Dannenbauer (2001) für Kinder mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen. D. h. er hält eine Prävention des Schereneffektes beim IQ durch Sprachtherapie für möglich (Leonard, 2000). Einen Beleg dafür liefert die Studie von Stark et al. (1984 zit. nach 113 2 Theoretischer Hintergrund Leonard, 2000). Es wurden SSES-Kinder im Alter von durchschnittlich 6;6 Jahren und erneut mit 10;3 Jahren getestet. Dazwischen lagen vier Jahre, in denen die Kinder an Sprachinterventionsprogrammen teilnahmen. Es wurde festgestellt, dass der verbale IQ der Kinder signifikant gestiegen und der nonverbale IQ nicht gesunken, sondern konstant geblieben war (Leonard, 2000, S. 132). Der Frage, ob sich auch durch die Förderung einer für den Spracherwerb grundlegenden kognitiven Fähigkeit positive Wirkungen erzielen lassen, ist Edeltrud Marx (2006) nachgegangen. Sie untersuchte, ob und wie sich Förderung des induktiven Denkens (Erkennen von Regelhaftigkeiten) auf Sprache und Intelligenz auswirkt. In ihrer Pilotstudie mit experimentellem Versuchs-Kontrollgruppen-Design fand sie Hinweise, dass der Grammatikerwerb sowohl durch Sprach- als auch durch Denktraining unterstützt werden kann. 18 Vorschulkinder wurden zufällig in drei Gruppen aufgeteilt: Sprachtraining, Denktraining und Kontrollgruppe. Die Prüfung der Sprachund Denkfähigkeiten der Kinder erfolgte vor und nach einer fünfwöchigen Trainingsphase sowie zwölf Wochen nach Ende des Trainings. Eingesetzt wurden vier Untertests aus dem H-S-E-T (Grimm & Schöler, 1998 bzw. 1978) (Syntax: Verstehen grammatischer Strukturen (VS), Morphologie: Bildung von Ableitungsmorphemen (AM) und Adjektivableitungen (AD), Semantik: Wortfindung (WF)) und die Untertests 3 bis 5 des CFT 1 (Cattell, Weiß & Osterland, 1997). Das für die Untersuchung konstruierte und erprobte allgemeine Sprachtraining war nach der dialogischen Technik des gemeinsamen Betrachtens von Bildern nach Whitehurst et al. (1988 zit. nach E. Marx, 2006) erstellt und modifiziert worden. Die dialogischen Bildbetrachtungen wurden durch systematische W-Fragen ergänzt. Das Denktraining für Kinder I von Klauer (1989 zit. nach E. Marx, 2006) dient der Förderung des induktiven Denkens, wobei die Methode des gelenkten Entdeckenlassens angewandt wird. Eine wichtige Rolle spielt die Strategie des Vergleichens. Die Trainingsstunden mit den Kindern erfolgten, wie die Tests, in Einzelsitzungen. Beide Trainingsarten wirkten sich kurzfristig auf die Leistungen in Syntax und Morphologie aus, langfristig noch stärker auf die Morphologie und vor allem auf die Semantik. Die beiden Trainingsgruppen unterschieden sich nicht voneinander, jedoch in Bezug auf die Kontrollgruppe. Zu bemerken ist allerdings, dass es langfristig keinen Einfluss auf das „Verstehen grammatischer Strukturen – VS“ und „Adjektivableitungen – AD“ gab. Die Effekte auf das induktive Denken waren vor allem durch den Vorteil der Denktrainingsgruppe gegenüber der Sprachtrainings- und der Kontrollgruppe gekennzeichnet. Das bedeutet, 114 2 Theoretischer Hintergrund dass sich das Sprachtraining positiv auf den Erwerb von Semantik und Morphologie auswirkte und darüber hinaus das Denktraining positive Effekte auf das induktive Denken hatte. E. Marx (2006) betont, dass induktives Denken zentral für den Spracherwerb ist. Ein sprachliches Training wirkt sich jedoch nur auf das induktive Denken im sprachlichen Bereich aus und wird nicht auf andere Arten induktiven Denkens übertragen. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Befunden der lang tradierten kognitiven Trainingsforschung (vgl. z. B. Hasselhorn, 1994 zit. nach Weinert, 2002), die laut Weinert (2002, S. 53) bestätigen, dass breite Transferwirkungen unspezifischer Trainingsprogramme nicht zu erwarten sind. Demzufolge können letztlich nur im geförderten Leistungsbereich Trainingserfolge erwartet werden. Folglich stehen sich zwei Positionen gegenüber: Einerseits wird die Möglichkeit eingeräumt, durch Sprachförderung auch „die Entwicklung der Intelligenz positiv zu beeinflussen“ (Schmidt-Denter, S. 746). Dabei ist jedoch nicht von einem generellen Effekt auszugehen, denn Moderatorvariablen, also Bedingungen, unter denen die Förderung stattfindet, haben eine große Bedeutung (Sander, 1978 zit. nach SchmidtDenter, 2002). Andererseits werden Trainingserfolge überwiegend spezifischen Programmen mit entsprechend spezifischer Leistungsprüfung zugeschrieben (vgl. Weinert, 2002). 115 3 Fragestellungen 3 Fragestellungen Die bisherigen Ausführungen lassen eine uneinheitliche Befundlage zur Frage des Zusammenhangs zwischen sprachlichen und nicht-sprachlichen Leistungen im Vorschulalter erkennen. Es wurden Beziehungen aufgezeigt, wie sie beim Erst- und Zweitspracherwerb sowie bei Störungen der Sprachentwicklung, im Rahmen von Diagnostik und Förderung zu verzeichnen sind – aus theoretischer Sicht und an empirischen Daten. Dabei wurde deutlich, dass es eine gegenseitige Beeinflussung von sprachlicher und kognitiver Entwicklung in verschiedenen Teilbereichen in unterschiedlichem Ausmaß gibt und dass sich die Zusammenhänge im Laufe der Entwicklung verändern können. Als besonders wesentlich für die empirisch gefundenen Zusammenhänge zwischen sprachlichen und kognitiven Leistungen erscheint, welche (Teil-)Kompetenz mit welcher Methode und in welchem Alter erfasst wird und ob Entwicklungsstörungen, z. B. Störungen der Sprachentwicklung, vorliegen oder ein mehrsprachiger Entwicklungskontext besteht. Untersuchungen, die konkret die Wechselwirkung zwischen Sprachkompetenz und nonverbaler Intelligenz im Vorschulalter über die Zeit untersuchen, sind jedoch nicht zu finden. Das Ziel der vorliegenden Studie ist daher, diese Wechselwirkung im Vorschulalter zu untersuchen. Zudem wird die Frage nach moderierenden Einflussgrößen gestellt. Dazu zählt in erster Linie die Teilnahme an der Sprachförderung, aber auch kindspezifische Merkmale, wie das Alter und das Aufwachsen im ein- oder mehrsprachigen Kontext. Es soll geprüft werden, inwieweit diese Merkmale die Kompetenzentwicklung und die Wechselwirkung zwischen Sprachkompetenz und Intelligenz moderierend beeinflussen. Die Fragestellungen und Hypothesen lauten im Einzelnen: 1. Wie hoch sind die Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz im Querschnitt? a) bei allen an der Untersuchung teilnehmenden Kindern aus der wissenschaftlichen Begleitung von „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg) an der Pädagogischen Hochschule Weingarten 116 3 Fragestellungen b) bei den untersuchten vier- und fünfjährigen Kindern im Vergleich c) bei den untersuchten ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern im Vergleich 2. Kann bestätigt werden, dass die Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz und allgemeiner Intelligenz höher ausfallen als die Zusammenhänge zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und Intelligenz? 3. Wie stabil sind allgemeine Sprachkompetenz, phonologisches Arbeitsgedächtnis und nonverbale Intelligenz über den Untersuchungszeitraum? 4. Bestehen stärkere phonologischem Wirkungen von Arbeitsgedächtnis allgemeiner auf die Sprachkompetenz und Intelligenzentwicklung oder umgekehrt von der Intelligenz auf die Sprachkompetenzentwicklung und phonologische Gedächtniskapazität im Längsschnitt über neun Monate? 5. Gibt es moderierende Einflüsse auf die Entwicklung der Kompetenzen in Sprache, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz sowie auf die Wirkungszusammenhänge zwischen sprachlicher Entwicklung und nonverbaler Intelligenzentwicklung durch a) die Teilnahme an Sprachförderung (Förder- und Vergleichskinder), b) das Alter (vier- und fünfjährige Kinder), c) Mehrsprachigkeit (ein- und mehrsprachig aufwachsende Kinder)? 6. Zeigen sich Zusammenhänge von Sprachkompetenz und Intelligenz im Leistungsvergleich von Extremgruppen? Das heißt: a) Unterscheiden sich Kinder mit extrem hoher bzw. extrem geringer nonverbaler Intelligenz in ihren sprachlichen Leistungen und der Leistungsentwicklung? und/oder b) Unterscheiden sich sprachlich auffällige und sprachlich unauffällig entwickelte Kinder in ihren Leistungen und der Leistungsentwicklung in der nonverbalen Intelligenz? 117 3 Fragestellungen 3.1 Zu Fragestellung 1: Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz Die erste Fragestellung bezieht sich auf die Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz im Querschnitt, sowohl bei allen an der Untersuchung teilnehmenden Kindern als auch im Vergleich bei vier- und fünfjährigen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern. Die Zusammenhänge zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und allgemeiner Sprachkompetenz dürften relativ hoch ausfallen. Belegt wurden in Studien mit Nachsprechaufgaben Korrelationen zwischen r = .35 und r = .58 (Grimm, 2001; Hasselhorn & Körner, 1997; Schöler & Brunner, 2007; Schöler, Guggenmoos et al., 2005; Schöler & Schäfer, 2004; vgl. Kap. 2.2.4.3). Zum Zusammenhang zwischen Sprach- und Intelligenzleistungen unter Verwendung allgemeiner Kompetenzmaße werden aufgrund bisheriger Studienergebnisse kleine bis mittlere Korrelationen für alle (Teil-)Stichproben erwartet. Zwar entwickeln sich Sprache und Kognition teilweise unabhängig voneinander (vgl. z. B. Weinert, 2000, 2003a, 2007), dennoch bestehen gleichzeitig starke gegenseitige Einflüsse (z. B. Bialystok, 2001; Szagun, 2006; Weinert, 2000; vgl. Kap. 2.1). Für die Zusammenhänge spricht, dass beim Spracherwerb kognitive Lernstrategien (Klassifizieren und Analogiebildung) als bedeutend angenommen werden (vgl. Szagun, 2006; Kap. 2.1.1.4). Sowohl der Grammatikerwerb als auch die Begriffsbildung erfolgen demnach über induktive Schlussfolgerungsprozesse und informationsverarbeitende Strategien des Klassifizierens und der Analogiebildung, die auch für nicht-linguistische Informationen zur Verfügung stehen (vgl. Clahsen, 1982; Oerter & Dreher, 2002; Szagun, 2006). Darüber hinaus ist Sprachkompetenz ein wesentlicher Teil von Intelligenz, wie in verschiedenen, empirisch begründeten Intelligenztheorien und Intelligenztests deutlich wird (vgl. Kap. 2.2). Durch nonverbale Diagnostik wird der verbale Teil der Intelligenz jedoch auszuschließen versucht. Es werden im Wesentlichen allgemeine kognitive Fähigkeiten erfasst. Diese dürften für die Sprachentwicklung und damit die Sprachkompetenz zwar von Bedeutung sein, jedoch in beschränktem Ausmaß, was sich in geringeren Korrelationen niederschlägt. Geringere Zusammenhänge zwischen Sprache und Intelligenz sind auch aufgrund der teilweise beobachteten Entwicklungsdissoziationen zu vermuten. Dazu gehören definitionsgemäß durchschnittliche Intelligenzleistungen bei Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen. Allerdings sind auch bei SSES kognitive Beeinträchtigungen zu beobachten. Obwohl die 118 3 Fragestellungen Intelligenz im Normalbereich liegt, sind spezifische kognitive Defizite zu verzeichnen und die Intelligenz ist durchschnittlich geringer als bei sprachlich unauffälligen Kindern (Fromm et al., 1998; Grimm, 2000a; Leonard, 2000; Weinert, 2000, 2005; vgl. Kap. 2.1.3). Auf geringere Korrelationen zwischen Sprach- und Intelligenzleistungen weisen weiterhin die Studien von Reber, Walkenfeld und Hernstadt (1991) und Krampen et al. (2002) hin (vgl. Kap. 2.2.5). 3.2 Zu Fragestellung 2: Unterschiede in den Korrelationen von sprachlichen Leistungen mit nonverbaler Intelligenz In Fragestellung 2 interessiert, ob die Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz und allgemeiner Intelligenz höher ausfallen als die Zusammenhänge zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und Intelligenz. Es besteht die Annahme, dass für unterschiedliche sprachliche Kompetenzbereiche die Zusammenhänge mit der Intelligenz verschieden sind. Die Korrelation zwischen allgemeiner Sprachkompetenz und nonverbaler Intelligenz sollte stärker ausfallen als zwischen phonologischem Gedächtnis und nonverbaler Intelligenz, denn für die Leistungen in der allgemeinen Sprachkompetenz, wie sie beispielsweise mit dem Nachsprechen von Sätzen erfasst wird, sind in besonderem Maße allgemeine kognitive Fähigkeiten nötig. Dies wurde z. B. von Schöler, Guggenmoos et al. (2005) und Bockmann (2007) empirisch bestätigt. Auch Kany und Schöler (1998) weisen darauf hin, dass SSES-Kinder Probleme beim Nachsprechen von Sätzen haben, die auf kognitive und nicht auf sprachspezifische Prozesse zurückgehen (vgl. Kap. 2.2.4). Eine intelligenztheoretische Begründung liefert weiterhin das Berliner Intelligenzstrukturmodell: Die Anforderungen in Matrizenaufgaben, wie denen der CPM, und beim Nachsprechen von Sätzen überschneiden sich darin, dass Verarbeitungskapazität benötigt wird, die beim Nachsprechen von Kunstwörtern weniger nötig ist (vgl. Kap. 2.2.2.6). 3.3 Zur Bedeutung des Alters für die Zusammenhangsmuster Das Alter spielt eine wichtige Rolle für die sprachliche und die kognitive Entwicklung. In unterschiedlichen Entwicklungsphasen verläuft der Kompetenzzuwachs in den einzelnen Bereichen mehr oder weniger schnell. Dadurch kann es zu einem Vorsprung im einen oder anderen Bereich kommen. Teilweise verläuft die Entwicklung natürlich auch parallel. Es soll geprüft werden, ob sich ein allgemeiner Trend bei vier- und fünfjährigen Kindern abzeichnet, der auf eine Zu- oder Abnahme der Entwicklungsparallelität hindeutet. Aus der bisherigen Literatur lassen sich Argumente für beide 119 3 Fragestellungen Richtungen finden. Weinert (2006) weist auf alterstypische Verschiebungen in den Beziehungen zwischen Sprache und Kognition hin: Zunächst können kognitive Funktionen den Spracherwerb unterstützen, während später das sprachliche Wissen an Bedeutung gewinnt. Dies spricht für eine zunehmende Unabhängigkeit und damit abnehmende Korrelationen. Die Daten von Gathercole et al. (1992) bestätigen diese Annahme. Andererseits nimmt mit wachsender Sprachkompetenz der Einfluss auf das Denken zu (Funke, 2005). Die innere Beteiligung von Sprache an kognitiven Prozessen wird mit zunehmendem Alter wichtiger (Dannenbauer, 2001). U. a. wird die selbstregulierende Funktion von Sprache mit der Zeit stärker genutzt (Weinert, 2000, 2006, 2007). Außerdem kann sprachliches Lernen zunehmend kognitiv-reflexiv erfolgen, so dass anzunehmen ist, dass die Zusammenhänge mit dem Alter stärker werden (vgl. Kap. 2.1.4). 3.4 Zur Bedeutung von Mehrsprachigkeit für die Zusammenhangsmuster Eine weitere wichtige Einflussgröße für die Entwicklung von Kindern ist das Aufwachsen mit einer, zwei oder mehreren Sprachen. Ein- und mehrsprachig aufwachsende Kinder unterscheiden sich aber nicht nur in der Anzahl der Sprachen, mit denen sie aufwachsen, sondern auch durch den kulturellen Hintergrund. Obwohl viele Kinder mit Migrationshintergrund bereits in Deutschland geboren sind, prägt die Kultur der Eltern stark die Entwicklung. Außerdem ist laut Bialystok (2001) die Beherrschung von zwei Sprachen für Veränderungen in der Kognition verantwortlich. Zahlreiche Studien belegen, dass Kinder mit Migrationshintergrund geringere schulische, vor allem sprachliche Leistungen erbringen (z. B. Bos et al., 2003, 2007; Deutsches PISA-Konsortium, 2001, 2004, 2007; Dubowy et al., 2008; Niklas et al., 2010; Patzelt, 2003; Schöler et al., 2004). Dabei spielt die soziale Schicht allerdings eine wesentliche Rolle, denn viele Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland stammen aus eher bildungsfernen Familien und verfügen über vergleichsweise geringe ökonomische Ressourcen. Es soll geprüft werden, inwieweit über den Zusammenhang von Mehrsprachigkeit bzw. Migrationshintergrund mit den Leistungen in Sprache und Kognition hinaus, Unterschiede in der Beziehung zwischen Sprache und Intelligenz bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern zu verzeichnen sind. Unter der Annahme, dass bei Mehrsprachigkeit die Kompetenz in der deutschen Sprache stärker von anderen Faktoren – wie der Qualität und Quantität des Inputs – als von allgemeinen kognitiven Fähigkeiten abhängt (vgl. Kap. 2.1.2), dürften die Korrelationen zwischen allgemeiner 120 3 Fragestellungen Sprachkompetenz und Intelligenz für mehrsprachig aufwachsende Kinder geringer ausfallen als für Kinder, die einsprachig Deutsch aufwachsen. Die Untersuchung von Murphy (1990) belegt höhere Korrelationen für monolinguale als für bilinguale Kinder zwischen Leistungen im WISC-R (verbale und nonverbale Aufgaben) und Leistungen in den CPM (nonverbale Aufgaben) (vgl. Kap. 2.1.2.5). Auch Limbird (2007) fand höhere Korrelationen zwischen Sprachfähigkeiten und der nonverbalen Intelligenz bei monolingualen als bei bilingualen Grundschulkindern (um r = .40 bzw. r = .30, Unterschied jedoch nicht signifikant). Andererseits sind höhere Korrelationen bei den mehrsprachigen Kindern zu erwarten, da die Varianz in der Sprachkompetenz vermutlich größer ist. Demzufolge wird keine gerichtete Hypothese für den Zusammenhang zwischen allgemeiner Sprachkompetenz und nonverbaler Intelligenz aufgestellt. Für die Zusammenhänge zwischen nonverbaler Intelligenz und dem phonologischen Gedächtnis werden keine Unterschiede zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern angenommen, denn die Sensibilität für sprachliche Muster ist relativ sprachunabhängig (vgl. Schöler & Brunner, 2007; Schöler & Schäfer, 2004; Weinert, 2006; Kap. 2.2.4) 3.5 Zu Fragestellung 3: Stabilität der Leistungsmaße In Fragestellung 3 geht es um die Stabilität von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz über den Untersuchungszeitraum. Sprache und Intelligenz sind bereits im Kindesalter relativ stabile Merkmale. Die Stabilität nimmt mit dem Alter tendenziell zu (vgl. Kap. 2.2.4 und 2.2.6). Intelligenz gilt als eines der stabilsten Persönlichkeitsmerkmale (vgl. z. B. Bjorklund & Schneider, 2006; Holling et al., 2004; Koglin et al., 2009). Nach Schneider et al. (1999) haben Intelligenzmessungen ab einem Alter von etwa drei Jahren eine ausreichende Vorhersagekraft für spätere Leistungen. Gathercole et al. (1992) fanden bei Kindern, die sie im Alter von vier, fünf, sechs und acht Jahren untersuchten, Stabilitäten von r = .50 bis r = .64. Weinert, Ebert und Dubowy (2010) berichten eine Stabilität von r = .49 für nonverbale Fähigkeiten (SON-R) über zwei Jahre, bei den mit drei und fünf Jahren untersuchten Kindern. Für Kinder, die mit sechs und sieben Jahren getestet wurden, fanden Koglin et al. (2009) eine Stabilität von r = .67. Für die CPM berichten Bulheller und Häcker (2002) lediglich steigende Retest-Reliabilitäten mit dem Alter der Kinder und für Testwiederholungen im Abstand von ein bis zwei Wochen. Die 121 3 Fragestellungen Werte liegen zwischen r = .86 und r = .90. Über einen Untersuchungszeitraum von neun Monaten fallen sie mit Sicherheit geringer aus, und zwar vor dem Hintergrund der zuvor berichteten Stabilitätswerte über ein bis zwei Jahre und weil in diesem Alter Veränderungen der Intelligenz noch gut möglich sind. Auch Förderung (z. B. in der Kindertageseinrichtung) beeinflusst die Intelligenz (vgl. Kap. 2.2.6 und 2.3.4). Darüber hinaus wird über die Sprachkompetenz das Instruktionsverständnis gesteigert, was sich wiederum auf die Leistung in Intelligenztests auswirken kann. Insofern wird eine hohe, jedoch keine sehr hohe Stabilität der Intelligenz erwartet. Sprachkompetenz ist ebenfalls ein sehr stabiles Merkmal, wie verschiedene Studien zeigen. Niklas et al. (2010) berichten sehr hohe Stabilitäten der Sprachkompetenz (insbesondere Nachsprechen von Sätzen) bei 610 Kindern über die letzten eineinhalb Jahre vor der Einschulung (r = .84 und darüber). In der Untersuchung von Weinert et al. (2010) erwiesen sich die sprachlichen Kompetenzen (Untertests aus SETK 3-5, K-ABC und PPVT) über zwei Jahre Kindergartenbesuch ebenfalls als sehr stabil mit r = .75. Bockmann (2007) fand für das Satzgedächtnis (SG aus SETK 3-5) zwischen vier und fünf Jahren eine Korrelation von r = .60 und zwischen fünf und knapp acht Jahren von r = .54. Durch Förderung im Kindergarten und durch spezielle Maßnahmen sollten Kompetenzen in besonderem Ausmaß gesteigert werden. Dies dürfte die Stabilitätswerte mindern. Dennoch wird über den Zeitraum von neun Monaten eine relativ hohe Stabilität erwartet. Für das phonologische Arbeitsgedächtnis wird eine substanzielle, aber geringere Stabilität angenommen. Gedächtnisfähigkeiten verändern sich im Kindesalter noch stark. Weinert et al. (2010) belegen beispielsweise die abnehmende Varianz im verbalen Arbeitsgedächtnis (PGN aus SETK und Zahlennachsprechen aus K-ABC) während des Kindergartenalters. Die Stabilität betrug r = .50. Außerdem ist zu beachten, dass beim Nachsprechen von Kunstwörtern die Aussprachefähigkeit einfließt, die gerade bei jungen Kindern nicht unbedingt ihre phonologischen Gedächtniskompetenzen widerspiegelt. 3.6 Zu Fragestellung 4: Interdependenzen zwischen den Leistungsmaßen Fragestellung 4 bezieht sich auf die Interdependenzen zwischen allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz im Entwicklungsverlauf. Die Frage ist, ob stärkere Wirkungen von allgemeiner Sprachkompetenz und phonologischem Gedächtnis auf die Intelligenzentwicklung bestehen 122 3 Fragestellungen oder umgekehrt von der Intelligenz auf die Sprachkompetenzentwicklung und phonologische Gedächtniskapazität im Längsschnitt über neun Monate (von Zeitpunkt t1 am Beginn der Untersuchung zu Zeitpunkt t2 am Ende des Untersuchungszeitraumes). Abbildung 2 verdeutlicht die Frage graphisch. nonverbale Intelligenz t1 phonol. Gedächtnis t1 allg. Sprachkompetenz t1 nonverbale Intelligenz t2 phonol. Gedächtnis t2 allg. Sprachkompetenz t2 Abbildung 2: Modell der zuprüfenden Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz Die empirische Befundlage gibt Hinweise für beide Richtungen. Überwiegend scheint jedoch die Sprachkompetenz bedeutsamer für die Intelligenzentwicklung zu sein als umgekehrt (vgl. insbesondere Kap. 2.1.3.6 und 2.2.5). Laut Wode (1988) ist Intelligenz eine von mehreren Voraussetzungen für das Sprachlernen. Auch Roos et al. (2010) weisen auf die Bedeutung der (nonverbalen) Intelligenz für die Prozesse des Sprachlernens hin. Schiffer, Ennemoser und Schneider (2002) fanden dementsprechend bei intelligenteren Vor- und Grundschulkindern deutlichere Leistungszuwächse in der allgemeinen Sprachentwicklung als bei Kindern mit geringerer Intelligenz. Für Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen wurde der prognostische Wert der nonverbalen Intelligenz für die Sprachentwicklung mehrfach belegt (Amorosa et al., 1990 und Dale et al., 2003 zit. nach Sachse, 2007; Oliver et al., 2004; Weindrich et al., 2000). Nach den Ergebnissen dieser Studien scheint die Intelligenz kompensatorisch zu wirken. Demgegenüber stehen jedoch zahlreiche Studien, die in der Entwicklung einen abnehmenden IQ bei Kindern mit Störungen der Sprachentwicklung belegen (vgl. Dannenbauer, 2001; Leonard, 2000; Ritterfeld, 2004a; Schöler, Braun & Keilmann, 2003 bzw. Keilmann, Braun & Schöler, 2005; Schöler & Spohn, 1998; Weinert, 2005). Dies spricht dafür, dass sich eher die Sprachkompetenz auf die Intelligenz auswirkt. Die Bedeutung der Sprachkompetenz für die Intelligenzentwicklung zeigen auch die Studien 123 3 Fragestellungen von Friedrich (1991, 1993) und Daseking et al. (2008). Lockl, Schwarz und Schneider (2004) wiesen den positiven Einfluss der Sprachkompetenz auf die Entwicklung der Theory of Mind bei Kindergartenkindern nach, der umgekehrt nicht bestand. 3.7 Zu Fragestellung 5: Moderierende Einflüsse auf die Interdependenzen In der fünften Fragestellung interessieren moderierende Einflüsse auf die Entwicklung von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz sowie auf die Wirkungszusammenhänge zwischen diesen drei Kompetenzbereichen über die Zeit. Die Frage ist, ob die Teilnahme an der Sprachförderung, das Alter der Kinder oder das Aufwachsen mit mehr als einer Sprache Auswirkungen auf die sprachliche und kognitive Entwicklung im Vorschulalter hat. Sprachförderung Sprachförderung zielt darauf ab, die Sprachentwicklung zu fördern. Studien zur Wirksamkeit von Sprachfördermaßnahmen und Sprachtrainings aus der angloamerikanischen (vgl. Bishop & Leonard, 2001; Buschmann & Jooss, 2007; Leonard, 2000; Weinert & Lockl, 2008) und der hiesigen Literatur (z. B. Friedrich, 1991, 1993; Gasteiger-Klicpera et al., 2010; Häuser & Jülisch, 2003; Kastner-Koller et al., 2004; E. Marx, 2006; Roos et al., 2007; Roos, Polotzek & Schöler, 2010; Schöler, Hasselbach et al., 2005; Weber et al., 2007) liefern unterschiedliche Ergebnisse, die aufgrund diverser Untersuchungsmängel jedoch keine allgemeine Schlussfolgerung zulassen (vgl. Kap. 2.3). Dennoch soll zunächst ein positiver Einfluss von Sprachförderung auf die Entwicklung der sprachlichen Kompetenzen angenommen werden. Einschränkend muss allerdings hinzugefügt werden, dass die bisherigen, varianzanalytischen Befunde zur Effektivität der Maßnahmen im Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ eher darauf hin deuten, dass keine oder kaum bedeutende Einflüsse bestehen (Gasteiger-Klicpera et al., 2010; Roos et al., 2010). Die Intelligenzentwicklung sollte ebenfalls, wenn auch geringer als die Sprache, durch die Sprachförderung positiv beeinflusst werden (Schmidt-Denter, 2002). Gerade in jungen Jahren ist die Intelligenz noch veränderbar (vgl. Bjorklund & Schneider, 2006; Kap. 2.2.6). Außerdem dürfte die soziale Interaktion in der Sprachförderung nicht nur die sprachliche, sondern auch die kognitive Entwicklung erleichtern (z. B. Bearison 1982, Bornstein & Bruner 1989, Light 1983, Murray 1983, alle zit. nach Garton, 1992; Tomasello, 2006). 124 3 Fragestellungen Insbesondere für Kinder mit SSES wird darauf verwiesen, dass über eine Verbesserung der sprachlichen Kompetenzen positive Konsequenzen für die Entwicklung der allgemeinen kognitiven Leistungsfähigkeit möglich sind und dadurch einer drohenden Lernbehinderung entgegengewirkt werden kann (vgl. Dannenbauer, 2001; Grimm, 2003a; Schöler & Spohn, 1998; Weinert, 2005). Wenn sich nun Sprachkompetenz auf die Intelligenzentwicklung günstig auswirkt und die Sprachentwicklung durch Sprachförderung positiv beeinflusst wird, sollten auch Auswirkungen auf die Intelligenz bestehen. Demzufolge wird ein positiver Einfluss der Sprachförderung auf die Intelligenzentwicklung angenommen. Dieser dürfte allerdings wesentlich geringer ausfallen als für die Sprachkompetenz. Ob die Sprachförderung darüber hinaus das Beziehungsgefüge von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und Intelligenz zu verändern vermag, bleibt vor dem Hintergrund der bisherigen Ergebnisse fraglich. Das Alter der Kinder Das Alter der Kinder dürfte von Bedeutung für das Beziehungsgefüge sein, weil zu unterschiedlichen Entwicklungszeitpunkten sprachliche und kognitive Fähigkeiten bedeutsamer für die Entwicklung im einen oder anderen Bereich sein können (vgl. Weinert, 2006). Für Fragestellung 1b wurde bereits erläutert, dass sich sowohl abnehmende als auch zunehmende Korrelationen begründen lassen. Mehrsprachigkeit Bei Mehrsprachigkeit wurde ein geringerer Zusammenhang zwischen Sprache und Intelligenz vermutet. Deshalb werden auch für die Wechselwirkung geringere gegenseitige Einflüsse angenommen. Die Sprachkompetenz im Deutschen dürfte kaum Auswirkungen auf die nonverbale Intelligenz haben. Möglicherweise hat die Intelligenz sogar eher Bedeutung für die Entwicklung der Sprachkompetenz im Deutschen, weil kognitive Fähigkeiten das Sprachlernen erleichtern. Aufgrund der mangelnden oder uneindeutigen Befundlage wird die Fragestellung 5 ohne Vorannahmen explorativ analysiert. 125 3 Fragestellungen 3.8 Zu Fragestellung 6: Extremgruppenvergleich Mit Fragestellung 6 sollen die Zusammenhänge zwischen sprachlichen Kompetenzen und Intelligenz durch den Vergleich von Leistungsextremgruppen geprüft werden. Es werden Extremgruppen gewählt, weil gerade hier Dissoziationen und Zusammenhänge zwischen Kompetenzbereichen deutlich hervortreten. Extremgruppen Intelligenz Es wird angenommen, dass Kinder mit hoher nonverbaler Intelligenz höhere sprachliche Leistungen erbringen als Kinder mit geringer nonverbaler Intelligenz. Außerdem dürfte sich hohe Intelligenz positiv auf die weitere sprachliche Entwicklung der Kinder auswirken, d. h. ihre sprachlichen Leistungen dürften stärker zunehmen als jene der weniger intelligenten Kinder. Anhaltspunkte für diese Annahme liefert z. B. die Studie von Schiffer et al. (2002). Die Forschergruppe fand in einer Normalstichprobe deutscher Vor- und Grundschulkinder, dass die Sprachkompetenz bei intelligenteren Kindern deutlicher zunahm als bei den weniger intelligenten Kindern. Extremgruppen Sprache Für sprachauffällige Kinder werden im Vergleich zu sprachlich unauffällig entwickelten Kindern geringere Intelligenzleistungen und ein reduzierter Leistungszuwachs angenommen, denn für Kinder mit Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen wurden mehrfach geringere Intelligenzleistungen als in Normalstichproben belegt (Fromm et al., 1998; Grimm, 2000a; Leonard, 2000; Weinert, 2000, 2005; vgl. Kap. 2.1.3). Alle Fragestellungen werden anhand der Daten des wissenschaftlichen Begleitprojektes zum Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der BadenWürttemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg) an der Pädagogischen Hochschule Weingarten untersucht. Die allgemeinen Ergebnisse des Projektes zum Erfolg der Sprachfördermaßnahme wurden von Gasteiger-Klicpera et al. (2007a, b, 2008, 2010) berichtet und in Kap. 2.3.5.2 zusammengefasst. 126 4 Methode 4 Methode 4.1 Die Studie der wissenschaftlichen Begleitung des Programms „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg) an der Pädagogischen Hochschule Weingarten 4.1.1 Das Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ Damit in Kindertageseinrichtungen intensive Sprachförderung für Kinder mit nicht altersgemäßen Kenntnissen in der deutschen Sprache stattfinden kann, rief die Landesstiftung Baden-Württemberg (heute Baden-Württemberg Stiftung) im Jahr 2003 das Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ ins Leben. Zahlreiche Einrichtungen unterschiedlicher Träger erhielten finanzielle Unterstützung. Bis zum Ende des Kindergartenjahres 2009/2010 stellte die Stiftung 39 Millionen Euro zur Verfügung und konnte damit 90 000 Kinder in über 2 000 Einrichtungen erreichen (Landesstiftung, 2010). Die formalen Richtlinien für die Teilnahme waren vor allem organisatorischer Art. Aufgrund des Selbstverständnisses als dynamisch-lernendes Projekt wurden die Richtlinien von Jahr zu Jahr verändert. Für den Jahrgang 2005/06 – den Beginn der wissenschaftlichen Begleitung – galt, dass alle förderbedürftigen Kinder im letzten oder vorletzten Jahr vor der Einschulung teilnehmen konnten. Ausgeschlossen waren Kinder, die ausschließlich eine medizinisch und/oder logopädisch begründete Sprech- oder Sprachentwicklungsstörung aufwiesen. Die Fördergruppe musste am Ende des Förderjahres noch mindestens sechs förderbedürftige Kinder umfassen, weshalb meistens mit mindestens acht Kindern begonnen wurde. Zahlreiche Gruppen waren jedoch noch größer, auch um alle förderbedürftigen Kinder unterzubringen. Die Arbeit in Teilgruppen war nicht gestattet, denn jedes Kind sollte mindestens 120 Zeitstunden Förderung erhalten. Das sind über das Jahr verteilt mindestens vier Stunden pro Woche. Die Förderung musste von einer qualifizierten Fachkraft durchgeführt und dokumentiert werden. Die Qualifikation der Fachkraft war nicht näher festgeschrieben. Es waren meistens Erzieherinnen mit unterschiedlicher Weiterbildung zum Thema Sprachförderung. Zu Form und Inhalten der Förderung gab es nur minimale Vorgaben in Form von inhaltlichen Leitsätzen sowie die Festlegung auf die Zielsprache Deutsch. Aufgrund einer Sprachstandserhebung war der Förderbedarf für jedes Kind festzustellen und ein Förderplan zu erarbeiten. Für die Sprachstandserhebung konnten die Erzieherinnen auf folgende Verfahren zurückgreifen: HAVAS-5 (Reich & Roth, 127 4 Methode 2003), BISC (Jansen, Mannhaupt, H. Marx & Skowronek, 1999), Breuer-Weuffen (Breuer & Weuffen, 2000), HASE (Brunner & Schöler, 2001/02), SETK 3-5 (Grimm, 2001), SISMIK (Mayr & Ulich, 2002) sowie eine methodisch angelegte Beobachtung mit Beobachtungsbögen. Diese sehr unterschiedlichen Verfahren, von normierten Tests bis zu reinen Beobachtungsinstrumenten, ließen den Erzieherinnen Spielraum bei der Empfehlung zur Sprachförderung. So konnten bei der Auswahl der Kinder verschiedene Kriterien beachtet werden, beispielsweise das familiäre Umfeld, der Migrationshintergrund oder andere Entwicklungsauffälligkeiten unabhängig von Sprachdefiziten. Nicht allein der Sprachstand war entscheidend. Das zeigt sich daran, dass auch nicht sprachlich auffällige Kinder an der Sprachförderung teilnahmen (vgl. die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung in Gasteiger-Klicpera et al., 2007b). Die sprachliche Förderbedürftigkeit der Kinder hat unterschiedliche Ursachen. Sie ist zum Teil im Migrationshintergrund der Familie begründet, wenn die Kinder mit einer anderen Erstsprache aufwachsen und teilweise erst im Kindergarten mit Deutsch als Kommunikationssprache konfrontiert werden. Bei einem Teil der Kinder liegen Sprachentwicklungsverzögerungen oder eine Spezifische Sprachentwicklungsstörung vor. Ein ungünstiges soziales Milieu kann ebenso Grund einer nicht altersgemäßen Sprachentwicklung sein. Eine Rolle können auch medizinische Ursachen, wie ein mangelndes Hörvermögen, spielen. Zwischen den verschiedenen Faktoren gibt es zudem häufig Überschneidungen (vgl. Gasteiger-Klicpera et al., 2007). 