duerkopp fahrrad 8 gang
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duerkopp fahrrad 8 gang
-1- Radfahrgalerie Burgdorf Der Sammler Walter Euhus gründete 1987 ein privates Fahrradmuseum in Langenhagen, die „Radfahrgalerie Walter Euhus”. Euhus gestaltete mit seiner Sammlung zwei erfolgreiche Sonderausstellungen im Stadtmuseum Burgdorf. Danach beschloss man, auf Dauer zusammen zu arbeiten, mit dem Ergebnis, dass die Sammlung im Jahre 2002 der Stadt Burgdorf als Dauerleihgabe übergeben wurde. Sie wird dort – mit Unterstützung des Gründers – vom Verkehrsverein (VVV) betreut. Zunächst werden in befristeten Ausstellungen schwerpunktmäßig Exponate zu unterschiedlichen Fahrradthemen gezeigt. Die Sammlung wird dabei ergänzt mit Leihgaben aus verschiedenen deutschen Sammlungen. Mittelfristig soll die Sammlung als Dauerausstellung gezeigt werden. Inhalt der Sammlung: Ca. 100 Fahrräder aller Entwicklungsstufen einschließlich Kinderfahrräder und Spezialrahmen, dazu Ersatzteile, Zubehör, Gebrauchsgegenstände mit Fahrradmotiven, Exponate aus dem Radsport, Spielzeug, Modelle usw. Zur Sammlung gehören außerdem eine umfangreiche Bibliothek mit vielen fahrradhistorischen Titeln, ein Radsportarchiv mit Spezialausrichtung Hannoverscher historischer Radsport, eine technische Dokumentation mit dem Schwerpunkt Fahrradbereifung, historische Darstellungen aus der Frühzeit des Fahrrades und ein Archiv Fahrradwerbung mit Schildern, Plakaten, Inseraten, Postkarten usw. Informationen: Verkehrs- und Verschönerungs-Verein der Stadt Burgdorf, Braunschweiger Str. 2, 31303 Burgdorf, Tel. 05136-18 62, [email protected], www.vvvburgdorf.de Walter Euhus, Deisterweg 15 B, 30851 Langenhagen, Tel. 0511-73 14 74, Fax 0511- 72 61 769, [email protected], www.die-speiche-verlag.de. -2- 120 Jahre Fahrradhits: ... klassische, kreative und kuriose Fahrräder ... Fahrräder kennen wir alle. Sicher, das „normale“ Fahrrad. Aber kennen wir auch die „Fahrradhits“, die der vergangenen Jahre und die der Gegenwart? Gemeint sind nicht die zeittypischen Fahrräder der einzelnen Entwicklungsstufen: Laufmaschine, Tretkurbelvelociped, Hochrad, Niederrad. Gemeint sind auch nicht Fahrräder mit besonderen Antriebsformen, Trethebel, Kardan, Kettenblätter, Riemen und was es sonst noch alles gab. Gemeint sind die wirklich klassischen Sonderkonstruktionen und die kreativen und kuriosen Fahrräder. Schon früh hatten neben Bastlern und geschickten Handwerkern auch Fahrradproduzenten Freude an dem Besonderen, dem Ausgefallenen, dem Eleganten. Eine beachtliche Auswahl solcher Exponate, bisher in diesem Umfang und dieser Zusammenstellung noch in keiner Ausstellung gezeigt, präsentiert die Radfahrgalerie Burgdorf mit „120 Jahre Fahrradhits - klassische, kreative und kuriose Fahrräder“. Und natürlich locken auch die vielen kleinen Gegenstände rund ums Rad in den zahlreichen Vitrinen zum Verweilen und Betrachten. Gerne zeigen wir in dieser Broschüre die ausgestellten Exponate. Walter Euhus -3- Automobilrad „Strano“, 1958 Hersteller: N.V. Union, Rijwielfabriek den Hulst-O, Niederlande Der Hersteller nennt das Fahrrad „Meeneemfiets“, Mitnehmfahrrad. Es ist nur ganze 108 cm lang, 85 cm hoch und wiegt 16 kg. Reifengröße hinten 28 Zoll, vorne 16 Zoll. Dieses Fahrrad aus den Niederlanden ist so konstruiert, dass man den Lenker per Hebelgriff abnehmen und das Gefährt bequem im Kofferraum transportieren kann. Beim Fahren sitzt man „im Freien“, d.h. man hat nichts vor sich, weder den Lenker, noch das kleine Vorderrad, das man mit Füßen und Beinen verdeckt. In Sitzposition „legt“ sich der Lenker um das Gesäß des Fahrers herum, die Lenkergriffe befinden sich seitlich. Bickerton portable, 1970 Hersteller: Bickerton Rowlinson