Abfindung der Erben: So geht der Fiskus leer aus
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Abfindung der Erben: So geht der Fiskus leer aus
top Steuern Abfindung der Erben: So geht der Fiskus leer aus Bei der Abfindung weichender Erben mit Grundstücken können Sie 2005 noch einen Steuerfreibetrag bis zu 61 800 t geltend machen. Mehr dazu von Steuerberater Georg-Wilhelm Dreses, Soest. W enn Sie planen, weichende Erben mit Grundstücken aus dem Betriebsvermögen abzufinden, sollten Sie damit nicht mehr lange zögern. Und zwar aus zwei Gründen: ■ Bei der Einkommensteuer wird in diesen Fällen ein Freibetrag in Höhe von 61 800 E für jeden weichenden Erben gewährt. Dieser gilt aber – nach der derzeitigen Rechtslage – nur noch bis Ende 2005! Ob er verlängert wird, ist völlig offen. ■ Viele Betriebe haben zuletzt eher moderate Gewinne erwirtschaftet. Sie können deshalb den Steuerfreibetrag voll ausschöpfen, weil die dafür geltenden Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Den Freibetrag von maximal 61 800 E können Sie in folgenden Fällen in Anspruch nehmen: ■ Wenn Sie betriebliche Grundstücke verkaufen und den Erlös innerhalb von 36 top agrar 2/2005 nen bleiben. Deshalb überlegen die Eltern, ihr eine hofnahe Teilfläche von 600 m2, die bisher als Hofweide genutzt wurde, als Bauplatz zu übertragen und diesen auf die Erbabfindung anzurechnen. Der Verkehrswert des Bauplatzes soll 60 000 E betragen (100 E/m2), der Buchwert aber nur 1800 E (3 E/m2). Normalerweise müsste Landwirt S. dann die Differenz von 58 200 E als Entnahmegewinn versteuern – praktisch wie bei einem Verkauf der Parzelle. Die drohende Steuerbelastung kalkuliert der Steuerberater in seinem Fall mit ca. 20 000 E. Davor rettet Landwirt S. jedoch der derzeit noch geltende Freibetrag von maximal 61 800 E. Doch Vorsicht! Der Freibetrag zur Abfindung weichender Erben mit Grundstücken wird nicht automatisch jedem Landwirt gewährt, sondern nur unter bestimmten Bedingungen. Die wichtigste Klippe: Die Einkommensgrenze von 18 000 E bei 12 Monaten zur Abfindung weichender Erben verwenden. ■ Wenn Sie Grundstücke aus dem Betrieb entnehmen und diese innerhalb von 12 Monaten zur Abfindung an weichende Erben übertragen. In beiden Fällen bleiben Veräußerungsbzw. Entnahmegewinne aus den Grundstücken bis zur Höhe von 61 800 E steuerfrei. Dazu Gleitregelung beim Einkommen ein Beispiel: Der Betrieb von Landwirt S. liegt mitEinkommen Einkommen Freibetrag bei ten im Ort. Im Sommer bei Ledigen bei Verheirateten Erbabfindung beendet die jüngste Tochter ihr Fachhochbis 18 000 E bis 36 000 E 61 800 E schulstudium und soll bis 18 250 E bis 36 500 E 51 500 E dann den Hof übernehbis 18 500 E bis 37 000 E 41 200 E men. Die Eltern möchbis 18 750 E bis 37 500 E 30 900 E ten in diesem Zusambis 19 000 E bis 38 000 E 20 600 E menhang auch die Erbabfindung für die ältere bis 19 250 E bis 38 500 E 10 300 E Schwester regeln. Diese ab 19 251 E ab 38 501 E 0E würde gerne am Ort woh- Ledigen bzw. 36 000 E bei Verheirateten. Der Freibetrag von 61800 E wird nur dann voll gewährt, wenn das Einkommen im Kalenderjahr vor der Veräußerung bzw. vor der Entnahme der Grundstücke nicht über diesen Grenzen lag. War die Einkommensgrenze überschritten, so verringert sich der Freibetrag schrittweise (siehe Tabelle). Die endgültigen Einkommensgrenzen liegen bei 19 250 E/38 500 E. Bei einem höheren Einkommen entfällt der Freibetrag völlig. Das Einkommen „steuern“ Maßgebend sind dabei nicht nur die landwirtschaftlichen Einkünfte, sondern die Summe aller Einkünfte abzüglich Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen. Negative Einkünfte aus einzelnen Einkunftsarten (z. B. aus Vermietung und Verpachtung) senken also das maßgebende Einkommen. Umgekehrt bleibt der Gewinn, der durch den Verkauf bzw. die Entnahme der betreffenden Grundstücke selbst entsteht, bei der Ermittlung der Einkommensgrenzen von 18 000 E bzw. 36 000 E unberücksichtigt. Wenn Sie