der kunde bestimmt den takt!

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der kunde bestimmt den takt!
Spezial
»Digitaler Wandel«
»DER KUNDE
BESTIMMT DEN
TAKT!«
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Finanz Informatik ITmagazin · 02 · 2016
DIGITALER
WANDEL
Lässt sich in Neu-Isenburg ein Blick in die
Zukunft werfen? Nur wenige Autominuten
vom Frankfurter Flughafen entfernt, sieht
die zentrale Geschäftsstraße des 36.000
Einwohner zählenden Ortes aus wie in
vielen anderen Städten auch – Geschäfte,
Restaurants, Imbisse, Wohnungen, die
Hugenottenhalle. Augenfällig ist jedoch
die Anzahl verschiedener Geldinstitute,
die alle nur wenige Minuten voneinander
entfernt liegen: Gelb, Blau, gleich zweimal
Rot. Die Nähe zum globalen Finanzzentrum
Frankfurt sorgt im wirtschaftlich starken
Rhein-Main-Gebiet offensichtlich für eine
höhere Wettbewerbsdichte als anderswo.
Das hier ebenfalls ansässige Regionalcenter
der Sparkasse Langen-Seligenstadt verrät
von außen nicht, dass im ersten Stockwerk
an den Lösungen der Zukunft gearbeitet
wird. Und die sind für Christian Fahn, Marktbereichsdirektor Internetfiliale/Elektronische
Medien und Walter Metzger, Sprecher des
Instituts, vor allem eines: digital.
S
Sparkasse Langen-Seligenstadt
Frankfurter Straße 137
63500 Seligenstadt
Geschäftsvolumen: 3,25 Mrd. Euro
www.sls-direkt.de
Finanz Informatik ITmagazin · 02 · 2016
D
onnerstag, 21. April 2016. Um 4.40 Uhr geht die neue
Internet-Filiale 6 (IF 6) der Sparkasse Langen-Seligenstadt online. Sie ist damit das einzige Institut in Hessen und
Thüringen, das zu den bundesweit neun Piloten der IF 6
gehört. »Bereits zehn Minuten später kam der erste Geschäftsvorfall rein, eine Online-Limitänderung. Der Kunde
hat unser neues Angebot sofort intuitiv genutzt«, freut
sich Christian Fahn. Für die Sparkasse Langen-Seligenstadt
ein wichtiger Meilenstein in der nunmehr 15 Jahre währenden Digitalisierungsstrategie des hessischen Instituts.
»Man muss ganz klar sagen: Wer das neue Feld nicht
bespielt, spielt bald selbst keine Rolle mehr.« Das neue
Feld bespielt die »SLS«, wie man vor Ort sagt, nicht nur sehr
geschickt, sondern überdies sehr erfolgreich. Es gibt heute
rund 62.000 Online-Banking-Nutzer; 700.000 Besucher
wählen monatlich die markante URL www.sls-direkt.de im
Netz. Früher als anderswo setzte man auf digitale Projekte
und zählt damit heute zu den Vorreitern in der Sparkassenlandschaft. 2001 startete die »S-Academy« – das hauseigene
Schulungszentrum rund um die Themen Online-Banking
und Sicherheit im Internet, mehr als 10.000 Teilnehmer
waren seitdem vor Ort. »Vor 15 Jahren war der Kunde von
den technischen Möglichkeiten her viel weiter weg von
diesen Fragen als heute. Damals war dies eine ganz entscheidende Marketingmaßnahme, um Kunden aller Altersstufen überhaupt an das Thema Online-Banking oder Internet heranzuführen«, berichtet Walter Metzger, Sprecher der
Sparkasse Langen-Seligenstadt.
Die Schulungen, die in aller Regel von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts durchgeführt werden,
sind begehrt – und sie sind nicht kostenlos. Zwischen 19 und
49 Euro kostet ein Seminar pro Kopf. Ausgenommen sind
allein die Projekte, die in Schulen durchgeführt werden. Das
sind Veranstaltungen, bei denen es um reale Gefahren im
Internet oder das richtige Verhalten bei Facebook geht.
»Ich schätze, dass wir damit inzwischen 6.000 bis 7.000
Schülerinnen und Schüler erreicht haben«, bilanziert
Walter Metzger die letzten Jahre. »Für uns ist dies zugleich
ein wichtiger Türöffner bei allen Zielgruppen, bei denen
wir als Sparkasse mit den Themen Internet/Digitales eigentlich schon gar nicht mehr in Verbindung gebracht wurden«, ergänzt sein Kollege Christian Fahn.
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Spezial
»Digitaler Wandel«
Platziert: Der Campus Innovation &
Zukunft liegt direkt am Eingang einer
privaten Hochschule
Walter Metzger:
»Wir haben mit
unseren Schulungen
rund um das Thema
Internet zwischen 6.000
und 7.000 Schülerinnen
und Schüler erreicht.«
Zukunftsweisend: So könnten
schon bald neue SB-Filialen aussehen.
Christian Fahn: »Dieser Campus hat
Labor-Charakter. Jeder darf ausprobieren,
schauen, sich informieren.«
Service: Eine Handy-Ladestation lädt auch
jüngere Zielgruppen zum Verweilen ein.
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DIGITALER
WANDEL
Wegweisende Richtungsentscheidung
Dabei war das Ziel, einmal »digitaler Vorreiter« zu werden,
nicht von Anfang an unumstritten. Dazu Christian Fahn:
»Heute wissen wir: Es ist der Kunde, der den Takt vorgibt.«
Damals gab es Bedenken über den Verkauf von Produkten
im Internet. Heute sind Online-Produkte Alltag. Spätestens
als Direktbanken mit exorbitanten Tagesgeldzinsen auftraten, zeigte sich die Notwendigkeit einer Digitalstrategie.