4.1.2 Die wissenschaftliche Begleitung an der PH Weingarten Zur Prüfung der kurz- und längerfristigen Auswirkungen der Sprachfördermaßnahmen wurde eine kontrollierte Längsschnittuntersuchung im Kohortensequenzdesign durchgeführt. Dafür wurden 1 150 Kinder aus den Sprachförderjahrgängen 2005/2006 und 2006/2007 in Kindertageseinrichtungen des Landes Baden-Württemberg zu drei Zeitpunkten untersucht: am Beginn der Fördermaßnahme, am Ende der Fördermaßnahme und am Ende des ersten Schuljahres. Ein Teil dieser Kinder nahm an der Sprachfördermaßnahme teil – die sogenannten Förderkinder. Ein weiterer, kleinerer Teil der Kinder, die dieselben Einrichtungen besuchten und nicht an der Sprachförderung der Stiftung teilnahmen, wurde als Vergleichsgruppe einbezogen. Für die Teilnahme der Kinder an der wissenschaftlichen Begleituntersuchung lag das Einverständnis der Eltern vor. 128 4 Methode Die Auswahl der Kindertageseinrichtungen für die Evaluationsstudie aus allen am Programm der Baden-Württemberg Stiftung teilnehmenden Einrichtungen erfolgte nach folgenden Gesichtspunkten: - Region (z. T. soziales Einzugsgebiet) - Träger (kommunal, katholisch, evangelisch, sonstig) - Anzahl der Förderkinder und -gruppen Es handelt sich um eine stratifizierte Klumpenstichprobe. Bezüglich der Regionen wurden drei strukturelle Schwerpunkte gesetzt: Großstadt (> 100 000 Einwohner), Kleinstadt bis mittelgroße Stadt (10 000 - 50 000 Einwohner) und ländliche Orte (< 5 000 Einwohner). Jeder dieser Schwerpunkte sollte zu etwa einem Drittel in der Stichprobe vertreten sein, da dies am ehesten der Bevölkerungsverteilung in Baden-Württemberg entspricht. Echte Repräsentativität war in dieser Studie weder angezielt noch zu gewährleisten. Einbezogen wurden letztlich eine Großstadt, drei mittelgroße bzw. Kleinstädte und kleinere Ortschaften in vier ländlichen Regionen. Das soziale Einzugsgebiet (sozialer Brennpunkt oder nicht) wurde vor allem in der Großstadt, aber auch in den mittelgroßen Städten beachtet. Die Auswahl erfolgte aus allen am Programm der Stiftung teilnehmenden Einrichtungen repräsentativ für die jeweilige Stadt. Die Trägerschaft der Kindergärten fand in sofern Beachtung, als in jedem Ort eine repräsentative Stichprobe der teilnehmenden Kindertageseinrichtungen berücksichtigt wurde. Folgende Träger wurden unterschieden: Stadt bzw. Gemeinde, katholischer, evangelischer und anderer/freier Träger. Die Anzahl der Förderkinder und -gruppen war lediglich in Bezug auf die Größe der jeweiligen Regionenstichprobe zu beachten. Die gewählten Einrichtungen wurden im September 2005 bzw. 2006 angeschrieben und auf den Besuch einer Mitarbeiterin der PH Weingarten vorbereitet. Gleichzeitig wurden die Erzieherinnen um aktive Unterstützung gebeten. Sie wurden um allgemeine Informationen über die Förderkinder (Geschlecht, Geburtsdatum, Erstsprache) ersucht und in die Rekrutierung der Vergleichsgruppe involviert. Die Erzieherinnen wurden gebeten, denjenigen Eltern einen Informationsbrief mit Einverständniserklärung mitzugeben, deren Kinder zwischen 4;0 und 5;11 Jahre alt waren, nicht an der Sprachförderung der Stiftung teilnahmen, aber eine sprachliche Unterstützung benötigt hätten. Außerdem sollten sie darauf achten, dass sowohl Kinder mit der Erstsprache Deutsch als auch Kinder mit einer anderen Erstsprache einbezogen 129 4 Methode wurden. Die unterschriebenen Einverständniserklärungen hielten die Erzieherinnen für die Projektmitarbeiterinnen zum Untersuchungstermin bereit. In der ersten Erhebungsphase von September bis November 2005 wurden zunächst alle Förderkinder und alle Vergleichskinder, für die das Einverständnis der Eltern vorlag, in den jeweiligen Einrichtungen untersucht. Später erfolgte eine Korrektur der Vergleichsgruppe. Herausgenommen wurden Kinder unter 3;10 Jahren, da sie jünger als die Förderkinder waren. Weiterhin wurden einige Kinder ausgeschlossen, deren Sprachstand über dem Durchschnitt lag und die Quote für die vorgesehene Vergleichsgruppe (3:8) bereits erfüllt war. Echte Parallelität der Stichproben von Förder- und Vergleichskindern war insgesamt nicht zu erreichen. Die Vergleichskinder wuchsen häufiger einsprachig Deutsch auf und hatten durchschnittlich bessere sprachliche Leistungen (s. u.). Außerdem kamen sie aus einem günstigeren sozialen Umfeld (Gasteiger-Klicpera et al., 2010). Eine Differenzierung diagnostischer Untergruppen von Förderkindern war aufgrund der Konzeption des wissenschaftlichen Begleitprojektes an der PH Weingarten mit den eingeschränkten Diagnosemöglichkeiten nicht erreichbar. Aufgrund dieser Einschränkungen durch die Gegebenheiten handelt es sich um ein quasi-experimentelles Design. Des Weiteren ist anzumerken, dass es sich nicht um eine repräsentative Stichprobe von Vorschulkindern in Deutschland oder Baden-Württemberg handelt, sondern um eine Stichprobe, die zur Evaluation der Sprachfördermaßnahmen annähernd repräsentativ ausgewählt wurde. 4.2 Erhebungsinstrumente In der Studie wurde das Sprachscreening für das Vorschulalter – SSV (Grimm, 2003) zur Prüfung der allgemeinen Sprachkompetenz und des phonologischen Arbeitsgedächtnisses eingesetzt. Die Erfassung der Intelligenz erfolgte mit den Coloured Progressive Matrices – CPM von Raven (Bulheller & Häcker, 2002). Weiterhin wurde ein Elternfragebogen eingesetzt. Für die gesamte wissenschaftliche Begleituntersuchung kamen weitere Instrumente zur Anwendung. Auf deren Darstellung wird verzichtet, da sie nicht der Beantwortung der Fragestellungen der vorliegenden Studie dienen. 4.2.1 Sprachscreening für das Vorschulalter – SSV Das Sprachscreening für das Vorschulalter (Grimm, 2003) versteht sich als Kurzform des SETK 3-5 (Grimm, 2001). Es liegt in zwei Versionen vor, eine für dreijährige und eine für vier- und fünfjährige Kinder. Aufgrund des Alters der teilnehmenden Kinder 130 4 Methode kam in der vorliegenden Untersuchung nur die Version für vier- und fünfjährige Kinder zur Anwendung. Dementsprechend wurden die zwei Untertests Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) und Satzgedächtnis (SG) durchgeführt. Auf den bedeutenden Stellenwert dieser Aufgaben in der Sprachentwicklungsdiagnostik wurde in Kapitel 2.2.4 ausführlich eingegangen. Es sind jene, „die empirisch nachgewiesen am besten geeignet sind, die allgemeine Sprachkompetenz der Kinder zu repräsentieren“ (Grimm et al., 2004). Beim Untertest Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) werden dem Kind 18 Nichtwörter aus zwei bis fünf Silben vorgesprochen, die es unmittelbar reproduzieren soll. Die Wortähnlichkeit dieser Unsinnswörter variiert (z. B. Defsal, Pristobierichkeit). Für jedes korrekt nachgesprochene Wort wird ein Punkt vergeben. Der Untertest misst die Fähigkeit, neue Lautmuster im phonologischen Gedächtnis zu repräsentieren. „Diese zentrale auditive Fähigkeit beeinflusst entscheidend den Wortschatzerwerb in der Muttersprache und in Fremdsprachen sowie den Erwerb formalstruktureller Regelmäßigkeiten“ (Grimm, 2003, S. 16). Die an der Normstichprobe ermittelte interne Konsistenz (Reliabilität) beträgt r = .73 (Grimm, 2001). Die Aufgabe beim Satzgedächtnis (SG) besteht darin, vorgesprochene Sätze aus sechs bis zehn Wörtern korrekt wiederzugeben. Zuerst sind dies sinnvolle Sätze, wie: „Die Maus wird von der Katze gejagt.“ Im zweiten Teil sind die Sätze rein syntaktischmorphologisch korrekt gebildet, z. B.: „Bevor der Goldfisch hinfällt, frisst er aus dem Fenster.“ Mit der Länge der Sätze ist eine Steigerung der grammatikalischen Komplexität verbunden. Die Ermittlung des Leistungsstandes erfolgt über die Zählung der morphologisch korrekt nachgesprochenen Wörter. Die Höchstpunktzahl beträgt 119 (Grimm, 2001). Mit dem Untertest Satzgedächtnis (SG) werden wesentliche Bereiche der Sprachentwicklung konfundiert erfasst (vgl. Grimm, 2001; Kany & Schöler, 1998; Roos & Schöler, 2007; Schöler & Brunner, 2007; Schöler et al., 1997). Für die Bewältigung der Aufgabe sind neben morphologischen und syntaktischen Kompetenzen auch Sprachverständnis, der Wortschatz und die Arbeitsgedächtniskapazität relevant. Die Aufgabe ist äußerst reliabel und valide (vgl. Kap. 2.2.4). Die interne Konsistenz beträgt r = .89 (Grimm, 2001). Der SSV wurde eingesetzt, weil er als zuverlässiges und valides Instrument zur Sprachstandserhebung gilt und sich zudem durch eine kurze Durchführungs- und Auswertungszeit von etwa zehn plus fünf Minuten auszeichnet. Die Normierung aus 131 4 Methode dem Jahr 2001 erfolgte an 495 Kindern (im Rahmen der Untersuchung mit dem SETK 3-5). Es liegen T-Werte für die Altersgruppen 4;0 bis 4;5 Jahre, 4;6 bis 4;11 Jahre und 5;0 bis 5;11 Jahre vor. Für die älteren Kinder der Untersuchungsstichprobe wurden die Normwerte der dritten Altersgruppe vermerkt. Die statistischen Analysen wurden jedoch auf der Basis der Rohwerte durchgeführt. 4.2.2 Coloured Progressive Matrices – CPM Zur Erfassung der nonverbalen Intelligenz wurden die Coloured Progressive Matrices von Raven (Bulheller & Häcker, 2002) eingesetzt. Der Test besteht aus drei Sets zu je zwölf Aufgaben. Jede Aufgabe zeigt ein Muster mit einer Lücke darin sowie sechs Auswahlteile, von denen nur eines die Mustervorlage korrekt ergänzt. Dieses Teil ist vom Kind herauszufinden. Die Raven-Matrizen wurden als sprachfreie, rein figurale Verfahren zur Erfassung des g-Faktors nach Spearman konstruiert. Inzwischen werden sie aber auch als Tests für fluide Intelligenz ausgewiesen (z. B. Carroll, 1993, S. 667). Trotz gewisser Unklarheit über das erfasste Konstrukt besteht breite Einigkeit, dass sie ein gutes Maß für allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit liefern. Sie haben sich „zur Erfassung der ‚sprachfreien Intelligenz’ und speziell des ‚schlussfolgernden Denkens’ bewährt“ (Gierschmann, 2003, S. 111). Sprachfreiheit meint jedoch lediglich, dass weder zum Instruktionsverständnis noch zum Nachweis der Lösung Sprachproduktionen nötig sind. Verbale mentale Prozesse werden dagegen nicht ausgeschlossen (Gierschmann, 2003; vgl. Kap. 2.2.3). Ziel bei der Entwicklung des progressiven Matrizentests war laut Bulheller und Häcker (2002) eine möglichst eindeutige Leistungsbeurteilung der Komponente von g, die Spearman als „Fähigkeit zur Beziehungsstiftung“ bezeichnete, vornehmen zu können (ebd., S. 47). Laut empirischer Belege stellen die Raven Progressiven Matrizen eines der reinsten Maße des Faktors g dar (ebd.; vgl. Kap. 2.2.3). Die CPM-Aufgaben sind für die vorliegende Untersuchung besonders geeignet, weil sie sprachfrei vorgegeben und bearbeitet werden können. Außerdem zeichnen sie sich durch hohe Zuverlässigkeit und Validität bei kulturvergleichenden Untersuchungen aus (Bulheller & Häcker, 2002). Weitere Vorteile sind die aktuelle Normierung, die an 1 218 Kindern 1998 und 1999 stattfand, sowie die Ökonomie des Tests in Durchführung und Auswertung. Die Durchführung der CPM erfolgte überwiegend mit Kleingruppen von vier Kindern. Die Kinder bearbeiteten die 36 Aufgaben im Testheft selbständig, indem sie 132 4 Methode ihre Lösung jeweils mit einem Aufkleber markierten. Die Testleiterin übertrug anschließend die Lösungen auf den Protokollbogen. Altersnormen in Form von Prozenträngen liegen für Kinder von 3;9 bis 11;8 Jahren in Halbjahresschritten vor. Von Herrn Dr. Stephan Bulheller, der die Testauswertung freundlicherweise digital übernahm, wurden auch T-Werte mitgeteilt. Für die statistischen Analysen wurden wie beim SSV die Rohwerte verwendet. 4.2.3 Elternfragebogen Mit einem Fragebogen wurden die Eltern um Auskunft über die familiäre Situation gebeten, insbesondere den sprachlichen Umgang. Zum Einen wurde erfragt, welche Sprache überwiegend in der Familie gesprochen wird. Diese Angabe galt als Familiensprache des Kindes. Darüber hinaus sollten die Eltern angeben, welche Sprache(n) die jeweiligen Elternteile mit dem Kind sprechen und welche Sprache(n) von den Geschwistern untereinander gesprochen werden. 4.3 Durchführung der Untersuchung Die Erhebungen erfolgten für den ersten Messzeitpunkt (t1) vor der Sprachförderung zu Beginn des Kindergartenjahres, d. h. von September bis November 2005, für den zweiten Erhebungszeitpunkt (t2) am Ende des Kindergartenjahres im Juni und Juli 2006. Mit den ersten Erhebungen wurden grundlegende Informationen über das Kind erfragt. Neben der Gruppenzugehörigkeit (Kindergarten- und Sprachfördergruppe) wurde das Geschlecht, das Geburtsdatum und die Erstsprache vermerkt. Für die Erhebungen mit dem SSV und den CPM stellten die Einrichtungen einen separaten Raum zur Verfügung. Die Untersuchung mit dem SSV erfolgte in Einzeltestungen. Die CPM wurden überwiegend mit Kleingruppen bis zu vier Kindern durchgeführt und selten in Einzeltestung. Testleiterinnen waren Projektmitarbeiterinnen und studentische Hilfskräfte, die für diese Aufgabe geschult wurden. Die Elternfragebögen wurden über die Kindertageseinrichtungen ausgegeben und in verschlossenen Briefumschlägen wieder eingesammelt und anschließend an die PH Weingarten zurückgesandt. 133 4 Methode 4.4 Stichprobe Zur Prüfung der Fragestellungen wurden 411 Kinder in 44 Kindertageseinrichtungen untersucht. Davon wurden 318 Kinder (77.4 %) über das Sprachförderprogramm in insgesamt 56 Gruppen gefördert. In die Vergleichsgruppe wurden 93 Kinder (22.6 %) einbezogen. 97 Kinder (23.6 %) kamen aus der Großstadt, 163 (39.7 %) aus mittelgroßen oder Kleinstädten und 151 Kinder (36.7 %) aus ländlichen Regionen. In sozialen Brennpunktgebieten wuchsen 114 Kinder (27.7 %) auf, 240 Kinder (58.4 %) kamen nicht aus Brennpunktgebieten und für 57 Kinder (13.9 %) war keine eindeutige Einschätzung möglich. Es handelt sich um eine Teilstichprobe des Untersuchungsjahrganges 2005/2006 der wissenschaftlichen Begleituntersuchung. Diese Kinder nahmen sowohl am Beginn als auch am Ende des Sprachförderzeitraumes an den Untersuchungen mit dem SSV und den CPM teil. Aus organisatorischen Gründen war es nicht möglich, alle Kinder der wissenschaftlichen Begleitung einzubeziehen. 4.4.1 Verteilung der Stichprobenmerkmale Geschlecht, Alter und Sprachen An der Untersuchung nahmen 217 Jungen (52.8 %) und 194 Mädchen teil (47.2 %). Die Altersverteilung zum ersten Erhebungszeitpunkt zeigt Abbildung 3. Das jüngste Kind war 3;10 Jahre, das älteste Kind 6;5 Jahre alt. Der Altersdurchschnitt lag bei 5;2 Jahren (= 62.3 Monate) und einer Standardabweichung von 7 Monaten. Für einige Auswertungen wurden die Kinder in zwei Altersgruppen unterteilt, die vierjährigen (4;0 bis 5;0 Jahre) und die fünfjährigen (5;1 bis 6;1 Jahre) Kinder. Kinder unter 4;0 und über 6;1 Jahre wurden als Extremwerte ausgeschlossen (10 Kinder [2.4 %], vgl. Abbildung 3). Demzufolge nahmen 156 vierjährige Kinder (38 %) und 245 fünfjährige Kinder (59.6 %) an der Untersuchung teil. Das bedeutet, dass Kinder im letzten Kindergartenjahr etwas häufiger in der Stichprobe vertreten waren. Zum zweiten Messzeitpunkt waren alle Kinder etwa neun Monate älter, d. h. durchschnittlich 5;11 Jahre alt. 134 4 Methode 30 25 25 24 20 Anzahl 20 18 23 19 20 22 20 19 18 17 17 17 15 15 13 10 5 11 1 11 10 7 8 3 13 12 13 6 3 3 1 1 1 0 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 Alter des Kindes (in Monaten) Abbildung 3: Altersverteilung der Untersuchungsstichprobe zum ersten Messzeitpunkt Die Erstsprache des Kindes wurde über zwei Angaben bestimmt (vgl. Klicpera et al., 2008): die von den Eltern im Fragebogen angegebene Familiensprache (Sprache, die überwiegend in der Familie gesprochen wird) und die Angabe der Erzieherinnen im Zusammenhang mit der Testung der Kinder. Hintergrund war die Annahme, dass die Familiensprache die primäre Sprache des Kindes ist. Bei fehlender Angabe der Eltern wurde auf die Information der Erzieherinnen zurückgegriffen. Für ein Kind konnte die Erstsprache auf diese Weise nicht ermittelt werden. In der Stichprobe kamen mehr als 20 verschiedene Erstsprachen vor. Am häufigsten wurde Deutsch (bei 237 Kindern, 57.7 %) oder Türkisch (bei 66 Kindern, 16.1 %) in den Familien gesprochen. Weitere häufig auftretende Erstsprachen waren Russisch (4.4 %) und Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (3.2 %). Einen Gesamtüberblick über die Häufigkeiten der z. T. bereits gruppierten Sprachen gibt Abbildung 4. 135 4 Methode 250 237 Anzahl 200 150 100 66 50 18 13 12 10 9 9 7 7 4 3 3 3 2 1 6 D eu ts Tü c h rk isc Bo h R sn u ./K ss i ro sc h a as t ./S ia e r t. S p b. ra A che lb an Ita isch li Po enis rt u ch gi si A sch ra b G is ch rie c Ru hisc m h än is Po ch ln i K sch ur di s En ch gl isc af r ik Pers h an isc .S h pr ac h an e de re 0 Abbildung 4: Häufigkeitsverteilung der Erstsprachen in der Untersuchungsstichprobe Für die Auswertungen wurde lediglich zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern unterschieden. Als einsprachig (Deutsch) galt ein Kind, für das Eltern und Erzieherinnen übereinstimmend nur Deutsch als Sprache angegeben hatten. Als mehrsprachig galten alle Kinder, für die die Eltern und/oder die Erzieherin zusätzlich oder überhaupt eine andere Sprache als Deutsch als Erst- oder Familiensprache angaben. Auch wenn nur eine andere Sprache angegeben war, wurde davon ausgegangen, dass das Kind zusätzlich Deutsch lernte, da es einen entsprechenden Kindergarten besuchte. Deshalb galt es als mehrsprachig. Von den Kindern der Stichprobe wuchsen 181 Kinder (44 %) einsprachig Deutsch auf, 227 Kinder (55.2 %) mehrsprachig. Für insgesamt drei Kinder konnte nicht eindeutig ermittelt werden, ob sie ein- oder mehrsprachig aufwachsen (0.7 %). Die Häufigkeitsverteilung bei Förder- und Vergleichskindern zeigt Abbildung 5. Es wird deutlich, dass unter den Förderkindern die mehrsprachig aufwachsenden Kinder überrepräsentiert waren (2 (1, n=408) = 12.265, p < .001). Darin spiegelt sich die primäre Zielgruppe des Programms „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ wider. 136 4 Methode 100% 36 80% Prozent 191 60% mehrsprachig einsprachig 40% 55 20% 126 0% Förderkinder Vergleichskinder Abbildung 5: Verteilung von Ein- und Mehrsprachigkeit bei Förder- und Vergleichskindern Für die Auswertungen wurden weiterhin vier Gruppen unterschieden: einsprachige vierjährige Kinder (N = 69), einsprachige fünfjährige Kinder (N = 106), mehrsprachige vierjährige Kinder (N = 86) und mehrsprachige fünfjährige Kinder (N = 137). Eine zusätzliche Aufteilung in Förder- und Vergleichskinder war aufgrund der zu geringen Stichprobengröße nicht möglich. 4.4.2 Vergleich der Untersuchungsstichprobe mit der Ausfallstichprobe Wie bereits erwähnt, konnte nicht die gesamte Stichprobe der wissenschaftlichen Begleituntersuchung einbezogen werden. 195 der 606 Kinder konnten nicht zu beiden Untersuchungszeitpunkten an allen Tests teilnehmen. Um zu prüfen, ob sich diese nicht einbezogene Stichprobe von der Untersuchungsstichprobe unterscheidet, wurden Häufigkeitsvergleiche bezüglich der Stichprobenmerkmale und Leistungsvergleiche durchgeführt. Die Häufigkeitsvergleiche ergaben, dass Kinder, die nicht zu beiden Messzeitpunkten alle Tests bearbeiteten vergleichsweise häufiger mehrsprachig waren sowie aus Städten, ja sogar aus sozialen Brennpunkten kamen. Förder- und Vergleichskinder, Jungen und Mädchen, vier- und fünfjährige Kinder fielen dagegen zu gleichen Teilen heraus (vgl. Tabellen 2 bis 7). Die Leistungen der Kinder in der Stichprobe und der Dropoutstichprobe unterschieden sich nicht oder nicht wesentlich voneinander (vgl. 137 4 Methode Tabelle 8 und 9). Demzufolge können die beiden Stichproben als vergleichbar angesehen werden, so dass der Reduktion der Untersuchungsstichprobe für die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse keine Bedeutung beigemessen wird. Tabelle 2: Häufigkeitsvergleich Vergleichskindern zwischen Dropout und Stichprobe bei Förder- und Auswahl Sprachförderung Nein Dropout 56 Stichprobe 93 Gesamt 149 % von Sprachförderung 37.6 62.4 100.0 % von Auswahl 28.7 22.6 24.6 9.2 15.3 24.6 Anzahl 139 318 457 % von Sprachförderung 30.4 69.6 100.0 % von Auswahl 71.3 77.4 75.4 % der Gesamtzahl 22.9 52.5 75.4 Anzahl 195 411 606 % von Sprachförderung 32.2 67.8 100.0 100.0 100.0 100.0 32.2 67.8 100.0 Anzahl % der Gesamtzahl Ja Gesamt % von Auswahl % der Gesamtzahl Statistischer Häufigkeitsvergleich: 2 (1, N = 606) = 2.646, n.s. Tabelle 3: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe bei Jungen und Mädchen Auswahl Geschlecht Junge Mädchen Gesamt Anzahl Dropout 109 Stichprobe 217 Gesamt 326 % von Geschlecht 33.4 66.6 100.0 % von Auswahl 55.9 52.8 53.8 % der Gesamtzahl 18.0 35.8 53.8 86 194 280 % von Geschlecht 30.7 69.3 100.0 % von Auswahl 44.1 47.2 46.2 % der Gesamtzahl 14.2 32.0 46.2 195 411 606 32.2 67.8 100.0 100.0 100.0 100.0 32.2 67.8 100.0 Anzahl Anzahl % von Geschlecht % von Auswahl % der Gesamtzahl Statistischer Häufigkeitsvergleich: 2 (1, N = 606) = 0.511, n.s. 138 4 Methode Tabelle 4: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern Auswahl Dropout Stichprobe Einsprachig / Mehrsprachig einsprachig Anzahl Gesamt 66 181 247 26.7 73.3 100.0 % von Auswahl 34.0 44.4 41.0 % der Gesamtzahl 11.0 30.1 41.0 Anzahl 128 227 355 % von Einsprachig / 36.1 63.9 100.0 % von Auswahl 66.0 55.6 59.0 % der Gesamtzahl 21.3 37.7 59.0 194 408 602 32.2 67.8 100.0 100.0 100.0 100.0 32.2 67.8 100.0 % von Einsprachig / Mehrsprachig mehrsprachig Mehrsprachig Gesamt Anzahl % von Einsprachig / Mehrsprachig % von Auswahl % der Gesamtzahl Statistischer Häufigkeitsvergleich: 2 (1, N = 602) = 5.812, p < .05 (zweiseitig) Tabelle 5: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe bei vier- und fünfjährigen Kindern Altersgruppe 4jährige 5jährige Gesamt Auswahl Dropout Stichprobe 83 156 Anzahl Gesamt 239 % von Altersgruppe 34.7 65.3 100.0 % von Auswahl 44.4 38.9 40.6 % der Gesamtzahl 14.1 26.5 40.6 Anzahl 104 245 349 % von Altersgruppe 29.8 70.2 100.0 % von Auswahl 55.6 61.1 59.4 % der Gesamtzahl 17.7 41.7 59.4 187 401 588 31.8 68.2 100.0 100.0 100.0 100.0 31.8 68.2 100.0 Anzahl % von Altersgruppe % von Auswahl % der Gesamtzahl Statistischer Häufigkeitsvergleich: 2 (1, N = 588) = 1.589, n.s. 139 4 Methode Tabelle 6: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe in den Regionen Auswahl Region Stadt Mittelstadt Land Gesamt Dropout 73 Anzahl Stichprobe 97 Gesamt 170 % von Region 42.9 57.1 100.0 % von Auswahl 37.4 23.6 28.1 % der Gesamtzahl 12.0 16.0 28.1 60 163 223 % von Region 26.9 73.1 100.0 % von Auswahl 30.8 39.7 36.8 % der Gesamtzahl 9.9 26.9 36.8 Anzahl 62 151 213 % von Region 29.1 70.9 100.0 % von Auswahl 31.8 36.7 35.1 % der Gesamtzahl 10.2 24.9 35.1 195 411 606 32.2 67.8 100.0 100.0 100.0 100.0 32.2 67.8 100.0 Anzahl Anzahl % von Region % von Auswahl % der Gesamtzahl Statistischer Häufigkeitsvergleich: 2 (2, N = 606) = 12.784, p < .01 (zweiseitig) Tabelle 7: Häufigkeitsvergleich zwischen Dropout und Stichprobe nach sozialem Einzugsgebiet Auswahl Brennpunkt nein ja Gesamt Dropout 93 Anzahl Stichprobe 240 Gesamt 333 % von Brennpunkt 27.9 72.1 100.0 % von Auswahl 52.8 67.8 62.8 % der Gesamtzahl 17.5 45.3 62.8 83 114 197 % von Brennpunkt 42.1 57.9 100.0 % von Auswahl 47.2 32.2 37.2 % der Gesamtzahl 15.7 21.5 37.2 176 354 530 33.2 66.8 100.0 100.0 100.0 100.0 33.2 66.8 100.0 Anzahl Anzahl % von Brennpunkt % von Auswahl % der Gesamtzahl Statistischer Häufigkeitsvergleich: 2 (1, N = 530) = 11.259, p < .01 (zweiseitig) 140 4 Methode Leistungsvergleich: Tabelle 8: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße PGN, SG und CPM (Rohwerte) zu beiden Testzeitpunkten (t1 und t2) in Dropout und Stichprobe TestRohwert PGN t1 SG t1 CPM t1 PGN t2 SG t2 CPM t2 Auswahl Mittelwert Dropout Stichprobe Gesamt Dropout Stichprobe Gesamt Dropout Stichprobe Gesamt Dropout Stichprobe Gesamt Dropout Stichprobe Gesamt Dropout Stichprobe Gesamt Standardabweichung 9.54 8.65 8.89 63.19 62.31 62.55 14.68 14.89 14.84 10.42 9.55 9.72 70.86 75.73 74.76 17.15 18.16 17.97 3.55 3.48 3.52 25.82 25.68 25.70 5.15 4.93 4.97 3.18 3.22 3.23 25.45 23.20 23.72 6.05 5.25 5.41 N 157 411 568 156 411 567 110 411 521 103 411 514 102 411 513 93 411 504 Tabelle 9: Statistische Kennwerte der Varianzanalysen zum Vergleich von Dropout und Stichprobe Test-Rohwert Freiheitsgrade F Signifikanz PGN t1 SG t1 CPM t1 PGN t2 SG t2 CPM t2 1/566 1/565 1/519 1/512 1/511 1/502 7.286 0.134 0.149 6.004 3.454 2.638 p < 0.01 n.s. n.s. p < 0.05 p = 0.064 n.s. 141 4 Methode 4.5 Auswertung Zur Datenauswertung wurden die üblichen inferenzstatistischen Verfahren eingesetzt. Darüber hinaus wurden Pfadanalysen berechnet. 4.5.1 Prüfung von Leistungsverteilung und Leistungsentwicklung Zunächst wurden die Leistungsverteilungen in den untersuchten Kompetenzbereichen zu beiden Messzeitpunkten in einer explorativen Datenanalyse geprüft. Dabei wurden verschiedene Streuungsmaße sowie Kennwerte zur Verteilungsform (Schiefe und Kurtosis) berücksichtigt. Zur Prüfung der Leistungsverteilungen und der Leistungsentwicklung wurden Varianzanalysen berechnet. Es wurde jeweils eine einfache Varianzanalyse mit Messwiederholung für die drei Leistungsmaße SG, PGN und CPM durchgeführt. Das Alter zum ersten Messzeitpunkt ging als Kovariate ein. Mittels einfaktorieller Varianzanalysen mit Messwiederholung wurden differentielle Effekte von Geschlecht, Sprachförderung, Alter und Mehrsprachigkeit geprüft. Die Wechselwirkung von Altersgruppe und Mehrsprachigkeit wurde durch eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung untersucht. Die Voraussetzung der Varianzhomogenität wurde jeweils mittels des Box-M-Tests geprüft, welcher außer bei expliziter Angabe keine statistische Signifikanz aufwies. Zusätzliche univariate Vergleiche (Zwischensubjektfaktoren) dienten der Prüfung des differentiellen Einflusses von Alter, Geschlecht, Sprachförderung und Mehrsprachigkeit ohne den Messwiederholungsfaktor. Die Überprüfung, ob die Fehlervarianzen über die Gruppen hinweg gleich sind, erfolgte mittels des Levene-Test. Es wird lediglich auf signifikante Ergebnisse hingewiesen, die auf eine Differenz in den Fehlervarianzen und damit auf eine Voraussetzungsverletzung hindeuten. Verletzungen der Voraussetzungen bei Varianzanalysen schränken jedoch nur im Falle sehr kleiner Stichproben (N < 10) die teststatistische Güte ein (vgl. Bortz, 2005). Da die untersuchten (Teil-)Stichproben jeweils mehr als 50 Personen umfassen, wurde das Verfahren trotz teilweise bestehender Voraussetzungsverletzungen angewendet. 142 4 Methode Um neben der statistischen Signifikanz die praktische Bedeutsamkeit zu prüfen, wurde der Schätzer der Effektgröße eta-Quadrat15 (η2) errechnet. Dieser Wert erlaubt den direkten Vergleich der Effekte. 4.5.2 Prüfung von Wirkungszusammenhängen mittels Pfadanalysen Zur Prüfung der Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz wurden Pfadmodelle in mehreren Schritten analysiert. Die Pfadanalyse ist eine Technik aus der Familie der Strukturgleichungsmodelle (Structural Equation Modeling). Im Vergleich zur Berechnung von Korrelationen und Regressionsanalysen können über Pfadmodelle die Beziehungen mehrerer Variablen zueinander gleichzeitig geprüft werden. Es werden mehrere Regressionsmodelle miteinander verbunden. Dabei kann eine Variable sowohl Prädiktor als auch Kriterium sein. Die Beziehungsstruktur wird aufgrund theoretisch begründeter Hypothesen in einem Strukturmodell spezifiziert (Kline, 1998, S. 51; Reinecke, 2005). Dabei steht jeder Messwert für eine theoretische Variable. Es wird daher auch von manifesten Variablen gesprochen.16 In der vorliegenden Studie wurden manifeste Variablen, in originaler, unstandardisierter Metrik verwendet (Kline, 1998), d. h. es wurden die gemessenen Rohwerte (Summenscores) genutzt. Auf eine itembasierte statistische Analyse und die Erstellung von Messmodellen wurde verzichtet, da es sich um mehrfach geprüfte, valide Indikatoren für die allgemeine Sprachkompetenz (SG), das phonologische Arbeitsgedächtnis (PGN) und die allgemeine Intelligenz (CPM) handelt. Daher wird im weiteren von Pfadanalysen gesprochen. Basis für die Pfadanalysen bilden die Kovarianzmatrizen der gemessenen Variablen, die aus den Datenmatrizen der erfassten Rohwerte pro Kind und Messzeitpunkt berechnet wurden. Die Kovarianzmatrizen für die jeweiligen Analysen sind im Anhang dokumentiert. Die Mehrebenenstruktur der Daten konnte aufgrund der Komplexität nicht berücksichtigt werden. Die Stichprobe besteht nicht aus kompletten Kindergruppen, 15 Dieser Wert gibt in einfaktoriellen Varianzanalysen „den Anteil an der Gesamtvarianz, der auf die unabhängige Variable zurückgeht“ an (Bortz & Döring, 1995, S. 571), in mehrfaktoriellen Plänen jedoch den Anteil „an einer Varianz, die sich aus der Varianz innerhalb der Populationen sowie der Varianz des zu prüfenden Effektes zusammensetzt“ (ebd., S. 573). 16 Anmerkung: Ein Strukturgleichungsmodell würde zusätzlich Messmodelle für jede theoretische Variable beinhalten. Die gemessenen Variablen sind dann Indikatoren für die theoretische, latente Variable. Messmodelle entsprechen konfirmatorischen Faktorenanalysen. Die Kombination mit einem Pfadmodell macht ein Strukturgleichungsmodell aus. 143 4 Methode sondern aus Teilerhebungen in Kindertageseinrichtungen. Auch die dort untersuchten Sprachfördergruppen konnten meist nicht vollständig einbezogen werden. Insofern war eine Mehrebenenanalyse nicht möglich. Für die Fragestellungen 1 und 2 wurde ein einfaches Korrelationsmodell berechnet, für die restlichen Fragestellungen ein kreuzverzögertes Pfadmodell (CrossLagged-Panel-Modell) spezifiziert. Die interessierenden Parameter für Fragestellung 3 waren die Autokorrelationen (Stabilitäten) und für Fragestellung 4 und 5 die kreuzverzögerten Korrelationen (vgl. Reinecke, 2005, S. 74). 