Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht Die Fallfrage

Transcrição

Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht Die Fallfrage
Aufrechnung, Abtretung (Fall 26)
Sachverhalt
V hat gegen K einen Kaufpreiszahlungsanspruch in Höhe von €
8.000,00. Dem K stand bereits seit längerer Zeit gegen V eine
Werklohnforderung in gleicher Höhe zu. Nachdem hinsichtlich
dieser Forderung im Mai 2001 Verjährung eingetreten ist, mahnt
V die Kaufpreiszahlung bei K an. Dieser verweigert die
Auszahlung mit Blick auf seine Gegenforderung. Als V insolvent
wird, erklärt K gegenüber dem vom Gericht bestellten
Insolvenzverwalter, dass beide Forderungen miteinander
verrechnet werden.
Kann der Verwalter die Kaufpreisforderung geltend machen?
Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht
Übung
Einheit 6:
Aufrechnung, Abtretung
Verbraucherschützende Widerrufsrechte
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
2
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Aufrechnung, Abtretung (Fall 26)
Exkurs: Das Insolvenzverfahren
Abwandlung: Wie wäre es, wenn V die Kaufpreisforderung
vor seiner Insolvenz an seine Hausbank B zur Sicherung
eines Kredites abgetreten hätte und nunmehr die Bank
Zahlung von K verlangt?
Ökonomischer Zweck des Insolvenzverfahrens:
„Grenzanbieter“ vom Markt nehmen
Das Insolvenzverfahren wird in Deutschland durch die
Insolvenzordnung (InsO) [in USA „Chapter 11“, Verfahren greift
deutlich früher ein] geregelt:
§ 1 Ziele des Insolvenzverfahrens
1Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners
gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des
Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem
Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum
Erhalt des Unternehmens getroffen wird.
2Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von
seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
3
Die Fallfrage
Exkurs: Der Insolvenzverwalter
Grundlegende Regelung in § 80 InsO:
§ 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des
Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu
verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter
über.
(…)
=>Insolvenzverwalter tritt faktisch und rechtlich in die
Rechtsstellung des Schuldners ein
=>Damit geht das Recht, Forderungen geltend zu machen,
auf ihn über
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
4
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
5
Kann der Verwalter die
Kaufpreisforderung geltend machen?
Ja, wenn Insolvenzverfahren über das
Vermögen des V eröffnet wurde und
eine entsprechende Forderung des V
auch bestand.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
6
1
Forderung des V gegen K
Forderung des V gegen K
Anspruchsgrundlage: § 433 Abs. 2 BGB
I. Vertrag geschlossen?
Voraussetzungen für Zahlungsanspruch:
Liegt ein wirksamer Kaufvertrag vor?
Laut Sachverhalt besteht ein
Kaufpreisanspruch des V gegen K.
Wiederholung Anspruch aus Vertrag:
I. Vertrag geschlossen?
II. Vertrag wirksam?
III. Vertrag durchsetzbar?
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
7
Forderung des V gegen K
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
8
Forderung des V gegen K
II. Aber: Anspruch erloschen?
Voraussetzung der Aufrechnung, §§ 387 f.
Möglicher Erlöschungsgrund:
Aufrechnung gem. § 389 BGB
Aufrechnungslage und
Aufrechnungserklärung
Dafür müssten aber die Voraussetzungen
einer Aufrechnung vorliegen.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
9
Forderung des V gegen K
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
10
Forderung des V gegen K
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Aufrechnungslage, § 387 BGB
§ 387 Voraussetzungen
Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem
Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine
Forderung gegen die Forderung des anderen Teiles
aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern
und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
Also:
• Gleichartige Forderungen und
• Aufrechnender muss Leistung fordern
können (= Fälligkeit) und
• seine eigene Leistung bewirken können
(=Erfüllbarkeit)
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
11
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
12
2
Forderung des V gegen K
Forderung des V gegen K
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Hier:
Gleichartige Forderungen?
Hier:
Kann K seine eigene Leistungsverpflichtung
bewirken?
