Erfahrungsbericht Sun Yat-Sen Univ Guangzhou(1)

Transcrição

Erfahrungsbericht Sun Yat-Sen Univ Guangzhou(1)
Studienaufenthalt an der Sun Yat-Sen University
School of Business
Guangzhou
Wintersemester 2011/12
Inhalt
Einleitung ................................................................................................................... 3
Visum und Flug .......................................................................................................... 3
SYS-der Campus ....................................................................................................... 4
Die ersten Tage .......................................................................................................... 5
Der Unialltag .............................................................................................................. 6
Guangzhou ................................................................................................................ 7
Fortbewegung in Guangzhou ..................................................................................... 8
Sicherheit ................................................................................................................... 8
Feste und Aktivitäten .................................................................................................. 8
Das Essen .................................................................................................................. 9
Fazit ........................................................................................................................... 9
Links ........................................................................................................................ 10
2
Einleitung
Am 1. September 2011 begann ich mit 6 weiteren Kommilitonen der
Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der KU Eichstätt-Ingolstadt das Abenteuer
China. Als Studenten des Doppelbachelor-Studiengangs Internationale BWL
deutsch-chinesisch studieren wir nach einem vier- bzw. fünf-semestrigen Studium in
Ingolstadt auch einige Semester in China und erwerben neben dem deutschen auch
einen chinesischen Bachelor. Hierfür hatten wir die Wahl, im Anschluss an das vierte
Semester in Ingolstadt vier Semester an der Sun Yat-Sen University oder nach fünf
Semestern in Deutschland drei Semester an der Tongji University in Shanghai zu
verbringen. Ein Grund, mich für den Studienaufenthalt an der Sun Yat-Sen University
zu entscheiden, war der gute Ruf der Uni im Bereich Accounting. Auch die Aussicht
im Vergleich zu Shanghai noch ein Semester länger in China bleiben zu können und
die Tatsache, dass die Vorlesungen an der Sun Yat-Sen, oder kurz SYS, sowohl von
internationalen als auch chinesischen Studenten besucht werden und es keine
reinen Klassen für Austauschstudenten gibt, hat mich darin bestärkt nach
Guangzhou zu gehen.
Ungefähr Anfang Mai wurden wir aufgefordert unsere Bewerbung, die auch einen
TOEFL-Test sowie eine englische Fassung des Abi-Zeugnisses enthalten sollte,
einzureichen. Kurz vor Ende des Sommersemesters erhielt ich dann zumindest
mündlich die Zusage für mein Studium an der Business School der SYS. Die
schriftliche Zusage wurde uns dann leider erst Mitte August zugeschickt. Als DoppelBachelorstudenten wurden wir im Hinblick auf Sprachkenntnisse durch mehrere
Intensiv-Kurse sowie semesterbegleitende Kurse auf China vorbereitet. Auch einige
kulturelle Veranstaltungen an der Fakultät, wie Vorträge oder Lesungen oder die
Möglichkeit, für chinesische Austauschstudenten Tutor zu sein, gaben uns die
Möglichkeit, Land und Leute vorab ein wenig kennenzulernen. Da ich im Rahmen der
Sommeruniversität von BayChina schon einige Wochen in China verbracht hatte, war
mir bewusst, welche Veränderungen auf mich zukommen würden. Schon vor der
Abreise bekamen wir über das Buddy-Programm der SYS einen chinesischen
Studenten zugeteilt, den wir mit Fragen bombardieren konnten. So waren wir
ausreichend vorbereitet, um in unseren Aufenthalt zu starten.
Visum und Flug
Bedingt durch die späte Zusage konnte ich meinen Flug erst Anfang Juli buchen.
Eine Kommilitonin von mir stieß auf der Seite airline-direct.com allerdings auf einen
Jugend- und Studenten-Tarif von Qatar-Airways, der es uns ermöglichte, trotz der
späten Buchung doch noch relativ günstig, aber mit einer guten Airline nach
Guangzhou zu fliegen. Auch im Hinblick auf das Visum war die späte schriftliche
Zusage ein bisschen problematisch. Ohne eine schriftliche Einladung der Uni kann
man nämlich kein Studenten-Visum beantragen. Daher reiste ich zunächst nur mit
einem Touristen-Visum nach China, um das langfristige Visum mit mehrmaliger
Einreise vor Ort zu beantragen.