weichende Erben im Laufe des Jahres 2005 mit betrieblichen Grundstücken abfinden wollen, kommt es also auf Ihr Einkommen im Kalenderjahr 2004 an. Durch die niedrigen Milch- und Schweinepreise haben viele Betriebe in jüngster Zeit ohnehin keine sehr hohen Gewinne erwirtschaftet. Deshalb dürften die Grenzen häufig einzuhalten sein. Auf der anderen Seite können Betriebe, die die Einkommensgrenzen möglicherweise überschreiten, jetzt noch gezielt „gegensteuern“. Denn die Ergebnisse aus dem laufenden Wirtschaftsjahr 2004/05 wirken sich noch hälftig auf das Kalenderjahr 2004 aus. Deshalb kann es z. B. sinnvoll sein, bestimmte Reparaturaufwendungen vorzuziehen oder Viehverkäufe um den 30.6.2005 hinauszuzögern, um so den Gewinn des laufenden Wirtschaftsjahres zu verringern. Viele Betriebe (Einheitswert bis 122 710 E) können außerdem durch Sonder-AfA oder die Bildung von Ansparrücklagen ihren Gewinn drücken. Dies gilt sogar noch rückwirkend für das Wirtschaftsjahr 2003/04, sofern die entsprechende Bilanz bisher noch nicht beim Finanzamt eingereicht wurde. Einmal pro Erbe Entscheidend ist aber immer das Einkommen desjenigen, der den Freibetrag in Anspruch nehmen will. Dabei sind verschiedene Fälle denkbar: ■ Der Vater will die Abfindung der weichenden Erben schon vor der Hofübergabe regeln und überträgt dazu entsprechende Grundstücke. Dann kommt es auf sein Einkommen im Kalenderjahr vor der Entnahme der Grundstücke an. Welche Erben sind begünstigt? S teuerlich begünstigt ist nur die Abfindung der weichenden Erben im Sinne des Gesetzes. Wer ist damit gemeint? Weichende Erben sind die gesetzlichen Erben des Eigentümers eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, die nicht zur Übernahme berufen sind. Dazu gehören – mit Ausnahme des Hoferben selbst – nicht nur sämtliche Kinder des Hofeigentümers, sondern auch dessen Ehegatte. Auch ein nichteheliches Kind des Erblas- sers ist als weichender Erbe anzusehen. Dagegen können Personen, die nur durch Testament zu Erben eingesetzt werden, aber keine gesetzlichen Erben sind, nicht steuerbegünstigt abgefunden werden. Abfindungen an Enkel des Erblassers sind nur dann begünstigt, wenn der Vater oder die Mutter zum maßgebenden Zeitpunkt nicht mehr leben, oder wenn diese die Erbschaft ausgeschlagen hatten. Abfindung kann vorgezogen werden A uch wenn der Hofübernehmer noch nicht endgültig feststeht, können weichende Erben bereits steuerbegünstigt mit Grundstücken abgefunden werden. Es genügt, wenn alles dafür spricht, dass das mit dem Grundstück (oder dem Verkaufserlös) bedachte Kind später nicht den Hof übernehmen wird, sondern weichender Erbe ist. Weitere Bedingung: Der Wert des geschenkten Grundstücks muss auf die Abfindungsansprüche angerechnet werden. Dies sollte aus Beweisgründen schriftlich festgehalten werden. Ist das der Fall, kann eine steuerbegünstigte Abfindung u. U. auch schon Jahre vor der eigentlichen Hofübergabe erfolgen. Dazu ein Beispiel: Ein Landwirts-Ehepaar hat zwei Söhne und eine Tochter. Die Tochter ist das älteste Kind. Bei ihrer Heirat soll sie mit einem Grundstück aus dem Betriebsvermögen abgefunden werden. Dafür kann jetzt der Freibetrag von 61 800 E genutzt werden, und zwar auch dann, wenn noch nicht endgültig feststeht, welcher der beiden Söhne den Hof fortführen wird. In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass ein bereits abgefundener weichender Erbe später doch den Betrieb übernimmt. Dann kann das Finanzamt den entsprechenden Steuerbescheid rückwirkend wieder ändern. Die seinerzeit gesparten Steuern müssen also nachgezahlt werden. Nur in besonderen Fällen verzichtet die Finanzverwaltung darauf, den Freibetrag zurückzufordern. Beispiel: Der vorgesehene Hofübernehmer ist tödlich verunglückt. Eines der anderen Kinder, das ursprünglich weichender Erbe war und steuerbegünstigt abgefunden wurde, übernimmt den Hof. Dann wird der früher gewährte Freibetrag in der Regel nicht rückgängig gemacht. Das gilt