4.5.2.1 Modellschätzung und Modellevaluation Die Schätzung der Modellparameter erfolgte über die Maximum-Likelihood (ML)Methode. „Bei gerade identifizierten Modellen führt die ML-Methode in der Regel zu analytisch eindeutigen Parameterschätzungen, bei überidentifizierten Modellen wird eine iterative Lösung angestrebt, die die Differenz zwischen der empirischen Kovarianzmatrix und der modellimpliziten Kovarianzmatrix minimal werden lässt“ (Reinecke, 2005, S. 54). Gegenüber der multiplen Regression erfordert die MLSchätzung eine multivariate Normalverteilung der verwendeten Variablen. Diese ist in empirischen Daten allerdings kaum zu finden. Dass die Methode dennoch angewendet werden kann, zeigen umfangreiche Simulationsstudien, in denen nachgewiesen wurde, dass das Verfahren bei hinreichend großen Stichproben (N 200, Boomsma, 1988 zit. nach Reinecke, 2005) robust gegen die Verletzung der Multinormalverteilungsannahme ist. Allerdings wird der 2-Test schneller signifikant und damit das Modell abgelehnt (vgl. Kline, 1998, S. 125f.; Schermelleh-Engel, Mossbrugger & Müller, 2003). Für jede Pfadanalyse wurde die multivariate Normalverteilung der zugrundeliegenden Variablen geprüft. Die Ergebnisse sind im Anhang nachgewiesen. Mit dem Chi-Quadrat-Test wird geprüft, ob das Modell angemessen ist. Für gerade identifizierte Modelle (df = 0) ist die 2-Statistik Null. Für überidentifizierte Modelle wird der 2- Wert um so größer, je weniger die modellimplizierte und die empirische Kovarianzmatrix übereinstimmen. Ermittelt wird für den 2-Wert außerdem „die Wahrscheinlichkeit für eine Interferenz der Modellergebnisse von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit“ (p-Wert) (Reinecke, 2005, S. 54f.). Es wird verglichen, ob sich das überidentifizierte Modell von einem gerade identifizierten Modell unterscheidet (Kline, 1998, S. 127f.). Dies sollte nicht der Fall sein. D. h. es werden kleine, nicht signifikante 2- Werte angestrebt. Der Chi-Quadrat-Wert ist allerdings abhängig von der Stichprobengröße und dem Wert der ML-Fitting-Funktion (Kline, 1998, S. 128f.). Bei 144 4 Methode großen Stichproben werden schon minimale Abweichungen bei prinzipiell gut angepassten Modellen signifikant. Daher sind alternative Anpassungsmaße insbesondere bei großen Stichproben aussagekräftiger (vgl. auch Reinecke, 2005, S. 55). Um den Einfluss der Stichprobengröße in der Chi-Quadrat-Statistik zu reduzieren, wird der Chi-Quadrat-Wert durch die Freiheitsgrade dividiert. Einen klaren Grenzwert für ein gerade noch akzeptables Verhältnis gibt es jedoch nicht. Häufig wird es mit kleiner als 3 angegeben (Kline, 1998, S. 128). Andere Fit-Maße sind standardisierter und weniger von der Stichprobengröße beeinflusst (Kline, 1998, S. 128). Alle globalen Fit-Indizes geben an, ob die empirischen Beziehungen zwischen den manifesten Variablen vom Modell entsprechend wiedergegeben werden (Kline, 1998). Im Vergleich zur Chi-Quadrat-Statistik sind es rein deskriptive Maße. Die Güte des Modells wird in diesem Fall über Grenzwerte bestimmt. Der Goodness of Fit Index (GFI) und der Adjusted Goodness of Fit Index (AGFI), entwickelt von Jöreskog und Sörbom (1996a zit. nach Kline, 1998) geben an, wie viel der empirischen Kovarianz durch die modellimplizierte Kovarianzmatrix aufgeklärt wird. Beim AGFI werden die Freiheitsgrade des Modells einbezogen. Dadurch werden weniger komplexe Modelle mit weniger Parametern belohnt. Beide Maße sind allerdings nicht unabhängig von der Stichprobengröße. Der Grenzwert für einen guten Fit liegt jeweils bei .90 (Schermelleh-Engel et al., 2003). Der Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) gibt an, wie viel Information der empirischen Kovarianzmatrix nicht durch das vorgeschlagene Modell abgedeckt wird. Daher sollte der RMSEA möglichst klein ausfallen. Nach Browne und Cudeck (1993 zit. nach Schermelleh-Engel et al., 2003) sprechen Werte .05 für einen guten Fit, Werte zwischen .05 und .08 für einen adäquaten Fit und Werte zwischen .08 und .10 für einen mittelmäßigen Fit. Werte darüber sind nicht akzeptabel. Inkrementelle Fit-Maße sind z. B. der Bentler-Bonett Normed Fit Index (NFI) und der Bentler Comparative Fit Index (CFI) (vgl. Kline, 1998, S. 129). Beide geben die proportionale Verbesserung des globalen Fit für das spezifizierte Modell im Vergleich zum Null-Modell an. Das Null-Modell ist das Unabhängigkeitsmodell. Der CFI ist im Vergleich zum NFI weniger von der Stichprobengröße abhängig (Kline, 1998, S. 129). Die Werte sollten jeweils größer als .90 ausfallen (Kline, 1998, S. 131). Um ein Modell zu akzeptieren, müssen verschiedene Maße die genannten Kriterien erfüllen. Jedes Maß steht nur für einen Teilaspekt des Fit. Erst das Gesamtbild der Teilaspekte lässt Aussagen über die Güte des Modells zu (vgl. Kline, 1998, S. 131). 145 4 Methode 4.5.2.2 Moderatoranalyse durch multiplen Gruppenvergleich Zur Prüfung von moderierenden Einflüssen wurden multiple Gruppenvergleiche durchgeführt (vgl. Kline, 1998; Reinecke, 2005). Dabei wurde das Basismodell für die Teilstichproben simultan berechnet, zunächst ohne Parameterrestriktionen. D. h. für die Gruppen wurden die Parameter frei geschätzt. Anschließend wurden alle Beziehungsparameter für die zu vergleichenden Gruppen als gleich fixiert (restringiertes Basismodell). Da durch die Gleichsetzung für die Gruppen nur die Beziehungsstruktur geändert wurde und nicht die Anzahl der Variablen, handelt es sich um hierarchische bzw. genestete Modelle. Beeinträchtigungen in der Modellanpassung konnten daher über den Chi-Quadrat-Differenzen-Test ermittelt werden. Eine signifikante ChiQuadrat-Differenz bedeutet, dass die Modelle nicht gleich sind (Reinecke, 2005, S. 57). Es liegt ein Moderatoreffekt vor. Differenzierter wurden die Einflüsse des Moderators durch den Vergleich der einzelnen Beziehungsparameter ermittelt. Dieser Vergleich erfolgte über den Critical Ratio for Difference. Der Critical Ratio gibt das Verhältnis des Mittelwertes zum Standardfehler des Mittelwertes an und folgt in großen Stichproben der Standardnormalverteilung. Für C.R.-Werte gilt daher, dass sie eine signifikante Abweichung von der Verteilung der Population auf dem 5 %-Niveau anzeigen, wenn sie vom Betrag größer als 1.95 sind, für das 1 %-Niveau beträgt der absolute Wert 2.58; jeweils bei zweiseitiger Testung (Kline, 1998, S. 41f.). Der Critical Ratio for Difference entspricht der Differenz der Parameter relativiert am geschätzten Standardfehler dieser Differenz (Byrne, 2001, S. 126). Die gesamte Datenverarbeitung erfolgte mittels des statistischen Auswertungsprogramms SPSS ® bzw. PASW® Statistics für Windows (Version 18). Für die Prüfung der Fragestellungen und Annahmen wurden Pfadanalysen mit Hilfe des Programms AMOS® 18 (Arbuckle, 2009) gerechnet. 146 5 Ergebnisse 5 Ergebnisse 5.1 Beschreibung der Leistungen und Leistungsverteilungen 5.1.1 Leistungen der Untersuchungsstichprobe Zunächst wurden die Leistungen der Kinder in der Untersuchungsstichprobe in den drei Leistungsbereichen phonologisches Arbeitsgedächtnis (PGN), allgemeine Sprachkompetenz (SG) und nonverbale Intelligenz (CPM) hinsichtlich der Verteilung und der Entwicklung über den Untersuchungszeitraum analysiert. 5.1.1.1 Deskription der Leistungsverteilung Die Kinder der Untersuchungsstichprobe erreichten im Phonologischen Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) zum ersten Messzeitpunkt im Mittel 8.65 von 18 Rohwertpunkten mit einer Standardabweichung (SD) von 3.48. Über den Untersuchungszeitraum von etwa neun Monaten nahmen die Leistungen im Mittel um 0.9 Rohwertpunkte auf 9.55 (SD = 3.22) zu. Zum zweiten Messzeitpunkt wurde von einigen Kindern die Testdecke erreicht, wie der Range (0-18) zeigt (vgl. Tabelle 10). In der allgemeinen Sprachkompetenz, gemessen mit dem Satzgedächtnis (SG), in dem maximal 119 Punkte erreichbar waren, erzielten die Kinder zum ersten Messzeitpunkt im Mittel 62.31 Rohwertpunkte bei einer Standardabweichung von 25.68 und zum zweiten Messzeitpunkt 75.73 Rohwertpunkte bei einer Standardabweichung von 23.2. Das entspricht einem durchschnittlichen Zuwachs von 13.42 Punkten. Auch im Satzgedächtnis wurde zum zweiten Messzeitpunkt die Testdecke gewissermaßen erreicht17. Dies dürfte mit dem Alter der Kinder zusammenhängen, da fast die Hälfte der Untersuchungsstichprobe (48.2 %) zum zweiten Messzeitpunkt älter als die Normstichprobe des SSV war. Im nonverbalen Intelligenztest CPM erreichten die Kinder zum ersten Messzeitpunkt durchschnittlich 14.89 von 36 Rohwertpunkten. Die Standardabweichung betrug 4.93. Zum zweiten Messzeitpunkt lagen der Mittelwert bei 18.16 und die Standardabweichung bei 5.25. Der durchschnittliche Zuwachs in den CPM betrug damit 3.27 Rohwertpunkte. 17 Das Erreichen der vollen Punktzahl ist in diesem Test nahezu unmöglich, weil jedes der 119 Wörter morphologisch korrekt wiedergegeben werden müsste. Den Kindern und vermutlich auch vielen Erwachsenen gelingt dies im Allgemeinen nicht vollständig. Deshalb muss m. E. schon ab 116 Punkten vom Erreichen der Testdecke gesprochen werden. 147 5 Ergebnisse In Tabelle 10 sind für die drei Testmaße für beide Messzeitpunkte der empirische und theoretische Range, die Standardabweichung sowie Schiefe und Kurtosis angegeben. Tabelle 10: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße PGN, SG und CPM (Rohwerte) zu beiden Testzeitpunkten (t1 und t2) in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) Range empirisch (theoretisch) Mittelwert Standardabweichung Schiefe+ Kurtosis++ PGN t1 0-17 (0-18) 8.65 3.48 -.016 -.488 PGN t2 0-18 (0-18) 9.55 3.22 -.186 -.199 SG t1 4-110 (0-119) 62.31 25.68 -.311 -.836 SG t2 10-116 (0-119) 75.73 23.20 -.640 -.383 CPM t1 5-32 (1-36) 14.89 4.93 .740 .618 CPM t2 5-34 (1-36) 18.16 5.25 .365 -.341 Anmerkungen: + Standardfehler = .12; ++ Standardfehler = .24 Aufgrund der optischen Verteilungsprüfung sowie den Werten für Schiefe und Kurtosis, können die Leistungen als annähernd normalverteilt gelten. Schiefe und Kurtosis fallen unproblematisch aus. Nach Kline (1998, S. 82) ist erst eine Schiefe größer als 3.0 extrem und eine Kurtosis größer als 10.0 problematisch. Rein deskriptiv geben die negativen Werte der Schiefe für die beiden Sprachmaße eine leicht rechtssteile Verteilung an, während für CPM eine leicht linkssteile Verteilung vorliegt. Die negativen Werte der Kurtosis sprechen für leicht breitgipflige Verteilungen, außer bei CPM zu t1, wo die Verteilung eher schmalgipflig ausfällt. Die konservativen Tests auf Normalverteilung (Kolmogorov-Smirnov und Shapiro-Wilk) sprechen allerdings für alle drei Testmaße und beide Zeitpunkte für eine signifikante Abweichung von der Normalverteilung (vgl. Tabelle 11). Laut Bortz (2005, S. 165) sind Abweichungen von der Normalverteilung häufig darauf zurückzuführen, dass „die Stichprobe nicht aus einer normalverteilten, homogenen Population, sondern aus mehreren heterogenen Populationen stammt.“ Dies könnte auf die Stichprobe durchaus zutreffen. Es handelt sich überwiegend um Kinder mit vergleichsweise niedrigem Sprachstand, die Sprachförderung erhielten oder erhalten haben sollten. Außerdem kamen sie aus unterschiedlichen Regionen und Betreuungssituationen. 148 5 Ergebnisse Tabelle 11: Ergebnisse der Tests auf Normalverteilung für PGN, SG und CPM (Rohwerte) zu beiden Testzeitpunkten (t1 und t2) in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) Kolmogorov-Smirnov Statistik df Signifikanz Shapiro-Wilk Statistik df Signifikanz PGN t1 .071 411 p < .001 .987 411 p < .01 PGN t2 .084 411 p < .001 .988 411 p < .01 SG t1 .067 411 p < .001 .969 411 p < .001 SG t2 .084 411 p < .001 .951 411 p < .001 CPM t1 .114 411 p < .001 .961 411 p < .001 CPM t2 .098 411 p < .001 .980 411 p < .001 Bezüglich der Leistungsverteilung fallen bei einigen Maßen Kinder mit Extremwerten auf (Abweichung vom Mittelwert > 3 SD). In PGN zu t2 hatten drei Kinder extrem schlechte Werte und in CPM zu t1 erreichten mehrere Kinder extrem gute Werte. Es erfolgte dennoch kein Ausschluss, weil die Extreme pro Kind nur auf einen Test zutrafen und keine Lücke zur Gesamtverteilung der Werte bestand. Für die im Weiteren näher betrachteten Teilstichproben waren häufiger solche Ausreißer zu beobachten, wobei dies vor allem für die Heterogenität der Leistungen in den Gruppen spricht. 5.1.1.2 Vergleich der Altersangemessenheit der Leistungen Die Altersangemessenheit der Leistungen der Untersuchungsstichprobe wurde durch einen Vergleich mit den Normwerten der Tests (T-Werte) geprüft. Es wurde deutlich, dass die Untersuchungsstichprobe in allen drei Testmaßen im Mittel unter dem Durchschnitt von T = 50 lag. In Tabelle 12 sind die Maße zur Leistungsverteilung in der Stichprobe im Phonologischen Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN), im Satzgedächtnis (SG) und in den nonverbalen Intelligenzleistungen (CPM) für beide Testzeitpunkte als T-Werte angegeben. Der Mittelwert von PGN lag zum ersten Messzeitpunkt bei 44.81, zu t2 bei 45.78. Die Standardabweichungen blieben mit 9.12 und 8.84 ebenfalls unter der Norm von 10. Die Mittelwerte lagen demzufolge eine halbe Standardabweichung unter dem Normdurchschnitt von T = 50. Im Satzgedächtnis SG erzielten die Kinder zum ersten Messzeitpunkt im Mittel sogar nur einen T-Wert von 39.79 (SD = 9.63) und blieben damit eine ganze Standardabweichung unter dem Normmittel. Darin spiegelt sich der Sprachförderbedarf der Untersuchungsstichprobe wider. Zum zweiten Messzeitpunkt stieg der empirische mittlere T-Wert in SG auf 44.62 (SD = 9.82). Diese Diskrepanz zwischen t1 und t2 dürfte jedoch vor allem an den 149 5 Ergebnisse nicht ausreichenden Normdaten für den zweiten Messzeitpunkt liegen. Hier waren, wie bereits erwähnt, 48.2 % der Kinder älter als die Normstichprobe. Dass sie dennoch unter der Altersnorm jüngerer Kinder blieben – was für PGN und SG gilt – weist auf den gravierenden Förderbedarf hin, der zumindest bei einem großen Teil der untersuchten Kinder bestand. Des Weiteren blieben die Leistungen in der nonverbalen Intelligenz unter dem Altersdurchschnitt. Zum ersten Messzeitpunkt erreichten die Kinder in den CPM durchschnittlich einen T-Wert von 44.27 bei einer leicht erhöhten Standardabweichung von 11.35. Zu t2 erhöhte sich der Mittelwert geringfügig auf 46.37 (SD = 10.78). Die durchschnittlich geringeren (nonverbalen) Intelligenzleistungen können einerseits auf die Sprachdefizite zurückgeführt werden und andererseits auf den familiären Hintergrund (vgl. dazu Kap. 2.1.3 und 6). Tabelle 12: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße PGN, SG und CPM in T-Werten zu beiden Messzeitpunkten (t1 und t2) in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) Range empirisch Mittelwert Standardabweichung Schiefe+ Kurtosis++ PGN t1 20-72 44.81 9.12 .088 -.243 PGN t2 23-74 45.78 8.84 .050 -.130 SG t1 20-66 39.71 9.63 .050 -.500 SG t2 20-74 44.62 9.82 .046 -.369 CPM t1 20-80 44.27 11.35 .237 .254 CPM t2 20-80 46.37 10.78 -.101 .125 Anmerkungen: + Standardfehler = .12; ++ Standardfehler = .24 Der jeweils durchgeführte Vergleich mit der Normstichprobe mittels t-Tests bei einer Stichprobe (Testwert 50) war für alle Leistungsmaße und beide Zeitpunkte statistisch hoch signifikant (vgl. Tabelle 13). Zur Untersuchung der Fragestellungen ist die Stichprobe dennoch geeignet, weil nicht die absoluten Leistungen, sondern die korrelativen Beziehungen zwischen den Leistungsmaßen im Vordergrund des Interesses stehen und diesbezüglich Vergleiche angestellt werden. Über den Sprachstand der Kinder in Deutschland werden keine Aussagen gemacht. 150 5 Ergebnisse Tabelle 13: Vergleich der Leistungstestwerte (T-Werte) in PGN, SG und CPM mit der jeweiligen Normstichprobe (t-Tests bei einer Stichprobe, Testwert = 50) Messzeitpunkt t1 t2 Test PGN SG CPM PGN SG CPM t -11.54 -21.68 -10.24 -9.68 -11.12 -6.84 df 410 410 410 410 410 410 Signifikanz (2-seitig) p < .001 p < .001 p < .001 p < .001 p < .001 p < .001 5.1.1.3 Leistungsentwicklung In den Kovarianzanalysen mit Messwiederholung (Zeit [t1, t2]) war für das Phonologische Arbeitsgedächtnis (PGN) sowie für das Satzgedächtnis (SG) der Haupteffekt Zeit signifikant (vgl. Abbildung 6). Die Leistungen der Kinder nahmen über die neun Monate Untersuchungszeitraum zu und zwar über die altersbedingte Leistungszunahme hinaus. Der altersbedingte Leistungszuwachs wurde durch die Kovariate Alter herauspartialisiert. Die Effektgrößen fielen allerdings mit η2 = .03 (PGN) bzw. η2 = .07 (SG) gering aus, so dass von minimaler praktischer Bedeutsamkeit auszugehen ist. Des Weiteren war in beiden Testmaßen die Interaktion von Zeit und Kovariate Alter signifikant. Das bedeutet, dass die Leistungszunahmen teilweise durch das Alter der Kinder mitbedingt sind. Die Varianzaufklärungen für diesen Effekt von η2 = .02 (PGN als auch SG) sind jedoch ebenfalls gering. Um zu prüfen, in welcher Richtung das Alter Auswirkungen auf den Zuwachs hat, wurde die Korrelation (Produkt-Moment-Korrelation) zwischen dem Leistungszuwachs (Differenz aus Leistung t2 und Leistung t1) und dem Alter geprüft. Diese lag für PGN bei r = -.13 (p < .01) und für SG bei r = -.15 (p < .01). Demnach sind höhere Leistungszuwächse bei den jüngeren Kindern zu finden. Die Zusammenhänge sind allerdings gering. 151 5 Ergebnisse 18 36 110 16 32 100 14 9,55 8,65 8 Rohwert SG 10 70 60 75,73 62,31 50 24 Rohwert CPM 80 12 Rohwert PGN 28 90 40 6 18,16 16 14,89 12 30 4 20 8 20 2 4 10 0 0 t1 t2 Zeitpunkt 0 t1 t2 Zeitpunkt t1 t2 Zeitpunkt Abbildung 6: Leistungsentwicklung der Untersuchungsstichprobe (N = 411) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der nonverbalen Intelligenz (CPM) Statistische Kennwerte18 PGN (Zeit): Wilks-Lambda = 0.97, F (1, 409) = 11.52, p < 0.01, η2 = 0.03; PGN (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 409) = 7.52, p < 0.01, η2 = 0.02; SG (Zeit): Wilks-Lambda = 0.93, F (1, 409) = 30.22, p < 0.001, η2 = 0.07; SG (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 409) = 9.49, p < 0.01, η2 = 0.02; CPM (Zeit): Wilks-Lambda = 0.99, F (1, 409) = 2.37, p = 0.13, η2 = 0.01; CPM (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 409) = 0.07, p = .8, η2 = 0.00; Für die Leistungen in den CPM konnten keine signifikanten Effekte für die Zeit und die Interaktion mit dem Alter gefunden werden. Das deutet auf eine lediglich altersbedingte Leistungszunahme der nonverbalen Intelligenz über den Untersuchungszeitraum hin, wie der univariate Vergleich bestätigt. Die univariaten Vergleiche (Zwischensubjektfaktoren) für die Kovariate Alter zeigten für alle drei Tests signifikante Zusammenhänge mit den Leistungen (vgl. Tabelle 14). Die Leistungen nehmen mit dem Alter signifikant zu. Das zeigen die Korrelationen zwischen Alter und Testleistungen (vgl. Tabelle 15). Trotz der Signifikanz sind es schwache bis mittlere Zusammenhänge. Sie sind zu beiden Messzeitpunkten vergleichbar in der Höhe. Für die CPM fallen die Korrelationen mit über r = .4 im Vergleich zu den sprachlichen Maßen relativ hoch aus. Diese Bedeutung des Alters für die Intelligenzleistungen wurde auch an der Varianzaufklärung von η2 = .21 im univariaten Vergleich der Varianzanalyse deutlich. 18 Die Schriftgröße markiert hier und bei den folgenden Abbildungen die statistische Signifikanz. Signifikante Effekte sind normal und nicht signifikante Effekte verkleinert gedruckt. 152 5 Ergebnisse Das heißt zusammengefasst, dass das Leistungsniveau in Sprachkompetenz und Intelligenz zu beiden Zeitpunkten mit dem Alter positiv im Zusammenhang steht. Die Leistungszunahme ist jedoch nur in den beiden Sprachmaßen altersbedingt, und zwar ist sie bei den jüngeren Kindern größer als bei den älteren. Tabelle 14: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für die Kovariate Alter in der Untersuchungsstichprobe (N=411) F Signifikanz η2 Effekt Test df Alter PGN 1/409 29.65 p < 0.01 0.07 SG 1/409 49.32 p < 0.001 0.11 CPM 1/409 110.54 p < 0.001 0.21 Tabelle 15: Produkt-Moment-Korrelationen zwischen den Leistungsmaßen PGN, SG und CPM zu t1 und t2 mit dem Alter zu t1 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) Test t1 t2 PGN .28** .18** SG .34** .29** CPM .43** .41** Anmerkungen: ** p < .01 (zweiseitig) 5.1.2 Leistungen der Teilstichproben 5.1.2.1 Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen Zur Prüfung von Geschlechtsunterschieden wurden die Leistungen in den drei Testmaßen Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN), Satzgedächtnis (SG) und nonverbale Intelligenz (CPM) von den 217 Jungen und 194 Mädchen verglichen. In PGN erreichten Jungen und Mädchen durchschnittlich dieselben Leistungen. Zum ersten Messzeitpunkt lagen die Mittelwerte bei 8.71 Rohwertpunkten (SD = 3.63) für die Jungen und 8.59 Punkten (SD = 3.30) für die Mädchen, zum zweiten Messzeitpunkt bei 9.52 Punkten (SD = 3.18) für die Jungen und 9.58 Punkten (SD = 3.28) für die Mädchen. Im Satzgedächtnis erzielten die Jungen im Mittel leicht bessere Leistungen als die Mädchen. Zu t1 lag der Mittelwert für die Jungen bei 64.95 Punkten (SD = 25.3) und für die Mädchen gut fünf Rohwertpunkte darunter bei 59.35 (SD = 25.84). Der Abstand blieb über den Untersuchungszeitraum bestehen. Zu t2 erreichten die Jungen im Durchschnitt 78.07 (SD = 22.5) und die Mädchen 73.11 (SD = 23.75) Rohwertpunkte. Bei den CPM war ebenfalls ein Geschlechtsunterschied 153 5 Ergebnisse zu beobachten, wonach die Jungen durchschnittlich etwas höhere kognitive Leistungen erbrachten. Zum ersten Testzeitpunkt erzielten sie 15.46 Rohwertpunkte (SD = 5.18) im Vergleich zu 14.25 Punkten (SD = 4.55) der Mädchen. Auch hier blieb der Unterschied zum zweiten Messzeitpunkt erhalten. Die Jungen erreichten nun im Mittel 18.79 Punkte (SD = 5.38) und die Mädchen 17.45 (SD = 5.01). Tabelle 16 gibt die deskriptiven Statistiken aller drei Leistungsmaße PGN, SG und CPM zu beiden Messzeitpunkten für Jungen und Mädchen wieder. Die Leistungsverteilungen wurden aufgrund der Werte für Schiefe und Kurtosis als unproblematisch eingeschätzt. Die Prüfung der Varianzhomogenität zeigte lediglich für CPM zu t1 signifikante Unterschiede. Die Streuung der Leistungen war bei den Jungen signifikant größer als bei den Mädchen (vgl. Tabelle 16 sowie Tabelle A5 und Abbildung A1 im Anhang). Tabelle 16: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei Jungen (N = 217) und Mädchen (N = 194) TestRohwert PGN t1 PGN t2 SG t1 SG t2 CPM t1 CPM t2 Anmerkungen: Gruppe Range empirisch (theoretisch) Mittelwert StandardSchiefe+ Kurtosis++ abweichung Jungen 0-17 (0-18) 8.71 3.63 -.118 -.508 Mädchen 0-17 (0-18) 8.59 3.30 .124 -.472 Jungen 0-18 (0-18) 9.52 3.18 -.173 -.058 Mädchen 1-17 (0-18) 9.58 3.28 -.204 -.319 Jungen 4-110 (0-119) 64.95 25.30 -.332 -.857 Mädchen 4-106 (0-119) 59.35 25.84 -.289 -.839 Jungen 10-116 (0-119) 78.07 22.50 -.751 .087 Mädchen 15-113 (0-119) 73.11 23.75 -.526 -.770 Jungen 5-32 (1-36) 15.46 5.18 .663 .213 Mädchen 5-29 (1-36) 14.25 4.55 .782 1.218 Jungen 6-34 (1-36) 18.79 5.38 .279 -.567 Mädchen 5-34 (1-36) 17.45 5.01 .444 .019 + Standardfehler = .17 (Jungen)/.18 (Mädchen); ++ Standardfehler = .33 (Jungen)/.35 (Mädchen) Die Ergebnisse der Kovarianzanalysen mit Messwiederholung für die drei Leistungsmaße zeigten, dass die Leistungen und die Leistungsentwicklungen weitgehend unabhängig vom Geschlecht sind (vgl. Abbildung 7). 154 5 Ergebnisse 36 18 110 16 32 90 12 80 9,52 10 8,71 9,58 8,59 8 70 28 78,07 73,11 64,95 60 59,35 50 40 6 20 16 18,79 15,46 Jungen 17,45 Mädchen 14,25 12 30 4 24 Rohwert CPM 14 Rohwert SG Rohwert PGN 100 8 20 2 10 0 0 t1 t2 Zeitpunkt 4 0 t1 t2 t1 Zeitpunkt t2 Zeitpunkt Abbildung 7: Leistungsentwicklung von Jungen (N = 217) und Mädchen (N = 194) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der Intelligenz (CPM) Statistische Kennwerte PGN (Zeit): Wilks-Lambda = 0.97, F (1, 408) = 11.19, p < 0.01, η2 = 0.03; PGN (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 408) = 7.25, p < 0.01, η2 = 0.02; PGN (Zeit x Geschlecht): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 408) = 0.10, p = 0.75, η2 = 0.00; SG (Zeit): Wilks-Lambda = 0.93, F (1, 408) = 29.67, p < 0.001, η2 = 0.07; SG (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 408) = 9.25, p < 0.01, η2 = 0.02; SG (Zeit x Geschlecht): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 408) = 0.05, p = 0.83, η2 = 0.00; CPM (Zeit): Wilks-Lambda = 0.99, F (1, 408) = 2.42, p = 0.12, η2 = 0.01; CPM (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 408) = 0.05, p = .82, η2 = 0.00; CPM (Zeit x Geschlecht): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 408) = 0.07, p = 0.79, η2 = 0.00 Für das phonologische Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) bestätigte sich der bereits bekannte Haupteffekt für die Zeit und die Interaktion mit der Kovariate Alter, aber die Wechselwirkung von Zeit und Geschlecht war nicht signifikant. Demzufolge fiel der Leistungszuwachs in PGN bei Jungen und Mädchen gleich aus. Im univariaten Vergleich wurde ebenfalls nur der bekannte Effekt des Alters gefunden, jedoch keine Leistungsdifferenz aufgrund des Geschlechts (vgl. Tabelle 17). Für das Satzgedächtnis (SG) waren ebenfalls der Haupteffekt Zeit und die Interaktion mit der Kovariate Alter signifikant. Die Wechselwirkung mit dem Geschlecht war wie bei PGN nicht bedeutsam (vgl. Abbildung 7). Der Leistungszuwachs in SG ist demzufolge ebenfalls unabhängig vom Geschlecht. Auch die beobachteten Leistungsdifferenzen zwischen Jungen und Mädchen sind nicht signifikant (vgl. Tabelle 17). 155 5 Ergebnisse Tabelle 17: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für die Kovariate Alter und den Faktor Geschlecht Effekt Alter Geschlecht Test PGN SG CPM PGN SG CPM df 1/408 1/408 1/408 1/408 1/408 1/408 F 29.78 46.70 106.00 0.20 2.90 4.38 Signifikanz p < 0.001 p < 0.001 p < 0.001 p = .66 p = .09 p < .05 η2 0.07 0.10 0.21 0.00 0.01 0.01 Anmerkung: signifikanter Levene-Test für CPM zu t1: F (1,409) = 5.25, p < .05 Für die nonverbale Intelligenz (CPM) ergaben sich keine signifikanten Effekte. Bereits erwähnt wurde, dass weder der Haupteffekt Zeit, noch die Interaktion mit dem Alter bedeutsam sind. Nun wird außerdem bestätigt, dass darüber hinaus keine Interaktion mit dem Geschlecht besteht. Der Zuwachs der Intelligenz ist bei Jungen und Mädchen gleich. Im Leistungsniveau war allerdings der Geschlechtsunterschied signifikant, dass Jungen leicht höhere Leistungen erbrachten als Mädchen (univariater Vergleich). Die Effektgröße von η2 = .01 ist allerdings als marginal einzustufen (vgl. Tabelle 17). Exkurs: Die Signifikanz dieses Unterschiedes überraschte und führte zur Vermutung, dass eine Interaktion mit dem Migrationshintergrund besteht, nämlich dass mehrsprachig aufwachsende Mädchen weniger familiäre Förderung erfahren und daher diese Gruppe die geringeren Leistungen erbringt, was im generellen Geschlechtsunterschied zum Ausdruck kommt. In einer zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholung wurde diese Vermutung allerdings nicht bestätigt. Es lagen keine signifikanten Effekte vor, weder für das Geschlecht noch für die Interaktion von Geschlecht und Mehrsprachigkeit. Die beobachteten Mittelwerte fielen allerdings in der vermuteten Richtung aus (vgl. dazu Tabellen A1 bis A4 im Anhang). 156 5 Ergebnisse 5.1.2.2 Leistungsunterschiede zwischen Förder- und Vergleichskindern Im nächsten Schritt wurden die Leistungsunterschiede zwischen den Kindern, die an der Sprachförderung teilnahmen (N = 318) und den zum Vergleich einbezogenen Kindern ohne explizite Sprachförderung (N = 93) geprüft. Tabelle 18 enthält die deskriptiven Statistiken der drei Leistungsmaße zum phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), der allgemeinen Sprachkompetenz (SG) und der nonverbalen Intelligenz (CPM) zu beiden Messzeitpunkten für die Förder- und Vergleichskinder. In PGN erbrachten beide Gruppen zu beiden Zeitpunkten im Mittel vergleichbare Leistungen: zum ersten Messzeitpunkt 8.74 bzw. 8.62 Rohwertpunkte (SD = 3.5) und zum zweiten Messzeitpunkt 9.77 bzw. 9.48 Punkte (SD = 2.97 bzw. 3.29). Im Satzgedächtnis waren für die Förderkinder jedoch wesentlich geringere Kompetenzen zu verzeichnen als für die Vergleichskinder. Die Vergleichskinder erzielten zu t1 im Durchschnitt 68.02 Punkte (SD = 23.98), während die Förderkinder mit 60.64 fast acht Punkte – das ist etwa eine drittel Standardabweichung – weniger erreichten. Zu t2 war der Unterschied etwa genauso groß. Nun erreichten die Vergleichskinder durchschnittlich 81.85 Rohwertpunkte (SD = 19.13) und die Förderkinder lediglich 73.94 Punkte (SD = 24). An den Standardabweichungen wird deutlich, dass das Leistungsspektrum bei den Förderkindern etwas größer war als bei den Vergleichskindern. Zu t2 erwiesen sich auch in der statistischen Prüfung die Varianzen nicht als homogen (vgl. Tabelle A6 und Abbildung A2 im Anhang). In der nonverbalen Intelligenz, gemessen mit den CPM, waren keine Leistungsunterschiede zwischen Förder- und Vergleichskindern zu beobachten. Die Mittelwerte lagen zum ersten Messzeitpunkt bei knapp 15 und zum zweiten Messzeitpunkt bei gut 18 Rohwertpunkten und einer Standardabweichung von rund 5. Alle Verteilungsformen waren nach den Werten für Schiefe und Kurtosis als unproblematisch anzusehen. 157 5 Ergebnisse Tabelle 18: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei Vergleichskindern (N = 93) und Förderkindern (N = 318) TestRohwert PGN t1 PGN t2 SG t1 SG t2 CPM t1 CPM t2 Anmerkungen: Gruppe Range empirisch (theoretisch) Mittelwert StandardSchiefe+ Kurtosis++ abweichung Vgl.-Kd. 0-16 (0-18) 8.74 3.49 -.030 -.539 Fö-Kd. 0-17 (0-18) 8.62 3.48 -.012 -.462 Vgl.-Kd. 3-18 (0-18) 9.77 2.97 .120 -.218 Fö-Kd. 0-17 (0-18) 9.48 3.29 -.240 -.234 Vgl.-Kd. 5-103 (0-119) 68.02 23.98 -.672 -.228 Fö-Kd. 4-110 (0-119) 60.64 25.96 -.212 -.908 Vgl.-Kd. 23-110 (0-119) 81.85 19.13 -.864 .260 Fö-Kd. 10-116 (0-119) 73.94 24.00 -.546 -.553 Vgl.-Kd. 5-28 (1-36) 14.99 5.33 .607 -.092 Fö-Kd. 6-32 (1-36) 14.86 4.81 .789 .913 Vgl.-Kd. 9-34 (1-36) 18.54 5.65 .551 -.234 Fö-Kd. 5-34 (1-36) 18.05 5.13 .284 -.432 + Standardfehler = .25 (Vergleichskinder)/ .14 (Förderkinder); ++ Standardfehler = .50 (Vergleichskinder)/ .27 (Förderkinder) Der Leistungsvergleich zwischen Förder- und Vergleichskindern wurde mit einfaktoriellen Kovarianzanalysen mit Messwiederholung pro Leistungstest durchgeführt. Im Phonologischen Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) erweis sich bekanntermaßen der Haupteffekt Zeit und die Interaktion mit der Kovariate Alter signifikant. Eine Wechselwirkung mit der Sprachförderung konnte jedoch nicht nachgewiesen werden (vgl. Abbildung 8). Der Leistungszuwachs von Förder- und Vergleichskindern unterschied sich demzufolge nicht. Auch im Leistungsniveau waren keine Unterschiede zwischen Förder- und Vergleichskindern festzustellen. Für das Satzgedächtnis (SG) war erneut der Haupteffekt Zeit und die Interaktion mit der Kovariate Alter signifikant, jedoch nicht die Interaktion mit der Teilnahme an der Sprachförderung (vgl. Abbildung 8). Die Leistungszunahme war demzufolge unabhängig davon, ob die Kinder an der Sprachförderung teilnahmen oder nicht. Im Unterschied zu PGN bestätigte sich jedoch univariat die Überlegenheit der Vergleichskinder gegenüber den Förderkindern. 158 5 Ergebnisse 18 36 110 16 32 100 14 9,48 8,62 8 70 60 24 68,02 73,94 Rohwert CPM 9,77 8,74 Rohwert SG Rohwert PGN 81,85 80 12 10 28 90 60,64 50 40 6 16 14,99 18,54 18,05 Vgl-Kd. Fö-Kd. 14,86 12 30 4 20 8 20 2 4 10 0 0 t1 t2 0 t1 Zeitpunkt t2 t1 Zeitpunkt t2 Zeitpunkt Abbildung 8: Leistungsentwicklung von Vergleichskindern (N = 93) und Förderkindern (N = 318) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der Intelligenz (CPM) Statistische Kennwerte PGN (Zeit): Wilks-Lambda = 0.97, F (1, 408) = 11.48, p < 0.01, η2 = 0.03; PGN (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 408) = 7.33, p < 0.01, η2 = 0.02; PGN (Zeit x Sprachförderung): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 408) = 0.06, p = 0.81, η2 = 0.00; SG19 (Zeit): Wilks-Lambda = 0.93, F (1, 408) = 30.13, p < 0.001, η2 = 0.07; SG (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 408) = 9.35, p < 0.01, η2 = 0.02; SG (Zeit x Sprachförderung): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 408) = 0.01, p = 0.92, η2 = 0.00; CPM (Zeit): Wilks-Lambda = 0.99, F (1, 408) = 2.34, p = 0.13, η2 = 0.01; CPM (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 408) = 0.10, p = .75, η2 = 0.00; CPM (Zeit x Sprachförderung): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 408) = 0.57, p = 0.45, η2 = 0.00 Tabelle 19: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für die Kovariate Alter und den Faktor Sprachförderung Effekt Alter Sprachförderung Test PGN SG CPM PGN SG CPM df 1/408 1/408 1/408 1/408 1/408 1/408 F 30.43 54.70 112.84 1.14 12.64 2.34 Signifikanz p < 0.001 p < 0.001 p < 0.001 p = .29 p < 0.001 p = .13 η2 0.07 0.12 0.22 0.00 0.03 0.01 Anmerkung: signifikanter Levene-Test für SG zu t2: F (1,409) = 8.59, p < .01 In den CPM-Leistungen ließen sich keine signifikanten Differenzen nachweisen. Weder der Haupteffekt Zeit noch die Interaktionen mit der Kovariate Alter und mit der Teilnahme an der Sprachförderung waren signifikant. Auch im univariaten Vergleich 19 signifikanter Box-M-Test: F (3, 435586.172) = 3.172, p < .05 159 5 Ergebnisse zeigten sich keine signifikanten Leistungsdifferenzen zwischen Förder- und Vergleichskindern. Lediglich der Effekt des Alters war, wie bereits für die gesamte Untersuchungsstichprobe beschrieben, bedeutsam mit einer Effektstärke von η2 = .22. Das heißt, dass die in Abbildung 8 veranschaulichte Leistungszunahme allein auf das Alter der Kinder zurückzuführen ist. 5.1.2.3 Leistungsunterschiede zwischen vier- und fünfjährigen Kindern Verglichen wurden weiterhin die Leistungen der zwei Altersgruppen der zu Beginn der Untersuchung vier- bzw. fünfjährigen Kinder (N = 156 bzw. 245). Erwartungsgemäß waren in allen drei Leistungsmaßen Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN), Satzgedächtnis (SG) und nonverbale Intelligenz (CPM) höhere Durchschnittswerte für die fünfjährigen im Vergleich zu den vierjährigen Kindern zu verzeichnen (vgl. Tabelle 20 und Abbildung 9). In PGN erreichten die vierjährigen Kinder zum ersten Messzeitpunkt im Mittel 7.75 Rohwertpunkte (SD = 3.75) und die fünfjährigen Kinder 1.49 Punkte mehr. Dieser Unterschied entspricht etwa zweifünftel der Standardabweichung. Zum zweiten Messzeitpunkt, als die Kinder etwa neun Monate älter waren, war der Unterschied mit 0.99 Punkten etwas kleiner. Im Satzgedächtnis erbrachten die vierjährigen Kinder zu t1 durchschnittlich 52.85 Rohwertpunkte (SD = 26.72) und die fünfjährigen 68.48 Punkte (SD = 23.2). Das ist eine Differenz von 15.63 Punkten und damit etwa dreifünftel einer Standardabweichung. Neun Monate später erzielte die Gruppe der vierjährigen Kinder im Mittel bereits 68.12 Punkte (SD = 25.19). In der Gruppe der fünfjährigen Kinder waren es 12.55 Punkte mehr. Der Unterschied ist demzufolge im Mittel kleiner geworden. In den CPM erreichten die vierjährigen Kinder zu Beginn der Untersuchung durchschnittlich 12.74 Punkte (SD = 3.74) und die fünfjährigen Kinder 16.19 Punkte (SD = 4.96). Der Unterschied von 3.45 Punkten entspricht nahezu einer Standardabweichung der Leistungen der vierjährigen Kinder. Dies war auch zum zweiten Messzeitpunkt der Fall, wobei sich die Differenz auf 4.01 Punkte vergrößerte. Die Gruppe der vierjährigen Kinder erreichte nun im Mittel 15.66 Punkte (SD = 4.1), die Gruppe der fünfjährigen Kinder 19.67 Punkte (SD = 5.29). Tabelle 20 fasst die deskriptiven Statistiken der drei Leistungsmaße PGN, SG und CPM zu beiden Messzeitpunkten für die vier- und fünfjährigen Kinder zusammen. Auffällig in diesem Gruppenvergleich waren die Unterschiede in den Standardabweichungen. Bei den Sprachmaßen PGN und SG fielen sie bei den vierjährigen Kindern jeweils größer aus als bei den fünfjährigen Kindern. In den CPM war es umgekehrt; hier waren bei den vierjährigen Kindern die kleineren Streuungen zu beobachten. Die 160 5 Ergebnisse Prüfung der Varianzhomogenität bestätigte, dass außer in PGN zu t1 die Varianzen bei den vier- und fünfjährigen Kindern nicht homogen waren (vgl. dazu im Anhang Tabelle A7 und Abbildung A3). Die Maße für Schiefe und Kurtosis sprechen ansonsten für unproblematische Verteilungsformen. Tabelle 20: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei vier- (N = 156) und fünfjährigen Kindern (N = 245) TestRohwert PGN t1 PGN t2 SG t1 SG t2 CPM t1 CPM t2 Anmerkungen: Gruppe Range empirisch (theoretisch) Mittelwert StandardSchiefe+ Kurtosis++ abweichung 4jährige 0-17 (0-18) 7.75 3.75 .218 -.403 5jährige 1-16 (0-18) 9.24 3.20 -.029 -.631 4jährige 0-16 (0-18) 8.94 3.32 -.194 -.188 5jährige 2-18 (0-18) 9.93 3.08 -.150 -.236 4jährige 4-106 (0-119) 52.85 26.72 .000 -1.028 5jährige 5-110 (0-119) 68.48 23.20 -.449 -.611 4jährige 10-113 (0-119) 68.12 25.19 -.322 -.802 5jährige 22-116 (0-119) 80.67 20.67 -.811 .005 4jährige 5-26 (1-36) 12.74 3.74 .575 .931 5jährige 5-32 (1-36) 16.19 4.96 .667 .417 4jährige 7-27 (1-36) 15.66 4.10 .595 -.097 5jährige 5-34 (1-36) 19.67 5.29 .123 -.267 + Standardfehler = .19 (4jährige Kd.)