Ansehen - Zum iaw - Universität Bremen

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Ansehen - Zum iaw - Universität Bremen
Universität Bremen
Kooperation Universität/Arbeitnehmerkammer
Arbeitnehmerkammer
Bremen
EQUIB Entwicklungsplanung
Qualifikation
im Land Bremen
E-Commerce
in deutschen Unternehmen mit einer empirischen
Untersuchung in kleinen und
mittleren Handelsunternehmen
des Landes Bremen
Anwendungen - Status Quo Perspektiven - Qualifikationen
Gefördert durch
Europäische Gemeinschaft
Europäischer Sozialfonds
Freie Hansestadt Bremen
Der Senator für Arbeit,
Frauen,Gesundheit,
Jugend und Soziales
Lothar Dorn
Gerlinde Hammer
Jutta Knuth
E-Commerce
in deutschen Unternehmen –
mit einer empirischen
Untersuchung in kleinen und
mittleren Handelsunternehmen
des Landes Bremen
Anwendungen – Status Quo –
Perspektiven – Qualifikationen
Lothar Dorn
Gerlinde Hammer
Jutta Knuth
Bremen 2001
Im Projektbeirat des Projekts EQUIB sind folgende Institutionen bzw. Personen vertreten:
Bernd Gerke
Ursula von Haacke-Dahlbeck
Dr. Heiner Heseler
Heinz Horn
Frank-D. Lutz
Martin Johannsen
Rainer Kühtmann
Uwe Mögling
Volker Pusch
Christoph Lamm
Gerlind Schütte
Marion Seevers
Josef Solscheid
Wolfgang Stümper
Rüdiger Wanke
Gabriele Zaremba
Arbeitsamt Bremerhaven
Handwerkskammer Bremen
Kooperationsbereich Universität/Arbeitnehmerkammer
Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales
Handelskammer Bremen
Industrie- und Handelskammer Bremerhaven
Arbeitsamt Bremerhaven
Landesausschuss für Weiterbildung
Arbeitnehmerkammer Bremen
Arbeitsamt Bremen
Senator für Wirtschaft und Häfen
Senator für Bildung und Wissenschaft
Kreishandwerkerschaft Bremerhaven-Wesermünde
Angestelltenkammer Bremen
Arbeitnehmerkammer Bremen
Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales
Qualifizierungs- und Transferberatung
Das Projekt EQUIB ist (im Rahmen seiner Kapazitäten) bemüht, zur praktischen Umsetzung ermittelter
innovationsbezogener Qualifizierungsbedarfe beizutragen. Betrieben und ihren Belegschaftsvertretern,
Sozialpartnern und Kammern, Weiterbildungsträgern sowie öffentlichen Institutionen
• vermittelt EQUIB Informationen und Untersuchungsberichte über Technologie- und Qualifikationsentwicklungen für eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen und Berufen,
• berät bei der Planung und Durchführung von Innovationsprozessen über flankierende Qualifizierungsmöglichkeiten und -maßnahmen,
• veranstaltet Workshops etc. über aktuelle Forschungsergebnisse und stellt anderen Veranstaltern
Experten zur Verfügung,
• initiiert, berät und unterstützt Betriebe u.a. bei der Konzipierung und Beratung (auch Finanzierungsmöglichkeiten) von Modellprojekten über neue Qualifikationsinhalte und -formen,
• beteiligt sich mit Analysen und Evaluationen an der Durchführung von Projekten,
• vermittelt Kontakte zu anwendungsorientierten Forschungseinrichtungen.
Wenden Sie sich an:
Gerlinde Hammer
Jutta Knuth
Ulf Benedix
Telefax:
Postanschrift:
0421/218-9514
[email protected]
0421/218-9516
[email protected]
0421/218-9519
[email protected]
0421/218-4560
Universität Bremen - KUA/BIWA, FVG-Mitte, Postfach 330 440, 28334 Bremen
www.equib.de
Das Projekt EQUIB wird im Auftrag des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales durchgeführt
und aus Landesmitteln sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. An der Projektdurchführung
beteiligen sich als Kooperationspartner die Arbeitnehmerkammer Bremen und die Universität Bremen - Kooperationsbereich Universität/Arbeitnehmerkammer (KUA).