Ltd., Herfordshire, GB Der 1921 geborene ehemalige Rolls Royce-Konstrukteur Harry Bickerten und sein Freund De Havilland bauten ab 1971 das von ihnen konstruierte TaschenFalt-Rad. Er gilt als Fahrrad-Klassiker und amortisierte sich bei Eisenbahn-fahrenden Briten, weil es aufgrund seines Fliegengewichtes (11 kg) als Gepäckstück kostenlos mitgenommen werden konnte, während ein „normales“, unverpacktes Fahrrad den Preis einer halben Erwachsenenkarte kostete. An das Fahren mit dem Bickerton muss man sich allerdings gewöhnen. Man glaubt, zunächst auf einer schlingernden Nussschale zu sitzen und kann das -4- Fahrgefühl nur als äußerst heiter bezeichnen. Das ist aber auch eine Stärke, weil der Aluminium-Rahmen unter Fahrbahnstößen flexibel nachgibt. Einige technische Daten: Bereifung vorne 14, hinten 16 Zoll, Radstand 98 cm, Faltmaß: 73 x 51 x 25 cm. „Blattfeder“-Fahrrad, 1935 Herteller: Adolf Beireuther, Eger Obwohl die Erfindung der Luftbereifung (Pneumatic, Dunlop, 1888) aus den „Knochenschüttlern“ relativ komfortable Fahrräder machte, sannen Hersteller darüber nach, wie sie den schlechten Straßenverhältnissen begegnen konnten. Eine Methode waren Federungssysteme, beispielsweise am Vorderrad, an der Gabel oder am Sattel. Einen ganz anderen Weg beschritt Adolf Beireuther, der gleich den Rahmen als Federungssystem nutze. Er ersetzte Ober- und Unterrohr durch Blattfederstahl. Dadurch fuhr man auf diesem verchromten Luxusrad wie „auf Wolken“. Ein besonderer Vorteil, der diesen Fahrradtyp erst fahrbar machte: der Rahmen schwingt nicht auf und verschluckt deshalb kaum Energie, ein allgemein bekannter Nachteil von Fahrradfederungssystemen. -5- „Blouson“, 1980 Hersteller: Bridgeston Corperation, Tokyo, Japan. Bridgeston ist einer der größten Reifenhersteller weltweit. Die Firma wurde 1931 von Shojiro gegründet. UM seiner Gesellschaft eine internatonale Note zu geben, übersetzte er seinen Namen „Steinbrücke) ins englische und drehte ihn um. Die Brogdeston Cycle Co. Ist Japans größter HerrenRad konzipiert. Deshalb der Name „Blouson“, der aus Frankreich kommenden Bezeichnung für legere Herrenjacken. Das Design stammt von dem Italiener Giorgetto Giugiaro. Er ist ein sehr bekannter Autodesigner und entwarf den Lotos Esprit und Fahrzeuge für VW, BMW und Audi. Das schöpferische Gesamtwerk Giugiaros umfasst u.a. Kameras (z.B. Nikon), Armbanduhren, Mode, Büromöbel und Musikinstrumente. „Bricknell“-Allradantrieb 1934 Hersteller: British Cycle Hand Gear Co. Ltd. Auf der Suche nach Möglichkeiten, eine höhere Geschwindigkeit zu erzielen, wurde der „BricknellHandantrieb“ im Oktober 1894 zum Patent angemeldet. Er ergänzt den üblichen Tretkurbelantrieb. Der Handantrieb ließ sich in der ursprünglichen Version abschalten durch Feststellen des Lenkers. -6- Beim gezeigten Modell ist ein „Nachfolger“ dieser Erfindung eingesetzt worden. Obwohl mit diesem Konzept zwischen 1899 und 1901 etliche Straßen-Geschwindigkeitsrekorde errungen wurden, fand diese Antriebsform nicht die nötige Resonanz bei Rennfahrern, und auch bei Alltagsfahrern wurde sie nicht populär. Zudem war die Konstruktion sehr aufwendig und deshalb teuer. Die Mehrkosten zu „normalen“ Fahrrädern standen in keinem Verhältnis zum zusätzlichen Nutzen. Das technische Prinzip ist einfach: Die Auf- und Abbewegungen des Lenkers trieb über eine Kette das vordere Laufrad an. Dürrkopp „Sociable“, Modell „Diana“, 1897 Hersteller: Bielefelder Maschinenfabrik, ab 1912 Dürkopp-Werke AG Dürkopp zählte zu Bielefelds bekanntesten Fahrradherstellern. Die Firma wurde 1867 als Nähmaschinenfabrik gegründet und nahm ca. 1885 die Fahrradproduktion auf. Bekannt geworden sind besonders die DürkoppKardanmodelle, die schon ab 1899 hergestellt wurden. 