/ .16 (5jährige Kd.); ++ Standardfehler = .39 (4jährige Kd.)/ .31 (5jährige Kd.) Die Leistungsdifferenzen zwischen vier- und fünfjährigen Kindern wurden mit Varianzanalysen mit Messwiederholung ohne die Kovariate Alter geprüft. Für das Phonologische Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) war lediglich der Haupteffekt Zeit mit 9 % Varianzaufklärung nachweisbar, jedoch keine Wechselwirkung mit der Altersgruppe (vgl. Abbildung 9). Folglich war der beobachtete Unterschied in der Leistungsentwicklung des phonologischen Gedächtnisses bei den vier- und fünfjährigen Kindern unbedeutend. Im univariaten Vergleich waren erwartungsgemäß die Unterschiede im Leistungsniveau zwischen den Altersgruppen signifikant (vgl. Tabelle 21). Für das Satzgedächtnis (SG) war neben dem höchstsignifikanten Haupteffekt Zeit, der 54 % der Varianz aufklärte, auch die Interaktion mit der Altersgruppe bedeutsam. Abbildung 9 zeigt, dass der Zuwachs bei den vierjährigen Kindern etwas 161 5 Ergebnisse stärker ausfiel als der Zuwachs bei den fünfjährigen Kindern. Die Varianzaufklärung für diesen Effekt beträgt allerdings nur 1 %. Univariat war der Leistungsunterschied zwischen vier- und fünfjährigen Kindern signifikant. Die Leistungen der vierjährigen Kinder waren natürlich wie beschrieben bedeutend geringer als die der fünfjährigen Kinder. Die erklärte Varianz beträgt in diesem Fall 8 % (vgl. Tabelle 21). 18 36 110 16 32 100 14 9,24 8,94 7,75 70 68,48 68,12 60 50 52,85 24 Rohwert CPM 9,93 10 Rohwert SG Rohwert PGN 80,67 80 12 8 28 90 40 6 19,67 16 12 30 4 20 4jährige 5jährige 16,19 15,66 12,74 8 20 2 4 10 0 0 t1 t2 0 t1 Zeitpunkt t2 t1 t2 Zeitpunkt Zeitpunkt Abbildung 9: Leistungsentwicklung von vierjährigen Kindern (N = 156) und fünfjährigen Kindern (N = 245) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der Intelligenz (CPM) Statistische Kennwerte PGN20 (Zeit): Wilks-Lambda = 0.92, F (1, 399) = 36.90, p < 0.001, η2 = 0.09; PGN (Zeit x AG): Wilks-Lambda = 0.99, F (1, 399) = 2.63, p = 0.11, η2 = 0.01; SG (Zeit): Wilks-Lambda = 0.47, F (1, 399) = 459.29, p < 0.001, η2 = 0.54; SG (Zeit x AG): Wilks-Lambda = 0.99, F (1, 399) = 5.77, p < 0.05, η2 = 0.01; CPM21 (Zeit): Wilks-Lambda = 0.64, F (1, 399) = 229.50, p < 0.001, η2 = 0.37; CPM (Zeit x AG): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 399) = 1.77, p = .19, η2 = 0.00 Tabelle 21: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für den Faktor Altersgruppe Effekt Altersgruppe Test PGN SG CPM df 1/399 1/399 1/399 F 17.02 36.53 74.23 Signifikanz p < 0.001 p < 0.001 p < 0.001 η2 0.04 0.08 0.16 Anmerkungen: signifikante Levene-Tests für PGN zu t1: F (1,399) = 3.96, p < .05; SG zu t1: F (1,399) = 6.59, p < .05; SG t2: F (1,399) = 10.84, p < .01 CPM zu t1: F (1,399) = 11.47, p < .01; CPM t2: F (1,399) = 13.55, p < .001 20 21 signifikanter Box-M-Test: F (3, 4947964.964) = 3.173, p < .05 signifikanter Box-M-Test: F (3, 4947964.964) = 6.38, p < .001 162 5 Ergebnisse Für die nonverbale Intelligenz, gemessen mit den CPM, erwies sich der Haupteffekt Zeit als signifikant, sogar mit einer Varianzaufklärung von 37 %. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Alter in dieser Analyse über die Altersgruppen nur grob einging und daher die durch die allgemeine Entwicklung erklärte Leistungszunahme jetzt über den Faktor Zeit abgebildet wurde. In den bisherigen Analysen wurde dieser Effekt über die Kovariate Alter berücksichtigt. Die Interaktion zwischen Zeit und Altersgruppe war nicht signifikant. D. h. der Leistungszuwachs war in beiden Altersgruppen gleich. Der anfangs beschriebene Leistungsniveauunterschied zwischen den vier- und fünfjährigen Kindern erwies sich jedoch im univariaten Vergleich erwartungsgemäß signifikant. 16 % der Varianz in den CPM-Leistungen wurden über die Altersgruppen erklärt (vgl. Tabelle 21). 5.1.2.4 Leistungsunterschiede zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern Unterschiede in den Leistungen von ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern waren insbesondere für die Sprachmaße, das phonologische Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) und das Satzgedächtnis (SG), zu erwarten, nicht jedoch für die nonverbale Intelligenz, gemessen mit den CPM. Der Vergleich der Mittelwerte bestätigte diese Vermutung. In PGN erreichten die einsprachig aufwachsenden Kinder zum ersten Messzeitpunkt durchschnittlich 8.37 Rohwertpunkte (SD = 3.45) und zum zweiten Messzeitpunkt 9.07 Rohwertpunkte (SD = 3.21). Die mehrsprachig aufwachsenden Kinder erzielten im Mittel etwas höhere Leistungen mit 8.88 Rohwertpunkten (SD = 3.51) zum ersten und 9.91 Punkten (SD = 3.19) zum zweiten Messzeitpunkt. Dies kann damit erklärt werden, dass bei den mehrsprachig aufwachsenden Kindern durch die Anforderungen beim Sprachlernen eine größere phonologische Sensibilität vorliegt. In der allgemeinen Sprachkompetenz, gemessen mit dem Satzgedächtnis (SG), hatten dagegen die einsprachig deutsch aufwachsenden Kinder erwartungsgemäß die höheren Leistungen. Sie erreichten zu t1 im Mittel bereits 74.73 Rohwertpunkte (SD = 20.88), während die mehrsprachig aufwachsenden Kinder nur 52.45 Punkte (SD = 25.01) erzielten. Das ist eine Differenz von 22.28 Punkten und damit von etwa einer Standardabweichung. Zum zweiten Messzeitpunkt erreichten die mehrsprachig aufwachsenden Kinder mit 67.23 Rohwertpunkten (SD = 23.32) durchschnittlich noch nicht das Niveau der einsprachigen Kinder zu Beginn der Untersuchung. Die einsprachig aufwachsenden Kinder erzielten zu t2 bereits 86.32 Punkte (SD = 18.40) und damit 19.09 Punkte mehr als die mehrsprachig aufwachsenden Kinder. In den CPM 163 5 Ergebnisse waren dagegen keine wesentlichen Leistungsunterschiede zu beobachten. Die einsprachig deutsch aufwachsenden Kinder kamen zu t1 auf durchschnittlich 15.16 Rohwertpunkte (SD = 5.02) und die mehrsprachig aufwachsenden Kinder auf 14.7 Punkte (SD = 4.88). Bis zum zweiten Messzeitpunkt erhöhten sich die Leistungen um gut drei Punkte auf 18.36 für die einsprachigen Kinder und 18 für die mehrsprachig aufwachsenden Kinder bei einer Standardabweichung von 5.3. Eine Übersicht über die deskriptiven Statistiken für die drei Leistungsmaße PGN, SG und CPM zu beiden Messzeitpunkten für die ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kinder gibt Tabelle 22. Hinsichtlich der Verteilungsform waren für alle drei Leistungsmaße keine größeren Abweichungen von der Normalverteilung zu beobachten, wie die Werte für Schiefe und Kurtosis zeigen. Allerdings waren im Satzgedächtnis die Varianzen der einund mehrsprachig aufwachsenden Kinder nicht homogen (vgl. Tabelle A8 und Abbildung A4 im Anhang). Die Leistungen differierten bei den mehrsprachig aufwachsenden Kindern deutlich stärker als bei den einsprachig aufwachsenden Kindern (vgl. Tabelle 22). Tabelle 22: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei ein- (N = 181) und mehrsprachig aufwachsenden Kindern (N = 227) TestRohwert PGN t1 PGN t2 SG t1 SG t2 CPM t1 CPM t2 Gruppe Range empirisch (theoretisch) Mittelwert StandardSchiefe+ Kurtosis++ abweichung einsprachig 0-16 (0-18) 8.37 3.45 -.078 -.412 mehrsprachig 1-17 (0-18) 8.88 3.51 .016 -.591 einsprachig 0-18 (0-18) 9.07 3.21 -.023 -.217 mehrsprachig 1-17 (0-18) 9.91 3.19 -.320 -.008 einsprachig 4-110 (0-119) 74.73 20.88 -.949 .963 mehrsprachig 4-105 (0-119) 52.45 25.01 .149 -.873 einsprachig 10-116 (0-119) 86.32 18.40 -1.198 1.650 mehrsprachig 12-107 (0-119) 67.23 23.32 -.287 -.797 einsprachig 5-29 (1-36) 15.16 5.02 .704 .306 mehrsprachig 5-32 (1-36) 14.70 4.88 .753 .890 einsprachig 5-34 (1-36) 18.36 5.27 .320 -.074 mehrsprachig 8-34 (1-36) 18.00 5.25 .404 -.527 Anmerkungen: + Standardfehler = .18 (einsprachig)/ .16 (mehrsprachig); ++ Standardfehler = .36 (einsprachig)/ .32 (mehrsprachig) 164 5 Ergebnisse Die Kovarianzanalysen mit Messwiederholung bestätigten im Wesentlichen die bereits vorgestellten und beobachteten Ergebnisse. Für das Phonologische Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) waren ausschließlich die bekannten Effekte signifikant: der Haupteffekt Zeit und die Interaktion von Zeit und Kovariate Alter. Die Wechselwirkung mit Mehrsprachigkeit erwies sich dagegen nicht als bedeutsam. Ein- und mehrsprachig aufwachsende Kinder steigerten ihre Leistungen in PGN gleichermaßen über den Untersuchungszeitraum (vgl. Abbildung 10). Im Leistungsniveau unterscheiden sie sich allerdings signifikant; der univariate Vergleich bestätigte die Beobachtung (vgl. Tabelle 23): Die mehrsprachigen Kinder schnitten besser (!) ab als die einsprachig aufwachsenden Kinder. Im Satzgedächtnis (SG) war neben dem Haupteffekt Zeit und der Interaktion mit der Kovariate Alter auch die Wechselwirkung mit dem Faktor Mehrsprachigkeit signifikant. Die Effektstärke von η2 = .02 ist allerdings als marginal einzustufen. Aus Abbildung 10 geht hervor, dass sich die mehrsprachig aufwachsenden Kinder über die Zeit etwas stärker verbesserten als die einsprachig aufwachsenden Kinder. Letztere bewegen sich jedoch, wie bereits beschrieben, auf einem bedeutend höheren Leistungsniveau und näher an der Testdecke. Dieser Niveauunterschied ist (univariat) statistisch hochsignifikant und wird mit einer Effektstärke von η2 = .22 auch als praktisch bedeutsam bestätigt; 22 % der Leistungsvarianz werden über die Mehrsprachigkeit erklärt (vgl. Tabelle 23). 165 5 Ergebnisse 18 36 110 16 32 100 14 8 Rohwert SG Rohwert PGN 9,91 8,88 9,07 8,37 86,32 24 74,73 Rohwert CPM 80 12 10 28 90 70 67,23 60 50 52,45 40 6 16 18,36 18,00 15,16 14,70 mehrsprachig 12 30 4 einsprachig 20 8 20 2 4 10 0 0 0 t1 t2 t1 Zeitpunkt t1 t2 t2 Zeitpunkt Zeitpunkt Abbildung 10: Leistungsentwicklung von einsprachig (N = 181) und mehrsprachig aufwachsenden Kindern (N = 227) im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN), dem Satzgedächtnis (SG) und der Intelligenz (CPM) Statistische Kennwerte PGN (Zeit): Wilks-Lambda = 0.97, F (1, 405) = 12.04, p < 0.01, η2 = 0.03; PGN (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 405) = 8.10, p < 0.01, η2 = 0.02; PGN (Zeit x Mehrsprachigkeit): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 405) = 1.22, p = 0.27, η2 = 0.00; SG22 (Zeit): Wilks-Lambda = 0.93, F (1, 405) = 31.09, p < 0.001, η2 = 0.08; SG (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 405) = 10.21, , η2 = 0.03; SG (Zeit x Mehrsprachigkeit): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 405) = 6.83, p < 0.01, η2 = 0.02; CPM (Zeit): Wilks-Lambda = 0.99, F (1, 405) = 2.07, p = 0.15, η2 = 0.01; CPM (Zeit x Alter): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 405) = 0.11, p = .74, η2 = 0.00; CPM (Zeit x Mehrsprachigkeit): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 405) = 0.06, p = 0.81, η2 = 0.00 Tabelle 23: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche für die Kovariate Alter und den Faktor Mehrsprachigkeit Test df Alter PGN 1/405 28.89 p < 0.001 0.07 SG 1/405 66.15 p < 0.001 0.14 CPM 1/405 112.22 p < 0.001 0.22 PGN 1/405 5.20 p < 0.05 0.01 SG 1/405 111.71 p < 0.001 0.22 CPM 1/405 1.28 p = .26 0.00 Mehrsprachigkeit F Signifikanz η2 Effekt Anmerkungen: signifikante Levene-Tests für SG zu t1: F (1,406) = 9.48, p < .01; SG zu t2: F (1,406) = 14.38, p < .001. 22 signifikanter Box-M-Test: F (3, 46075341.867) = 3.819, p < .01 166 5 Ergebnisse Für die nonverbale Intelligenz (CPM) waren erneut keine signifikanten Effekte nachweisbar. Weder für den Leistungszuwachs über die Zeit, noch für die Interaktion von Zeit und Kovariate Alter und ebenso wenig für die Wechselwirkung mit dem Faktor Mehrsprachigkeit (vgl. Abbildung 10). Desgleichen waren im univariaten Vergleich keine signifikanten Leistungsdifferenzen zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern zu verzeichnen, nur die bekannte Altersabhängigkeit des Leistungsniveaus wurde bestätigt (vgl. Tabelle 23). Demzufolge bestehen bezüglich der nonverbalen Intelligenz keine Unterschiede zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern. 5.1.2.5 Leistungsunterschiede zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden vierund fünfjährigen Kindern Nachdem sowohl im Vergleich von ein- und mehrsprachig aufwachsenden als auch von vier- und fünfjährigen Kindern Leistungsniveauunterschiede festgestellt wurden und im Satzgedächtnis zudem Unterschiede im Zuwachs auszumachen waren, wurde weiterhin geprüft, ob zusätzlich eine Interaktion zwischen den Faktoren Mehrsprachigkeit und Altersgruppe besteht. Dafür wurden pro Leistungstest zweifaktorielle Varianzanalysen mit Messwiederholung berechnet. Zunächst sei jedoch auf einige Beobachtungen in den Leistungsverteilungen hingewiesen. Aus Tabelle 24 geht hervor, dass im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN) die einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder im Mittel die geringsten Leistungen erbrachten (zu t1 6.81 und zu t2 8.38 Rohwertpunkte). Es folgten die mehrsprachigen vierjährigen Kinder und danach die einsprachigen fünfjährigen Kinder. Die mehrsprachigen fünfjährigen Kinder erzielten in PGN die besten Leistungen mit 9.13 Rohwertpunkten zum ersten und 10.12 Rohwertpunkten zum zweiten Messzeitpunkt. In der allgemeinen Sprachkompetenz, gemessen mit dem Satzgedächtnis SG, erzielten die mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder die geringste Punktanzahl (im Mittel 42.52 zu t1 und 58.17 zu t2) gefolgt von den mehrsprachigen fünfjährigen Kindern (im Mittel 58.45 zu t1 und 73.04 zu t2). Die einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder erbrachten zum ersten Messzeitpunkt durchschnittlich 65.38 Rohwertpunkte und 80.3 Punkte zum zweiten Messzeitpunkt. Das heißt, die einsprachigen vierjährigen Kinder erbrachten im Mittel höhere Sprachleistungen im Deutschen als die mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder! Die höchsten Durchschnittsleistungen waren für die einsprachigen fünfjährigen Kinder zu verzeichnen mit 81.74 Punkten zu t1 und 167 5 Ergebnisse 90.59 Punkten zu t2. In der nonverbalen Intelligenz (CPM) erzielten ebenfalls die mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder im Mittel die geringsten Leistungen (12.37 Rohwertpunkte zu t1 und 15.16 zu t2). Die einsprachigen vierjährigen Kinder waren jedoch nur um etwa einen Rohwertpunkt besser; das ist lediglich eine drittel bis eine viertel Standardabweichung. Bei den fünfjährigen Kindern fielen die Mittelwerte der ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kinder fast identisch aus mit gut 16 Punkten zum ersten und knapp 20 Rohwertpunkten zum zweiten Messzeitpunkt. Hinsichtlich der Leistungsverteilungen deuteten die Werte für Schiefe und Kurtosis nicht auf problematische Abweichungen von der Normalverteilung hin. Varianzhomogenität über die vier Gruppen war jedoch nur in den PGN-Leistungen gegeben (vgl. Tabelle A9 und Abbildung A5 im Anhang). In SG fielen vor allem die einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder durch relativ geringere Leistungsvariationen auf. Dies dürfte daran liegen, dass diese Kinder häufig die Testdecke erreichten, insbesondere zum zweiten Messzeitpunkt als die Hälfte von ihnen bereits älter als die Normstichprobe war. In den CPM variierten die Leistungen der vierjährigen weniger als jene der fünfjährigen Kinder. Möglicherweise waren die Aufgaben für viele der vierjährigen Kinder noch zu schwer. 168 5 Ergebnisse Tabelle 24: Deskriptive Statistiken der Leistungsmaße bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern TestRohwert PGN t1 Gruppe Range empirisch (theoretisch) Mittelwert StandardSchiefe+ Kurtosis++ abweichung einsprachig 4 0-15 (0-18) 6.81 3.45 .186 -.390 mehrsprachig 4 1-17 (0-18) 8.51 3.85 .141 -.509 einsprachig 5 2-16 (0-18) 9.40 3.09 .004 -.479 mehrsprachig 5 einsprachig 4 1-16 (0-18) 9.13 3.31 -.044 -.755 0-16 (0-18) 8.38 3.23 .029 -.154 mehrsprachig 4 1-16 (0-18) 9.42 3.35 -.415 .075 einsprachig 5 3-18 (0-18) 9.61 3.10 -.034 -.141 mehrsprachig 5 2-17 (0-18) 10.12 3.04 -.215 -.197 einsprachig 4 4-106 (0-119) 65.38 23.88 -.711 .069 mehrsprachig 4 4-102 (0-119) 42.62 24.69 .581 -.408 30-110 (0-119) 81.74 15.34 -.530 .023 5-105 (0-119) 58.45 23.22 -.011 -.841 10-113 (0-119) 80.30 20.74 -.835 .774 mehrsprachig 4 12-106 (0-119) einsprachig 5 28-116 (0-119) 58.17 24.28 .074 -.941 90.59 15.51 -1.538 3.281 mehrsprachig 5 22-107 (0-119) CPM t1 einsprachig 4 7-26 (1-36) mehrsprachig 4 5-23 (1-36) 73.04 21.08 -.441 -.550 13.20 3.51 .717 1.441 12.37 3.92 .571 .726 PGN t2 SG t1 einsprachig 5 mehrsprachig 5 SG t2 einsprachig 4 einsprachig 5 5-29 (1-36) 16.42 5.23 .520 -.037 mehrsprachig 5 6-32 (1-36) 16.07 4.76 .777 .924 CPM t2 einsprachig 4 mehrsprachig 4 7-26 (1-36) 16.17 3.83 .545 .204 8-27 (1-36) 15.16 4.22 .733 .003 einsprachig 5 5-34 (1-36) 19.62 5.66 -.015 -.116 mehrsprachig 5 9-34 (1-36) 19.77 5.00 .261 -.506 Anmerkungen: + Standardfehler = .29 (einsprachig 4)/ .24 (einsprachig 5)/ .26 (mehrsprachig 4)/ .21 (mehrsprachig 5); ++ Standardfehler = .57 (einsprachig 4)/ .47 (einsprachig 5)/ .51 (mehrsprachig 4)/ .41 (mehrsprachig 5) 169 5 Ergebnisse Die zweifaktoriellen Varianzanalysen mit Messwiederholung bestätigten im Wesentlichen die beobachteten Leistungsunterschiede und die Wechselwirkung der Faktoren Altersgruppe und Mehrsprachigkeit für die Sprachmaße. Im Phonologischen Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) war zunächst der bekannte Haupteffekt für die Zeit signifikant mit einer Varianzaufklärung von 8 %. Die Wechselwirkung mit der Mehrsprachigkeit war dagegen nicht bedeutsam, wie bereits die isolierte Betrachtung dieses Faktors gezeigt hat. Signifikant war jedoch die Interaktion mit der Altersgruppe sowie die Dreifachinteraktion von Zeit, Mehrsprachigkeit und Altersgruppe (vgl. Abbildung 11). Durch diese Effekte wird allerdings nur jeweils 1 % der Varianz aufgeklärt. Abbildung 11 verdeutlicht, dass der Zuwachs der vierjährigen Kinder leicht höher ausfiel als der Zuwachs der fünfjährigen Kinder. Dafür begannen die vierjährigen Kinder auf einem signifikant niedrigeren Niveau, wie der univariate Vergleich bestätigte (vgl. Tabelle 25). Univariat war auch der Unterschied zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern bedeutsam, wobei die Effektgröße sehr gering war und in der Abbildung deutlich wird, dass die Interaktion bedeutsamer ist. Leistungsunterschiede bestanden zwischen den vier Gruppen sowohl im Niveau als auch in der Entwicklung über die Zeit (vgl. Abbildung 11 und Tabelle 25). Das niedrigste Niveau und der höchste Leistungszuwachs war für die einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder zu verzeichnen. Die mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder erbrachten deutlich bessere Leistungen, nämlich durchschnittlich 1.7 Punkte mehr. Sie hatten dafür aber einen etwas geringeren Zuwachs über den Untersuchungszeitraum als die einsprachigen vierjährigen Kinder. Die mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder erzielten zu Beginn noch etwas bessere Leistungen und konnten diese ähnlich stark wie die mehrsprachigen vierjährigen Kinder über die Zeit verbessern. Die einsprachig deutsch aufwachsenden fünfjährigen Kinder hatten zu Beginn das höchste Leistungsniveau, dafür erzielten sie jedoch keinen wesentlichen Zuwachs über die Zeit. Demzufolge hat das Alter vor allem bei den einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern eine zentrale Bedeutung für die Leistungsentwicklung im phonologischen Arbeitsgedächtnis. 170 5 Ergebnisse 18 16 14 Rohwert PGN 12 10 8 6 9,40 9,13 8,51 10,12 einsprachig 4 9,61 9,42 einsprachig 5 mehrsprachig 4 8,38 mehrsprachig 5 6,81 4 2 0 t1 t2 Zeitpunkt Abbildung 11: Leistungsentwicklung von einsprachig vierjährigen (N = 69), einsprachig fünfjährigen (N = 106), mehrsprachig vierjährigen (N = 86) und mehrsprachig fünfjährigen Kindern (N = 137) im phonologischen Arbeitgedächtnis (PGN) Statistische Kennwerte PGN (Zeit): Wilks-Lambda = 0.92, F (1, 394) = 35.04, p < 0.001, η2 = 0.08; PGN (Zeit x Mehrsprachigkeit): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 394) = 0.04, p = 0.85, η2 = 0.00; PGN (Zeit x AG): Wilks-Lambda = 0.99, F (1, 394) = 4.12, p < 0.05, η2 = 0.01; PGN (Zeit x Mehrspr. x AG): Wilks-Lambda = 0.99, F(1, 394) = 5.32, p < 0.05, η2 = 0.01 Tabelle 25: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche im phonologischen Arbeitgedächtnis (PGN) für die Faktoren Mehrsprachigkeit und Altersgruppe Effekt Mehrsprachigkeit Altersgruppe Mehrspr. x Altersgr. df 1/394 1/394 1/394 F 6.12 18.15 4.27 Signifikanz p < 0.05 p < 0.001 p < 0.05 η2 0.02 0.05 0.01 171 5 Ergebnisse Für das Satzgedächtnis (SG) waren neben dem Haupteffekt Zeit auch alle Interaktionen signifikant (vgl. Abbildung 12). Die Varianzbindungen der Wechselwirkungen betrugen allerdings jeweils nur ein bis zwei Prozent. In den Interaktionen von Zeit und Mehrsprachigkeit sowie Zeit und Altersgruppe bestätigten sich die bereits berichteten Zusammenhänge: Die Leistungen der mehrsprachig aufwachsenden und jüngeren Kinder nahmen über den Untersuchungszeitraum stärker zu als die Leistungen von einsprachigen und älteren Kindern. An der Dreifach-Interaktion wird jedoch deutlich, dass es differenzierter zu unterscheiden gilt. Den höchsten Leistungszuwachs hatten im Durchschnitt die mehrsprachigen vierjährigen Kinder mit 16 Rohwertpunkten. Die einsprachigen vierjährigen und die mehrsprachigen fünfjährigen verbesserten sich im Mittel fast gleich stark (um 14.92 bzw. 14.59 Rohwertpunkte). Der geringste Zuwachs war bei den einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kindern zu verzeichnen mit lediglich 8.85 Rohwertpunkten im Durchschnitt. Diese Kinder hatten jedoch das höchste Leistungsniveau (vgl. Abbildung 12). Der univariate Vergleich bestätigte die signifikanten Unterschiede im Leistungsstand von ein- und mehrsprachig aufwachsenden sowie von vier- und fünfjährigen Kindern (Tabelle 26). Diese waren bereits aus den vorangegangenen Analysen und deskriptiven Befunden bekannt. Die Leistungen der einsprachigen Kinder waren signifikant höher als die der mehrsprachig aufwachsenden Kinder. Außerdem erreichten die fünfjährigen gegenüber den vierjährigen Kindern die höheren Werte. Die Interaktion von Mehrsprachigkeit und Altersgruppe war bezogen auf das Leistungsniveau nicht signifikant. 172 5 Ergebnisse 110 100 90,59 90 81,74 Rohwert SG 80 80,30 73,04 70 einsprachig 4 65,38 60 einsprachig 5 58,17 58,45 mehrsprachig 4 50 mehrsprachig 5 42,62 40 30 20 10 0 t1 t2 Zeitpunkt Abbildung 12: Leistungsentwicklung von einsprachig vierjährigen (N = 69), einsprachig fünfjährigen (N = 106), mehrsprachig vierjährigen (N = 86) und mehrsprachig fünfjährigen Kindern (N = 137) im Satzgedächtnis (SG) Statistische Kennwerte SG23 (Zeit): Wilks-Lambda = 0.47, F (1, 394) = 445.24, p < 0.001, η2 = 0.53; SG (Zeit x Mehrsprachigkeit): Wilks-Lambda = 0.99, F (1, 394) = 6.20, p < 0.05, η2 = 0.02; SG (Zeit x AG): Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 394) = 7.58, p < 0.01, η2 = 0.02; SG (Zeit x Mehrsprachigkeit x AG): Wilks-Lambda = 0.99, F(1, 394) = 3.98, p < 0.05, η2 = 0.01 Tabelle 26: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche im Satzgedächtnis (SG) für die Faktoren Mehrsprachigkeit und Altersgruppe F Signifikanz η2 Effekt df Mehrsprachigkeit 1/394 104.38 p < 0.001 0.21 Altersgruppe 1/394 46.73 p < 0.001 0.11 Mehrspr. x Altersgr. 1/394 0.23 p = .63 0.00 Anmerkungen: signifikanter Levene-Test für SG zu t1: F (3,394) = 8.28, p < .001; SG zu t2: F (3,394) = 8.93, p < .001 Für die Intelligenzleistungen in CPM war nur der Haupteffekt Zeit signifikant und keine Interaktion (vgl. Abbildung 13). Das bedeutet, dass im Mittel alle Kinder ihre Leistungen gleichermaßen verbesserten. Signifikante Differenzen im Leistungsniveau bestanden, wie bereits berichtet, zwischen vier- und fünfjährigen Kindern, nicht jedoch zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern und in der Wechselwirkung von Mehrsprachigkeit und Altersgruppe (univariate Vergleiche, vgl. Tabelle 27). Abbildung 13 verdeutlicht die höheren Leistungen der fünfjährigen gegenüber den vierjährigen Kindern. 23 signifikanter Box-M-Test: F (9, 843864.755) = 3.489, p < .001 173 5 Ergebnisse 36 32 28 Rohwert CPM 24 19,77 19,62 20 16,42 16,17 16,07 16 13,20 12 15,16 einsprachig 4 einsprachig 5 mehrsprachig 4 mehrsprachig 5 12,37 8 4 0 t1 t2 Zeitpunkt Abbildung 13: Leistungsentwicklung von einsprachig vierjährigen (N = 69), einsprachig fünfjährigen (N = 106), mehrsprachig vierjährigen (N = 86) und mehrsprachig fünfjährigen Kindern (N = 137) in der nonverbalen Intelligenz (CPM) Statistische Kennwerte CPM24 (Zeit): Wilks-Lambda = 0.64, F (1, 394) = 220.01, p < 0.001, η2 = 0.36; CPM (Zeit x Mehrsprachigkeit): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 394) = 0.13, p = 0.72, η2 = 0.00 CPM (Zeit x AG): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 394) = 1.78, p = .18, η2 = 0.00; CPM (Zeit x Mehrsprachigkeit x AG): Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 394) = 0.61, p = .44, η2 = 0.00 Tabelle 27: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche in der nonverbalen Intelligenz (CPM) für die Faktoren Mehrsprachigkeit und Altersgruppe Effekt Mehrsprachigkeit Altersgruppe Mehrspr. x Altersgr df 1/394 1/394 1/394 F 1.36 73.35 0.89 Signifikanz p = 0.24 p < 0.001 p = .35 η2 0.00 0.16 0.00 Anmerkungen: signifikante Levene-Tests für CPM zu t1: F (3,394) = 4.40, p < .01; CPM zu t2: F (3,394) = 5.64, p < .01 24 signifikanter Box-M-Test: F (9, 843864.755) = 3.57, p < .001 174 5 Ergebnisse 5.2 Zusammenhänge zwischen den Leistungsmaßen Zur Beantwortung der Fragestellungen 1 bis 5 wurden die Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz bei Vorschulkindern im Quer- und im Längsschnitt untersucht. Berichtet werden zuerst die empirischen Korrelationen zwischen den drei Leistungsmaßen zum ersten Messzeitpunkt und der Vergleich der Koeffizienten untereinander. Anschließend wird auf die Zusammenhänge im Entwicklungsverlauf über neun Monate eingegangen. 5.2.1 Zusammenhänge zwischen den Leistungsmaßen im Querschnitt zum ersten Messzeitpunkt Fragestellung 1 bezog sich auf die Höhe der Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz (SG), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und nonverbaler Intelligenz (CPM) zum ersten Messzeitpunkt. Zur Prüfung wurde ein saturiertes Pfadmodell mit der Annahme von Korrelationen zwischen den drei Leistungsmaßen spezifiziert (keine Freiheitsgrade, perfekte Modellanpassung). Für die Gesamtstichprobe waren hochsignifikante positive Korrelationen zwischen allen drei erhobenen Leistungsmaßen zu verzeichnen. Zwischen den beiden Sprachmaßen phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) und Satzgedächtnis (SG) betrug die Korrelation r = .41 (p < .001). Sie ordnet sich damit in den Rahmen bisheriger Forschungsergebnisse ein. Die allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit (CPM) korrelierte mit PGN zu r = .19 (p < .001) und mit SG zu r = .37 (p < .001). Dies sind erwartungsgemäß geringe bis mittlere Korrelationen zwischen nonverbaler Intelligenz und den Maßen für allgemeine Sprachkompetenz und phonologisches Gedächtnis. In Fragestellung 2 wurde angenommen, dass die Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz (SG) und allgemeiner Intelligenz (CPM) höher ausfallen als die Zusammenhänge zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und Intelligenz (CPM). Der beobachtete Unterschied zwischen den Korrelationskoeffizienten (r = .37 für SG und CPM sowie r = .19 für PGN und CPM) wurde als statistisch hoch signifikant bestätigt (C.R. = -6.82, p < .001, vgl. Tabelle A22 im Anhang). Dies bekräftigt die Annahme, dass in der Messung der allgemeinen Sprachkompetenz über das Satzgedächtnis, allgemeine kognitive Fähigkeiten bzw. Verarbeitungskapazität enthalten sind. Im phonologischen Arbeitsgedächtnis ist dies 175 5 Ergebnisse weit weniger der Fall; phonologische Kompetenzen stehen nur geringfügig mit nonverbal analytisch-schlussfolgernden Fähigkeiten im Zusammenhang. Für Fragestellung 1 wurden weiterhin Vergleiche zwischen den vier Teilstichproben von vier- und fünfjährigen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern vorgenommen. Die Korrelationskoeffizienten sind in Tabelle 28 wiedergegeben. Dort sind auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Koeffizienten über die vier Gruppen markiert. Tabelle 28: Korrelationen zum ersten Messzeitpunkt (t1) bei den Teilstichproben der ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kinder im Vergleich einsprachige 4-jährige K. einsprachige 5-jährige K. mehrsprachige 4-jährige K. mehrsprachige 5-jährige K. PGN ↔ SG 0.475 b *** 0.243 a * 0.511 b *** 0.544 b *** PGN ↔ CPM 0.025 bc n.s. -0.019 bc n.s. 0.117 c n.s. 0.317 ac *** SG 0.340 c ** 0.225 bc * 0.163 bc n.s. 0.466 ac *** ↔ CPM Anmerkungen: * p < .05; ** p < .01; *** p < .001; n.s. = nicht signifikant. Die Buchstabenindici markieren die statistische Unterschiedlichkeit pro Zeile (laut C.R., vgl. Tabelle A36 im Anhang). Die Korrelationskoeffizienten zwischen den Sprachmaßen waren in allen Gruppen signifikant. Sie lagen um r = .5, außer bei den fünfjährigen einsprachigen Kindern. In dieser Gruppe war der Zusammenhang mit lediglich r = .24 statistisch bedeutsam geringer als in den anderen Teilstichproben. Dies könnte als Hinweis verstanden werden, dass bei den einsprachig aufwachsenden Kindern der Zusammenhang zwischen Arbeitsgedächtnis und allgemeinen Sprachkompetenzen mit dem Alter abnimmt. Bei den mehrsprachigen Kindern ist das nicht der Fall. Allerdings scheint in diesem konkreten Fall die geringere Korrelation bei den einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kindern in erster Linie auf die deutlich geringere Varianz der Leistungen im Satzgedächtnis aufgrund des Deckeneffektes zurückzuführen zu sein (vgl. Kap. 5.1.2.5, Tabelle A9 und Abbildung A5 im Anhang). Die Korrelationen zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und nonverbaler Intelligenz (CPM) waren außer bei den mehrsprachigen fünfjährigen Kindern unbedeutend. Nur in dieser Gruppe lag mit r = .32 eine mittlere Korrelation vor. Bei den mehrsprachigen vierjährigen Kindern war der Koeffizient von r = .12 nicht signifikant, aber auch nicht bedeutsam geringer als jener bei den mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kindern. Bei den einsprachigen Kindern ließ sich überhaupt kein Zusammenhang feststellen. Dieses Ergebnis überrascht und ist nicht 176 5 Ergebnisse leicht erklärbar. Möglicherweise sind lediglich mehrsprachige Kinder beim Lernen der deutschen Sprache gefordert, analytische Fähigkeiten im phonologischen Bereich einzusetzen. Andere Erklärungsmöglichkeiten wären, dass das Instruktionsverständnis oder die Fähigkeit zu selektiver Aufmerksamkeit eine moderierende Rolle spielen. Eventuell liegt es auch daran, dass von den einsprachig aufwachsenden Kindern viele von Sprachentwicklungsstörungen betroffen sind, wo die Zusammenhänge zwischen verbalen und nonverbalen Fähigkeiten geringer ausfallen. Die Hypothese, dass es zwischen den ein- und mehrsprachigen Kindern keine Unterschiede in der Korrelation von PGN und CPM gibt, wird jedenfalls nicht bestätigt. Bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern, insbesondere den fünfjährigen ist der Zusammenhang deutlich höher als bei den einsprachig aufwachsenden Kindern, ja überhaupt erst vorhanden. Zwischen allgemeiner Sprachkompetenz (SG) und nonverbaler Intelligenz (CPM) war der höchste Zusammenhang ebenfalls für die fünfjährigen mehrsprachig aufwachsenden Kinder mit r = .47 zu verzeichnen. Der Korrelationskoeffizient unterschied sich signifikant von den Koeffizienten bei den mehrsprachigen vierjährigen Kindern (r = .16) und bei den einsprachigen fünfjährigen Kindern (r = .23). Der Koeffizient für die einsprachigen vierjährigen Kinder (r = .34) war nicht verschieden von denen der anderen Gruppen. Die Höhe der Koeffizienten zeigt, dass der Zusammenhang zwischen Satzgedächtnis und nonverbaler Intelligenz bei den mehrsprachigen Kindern zunimmt und bei den einsprachigen Kindern tendenziell, aber nicht signifikant, abnimmt. Damit werden die Annahmen zur Bedeutung des Alters in beiden Richtungen bestätigt, die Abnahme für die einsprachig aufwachsenden Kinder und die Zunahme für die mehrsprachig aufwachsenden Kinder. Die geringere Korrelation bei den einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kindern dürfte allerdings wiederum vom Deckeneffekt im Satzgedächtnis beeinflusst sein. Deshalb kann die Abnahme der Korrelation nur eingeschränkt angenommen werden. Insgesamt ließ sich weder ein allgemeiner Effekt des Alters noch der Mehrsprachigkeit auf den Zusammenhang von allgemeiner Sprachkompetenz (SG) und nonverbaler Intelligenz (CPM) feststellen. Demgegenüber war insbesondere bei den mehrsprachig aufwachsenden Kindern das Alter von zentraler Bedeutung für den Zusammenhang. Dies mag allerdings zum Teil an der geringeren Varianz in den Leistungen der mehrsprachigen vierjährigen Kinder in den CPM liegen. Zu vermuten wäre aber auch, dass die Sprache mit zunehmendem Alter wichtiger für Denkleistungen wird. 177 5 Ergebnisse Im Überblick fallen außerdem die hohen, signifikanten Zusammenhänge zwischen den drei Leistungsbereichen bei den mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kindern auf. Zu erklären sind sie möglicherweise durch ein zugenommenes Instruktionsverständnis, stärker benötigte Verarbeitungskapazität und selektive Aufmerksamkeit. Die geringeren Zusammenhänge zwischen sprachlichen und nicht-sprachlichen Leistungen bei den einsprachig aufwachsenden Kindern könnten auf die Häufung von Sprachentwicklungsstörungen zurückgeführt werden. Was sich in jeder Teilstichprobe widerspiegelte, war das Muster der Zusammenhänge, wie sie in der gesamten Untersuchungsstichprobe gefunden wurden. Am höchsten war die Korrelation zwischen den sprachlichen Maßen PGN und SG. Der Zusammenhang von CPM und PGN war jeweils geringer als jener zwischen CPM und SG, wobei diese Korrelationen der Sprachmaße mit der nonverbalen Intelligenz teilweise nicht signifikant waren. 