Gefeiertes Allerlei - Kongress am Park

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Gefeiertes Allerlei - Kongress am Park
Augsburg extra: Modular
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NUMMER 125
Treffen, tanzen, plaudern: Das Große Foyer der Kongresshalle verwandelte sich in den großen Treffpunkt. Hier kreuzten sich die Wege von Freunden und Bekannten, hier wurde am späten Abend vor dem DJ-Pult getanzt.
MONTAG, 3. JUNI 2013
Fotos: Annette Zoepf, Silvio Wyszengrad
Gefeiertes Allerlei
Konzerte Breites Spektrum mit hoher Spaßdichte: Von Thees Uhlmann und den Orsons bis zu Frittenbude und When Saints Go Machine
VON WOLFGANG SCHÜTZ
UND SARAH RITSCHEL
Ein reichhaltiges Programm und
zwei Gewissheiten: So homogen wie
das Modular mit Carpet und The
Notwist gestartet war, würde es
nicht weitergehen; und wegen der
Verlegung nach drinnen würde es
im Kongresssaal heiß hergehen.
Drei Ergebnisse: Es war sehr voll,
die Stimmung war ausgezeichnet –
und die Heterogenität ging voll auf.
Der Freitag: Ob Hip-Hop oder
Deutschrock – das geht ab!
„Hyper, hyper“, schrie Frittenbude-Frontmann Johannes Rögner in das Mikrofon –
und der Saal tobte.
Die Orsons drehten eine Stunde an den
Spaß-Reglern.
Die vergleichsweise zarten Klänge von der Elektropop-Band When Saints Go Machine gingen nach dem Frittenbude-Auftritt fast
unter.
Der gewagteste Brückenschlag war
der des Freitags. Von Nachmittag
an herrschte Hip-Hop im Kongress:
Nach Errdekas Heimspiel und Ahzumjot drehten Die Orsons für eine
Stunde an allen Spaß-Reglern. Und
das nicht mit den Freundlichkeiten,
denen „die erste Boy-Band der Modular-Geschichte“ die Vereinnahmung mit Cro zum neuen Stuttgarter Pop-Zentrum verdankt. Tua
sang zwar „Lagerhalle“ und es ging
hittauglich mit „Das Leben ist
schön“ und „Rosa, Blau …“ los –
aber dank Kaas, Maeckes und Plan
B wurd’s ein wilder Party-Vierer.
Ein herzhaftes „Zambo Cristall
Merkaba“, ein dröhnendes „Was labersch du“ – das sind die Orsons
live. Dazu gibt’s reichlich Zotiges,
Hüpfanimation und vor allem fette
Beats. Dass der Sound nicht perfekt
war, dass es Differenzierteres gibt
als den AbschlussBrüller
„Vodka-Apfel“ – geschenkt! Ein voller
Saal feierte und Background-Sängerin Jasmin sang: „Ich seh nicht
gut aus und ich hab Sex –
denn ich bin in-telli-fucking-gent!“
Hm. Ob das eine gute
Überleitung zu Thees Uhlmann ist? Jedenfalls kamen
sich die Orsons und der
nachfolgende Frontmann der
Hamburger Indie-Rocker Tomte
auf Solopfaden nicht in der vermeintlichen Pop-Nähe nahe. Für
den Zusammenhang sorgte schlicht
der Spaßfaktor. Uhlmann nämlich
drehte mit seiner starken Band (am
Bass mit Hubert Steiner ein Augsburger) dermaßen auf, dass er im
Gestus eines alles umarmenden
Rockgottes fulminantes Kabarett
ablieferte. Thees sang natürlich
„Zum Laichen und Sterben ziehen
die Lachse den Fluss hinauf“ und
„Das Mädchen von Kasse 2“ – aber
auch (Verzeihung) zündende Songs
des im August erscheinenden Albums wie „Die Bomben meiner
Stadt machen boom boom boom“.
Er tobte, riss die Halle mit, bis zur
völligen Erschöpfung, von sich
selbst beseelt.
Der Samstag: Von Elektro bis
Punk – alles geht zusammen
Am Samstag zum Hauptprogramm:
kein DFB-Pokalfinale, sondern die
norwegische Band Kakkmaddafakka.
Und die geizte nicht mit Show: Mal
sprang der Keyboarder mit nacktem
Oberkörper auf den Schemel und
malträtierte das Piano mit Skaterschuhen, dann spielte er einen
Schmachtfetzen à la Elton John und
hauchte dabei „This Is A Song
About Love“. Ans Mikrofon durfte
ohnehin jeder mal. Und als die Band
als Zugabe ihren Hit „Restless“
spielten und die Background-Tänzer auch noch schuhplattelten,
brüllte der gan- ze Saal: „Kakkmaddafakka!“
Frittenbude,
Headliner des
Modular, fanden
danach auch gleich
die passenden Worte: „Zusammen können wir abgefuckt und
glücklich sein“, rief Frontmann Johannes Rögner in
den zum Bersten gefüllten
Thees Uhlmann
Saal. Träfe man ihn abseits der Bühne, könnte man ihn mit seinem Vollbart für einen Folk-Sänger halten.
Doch für Sehnsuchtsvolles ist Elektropunk das falsche Genre: Die Fans
waren aufgepeitscht vom Bass,
„Hyper, hyper“ schrie Rögner, das
Publikum tobte. Und das, obwohl er
mit dem Zitat der deutschen Techno-Veteranen von Scooter auf eine
Zeit anspielte, in der seiner Meinung nach die Hälfte des Publikums
„noch nicht mal geboren war“.