1959 stellte Dürkopp die Fahrradproduktion ein. Der gezeigte Fahrradtyp wurde auch bekannt unter der Bezeichnung „Zwillingsrad“, „Compagnonrad“ oder „Gesellschaftsrad“, deshalb auch „Sociable“, eine Abwandlung von gesellig. Unter „Gesellschaftsfahrten“ verstand man Ende des 19. Jahrhunderts Fahrten zu zweit, meistens die einer Dame und eines Herrn. Die ersten „Gesellschaftsfahrräder“ waren dreirädrige Fahrzeuge mit Rädern, deren Größe an die der Hochräder heranreichten. Nachdem das Hochrad allmählich vom Markt verschwunden war und sich das Niederrad durchgesetzt hatte, wurden schon bald zweirädrige Doppelsitzer -7- angeboten, „Hintereinander“-Tandem oder solche „Nebeneinander“-Tandem. Bei dem gezeigten Modell war es möglich, auch einen Sattel in der Mitte anzubringen, auf dem beispielsweise ein Kind mitgenommen werden konnte. Das Fahrrad konnte mit beiden Lenkern gesteuert werden. Bei anderen Modellen war das nur mit einem Lenker möglich. Flevo-Bike, 1992 Hersteller: Flevo-Bike, Dronten (NL) Das Flevobike gilt von der Konzeption her als kurzes Liegerad, d.h., das Tretlager liegt vor dem Laufrad. Damit ist es sehr handlich und wendig und benötigt wegen des Vorderradantriebes nur eine kurze Kette. Allerdings ist vieles anders beim Flevobike. Der Drehpunkt der Lenkung ist nach hinten unter den Sitz verlagert, wodurch sich eine Besonderheit ergibt: Aufsteigen und Losfahren klappen auch bei einem geübten Radfahrer nicht auf Anhieb. Man muss das Fahren auf dem Flevobike erst erlernen. Immer wieder kippt das Vorderteil zur Seite. Gelenkt wird nicht über den Lenker. Der steht fest und dient lediglich als Haltegriff. Gelenkt wird durch Verlagerung des Gewichtskraft auf die linke oder rechte Antriebsseite. Kann man es dann, das Flevobike-fahren, ist es sehr komfortabel, da es Allradgefedert ist. Bei einer Sitzhöhe von 55 cm liegt der Fahrer mehr, als er sitzt. Der Geradeauslauf ist hervorragend, Freihändigfahren kein Problem, die Kurventauglichkeit ist exzellent, ebenso die Wirkung der Hydraulik-Bremse. Reifengröße: 20 Zoll. Das Flevobike wird auch als Zweirad gefertigt. Es lässt sich ohne große Mühe vom Zweirad in ein Dreirad umbauen und umgekehrt. Man kann es zu Transportzwecken mittels einer einzigen Schraube sehr leicht auseinander nehmen. -8- „Flugzeug-Fahrrad“, 1946 Eigenbau von Reyé Bardet, Bordeaux (F) Dieses Fahrrad wurde im Eigenbau unter Verwendung von Standard-Fahrrad-komponenten in der Nachkriegszeit aus Flugzeugteilen (Aluminium) hergestellt. „Göricke“- Faltrad, 1980 Hersteller: Görickewerke AG, Bielefeld Die Görickewerke gehörten zu den großen deutschen Fahrradherstellern. Gründer war August Göricke, 1854 in Neuendorf (Anhalt) geboren. Göricke zog 1874 nach Bielefeld und eröffnete dort eine Nähmaschinen-Handlung. Bielefeld, einst die Stadt der Leinenweberei, war dabei, sich von der Handzur Maschinenweberei zu wandeln. In dieser Zeit entstanden mit der Leinenproduktion und dem Maschinenbau neue Industriezweige. Göricke profitierte von dieser Entwicklung. Er erweiterte seinen Handel und betrieb 1895 vierzehn Zweiggeschäfte. Inzwischen war das Fahrrad als sensationelle Neuerung aufgetaucht. Göricke war einer der ersten, der die Zukunftsmöglichkeiten des neuen Gefährts erkannte. Er gliederte seinem Nähmaschinenhandel ein Fahrradgeschäft an und begann später, selber Fahrräder herzustellen. Seine Fahrräder vertrieb er unter der -9- Marke „Westfalia-Fahrräder“, ab 1897 nannte er sein Produkt „GörickesWestfalenrad“, ab 1907 hieß es schlicht „Görickerad“. 