5.2.2 Zusammenhänge zwischen den Leistungsmaßen im Längsschnitt Zur Prüfung der Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz mit den Maßen SG, PGN und CPM über die Zeit wurden zunächst in einem saturierten Modell alle Pfad- und Korrelationskoeffizienten frei geschätzt (vgl. Abbildung 14). r1 r2 r3 CPM t1 b1 PGN t1 b9 b8 b7 b2 SG t1 b6 b4 b5 b3 CPM t2 PGN t2 SG t2 e1 e2 e3 re2 re3 re1 Abbildung 14: Allgemeines Pfadmodell zur Überprüfung der Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz (SG), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und nonverbaler Intelligenz (CPM) über die Zeit 178 5 Ergebnisse Die Koeffizienten für die neun spezifizierten Regressionspfade (drei Autokorrelationen bzw. Stabilitäten und sechs kreuzverzögerte Korrelationen bzw. Einflüsse) fielen sehr unterschiedlich aus (vgl. Tabelle 29). Vor allem stellte sich heraus, dass fünf kreuzverzögerte Effekte sich nicht signifikant von Null unterschieden. Dies galt für die Pfade von der Intelligenz (CPM) zum ersten Messzeitpunkt auf das phonologische Arbeitsgedächtnis (PGN) und das Satzgedächtnis (SG) zum zweiten Messzeitpunkt sowie vom phonologischen Gedächtnis (PGN) zu t1 auf die Intelligenz (CPM) und das Satzgedächtnis (SG) zu t2 als auch vom Satzgedächtnis (SG) zu t1 auf das phonologische Gedächtnis (PGN) zu t2. Lediglich die Verbindung vom Satzgedächtnis zum ersten Messzeitpunkt zu CPM zum zweiten Messzeitpunkt war mit b = .14 höchst bedeutsam. Das deutet darauf hin, dass die allgemeine Sprachkompetenz Auswirkungen auf spätere nonverbale Intelligenzleistungen hat, während von der nonverbalen Intelligenz auf sprachliche Leistungen neun Monate später kein Einfluss besteht. Im Modell war außerdem nur eine Residualkorrelation zum zweiten Messzeitpunkt signifikant, jene zwischen SG und PGN mit r = .22. Diese Restkorrelation zwischen den Sprachmaßen zu t2 dürfte den Ergebnissen der Varianzanalysen entsprechen, die nur für diese beiden Kompetenzbereiche signifikante Effekte der Entwicklung über die Zeit unabhängig vom Alter und den Ausgangsleistungen der Kinder erkennen ließen. Hier scheint ein gemeinsamer Einfluss auf die Entwicklung der sprachlichen Kompetenzen vorzuliegen. Angenommen wurde, dass es die Anregungen im Kindergarten sind, die insbesondere die sprachliche Entwicklung vorantreiben. Das Korrelationsmuster wurde in einem zweiten, reduzierten Modell spezifiziert, d. h. die Pfade mit den Nullkorrelationen bzw. -regressionen wurden entfernt. Das modifizierte Modell erwies sich als adäquates Modell für die Datenmatrix. Die Anpassungsmaße deuteten darauf hin, dass kein signifikanter Unterschied zwischen der modellimplizierten und der empirischen Datenmatrix vorliegt (vgl. Abbildung 15). Abbildung 15 veranschaulicht das modifizierte Basismodell mit den standardisierten Koeffizienten. Tabelle 29 gibt die Koeffizienten im ursprünglichen und im modifizierten Basismodell wieder. Das modifizierte Basismodell wurde für die weitere inhaltliche Interpretation und für die Moderatoranalysen genutzt. 179 5 Ergebnisse .37*** .19*** CPM t1 .41*** PGN t1 .57*** .62*** CPM t2 .15*** PGN t2 R2=.47 e1 SG t1 .87*** SG t2 R2=.32 R2=.75 e2 e3 .23*** Abbildung 15: Modifiziertes Pfadmodell (= Basismodell) der Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz (SG), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und nonverbaler Intelligenz (CPM) Anmerkungen: Standardisierte Koeffizienten. *** p < .001 Modell-FIT: χ2 (7) = 9.81 p = .20 χ2/df = 1.4 GFI = .99 AGFI = .98 NFI = .99 CFI = .99 RMSEA = .03 Tabelle 29: Standardisierte Regressionsgewichte und Korrelationen im ursprünglichen und modifizierten kreuzverzögerten Pfadmodell zur Prüfung der Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz (SG), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und nonverbaler Intelligenz (CPM) Ursprüngliches Basismodell Modifiziertes Basismodell CPM t1 → CPM t2 .614 *** .615 *** PGN t1 → PGN t2 .549 *** .570 *** SG t1 → SG t2 .842 *** .868 *** CPM t1 → PGN t2 .066 CPM t1 → SG t2 .044 SG t1 → PGN t2 .037 SG t1 → CPM t2 .139 *** PGN t1 → CPM t2 .018 PGN t1 → SG t2 .029 SG t1 ↔ CPM t1 .367 *** .367 *** PGN t1 ↔ CPM t1 .193 *** .193 *** PGN t1 ↔ SG t1 .406 *** .406 *** e1 ↔ e2 -.01 e1 ↔ e3 .06 e2 ↔ e3 .22 *** .145 *** .226 *** Anmerkung: *** p < .001 180 5 Ergebnisse 5.2.2.1 Stabilität der Leistungsmaße Zur Beantwortung von Fragestellung 3 wurden die Stabilitäten der allgemeinen Sprachkompetenz (SG), des phonologischen Arbeitsgedächtnisses (PGN) und der nonverbalen Intelligenz (CPM) über den Untersuchungszeitraum betrachtet. An den standardisierten Gewichten wurde die hohe Stabilität der drei Leistungsmaße deutlich. Alle Koeffizienten waren mit b > .5 als hoch einzuschätzen und sie waren statistisch sehr bedeutsam. Gleichzeitig unterschieden sie sich signifikant voneinander (C.R. > 1.95, vgl. Tabelle A22 im Anhang). Die relativ geringste Stabilität war für das phonologische Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter mit b = .57 zu verzeichnen. Demgegenüber wies das Satzgedächtnis mit b = .87 die höchste Stabilität auf. Für die mit den CPM gemessene nonverbale Intelligenz betrug die Stabilität b = .62. Demzufolge erwiesen sich allgemeine Sprachkompetenz, phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter und nonverbale Intelligenz bereits im Vorschulalter als relativ stabile Merkmale, wobei für die allgemeine Sprachkompetenz die höchste Stabilität zu verzeichnen war. 5.2.2.2 Wirkungszusammenhänge zwischen den Leistungsmaßen Zur Prüfung der Fragestellung 4, ob stärkere Wirkungen von allgemeiner Sprachkompetenz und phonologischem Arbeitsgedächtnis auf die Intelligenzentwicklung bestehen oder umgekehrt von der nonverbalen Intelligenz auf die Sprachkompetenzentwicklung und die phonologische Gedächtnisfähigkeit, interessierten die kreuzverzögerten Effekte des Pfadmodells. Bereits im ursprünglichen Basismodell erwies sich nur einer dieser Pfade als signifikant von Null verschieden: vom Satzgedächtnis (SG) zum ersten Messzeitpunkt auf CPM zum zweiten Messzeitpunkt. Der standardisierte Regressionskoeffizient im modifizierten Basismodell war mit b = .15 zwar numerisch gering, aber statistisch bedeutsam. Insofern ist davon auszugehen, dass die allgemeine Sprachkompetenz auf die Intelligenzentwicklung wirkt. Diese Wirkrichtung war außerdem nicht nur stärker als die umgekehrte Richtung von nonverbaler Intelligenz auf die Sprachentwicklung, sondern es war die einzig signifikante Einflussrichtung zwischen den Kompetenzmaßen. Für die Pfade von SG auf PGN sowie von PGN auf SG und CPM konnten genauso wie für die Pfade von CPM auf SG und PGN keine substantiellen Vorhersagekoeffizienten gefunden werden. Damit wurde die Annahme bestätigt, dass die Sprachkompetenz bedeutsamer für die Intelligenzentwicklung ist als umgekehrt, die Intelligenz für die Sprachentwicklung. 181 5 Ergebnisse 5.2.2.3 Moderierende Einflüsse auf das Beziehungsgefüge der Leistungsmaße Die Bedeutung moderierender Einflüsse auf die Entwicklung der Kompetenzen in allgemeiner Sprachkenntnis, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz sowie auf die Wirkungszusammenhänge zwischen sprachlicher Entwicklung und nonverbaler Intelligenzentwicklung wurde in Fragestellung 5 fokussiert. Analysiert wurde der Einfluss von Sprachförderung sowie Alter und Mehrsprachigkeit der Kinder. Sprachförderung Das modifizierte Basismodell erwies sich im Multigruppenvergleich für Förder- und Vergleichskinder als adäquat. Alle Fit-Maße sprachen für eine gute Modellanpassung (vgl. Tabelle 30). Für das restringierte Modell, in dem für Vergleichs- und Förderkinder alle Koeffizienten gleich geschätzt wurden, fielen die Anpassungsmaße minimal schlechter aus als für das freie Modell. Sie sind akzeptabel. Der Chi-QuadratDifferenzen-Test wies jedoch auf den signifikanten Unterschied zwischen beiden Modellen hin. Das restringierte Modell war signifikant schlechter als das Modell mit freien Parameterschätzungen (vgl. Tabelle 30). Das bedeutet, dass Unterschiede in der Datenstruktur für Förder- und Vergleichskinder vorliegen. Genauer wurden die Unterschiede aufgrund des Moderators Sprachförderung im Vergleich der Parameterschätzungen deutlich (vgl. Abbildung 16 und Tabelle A27 im Anhang). Zu beobachten war, dass die Stabilität der Intelligenz (CPM) bei den Vergleichskindern mit b = .69 etwas höher ausfiel als bei den Förderkindern mit b = .59. Dieser Unterschied ist statistisch allerdings nicht signifikant. Für das phonologische Arbeitsgedächtnis war keine Differenz in den Stabilitätskoeffizienten zu beobachten. Einen signifikanten Unterschied gab es jedoch in der Stabilität des Satzgedächtnisses (SG). Bei den Förderkindern war die Stabilität mit b = .88 etwas höher als bei den Vergleichskindern mit b = .82. Zwar ist der Unterschied numerisch nicht sehr groß, aber die Koeffizienten unterscheiden sich statistisch signifikant voneinander (C.R. = 2.851, p < .01). Ob diese höhere Stabilität der sprachlichen Leistungen bei den Förderkindern durch die Sprachförderung oder durch andere Merkmale der Stichprobe (viele mehrsprachige Kinder und Kinder mit SSES) bedingt ist, muss an dieser Stelle offen bleiben. Der kreuzverzögerte Effekt vom Satzgedächtnis auf die nonverbale Intelligenz (CPM) unterschied sich bei Förder- und Vergleichskindern nicht. Allerdings war er bei den Vergleichskindern – vermutlich aufgrund der geringeren Stichprobengröße – nicht 182 5 Ergebnisse signifikant. In den Korrelationen zwischen den Leistungsmaßen zum ersten Messzeitpunkt waren ebenfalls keine Unterschiede zu finden. Eine signifikante Differenz bestand jedoch in der Fehlerkorrelation von SG und PGN zum zweiten Messzeitpunkt (C.R. = 2.43, p < .01). Lediglich bei den Förderkindern bestand hier ein substanzieller Zusammenhang von r = .27. Bei den Vergleichskindern gab es diesen Zusammenhang nicht. Diese Residualkorrelation bedeutet, dass die Leistungen in der allgemeinen Sprachkompetenz (SG) und im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN) zum zweiten Messzeitpunkt etwas gemeinsam haben, was nicht durch die Leistungen in SG, PGN und CPM zum ersten Messzeitpunkt erklärt wird, aber auch nicht mit den CPM-Leistungen zum zweiten Messzeitpunkt in Verbindung steht. Demzufolge haben nur bei Förderkindern allgemeine Sprachkompetenz und phonologisches Gedächtnis am Ende des Förderzeitraumes eine Gemeinsamkeit, die nicht durch die Leistungen zum ersten Messzeitpunkt oder die Intelligenz erklärt wird. Eine Vermutung wäre, dass diese Gemeinsamkeit in der Sprachförderung liegt und zwar in der Sensibilisierung für Sprache und damit der Bewusstheit für sprachliche Strukturen und Prozesse. Insgesamt sprechen diese Ergebnisse für einen moderierenden Einfluss der Sprachförderung auf die Entwicklung von Sprachkompetenzen. Dieser ist teilweise indirekt und könnte z. T. auch auf Stichprobenunterschiede zurückgeführt werden. Für die Entwicklung der nonverbalen Intelligenz war kein Einfluss aufgrund der Teilnahme an der Sprachförderung nachweisbar. Tabelle 30: Globale Fit-Maße für die Pfadmodelle zum Moderator Sprachförderung inkl. ChiQuadrat-Differenzen-Test 2 p 2 /df NFI CFI RMSEA 0.90 0.90 0.05 Modifiziertes Basismodell 14.71 14 0.398 1.051 0.988 0.965 0.987 0.999 Restring. mod. Basismodell 31.971 22 0.078 1.453 0.976 0.954 0.973 0.991 2 Test 17.261 8 0.028 0.011 0.033 Schwellen für akzeptablen Fit df > 0.05 <3 GFI 0.90 AGFI 0.90 183 5 Ergebnisse .35***/.44*** .16**/.30** CPM t1 .39***/.46*** PGN t1 .57***/.58*** .59***/.69*** CPM t2 SG t1 .15***/.13 PGN t2 R2=.43/.58 e1 .88***/.82*** SG t2 R2=.32/.33 e2 R2=.77/.67 e3 .27***/.02 Abbildung 16: Modifiziertes Basismodell der Interdependenzen von nonverbaler Intelligenz (CPM), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und Satzgedächtnis (SG) für Förder- und Vergleichskinder Anmerkungen: Standardisierte Koeffizienten Förderkinder/Vergleichskinder; **p < .01, ***p < .001; fett kursiv: statistisch signifikant unterschiedlich. Alter und Mehrsprachigkeit Ein Multigruppenvergleich wurde weiterhin für die vier Teilstichproben der ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kinder durchgeführt. Ähnlich wie für die Sprachförderung erwies sich das modifizierte Basismodell als adäquat. Die Anpassung ist laut der Fit-Maße zufriedenstellend (vgl. Tabelle 31). Das zweite, restringierte Modell, in dem für alle Parameter bei den vier Gruppen Gleichheit angenommen wurde, kann ebenfalls als akzeptabel bezeichnet werden. Die Anpassungsmaße fielen allerdings geringfügig schlechter aus. Der Chi-Quadrat-Differenzen-Test bestätigte den Unterschied als signifikant (vgl. Tabelle 31). Das deutet darauf hin, dass Alter und Mehrsprachigkeit moderierende Einflüsse auf das Beziehungsgefüge von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz haben. 184 5 Ergebnisse Tabelle 31: Globale Fit-Maße für die Pfadmodelle zu den Moderatoren Alter und Mehrsprachigkeit inkl. Chi-Quadrat-Differenzen-Test 2 p 2 /df NFI CFI RMSEA 0.90 0.90 0.05 Modifiziertes Basismodell 35.509 28 0.156 1.268 0.971 0.914 0.966 0.992 Restring. mod. Basismodell 77.747 52 0.012 1.495 0.942 0.906 0.925 0.974 2 Test 42.239 24 0.012 0.026 0.035 Schwellen für akzeptablen Fit df > 0.05 <3 GFI 0.90 AGFI 0.90 Zwischen den Koeffizienten für die einzelnen Gruppen waren im Modell mit freien Parameterschätzungen Unterschiede zu beobachten. Signifikant waren allerdings ausschließlich einige Differenzen in den Korrelationen zum ersten Messzeitpunkt, wie sie bereits für das Korrelationsmodell berichtet wurden (s. o. und Tabelle A36 im Anhang). Zur besseren Übersicht sind alle Regressions- und Korrelationskoeffizienten in Tabelle 32 zusammengefasst. Die Vorhersagekoeffizienten vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt unterschieden sich nicht signifikant. Numerisch fielen die Stabilitätskoeffizienten der nonverbalen Intelligenz (CPM) bei vierjährigen Kindern (b = .41 einsprachige und b = .49 mehrsprachige) etwas geringer aus als bei fünfjährigen Kindern (b = .56 einsprachige und b = .67 mehrsprachige) und bei einsprachigen als bei mehrsprachigen Kindern, aber die Differenzen waren nicht signifikant. Im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN) fiel die Stabilität ebenfalls numerisch, aber nicht signifikant für die jüngeren, insbesondere die einsprachig aufwachsenden Kinder geringer aus (b = .43, bei mehrsprachigen b = .58) als für die älteren Kinder (b = .61 einsprachige und b = .62 mehrsprachige). Das Satzgedächtnis (SG) war in allen Gruppen äußerst stabil (um b = .85). Nur bei den einsprachigen fünfjährigen Kindern war die Stabilität unbedeutend geringer (b = .72), was auf die geringere Varianz aufgrund des Deckeneffektes zurückzuführen ist. Für den kreuzverzögerten Effekt vom Satzgedächtnis (SG) zu t1 auf die nonverbale Intelligenz (CPM) zu t2 waren deutliche, wenn auch ebenfalls nicht signifikante Unterschiede beobachtbar. Ein signifikanter Einfluss der Sprachkompetenz auf die Intelligenz von b = .28 war lediglich für die einsprachigen vierjährigen Kinder zu verzeichnen. Bei den einsprachigen fünfjährigen Kindern war der Effekt mit b = .14 deutlich geringer und nur noch tendenziell signifikant. Bei den mehrsprachigen Kindern waren die Koeffizienten (um b = .1) statistisch unbedeutend. Damit wird die Annahme gestützt, dass bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern die Sprachkompetenz im Deutschen keine wesentliche Bedeutung für die spätere nonverbale Intelligenz hat. 185 5 Ergebnisse Signifikante Unterschiede zwischen den geschätzten Parametern wurden für die Korrelationen zum ersten Messzeitpunkt bestätigt, wie sie bereits aus dem Korrelationsmodell bekannt sind (s. o.). In der Fehlerkorrelation zum zweiten Messzeitpunkt gab es statistisch keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Allerdings waren die Koeffizienten bei den mehrsprachig aufwachsenden Kindern numerisch höher als bei den einsprachig aufwachsenden Kindern und nur hier signifikant. Mit r = .32 und r = .33 ist von mittleren Zusammenhängen zu sprechen, die zwischen den nicht im Modell erklärten Anteilen von Satzgedächtnis und phonologischem Arbeitsgedächtnis zum zweiten Messzeitpunkt bei den mehrsprachig aufwachsenden Kindern bestanden. Bei diesen Kindern scheinen also nicht nur die sprachlichen Maße an sich stärker im Zusammenhang zu stehen (Korrelation von PGN und SG zu t1) als bei einsprachig aufwachsenden Kindern, sondern es scheint auch Einflüsse auf die sprachliche Entwicklung zu geben, die nicht in den früheren Kompetenzen zu finden sind. Möglicherweise wirkt sich die sprachliche Förderung in den Kindertageseinrichtungen aus und/oder das stärkere Bewusstsein für die Verwendung von Sprache beeinflusst die Leistungen. Der moderierende Einfluss von Alter und Mehrsprachigkeit auf die Beziehung zwischen Sprache und Intelligenz wird demzufolge nur teilweise bestätigt. Für die Entwicklung über die Zeit waren keine signifikanten Unterschiede in den Koeffizienten für ein- und mehrsprachig aufwachsende vier- und fünfjährige Kinder zu verzeichnen. Bedeutsame Differenzen bestanden in den Korrelationen zum ersten Messzeitpunkt, wie sie oben bereits erläutert wurden. Die Hypothese, dass bei mehrsprachigen Kindern die Beziehung zwischen allgemeiner Sprachkompetenz (SG) und Intelligenz (CPM) geringer ausfällt als bei einsprachig aufwachsenden Kindern, wird durch die Ergebnisse weder eindeutig bestätigt noch abgelehnt. Der kreuzverzögerte Effekt vom Satzgedächtnis auf CPM war zwar numerisch, jedoch nicht statistisch bedeutsam geringer bei mehrsprachig als bei einsprachig aufwachsenden Kindern. Im Korrelationsmuster war eine Interaktion von Mehrsprachigkeit mit dem Alter erkennbar. Bei den mehrsprachigen Kindern fiel der Zusammenhang zwischen CPM und SG bei den fünfjährigen Kindern signifikant höher aus als bei den vierjährigen Kindern. Bei den einsprachigen Kindern war es umgekehrt; hier nahm der Zusammenhang mit dem Alter ab. In jedem Fall war bei den fünfjährigen mehrsprachig aufwachsenden Kindern die höchste Korrelation festzustellen, was der Annahme eines geringeren Zusammenhangs zwischen Sprachkompetenz und Intelligenz 186 5 Ergebnisse widerspricht. Zwischen nonverbaler Intelligenz (CPM) und phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) war der Zusammenhang nur bei mehrsprachigen fünfjährigen Kindern signifikant. Auch dies spricht eher für stärkere Zusammenhänge zwischen sprachlichen und nonverbal-schlussfolgernden Leistungen bei Mehrsprachigkeit. Tabelle 32: Standardisierte Regressionsgewichte und Korrelationen im modifizierten kreuzverzögerten Pfadmodell für ein- und mehrsprachig aufwachsende vier- und fünfjährige Kinder einsprachige 4-jährige K. einsprachige 5-jährige K. mehrsprachige 4-jährige K. mehrsprachige 5-jährige K. CPM t1 → CPM t2 0.410 *** 0.562 *** 0.489 *** 0.672 *** PGN t1 → PGN t2 0.433 *** 0.610 *** 0.581 *** 0.615 *** SG t1 → SG t2 0.854 *** 0.716 *** 0.851 *** 0.838 *** SG t1 → CPM t2 0.280 ** 0.139 + 0.110 n.s. 0.097 n.s. SG t1 ↔ CPM t1 0.340 c ** 0.225 bc * 0.163 bc n.s. 0.466 ac *** PGN t1 ↔ CPM t1 0.025 bc n.s. -0.019 bc n.s. 0.117 c n.s. 0.317 ac *** PGN t1 ↔ SG t1 0.475 b *** 0.243 a * 0.511 b *** 0.544 b *** e2 0.241 + 0.143 n.s. 0.324 ** 0.332 *** ↔ e3 Anmerkungen: +p < .10, *p < .05, **p < .01, *** p < .001; Die Buchstabenindici markieren die statistische Unterschiedlichkeit pro Zeile. Tabelle 33: Multiple quadrierte Korrelationen der endogenen Variablen im modifizierten Basismodell für die Moderatoren Alter und Mehrsprachigkeit Multiple quadrierte Korrelationen R2 Gruppe CPM t2 PGN t2 SG t2 einsprachige vierjährige Kinder 0.33 0.19 0.73 einsprachige fünfjährige Kinder 0.37 0.37 0.51 mehrsprachige vierjährige Kinder 0.27 0.34 0.73 mehrsprachige fünfjährige Kinder 0.52 0.38 0.70 187 5 Ergebnisse Exkurs: Prüfung von Geschlechtsunterschieden Obwohl Geschlechtsunterschiede nicht im Fokus dieser Arbeit stehen, erschien es sinnvoll, sie explorativ zu prüfen. Im modifizierten Basismodell differierten einige Koeffizienten leicht für Jungen und Mädchen, allerdings nicht statistisch bedeutsam (vgl. Abbildung 17 und Tabelle A41 im Anhang). Ein restringiertes Modell, in dem alle Koeffizienten für Jungen und Mädchen gleich geschätzt wurden, erwies sich ebenfalls als adäquat für die Daten und nicht verschieden vom Modell mit freien Parameterschätzungen (vgl. Tabelle 34). Demzufolge moderiert das Geschlecht nicht die Beziehungen zwischen allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz. .31***/.42*** .23***/.14+ .41***/.40*** CPM t1 PGN t1 .59***/.55*** .63***/.59*** CPM t2 SG t1 .87***/.87*** .19***/.09 PGN t2 R2=.51/.40 SG t2 R2=.34/.30 e1 R2=.75/.76 e2 e3 .16**/.30*** Abbildung 17: Modifiziertes Basismodell der Interdependenzen von nonverbaler Intelligenz (CPM), phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und Satzgedächtnis (SG) für Jungen und Mädchen Anmerkungen: Standardisierte Koeffizienten Jungen/Mädchen; +p < .10, **p < .01, ***p < .001 Tabelle 34: Globale Fit-Maße für die Pfadmodelle zum Moderator Geschlecht inkl. Chi-QuadratDifferenzen-Test 2 p 2 /df NFI CFI RMSEA 0.90 0.90 0.05 Modifiziertes Basismodell 17.651 14 0.223 1.261 0.986 0.958 0.985 0.997 Restring. mod. Basismodell 26.361 22 0.236 1.198 0.979 0.961 0.977 0.996 2 Test 8.71 8 0.367 0.025 0.022 Schwellen für akzeptablen Fit df > 0.05 <3 GFI 0.90 AGFI 0.90 188 5 Ergebnisse 5.3 Vergleiche von Extremgruppen in Intelligenz und Sprachkompetenz Es wurde weiterhin die Frage gestellt (Fragestellung 6), inwieweit sich Zusammenhänge zwischen Sprachkompetenz und Intelligenz beim Vergleich von Leistungsextremgruppen finden lassen. Zur Beantwortung wurde einerseits geprüft, ob sich Kinder mit extrem hoher und extrem niedriger Intelligenz hinsichtlich der Sprachkompetenz und der Sprachentwicklung unterscheiden. Andererseits wurde untersucht, ob sich sprachlich auffällige Kinder von nicht auffälligen Kindern in der Intelligenz und der Intelligenzentwicklung unterscheiden. Für die Frage nach Auswirkungen der Intelligenz auf die Sprache wurden Extremgruppen bezüglich der Intelligenz gebildet. Dafür wurden aus der Verteilung der CPM-Leistungen (T-Norm-Werte) zum ersten Messzeitpunkt die obersten und die untersten 10 % der Stichprobe ausgewählt. Die obersten 10 %, das sind 46 Kinder, hatten einen T-Wert von mindestens 58. Die untersten 10 %, dies waren 44 Kinder, hatten einen T-Wert von höchstens 29. Für diese beiden Extremgruppen wurden Kovarianzanalysen mit Messwiederholung für PGN und SG als abhängige Variablen mit der Kovariate Alter zum ersten Messzeitpunkt berechnet. Im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN) betrug der Mittelwert der unteren Extremgruppe zum ersten Messzeitpunkt 8.86 Rohwertpunkte (SD = 3.66), während die obere Extremgruppe 9.54 Punkte (SD = 3.49) aufwies. Zum zweiten Messzeitpunkt lagen die Durchschnittswerte bei 9.2 (SD = 3.08) bzw. 10.2 Punkten (SD = 2.45). Die Niveauunterschiede waren nicht signifikant (vgl. Tabelle 35 und 36). Tabelle 35: Deskriptive Statistiken der Leistungen in PGN bei den Extremgruppen der Intelligenz Test-Rohwert PGN t1 PGN t2 Extremgruppe CPM Mittelwert Standardabweichung N untere 10 % 8.86 3.66 44 obere 10 % 9.54 3.49 46 untere 10 % 9.20 3.08 44 obere 10 % 10.20 2.45 46 189 5 Ergebnisse Tabelle 36: Ergebnisse der univariaten Vergleiche der PGN-Leistungen in der Kovarianzanalyse mit Messwiederholung im Extremgruppenvergleich Intelligenz Effekt Alter Extremgruppen CPM df 1/87 1/87 F 1.691 1.675 Signifikanz p = .20 p = .20 η2 .02 .02 Anmerkung: signifikanter Levene-Test für PGN zu t2: F (1, 88) = 4.43, p < .05 Für die Entwicklung war lediglich der aus den anfangs berichteten Analysen bekannte Haupteffekt der Zeit bedeutsam. Die Leistungen der Kinder nahmen über den Untersuchungszeitraum zu, und zwar über den Alterseffekt hinaus. Die Interaktion des Zeiteffektes mit der Kovariate Alter war tendenziell signifikant, womit bestätigt wird, dass die jüngeren Kinder ihre phonologische Kompetenz im Untersuchungszeitraum stärker entwickelten als die älteren Kinder. Eine Wechselwirkung zwischen Zeit und Extremgruppe konnte nicht nachgewiesen werden. Somit verlief die Leistungszunahme unabhängig von der Intelligenz (vgl. Tabelle 37). Tabelle 37: Statistische Kennwerte der Kovarianzanalyse mit Messwiederholung für die Leistungen in PGN im Extremgruppenvergleich Intelligenz Effekt Zeit Zeit x Alter Zeit x Extremgruppe WilksLambda 0.954 0.959 0.995 df 1/87 1/87 1/87 F 4.238 3.693 0.438 Signifikanz p < .05 p = .06 p = .51 η2 0.05 0.04 0.01 Folglich waren sowohl die Leistungen als auch die Leistungsentwicklung im phonologischen Arbeitsgedächtnis unabhängig von der nonverbalen Intelligenz der Kinder. Damit wird bestätigt, dass nicht-sprachliche Intelligenz und phonologische Gedächtnisfähigkeiten weitgehend unabhängige Kompetenzbereiche sind. Im Satzgedächtnis (SG) erreichte die untere Extremgruppe zum ersten Messzeitpunkt im Durchschnitt 60.86 Rohwertpunkte (SD = 28.98), die obere Extremgruppe 73.43 Punkte (SD = 23.84). Bis zum zweiten Messzeitpunkt erhöhten sich die Leistungen durchschnittlich um gut 12 Punkte. Für die untere Gruppe waren nun im Mittel 73.23 Rohwertpunkte (SD = 26.3) und für die obere Gruppe 85.35 Punkte (SD = 21.88) zu verzeichnen (vgl. Tabelle 38 und Abbildung 18). Der Leistungsniveauunterschied 190 5 Ergebnisse zugunsten der oberen Gruppe war statistisch signifikant mit 6 % erklärter Varianz (vgl. Tabelle 39). Die intelligenteren Kinder erbrachten höhere sprachliche Leistungen als die Kinder mit geringer nonverbaler Intelligenz. Dies entspricht den Erwartungen aufgrund der bisherigen Ergebnisse, die einen deutlich positiven Zusammenhang zwischen allgemeiner Sprachkompetenz und Intelligenz nachwiesen. Tabelle 38: Deskriptive Statistiken der Leistungen im Satzgedächtnis (SG) in den IntelligenzExtremgruppen Test-Rohwert SG t1 SG t2 Extremgruppe CPM Mittelwert Standardabweichung N untere 10 % 60.86 28.98 44 obere 10 % 73.43 23.84 46 untere 10 % 73.23 26.30 44 obere 10 % 85.35 21.88 46 110 100 90 85,35 80 Rohwert SG 73,43 73,23 70 60,86 60 untere 10% obere 10% 50 40 30 20 10 0 t1 t2 Zeitpunkt Abbildung 18: Leistungsentwicklung von Kindern mit besonders hoher (N = 46) und besonders geringer (N = 44) nonverbaler Intelligenz (CPM) im Satzgedächtnis (SG) Statistische Kennwerte Zeit: Wilks-Lambda = 0.98, F (1, 87) = 1.96, p = 0.17, η2 = 0.02; Zeit x Alter: Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 87) = 0.29, p = 0.59, η2 = 0.00; Zeit x Extremgruppe: Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 87) = 0.01, p < 0.91, η2 = 0.00 191 5 Ergebnisse Tabelle 39: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche im Satzgedächtnis (SG) für die Kovariate Alter und den Faktor Intelligenz-Extremgruppe Effekt Alter Extremgruppen CPM df 1/87 1/87 F 1.856 5.076 Signifikanz p = .18 p < .05 η2 .02 .06 Anmerkung: signifikante Levene-Tests für SG zu t1: F (1, 88) = 6.51, p < .05; zu t2: F (1, 88) = 8.58, p < .01 Die multivariaten Effekte zum Entwicklungsverlauf waren nicht bedeutsam. Dass der Haupteffekt Zeit nicht wie in den anfangs berichteten Analysen signifikant wurde, ist mit der geringen Stichprobengröße zu erklären, denn die Varianzaufklärung war mit 2 % genauso groß wie vorher. Die nicht signifikante Wechselwirkung mit dem Faktor Extremgruppe zeigt, dass die Leistungszunahme der allgemeinen Sprachkompetenz, gemessen über das Satzgedächtnis (SG), unabhängig vom Niveau der nonverbalen Intelligenz verlief. Die nonverbale Intelligenz hatte keine Bedeutung für die Geschwindigkeit der sprachlichen Entwicklung der Kinder. Demzufolge gingen höhere Intelligenzleistungen nur mit höherer allgemeiner Sprachkompetenz einher, ohne jedoch die Sprachkompetenzentwicklung zu beschleunigen (vgl. Abbildung 18). Somit wird nur der erste Teil der aufgestellten Hypothese bestätigt. Gleichzeitig werden die Ergebnisse der Pfadanalyse gestützt, in der sich ebenfalls kein Einfluss der Intelligenz auf die spätere Sprachkompetenz zeigte. Für die Frage, ob abhängig von der Sprachkompetenz Unterschiede bezüglich der Intelligenz vorliegen, wurden laut SSV-Ergebnis sprachlich auffällige und sprachlich nicht auffällige Kinder verglichen. Die eine Gruppe hatte in PGN und SG zum ersten Messzeitpunkt unterdurchschnittliche Leistungen erbracht, d. h. jeweils einen T-Wert unter 40. Die zweite Gruppe war dagegen in beiden Untertests unauffällig mit T-Werten über 40. Zur ersten Gruppe gehörten 81, zur zweiten Gruppe 163 Kinder. In der Kovarianzanalyse mit Messwiederholung (abhängige Variable CPM-Leistungen zu t1 und t2, Kovariate Alter) wurde zusätzlich die Ein- oder Mehrsprachigkeit der Kinder als weiterer Faktor berücksichtigt. Grund dafür war die Annahme, dass unter den einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern Sprachentwicklungsstörungen häufiger 192 5 Ergebnisse vertreten sein dürften und damit unterschiedliche Gründe für die Sprachauffälligkeit bei ein- und mehrsprachigen Kindern bestehen, die wiederum Bedeutung für die Intelligenz haben. Tabelle 40 und Abbildung 19 geben die mittleren Intelligenzleistungen der letztlich vier Kindergruppen zum ersten und zweiten Messzeitpunkt wieder. Es wird deutlich, dass die Rangreihe des Leistungsniveaus der Gruppen über die Zeit erhalten blieb. Die geringsten Intelligenzleistungen erbrachten die sprachauffälligen einsprachig deutschen Kinder (13.22 Punkte zu t1 und 14.74 Punkte zu t2). Die sprachauffälligen mehrsprachigen Kinder erzielten bessere Leistungen mit 13.9 Punkten zu t1 und 17.9 Punkten zu t2, gefolgt von den sprachunauffällig einsprachigen Kindern, die 15.82 bzw. 19.49 Punkte zu t1 und t2 erreichten. Die besten Intelligenzleistungen zu beiden Zeitpunkten waren für die sprachunauffälligen mehrsprachig aufwachsenden Kinder mit 17.22 bzw. 20.03 Punkten zu verzeichnen. Tabelle 40: Deskriptive Statistiken der nonverbalen Intelligenzleistungen (CPM) bei den sprachlich auffälligen und sprachlich unauffälligen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern Testein-/mehrsprachig Rohwert sprachauffällig CPM t1 nein ja CPM t2 nein ja Mittelwert Standardabweichung N einsprachig 15.82 5.50 98 mehrsprachig 17.22 5.44 64 einsprachig 13.22 3.77 23 mehrsprachig 13.90 3.95 58 einsprachig 19.49 5.32 98 mehrsprachig 20.03 5.26 64 einsprachig 14.74 4.83 23 mehrsprachig 17.90 4.92 58 193 5 Ergebnisse 36 32 28 Rohwert CPM 24 20 17,22 16 12 15,82 13,90 20,03 auffällig einsprachig 19,49 17,90 auffällig mehrsprachig 14,74 unauffällig mehrsprachig unauffällig einsprachig 13,22 8 4 0 t1 t2 Zeitpunkt Abbildung 19: Leistungsentwicklung von sprachauffälligen einsprachigen (N = 23), sprachauffälligen mehrsprachigen (N = 58), sprachunauffälligen einsprachigen (N = 98) und sprachunauffälligen mehrsprachigen Kindern (N = 64) in der nonverbalen Intelligenz (CPM) Statistische Kennwerte25 Zeit: Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 238) = 0.62, p = 0.43, η2 = 0.00; Zeit x Alter: Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 238) = 0.10, p = 0.75, η2 = 0.00; Zeit x Sprachauffälligkeit: Wilks-Lambda = 1.00, F (1, 238) = 0.53, p < 0.47, η2 = 0.00; Zeit x Mehrsprachigkeit: Wilks-Lambda = 0.99, F (1, 238) = 1.53, p = 0.22, η2 = 0.01; Zeit x Sprachauffälligkeit x Mehrsprachigkeit: Wilks-Lambda = 0.97, F (1, 238) = 7.38, p < 0.01, η2 = 0.03 Tabelle 41: Ergebnisse der univariaten Leistungsvergleiche in der nonverbalen Intelligenz (CPM) für die Kovariate Alter und die Faktoren Sprachauffälligkeit und Mehrsprachigkeit Effekt Alter Sprachauffälligkeit Mehrsprachigkeit Sprachauffälligkeit x Mehrsprachigkeit df 1/238 1/238 1/238 1/238 F 43.979 14.966 .674 .018 Signifikanz p < 0.001 p < 0.001 p = .41 p = .89 η2 .16 .06 .00 .00 Die Differenzen im Intelligenzniveau wurden im univariaten Vergleich der Kovarianzanalyse für den Haupteffekt Sprachauffälligkeit bestätigt. Die sprachlich auffälligen Kinder erbrachten signifikant geringere Leistungen im nonverbalen Intelligenztest als die sprachunauffälligen Kinder (vgl. Tabelle 41). 