Ja, denn im Zweifel kann K seine Leistung
sofort bewirken (§ 271 BGB)
Ja, da beide auf Geld gerichtet sind.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
13
Forderung des V gegen K
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
14
Forderung des V gegen K
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Hier:
Kann K als Aufrechnender seine Leistung
(= € 8.000,-) fordern?
Ja, denn Werkvertragsforderung aus §
631 BGB ist entstanden und auch
fällig.
Aber: Auschluß nach § 390 BGB?
Ja, wenn Forderung mit Einrede behaftet
ist.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
15
Forderung des V gegen K
Hier Einrede der Verjährung gem. § 214
BGB?
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
16
Forderung des V gegen K
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Anspruch ist im März 2001 verjährt, damit
nach § 390 BGB eigentlich keine
Aufrechnung möglich.
Aber: Rückausnahme nach § 215 BGB?
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
17
Aufrechnung ist trotz Verjährung möglich,
soweit der Anspruch noch nicht verjährt
war, als zum ersten Mal aufgerechnet
werden konnte.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
18
3
Forderung des V gegen K
Forderung des V gegen K
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Aufrechnungserklärung, § 388 BGB
Hier konnte K schon vor der Verjährung
aufrechnen, insofern ist Aufrechnung
gem. § 215 BGB trotz § 390 BGB möglich.
Die Aufrechnung wurde durch K auch
gegenüber dem Insolvenzverwalter
erklärt. Dieser kann die Erklärung für V
gem. § 80 InsO wirksam entgegennehmen.
19
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Ergebnis
20
Aufrechnung, Abtretung (Fall 26)
Damit ist die Forderung des V durch die
Aufrechnung des K gem. § 389 BGB
erloschen.
Somit kann der Insolvenzverwalter die
Forderung auch nicht geltend machen.
21
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Die Fallfrage
Abwandlung: Wie wäre es, wenn V die Kaufpreisforderung
vor seiner Insolvenz an seine Hausbank B zur Sicherung
eines Kredites abgetreten hätte und nunmehr die Bank
Zahlung von K verlangt?
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
22
Forderung des V gegen K
Kann die Bank (B) Zahlung von K
verlangen?
Laut Sachverhalt besteht ein
Kaufpreisanspruch des V gegen K.
Ja, wenn ursprünglich eine
Kaufpreisforderung von V gegen K
bestand
und diese durch V wirksam an B
abgetreten wurde.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
23
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
24
4
Abtretung der Forderung
von V an B
Wirkung der Abtretung: Forderung geht
auf einen neuen Gläubiger über (§ 398
BGB)
Voraussetzungen:
• Abtretender muss Forderungsinhaber
sein
• Abtretung muss vereinbart werden
• Abtretung darf nicht gem. §§ 399 ff.
BGB ausgeschlossen sein
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
25
Abtretung der Forderung
von V an B
V als Forderungsinhaber?
Hier ist V Inhaber der Kaufpreisforderung
gegen K (s.o.).
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
26
Abtretung der Forderung
von V an B
Abtretungserklärung („durch Vertrag“)?
Abtretung der Forderung
von V an B
Abtretungserklärung („durch Vertrag“)?
Hier hat V seine Forderung auch an B
durch Vertrag abgetreten.
Hier hat V seine Forderung auch an B
durch Vertrag abgetreten.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
27
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
28
Abtretung der Forderung
von V an B
Ausschluss der Abtretung?
Aber: Anspruch erloschen?
Hier ist die Abtretung auch nicht gem. §§
399 ff. BGB ausgeschlossen.
Möglicher Erlöschungsgrund:
Aufrechnung durch K gem. § 389 BGB
Forderung der B gegen K
Dafür müssten aber die Voraussetzungen
einer Aufrechnung vorliegen.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
29
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
30
5
Forderung des B gegen K
Forderung der B gegen K
Voraussetzung der Aufrechnung, §§ 387 f.