1900 baute Göricke eine neue Fahrradfabrik. Bald begann er, dort auch Milchzentrifugen zu bauen. Später kamen Motorräder hinzu. Zum 50-jährigen Jubiläum 1924 beschäftigte Göricke 1.500 Mitarbeiter und stellte 110.000 Fahrräder und 25.000 Zentrifugen im Jahr her. 1928 führten die Göricke-Werke die Fließbandfertigung ein. Ein Jahr später ging das Unternehmen in Konkurs. Eine holländische Kapitalgruppe führte es ab 1930 weiter. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb zu 60 % durch Bomben zerstört. 1949 waren die Schäden aber bereits weitgehend beseitigt und modernste Fertigungseinrichtungen entstanden. 1985 wurde die Produktion eingestellt. Göricke-Fahrräder fanden wegen ihres hohen Qualitätsanspruchs weltweit begeisterte Abnehmer. Das galt sowohl für Alltags- als auch für Rennräder, auf denen namhafte Rennfahrer Weltrekorde erzielten und bei zahlreichen Rennen siegten. „Holz-Fahrrad“, 1897 Hersteller: Suplet, Frankreich Der Einsatz von Holz im Fahrradbau war durchaus üblich, in der Regel wurde Holz allerdings für Felgen und Kotschützer verwandt. Holz ist elastisch, belastbar und rostet nicht. -10- Einige Hersteller spezialisierten sich auf den Bau von ganzen Fahrrädern aus Holz, wobei sie natürlich für Naben und Tretlager Standard-Bauteile aus Metall verwandten. Daß ein solches Fahrrad auch optisch anspricht, beweist dieses Exponat. „Ingo-Bike“, 1936 Ingersoll Steel & Disc Co., Chicago, Illinios, USA Das „Ingo-Bike“ wurde Anfang 1930 von den Brüdern Phillip und Prescott Huyssen erfunden. Es ist tatsächlich ein Fahrrad, obwohl man beim Betrachten an einen Roller denkt. Bei richtiger Fahrweise berühren die Füße den Boden nicht. Die hintere Nabe wurde nicht wie üblich in der Mitte des Rades, sondern exzentrisch eingespeicht. Man bewegt das Rad, indem man auf dem federnden Brett stehend mit den Füßen wippt und den Körper auf und ab schwingt und dabei immer wieder den Totpunkt des Hinterrades überwindet. Ein geübter „Ingo“Fahrer kann eine Geschwindigkeit von über 30 km/h erreichen. „Itera“ Kunststoffrad, 1982 Itera, Göteborg, (S) Rahmen, Gabel, Lenker, Gepäckträger, selbst die Kurbeln dieses Fahrrades sind aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Kennzeich-11- nend ist die konsequente Konstruktion als Voraussetzung für den automatischen Spritzguss. Die Erwartungen, die in den neuen Werkstoff gesetzt wurden, erfüllten sich jedoch nicht. Der Rahmen ist deutlich weniger steif als ein Stahlrahmen. Durch das Altern des Kunststoffes unter wechselnden Umwelteinflüssen ist das „Itera“ nicht so dauerhaft, wie „gewöhnliche“ Fahrrad-Konstruktion aus Metall. Militär-Faltrad, 1895 Modell: „Capitain Gérald“, St. Quentin (F) Das Fahrrad wurde von Fallschirmspringern benutzt, die sich damit nach dem Absprung rasch aus der Gefahrenzone entfernen konnten. Es wurde auf den Rücken geschnallt oder in „Paketen“ abgeworfen. Bereits in den 1870er Jahren wurden Tretkurbelvelocipede für Kurierdienste des Militärs eingesetzt. Ernsthaft befassten sich die Armeen in Europa und Amerika in der Zeit um 1890 herum mit dem Einsatz von Fahrrädern im Heeresdienst. Die eindeutigen Vorteile: Fahrräder waren schnell und leise (sind es heute noch, und „stinken nicht“, möchte man hinzufügen). Fahrräder wurden dann auch in praktisch allen Armeen in großen Stückzahlen eingesetzt. Es waren meistens Spezialkonstruktionen, häufig zusammenklappbar und so leicht, dass der Soldat sie schultern konnte. In Erinnerung geblieben: l 1927 wird in Holland das erste radfahrende Militärmusikcorps gegründet. l 1944 landen Radfahrereinheiten der alliierten Truppen kampfbereit in der Normandie. l Bei Arnheim springen Tausende englischer Soldaten aus Luftlandeeinheiten mit faltbaren BSA-Waffenrädern mit Fallschirmen aus ihren Flugzeugen ab. -12- Die Schweizer Armee unterhält heute noch Radfahreinheiten. Sie sind auf kürzeren Distanzen schneller als Motorfahrzeuge. Auch