Über notwendige Impfungen sollte man sich rechtzeitig informieren, denn Impfungen
gegen Tollwut, japanische Enzephalitis oder ähnliches erfordern mehrmalige
Impfungen mit mehrwöchigen Abständen zwischen den Impfungen. Zudem sollte
man vorab klären, welche Impfungen von der Krankenkasse bezahlt werden.
3
Um in China stets Geld abheben zu können, habe ich ein kostenloses Internetkonto
inklusive Kreditkarte bei der DKB beantragt. Hier sind auch Auslandsabhebungen
gebührenfrei und man bekommt an fast jedem ATM in China Bargeld. Auch darum
sollte man sich möglichst früh kümmern, da man sich zunächst identifizieren lassen
muss und mehrere PINS, Karten und Tanlisten zeitversetzt zugeschickt bekommt.
Von München aus nahmen wir dann am Nachmittag des 1. Septembers gemeinsam
den Flieger nach Guangzhou. Nach ca. 6 Stunden Flug erreichten wir unseren ersten
Zwischenstopp Doha. Der Flughafen dort ist sehr übersichtlich, alles ist über ein
Farbsystem gut organisiert und man wird automatisch zum richtigen Terminal für den
Anschlussflug gebracht. Durch den kostenlosen Internetzugang kann man auch die
Wartezeit relativ gut überbrücken und noch ein letztes Mal den ungehinderten
Zugang zu Facebook genießen. So gaben auch wir den Daheimgebliebenen ein
Signal, dass wir zumindest den ersten Teil unserer Reise gut überstanden hatten.
Von Doha aus mussten wir dann weitere 9 Stunden fliegen bis wir schließlich
zugegebenermaßen ziemlich müde in Guangzhou ankamen. Dort wurden wir schon
von meinem Buddy erwartet. Vom Flughafen in die Stadt zu kommen, ist in
Guangzhou relativ simpel. Neben der Metro oder einem Taxi, das ca. 130 RMB
kostet, kann man auch den Airport-Shuttle nehmen, der nur 24 RMB kostet, ca. 1h
braucht und ganz in der Nähe des Süd-Campus der Uni hält. Auch wir griffen auf
diese Möglichkeit zurück, waren nach 17h Reisezeit allerdings dankbar, dass wir
einfach nur meinem Buddy hinterherlaufen mussten, um den richtige Bus zu finden.
Die ersten Nächte verbrachten wir dann in einem Hotel der Kette 7DaysInn, die im
Süden Chinas ziemlich weit verbreitet ist und gute, saubere Zimmer zu relativ
moderaten Preisen anbietet. Auch auf dem Süd-Campus der Uni gibt es einige
Hotels, allerdings waren diese alle schon ausgebucht und auch preislich waren die
Unterschiede eher gering. Unser Hotel war nahe am Süd-Campus, sodass wir schon
am ersten Abend in der kleinen „Fressgasse“ am unter den Studenten der SYS wohl
bekannten „Little North Gate“ des Süd-Campus essen konnten. Hier gibt es lauter
kleine Restaurants, die von Jiaozi bis gegrillten Fleischspießen alles anbieten, was
das Herz begehrt.
SYS- Der Campus
Anfänglich ist es ein bisschen schwierig, bei den Örtlichkeiten der SYS nicht
durcheinander zu kommen. Neben den drei Campi in Guangzhou, dem Süd-, Nordund Ost-Campus, gibt es auch noch einen Campus in Zhuhai. Ich persönlich war nur
auf dem Süd- und Ost-Campus.
Der Süd-Campus ist der Campus, an dem die MBA-Kurse der Business School
abgehalten werden. Er ist der zentralste Campus, parkähnlich angelegt und besteht
neben komfortabel ausgestatteten Neubauten auch aus einige ältere Gebäuden, was
dem Campus einen ganz eigenen Charme gibt. Morgens trifft man hier nicht nur auf
Studenten, sondern auch auf ältere Herrschaften, die auf einer der Wiesen oder in
einer Pagode ihren Morgensport machen. Natürlich gibt es auch mehrere Sportplätze,
einen Fitness-Raum, ein Schwimmbecken, Einkaufsmöglichkeiten und einige
Kantinen.