6 % der Leistungsvarianz wurden durch diesen Effekt aufgeklärt. Das Alter erwies sich wie in den eingangs berichteten Analysen als bedeutsam für die Intelligenzleistungen: Die älteren 25 signifikanter Box-M-Test: F (9, 59603.882) = 2.101, p < .05 194 5 Ergebnisse Kinder erzielten entwicklungsbedingt höhere Werte. Für die Mehrsprachigkeit und die Interaktion von Sprachauffälligkeit und Mehrsprachigkeit ließ sich keine Bedeutung nachweisen. Bei der Prüfung der Entwicklung über die Zeit war lediglich ein Effekt signifikant: die Dreifach-Interaktion von Zeit, Sprachauffälligkeit und Ein- bzw. Mehrsprachigkeit (vgl. Abbildung 19). Wie Abbildung 19 zeigt, nahmen die Intelligenzleistungen in allen Gruppen gleichmäßig zu, nur die sprachauffälligen einsprachig deutschen Kinder hatten einen deutlich geringeren Intelligenzzuwachs über den Zeitraum von neun Monaten. Damit wird die Vermutung gestützt, dass es sich bei den einsprachig deutschen Kindern mit Sprachrückständen um Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen handelt. Diese Störungen haben Auswirkungen auf die weitere Intelligenzentwicklung. Das heißt aber auch, dass die Intelligenzentwicklung nicht unbedingt von der Sprachkompetenz abhängt, denn die mehrsprachig aufwachsenden Kinder mit Sprachrückständen entwickelten sich in den Intelligenzleistungen durchschnittlich. 5.4 Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse Die Zusammenhänge zwischen den sprachlichen Indikatoren Satzgedächtnis und phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter ließen deutliche Gemeinsamkeiten zwischen den Anforderungen erkennen. Mit der nonverbalen Intelligenz waren die Korrelationen geringer, und zwar am geringsten zwischen phonologischem Gedächtnis und nonverbaler Intelligenz. Eine Beziehung zwischen phonologischen und nichtsprachlichen Fähigkeiten schien überhaupt nur bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern zu bestehen. In allen drei Kompetenzbereichen erwiesen sich die Leistungen als sehr stabil, vor allem jedoch in der allgemeinen Sprachkompetenz. Hinsichtlich der Entwicklungsinterdependenzen deuteten sowohl die Pfadanalysen als auch die Extremgruppenvergleiche darauf hin, dass im Altersbereich von vier bis sechs Jahren die Sprachkompetenz eine Einflussgröße für die Intelligenzentwicklung darstellt. Die nonverbale Intelligenz scheint umgekehrt für die Sprachkompetenzentwicklung nicht bedeutsam zu sein. Allerdings sind das Alter der Kinder und das Aufwachsen im einoder mehrsprachigen Kontext zu beachten. Der Einfluss der Sprache auf die Intelligenz war allein für die einsprachig aufwachsenden, vor allem die jüngeren Kinder bedeutsam. Mit dem Alter scheint dieser Einfluss abzunehmen. Bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern zeigte sich ein bedeutender, nicht direkt beobachteter Effekt 195 5 Ergebnisse auf die sprachlichen Maße. Möglicherweise lässt sich dieser Effekt auf die sprachliche Förderung in den Kindertageseinrichtungen zurückführen. Der moderierende Effekt der Sprachförderung zeigte sich nämlich ebenfalls darin, dass zwischen den unbeobachteten Anteilen an den Sprachleistungen zum zweiten Messzeitpunkt nur für die Förderkinder Zusammenhänge gefunden wurden. Somit scheint die Sprachförderung einen indirekten Effekt auf die Sprachleistungen zu haben, nicht jedoch auf die nonverbale Intelligenz. Dass sich bei einsprachig aufwachsenden Kindern dieser Effekt der Sprachförderung nicht zeigte, könnte an den spezifischen Defiziten liegen. Vermutet werden Spezifische Sprachentwicklungsstörungen, denn gerade die einsprachigen Kinder erbrachten nicht nur in der allgemeinen Sprachkompetenz geringere Leistungen, sondern auch im phonologischen Arbeitsgedächtnis. Zudem entwickelten die einsprachigen sprachauffälligen Kinder ihre nonverbale Intelligenz deutlich langsamer als alle anderen Kinder. Die Ergebnisse bestätigen, dass Sprache ein wichtiger Teil von Intelligenz, sogar von nonverbaler Intelligenz ist und dass es bedeutsame Zusammenhänge zwischen beiden Bereichen gibt, die sich altersbedingt und in Abhängigkeit von anderen Einflüssen verändern können (vgl. Kap. 2). 196 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Die vorliegende Studie diente der Untersuchung der Wechselbeziehung von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz im Vorschulalter. Dies sind drei wesentliche Kompetenzbereiche im Kindergartenalter (vgl. Weinert et al., 2010). Zur Prüfung der Zusammenhänge zwischen diesen Kompetenzbereichen wurden im Kontext der Evaluation von Sprachfördermaßnahmen 411 Kinder zu zwei Zeitpunkten untersucht, einmal am Beginn und einmal am Ende des Kindergartenjahres. Die Kinder waren zu Beginn 3;10 bis 5;6 Jahre alt. Als Maß für die allgemeine Sprachkompetenz wurde der Untertest Satzgedächtnis (SG) aus dem SSV (Grimm, 2003b) verwendet und für das phonologische Gedächtnis der Untertest Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN), ebenfalls aus dem SSV (Grimm, 2003b). Die nonverbale Intelligenz wurde mit den Coloured Progressive Matrices von Raven (CPM, Bulheller & Häcker, 2002) geprüft. Die Fragestellungen bezogen sich auf die Höhe der Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz, zunächst im Querschnitt für alle an der Untersuchung teilnehmenden Kinder sowie für die vier- und fünfjährigen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kinder im Vergleich (Fragestellung 1). Des Weiteren wurde nach Unterschieden in der Höhe der Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz und allgemeiner Intelligenz einerseits und zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und Intelligenz andererseits gefragt (Fragestellung 2). Im Längsschnitt interessierte sowohl die Stabilität der Leistungen in allen drei Kompetenzbereichen (Fragestellung 3) als auch die Wechselwirkung von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Gedächtnis und Intelligenz über den neunmonatigen Untersuchungszeitraum (Fragestellung 4). Außerdem bestand die Frage, ob die Teilnahme an Sprachförderung, das Alter oder die Mehrsprachigkeit der Kinder moderierende Einflüsse auf diese Wechselwirkung haben (Fragestellung 5). Ergänzend sollten die Zusammenhänge von Sprachkompetenz und Intelligenz durch den Vergleich von Extremgruppen untersucht werden (Fragestellung 6). Es wurde gefragt, ob sich Kinder mit extrem hoher bzw. extrem geringer nonverbaler Intelligenz in ihren sprachlichen Leistungen und der Leistungsentwicklung unterscheiden und ob sich sprachlich auffällige und sprachlich unauffällig entwickelte Kinder in ihren Leistungen und der Leistungsentwicklung in der nonverbalen Intelligenz unterscheiden. 197 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen In diesem Kapitel werden die zentralen Ergebnisse in Bezug auf die Fragestellungen diskutiert. Darüber hinaus wird in einer methodenkritischen Auseinandersetzung die Anlage der Untersuchung beurteilt. Abschließend werden Schlussfolgerungen für die weitere Forschung und für die praktische Arbeit in der frühkindlichen Bildung gezogen. 6.1 Diskussion der zentralen Ergebnisse 6.1.1 Merkmale der Stichprobe Die Kinder der Untersuchungsstichprobe kamen aus Kindertageseinrichtungen in Baden-Württemberg, die an der wissenschaftlichen Begleitung des Programms „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung Baden-Württemberg), durchgeführt an der Pädagogischen Hochschule Weingarten, teilgenommen hatten. Drei Viertel der Kinder erhielt – über die allgemeine Förderung im Kindergarten hinaus – Sprachförderung in einer Kleingruppe in dieser Einrichtung; das letzte Viertel waren Vergleichskinder aus denselben Kindertageseinrichtungen. Die Stichprobe umfasste mehr fünf- als vierjährige Kinder, da die Sprachförderung überwiegend für Kinder im letzten Kindergartenjahr angeboten wurde. Außerdem waren etwas mehr mehrsprachig als einsprachig aufwachsende Kinder vertreten. Auch dies entspricht der Zielgruppe der Maßnahme, die sich insbesondere an Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen richtete. Zur Stichprobe ist daher generell anzumerken, dass es sich nicht um eine repräsentative Auswahl deutscher Kinder handelte. Förderbedürftigkeit Großteils umfasste die Stichprobe sprachförderbedürftige Kinder. Dies wurde im Vergleich der Leistungen mit den jeweiligen Normstichproben der Testverfahren bestätigt. Die Leistungen der Untersuchungsstichprobe lagen zu beiden Zeitpunkten signifikant unter dem Altersdurchschnitt. Besonders stark war die Abweichung in der allgemeinen Sprachkompetenz, gemessen mit dem Satzgedächtnis (SG). Zum ersten Messzeitpunkt lagen die Leistungen durchschnittlich eine Standardabweichung unter dem Normmittelwert. Zum zweiten Messzeitpunkt war es nur noch eine halbe Standardabweichung, wobei die Hälfte der Kinder der Stichprobe zu diesem Zeitpunkt bereits älter als die Normstichprobe war. Dies macht den gravierenden Förderbedarf der Kinder deutlich. Förderbedarf scheint jedoch nicht nur hinsichtlich der Sprache zu bestehen, 198 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen sondern auch in der allgemeinen kognitiven Entwicklung, denn sogar die nonverbalen Intelligenzleistungen fielen im Mittel unterdurchschnittlich aus. Ein wesentlicher Grund für das unterdurchschnittliche Abschneiden der Kinder dürfte in den Familien liegen. Die Kinder der Untersuchungsstichprobe stammen eher aus Familien mit geringerem Sozial- und Bildungsstatus, wie im Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung dokumentiert ist (Gasteiger-Klicpera et al., 2010). Daher ist anzunehmen, dass Anlage und Umwelt für die – in diesem Fall geringeren – Leistungen (mit) verantwortlich sind. Die durchschnittlich geringere Intelligenz der Kinder könnte jedoch auch, zumindest teilweise, an den Sprachdefiziten der Kinder liegen. In mehreren bisherigen Untersuchungen wiesen Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen gleichzeitig kognitive Einschränkungen auf, was sich auf die Leistungen in nonverbalen Intelligenztests auswirkte (vgl. Buschmann et al., 2008; Dodd & Crosbie, 2002; Leonard, 2000; Sachse, 2007; Viding et al., 2003). Hinweise darauf fanden sich auch in den eigenen Daten im Extremgruppenvergleich. Kinder mit extrem geringer nonverbaler Intelligenz hatten in der allgemeinen Sprachkompetenz im Mittel signifikant geringere Leistungen als die Kinder mit extrem hoher nonverbaler Intelligenz (s. o. und s. u.). Leistungsstand und Leistungsentwicklung – allgemein und differentiell Für alle drei Kompetenzbereiche war eine positive Leistungsentwicklung über den Untersuchungszeitraum zu beobachten. Die natürliche Leistungsdifferenz vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt entsprach der Altersentwicklung der Kinder. Dies wurde an mittleren Korrelationen der Leistungen mit dem Alter deutlich. Das Alter zum ersten Messzeitpunkt wurde daher in den folgenden Auswertungen berücksichtigt. Für die sprachlichen Maße – allgemeine Sprachkompetenz und phonologisches Arbeitsgedächtnis – war über die Kovariation mit dem Alter hinaus, eine Leistungszunahme über den Untersuchungszeitraum nachzuweisen. Dies deutet auf zusätzliche Entwicklungseinflüsse hin. Ein wesentlicher Faktor ist wahrscheinlich die Förderung im Kindergarten. Die Bedingungen in den Familien dürften sich in dieser kurzen Zeit nicht gravierend geändert haben. Außerdem ist anzunehmen, dass sich familiäre Bedingungen auf alle Kompetenzbereiche gleichermaßen auswirken. Der Einfluss war für die nonverbale Intelligenz jedoch nicht nachweisbar. Ein weiteres Ergebnis ist die Abhängigkeit der Leistungszunahme vom Alter der Kinder. Bei jüngeren Kindern fiel der Zuwachs größer aus. Dies bestätigt, dass jüngere Kinder die besseren Sprachlerner sind. Die Sensibilität und damit die Leichtigkeit von sprachlichem Lernen scheint mit 199 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen zunehmendem Alter abzunehmen (Meisel, 2007; Szagun, 2006; Weinert, 2006). Die Abnahme des Leistungszuwachses mit zunehmendem Alter kann aber auch mit der exponentiellen Annäherung an die perfekte Kompetenz erklärt werden. Je näher das Leistungsniveau an die absolute Kompetenz heranreicht, desto geringer fällt die Zunahme aus. Im vorliegenden Fall wäre dabei denkbar, dass die verwendeten Maße für die Kompetenzen zum zweiten Messzeitpunkt an die obere Grenze stießen. Dies dürfte jedoch nur in einigen Fällen zutreffen, weil die Verteilung von keinem der Maße extrem rechtsschief war und mindestens 1.5 Standardabweichungen – meistens mehr – vom Mittelwert nach oben möglich waren. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass viele Kinder bereits älter als die Normstichprobe waren und daher leicht an die Testdecke heran reichten. Insbesondere für das Satzgedächtnis ließen die Ergebnisse auf Deckeneffekte schließen. In der nonverbalen Intelligenz wurde die Leistungszunahme allein über das Alter erklärt. Die Leistungsunterschiede aufgrund des Alters waren sehr stark. Dementsprechend hoch waren die Korrelationen der CPM-Leistungen mit dem Alter, vor allem im Vergleich zu den Zusammenhängen des Alters mit den Leistungen im phonologischen Arbeitsgedächtnis und in der allgemeinen Sprachkompetenz. Die Leistungszunahme der Intelligenz über die Zeit wurde nicht durch zusätzliche Einflüsse erklärt. Außerdem erwies sich die Leistungszunahme als unabhängig vom Alter der Kinder, anders gesagt: Das Alter der Kinder spielte keine Rolle für die Leistungssteigerung. Dies mag damit zu erklären sein, dass im untersuchten Altersbereich noch keine Annäherung an die perfekte Kompetenz möglich ist. Der Test ist im Gegensatz zum SSV für einen größeren Altersbereich konzipiert, so dass von keinem Kind die maximale Punktzahl erreicht wurde. Beim Vergleich verschiedener Teilstichproben bestätigten sich weitgehend die genannten Ergebnisse zur Leistungsentwicklung. Die Leistungen hingen mit dem Alter der Kinder zusammen und in den sprachlichen Maßen war die Leistungszunahme vom Alter und von zusätzlichen Einflüssen, vermutlich der Förderung im Kindergarten abhängig. Darüber hinaus wurden nur begrenzt Differenzen zwischen einzelnen Gruppen identifiziert. Jungen und Mädchen Im Vergleich der Leistungen von Jungen und Mädchen wurden keine wesentlichen Leistungsunterschiede festgestellt. Lediglich in der nonverbalen Intelligenz erzielten die 200 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Jungen etwas bessere Werte als die Mädchen. Als jedoch das Kriterium, ob die Kinder ein- oder mehrsprachig aufwachsen, zusätzlich einbezogen wurde, waren keine signifikanten Leistungsdifferenzen mehr nachzuweisen. Daher werden die beobachteten Leistungsunterschiede als zufällig angenommen. Hinsichtlich der Leistungszunahme über die Zeit waren ebenfalls keine Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen festzustellen. Förder- und Vergleichskinder Zwischen Förder- und Vergleichskindern zeigten sich Leistungsdifferenzen allein im Niveau der allgemeinen Sprachkompetenz (SG), nicht jedoch im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN) und in der nonverbalen Intelligenz (CPM). Kinder, die an der Sprachförderung teilnahmen, wiesen in der allgemeinen Sprachkompetenz geringere Leistungen auf als die Vergleichskinder. Dieser Unterschied war zu vermuten, weil die Vergleichskinder dieselben Kindertageseinrichtungen besuchten wie die Förderkinder, aber nicht für die Sprachförderung ausgewählt waren. Dass im phonologischen Arbeitsgedächtnis keine Unterschiede bestanden, ist möglicherweise auf den Anteil mehrsprachig aufwachsender Kinder zurückzuführen, denn sie schnitten in PGN besser ab als die einsprachig aufwachsenden Kinder, wie sich in der weiteren Analyse zeigte. Auf diese Weise erfolgte möglicherweise ein Ausgleich zu den geringeren phonologischen Kompetenzen der einsprachig aufwachsenden Kinder im allgemeinen Durchschnittswert. Die Leistungszunahmen waren in allen drei Kompetenzbereichen unabhängig davon, ob die Kinder an der Förderung teilnahmen oder nicht. Die Förderkinder entwickelten ihre Kompetenzen allerdings auch nicht langsamer als die Vergleichskinder. Somit kam es nicht zum Schereneffekt (vgl. Leonard, 2000). Vier- und fünfjährige Kinder In den drei Testmaßen erbrachten die fünfjährigen Kinder entsprechend der Entwicklung höhere Leistungen als die vierjährigen Kinder. Die Zuwächse der Leistungen im phonologischen Arbeitsgedächtnis und in der Intelligenz waren bei vierund fünfjährigen Kindern gleich. Für die allgemeine Sprachkompetenz (SG) war dagegen nachweisbar, dass der Zuwachs bei den vierjährigen Kindern stärker ausfiel als bei den fünfjährigen Kindern. Dies spiegelt den bereits beschriebenen Alterseffekt wider, dass jüngeren Kindern der Spracherwerb leichter fällt. Um den Alterseffekt wie 201 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen zuvor auch für das phonologische Gedächtnis nachzuweisen, war die Altersdifferenzierung in dieser Analyse vermutlich zu grob. Unterschiede zwischen den Altersgruppen waren darüber hinaus in den Leistungsvariabilitäten auffällig. In den Sprachmaßen waren deutlich größere Streuungen bei den jüngeren Kindern zu beobachten. Dies kann damit erklärt werden, dass die Entwicklungsgeschwindigkeiten bei kleineren Kindern sehr unterschiedlich sind und z. T. Entwicklungssprünge vorkommen. Dadurch ergeben sich in den Testleistungen größere Unterschiede. Außerdem handelte es sich um eine sprachlich sehr heterogene Stichprobe, die Kinder mit unterschiedlichen Sprachschwierigkeiten und etliche mit Mehrsprachigkeit enthielt. Des Weiteren dürfte der teilweise auftretende Deckeneffekt für die geringere Variationsbreite bei den älteren Kindern verantwortlich sein. In der nonverbalen Intelligenz war dagegen bei den fünfjährigen Kindern die Leistungsvariation größer. Vermutlich waren viele vierjährige Kinder mit den Aufgaben noch überfordert, so dass hier ein Bodeneffekt vorliegt. Die leicht linkssteile, schmalgipflige Verteilung spricht für diese Vermutung. Auffällig in den Analyseergebnissen zu den Altersgruppen war darüber hinaus, dass der Leistungszuwachs über die Zeit nicht nur für die sprachlichen Kompetenzbereiche, sondern auch in der nonverbalen Intelligenz bedeutsam war. Dies ist damit zu begründen, dass das Alter in diesen Analysen nur sehr grob, und zwar über die Altersgruppen einbezogen wurde. Die restliche Variation der Leistungen aufgrund des Alters wurde nun durch die Entwicklung über die Zeit erklärt. Ein- und mehrsprachig aufwachsende Kinder Beim Vergleich der ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kinder waren bedeutsame Leistungsniveauunterschiede ausschließlich in den sprachlichen Kompetenzbereichen zu finden. Im phonologischen Arbeitsgedächtnis (für Nichtwörter) waren die mehrsprachig aufwachsenden Kinder minimal im Vorteil. Die absoluten Leistungsdifferenzen und die Effektstärke waren allerdings so gering, dass dem Ergebnis keine wesentliche Bedeutung beigemessen werden sollte. Andere Untersuchungen zeigten außerdem keine Leistungsunterschiede oder minimale Nachteile für mehrsprachig aufwachsende im Vergleich zu einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern im Nachsprechen von Kunstwörtern (Schöler & Brunner, 2007; Schöler, Dutzi et al., 2004; Schöler & Schäfer, 2004). 202 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen In der allgemeinen Sprachkompetenz schnitten die mehrsprachig aufwachsenden Kinder deutlich schlechter ab als die einsprachig deutschen Kinder. Dies entspricht zahlreichen bisherigen Befunden (Brunner & Schöler, 2002; Grimm et al., 2004; Schöler & Brunner, 2007; Schöler et al., 2004, 2005). Somit bestätigt sich erneut, dass den mehrsprachigen Kindern vor allem Kenntnisse in der deutschen Sprache fehlen. Dies dürfte in den meisten Fällen durch nicht ausreichende Bedingungen für den Zweitspracherwerb zu erklären sein: Relativ spät beginnender und ungenügender Input sowie mangelhafte sozial-emotionale Unterstützung (vgl. Haberzettl, 2007; Kracht 2007; Meisel, 2007; Tracy, 2007; Weinert, 2006). Erinnert sei an dieser Stelle daran, dass dies ausschließlich für die (Zweit-)Sprachkompetenz im Deutschen gilt, die in der Untersuchung geprüft wurde. Über die Sprachkompetenzen in der Muttersprache können keine Aussagen gemacht werden. Die erstsprachlichen Kompetenzen könnten durchaus altersgemäß und unauffällig sein. Die ausgeprägte Sprachlernfähigkeit der mehrsprachigen Kinder – für die deutsche Sprache sicher teilweise bedingt durch die sprachförderliche Umgebung der Kindertageseinrichtung – zeigte sich daran, dass der Leistungszuwachs in der allgemeinen deutschen Sprachkompetenz bei den mehrsprachigen Kindern stärker ausgeprägt war als bei den einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern. Letztere waren vermutlich häufiger von Sprachentwicklungsstörungen betroffen und hatten daher Probleme im Spracherwerb, der nicht nur in geringerer Kompetenz, sondern auch in langsamerer Entwicklung deutlich wird (vgl. Leonard, 2000). Unter den mehrsprachigen Kindern sind zwar ebenfalls einige Kinder mit SSES zu vermuten, aber der Anteil in der Stichprobe dürfte deutlich geringer sein als bei den einsprachig aufwachsenden Kindern mit unzureichenden Sprachkenntnissen. An den Mittelwerten war dennoch erkennbar, dass die mehrsprachigen Kinder am Ende des Untersuchungszeitraumes noch nicht das Niveau erreichten, das einsprachige Kinder bereits zu Beginn der Untersuchung hatten. Dies weist auf den gravierenden Förderbedarf hin. Hinsichtlich der nonverbalen Intelligenz waren keine Unterschiede zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern zu verzeichnen. Damit wird bestätigt, dass Kinder mit und ohne Migrationshintergrund vergleichbare allgemeine kognitive Fähigkeiten aufweisen. Das entspricht beispielsweise dem Untersuchungsergebnis von Murphy (1990). Keine Bestätigung fanden somit die in anderen Studien berichteten, meist leichten Leistungsdifferenzen in die eine oder andere Richtung (Dubowy et al., 2008; Patzelt, 2003; Peal & Lambert, 1962; Schakib-Ekbatan et al., 2006; vgl. auch 203 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Bialystok, 2001). Außerdem spricht das Ergebnis für die Kulturfairness der Raven Matrizen. Ein- und mehrsprachig aufwachsende Kinder im Alter von vier und fünf Jahren Es wurde weiterhin die Frage geprüft, ob sich ein- und mehrsprachig aufwachsende Kinder im Alter von vier und fünf Jahren in ihren Leistungen und der Leistungsentwicklung unterscheiden. Dies wurde für die sprachlichen Leistungen bestätigt, und zwar über die bereits berichteten Effekte der Altersgruppen und der Mehrsprachigkeit hinaus. Im phonologischen Arbeitsgedächtnis fielen vor allem die einsprachig deutsch aufwachsenden vierjährigen Kinder auf. Sie erbrachten die geringsten Ausgangsleistungen am Beginn des Sprachförderzeitraumes, verbesserten sich dafür aber deutlich stärker als die anderen Gruppen, auch wenn sie am Ende immer noch im Mittel die deutlich niedrigsten Leistungen erbrachten. Die mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder hatten ein höheres Leistungsniveau und steigerten sich zum zweiten Messzeitpunkt hin geringfügig. Das gleiche traf auf die fünfjährigen mehrsprachig aufwachsenden Kinder zu. Die einsprachig fünfjährigen Kinder hatten zu Beginn das vergleichsweise höchste Ausgangsniveau. Sie verbesserten sich dafür aber kaum über die Zeit, so dass die mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder am Ende im Mittel die höchsten Leistungen im phonologischen Arbeitsgedächtnis erbrachten. Damit hat das Alter vor allem bei den einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern eine zentrale Bedeutung für die Leistungsentwicklung im phonologischen Gedächtnis. Die vierjährigen Kinder begannen niedrig und hatten den höchsten Zuwachs; die fünfjährigen Kinder begannen hoch und verbesserten sich kaum. Bei den mehrsprachig aufwachsenden Kindern war der Zuwachs der vier- und fünfjährigen Kinder gleich. Damit bestätigt sich einerseits die Überlegenheit der mehrsprachigen Kinder in der phonologischen Kompetenz (teilw. Bialystok, 2001). Andererseits deutet das Ergebnis darauf hin, dass sich unter den einsprachig aufwachsenden Kindern häufiger Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen befinden, bei denen phonologische Defizite eine zentrale Rolle spielen (vgl. Baddeley, 2003, 2007; Grimm, 2000a, 2001; Hasselhorn & Werner, 2000; Leonard, 2000; Schecker et al., 2007; Schöler, Braun & Keilmann, 2003; Weinert, 2002, 2005). Dass der Zuwachs bei den vierjährigen Kindern dennoch besonders hoch ist, verwundert. Möglicherweise ist die größere Sensibilität und damit Lernfähigkeit jüngerer Kinder für phonologische Strukturen dafür verantwortlich. Die 204 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Zunahme des Sprachwissens und deren positive Auswirkung auf das phonologische Gedächtnis, wie es von Gathercole et al. (1992) berichtet wird, müsste bei den fünfjährigen Kindern ebenso, wenn nicht noch stärker zutreffen. Eine fundierte Erklärung für das Ergebnis kann derzeit nicht gegeben werden. In der allgemeinen Sprachkompetenz waren die Leistungszuwächse der ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kinder ebenfalls altersabhängig. Das Leistungsniveau der einsprachig aufwachsenden Kinder war erwartungsgemäß höher als jenes der mehrsprachig aufwachsenden Kinder. Außerdem lagen bekanntermaßen die Leistungen der fünfjährigen über jenen der vierjährigen Kinder. Dadurch ergab sich eine Leistungsreihenfolge, die auch über die Zeit erhalten blieb. Die höchsten Leistungen hatten die einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder, gefolgt von den einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kindern. Die Leistungen der fünfjährigen mehrsprachig aufwachsenden Kinder lagen im Mittel also noch unter denen der vierjährigen einsprachigen Kinder. Die geringsten Leistungen erbrachten die vierjährigen mehrsprachig aufwachsenden Kinder. Diese letzte Gruppe verbesserte sich dafür am stärksten über den Untersuchungszeitraum. Deutlich geringere Leistungszunahmen waren für die vierjährigen einsprachig aufwachsenden und die fünfjährigen mehrsprachig aufwachsenden Kinder zu verzeichnen. Den geringsten Zuwachs erzielten die einsprachigen fünfjährigen Kinder. Damit bestätigt sich das Ergebnis, dass gerade jüngere Kinder und vor allem mehrsprachig aufwachsende Kinder einen leichteren Zugang zu neuen sprachlichen Inhalten haben. Die einsprachigen fünfjährigen Kinder erreichten zum zweiten Messzeitpunkt jedoch möglicherweise z. T. die Testdecke, so dass der Zuwachs nicht so groß wie bei den vierjährigen ausfallen konnte. In der nonverbalen Intelligenz bestätigte sich der Niveauunterschied zwischen vier- und fünfjährigen Kindern sowie die Leistungszunahme über die Zeit. Die Einoder Mehrsprachigkeit hatte bekanntermaßen keine Bedeutung und wirkte sich auch bei den vier- und fünfjährigen Kindern nicht unterschiedlich auf die Intelligenzentwicklung aus. Demzufolge verlief die Entwicklung der nonverbalen Intelligenz bei allen untersuchten Kindern gleich. Insgesamt zeigten sich in den Leistungen und in der Leistungsentwicklung im Wesentlichen die zu erwartenden Ergebnisse. Für das Leistungsniveau in den untersuchten Kompetenzbereichen war das Alter der Kinder der bedeutendeste Faktor. Ältere Kinder erreichten naturgemäß die höheren Leistungen. Des Weiteren zeigten Kinder, 205 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen die an der Sprachförderung teilnahmen, geringere Sprachkompetenzleistungen als die zum Vergleich einbezogenen Kinder. Leistungsunterschiede waren auch zwischen den ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern zu beobachten, wobei die mehrsprachig aufwachsenden Kinder zwar in der allgemeinen Sprachkompetenz im Deutschen im Nachteil waren, aber dafür im phonologischen Gedächtnis die etwas besseren Leistungen erbrachten. Alter und Mehrsprachigkeit der Kinder erwiesen sich darüber hinaus als bedeutsam für die Sprachkompetenzentwicklung: Bei den jüngeren und bei den mehrsprachigen Kindern fiel der Leistungszuwachs über den Untersuchungszeitraum höher aus. Im phonologischen Arbeitsgedächtnis war der höchste Zuwachs für die auf dem geringsten Niveau beginnenden einsprachig aufwachsenden jüngeren Kinder festzustellen. Dass der Leistungszuwachs in allen Kompetenzbereichen durch die Alterszunahme bedingt war, wurde bestätigt. Ein wichtiges, nicht erwartetes Ergebnis war jedoch, dass die Leistungszunahme in der allgemeinen Sprachkompetenz und im phonologischen Gedächtnis nicht nur mit dem Alter im Zusammenhang stand, sondern darüber hinaus ein Entwicklungseffekt nachgewiesen werden konnte. Eine Erklärung für diesen Effekt scheint die Förderung in den Kindertageseinrichtungen zu sein. Sie war – angestoßen durch das Sprachförderprogramm – mit Sicherheit auch im Alltag besonders auf Sprache ausgerichtet. Diese Förderung scheint sich in den sprachlichen Kompetenzbereichen auszuwirken, nicht jedoch in den allgemeinen nonverbalen Fähigkeiten. Familiäre Bedingungen aufgrund der genetischen Anlagen und ausgedrückt in entwicklungsförderlichen Angeboten dürften sich gleichermaßen auf alle Kompetenzbereiche auswirken. Deshalb wird als Erklärung der Einfluss der Kindertageseinrichtung favorisiert. 