bei der Bundeswehr wurden versuchsweise Kompanien mit Fahrrädern ausgestattet. Kurios erscheinen dem „Normal“-Bürger die speziellen Dienstvorschriften für Militärradfahrer. Mochet Velocar (F), 1930er Der Franzose Charles Mochet (1880-1934) baute um 1925 für seinen Sohn George ein Tretauto. Dabei kam ihm die Idee, solche Fahrzeuge auch für Erwachsene herzustellen. Bald entstanden erste Modelle unter dem Namen „Velocar“. Da das Interesse groß war, entwickelte Mochet verschiedene Modelle, u.a. auch eines mit einem Spitz-„Kühler“, ein Modell als „Lieferwagen“ und eines als Familienfahrzeug mit herausklappbaren hinteren Sitzen für Kinder. Es wurde auch ein eigen-angetriebener Anhänger entwickelt, ebenso wie ein „Rudomobil“, ein Fahrzeug mit einem Ruderantrieb. In den 1950er Jahren wurden Fahrzeuge gebaut mit 125 und 175 ccm-Motoren. Das Velocar hatte von Beginn an eine Gangschaltung, zunächst mit zwei, später mit drei, ab den 1940er Jahren mit fünf Gängen. Es wurden über 1.000 Fahrzeuge hergestellt und verkauft. Nach dem Tod von Charles Mochet 1934 übernahm sein Sohn George die Firma. Moulton AM 7 Country, 1984 Hersteller: Alex Moulton, Bradford-on-Avon (GB) 1957 begann Dr. Alex Moulton (AM), über eine neue Fahrradkonstruktion nachzudenken. Nach zwei Jahren hatte er einen Prototypen entworfen, fand aber keinen Produzenten. Daraufhin gründete er eine eigene kleine Fahrrad-13- fabrik, in der 1963 die Produktion aufgenommen wurde. Die zunächst belächelten kleinen Räder fuhren auf eigens von Dunlop entwikkelten Hochdruckreifen, die für kleinen Rollwiderstand sorgten. Zum Ausgleich der Härte der Reifen stattete Moulton das Rad mit seiner Spezialität aus, einer gummigefederten Schwinge hinten und einer reibungsgedämpften Teleskopfederung vorne. Ohne es zu wollen, schuf AM mit seinem Modell (RSW 16) den Vorläufer des Klapprades. Die Firma Raleigh entwickelte eine Imitation. Es hatte keine Federung, dafür dickere Reifen mit hohem Rollwiderstand, eine falsche Übersetzung und ein hohes Gewicht. Typische Merkmale des unseligen, schweißtreibenden Klapprades, das seinerzeit trotzdem von vielen Firmen nachgebaut und verkauft wurde. 1967, nachdem AM ca. 100.000 Fahrräder verkauft hatte, begann er, sich dem Bau von Automobil-Federungssystemen zu widmen und verkaufte seine Fahrradproduktion. Der Käufer, die Firma Raleigh, kam aber nicht mit dem Minifahrrad zurecht (wollte nicht damit zurecht kommen) und stellte 1974 die Produktion ein. Jetzt gründeten die Moulton-Fahrer einen Club, organisierten die Ersatzteillieferung und gaben Alex Moulton soviel moralischen Rückhalt, dass er sich mit der Weiterentwicklung beschäftigte. Das neue Moulton erschien 1983 wieder auf dem Markt. Es wurde jetzt in einer Gitterkonstruktion aus Reynolds-Rohr 531 gefertigt, war klappbar, hat 20 ZollRäder und ist mit vielerlei Raffinessen ausgestattet. Es fand trotz seines ungewöhnlich hohen Preises einen großen Liebhaberkreis. -14- „Momo“, 1993 Designer-Fahrrad aus Imola, Italien Die Felgen dieses eleganten Fahrrades sind aus Buchenholz, Sattel und Lenkergriffe aus Wildschweinleder. „REFAWCO“-Sesselrad, 1920 Hersteller: Reform-Fahrradbau, Weiss & Co, Stuttgart Die Firma ist vermutlich 1914 gegründet worden und soll von Beginn an Sesselräder produziert haben. Das Fahrrad wurde wegen seines ovalen Kettenblattes „Ovalo“ genannt. Dieses Bauteil tauchte im Rennsport in den 1980er Jahren als „Weltneuheit“ erneut auf unter dem Name „BioPace“. Das „Ovalo“-Rad ist eines der frühen Sesselräder. Seine Bauform erinnert an das sehr bekannt gewordene J-Rad, entwickelt von Paul Jaray, einem Konstrukteur von Luftschiffen und Stromlinienkarosserien, produziert von den HesperusWerken in