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Aufrechnungslage und
Aufrechnungserklärung
•
•
•
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
31
Forderung der B gegen K
Gleichartige Forderungen und
Aufrechnender muss Leistung fordern
können (= Fälligkeit) und
seine eigene Leistung bewirken können
(=Erfüllbarkeit)
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
32
Forderung der B gegen K
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Hier:
Gleichartige Forderungen?
Hier:
Kann K seine eigene Leistungsverpflichtung
bewirken?
Ja, denn im Zweifel kann K seine Leistung
sofort bewirken (§ 271 BGB)
Ja, da beide auf Geld gerichtet sind.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
33
Forderung der B gegen K
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
34
Forderung des V gegen K
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Hier:
Kann K als Aufrechnender seine Leistung
(= € 8.000,-) von B fordern?
Nein, denn Forderung des K richtet sich
weiterhin gegen V.
Aber:
K als Schuldner der Kaufpreisforderung, der
an ihrer Abtretung nicht beteiligt ist, darf
durch diese Abtretung vernünftigerweise
keine Nachteile erleiden.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
35
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
36
6
Forderung des V gegen K
Forderung der B gegen K
Aufrechnungslage, § 387 BGB
Deswegen: Regelung des § 406 BGB
Trotz fehlender Gegenseitigkeit ist die
Aufrechnung auch gegenüber dem neuen
Gläubiger der Hauptforderung, also der B
gegenüber, zulässig, da die Gegenforderung
bei K bereits vor der Abtretung entstanden
und fällig geworden war.
37
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Die Aufrechnung wurde durch K
gegenüber der B auch erklärt.
38
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Verbraucherschützende
Widerrufsrechte (Fall 27)
Ergebnis
Damit ist die Forderung der B durch die
Aufrechnung des K auch hier gem. § 389
BGB erloschen.
Somit kann die Bank B keine Zahlung von
K verlangen.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Aufrechnungserklärung, § 388 BGB
39
V bewohnt mit seiner berufstätigen Ehefrau eine
Eigentumswohnung in Hamburg. Seit einiger Zeit klagt er über
Atemnot. Als er im monatlichen Journal „Der Putzteufel“ liest,
dass aufgrund von Feuchtigkeit entstehende
Schimmelbelastung in der Luft zu Atemwegserkrankungen
führen kann, ruft er das auf Raumluftmessungen spezialisierte
Unternehmen U an, um sich weiter zu informieren. Anlässlich
des Telefonats schlägt U vor, dass er sich die Sache vor Ort
einmal ansehen könne. V willigt ein. Anlässlich des
Ortstermins teilt U mit, dass zur Ermittlung der weiter
erforderlichen Maßnahmen zunächst eine Analyse der
Raumluft und Feuchtigkeit erforderlich sei. Im Einverständnis
mit V führt er diverse Messungen durch. Zwei Wochen später
erhält V eine Rechnung über € 3.200,00. V ist entsetzt.
Als er beim Blick auf einen vollen Aschenbecher und zwei
leere Schachteln „Camel ohne“ erkennt, dass seine Atemnot
andere Gründe haben könnte, fragt er sich, ob er die Rechnung
des U bezahlen muss.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
40
Die Fallfrage
Aufrechnung, Abtretung (Fall 26)
Abwandlung:
V bestellt auf der Homepage des U ein spezielles
Reinigungsmittel für Schimmelflecken. Die Homepage und
die anschließende Bestätigungsmail enthält keine
Belehrung über etwaiger Widerrufs- oder Rückgaberechte.
Nachdem das Reinigungsmittel beim V vier Wochen
ungenutzt herumliegt, schreibt V dem U eine E-Mail, in der
er den Vertrag widerruft und den Kaufpreis zurückverlangt.
Muss V die Rechnung des U bezahlen?
Muss U den Kaufpreis erstatten?
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
41
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
42
7
Anspruch des U gegen V
Forderung des U gegen V
I. Vertrag geschlossen?
Anspruchsgrundlage: § 631 BGB
Voraussetzungen für Zahlungsanspruch:
Liegt ein wirksamer Werkvertrag vor?