»Das geht natürlich nicht auf Knopfdruck, man braucht
ein Konzept. Wir wissen auch, dass wir nicht die Konditionen einer Direktbank unterbieten können. Wer jedoch Service liefert – einfach, bequem, sicher – wird nicht allein auf
Preise festgenagelt. Heute sind wir als Multikanalbank
online auf der Höhe der Zeit«, berichtet Christian Fahn.
»Für uns war 2007/2008 die Einführung eines Online-Tagesgeldkontos ein ganz entscheidender Schritt. Und nebenbei bemerkt, die ersten Skripte dafür habe ich 2005 bei der
Finanz Informatik gesehen. Da hatte die FI schon im Köcher
gehabt, dass man ein Produkt komplett online fallabschließend kaufen kann.«
Aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen, LangenSeligenstadt ist seit vielen Jahren Projekt- und Best-practiceSparkasse für den DSGV, war das Institut von Anfang an in
die Entwicklung der IF 6 eingebunden und konnte wertvolle
Praxistipps in die Antragstrecken beim Online-Produktverkauf einfließen lassen (mehr zur IF 6 auf Seite 20). Das
bedeutet indes nicht, dass die Sparkasse nicht auch wie
viele andere Institute vor großen Herausforderungen steht.
»Wir werden keine Zweigstellen schließen. Allerdings werden wir einige davon als Teilöffnung präsentieren, an drei
Tagen vormittags und an zwei Tagen nachmittags geöffnet
haben. Das müssen wir einigen, vor allem älteren Kunden
feinfühlig vermitteln, das ist uns wichtig«, betont Sparkassensprecher Walter Metzger. »Die jungen Kunden benötigen die Öffnungszeiten sowieso nicht mehr. Was sie
brauchen, sind flexible Beratungszeiten. Zum Beispiel von
acht bis acht oder auch Samstag Vormittag.« Sein Kollege
Christian Fahn wirft ein: »Das wäre vor 20 Jahren undenkbar gewesen!«
Digitaler Wandel – die Serie im ITmagazin
Wohin geht die Reise?
Nicht allein die Öffnungszeiten der Standorte und Filialen
verändern sich. »Wenn ein Kunde heute eine Geschäftsstelle betritt, dann muss er das Gefühl haben, dass wir zeitgemäß sind«, beschreibt Christian Fahn eines der aktuellen
Aufgabenfelder seines Marktbereichs. Ein interner Innovationskreis entwickelt Ideen und stimmt sie im Haus mit den
Abteilungen ab. So werden große Geschäftsstellen mit iPads
ausgestattet, um aktuelle Apps direkt zeigen zu können.
Sogenannte »E-Plakate«, große elektronische Displays für
Schaufenster, präsentieren wechselnde Angebote, z. B. aktuelle Immobilien aus der Region. Einen besonderen Stellenwert nimmt derzeit der »Campus Innovation & Zukunft« in
Dreieich ein. Direkt am Eingang einer privaten International Business School gelegen, kommt praktisch kein Schüler
mehr auf das Gelände der Hochschule, ohne das weiße
Sparkassen-S auf rotem Grund wahrzunehmen. Außen:
Ein Geldautomat. Innen: ein Kontoauszugsdrucker, Monitore, Touchscreen-Computer, kostenfreies WLAN. »Dieser
Campus hat Labor-Charakter. Jeder darf hier ausprobieren,
schauen, sich informieren. Wir sehen hier im Feldversuch,
wie die junge Zielgruppe auf unsere Angebote reagiert«,
erklärt Christian Fahn den »Versuchsaufbau«. Eine HandyLadestation mit Anschlüssen verschiedener Modelle ist
das i-Tüpfelchen im Raum und lädt die »Generation Y« zum
Verweilen ein. »Ich bin sicher, dass viele Sparkassen-Filialen in den nächsten Jahren so aussehen werden«, prognostiziert Christian Fahn.
Auch die Entwicklung des Online-Angebots von www.
sls-direkt.de geht weiter. »In der nächsten Evolutionsstufe
kümmern wir uns um die Kunden, die seit zwei Jahren
nicht mehr beim Berater waren – ganz im Sinne der DSGVEmpfehlung«, berichtet Christian Fahn. »Dazu werden wir
Mitte Juni einen zentralen Online-Vertrieb gründen, der
diese Kunden reaktivieren soll. Die attraktive IF 6, die
Einführung von paydirekt, das ePostfach – all das hilft uns
natürlich jetzt enorm. Wenn wir zehn Prozent der passiven
Kunden erreichen, haben wir viel erreicht – sonst wären sie
für die Sparkasse vielleicht verloren.« Zufall oder nicht –
manchmal kommt auch Altbekanntes wieder. Vor zwei Jahren hat die Sparkasse Langen-Seligenstadt das bekannte
»Knax-Heft« wieder eingeführt. »Mit großem Erfolg bei
unseren jungen Kunden«, freut sich Walter Metzger. S
In loser Folge stellen wir interessante Projekte aus Sparkassen vor,
die sich mit dem Thema »Digitaler Wandel« auseinandersetzen.
Gern berichten wir auch über Ihre Ideen und Maßnahmen.
Eine kurze E-Mail genügt:
[email protected]
Finanz Informatik ITmagazin · 02 · 2016
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