Stuttgart. Panther-Klapprad, ca. 1968 Panther-Werke, Braunschweig Ende der 1960er Jahre war das Interesse am Fahrrad geschwunden. Nachdem -15- die ersten Nachkriegsjahre verstrichen und das „Wirtschaftswunder“ begonnen hatte, war bald auch die Zeit der Mopeds und Kleinwagen (Lloyd-„Plastikbomber“, BMW-Isetta„Knutschkugel“ usw.) vorbei. Viele Familien fuhren, ob sie es sich leisten konnten oder nicht, einen PKW. Das Wochenende wurde gerne zu Ausflügen mit dem Auto benutzt. Und hier setzten die Überlegungen der Fahrradproduzenten an: ein „Mitnehmfahrrad“ bauen, damit die Ausflügler sich mit ihrem Fahrrad am Zielort in der „freien“ Natur bewegen können. Das passte genau in die Zeit des Beginns der „Trimm-Welle“. Eine neuer FahrradTyp entstand: das Klapprad. Viele Hersteller griffen die Idee auf und bald besaß die Mehrzahl der deutschen Haushalte ein Klapprad, das man im Kofferraum verstauen und für Kurzstreckenfahrten mitnehmen konnte. Leider hielten die Fahrräder nicht das, was sie versprachen. Sie waren schwer und schwergängig und verschwanden nach und nach wieder von der Bildfläche. „Pedersen“-Triplett, 1985 Hersteller: Jesper Sølling, zunächst Kopenhagen („Freistaat“ Christiania), jetzt Draby (Ebeltoft), Dänemark Maikael Pedersen wurde 1855 in der Nähe von Marbjeg als ältestes von sieben Kindern geboren. Nach einer technischen Ausbildung kam er durch die Weiterentwicklung einer Milchzentrifuge zu Wohlstand. Als Techniker interessierte sich Pedersen bald für das gerade neu erfundene Niederrad. Er war allerdings unzufrieden mit dem Sitzkomfort und entwickelte deshalb einen Fahrradtyp mit zwei ganz neuen Elementen: einem Hängesattel und einem Rahmen, der auf das Gittertragwerk des Brückenbaus basierte und deshalb bei hoher Stabilität sehr leicht war. Da Pedersen in Dänemark keinen Produzenten für seinen Fahrradtyp fand, zog er 1893 nach Dursley, Großbritannien, in der Nähe Bristols gelegen. 1896 -16- gründete er die „Pedersen Cycle Frame Co Ltd.“ und begann mit der FahrradProduktion. Bald wurde die Modellpalette erweitert, Fahrräder für Damen und Mehrsitzer gebaut, ein Naben-Übersetzungsgetriebe erfunden (1902) und ein Klapprad entwickelt, das für den militärischen Einsatz im Burenkrieg gedacht war. 1903 baute Pedersen ein Fahrrad, das nur ca. 4 kg wog. 1913 wurde die Fahrradproduktion eingestellt. 1920 verließ Pedersen Großbritannien. Er starb 1929 in Kopenhagen. Seine Fahrräder blieben aber unvergessen. 1978 sah der dänische Schmiedemeister Jesper Sølling die Abbildung eines „Pedersen“. Er verliebte sich auf Anhieb in diesen Fahrradtyp. 1979 begann er, das Fahrrad nachzubauen und hatte großen Erfolg mit dieser Geschäftsidee. Heute erregen zahlreiche Liebhaber in vielen Ländern Aufsehen mit diesem schicken Fahrradtyp, dessen Hängesattel dem Fahrer ein ganz besonderes Fahrgefühl vermittelt. Insgesamt sind bisher knapp 10.000 „Pedersen“-Rahmen gefertigt worden. 2003 hat die Firma Fortframes einen Teil der Produktion übernommen und Jesper Sølling Zeit, sich um Weiterentwicklungen und Sondermodelle zu kümmern. Das Triplet ist ein Unikat, Søllings „Meisterstück“, gefertigt für das „Oldenburger Fahrradmuseum“. Reitrad „Cavallo“, 1975 Hersteller: Hercules, Nürnberg Carl Marschütz gründete 1882 eine der ersten Fahrradfabriken Deutschlands, die späteren Expreß-Werke. Nach dem Zweiten Weltkrieg, durch den Hercules zu 75 % vernichtet wurde, begann man mit dem Wiederaufbau. Neu ins Programm aufgenommen wurden -17- Mopeds. Die Fahrrad-Modellpalette umfasste Klappräder, Kinderräder, Rennsporträder und Räder für den täglichen Bedarf. Entsprechend dem Firmengrundsatz wurden qualitativ hochwertige Räder hergestellt. 