bei Erbengemeinschaften I n Gebieten ohne Höfeordnung entsteht nach dem Tode des Hofinhabers in der Regel eine Erbengemeinschaft. An ihr sind u.a. alle Geschwister beteiligt. Sie gelten dann zunächst steuerlich als Mitunternehmer des landwirtschaftlichen Betriebes und könnten eigentlich den Freibetrag als weichende Erben nicht in Anspruch nehmen. Hier gilt jedoch eine Ausnahmeregelung, die Folgendes besagt: Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft können trotzdem als weichende Erben behandelt und damit steuerbegünstigt abgefunden werden, wenn sich die Erbengemeinschaft innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall auseinander setzt, also innerhalb dieser Frist den Hofübernehmer bestimmt. Scheiden innerhalb dieser Frist nur einzelne Miterben gegen Abfindung aus, so kann zumindest für diese der Freibetrag genutzt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Ein Problem entsteht immer dann, wenn der vorgesehene Hofübernehmer im Zeitpunkt des Erbfalls noch minderjährig ist. In diesem Fall beginnt jedoch die zweijährige Frist für die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erst mit der Volljährigkeit des vorgesehenen Hofnachfolgers. top agrar 2/2005 37 top Steuern Wenn der Erlös ausgeschüttet wird W ird ein betriebliches Grundstück verkauft, um mit dem Erlös weichende Erben abzufinden, so kann auch dafür der Freibetrag von maximal 61 800 E genutzt werden. Voraussetzung ist u. a., dass der Erlös innerhalb der 12-Monatsfrist an den oder die weichenden Erben ausgeschüttet wird. Wird der Erlös nur teilweise zur Abfindung verwendet, so ist auch der Freibetrag nur anteilig zu gewähren. Beispiel: Ein betriebliches Grundstück wird für 100 000 E verkauft. Davon erhält der weichende Erbe 60 000 E. Nach Abzug des Buchwertes von 10 000 E beträgt der steuerliche Veräußerungsgewinn 90 000 E. Auf den ersten Blick ist die Abfindung komplett steuerfrei, weil der Freibetrag von 61 800 E nicht überschritten wurde. Der Fiskus rechnet jedoch anders: Der weichende Erbe hat nur 60 % des erzielten Grundstückerlöses erhal- ten. Somit können auch nur maximal 60 % des Veräußerungsgewinns von 90 000 E = 54 000 E steuerfrei bleiben. So hoch wäre in diesem Fall also der steuerliche Freibetrag. Wichtig: Es muss nicht genau das Geld, das tatsächlich aus dem Grundstücksverkauf stammt, an den weichenden Erben ausgezahlt werden. Es genügt, wenn dieser innerhalb der 12-Monatsfrist entsprechende Beträge erhält. Diese können ohne weiteres z. B. aus einem bereits vorhandenen Kapitalvermögen entnommen oder aus den laufenden Betriebseinnahmen abgezweigt werden. Insofern geht der Freibetrag auch dann nicht verloren, wenn ein Grundstück an die Gemeinde verkauft wird und der Kaufpreis nicht voll ausgezahlt, sondern z. B. mit Erschließungsbeiträgen verrechnet wird. Freibetrag nicht bei Nachabfindung B ei Betrieben die der Höfeordnung unterliegen, können die weichenden Erben eine Nachabfindung verlangen, wenn der Hofübernehmer später den Betrieb oder Teile davon veräußert. Will der Hofnachfolger solche Nachabfindungsansprüche durch Verkauf oder Übertragung betrieblicher Grundstücke erfüllen, wird dafür der Freibetrag von 61 800 E nicht gewährt. Das hat der Bundesfinanzhof mittlerweile entschieden. Die Richter sehen in der Nachabfindung keinen „sachlichen Zusammenhang“ mit der Hoferbfolge mehr. Mögliche Lösung: Bei der Hofübergabe verzichten die weichenden Erben per Vertrag ausdrücklich auf ihre Nachabfindungsansprüche nach § 13 der Höfeordnung. Als Ausgleich dafür erhalten sie eine deutlich höhere Abfindung, als ihnen die Höfeordnung zubilligen würde. Wird diese dann – ganz oder teilweise – durch die Übertragung eines Betriebsgrundstücks oder mit Erlösen aus einem Grundstücksverkauf geleistet, wird dafür der Freibetrag von maximal 61 800 E gewährt, sofern auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. Einkommensgrenzen). ■ Oder: Laut Übergabevertrag muss der