Am Ost-Campus werden die Undergraduate-Kurse angeboten. Er befindet sich ein
wenig außerhalb der Stadt. Es fahren aber ungefähr jede Stunde Shuttle-Busse
zwischen dem Süd- und dem Ost-Campus, die allerdings manchmal total überfüllt
sind und Studenten dann nicht mehr mitnehmen. Prinzipiell gilt bei diesen Bussen,
dass Professoren Vorrang haben. Alternativ kann man auch die Metro nehmen. Dann
4
muss man allerdings nochmal ca. 20 Minuten von der Metro-Haltestelle bis zum
Teaching Building laufen und kommt dann schon mal zu spät zum Unterricht. Der
East-Campus selbst besteht im Wesentlichen nur aus Wohnheimen,
Unterrichtsgebäuden, Mensen und einigen Einkaufsmöglichkeiten für die Studenten.
So hat während meines Aufenthalts sogar ein riesiges Einkaufszentrum mitten auf
dem Campus eröffnet. Aufgrund der Distanz des Ost-Campus zum Stadtzentrum
und der eingeschränkten Freizeitmöglichkeiten ziehen die meisten AustauschStudenten in WGs nahe des Süd-Campus.
Die ersten Tage
Die ersten Tage in China verlangten dann eine gewisse Stress-Resistenz. Nach
einem kurzen Spaziergang über den Süd-Campus der Uni begannen wir schon mit
der Wohnungssuche. Dazu nahmen wir uns – wie die meisten internationalen
Studenten, die nicht in ein Wohnheim auf dem Campus ziehen - einen der vielen
Makler, die an der Hauptstraße Binjiangdonglu nahe des Süd-Campus ihre Büros
haben. In jedem Fall empfiehlt es sich, dem Makler klar seine Vorstellungen von der
Wohnung deutlich zu machen und am besten auch eine Vorauswahl anhand von
Fotos zu treffen, denn sonst bekommt man von zu Büros umfunktionierten
Wohnungen mit Plumpsklo bis zum Loft mit Karpfenteich im Eingangsbereich wirklich
alles zu sehen. Da ich und meine beiden zukünftigen Mitbewohnerinnen leider nicht
so schlau waren, zog sich unsere Wohnungssuche – bei ca. 35 Grad feuchter Hitze über einige Tage, in denen wir von Wohnung zu Wohnung geschleift wurden. Gerade
für drei oder mehr Leute etwas Passendes zu finden ist schwierig, da die meisten
Wohnungen auf ein Paar mit nur einem Kind zugeschnitten sind und
dementsprechend das dritte Zimmer meistens zu klein oder zu dunkel ist, um als
Schlafzimmer genutzt werden zu können. Nach fast einer Woche hatten wir dann
aber schließlich doch eine passende, möblierte Wohnung gefunden, in der zwar noch
einige Möbel verrückt – was zu einigen Diskussionen mit der Vermieterin führen
sollte - und noch ein paar Reparaturen gemacht werden mussten, die aber vom
Schnitt, Preis und Lage passend für uns war. Hätten wir um das Talent und die
Motivation der chinesischen Handwerker gewusst, hätten wir uns aber vielleicht
zweimal überlegt, diese Wohnung zu nehmen. Denn selbst für vermeintlich kleine
Reparaturen braucht so mancher chinesische Handwerker eine gefühlte Ewigkeit und
das Ergebnis ist dann oft doch nur provisorisch.
Bei der Unterzeichnung des Mietvertrags sollte man sich die Unterstützung von
einem chinesischen Kommilitonen nehmen, um sicherzugehen, dass der chinesische
Vertrag und die englische Abschrift inhaltlich übereinstimmen. Außerdem sollte man
sich informieren, was zusätzlich zur Miete noch an Kosten anfallen wird, denn hier
können neben den auch in Deutschland üblichen Nebenkosten noch
Überraschungen wie eine Management-Gebühr oder eine Ausländer-Steuer warten.
Zudem kann es für die Bezahlung der Miete erforderlich sein, dass man sich ein
Konto bei einer lokalen Bank einrichtet. Auch hier ist chinesische Unterstützung für
die Formalien hilfreich.