1.
Vertragsschluss durch Telefonat des U und V?
Wohl eher nicht, da lediglich Anfrage und keine Vereinbarung
über die Erbringung einer Leistung seitens des U.
Wiederholung Anspruch aus Vertrag:
I. Vertrag geschlossen?
II. Vertrag wirksam?
III. Vertrag durchsetzbar?
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
43
Forderung des U gegen V
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
44
Forderung des U gegen V
I. Vertrag geschlossen?
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
2. Vertragschluss im anschließenden Gespräch in der
Wohnung des V?
Gem. § 355 Abs. 1 S. 1 BGB ist ein Verbraucher an eine
Willenserklärung nicht mehr gebunden, soweit ihm durch ein
Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt ist und er die
Willenserklärung fristgemäß widerrufen hat.
Hier einigten sich V und U über die Durchführung von
diversen Messungen und Ist-Analysen. Wegen der
Erfolgsabhängigkeit liegt ein Werkvertrag vor.
Anmerkung: Es schadet nicht, dass U und V nicht über eine
Vergütung gesprochen haben. Eine übliche Vergütung gilt
nämlich gem. § 632 Abs. 1 BGB als vereinbart.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
45
Forderung des U gegen V
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Forderung des U gegen V
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
Ist V hier Verbraucher?
Ist V hier Verbraucher?
Nach § 13 BGB ist ein Verbraucher jede natürliche Person,
die ein Rechtgeschäft abschließt, was weder ihrer
gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit
zugerechnet werden kann.
Hier ist V eine natürliche Person und verfolgt durch die
Raumluftmessung durch U weder gewerbliche noch
selbständige berufliche Zwecke, sondern tritt als
Privatperson auf.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
46
47
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
48
8
Forderung des U gegen V
Forderung des U gegen V
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
Wurde hier V durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt?
Wurde hier V durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt?
§ 312
Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften
Hier möglicherweise Widerrufsrecht wegen eines
Haustürgeschäfts gem. § 312 BGB.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
(1)
Bei einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und
einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand
hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher
1. durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im
Bereich einer Privatwohnung,
(…)
bestimmt worden ist (Haustürgeschäft), steht dem Verbraucher ein
Widerrufsrecht gemäß § 355 zu.
49
Forderung des U gegen V
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
50
Forderung des U gegen V
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
Wurde hier V durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt?
Wurde hier V durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt?
Hier ist V Verbraucher (s.o.) und U Unternehmer gem. § 14
BGB.
Aber: Ausnahme gem. § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB?
(…)
(3) Das Widerrufs- oder Rückgaberecht besteht unbeschadet anderer
Vorschriften nicht bei Versicherungsverträgen oder wenn
1. im Falle von Absatz 1 Nr. 1 die mündlichen Verhandlungen, auf
denen der Abschluss des Vertrags beruht, auf vorhergehende
Bestellung des Verbrauchers geführt worden sind oder (…)
Auch wurde der Vertragsschluss in dem Bereich der
Privatwohnung des V veranlasst.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
51
Forderung des U gegen V
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
52
Forderung des U gegen V
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
Wurde hier V durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt?
Kann V hier seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen?
Aber: Ausnahme gem. § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB?
Frist gem. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB: 2 Wochen
Hier hat V den Besuch durch U zwar am Telefon „bestellt“,
aber V hat den U nicht für „Vertragsverhandlungen“ bestellt.
Somit greift § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB nicht.
Aber: Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 BGB erst dann zu
laufen, wenn Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehrt
wurde.
Dies ist hier nicht geschehen.
Damit ist ein Widerruf des V noch fristgerecht möglich.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
53
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
54
9
Ergebnis
Aufrechnung, Abtretung (Fall 26)
Damit braucht V hier die Rechnung des U
nicht zu bezahlen, sofern er seine
Willenserklärung widerruft.