Hofnachfolger die weichenden Erben (seine Geschwister) mit Grundstücken abfinden. In diesem Fall steht ihm der Freibetrag zu – deshalb kommt es auch auf sein Einkommen im vorigen Kalenderjahr an. Der Freibetrag von maximal 61 800 E gilt für jeden weichenden Erben gesondert. Er kann aber pro Erbe insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch dann, wenn es sich um einen so genannten Ehegattenhof handelt und jeder der Ehegatten die Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Freibetrages erfüllt. Auch in diesen Fällen beträgt der höchstzulässige Freibetrag 61800 E je weichenden Erben. Steuerbegünstigt ist immer nur der auf den nackten Grund und Boden entfallende Gewinn. Wird ein bebautes Grund- stück (z. B. mit einem Landarbeiterhaus) übertragen, so ist nur der auf das Grundstück entfallende Gewinn steuerbegünstigt, nicht der Anteil für das Gebäude. Der Freibetrag von 61 800 E kann auch in mehreren Schritten ausgenutzt werden. Beispiel: Der Vater überträgt ein betriebliches Grundstück an einen weichenden Erben und schöpft dabei 40 000 E Freibetrag aus. Kurze Zeit später überträgt er den Betrieb auf den Hofnachfolger und verpflichtet diesen, dem weichenden Erben nochmals ein betriebliches Grundstück zu übertragen. Dafür steht dann der restliche Freibetrag zur Verfügung, sofern auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Vorsicht ist geboten, wenn Eltern z. B. ihre verheiratete Tochter (weichende Erbin) mit einem Grundstück abfinden wollen, das ihr und dem Ehemann (Schwieger- 38 top agrar 2/2005 sohn) zum Miteigentum übertragen wird. Dann ist der Grundstücksteil, der auf den Schwiegersohn entfällt, nicht steuerbegünstigt. Denn dieser ist gegenüber den Schwiegereltern nicht erbberechtigt, also kein weichender Erbe. Anders sieht es aus, wenn die Tochter ausdrücklich wünscht, dass ihr Mann Miteigentümer des Grundstücks werden soll und sich dessen Anteil in voller Höhe auf ihre eigenen Erbansprüche anrechnen lässt. Dann ist die Grundstücksübertragung insgesamt steuerlich begünstigt. Betrieb muss fortbestehen Generell kann der Freibetrag zur Erbabfindung aber immer nur dann gewährt werden, wenn der Betrieb, aus dem die Abfindung erfolgt, als solcher auch bestehen bleibt. Zwar ist es nicht schädlich, wenn der Betrieb in seiner Fläche verkleinert wird. Der Fiskus verlangt jedoch, dass mindestens 50 % der Flächen, die im Zeitpunkt der steuerbegünstigten Abfindung vorhanden waren, später auch auf den Hofübernehmer übertragen werden müssen. Dabei sollen auch brachliegende und verpachtete Flächen mitgerechnet werden. Diese einschränkende Auffassung der Finanzverwaltung ist jedoch nicht unumstritten. Lassen Sie sich in Zweifelsfällen steuerlich beraten. Auf der anderen Seite kann der Freibetrag grundsätzlich auch bei verpachteten Betrieben gewährt werden. Hierzu ein Beispiel: Ein Betrieb ist an einen anderen Landwirt fremdverpachtet. Der Erbfall tritt ein, der Hoferbe übernimmt nicht aktiv die Bewirtschaftung, führt den Betrieb aber in der Verpachtung fort. Dann kann er trotzdem einzelne Grundstücke des Betriebes steuerbegünstigt zur Abfindung verwenden. Wir halten fest Die steuerbegünstigte Abfindung weichender Erben mit betrieblichen Grundstücken ist noch bis zum Jahresende 2005 möglich! Ob dieser Freibetrag, wie es sinnvoll wäre, noch einmal verlängert wird, ist fraglich. Prüfen Sie deshalb möglichst bald, ob Sie die Chance zur steuerbegünstigten Erbabfindung in Ihrem Betrieb noch in diesem Jahr nutzen können. Bedenken Sie außerdem Folgendes: Wenn ein betriebliches Grundstück noch 2005 steuerbegünstigt an einen weichenden Erben übertragen werden soll, reicht es nicht aus, wenn nur der notarielle Vertrag vor dem 1.1.2006 abgeschlossen wird. Auch das wirtschaftliche Eigentum am betreffenden Grundstück (Nutzen und Lasten) muss noch vor diesem Termin auf den oder die weichenden Erben übergehen – sonst ist der Freibetrag weg, sofern er nicht mehr verlängert wird.