Neben der Wohnungssuche hatten wir auch noch einige administrative Hürden zu
bewältigen. Für die Registrierung an der Uni sollte man einiges an Zeit, eventuell
sogar gleich mehrere Tage, einplanen und sich am besten auch einen Hocker
mitbringen, denn die Schlangen sind lang und manchmal fehlt einem dann plötzlich
auch ein wichtiges Formular, sodass man wieder von vorne anfangen muss. In jedem
Fall empfiehlt es sich gleich mehrere Passkopien mitzubringen. Die chinesischen
Helfer bemühen sich aber sehr, Ordnung in das Chaos zu bringen und die
5
internationalen Studenten auf dem „beschwerlichen“ Weg der Registrierung,
beispielsweise beim richtigen Ausfüllen der Formulare, zu unterstützen.
Um ein längerfristiges Visum und eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu erhalten,
ist vor dem Besuch der Exit and Entry Division mit den erforderlichen Unterlagen ein
Medical Check in einem speziellen Krankenhaus erforderlich. Hier wird man wirklich
von Kopf bis Fuß durchgecheckt. Allerdings muss man sich auch hier auf lange
Schlangen und eventuell auch einen zweiten Besuch gefasst machen: Als wir das
erste Mal an besagtem Krankenhaus ankamen, konnten wir gleich wieder gehen, da
die Nummern für den Tag alle schon vergeben waren. Man sollte also in jedem Fall
möglichst früh dort eintreffen. Eines habe ich in meinen ersten Tagen sicher gelernt:
Geduld zu haben!
Bevor man die permanente Aufenthaltsgenehmigung beantragt, ist es auch nötig,
eine feste Adresse zu haben und diese bei der für das Wohngebiet zuständigen
Polizeistation gemeldet zu haben. Hält man dann schließlich die permanente
Aufenthaltsgenehmigung in den Händen, darf man es nicht versäumen, dies
wiederum bei der der Polizei anzugeben.
Nachdem ich diese ersten Hürden erfolgreich gemeistert hatte, konnte ich schließlich
in das Leben als Austauschstudent starten
Der Unialltag
Bereits vor der Abreise aus Deutschland mussten wir aus einer Reihe
englischsprachiger Kurse eine Vorauswahl treffen. Prinzipiell sind für internationale
Studenten derzeit alle englischsprachigen MBA-, Undergraduate- und PostgraduateKurse zugänglich. Allerdings hängt es von den speziellen Vereinbarungen der Unis
ab, wie viele Kurse man wählen darf oder muss und wie viele Kurse MBA–Kurse sein
können. Manchmal werden auch noch sogenannte CIMBA-Kurse, wie Chinese
Logistics oder China’s Financial Markets angeboten, die sich spezifisch auf China
beziehen. Die getroffene Vorauswahl war nicht verbindlich und ich konnte mir
zunächst alle Kurse anschauen, bevor ich mich endgültig festlegen musste. Ich fand
das gut, denn häufig steht und fällt das Niveau des Kurses mit den EnglischKenntnissen des Professors und auch der Syllabus, den man auf der Homepage
einsehen kann, muss nicht immer den tatsächlichen Kursinhalten entsprechen.
Zudem ist es doch ganz gut, wenn man sich die Kurse auf dem Ost-Campus
möglichst geblockt legt, sodass man sich ein bisschen Fahrtzeit sparen kann. Ich
wählte schließlich eine bunte Mischung aus acht Kursen, die meisten davon
Undergraduate-Kurse. Wenn möglich sollte man jedoch viele MBA-Kurse wählen.
Diese sind häufig interessanter und anspruchsvoller als die Undergraduate-Kurse
und man spart sich das „Pendeln“ zum Ost-Campus.
Der Unialltag wird für so manch einen eventuell eine Umstellung bedeuten. Wer von
einer Uni kommt, in dem sich „Leistungserhebungen“ im Wesentlichen auf Prüfungen
am Semesterende beschränken, der wird sich daran gewöhnen müssen, nun auch
während des Semesters zu arbeiten. In den meisten Kursen besteht die Note aus der
Mitarbeit/Anwesenheit, mindestens einer (Gruppen-)Präsentation und häufig einer
Prüfung oder einem Paper. Insbesondere Case-Studies und Artikel aus der Harvard
Business Review sind ein gängiges Lehrmittel an der Business School. Den
chinesischen Professoren sind außerdem die Zusammenarbeit und der Austausch
mit den chinesischen Studenten sehr wichtig, weswegen vor allem für die
6
Präsentationen häufig Teams aus internationalen und einheimischen Studenten
gebildet werden. Dabei prallen dann doch so manches Mal unterschiedliche
Arbeitsweisen und Vorstellungen von der Aufmachung der Präsentation aufeinander,
z.B. im Hinblick darauf, wie viele Animationen eine Power Point Präsentation
enthalten sollte. Aber wenn man sich davon nicht stressen lässt, kann man sehr nette
und interessierte Studenten kennenlernen und einiges über das Leben als Student in
China erfahren. Wenn man Glück hat, kann man auch im Anschluss an die
Gruppenarbeit den Kontakt halten und lernt von den neuen chinesischen Freunden
sogar das chinesische Kochen.
