Gefeiertes Allerlei - Kongress am Park
Transcrição
Gefeiertes Allerlei - Kongress am Park
Augsburg extra: Modular 36 NUMMER 125 Treffen, tanzen, plaudern: Das Große Foyer der Kongresshalle verwandelte sich in den großen Treffpunkt. Hier kreuzten sich die Wege von Freunden und Bekannten, hier wurde am späten Abend vor dem DJ-Pult getanzt. MONTAG, 3. JUNI 2013 Fotos: Annette Zoepf, Silvio Wyszengrad Gefeiertes Allerlei Konzerte Breites Spektrum mit hoher Spaßdichte: Von Thees Uhlmann und den Orsons bis zu Frittenbude und When Saints Go Machine VON WOLFGANG SCHÜTZ UND SARAH RITSCHEL Ein reichhaltiges Programm und zwei Gewissheiten: So homogen wie das Modular mit Carpet und The Notwist gestartet war, würde es nicht weitergehen; und wegen der Verlegung nach drinnen würde es im Kongresssaal heiß hergehen. Drei Ergebnisse: Es war sehr voll, die Stimmung war ausgezeichnet – und die Heterogenität ging voll auf. Der Freitag: Ob Hip-Hop oder Deutschrock – das geht ab! „Hyper, hyper“, schrie Frittenbude-Frontmann Johannes Rögner in das Mikrofon – und der Saal tobte. Die Orsons drehten eine Stunde an den Spaß-Reglern. Die vergleichsweise zarten Klänge von der Elektropop-Band When Saints Go Machine gingen nach dem Frittenbude-Auftritt fast unter. Der gewagteste Brückenschlag war der des Freitags. Von Nachmittag an herrschte Hip-Hop im Kongress: Nach Errdekas Heimspiel und Ahzumjot drehten Die Orsons für eine Stunde an allen Spaß-Reglern. Und das nicht mit den Freundlichkeiten, denen „die erste Boy-Band der Modular-Geschichte“ die Vereinnahmung mit Cro zum neuen Stuttgarter Pop-Zentrum verdankt. Tua sang zwar „Lagerhalle“ und es ging hittauglich mit „Das Leben ist schön“ und „Rosa, Blau …“ los – aber dank Kaas, Maeckes und Plan B wurd’s ein wilder Party-Vierer. Ein herzhaftes „Zambo Cristall Merkaba“, ein dröhnendes „Was labersch du“ – das sind die Orsons live. Dazu gibt’s reichlich Zotiges, Hüpfanimation und vor allem fette Beats. Dass der Sound nicht perfekt war, dass es Differenzierteres gibt als den AbschlussBrüller „Vodka-Apfel“ – geschenkt! Ein voller Saal feierte und Background-Sängerin Jasmin sang: „Ich seh nicht gut aus und ich hab Sex – denn ich bin in-telli-fucking-gent!“ Hm. Ob das eine gute Überleitung zu Thees Uhlmann ist? Jedenfalls kamen sich die Orsons und der nachfolgende Frontmann der Hamburger Indie-Rocker Tomte auf Solopfaden nicht in der vermeintlichen Pop-Nähe nahe. Für den Zusammenhang sorgte schlicht der Spaßfaktor. Uhlmann nämlich drehte mit seiner starken Band (am Bass mit Hubert Steiner ein Augsburger) dermaßen auf, dass er im Gestus eines alles umarmenden Rockgottes fulminantes Kabarett ablieferte. Thees sang natürlich „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ und „Das Mädchen von Kasse 2“ – aber auch (Verzeihung) zündende Songs des im August erscheinenden Albums wie „Die Bomben meiner Stadt machen boom boom boom“. Er tobte, riss die Halle mit, bis zur völligen Erschöpfung, von sich selbst beseelt. Der Samstag: Von Elektro bis Punk – alles geht zusammen Am Samstag zum Hauptprogramm: kein DFB-Pokalfinale, sondern die norwegische Band Kakkmaddafakka. Und die geizte nicht mit Show: Mal sprang der Keyboarder mit nacktem Oberkörper auf den Schemel und malträtierte das Piano mit Skaterschuhen, dann spielte er einen Schmachtfetzen à la Elton John und hauchte dabei „This Is A Song About Love“. Ans Mikrofon durfte ohnehin jeder mal. Und als die Band als Zugabe ihren Hit „Restless“ spielten und die Background-Tänzer auch noch schuhplattelten, brüllte der gan- ze Saal: „Kakkmaddafakka!“ Frittenbude, Headliner des Modular, fanden danach auch gleich die passenden Worte: „Zusammen können wir abgefuckt und glücklich sein“, rief Frontmann Johannes Rögner in den zum Bersten gefüllten Thees Uhlmann Saal. Träfe man ihn abseits der Bühne, könnte man ihn mit seinem Vollbart für einen Folk-Sänger halten. Doch für Sehnsuchtsvolles ist Elektropunk das falsche Genre: Die Fans waren aufgepeitscht vom Bass, „Hyper, hyper“ schrie Rögner, das Publikum tobte. Und das, obwohl er mit dem Zitat der deutschen Techno-Veteranen von Scooter auf eine Zeit anspielte, in der seiner Meinung nach die Hälfte des Publikums „noch nicht mal geboren war“. Egal, es rummste. Die politische Ausrichtung ihres Labels Audiolith