Egal, es rummste. Die politische
Ausrichtung ihres Labels Audiolith
kam bei den drei Wahlberlinern immer wieder durch: Den Ausruf
„Kein Mensch ist illegal“ verpackten sie in einen Pogo-Kracher und
ernteten Zustimmung aus vom Mitschreien heiseren Kehlen. Als überraschendes Cover: „Abschaffen“
von Tocotronic in Elektropunk. Am
Ende strahlende, erschöpfte Fans –
abgefuckt und glücklich.
Aber da war noch was, etwas hinter all dem Bombast Verborgenes!
Die dänische Elektropop-Band
When Saints Go Machine, deren
avantgardistische Songs alles andere
als eingängig sind. Und dann starteten die vier Kopenhagener noch mit
einem Stück komplett ohne Beats,
kaum wahrnehmbar für die von
Frittenbude durchgepusteten Sinne.
Und „Iodine“, die erste Single aus
dem neuen Album, entfaltete ihren
elektronisch-strahlenden
Glanz
dann auch nur vor einem sehr überschaubaren Publikum. Der Sound in
der Halle machte es nicht leichter:
Sogar „Kelly“, der bisher größte
Pop-Hit der Band, wirkte deshalb
deutlich weniger mitreißend. Wer
trotzdem blieb, erahnte zumindest
das große Potenzial von When
Saints Go Machine, war hingerissen
von den flächigen, transparenten
Songs, den versteckten, großen Melodien. In den ersten Reihen wiegten sich genießend die Kenner dieses
Zaubers. Aller Party-Tumult war
dem stillen Schwelgen gewichen.
Robben ist Volkers Tod
Kommen, mitmachen, staunen
Slam König Fußball macht das Rennen
Aktionen Bei Modular Kids stehen die jüngsten Besucher im Mittelpunkt
Arjen Robben ist Volkers Tod. Volker schaut gemeinsam mit seinen
Kumpels ein Fußballspiel an und
eben dieser Volker muss im Text
des Poetry-Slammers Alex Burkhard immer einen Schluck Alkohol
trinken, wenn der Kommentator
des Spiels FC Bayern gegen Olympique Lyon den Namen des niederländischen Fußballers sagt. Das tut er
oft. Daraus spinnt Alex Burkhard
Dicht gedrängt verfolgten die Zuhörer im
K-Klub den Poetry-Slam.
einen wunderbar lustigen Text über
Fußball im Allgemeinen und
Freundschaft im Besonderen. Beim
Slam zur Frauenfußball-WM 2011
hat er ihn bereits vorgetragen und
kann damit in Augsburg nicht punkten. Zwei Jahre später und kurz
nach dem famosen Champions-League-Spiel der Bayern holt sich der
Münchner Wortkünstler dann beim
Modular-Poetry-Slam doch noch
den verdienten Sieg. Das Publikum
belohnt den Studenten der Literaturwissenschaft mit dem lautesten
Applaus. Zuvor hatte Burkhard die
Zuhörer im K-Klub mit einem Text
über eine gescheiterte Beziehung in
seinen Bann gerissen.
Monatlich schreibt Burkhard ein
bis zwei Texte und kommt so seinem Traum ganz nahe: Im November erscheint sein erstes Buch mit
seinen eigenen Geschichten. (ziss)
Lotte sitzt auf dem Schoß von Papa
Alex Ferstl und hält einen Stift fest
in ihrer Hand. Malen tut sie nicht
damit, viel lieber staunt sie mit offenem Mund, was all die Kinder um
sie herum machen. T-Shirts bedrucken oder mit Algen-Gelatine Erdbeer- und Maracuja-Bubbles für die
Limonade machen.
Alex Ferstl sagt: „Ich war auf jedem Modular. Früher abends. Mit
unserer Tochter hat sich das gewandelt und jetzt bin ich eher nachmittags hier. Das Festival begeistert
mich immer wieder aufs Neue. Es
zeigt, wie unterschiedlich Jugendkultur sein kann.“
Sehr vielfältig sind die Angebote
für die Besucher im Kindes- und
Teenager-Alter, die am Samstagnachmittag das Geschehen bestimmen. Während sich der vierjährige
Philipp beim Downtown Music In-
stitute im Kleinen Foyer am Schlagzeug austobt, spielen Sophie, Rebecca, beide 14, und die 13-jährige
Paula von der Band Pop the Cork einen Song ein.
Vincent, Leo und Nico flitzen
durch das Getümmel der Kleidertauschbörse. Sie haben Spiegelreflexkameras in der Hand, fotografieren von der Empore ins Foyer
oder setzen die Mädchen an den
Nähmaschinen in Szene, die unter
Anleitung ihre eigenen Modular-Sackerl nähen. Philipp Hunger flitzt
ihnen hinterher. Er leitet den FotoWorkshop und kann und will ihren
Eifer gar nicht bremsen. Ums
Bremsen geht es bei Modular nicht.
Dann schon eher um den großen
Auftritt: Einige talentierte Jugendliche haben ihn bei Modular Youngstars gewonnen und schnuppern
erstmals Bühnenluft. (ziss)
Lotte malt ein Bild, ihr Papa Alex Ferstl
hilft ihr ein bisschen.
Aus alt mach neu: Bei der Sackerl-Session entstehen Taschen.
Vincent, Leo und Nico halten Philipp
Hunger auf Trab.
Die Jagd nach der heißesten Klamotte:
Getümmel bei der Kleidertauschbörse.