Für Anfänger in der chinesischen Sprache wird über die Uni ein kostenloser
Sprachkurs angeboten, in dem man die Basics lernen kann. Für Fortgeschrittene gibt
es – abgesehen von den kostenpflichtigen Kursen der School of Foreign Language leider keinen Kurs. Viele von uns, die bereits Kenntnisse hatten, haben sich deshalb
in Kleingruppen einen Privatlehrer genommen und bei ihm 1-2 Mal die Woche
Chinesisch gelernt. Meistens haben wir die Kontaktdaten der Lehrer über
Austauschstudenten bekommen, die bereits einige Zeit in Guangzhou studierten.
Bei Problemen, auch solchen des Alltags wie gestohlene Fahrräder, kann man sich
jederzeit an das International Office der Business School wenden. Daneben sind
auch die Buddies immer eine große Unterstützung gewesen, beispielsweise beim
Übersetzen oder beim Bestellen von Lehrbüchern etc. über das Internet. Sowohl das
International Office als auch die Buddies organisieren zudem immer wieder
Aktivitäten wie Stadtbesichtigungen, eine Christmas Party oder eine International
Week, um den Austauschstudenten die Möglichkeit zu geben, China und seine Kultur
kennenzulernen und den interkulturellen Austausch zu fördern.
Guangzhou
Guangzhou ist mit ca. 7,5 Millionen Einwohnern eine der Metropolen Chinas. Sie liegt
weit im Süden, ca. 2 Stunden von Hongkong. Bedingt durch die Lage ist das Klima
subtropisch. Bei meiner Ankunft im September war es noch über dreißig Grad heiß
und feucht, und auch Ende November konnte ich noch in kurzer Kleidung
herumlaufen. Mitte Dezember kam dann aber der Kälteeinbruch. Dann konnte man
getrost mehrere Lagen Pullis und eine Winterjacke vertragen. Da es in den
Gebäuden meist keine Heizung gibt, friert man selbst drinnen oft und viele von uns
haben sich mit Heizlüftern und unzähligen Decken eingedeckt.
Das Stadtbild ist sehr schön und gepflegt. Immer wieder trifft man auf Parks und
Greenways und vor allem die Promenade am Pearl River, der die Stadt durchzieht,
lädt zum Flanieren ein.
Während meines Austauschsemesters habe ich die meisten Sehenswürdigkeiten in
Guangzhou zu sehen bekommen. Der Yuexiu-Gongyuan beispielsweise ist der
bekannteste Park der Stadt, in dem man unter Anderem das Wahrzeichen der Stadt,
die 5-köpfige Ziegenstatue, oder die Sun Yat-Sen Memorial Hall bewundern, an
einem der viele Seen entspannen oder im städtischen Museum mehr über die
Geschichte Guangzhous erfahren kann. In der Nähe des Parks, beim Hauptbahnhof,
kann man dann im Anschluss auf dem „Fake-Markt“ noch eine kleine oder manchmal
auch größere Shopping-Tour dranhängen. Zusammen mit den Buddies habe ich
auch einen Spaziergang über Shamian-Island gemacht. Man kann sie bequem per
Boot erreichen und gerade an einem sonnigen Tag ist es dort wirklich sehr schön.
Viele Hochzeitspaare machen hier vor den Gebäuden im Kolonialstil ihre
7
Hochzeitsfotos. Auch einen oder mehrere der vielen Tempel in der Innenstadt von
Guangzhou zu besuchen, lohnt sich, denn oft bilden sie einen Ort der Ruhe in der
Hektik der Stadt. Besonders gut hat mir der Hualin Tempel gefallen, der nur wenige
Minuten von der Shangxiajiu, einer der größten Shoppingstraßen von Guangzhou, im
Jade-Viertel der Stadt gelegen ist. Toll fand ich auch den Pearl-River Night-Cruise,
den man direkt vom Nord-Tor der Uni starten kann und bei dem man den
beleuchteten Canton-Tower und die Skyline der Stadt bewundern und eindrucksvolle
Fotos schießen kann.