1963 wurde die Firma von Fichtel & Sachs gekauft. Zum Cavallo: Dieses Reitrad wurde als ideales Trimmgerät konzipiert, als eine vergnügliche Alternative zu den herkömmlichen Geräten, eines, bei dem der ganze Körper beansprucht wird. Der Antrieb erfolgt durch Druck auf den Sattel. Ist der Tiefpunkt erreicht, wird das Gesäß gehoben. Federn drücken den Sattel nach oben. Durch erneuten Druck wird der Antrieb fortgesetzt. Mit dem ständigen Auf- und Ab kann mittels einer DreigangSchaltung eine beachtliche Geschwindigkeit erreicht werden. Es wurden insgesamt 2.000 Räder dieses Typs produziert. „Rider“-Liegerad, 2004 Hersteller: Optima, Ijmuiden (NL) Nachdem die Bedeutung des Luftwiderstandes für das Radfahren erkannt war, begannen Überlegungen, das Niederrad durch Verkleidungen und Veränderung der Fahrpositionen so zu verändern, dass der Luftwiderstand geringer und die Fahrer schneller werden konnten. Erste Abbildungen von Liegerädern stammen aus dem Jahre 1893. Noch vor Beginn des 20. Jahrhunderts gab es weitere Entwicklungen, darunter auch ein Bauchliegerad. In größeren Stückzahlen wurden Liegeräder aber erst später produziert. Zu deren Erfinder gehört Paul Jaray, der sein mit einem Schwinghebelantrieb ausgerüstetes Sesselrad in den 1920er Jahren entwickelte. Ein weiteres Sesselrad erfand der Franzose Charles Mochet (siehe auch Mochet „Velocar“). 1933 -18- wurde mit diesem Fahrrad mit 45,056 km der bisherige Stundenweltrekord von Oscar Egg (CH) unterboten. Allerdings verbot im Folgejahr die UCI (internationaler Radsportverband) diesen Fahrradtyp für den Rennsport. Unabhängig davon wurde auf einem Mochet-Sesselrad 1939 eine Entfernung von 50,537 Kilometern in 60 Minuten zurückgelegt. Auch in anderen Ländern wurde mit Liegerädern experimentiert, so z.B. in Großbritannien. Bekannt wurde das Moller-Triumph mit einem Lenker in Form eines Automobil-Lenkrades. In der Nachkriegszeit (1950er Jahre) machte speziell der DDR-Bürger Paul Rinkowski durch seine genialen Liegerad-Konstruktionen auf sich aufmerksam. In den 1970er Jahren entwickelten dann Bastler und junge Ingenieure eine innovative Liegeradszene. Ihr Ziel war, sowohl Hochgeschwindigkeitsfahrräder als auch alltagstaugliche Liegeräder zu schaffen. Heute gibt es eine größere Anzahl von Liegeradherstellern, die eine Vielzahl von Bauarten anbieten. Die Sitzhöhe des gezeigten „Rider“ beträgt 26 cm, die Spurbreite ist 76 cm. Es kann mit einer 27-Gang-Kettenschaltung ausgestattet werden. „Snike“- ein Sportgerät, 2002 Hersteller: SNIKE Sport GmbH, Stuttgart Das „Snike“ ist der „multifunktionale Bewegungstrainer“, ein hochwertiges Fitness- und Sportgerät. Es -19- wird durch Rotations- und Neigebewegungen der Wirbelsäule mit dem Hinterrad gesteuert. Die dazu notwendige Fahr- und Balancetechnik muss trainiert werden. Das „Snike“ wird in drei verschiedenen Versionen angeboten, in einer Schlichtausführung als Sportgerät und in einer Straßenverkehrs-tauglichen Ausführung mit und ohne Schaltung. Für unterschiedliche Körpergrößen sind Lenker und Sattel verstellbar. Egal, in welcher Ausstattung erworben, das „Snike“ ist ein außergewöhnlich schickes, elegantes Fahrrad. „Strida“-Faltrad, 1990 Hersteller: die eigens für den Bau dieses Fahrrades gegründete Strida Ltd., Grafschaft Gloucestershire, Südengland Dieses Designrad besticht durch seine Rahmenform, einem Dreieck. Besonderes Merkmal: Das Strida lässt sich bequem zusammenfalten und transportieren. Der Antrieb erfolgt über einen Zahnriemen. Übersetzung 3,33 : 1, Entfaltung ca. 4,20 m, Frontfreilauf. Das Rahmenrohr ist aus Aluminium, die Felgen sind aus einem verstärkten Nylon gefertigt, die Räder einseitig aufgehängt. Das Fahrrad ist mit Trommelbremsen ausgestattet. Reifengröße 16 Zoll. Gewicht 10 kg. Abmessungen: 1 m