6.1.2 Zusammenhänge zwischen den Sprach- und Intelligenzleistungen im Quer- und Längsschnitt Zusammenhänge zum ersten Messzeitpunkt Zur Beantwortung von Fragestellung 1 wurden die Zusammenhänge zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis, allgemeiner Sprachkompetenz und nonverbaler Intelligenz zum ersten Messzeitpunkt ermittelt und miteinander und in den Teilstichproben der ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kinder verglichen. Für die Gesamtstichprobe ergaben sich deutliche Korrelationen zwischen allen drei erhobenen Leistungsmaßen. Der Zusammenhang zwischen dem phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN) und der allgemeinen Sprachkompetenz, erfasst über das Satzgedächtnis (SG), fiel hoch aus. Er war zwar geringer als in der Normstichprobe 206 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen des SETK 3-5 (Grimm, 2001), jedoch vergleichbar zu den Korrelationen der entsprechenden Untertests im HASE (Schöler & Brunner, 2007; Schöler, Guggenmoos et al., 2005; Schöler & Schäfer, 2004). Außerdem ordnet er sich in den Rahmen ein, den Lockl, Schwarz und Schneider (2004) berichten. Der Zusammenhang belegt den gemeinsamen Anteil der beiden Kompetenzen: Sprachlich-phonologische Fähigkeiten und vor allem Merkfähigkeit. Gleichzeitig wird durch die hohe, jedoch längst nicht sehr hohe Korrelation belegt, dass darüber hinaus unterschiedliche Kompetenzen erfasst werden: Im Nachsprechen von Nichtwörtern (PGN) vorwiegend phonologische und im Nachsprechen von Sätzen (SG) insbesondere morpho-syntaktische Fertigkeiten und kognitive Fähigkeiten. Die nonverbale Intelligenz (CPM) korrelierte erwartungsgemäß gering mit dem phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN) und von mittlerer Höhe mit der allgemeinen Sprachkompetenz (SG). Diese Korrelationen stehen im Widerspruch zu Grimm (2001), die keine Zusammenhänge zwischen den beiden Sprachmaßen und nonverbalen Intelligenztestaufgaben fand. Die Korrelationen fielen sogar etwas höher aus als von Schöler, Guggenmos et al. (2005) für die HASE-Untertests mit CPM berichtet. Das Ergebnis unterstützt die Annahme von teilweise bestehenden Zusammenhängen zwischen Sprache und Kognition, wie sie von Weinert (2000), Bialystok (2001), Szagun (2006), Oerter und Dreher (2002) u. a. sowie in der Intelligenzforschung (vgl. Kap. 2.2.2) vertreten wird. Gleichzeitig kommt die gewisse Domänenspezifik zum Ausdruck. In Fragestellung 2 wurde angenommen, dass die Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz (SG) und allgemeiner nonverbaler Intelligenz (CPM) höher ausfallen als die Zusammenhänge zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis (PGN) und nonverbaler Intelligenz (CPM). Diese Annahme wurde bestätigt. Der beobachtete Unterschied zwischen den Korrelationskoeffizienten war statistisch hoch signifikant. Das bekräftigt, dass für die Leistungen im Satzgedächtnis allgemeine kognitive Leistungsfähigkeiten stärker von Bedeutung sind als für das phonologische Arbeitsgedächtnis (vgl. Grimm, 2001; Schöler & Brunner, 2007; Schöler et al., 1997). Empirisch zeigten dies ebenfalls Schöler, Guggenmoos et al. (2005). Das Ergebnis kann als Beleg für die Einordnung der Aufgaben im Berliner Intelligenzstrukturmodell (Jäger, 1967, 1982, zit. nach Holling et al., 2004) gesehen werden: Für das Nachsprechen von Sätzen ebenso wie für die Lösung der Raven-Matrizen ist Verarbeitungskapazität nötig, während für beide Nachsprechaufgaben Merkfähigkeit die gemeinsame Anforderung ist. 207 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Die Zusammenhänge zwischen den Leistungsmaßen bei den Teilstichproben der vier- und fünfjährigen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kinder fielen unterschiedlich aus. Zwar war in allen Gruppen die Beziehung zwischen den Sprachmaßen bedeutend, aber bei den fünfjährigen einsprachigen Kindern war der Zusammenhang deutlich geringer als in den anderen Gruppen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Zusammenhänge zwischen Sprachkompetenz und Arbeitsgedächtnis mit dem Alter abnehmen, wie z. B. Lockl, Schwarz und Schneider (2004) fanden. Dies scheint allerdings nur für einsprachig aufwachsende Kinder zu gelten, denn bei den mehrsprachig aufwachsenden unterschieden sich die Korrelationskoeffizienten bei vier- und fünfjährigen Kindern nicht. Möglicherweise sind viele mehrsprachig aufwachsende Kinder auch im Alter von fünf Jahren im Sprachlernen noch stark gefordert und benötigen dazu das phonologische Arbeitsgedächtnis weiterhin stärker, so dass hier ein hoher Zusammenhang bestehen bleibt. In erster Linie muss die geringere Korrelation bei den einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kindern jedoch auf den Deckeneffekt dieser Teilstichprobe im Satzgedächtnis zurückgeführt werden. Dadurch ergab sich eine deutlich geringere Leistungsvarianz, wodurch die Höhe der Korrelationskoeffizienten statistisch eingeschränkt wird. Einen Zusammenhang zwischen phonologischen Arbeitsgedächtnisfähigkeiten und nonverbaler Intelligenz gab es ausschließlich bei den mehrsprachigen fünfjährigen Kindern. Bei den mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kindern war der Zusammenhang unwesentlich geringer, aber nicht mehr bedeutsam. Für die einsprachig aufwachsenden Kinder konnte kein Zusammenhang festgestellt werden. Dieses Ergebnis überrascht, da aus der bisherigen Literatur keine Hinweise darauf gefunden wurden (vgl. Kap. 2). Insofern sind die Erklärungsmöglichkeiten sehr spekulativ. Es könnte sein, dass nur mehrsprachig aufwachsende Kinder bei der Verarbeitung phonologischer Informationen analytische Fähigkeiten, wie sie in den CPM-Aufgaben gefordert sind, benötigen. Möglicherweise haben sie Strategien zur Bearbeitung ihres größeren Lautrepertoires entwickelt, die ihnen hier nützlich sind. Oder mehrsprachige Kinder brauchen für das Nachsprechen von Kunstwörtern überhaupt Verarbeitungskapazität (vgl. Berliner Intelligenzstrukturmodell) wie bei Matrizenaufgaben, die für einsprachig aufwachsende Kinder bei der phonologischen Aufgabe nicht nötig sind, weil sie mit den Lautmustern lange vertraut sind. Es könnte auch sein, dass sprachliches Lernen bei mehrsprachigen Kindern bereits in diesem Alter stärker kognitiv-reflexiv erfolgt und deshalb Gemeinsamkeiten bestehen. Möglicherweise gibt es zudem 208 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen moderierende Einflussgrößen, wie die Überlegenheit bilingualer Kinder in selektiver Aufmerksamkeit (vgl. Bialystok, 2001) oder Probleme im Instruktionsverständnis. Für die einsprachig deutsch aufwachsenden Kinder deutet das Ergebnis jedenfalls klar darauf hin, dass nonverbale Intelligenz und phonologisches Gedächtnis unabhängige Fähigkeitsbereiche sind. Womöglich ist dies durch eine Häufung von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen in der Stichprobe der einsprachig deutsch aufwachsenden Kinder zu erklären. Defizite im phonologischen Arbeitsgedächtnis gelten als eine wesentliche Komponente bei SSES, während nonverbale Intelligenzleistungen kaum beeinträchtigt sind (vgl. Grimm, 2000a; Hasselhorn & Werner, 2000; Leonard, 2000; Schöler et al, 1998; Weinert, 2005; s. Kap. 2.1.3.6). Für Kinder mit dieser Störung deuten außerdem zahlreiche Studien auf einen geringeren Zusammenhang zwischen sprachlichen und nonverbalen kognitiven Fähigkeiten hin (vgl. z. B. Restrepo et al., 1992; Schöler et al., 1998a). Mit dem Ergebnis wird die eigene Annahme widerlegt, dass der Zusammenhang zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern gleich ist. Allgemeine Sprachkompetenz (Satzgedächtnis, SG) und nonverbaler Intelligenz (CPM) hingen bei den ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern in den beiden Altersgruppen unterschiedlich stark zusammen. Der höchste Zusammenhang war erneut bei den fünfjährigen mehrsprachigen Kindern zu verzeichnen. Bei den vierjährigen mehrsprachigen Kindern war er dagegen bedeutsam geringer. Bei den einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern waren demgegenüber mittlere Zusammenhänge festzustellen. Die geringfügig geringere Korrelation bei den fünfjährigen als bei den vierjährigen einsprachigen Kindern dürfte aufgrund des Deckeneffektes im Satzgedächtnis mit entsprechend geringerer Leistungsvarianz bei den älteren Kindern zustande gekommen sein. Deshalb ist bei den einsprachig aufwachsenden Kindern nicht von einem Alterseffekt auszugehen. Bei den mehrsprachig aufwachsenden Kindern ist er dagegen deutlich, wobei die etwas geringere Leistungsvarianz der vierjährigen Kinder in den CPM einen gewissen Einfluss haben dürfte und die Korrelation verringerte. Dennoch könnte mit Funke (2005) vermutet werden, dass mit zunehmender Sprachkompetenz der Einfluss auf das Denken und damit die Leistungen in den nonverbalen Matrizenaufgaben zunimmt und daher der Zusammenhang bei den fünfjährigen Kindern größer ist (vgl. auch Dannenbauer, 2001; Weinert, 2000, 2006, 2007). Dies wurde in der anschließenden Betrachtung der Längsschnittdaten zwar allgemein, aber gerade nicht für die mehrsprachig aufwachsenden Kinder bestätigt. Damit ist lediglich davon 209 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen auszugehen, dass sich der Zusammenhang – und damit die gemeinsamen Grundlagen für die Leistungen in den Kompetenzbereichen – in verschiedenen Entwicklungsabschnitten und bei Ein- und Mehrsprachigkeit unterscheidet. Welche gemeinsamen Grundlagen bestehen, muss an dieser Stelle offen bleiben. Festzuhalten ist die unterschiedliche Auswirkung des Alters bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern auf den Zusammenhang von allgemeiner Sprachkompetenz und Intelligenz. Generelle Effekte von Alter und Mehrsprachigkeit waren nicht zu verzeichnen. Insgesamt fiel auf, dass besonders bei den mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kindern die Leistungen in allen drei Kompetenzbereichen am stärksten miteinander zusammenhingen. Es könnte vermutet werden, dass mehrsprachige Kinder für die Lösung aller Aufgaben mehr Verarbeitungskapazität (vgl. BIS, Kap. 2.2.2.6) benötigen als einsprachig aufwachsende Kinder, bei denen die sprachliche Verarbeitung schon stärker automatisiert verlaufen dürfte. Die höhere Fähigkeit zu selektiver Aufmerksamkeit bilingualer Kinder (Bialystok, 2001) könnte ebenfalls als grundlegender Faktor für die unterschiedlich starken Zusammenhänge angenommen werden. Von den einsprachig aufwachsenden Kindern her gedacht, wären Sprachentwicklungsstörungen als Ursache für die geringere Korrelation zwischen sprachlichen und nichtsprachlichen Fähigkeiten anzunehmen (vgl. Restrepo et al., 1992, Schöler et al., 1998a). Zusammengefasst lassen sich Fragestellung 1 und 2 wie folgt beantworten: Es besteht ein hoher Zusammenhang zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und allgemeiner Sprachkompetenz. Die allgemeine Sprachkompetenz (Satzgedächtnis) hängt weiterhin relativ stark mit der nonverbalen Intelligenz zusammen, während das phonologische Arbeitsgedächtnis deutlich geringer mit nonverbal schlussfolgernden Leistungen im Zusammenhang steht. Bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden vierund fünfjährigen Kindern unterscheiden sich diese Zusammenhänge. Auffällig sind die höchsten Korrelationen bei den mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kindern. Bei den mehrsprachigen vierjährigen Kindern hängen sprachliche Leistungen und nonverbale Intelligenz dagegen nur unbedeutend zusammen. Damit besteht bei den mehrsprachigen Kindern ein Alterseffekt. Bei einsprachig aufwachsenden Kindern sind phonologisches Arbeitsgedächtnis und nonverbale Intelligenz unabhängig voneinander. Gleichzeitig bestehen mittlere Zusammenhänge zwischen allgemeiner Sprachkompetenz und nonverbaler Intelligenz. 210 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Stabilität der Leistungen In allen drei untersuchten Kompetenzbereichen wurde eine hohe Stabilität der Leistungen deutlich (Fragestellung 3). Die höchste Stabilität war für die allgemeine Sprachkompetenz zu verzeichnen. Der Wert übersteigt sogar die Koeffizienten in den Untersuchungen von Weinert et al. (2010) und Bockmann (2007) und entspricht dem Ergebnis der Untersuchung von Niklas et al. (2010). Die sprachliche Entwicklung erfolgte demzufolge über den neunmonatigen Untersuchungszeitraum äußerst stabil und wurde kaum von anderen Faktoren beeinflusst. Für das phonologische Arbeitsgedächtnis war die vergleichsweise geringste Stabilität zu beobachten. Das spricht für die Annahme, dass sich Gedächtnisfähigkeiten im Kindesalter noch stärker verändern, wie es beispielsweise Weinert et al. (2010) belegen. Intelligenz als eines der stabilsten Persönlichkeitsmerkmale ist im Kindesalter ebenfalls noch leichter veränderbar (vgl. Bjorklund & Schneider, 2006). Die gefundene Stabilität der CPM-Leistungen ist daher als verhältnismäßig hoch einzuschätzen. Sie entspricht dem Ergebnis von Koglin et al. (2009) und ist vergleichbar zu den Resultaten von Gathercole et al. (1992) sowie Weinert et al. (2010) für den untersuchten Altersbereich. Die hohe Stabilität der einzelnen Kompetenzbereiche lässt auf die begrenzten Einflussmöglichkeiten – gegenseitig und durch weitere Faktoren – schließen. Entwicklungsinterdependenzen im Längsschnitt Die Prüfung der Wirkzusammenhänge zwischen den drei Kompetenzbereichen (Fragestellung 4) ließ eindeutig erkennen, dass nur von der allgemeinen Sprachkompetenz (SG) auf die nonverbale Intelligenz (CPM) ein Einfluss über den Untersuchungszeitraum bestand. Es war keine Vorhersage der Leistungswerte im phonologischen Arbeitsgedächtnis durch das Satzgedächtnis und die nonverbale Intelligenz (CPM) zum ersten Messzeitpunkt möglich, ebenso wenig wie die Prädiktion der Satzgedächtnisleistungen durch das phonologische Gedächtnis oder die nonverbale Intelligenz. Außerdem ließ sich die nonverbale Intelligenz (CPM) nicht durch die phonologische Arbeitsgedächtniskapazität vorhersagen. Die Bedeutung der allgemeinen Sprachkompetenz für die Entwicklung der nonverbalen Intelligenz war zwar gering, aber eben bedeutsam im Vergleich zu allen anderen Einflussmöglichkeiten zwischen sprachlichen Leistungen und Intelligenz. Damit wurde die Hypothese bestätigt, dass die Sprachkompetenz bedeutsamer für die Intelligenzentwicklung ist als umgekehrt die Intelligenz für die Sprachkompetenzentwicklung. Dies entspricht Befunden, die 211 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Auswirkungen der Sprachkompetenz auf die Intelligenz bzw. kognitive Entwicklung belegen (vgl. Dannenbauer, 2001; Daseking et al., 2008; Friedrich, 1991, 1993; Leonard, 2000; Lockl et al., 2004; Ritterfeld, 2004a; Schöler, Braun & Keilmann, 2003 bzw. Keilmann, Braun & Schöler, 2005; Schöler & Spohn, 1998; Weinert, 2005). Umgekehrte Wirkungen von Intelligenz auf die Sprachentwicklung, wie sie von Wode (1988), Roos et al. (2010) sowie Schiffer et al. (2002) postuliert und berichtet wurden, konnten dagegen nicht nachgewiesen werden. Außerdem erwies sich wie in der Studie von Lockl et al. (2004) das phonologische Arbeitsgedächtnis nicht als Prädiktor für die allgemeine Sprachkompetenz neun Monate später. Dies wäre anzunehmen gewesen, da dem phonologischen Arbeitsgedächtnis eine wesentliche Rolle bei der Wortschatz- und Grammatikentwicklung zugeschrieben wird (z. B. Hasselhorn & Werner, 2000; vgl. Kap. 2.1). Moderierende Einflüsse auf die Interdependenzen Moderierende Einflüsse von Sprachförderung, Alter und Mehrsprachigkeit (Fragestellung 5) auf die Interdependenzen von allgemeiner Sprachkompetenz, phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz ließen sich nachweisen. Für die Kinder, die an der Sprachfördermaßnahme teilnahmen und die zum Vergleich einbezogenen Kinder wurden Unterschiede in den Zusammenhangsmustern gefunden. Zwar unterschieden sich die meisten Pfadkoeffizienten nicht bedeutsam voneinander, doch zwei markante Differenzen bestanden: Zum einen unterschied sich die Stabilität des Satzgedächtnisses (SG) bei Förder- und Vergleichskindern signifikant. Bei den Förderkindern fiel sie noch etwas höher aus als bei den Vergleichskindern. Diese extrem hohe Stabilität der allgemeinen Sprachkompetenz lässt erkennen, wie gering die Möglichkeiten einer Beeinflussung sind. Ein Ausgleich der geringen Kompetenz über den Sprachförderzeitraum war demzufolge kaum möglich. Offen bleibt, ob bei den Förderkindern tatsächlich die Teilnahme an der Sprachförderung zusätzlich stabilisierend wirkte. Denkbar wäre eher, dass andere Merkmale der Stichprobe der Förderkinder relevant waren. Unter den einsprachig deutsch aufwachsenden Förderkindern hatten vermutlich etliche Sprachentwicklungsstörungen, die sehr stabil sind (vgl. z. B. Grimm, 2003a; Leonard, 2000; Weinert, 2005). Erfolgreiche Interventionen müssen in diesem Fall therapeutisch und sehr spezifisch sein, um zum Erfolg zu führen (vgl. Dannenbauer, 2002; Leonard, 2000; Weinert & Lockl, 2008; Kap. 2.1.3 und 2.3.3.1). Der zweite Unterschied im Zusammenhangsmuster von Förder- und 212 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Vergleichskindern bestand in der lediglich bei den Förderkindern deutlichen Korrelation zwischen den nicht erfassten Anteilen in der allgemeinen Sprachkompetenz (SG) und im phonologischen Arbeitsgedächtnis (PGN) zum zweiten Messzeitpunkt. Der fast mittlere Zusammenhang deutet auf substantielle Gemeinsamkeiten der allgemeinen Sprachkompetenz und des phonologischen Arbeitsgedächtnisses am Ende des Sprachförderzeitraumes hin, die nicht durch die Leistungen der drei erhobenen Maße zum ersten Messzeitpunkt erklärt werden – wo hohe Stabilitäten und keine gegenseitigen Wirkungen nachgewiesen wurden – und darüber hinaus kein Zusammenhang mit der nonverbalen Intelligenz bestand. Möglicherweise erfolgte durch die Sprachförderung eine Sensibilisierung für Sprache oder eine Stärkung des Bewusstseins für sprachliche Zusammenhänge, was sich in der Restkorrelation niederschlägt. Die sprachliche Bewusstheit wurde in dieser Studie nicht erfasst, so dass die Annahme nicht geprüft werden konnte. Es wird demzufolge eine indirekte Wirkung der Sprachförderung auf die sprachlichen Leistungen angenommen. Die Effektivität zeigt sich vermutlich in einer nicht geprüften Kompetenz (vgl. Klauer, 2001). Eine direkte Auswirkung in der Form, dass sich die Leistungen an das Durchschnittsniveau angeglichen hätten, konnte wie oben beschrieben nicht nachgewiesen werden. Auf die kognitive Entwicklung bzw. nonverbale Intelligenz hatte die Sprachförderung ebenfalls keinen Effekt. Dieser wäre nach Garton (1992), Schmidt-Denter (2002), Tomasello (2006) u. a. anzunehmen gewesen. Der Vergleich der Zusammenhangsmuster von ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern zeigte ebenfalls Unterschiede, die auf moderierende Einflüsse von Alter und Mehrsprachigkeit hindeuten. Bedeutende Differenzen in den Beziehungen bestanden allerdings lediglich zum ersten Messzeitpunkt, wie sie oben berichtet wurden. Auf zwei Beobachtungen soll jedoch ergänzend hingewiesen werden. Zum einen war der Einfluss von der allgemeinen Sprachkompetenz (SG) zum ersten Messzeitpunkt auf die nonverbale Intelligenz (CPM) zum zweiten Messzeitpunkt allein bei den einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kindern substantiell. Für die fünfjährigen einsprachig aufwachsenden Kinder war er geringer und fast bedeutungslos. Dies spricht dafür, dass die Sprachkompetenz die nonverbale Intelligenz neun Monate später bei vierjährigen Kindern stärker vorhersagt als bei fünfjährigen Kindern. Der Einfluss der Sprachkompetenz auf die Intelligenz nimmt demzufolge im Vorschulalter ab. Diese Tendenz war auch in den Korrelationen zum ersten Messzeitpunkt bei den einsprachig aufwachsenden Kindern beobachtbar, jedoch 213 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen nicht bei den mehrsprachig aufwachsenden. Bei den mehrsprachig aufwachsenden Kindern im Alter von fünf Jahren fiel die Korrelation (zum ersten Messzeitpunkt) zwischen allgemeiner Sprachkompetenz und Intelligenz besonders hoch aus. Die Vorhersagekoeffizienten von Sprachkompetenz auf Intelligenz waren jedoch minimal und nicht signifikant. Demnach ist bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern die Sprachkompetenz in der Zweit- oder Drittsprache Deutsch unwesentlich für ihre nonverbale Intelligenzentwicklung, während es für den aktuellen Stand in den beiden Kompetenzbereichen deutliche Zusammenhänge zu geben scheint. Eine bedeutende Korrelation zum ersten Messzeitpunkt war bei den mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kindern auch zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und der nonverbalen Intelligenz zu verzeichnen. Dies unterstreicht, dass bei mehrsprachigen fünfjährigen Kindern sprachliche und nicht-sprachliche Testleistungen in besonderer Weise zusammenhängen. Gleiches gilt für den Zusammenhang von sprachlichen Maßen untereinander. Auf mögliche Gründe wurde bereits eingegangen. Der zweite beobachtete, deutliche Unterschied im Zusammenhangsmuster der vier Teilstichproben bestand in der Restkorrelation von phonologischem Gedächtnis und allgemeiner Sprachkompetenz zum zweiten Messzeitpunkt. Lediglich bei den mehrsprachigen Kindern war ein mittlerer Zusammenhang zwischen den unbeobachteten Anteilen erkennbar. Daran wird deutlich, dass bei Mehrsprachigkeit nicht nur die Kompetenzen in verschiedenen sprachlichen Bereichen stärker zusammenhängen, sondern dass es gemeinsame Einflüsse gibt, die bei der Entwicklung dieser Kompetenzen wirksam werden, und zwar über die bisherigen Leistungen hinaus. Demnach kommt es – stärker als bei einsprachig deutschen Kindern – nicht allein auf das Vorwissen an. Zusätzliche Einflüsse könnten in den äußeren Entwicklungsbedingungen, wie der sprachlichen Förderung in den Kindertageseinrichtungen, liegen. Ebenso mag die stärkere Bewusstheit der mehrsprachigen Kinder im Umgang mit Sprache die Leistungen in den Sprachtests beeinflussen, insbesondere wenn sie über den Untersuchungszeitraum zugenommen hat. Dies könnte ebenfalls ein Effekt der sprachlichen (und allgemeinen) Förderung im Kindergarten sein. Insofern ist stark zu vermuten, dass besonders bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern die Sprachförderung einen wichtigen Entwicklungsbeitrag leistet. Die Prüfung dieser Wechselwirkung in den vorhandenen Daten war aufgrund der extrem ungleichen Stichprobengrößen und vor allem wegen der sehr kleinen Anzahl mehrsprachiger Vergleichskinder (N = 36) nicht möglich. 214 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Insgesamt sprechen die Ergebnisse für alterstypische Verschiebungen in der Beziehung zwischen Sprache und Kognition (vgl. Meisel, 2007; Weinert, 2006; Wode, 1988). Ebenso scheinen die Zusammenhänge bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern altersabhängig zu variieren. Auf einen moderierenden Einfluss des Geschlechts wurden keine Hinweise gefunden. Auf die Entwicklung in den sprachlichen Kompetenzen ließen sich über das Vorwissen und die Intelligenz hinaus, Einflüsse bei Förderkindern und etwas geringer auch bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern feststellen. Es wird angenommen, dass dies ein indirekter Effekt der sprachlichen Förderung in den Kindertageseinrichtungen ist. 6.1.3 Zusammenhänge zwischen Sprache und Intelligenz in Extremgruppen Mit Fragestellung 6 wurde angenommen, dass Kinder mit hoher nonverbaler Intelligenz auch höhere Sprachleistungen zeigen als Kinder mit geringer nonverbaler Intelligenz. Dies wurde für die allgemeine Sprachkompetenz (SG) bestätigt. Dieses Ergebnis stützt die korrelativen Befunde und damit die Annahme einer engen Beziehung zwischen Sprache und Kognition, wie sie beispielsweise von Bialystok (2001, 2002) und Szagun (2006) vertreten wird. Im phonologischen Arbeitsgedächtnis war kein bedeutender Leistungsunterschied zwischen den Intelligenzextremgruppen festzustellen. Das deutet daraufhin, dass phonologische Fähigkeiten von allgemeiner Intelligenz unabhängig sind, wie es sich bereits in den Korrelationen von phonologischem Arbeitsgedächtnis und nonverbaler Intelligenz und in den Pfadanalysen sehr deutlich für die einsprachig aufwachsenden Kinder zeigte. Auf die relative Unabhängigkeit wiesen bereits Schöler, Guggenmoos et al. (2005) durch die sehr geringe Korrelation von NK (Nachsprechen von Kunstwörtern) und CPM hin. Außerdem entspricht das Ergebnis den Befunden aus der Erforschung von Sprachentwicklungsstörungen. Eines der spezifischen kognitiven Defizite bei SSES besteht im phonologischen Arbeitsgedächtnis, und zwar obwohl die nonverbale Intelligenz im Normalbereich liegt (Dodd & Crosbie, 2002; Grimm, 2000a, 2001; Hasselhorn & Werner, 2000; Spohn et al., 1998; Schöler et al., 2003; Weinert, 2002, 2005). Weiterhin bestand die Annahme, dass sich hohe Intelligenz positiv auf die weitere sprachliche Entwicklung der Kinder auswirke, denn nach Weinert (2000) und Wode (1988) beeinflusst die Kognition die Sprachentwicklung. Empirisch belegten Schiffer et al. (2002) bei intelligenteren Kindern höhere Leistungszuwächse in der Sprachkompetenz. Dieses Ergebnis fand in den eigenen Daten allerdings keine 215 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Bestätigung. Die Leistungen im phonologischen Arbeitsgedächtnis und in der allgemeinen Sprachkompetenz nahmen bei den weniger intelligenten ebenso stark zu wie bei den intelligenteren Kindern. Damit bestätigte sich der Befund aus den Pfadanalysen, in denen sich kein Einfluss der allgemeinen Intelligenz auf die Sprachkompetenzen neun Monate später nachweisen ließ. Für die umgekehrte Richtung wurde angenommen, dass die Bedeutung der Sprachkompetenzen für die nonverbale Intelligenz bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern unterschiedlich ist, weil Sprachauffälligkeiten in den beiden Gruppen unterschiedliche Gründe haben. Bei den einsprachig aufwachsenden sprachauffälligen Kindern wurden Spezifische Sprachentwicklungsstörungen vermutet, die mit geringeren Intelligenzleistungen einhergehen (vgl. z. B. Dodd & Crosbie, 2002; Grimm, 2000a; Leonard, 2000; Sachse, 2007; Weinert, 2000, 2005). Unter den mehrsprachig aufwachsenden sprachauffälligen Kindern sollten deutlich weniger von SSES betroffen sein, so dass die Bedeutung der Sprachkompetenzen für die Intelligenzentwicklung geringer angenommen wurde. Die Pfadanalyse zeigte dies. Der Vergleich der vier Gruppen bestätigte ebenfalls die Vermutung: Das Intelligenzniveau war bei den sprachauffälligen Kindern signifikant geringer als bei den sprachlich unauffälligen Kindern; die einsprachig aufwachsenden Kinder mit auffällig geringer Sprachkompetenz und phonologischer Gedächtnisfähigkeit hatten die schlechtesten Leistungen und vor allem einen deutlich geringeren Lernzuwachs in der nonverbalen Intelligenz als die anderen Kinder. Dies weist auf einen abrutschenden IQ bei Kindern mit SSES hin, wie er u. a. von Leonard (2000), Dannenbauer (2001), Schöler und Spohn (1998), Schöler et al. (2003), Ritterfeld (2004a) und Weinert (2005) beschrieben wird. Laut Dannenbauer (2001) kann dem nur über eine erfolgreiche Verbesserung sprachlicher Kompetenzen entgegengewirkt werden. Dass die sprachlichen Kompetenzen jedoch nicht allgemein für die weitere nonverbale Intelligenzentwicklung bedeutsam sind, wurde an der Entwicklung der mehrsprachigen Kinder deutlich. Die mehrsprachig aufwachsenden sprachlich auffälligen Kinder hatten zwar ein geringeres Intelligenzniveau als die sprachunauffälligen Kinder, aber die Intelligenzentwicklung verlief genauso gut wie bei den sprachunauffälligen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern. Dieser Befund bestätigt zum einen das Ergebnis der Pfadanalyse, dass bei mehrsprachigen Kindern die Sprachkompetenzen keine Bedeutung für die Intelligenzentwicklung haben, zum anderen stützt er die Annahme, dass oberflächlich identische, defizitäre Testleistungen bei ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern auf unterschiedlichen Ursachen 216 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen beruhen und deshalb unterschiedliche Konsequenzen für die weitere Entwicklung haben. Die mehrsprachig aufwachsenden sprachnormalen Kinder (d. h. ohne SSES) haben zumindest in einer ihrer Sprachen unauffällige Kompetenzen, die ihnen für die Weiterentwicklung zur Verfügung stehen (vgl. Rothweiler, 2007; auch Cummins, 1979). Dies dürfte auf einen großen Teil der untersuchten Kinder mit Migrationshintergrund zutreffen. Der Mittelwertevergleich ließ darüber hinaus die höchsten Intelligenzleistungen bei den sprachunauffälligen mehrsprachigen Kindern erkennen. Diese Ergebnisse könnten als Stütze für die Schwellenhypothese von Cummins (1979) interpretiert werden: Wenn Kinder in keiner Sprache altersgemäße Fähigkeiten entwickelt haben – dies könnte auch durch SSES bedingt sein –, hat dies negative Folgen für die kognitive Entwicklung. Werden zumindest in einer Sprache altersgemäße Kompetenzen erreicht, gibt es keine besonderen Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung. Wenn jedoch in beiden Sprachen eine hohe Kompetenz erreicht wird, was für Kinder mit hoher Kompetenz in der Zweitsprache Deutsch angenommen werden könnte, sind positive Effekte auf die kognitive Entwicklung möglich, was sich in den relativ hohen Intelligenzleistungen zeigte. 6.2 Diskussion der Methodik Das gewählte Vorgehen zur Untersuchung der Beziehung von Sprache und Intelligenz im Vorschulalter soll in mehrerer Hinsicht kritisch betrachtet werden: (1) hinsichtlich des Kontextes von Sprachfördermaßnahmen, (2) hinsichtlich der eingesetzten Instrumente zur Prüfung von Sprachkompetenz und Intelligenz und (3) hinsichtlich des Untersuchungsdesigns. Des Weiteren soll auf die gewählten Auswertungsmethoden (4) eingegangen werden. 6.2.1 Kontext Sprachförderung Durch die Einbettung der Studie in den Kontext von Sprachfördermaßnahmen erfolgte die Untersuchung nicht an einer „Normalstichprobe“. Es wurden überwiegend Kinder mit sprachlichen Auffälligkeiten untersucht, viele von ihnen hatten einen Migrationshintergrund. Dies schränkt die Möglichkeit einer Verallgemeinerung der Ergebnisse zur Beziehung zwischen Sprache und Intelligenz im Vorschulalter teilweise ein. Allerdings wurde die Wechselwirkung durch den Vergleich bestimmter Teilstichproben differenziert betrachtet. Vor allem war es auf diese Weise möglich, die Bedeutung von Sprachförderung für die Leistungsentwicklung zu untersuchen. Insofern wurde ein 217 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Mittelweg beschritten zwischen dem Ziel der Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse und der Berücksichtigung des speziellen Kontextes. Bei der Interpretation muss in jedem Fall beachtet werden, dass es sich nicht um eine experimentelle Studie handelt, sondern um ein quasi-experimentelles Design im Rahmen aktueller Gegebenheiten bei der Durchführung von Sprachförderung im Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung (vormals Landesstiftung BadenWürttemberg; vgl. A. Weber & Potnar, 2006). 6.2.2 Erhebung von Sprachkompetenz und Intelligenz Für die Untersuchung von Sprachkompetenz und Intelligenz wurden Instrumente gewählt, die markant den allgemeinen Entwicklungsstand erfassen und als zuverlässige Prädiktoren für die weitere Entwicklung gelten: die Untertests Satzgedächtnis (SG) und Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN) aus dem SSV (Grimm, 2003b) und die Coloured Progressive Matrices (CPM; Bulheller & Häcker, 2002) (vgl. Kap. 2.2.4 und 2.2.3). Diese Auswahl war in der übergeordneten Studie begründet, die zur Evaluation der Sprachfördermaßnahmen im Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Baden-Württemberg Stiftung angelegt war. Auf die teilweise bestehenden Einschränkungen in der Reliabilität und Validität, insbesondere beim Untertest PGN und in den CPM wurde in den entsprechenden Kapiteln zum theoretischen Hintergrund eingegangen. An dieser Stelle sei vor allem auf die Einschränkung der Interpretation der Untersuchungsergebnisse hingewiesen, die durch die Anwendung (ausschließlich) dieser Instrumente mit ihren Schwächen entstanden. Dazu gehört zunächst, dass pro Kompetenzbereich nur ein Leistungsmaß verwendet wurde. Dadurch hatten die Kinder keine „zweite Chance“ und es war nicht möglich, die Konstrukte messfehlerbereinigt in Strukturgleichungsmodellen zu analysieren. Des Weiteren ist fraglich, ob die Tests bei allen Kindern zur Erfassung der intendierten Konstrukte ausreichend waren. Gerade bei mehrsprachigen Kindern muss die Frage nach dem Instruktionsverständnis gestellt werden. Dieses war laut Testleiterinnen und Testleitern nicht bei allen Kindern zu erreichen. Dadurch dürften starke „Messfehler“ entstanden sein. Außerdem konnte der SSV (Grimm, 2003b) den Altersbereich der Stichprobe nicht vollständig abdecken. Insbesondere zum zweiten Messzeitpunkt war ein großer Teil der Kinder älter als die Normstichprobe, so dass es – zumindest bei den einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern – zu Deckeneffekten kam. 218 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Die Untersuchung der Wechselwirkung von Sprachkompetenz und Intelligenz beschränkte sich auf die Bereiche phonologisches Arbeitsgedächtnis, allgemeine Sprachkompetenz und nonverbale Intelligenz. Es zeigte sich jedoch, dass es günstig gewesen wäre, weitere Kompetenzbereiche einzubeziehen, z. B. das Sprachverständnis, um zumindest teilweise das Instruktionsverständnis abbilden zu können. Außerdem wäre eine differenzierte Sprachentwicklungsdiagnostik hilfreich gewesen, um weitere Sprachkompetenzbereiche einzubeziehen und eine Identifikation von Sprachentwicklungsstörungen vornehmen zu können. Darüber hinaus wäre die Erfassung phonologischer bzw. sprachlicher Bewusstheit interessant gewesen, wie sich bei der Interpretation der Ergebnisse zeigte. Eine wichtige Ergänzung zur Beantwortung der Frage nach der Beziehung zwischen Sprachkompetenz und Intelligenz wäre die Erfassung der Kompetenz in den Erstsprachen der mehrsprachigen Kinder gewesen. Auf der Basis der Erhebung beider Sprachen ließen sich „Auswirkungen der allgemeinen kognitiven Entwicklung auf das Sprachverhalten eher erkennen“ (Roth & Dirim, 2007, S. 661). Außerdem könnten auf diese Weise auch bei den mehrsprachig aufwachsenden Kindern Spezifische Sprachentwicklungsstörungen identifiziert werden. Weiterhin blieb in der Studie die Fähigkeit zu verbalen Schlussfolgerungen unbeachtet, die eine deutliche Verbindung zwischen Sprache und Intelligenz darstellt. 