Abwandlung:
V bestellt auf der Homepage des U ein spezielles
Reinigungsmittel für Schimmelflecken. Die Homepage und
die anschließende Bestätigungsmail enthält keine
Belehrung über etwaiger Widerrufs- oder Rückgaberechte.
Nachdem das Reinigungsmittel beim V vier Wochen
ungenutzt herumliegt, schreibt V dem U eine E-Mail, in der
er den Vertrag widerruft und den Kaufpreis zurückverlangt.
Muss U den Kaufpreis erstatten?
55
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Die Fallfrage
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
56
Anspruch des V gegen U
Anspruchsgrundlage: § 346 i.V.m. §§ 355,
357 BGB
Muss U den Kaufpreis erstatten?
Voraussetzungen:
Vertrag muss geschlossen und danach
wirksam widerrufen worden sein.
Als Rechtsfolge sind dann nach § 346 BGB
„bereits empfangene Leistungen
zurückzugewähren.“
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
57
Anspruch des V gegen U
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
58
Forderung des U gegen V
I. Vertrag geschlossen?
II. Wirksamer Widerruf durch V?
Hier Kaufvertrag?
Gem. § 355 Abs. 1 S. 1 BGB ist ein Verbraucher an eine
Willenserklärung nicht mehr gebunden, soweit ihm durch ein
Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt ist und er die
Willenserklärung fristgemäß widerrufen hat.
Voraussetzung: Zwei übereinstimmende, in Bezug
aufeinander abgegeben Willenserklärungen.
Bestellung des V auf der Homepage des U stellt ein Angebot
dar.
Spätestens durch die Zusendung des Reinigungsmittel hat U
dieses Angebot konkludent angenommen.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
59
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
60
10
Forderung des U gegen V
Forderung des U gegen V
II. Wirksamer Widerruf durch V?
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
Ist V hier Verbraucher?
Wurde hier V durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt?
Nach § 13 BGB ist ein Verbraucher jede natürliche Person,
die ein Rechtgeschäft abschließt, was weder ihrer
gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit
zugerechnet werden kann.
Hier Widerrufsrecht gem. § 312d Abs. 1 S. 1 BGB?
Voraussetzung: Fernabsatzvertrag i.S.d. § 312 b BGB
Ja, denn die Bestellung ist hat V in seiner Eigenschaft als
Privatperson ausgeführt.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
61
Forderung des U gegen V
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
62
Forderung des U gegen V
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
Wurde hier V durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt?
Wurde hier V durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt?
§ 312b Fernabsatzverträge
(1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder
über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich
Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem
Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von
Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn,
dass (…)
(2) Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur
Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem
Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche
Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können,
insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails
sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
63
Forderung des U gegen V
Hier wurde der Vertrag zwischen U und V „in der
ausschließlichen Verwendung von
Fernkommunikationsmitteln“ abgeschlossen.
Auch handelt es sich um einen Vertrag über die Lieferung
von Waren.
Damit besteht grundsätzlich ein Widerrufsrecht.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
64
Forderung des U gegen V
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
II. Aber: Hier Widerruf der WE?
Hat V hier seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen?
Damit war ein Widerruf des V noch fristgerecht möglich.
Frist gem. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB: 2 Wochen
Der Widerruf kann nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB in „Textform“
erfolgen.
Eine E-Mail erfüllt die Voraussetzungen der „Textform“ gem.
§ 126 b BGB.
Aber: Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 BGB erst dann zu
laufen, wenn Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehrt
wurde. Dies ist hier nicht geschehen.
Somit hat V seine Erklärung wirksam widerrufen.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
65
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
66
11
Ergebnis
Damit kann V hier den Vertrag wirksam
widerrufen. Gem. § 357 Abs. 1 S. 1 i.V.m.
§ 346 Abs. 1 BGB sind dann als
Rechtsfolge bereits empfangene
Leistungen zurückzugewähren, d.h. ein
durch V bereits gezahlter Kaufpreis von U
zurückzuzahlen.
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
67
12

Documentos relacionados