Fortbewegung in Guangzhou
Obwohl es in Guangzhou ein Metro-System gibt, habe ich meistens die Busse
benutzt, da in meinen Augen das Netz aus Bussen viel enger ist als das Metrosystem.
Über Baidu.com oder aibang.com kann man sich bequem die Busverbindungen
heraussuchen. Auch hier gilt allerdings, dass man – gerade gegen Abend - lieber ein
bisschen mehr Zeit einplanen sollte. Zudem ist es mit 2 RMB pro Fahrt meist
günstiger, den Bus zu nehmen als die Metro. Neben Bussen und der Metro kann
man für gewisse Strecken auch Boote nehmen, die mit zum öffentlichen
Nahverkehrssystem gehören.
Für kürzere Strecken und die Fortbewegung auf dem Südcampus ist es geschickt,
sich ein Fahrrad zuzulegen. Ich habe mir bei einem der vielen Händler in der Nähe
der Metro-Station Kecun ein gebrauchtes gekauft. Am besten ist es, man geht dort
abends in chinesischer Begleitung und in einer nicht allzu großen Gruppe hin. Damit
die Fahrräder aber nicht sofort wieder weg sind, sollte man sich gleich zwei
Schlösser besorgen und zwar möglichst an einem anderen Ort als dort, wo man das
Fahrrad gekauft hat.
Sicherheit
Obwohl ich schon vor meiner Ankunft von gestohlenen Fahrrädern gehört hatte,
habe ich mich in Guangzhou stets sehr sicher gefühlt - auch nachts. Allerdings sollte
man sich doch vor Taschendieben in Acht nehmen. Einer Freundin wurde
beispielsweise in der Metro die Handtasche aufgeschlitzt und der Geldbeutel
gestohlen.
Feste und Aktivitäten
Bereits Anfang September erlebte ich den ersten wichtigen Feiertag in China, das
Mondfest. Zu diesem Anlass wird zum Beispiel Mondkuchen gegessen, den man
auch wenn er sicher nicht jedermanns Geschmack ist, auf jeden Fall kosten sollte,
und viele bewundern abends vom Ufer des Pearl-Rivers den Mond. Zusammen mit
meinen Freundinnen besuchte ich eine Laternen-Ausstellung im Kulturpark von
Guangzhou. Hier konnten wir unsere Tierkreiszeichen in Form von Lampions suchen
oder vor dem Kanton-Tower im Miniatur-Format posieren.
Anfang Oktober ist dann der Nationalfeiertag der Chinesen, weshalb auch die Uni für
eine Woche geschlossen bleibt. Durch die Anwesenheitspflicht in den Vorlesungen
lohnt es sich, diese Woche zum Reisen zu nutzen. Allerdings haben auch die
meisten Chinesen die gleiche Idee, sodass man sich nicht die typischen
Touristenorte als Ziel aussuchen sollte. Ich war in dieser sogenannten „Golden
Week“ mit einer Freundin in Shantou und Xiamen. Letzteres ist ein sehr schönes
Reiseziel und auch nicht zu überlaufen. Wer mit dem Zug fahren möchte, kann seine
Reise gut mithilfe der Internetseite Qunar.com planen. Wir haben auf das gute Bus8
System in China zurückgegriffen und haben dabei – vor allem auch mit den
Schlafbussen - positive Erfahrungen gemacht. Die Busse waren meist sehr bequem,
aber trotzdem preiswert.
Leider habe ich vom wichtigsten chinesischen Feiertag, dem Frühlingsfest oder auch
dem chinesischen Neujahr, Ende Januar nur noch die Vorbereitungen mitbekommen,
da ich kurzfristig nach Deutschland zurückkehren musste. Kurz vor dem Fest werden
überall auf den Straßen Blumen, rote Glückssäckchen, auch hongbao genannt,
Glücksbringer, Süßigkeiten und Dekoration verkauft. Das Fest an sich wird dann vor
allem im Kreise der Familie gefeiert.