6.2.3 Untersuchungsdesign Die Studie bestand aus einer Quer- und einer Längsschnittuntersuchung. Einerseits wurden die Leistungen der Kinder am Beginn der Sprachfördermaßnahme untersucht, andererseits wurde die Entwicklung über neun Monate bis zum Ende des Förderzeitraumes betrachtet. Mit nur zwei Messzeitpunkten war es ein relativ kurzer Längsschnitt. Durch die Altersspanne der untersuchten Kinder, die zu Beginn zwischen vier und sechs Jahre alt waren, war ein gewisser Ausgleich möglich, der in differenzierte Ergebnisse mündete. Grundsätzlich wäre es für die Untersuchung der Fragestellungen dennoch günstiger, Kinder über einen längeren Zeitraum, etwa vom Eintritt in die Kindertageseinrichtung bis zum Schuleintritt oder sogar darüber hinaus, zu untersuchen. Gleichzeitig könnten aufgrund der raschen Entwicklung der Kinder Messungen in kürzerem Abstand die Befunde vervollkommnen. Des Weiteren wäre mit einer größeren Stichprobe und umfassenderen Diagnostik eine stärkere Differenzierung der untersuchten Kinder sinnvoll: Kinder mit und ohne SSES, mit oder ohne weitere 219 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Entwicklungsstörungen, Kinder aus unterschiedlichem kulturellen Hintergrund mit ein, zwei oder mehr Sprachen usw. Die Ergebnisse weisen deutlich auf Unterschiede im Beziehungsgefüge zwischen Sprache und Intelligenz bei diesen Untergruppen hin. Außerdem wäre der soziale und ökonomische Hintergrund der Kinder in die Untersuchung einzubeziehen. Auch die Entwicklungsbedingungen in den Kindertageseinrichtungen wären zu beachten. 6.2.4 Auswertungsmethoden Die Auswertung der Daten zur Prüfung der Fragestellungen erfolgte mit Varianz- und Pfadanalysen. Dafür wurden zu Beginn die Voraussetzungen geprüft. Ein zentrales Moment war die Prüfung der Normalverteilung der Leistungen der Untersuchungsstichprobe in den drei Testmaßen Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN), Satzgedächtnis (SG) und nonverbale Intelligenz (CPM) zu beiden Messzeitpunkten. Die Werte für Schiefe und Kurtosis fielen sowohl in der gesamten Untersuchungsstichprobe als auch in allen Teilstichproben unproblematisch aus. Die Sichtprüfung deutete ebenfalls nur auf geringfügige Abweichungen von der Normalverteilung hin. Die statistischen Tests fielen dennoch signifikant aus. Aufgrund der Stichprobengröße hatte diese Abweichung für die folgenden Analysen jedoch keine wesentliche Bedeutung. Dies gilt auch für die teilweise vorhandenen Unterschiede in den Varianzen der Teilstichproben. Sie dürften sich kaum auf die Ergebnisse der Varianzanalysen ausgewirkt haben, denn nach Bortz (2005) verlieren die Voraussetzungen mit wachsendem Stichprobenumfang an Bedeutung. Vor jeder Pfadanalyse wurde die Verteilungsform erneut geprüft. In einigen wenigen Fällen lagen signifikante Abweichungen von der multivariaten Normalverteilung vor. Dies betraf im Korrelationsmodell zum ersten Messzeitpunkt die Gesamtstichprobe sowie im kreuzverzögerten Modell die Gruppen der Förderkinder und der fünfjährigen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kinder. Umfangreiche Simulationsstudien zeigten jedoch, dass Pfadanalysen bei hinreichend großen Stichproben (N 200, Boomsma, 1988 zit. nach Reinecke, 2005) robust gegen die Verletzung der Multinormalverteilungsannahme sind. Daher erschien die Anwendung des Verfahrens gerechtfertigt. Durch das kreuzverzögerte Pfadmodell wurde versucht, kausale Zusammenhänge aufzudecken. Dies war möglich, weil die Variablen intervallskaliert waren, zwischen ihnen eine zeitliche Ordnung bestand und empirische Zusammenhänge nachgewiesen wurden. Andere kausale Einflüsse wurden teilweise als moderierende 220 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen Faktoren einbezogen. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass weitere ursächliche Faktoren die Beziehungen zwischen den untersuchten sprachlichen Kompetenzen und nonverbaler Intelligenz beeinflussten (zur Frage von Kausalität vgl. Schumacker & Lomax, 1996, S. 39 zit. nach Reinecke, 2005, S. 45). Solche weiteren Einflussfaktoren sind sogar anzunehmen, da die Varianzaufklärung (multiples R2) der abhängigen Variablen in keinem Fall perfekt war. Hinsichtlich der Struktur der Stichprobe ist anzumerken, dass es sich im Grunde um eine Mehrebenenstruktur handelt. Die Kinder kamen aus Kindertageseinrichtungen, wurden in Kindergartengruppen betreut und in Sprachfördergruppen gefördert. Die Struktur war jedoch nicht durchweg hierarchisch. Die Zuordnung zu den Sprachfördergruppen war meistens unabhängig von der Betreuung in den Kindergartengruppen. Außerdem wurden einige Sprachfördergruppen von der gleichen Förderkraft geleitet, während die Vergleichskinder nicht an der Sprachförderung teilnahmen und somit keiner Fördergruppe zugeordnet waren. Darüber hinaus war die Anzahl der an der Studie teilnehmenden Kinder aus den einzelnen Gruppen teilweise sehr gering. Diese Komplexität der Stichprobenstruktur führte dazu, dass keine Mehrebenenpfadmodelle gerechnet werden konnten. Auf die Ergebnisse werden allerdings keine wesentlichen Auswirkungen erwartet. Zur differenzierteren Prüfung der moderierenden Einflussfaktoren wäre es günstig gewesen, die Stichprobe weiter zu unterteilen. Aus der Kombination von Förder- und Vergleichskindern im Alter von vier und fünf Jahren, die ein- oder mehrsprachig aufwachsen, hätten sich acht Gruppen ergeben. Diese Unterteilung war aufgrund der zu kleinen Stichprobe in einigen Gruppen, vor allem der mehrsprachig aufwachsenden Vergleichskinder nicht möglich. 6.3 Schlussfolgerungen für Forschung und Praxis Sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die Praxis der Bildung im Elementarbereich lassen sich aus den Ergebnissen der vorliegenden Studie einige Schlussfolgerungen ableiten. Zunächst seien künftige Forschungsaufgaben genannt, bevor auf Hinweise für die frühkindliche Förderung eingegangen wird. 221 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen 6.3.1 Schlussfolgerungen für die Forschung Die Zusammenhänge zwischen Sprache und Intelligenz sind sehr komplex. In der vorliegenden Studie wurden nur drei Teilaspekte in einem begrenzten Altersbereich untersucht und zueinander in Beziehung gesetzt. In weiteren Forschungsarbeiten ist eine umfangreichere und differenziertere Erfassung sprachlicher Kompetenzen nötig. Ebenso ist Intelligenz mit verschiedenen Dimensionen zu erfassen. Nur dadurch können die Beziehungen zwischen einzelnen Bereichen ergründet werden. Zur Prüfung der gegenseitigen Entwicklungseinflüsse ist außerdem ein längerer Untersuchungszeitraum mit mehreren Messzeitpunkten nötig. Zudem ist die Untersuchung von Kindern mit verschiedenen Begabungsschwerpunkten, Kompetenzdefiziten und mit unterschiedlichen Entwicklungsbedingungen notwendig, um die Ergebnisse zu verifizieren, zu differenzieren und zu erweitern. Ein weiteres Forschungsfeld ergibt sich für die kognitiven Prozesse, die hinter den Testleistungen stehen. Diese waren nicht Gegenstand der vorliegenden Studie. Die Analyse von Korrelationsmustern zwischen den Testleistungen, also den Produkten kognitiver Prozesse, ermöglicht keine Aussagen darüber, ob und wie Sprache als System das kognitive Funktionieren beeinflusst (Fuchs, 1983, S. 14). Bei der Interpretation der Ergebnisse wurde vermutet, dass die Entwicklung der sprachlichen Leistungen durch die Betreuung und Förderung in den Kindertageseinrichtungen in besonderer Weise beschleunigt werde. Um diese Vermutung zu prüfen, müssten neben Kindergartenkindern auch Kinder, die keine Betreuungsinstitution besuchen, untersucht werden. Dies ist aus heutiger Sicht der Betreuungssituation und der bildungspolitischen Ziele jedoch nicht möglich. Realisierbar wäre jedoch der Vergleich verschiedener Kindertageseinrichtungen mit unterschiedlichen Angeboten und Qualitätsprofilen, beispielsweise beurteilt nach dem Qualitätskriterienkatalog von Tietze und Viernickel (2003). Hinsichtlich der Effektivität der Sprachförderung sind ebenfalls (vergleichende) Therapie- und Interventionsstudien nötig, um zu zeigen, „welche Strategien und Strategiekombinationen für welche Aspekte der Sprachförderung und welche Gruppen von Kindern besonders geeignet sind“ (Weinert & Lockl, 2008, S. 118). Außerdem ist auf die Kontextfaktoren zu achten (vgl. Kap. 2.3.4; Schmidt-Denter, 2002). Bei der Evaluation von Maßnahmen ist weiterhin die Auswahl der Methoden und Testinstrumente entscheidend. Was wird gefördert? Was wird geprüft? Welche Nebeneffekte werden beachtet? 222 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen 6.3.2 Schlussfolgerungen für die Praxis der frühkindlichen Bildung Die Ergebnisse der Studie weisen auf die große Bedeutung von Sprachkompetenz für die weitere Entwicklung von Kindern hin. Nicht nur die hohe Stabilität der Leistungen, sondern zugleich die Auswirkung auf die nonverbale Intelligenz machen dies deutlich. Die Befunde zeigen zugleich, dass bei sprachauffälligen Kindern eine Differenzierung zwischen ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern nötig ist, denn die Ursachen der Sprachdefizite und damit auch die Auswirkungen auf die weitere Entwicklung sind unterschiedlich. Außerdem wiederholte sich der Befund, dass sich bei jüngeren Kindern die sprachlichen Kompetenzen schneller entwickeln als bei älteren Kindern. Hier ist die Entwicklung entsprechend leichter beeinflussbar. Das spricht für eine früh beginnende Förderung (vgl. auch Oksaar, 2003). Auch Dannenbauer (2001) plädiert nachdrücklich für Frühintervention und Prävention. Laut Tracy (2007) ist es „zwingend erforderlich, möglichst früh in eine systematische sprachliche Förderung zu investieren, weil dies langfristig die effektivste Lösung und die kostengünstigste Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft ist“ (ebd., S. 5). In den durchschnittlichen Leistungen konnte zwar kein direkter Einfluss der Sprachförderung nachgewiesen werden, aber die Pfadanalysen deuten auf indirekte Auswirkungen auf die Sprachleistungen hin. Außerdem bedeutet das Ergebnis nicht, dass es im Einzelfall nicht doch direkte positive Auswirkungen durch die Sprachförderung gegeben haben kann. Im Durchschnitt der heterogenen Stichprobe ließen sich diese mit den eingesetzten Instrumenten jedoch nicht nachweisen. Der indirekte Effekt der Förderung auf die sprachlichen Leistungen lässt die Relevanz der Sprachfördermaßnahmen vermuten. Für die Umsetzung der Förderung scheint es sinnvoll, die speziellen Probleme der Kinder zu berücksichtigen. Während Kinder mit Deutsch als Zweit- oder Drittsprache vor allem Defizite im Wortschatz und in der Grammatik aufweisen, beginnen bei Kindern mit Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen die Probleme bereits in der Phonologie und häufig auch im allgemeinen Lernpotential. Die Ergebnisse der Studie unterstützen dies. Deshalb erscheint es wichtig, dass „auch in Kindergruppen jedes einzelne Kind ein spezielles, seinem Sprachentwicklungsstand entsprechendes sprachliches Angebot erhält“ (Friedrich, 1991, S. 132). Kinder mit SSES benötigen darüber hinaus spezifische Sprachtherapie, damit ihre Intelligenz nicht weiter abrutscht (vgl. z. B. Dannenbauer, 2001; Leonard, 2000). Für die mehrsprachig aufwachsenden Kinder besteht das Ziel, die deutsche Sprache soweit zu beherrschen, dass sie Bildungsangebote 223 6 Zusammenfassung, Diskussion und Schlussfolgerungen ausreichend wahrnehmen können. Die Ergebnisse zeigen, dass selbst kurz vor Schuleintritt die Defizite noch groß sind. Laut Bialystok (2001, S. 232) vergehen mindestens zwei bis fünf Jahre bis Immigranten-Kinder die Zweitsprache ausreichend beherrschen. Daher sind Integration und angemessene Sprachförderung bereits im vorschulischen Alter für Kinder mit Migrationshintergrund entscheidende Weichenstellungen für den weiteren Bildungserfolg (vgl. Baumert et al., 2006; Deutsches PISAKonsortium, 2001). Es geht dabei zugleich darum, negative Auswirkungen auf nichtsprachliche Fähigkeiten zu verhindern (Dubowy et al., 2008). Außerdem gilt es die Mehrsprachigkeit der Kinder zu fördern, denn auch dies ist ein wertvolles Bildungsziel, für das in Deutschland noch viel zu tun bleibt (vgl. Kracht, 2007; Reich & Roth, 2002). Über die Sprachförderung hinaus scheint für alle Kinder eine allgemeine kognitive Förderung notwendig zu sein. Die vergleichsweise geringe Intelligenz der Kinder der Untersuchungsstichprobe deutet auf einen Förderbedarf an dieser Stelle hin. Die Sprachförderung hatte weder eine direkte noch eine indirekte Auswirkung auf die Intelligenzleistungen. Deshalb sollte durch den Fokus auf sprachförderliche Angebote die Förderung der kognitiven Entwicklung nicht vernachlässigt, sondern gleichfalls gestärkt werden. Insgesamt sprechen die Ergebnisse für eine früh beginnende Förderung unter Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse der Kinder in ihrer sprachlichen und kognitiven Entwicklung. 224 Literatur Literaturverzeichnis Ahnert, L. (2007). Inanspruchnahme öffentlicher Kinderbetreuung. In M. 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und mehrsprachig aufwachsenden Jungen und Mädchen (Kovariate Alter) Effekt Zeit Zeit x Alter Zeit x Sprachigkeit Zeit x Geschlecht Zeit x Sprachigkeit x Geschlecht WilksLambda 0.995 1.000 1.000 1.000 1.000 df 1/403 1/403 1/403 1/403 1/403 F 2.12 .09 .08 .16 .14 Signifikanz p = .15 p = .76 p = .78 p = .69 p = .71 η2 0.01 0.00 0.00 0.00 0.00 Anmerkung: Signifikanter Box-M-Test: F (9, 1361102.194) = 1.933, p < .05 245 Anhang Tabelle A3: Levene-Test auf Gleichheit der Fehlervarianzen in den CPM-Leistungen der ein- und mehrsprachig aufwachsenden Jungen und Mädchen Rohwert CPM t1 t2 df 3/404 3/404 F 3.269 1.861 Signifikanz p < 0.05 p = 0.14 Tabelle A4: Statistische Kennwerte der univariaten Vergleiche (Zwischensubjekteffekte) der CPMLeistungen der ein- und mehrsprachig aufwachsenden Jungen und Mädchen Effekt df Alter Mehrsprachigkeit Geschlecht Mehrsprachigkeit x Geschlecht 1/403 1/403 1/403 1/403 F Signifikanz 107.54 1.22 3.51 0.88 p < 0.001 p = 0.27 p = 0.06 p = 0.35 η2 0.21 0.00 0.01 0.00 Prüfung der Varianzhomogenität zwischen den Teilstichproben Tabelle A5: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von Jungen und Mädchen PGN t1 PGN t2 SG t1 SG t2 CPM t1 CPM t2 Levene-Statistik 2.241 .241 .001 2.032 5.388 2.746 df 1/396 1/396 1/396 1/396 1/396 1/396 Signifikanz p = .135 p = .624 p = .977 p = .155 p < .05 p = .098 Abbildung A1: Mittelwerte und Varianzen in den CPM-Leistungen von Jungen und Mädchen zu t1 und t2 246 Anhang Tabelle A6: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von Förder- und Vergleichskindern PGN t1 PGN t2 SG t1 SG t2 CPM t1 CPM t2 Levene-Statistik .214 1.459 1.633 7.879 3.089 1.972 df 1/396 1/396 1/396 1/396 1/396 1/396 Signifikanz p = .644 p = .228 p = .202 p < .01 p = .080 p = .161 Abbildung A2: Mittelwerte und Varianzen in den SG-Leistungen von Förder- und Vergleichskindern zu t2 Tabelle A7: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von vier- und fünfjährigen Kindern PGN t1 PGN t2 SG t1 SG t2 CPM t1 CPM t2 Levene-Statistik 3.909 1.020 6.623 10.557 11.038 14.176 df 1/396 1/396 1/396 1/396 1/396 1/396 Signifikanz p < .05 p = .313 p < .05 p < .01 p < .01 p < .001 247 Anhang Abbildung A3: Mittelwerte und Varianzen in den PGN-, SG- und CPM-Leistungen von vier- und fünfjährigen Kindern zu t1 und t2 248 Anhang Tabelle A8: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern PGN t1 PGN t2 SG t1 SG t2 CPM t1 CPM t2 Levene-Statistik .199 .073 13.486 18.088 .071 .045 df 1/396 1/396 1/396 1/396 1/396 1/396 Signifikanz p = .656 p = .787 p < .001 p < .001 p = .789 p = .832 Abbildung A4: Mittelwerte und Varianzen in den SG-Leistungen von ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern zu t1 und t2 249 Anhang Tabelle A9: Statistische Kennwerte der Tests auf Homogenität der Varianz (basierend auf dem Mittelwert) in den Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) von ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern PGN t1 PGN t2 SG t1 SG t2 CPM t1 CPM t2 Levene-Statistik 1.493 .217 8.283 8.931 4.395 5.643 df 1/394 1/394 1/394 1/394 1/394 1/394 Signifikanz p = .216 p = .885 p < .001 p < .001 p < .01 p < .01 Abbildung A5: Mittelwerte und Varianzen in den SG- und CPM-Leistungen von ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern zu t1 und t2 250 Anhang Korrelationsmodell zu t1 Tabelle A10: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) Variable Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Multivariate min 0 5 4 max 17 32 110 skew -0.016 0.737 -0.31 c.r. -0.133 6.102 -2.568 kurtosis -0.497 0.596 -0.841 -1.082 c.r. -2.056 2.465 -3.48 -2.00226 Tabelle A11: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Roh_PGN 12.057 3.299 36.173 Roh_CPM Roh_SG 24.202 46.304 657.891 Moderatoranalyse Alter und Mehrsprachigkeit im Korrelationsmodell zu t1 Tabelle A12: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 69) Variable Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Multivariate min 0 7 4 max 15 26 106 skew 0.182 0.701 -0.695 c.r. 0.618 2.379 -2.357 kurtosis -0.448 1.253 -0.022 -0.141 c.r. -0.76 2.125 -0.037 -0.107 Tabelle A13: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 69) Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Roh_PGN 11.718 0.299 38.593 Roh_CPM Roh_SG 12.162 28.083 562.206 26 Im Folgenden sind interessierende Werte grau unterlegt, interessierende signifikante Werte fett kursiv gedruckt. 251 Anhang Tabelle A14: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 106) Variable Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Multivariate min 2 5 30 max 16 29 110 skew 0.004 0.513 -0.523 c.r. 0.016 2.155 -2.197 kurtosis -0.513 -0.092 -0.034 -0.991 c.r. -1.079 -0.193 -0.072 -0.931 Tabelle A15: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 106) Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Roh_PGN 9.428 -0.297 11.369 Roh_CPM Roh_SG 27.054 17.845 233.119 Tabelle A16: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 86) Variable Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Multivariate min 1 5 4 max 17 23 102 skew 0.139 0.561 0.57 c.r. 0.525 2.125 2.159 kurtosis -0.549 0.616 -0.453 -0.416 c.r. -1.038 1.166 -0.858 -0.352 Tabelle A17: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 86) Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Roh_PGN 14.668 1.74 48.034 Roh_CPM Roh_SG 15.164 15.561 602.446 Tabelle A18: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 137) Variable Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Multivariate min 1 6 5 max 16 32 105 skew -0.044 0.768 -0.011 c.r. -0.21 3.672 -0.053 kurtosis -0.771 0.847 -0.854 -0.746 c.r. -1.843 2.024 -2.041 -0.797 252 Anhang Tabelle A19: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 137) Roh_PGN Roh_CPM 10.888 4.961 22.535 41.546 51.193 Roh_PGN Roh_CPM Roh_SG Roh_SG 535.167 Kreuzverzögertes Modell Tabelle A20: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) (ursprüngliches und Basis-Modell) Variable Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_re Multivariate min 0 4 5 10 0 5 max 17 110 32 116 18 34 skew -0.016 -0.31 0.737 -0.638 -0.186 0.364 c.r. -0.133 -2.568 6.102 -5.281 -1.538 3.014 kurtosis -0.497 -0.841 0.596 -0.393 -0.212 -0.351 1.785 c.r. -2.056 -3.48 2.465 -1.626 -0.876 -1.453 1.847 Tabelle A21: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Untersuchungsstichprobe (N = 411) Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_ re Roh_PGN 12.057 36.173 3.299 30.527 6.448 3.503 Roh_SG Roh_CPM Roh_SG _re Roh_PGN _re Roh_CPM _ re 657.891 46.304 517.076 23.457 49.896 24.202 40.916 2.945 17.234 537.123 26.301 44.936 10.359 2.675 27.471 Tabelle A22: „Critical Ratios for Differences between Parameters“ im kreuzverzögerten Modell von PGN, SG und CPM (Untersuchungsstichprobe N = 411) co sc co pc co ps cc pp ss sc co-e -6.818 -1.465 -6.877 -6.896 -6.858 -6.971 -5.8 co pc 0 7.356 -3.073 -3.226 -2.932 -3.805 1.994 co ps cc pp ss sc 0 -7.481 -7.509 -7.455 -7.613 -5.891 0 -2.362 2.658 -13.934 4.016 0 6.251 -13.198 4.096 0 -32.582 3.932 0 4.427 Anmerkungen: co = Korrelation, c = CPM, s = SG, p = PGN, e = Fehler 253 Anhang Moderatoranalyse Sprachförderung Tabelle A23: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Vergleichskinder (N = 93) Variable Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_re Multivariate min 1 5 5 23 3 9 max 16 103 28 110 18 34 skew -0.029 -0.661 0.597 -0.85 0.118 0.542 c.r. -0.115 -2.603 2.35 -3.347 0.466 2.133 kurtosis -0.575 -0.28 -0.151 0.183 -0.27 -0.285 -2.009 c.r. -1.131 -0.55 -0.298 0.359 -0.532 -0.562 -0.989 Tabelle A24: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Vergleichskinder (N = 93) Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_ re Roh_PGN 12.062 38.21 5.599 26.348 5.92 4.106 Roh_SG Roh_CPM Roh_SG _re Roh_PGN _re Roh_CPM _ re 568.946 55.258 371.132 19.241 57.913 28.054 41.16 3.61 22.285 361.891 13.654 47.404 8.734 2.218 31.539 Tabelle A25: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Förderkinder (N = 318) Variable Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_re Multivariate min 0 4 6 10 0 5 max 17 110 32 116 17 34 skew -0.012 -0.211 0.786 -0.543 -0.239 0.282 c.r. -0.089 -1.539 5.72 -3.955 -1.738 2.055 kurtosis -0.474 -0.912 0.88 -0.563 -0.249 -0.444 2.618 c.r. -1.725 -3.321 3.204 -2.051 -0.908 -1.616 2.383 254 Anhang Tabelle A26: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Förderkinder (N = 318) Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_ re Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG _re 12.053 35.378 2.623 31.536 6.595 3.313 671.559 43.467 546.534 24.205 46.731 23.071 40.611 2.741 15.743 574.204 29.48 43.336 Roh_PGN _re Roh_CPM _ re 10.816 2.776 26.227 Tabelle A27: „Critical Ratios for Differences between Parameters“ von Förder- und Vergleichskindern im kreuzverzögerten Modell von PGN, SG und CPM co cs-f co cp-f co sp-f cc-f pp-f ss-f sc-f e-f co cs-v -0.731 -3.664 -1.297 -3.811 -3.818 -3.799 -3.853 -3.245 co cp-v 4.933 -1.345 5.143 -2.487 -2.535 -2.399 -2.787 1.035 co sp-v 0.437 -3.734 -0.259 -3.963 -3.973 -3.944 -4.026 -3.091 cc-v 5.765 1.983 6.374 -1.141 -2.254 0.84 -8.772 4.261 pp-v ss-v 5.798 5.777 2.241 2.074 6.419 6.39 1.58 -0.36 0.481 -1.909 4.123 2.851 -6.334 -12.843 4.398 4.31 sc-v 5.861 2.731 6.504 11.596 10.922 25.954 -0.076 4.658 e-v 5.448 0.763 5.743 0.081 0.046 0.145 -0.137 2.429 Anmerkungen: co = Korrelation, c = CPM, s = SG, p = PGN, e = Fehler; f = Förderkinder, v = Vergleichskinder Moderatoranalyse Alter und Mehrsprachigkeit Tabelle A28: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 69) Variable Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_re Multivariate min 0 4 7 10 0 7 max 15 106 26 113 16 26 skew 0.182 -0.695 0.701 -0.817 0.029 0.533 c.r. 0.618 -2.357 2.379 -2.77 0.097 1.808 kurtosis -0.448 -0.022 1.253 0.633 -0.229 0.104 -0.231 c.r. -0.76 -0.037 2.125 1.074 -0.388 0.176 -0.098 255 Anhang Tabelle A29: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 69) Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_ re Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG _re Roh_PGN _re Roh_CPM _ re 11.718 38.593 0.299 30.637 4.912 1.105 562.206 28.083 421.624 34.38 37.833 12.162 25.793 1.706 6.704 424.038 33.117 34.802 10.293 2.674 14.463 Tabelle A30: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 106) Variable Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_re Multivariate min max skew c.r. kurtosis c.r. 2 30 5 28 3 5 16 110 29 116 18 34 0.004 -0.523 0.513 -1.516 -0.034 -0.015 0.016 -2.197 2.155 -6.374 -0.143 -0.061 -0.513 -0.034 -0.092 3.072 -0.191 -0.167 5.858 -1.079 -0.072 -0.193 6.456 -0.401 -0.35 3.078 Tabelle A31: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der einsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 106) Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_ re Roh_PGN 9.428 11.369 -0.297 13.736 5.889 2.234 Roh_SG Roh_CPM Roh_SG _re Roh_PGN _re Roh_CPM _ re 233.119 17.845 170.27 11.454 22.825 27.054 19.716 0.708 17.383 238.411 15.286 26.149 9.52 1.005 31.782 Tabelle A32: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 86) Variable Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_re Multivariate min 1 4 5 12 1 8 max 17 102 23 106 16 27 skew 0.139 0.57 0.561 0.073 -0.408 0.72 c.r. 0.525 2.159 2.125 0.277 -1.545 2.727 kurtosis -0.549 -0.453 0.616 -0.956 0.002 -0.066 -0.888 c.r. -1.038 -0.858 1.166 -1.81 0.003 -0.126 -0.42 256 Anhang Tabelle A33: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden vierjährigen Kinder (N = 86) Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_ re Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG _re Roh_PGN _re Roh_CPM _ re 14.668 48.034 1.74 44.074 7.611 2.01 602.446 15.561 507.334 31.033 19.574 15.164 10.482 1.577 8.288 582.656 38.601 18.809 11.057 1.339 17.625 Tabelle A34: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 137) Variable Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_re Multivariate min max skew c.r. kurtosis c.r. 1 5 6 22 2 9 16 105 32 107 17 34 -0.044 -0.011 0.768 -0.436 -0.213 0.258 -0.21 -0.053 3.672 -2.083 -1.018 1.235 -0.771 -0.854 0.847 -0.573 -0.233 -0.531 4.331 -1.843 -2.041 2.024 -1.37 -0.557 -1.269 2.587 Tabelle A35: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der mehrsprachig aufwachsenden fünfjährigen Kinder (N = 137) Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_ re Roh_PGN 10.888 41.546 4.961 32.184 6.188 3.177 Roh_SG Roh_CPM Roh_SG _re Roh_PGN _re Roh_CPM _ re 535.167 51.193 408.98 27.593 47.274 22.535 48.041 4.808 16.973 440.903 30.235 42.901 9.174 3.248 24.865 257 Anhang Tabelle A36: „Critical Ratios for Differences between Parameters“ von ein- und mehrsprachig aufwachsenden vier- und fünfjährigen Kindern im kreuzverzögerten Modell der Leistungen in PGN, SG und CPM co cs2 co pc2 co ps2 cc2 pp2 ss2 sc2 co e2 co cs3 co pc3 co ps3 cc3 pp3 ss3 sc3 co e3 co cs4 co pc4 co ps4 cc4 pp4 ss4 sc4 co e4 co cs1 -0.774 -2.657 -1.445 -2.6 -2.6 -2.59 -2.653 -2.242 -0.841 -2.464 1.281 -2.608 -2.611 -2.58 -2.656 -1.538 1.558 -2.169 1.041 -2.591 -2.605 -2.587 -2.656 -1.763 co pc1 2.173 -0.28 2.247 0.214 0.212 0.29 -0.171 1.138 1.441 0.662 4.139 0.157 0.137 0.363 -0.194 2.564 4.845 2.309 5.426 0.281 0.182 0.313 -0.193 3.047 co ps1 -1.54 -3.54 -2.297 -3.493 -3.493 -3.483 -3.544 -3.122 -1.524 -3.352 0.598 -3.5 -3.503 -3.473 -3.547 -2.411 0.837 -3.067 0.224 -3.484 -3.497 -3.48 -3.547 -2.659 cc1 2.189 -0.476 2.318 1.12 1.139 2.02 -3.331 1.243 1.44 0.792 4.159 0.52 0.368 2.967 -3.683 2.7 4.877 3.189 5.507 1.913 0.885 2.491 -3.673 3.474 pp1 2.195 -0.448 2.328 1.559 1.604 2.606 -3.383 1.26 1.444 0.82 4.163 0.873 0.766 3.724 -3.803 2.712 4.882 3.223 5.513 2.479 1.371 3.238 -3.793 3.493 ss1 2.155 -0.652 2.261 -1.1 -1.22 -0.03 -10.863 1.139 1.414 0.626 4.135 -1.685 -2.456 1.363 -12.421 2.63 4.851 3.003 5.471 -0.166 -1.971 0.459 -12.482 3.366 sc1 2.24 -0.219 2.405 6.417 7.082 9.575 0.188 1.399 1.478 1.041 4.194 4.697 6.053 13.946 -1.116 2.806 4.916 3.484 5.561 9.112 8.374 16.105 -1.083 3.643 co e1 1.204 -1.795 0.683 -1.701 -1.702 -1.673 -1.845 -0.753 0.747 -1.299 3.38 -1.722 -1.73 -1.645 -1.853 0.659 3.962 -0.543 4.084 -1.676 -1.713 -1.664 -1.853 0.383 Anmerkungen: co = Korrelation, c = CPM, s = SG, p = PGN, e = Fehler, 1 = einsprachige vierjährige Kinder, 2 = einsprachige fünfjährige Kinder, 3 = mehrsprachige vierjährige Kinder, 4 = mehrsprachige fünfjährige Kinder 258 Anhang Fortsetzung Tabelle A36 co cs3 co pc3 co ps3 cc3 pp3 ss3 sc3 co e3 co cs4 co pc4 co ps4 cc4 pp4 ss4 sc4 co e4 co cs2 -0.174 -1.986 2.167 -2.179 -2.183 -2.142 -2.243 -0.8 2.547 -1.597 2.174 -2.157 -2.175 -2.151 -2.243 -1.069 co pc2 1.495 0.904 4.186 0.527 0.509 0.718 0.202 2.682 4.894 2.5 5.488 0.642 0.55 0.672 0.204 3.19 co ps2 0.364 -1.933 2.963 -2.302 -2.308 -2.239 -2.41 -0.095 3.487 -1.303 3.42 -2.264 -2.295 -2.254 -2.41 -0.454 cc2 1.425 0.694 4.145 -0.613 -0.983 2.127 -6.726 2.659 4.862 3.079 5.485 0.873 -0.444 1.502 -6.726 3.41 pp2 1.425 0.696 4.145 -0.615 -1.015 2.329 -7.429 2.66 4.862 3.083 5.486 0.959 -0.444 1.674 -7.433 3.412 ss2 1.414 0.627 4.135 -1.563 -2.208 1.227 -9.976 2.63 4.851 3.004 5.471 -0.123 -1.722 0.424 -9.998 3.366 sc2 1.478 1.037 4.194 4.514 5.683 12.711 -0.969 2.805 4.916 3.479 5.56 8.568 7.71 14.005 -0.932 3.64 co e2 1.098 -0.634 3.779 -1.212 -1.224 -1.099 -1.409 1.534 4.429 0.43 4.79 -1.144 -1.2 -1.127 -1.408 1.475 co pc3 4.696 1.496 5.212 -0.635 -0.723 -0.607 -1.056 2.456 co ps3 0.204 -3.736 -0.475 -4.137 -4.149 -4.133 -4.197 -3.34 cc3 4.87 3.135 5.496 1.448 0.298 2.058 -4.951 3.443 pp3 4.873 3.159 5.5 2.054 0.687 3.048 -6.421 3.456 ss3 4.841 2.93 5.457 -1.338 -3.284 -1.084 -14.561 3.323 sc3 4.919 3.503 5.565 9.498 8.83 16.827 0.089 3.653 co e3 3.644 -1.429 3.666 -2.633 -2.671 -2.622 -2.813 -0.404 Fortsetzung Tabelle A36 co cs3 co cs4 co pc4 co ps4 cc4 pp4 ss4 sc4 co e4 2.411 -1.001 2.018 -1.415 -1.429 -1.411 -1.481 -0.613 Anmerkungen: co = Korrelation, c = CPM, s = SG, p = PGN, e = Fehler, 1 = einsprachige vierjährige Kinder, 2 = einsprachige fünfjährige Kinder, 3 = mehrsprachige vierjährige Kinder, 4 = mehrsprachige fünfjährige Kinder 259 Anhang Moderatoranalyse Geschlecht Tabelle A37: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Jungen (N = 217) Variable Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_re Multivariate min 0 4 5 10 0 6 max 17 110 32 116 18 34 skew -0.117 -0.33 0.658 -0.746 -0.171 0.277 c.r. -0.705 -1.985 3.959 -4.486 -1.031 1.664 kurtosis -0.524 -0.865 0.18 0.057 -0.084 -0.581 2.091 c.r. -1.576 -2.601 0.542 0.172 -0.252 -1.748 1.572 Tabelle A38: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Jungen (N = 217) Roh_PGN Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_ re Roh_SG Roh_CPM Roh_SG _re Roh_PGN _re Roh_CPM _ re 13.13 37.728 637.343 4.316 40.888 26.728 28.813 491.077 35.079 504.092 6.743 25.19 3.027 23.858 10.065 5.209 52.096 19.162 46.655 2.885 28.84 Tabelle A39: Beurteilung der (multivariaten) Normalverteilung der Leistungen in PGN, SG und CPM (Rohwerte) zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Mädchen (N = 194) Variable Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_re Multivariate min 1 4 5 15 1 5 max 17 106 29 113 17 34 skew 0.123 -0.287 0.775 -0.522 -0.202 0.441 c.r. 0.698 -1.63 4.41 -2.967 -1.15 2.507 kurtosis -0.49 -0.848 1.156 -0.781 -0.342 -0.012 1.494 c.r. -1.394 -2.411 3.286 -2.22 -0.972 -0.034 1.062 Tabelle A40: Kovarianzmatrix der Leistungen in PGN, SG und CPM zu t1 und t2 in der Teilstichprobe der Mädchen (N = 194) Roh_PGN Roh_PGN Roh_SG Roh_CPM Roh_SG_re Roh_PGN_re Roh_CPM_ re Roh_SG Roh_CPM Roh_SG _re Roh_PGN _re Roh_CPM _ re 10.851 34.086 664.267 2.087 48.77 20.599 32.137 531.468 44.267 561.076 6.122 21.701 2.892 29.195 10.686 1.512 43.483 14.223 39.518 2.483 25 260 Anhang Tabelle A41: „Critical Ratios for Differences between Parameters“ von Jungen und Mädchen im kreuzverzögerten Modell der Leistungen in PGN, SG und CPM Mädchen co cs-f co cp-f co sp-f cc-f pp-f ss-f sc-f e-f Jungen co cs-m co cp-m co sp-m 0.605 -4.141 -0.597 -4.323 -4.336 -4.308 -4.391 -3.292 4.824 -1.311 4.435 -2.8 -2.889 -2.692 -3.285 1.825 cc-m pp-m ss-m sc-m e-m 0.974 5.275 5.291 5.263 -5.225 1.315 1.446 1.217 -0.387 5.077 5.099 5.061 -5.506 -0.095 1.626 -1.568 -5.524 -1.604 0.248 -3.595 -5.485 2.247 4.893 0.67 -5.6 -11.919 -10.078 -23.108 -3.986 3.622 3.682 3.577 5.343 1.884 5.171 8.894 8.472 22.725 -1.36 3.882 4.729 -1.115 4.283 -1.99 -2.049 -1.919 -2.308 1.499 Anmerkungen: co = Korrelation, c = CPM, s = SG, p = PGN, e = Fehler; f = Mädchen, m= Junge 261