hoch x 1,25 m lang, Sattelhöhe 740 - 960 mm. Von Interesse ist, dass ein Dreieckrahmen bereits 1895 in Amerika erfunden wurde. -20- „Velo Fauteuil“, ca. 1915 Monet et Goyon, Macon, Frankreich, Fahrrad- und Motorradfabrik Über diese Firma ist wenig bekannt. Vermutlich baute sie schon vor 1910 Fahrräder. Ab 1917 stellte sie auch Motorräder her. Monet et Goyon galten als Spezialisten für Fahrzeuge mit Korbsessel. Auch bei der Auswahl der Modellpalette zeigten sie viel Phantasie. Außer dem gezeigten Modell gab es Zweisitzer mit nebeneinander angeordneten Sitzen und Einsitzer als drei- oder vierrädrige Fahrräder. Weiterhin wurden Motorräder mit Korbsessel angeboten. Western-Flyer, 1993 USA, Westküste Derartige Fahrräder, mit angedeutetem Tank, breitem Lenker und Ballonreifen sind Motorrädern nachempfunden. Man findet sie vorwiegend an der sonnigen Küste Floridas. Sie wurden bereits in den 1930er Jahren in dieser Form gebaut. -21- Die Entwicklung des Fahrrades 1817 Laufmaschine Der badische großherzogliche Forstmeister Carl Friedrich Ludwig Christian Drais von Sauerbronn erfindet das erste zweirädrige, vom Menschen angetriebene Fahrzeug, die Laufmaschine. 1861 Tretkurbelvelociped Handwerker und Erfinder befassen sich mit der Mechanisierung der Laufmaschine, um daraus eine Fahrmaschine zu machen. Der Franzose Pierre Michaux baut Tretkurbeln an das Vorderrad. Er stellt das Tretkurbelvelociped in großen Stückzahlen her und gilt als erster Fahrradindustrieeller. 1870 Hochrad Die Briten James Starley und William Hillmann erfinden das Hochrad. Rahmen, Felgen und Speichen sind aus Stahl. Die Bereifung ist aus Vollgummi. 1887 Niederrad Das Niederrad (Sicherheitsrad) Rover III der Briten Starley und Sutton mit einem Schleifenrahmen beginnt sich, gegen das Hochrad durchzusetzen. 1888 Luftbereifung Epochale Verbesserung des Fahrkomforts 1888 durch die Luftbereifung ( Pneumatiks ). Der Erfinder: der schottische Tierarzt Dunlop. 1891 Trapezrahmen Mit der Konstruktion des Trapezrahmens 1891 und des daraus entwickelten Diamantrahmens ist die endgültige, noch heute aktuelle Form des Fahrrades erfunden. Vor und nach der Wende zum 20. Jahrhundert nehmen zahlreiche Firmen im In- und Ausland die Fahrrad-Produktion auf. Die Fahrräder werden billiger und im Laufe der Zeit auch für die arbeitende Bevölkerung erschwinglich. Ein unvorstellbarer Fahrradboom beginnt. Der Mensch wird erstmals mobil. -22- Fahrradliteratur Fahrradstammbaum, Entwicklungsgeschichte des Fahrrades als Faltblatt-Diagramm mit über 50 detaillierten Zeichnungen, 7,50 O + Porto Speichensport, Hannovers historischer Radsport, 250 Seiten, 115 Abbildungen, 19,90 O + Porto Rädlichkeiten, Gegenstände und Gerät – am und ums Velociped, 250 Seiten, 115 Abbildungen, 19,90 O + Porto Neben diesem Ausstellungsführer können über den VVV noch erworben werden: l „Hochräder: die Aristokraten - und andere Fahrräder“, Ausstellung 2002 l „100 Jahre Radsport: Ullrich, Altig und die frühen Pedalritter“, Ausstellung 2003 Leihgeber: Deutsches Fahrradmuseum Bad Brückenau Kurt Niemeyer, Legerich Oldenburger Fahrradmuseum Peter Scherber, Mühlhausen Räderwerk, Hannover Wir danken der Volksbank Burgdorf-Celle eG und der Firma CP-Pharma (Bernd Gessert), für die freundliche Unterstützung. Ausstellung „120 Jahre Fahrradhits – klassische, kreative, kuriose und Räder“ Gestaltung: Walter Euhus Impressum: „120 Jahre Fahrradhits - klassische, kreative und kuriose Räder“ Herausgegeben 2004 vom VVV, der Radfahrgalerie Burgdorf und der Stadt Burgdorf. Führungen: Für Schulklassen, Vereine, Gruppen etc. sind Führungen im Stadtmuseum vorgesehen. Ansprechpartner: VVV-Geschäftsführer Gerhard Bleich, Tel. 05136 - 18 62. Schutzgebühr: 2,00 O -23- -24-