Zu den wichtigen Feiertagen werden in der Stadt auch immer wieder
Veranstaltungen wie oben genannte Laternen- Ausstellung abgehalten. Um
herauszufinden, wo etwas stattfindet, habe ich regelmäßig die Seite echinacities.com
gecheckt, die neben einer Übersicht von Restaurants, Kneipen und Diskos auch
aktuelle Veranstaltungshinweise und lokale Nachrichten zur Verfügung stellt.
Was das Feiern in Guangzhou angeht, so konzentriert sich alles vor allem auf eine
Straße, die Yanjianglu. Hier sind die meisten Clubs zu finden. Meistens muss man
keinen Eintritt zahlen, dafür sind die Getränke recht teuer. Schade fand ich, dass es
oft keine richtige Tanzfläche gibt, sondern alles mit Stehtischen vollgestellt ist, an
denen die Chinesen Trinkspiele spielen, zu denen man des Öfteren auch eingeladen
wird.
Besonders bekannt ist Guangzhou auch für die Canton Fair im Herbst. Auf dieser
Trade-Fair tummeln sich Aussteller in den verschiedensten Bereichen - Elektronik,
Kleidung, Essen, etc. - und mit etwas Kreativität im Hinblick auf eine „eigene
Firma“ kann man sie auch als Student besuchen und das ein oder andere Give-Away
abstauben.
Das Essen
Zentral in China ist natürlich auch das Essen und auch über die kantonesische
Küche könnte man sicher ein ganzes Buch schreiben. Mein persönliches Highlight
waren Dim Sum. Diese herzhaften oder süßen „Kleinigkeiten“ werden zum Morning
oder Afternoon Tea gegessen.Um möglichst viel probieren zu können, sollte man in
guter Gesellschaft gegen 10 Uhr in eines der dafür bekannten Restaurants, z.B. dem
Taotaoju, gehen. Dort stehen dann die verschiedenen Speisen in einer Art Buffet
aufgebaut, oder sie werden von Bedienungen auf Rollwägen herumgefahren und
man kann sich einfach bedienen. Ich fand besonders toll, dass man sich
durchprobieren kann und immer wieder neue Geschmäcker entdeckt ; von Innereien
über Jiaozi bis hin zu Gebäck, gefüllt mit der berühmten, stark riechenden Frucht
Durian, gibt es wirklich alles, und so manches Mal weiß man gar nicht so genau, was
man eigentlich auf dem Teller hat!
Wer allerdings vom chinesischen Essen nicht gefangen oder das ein oder andere
Mal von Heimweh geplagt wird, der findet in Guangzhou auch internationale Küche,
die man sich hin und wieder können kann. Für besondere Anlässe ist zum Beispiel
der Brunch im französischen Restaurant LaSeine auf Er’Sha Island sehr zu
empfehlen.
Fazit
Insgesamt kann ich Guangzhou und die Sun Yat-Sen Universität als Studienort für
ein Auslandssemester in China nur sehr empfehlen. Die Stadt hat wirklich einiges an
Sehenswürdigkeiten und Veranstaltungen zu bieten und langweilig wird einem daher
9
sicher nicht. Auch die Nähe zu Hongkong und Macao ist vorteilhaft, um den ein oder
anderen Kurztrip zu machen. Und wer davor oder danach noch ein bisschen Zeit hat,
kann auch eine Tour in den Südost-asiatischen Raum einplanen.
Die Universität bemüht sich wirklich sehr, den Studenten ein angenehmes Semester
zu bieten, gute Studienbedingungen zu ermöglichen, aber auch die Kultur nahe zu
bringen und den interkulturellen Austausch zu fördern. Während des
Wintersemesters waren leider in vielen Klassen fast 50% Ausländer, die das
Unterrichtsgespräch sehr geprägt haben. Wer mehr mit Chinesen in Kontakt kommen
möchte, sollte sich - trotz der Hitze in den Sommermonaten - überlegen, eher das
Sommersemester an der SYS zu verbringen, da dann weniger Austauschstudenten
vor Ort sind.
Auch wenn einige Kurse von Niveau und Inhalt vielleicht nicht dem deutschen
Maßstab entsprochen haben, habe ich doch einiges gelernt, zum Bespiel sicherer bei
Präsentationen zu werden und in internationalen Gruppen zusammenzuarbeiten.
Daher war das Semester in Guangzhou alles in allem eine wertvolle Erfahrung für
mich.
Links
Airline-direct.com
Aibang.com
Baidu.com
Echinacities.com
Qunar.com
10