kam bei den drei Wahlberlinern immer wieder durch: Den Ausruf „Kein Mensch ist illegal“ verpackten sie in einen Pogo-Kracher und ernteten Zustimmung aus vom Mitschreien heiseren Kehlen. Als überraschendes Cover: „Abschaffen“ von Tocotronic in Elektropunk. Am Ende strahlende, erschöpfte Fans – abgefuckt und glücklich. Aber da war noch was, etwas hinter all dem Bombast Verborgenes! Die dänische Elektropop-Band When Saints Go Machine, deren avantgardistische Songs alles andere als eingängig sind. Und dann starteten die vier Kopenhagener noch mit einem Stück komplett ohne Beats, kaum wahrnehmbar für die von Frittenbude durchgepusteten Sinne. Und „Iodine“, die erste Single aus dem neuen Album, entfaltete ihren elektronisch-strahlenden Glanz dann auch nur vor einem sehr überschaubaren Publikum. Der Sound in der Halle machte es nicht leichter: Sogar „Kelly“, der bisher größte Pop-Hit der Band, wirkte deshalb deutlich weniger mitreißend. Wer trotzdem blieb, erahnte zumindest das große Potenzial von When Saints Go Machine, war hingerissen von den flächigen, transparenten Songs, den versteckten, großen Melodien. In den ersten Reihen wiegten sich genießend die Kenner dieses Zaubers. Aller Party-Tumult war dem stillen Schwelgen gewichen. Robben ist Volkers Tod Kommen, mitmachen, staunen Slam König Fußball macht das Rennen Aktionen Bei Modular Kids stehen die jüngsten Besucher im Mittelpunkt Arjen Robben ist Volkers Tod. Volker schaut gemeinsam mit seinen Kumpels ein Fußballspiel an und eben dieser Volker muss im Text des Poetry-Slammers Alex Burkhard immer einen Schluck Alkohol trinken, wenn der Kommentator des Spiels FC Bayern gegen Olympique Lyon den Namen des niederländischen Fußballers sagt. Das tut er oft. Daraus spinnt Alex Burkhard Dicht gedrängt verfolgten die Zuhörer im K-Klub den Poetry-Slam. einen wunderbar lustigen Text über Fußball im Allgemeinen und Freundschaft im Besonderen. Beim Slam zur Frauenfußball-WM 2011 hat er ihn bereits vorgetragen und kann damit in Augsburg nicht punkten. Zwei Jahre später und kurz nach dem famosen Champions-League-Spiel der Bayern holt sich der Münchner Wortkünstler dann beim Modular-Poetry-Slam doch noch den verdienten Sieg. Das Publikum belohnt den Studenten der Literaturwissenschaft mit dem lautesten Applaus. Zuvor hatte Burkhard die Zuhörer im K-Klub mit einem Text über eine gescheiterte Beziehung in seinen Bann gerissen. Monatlich schreibt Burkhard ein bis zwei Texte und kommt so seinem Traum ganz nahe: Im November erscheint sein erstes Buch mit seinen eigenen Geschichten. (ziss) Lotte sitzt auf dem Schoß von Papa Alex Ferstl und hält einen Stift fest in ihrer Hand. Malen tut sie nicht damit, viel lieber staunt sie mit offenem Mund, was all die Kinder um sie herum machen. T-Shirts bedrucken oder mit Algen-Gelatine Erdbeer- und Maracuja-Bubbles für die Limonade machen. Alex Ferstl sagt: „Ich war auf jedem Modular. Früher abends. Mit unserer Tochter hat sich das gewandelt und jetzt bin ich eher nachmittags hier. Das Festival begeistert mich immer wieder aufs Neue. Es zeigt, wie unterschiedlich Jugendkultur sein kann.“ Sehr vielfältig sind die Angebote für die Besucher im Kindes- und Teenager-Alter, die am Samstagnachmittag das Geschehen bestimmen. Während sich der vierjährige Philipp beim Downtown Music In- stitute im Kleinen Foyer am Schlagzeug austobt, spielen Sophie, Rebecca, beide 14, und die 13-jährige Paula von der Band Pop the Cork einen Song ein. Vincent, Leo und Nico flitzen durch das Getümmel der Kleidertauschbörse. Sie haben Spiegelreflexkameras in der Hand, fotografieren von der Empore ins Foyer oder setzen die Mädchen an den Nähmaschinen in Szene, die unter Anleitung ihre eigenen Modular-Sackerl nähen. Philipp Hunger flitzt ihnen hinterher. Er leitet den FotoWorkshop und kann und will ihren Eifer gar nicht bremsen. Ums Bremsen geht es bei Modular nicht. Dann schon eher um den großen Auftritt: Einige talentierte Jugendliche haben ihn bei Modular Youngstars gewonnen und schnuppern erstmals Bühnenluft. (ziss) Lotte malt ein Bild, ihr Papa Alex Ferstl hilft ihr ein bisschen. Aus alt mach neu: Bei der Sackerl-Session entstehen Taschen. Vincent, Leo und Nico halten Philipp Hunger auf Trab. Die Jagd nach der heißesten Klamotte: Getümmel bei der Kleidertauschbörse.