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
E-Commerce in deutschen Unternehmen –
mit einer empirischen Erhebung in kleinen und
mittleren Handelsunternehmen des Landes Bremen
Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse und Empfehlungen .........................I
1
Einleitung ....................................................................................................... 1
2
Zielsetzungen und Methode der Untersuchung ......................................... 5
2.1 Methodische Basis der Untersuchung:
Ein mehrstufiges Analyseverfahren................................................................................. 5
2.2 Untersuchungsdesign: Phasen der Untersuchung ......................................................... 6
3
E-Commerce-Anwendungen im Überblick............................................... 11
3.1 Definition von E-Commerce und Einsatzbereiche im Überblick ............................... 11
3.2 Elektronischer Handel.................................................................................................... 14
3.3 E-Commerce-Lösungen in der betrieblichen Praxis.................................................... 15
3.3.1 Online-Shop-Systeme............................................................................................................. 15
3.3.2 Customer Relationship Management (CRM)......................................................................... 20
3.3.3 E-Procurement........................................................................................................................ 22
3.3.4 Supply Chain Management und Logistik............................................................................... 24
3.4 E-Business-Plattformen und B2B-Portale .................................................................... 27
3.5 Von Insellösungen zur Backoffice- und Geschäftsprozess-Integration ..................... 31
3.5.1 Implementationsstufen des E-Business .................................................................................. 31
3.5.2 Integration von internen und externen Geschäftsprozessen ................................................... 33
3.6 Mobile Business – die nächste Generation des Internets............................................. 36
3.7 Qualifikationsanforderungen aufgrund von E-Commerce-Anwendungen............... 39
3.8 Fazit: E-Commerce-Lösungen in Unternehmen –
Anwendungen und Perspektiven ................................................................................... 41
EQUIB
4
E-Commerce in deutschen Unternehmen – Status Quo
und Perspektiven ......................................................................................... 43
4.1 Marktbarometer: Zahlen und Fakten zum E-Commerce........................................... 43
4.1.1 Entwicklung der WWW-Nutzerzahlen und Akzeptanz des B2C-E-Commerce .................... 43
4.1.2 Der Motor des E-Commerce: Business-to-Business (B2B) ................................................... 47
4.1.3 Politische Rahmenbedingungen, öffentliche und privatwirtschaftliche Initiativen zur
Förderung des E-Commerce................................................................................................... 48
4.2 Stand und Perspektiven des E-Commerce in den Unternehmen ............................... 50
4.2.1 E-Commerce und Internet-Nutzung in europäischen KMU................................................... 50
4.2.2 E-Commerce und Internet-Nutzung in deutschen Unternehmen ........................................... 53
4.2.3 E-Commerce und Internet-Nutzung durch KMU in der Wirtschaftsregion Bremen ............. 57
4.3 Fazit: Entwicklungsstand des E-Commerce in der deutschen Wirtschaft ................ 61
5
Fallstudien: E-Commerce in Handelsunternehmen (KMU) in
Bremen und Bremerhaven ......................................................................... 63
5.1 Zum Stellenwert der Fallstudien ................................................................................... 63
5.2 Erfassung des breiten Spektrums von Internet-Anwendungen und
E-Commerce-Lösungen durch die Fallstudien ............................................................ 64
5.3 Fallstudien: Unternehmensprofil – E-Commerce-Aktivitäten – technische
Infrastruktur – Arbeitsorganisation – Personal- und Qualifikationsbedarf ............. 66
6
Entwicklung der Qualifikationsbedarfe durch den Einsatz und die
Verbreitung von E-Commerce-Lösungen in KMU.................................. 87
6.1 Entwicklung der quantitativen Nachfrage nach E-Commerce-Qualifikationen ...... 87
6.2 Qualifikationsebenen im E-Commerce ......................................................................... 91
6.3 Qualifikationsanforderungen in den E-Commerce-Anwenderunternehmen ........... 93
6.3.1 Qualifikationsanforderungen auf der Ebene der Entscheider (Management) ........................ 93
6.3.2 Qualifikationsanforderungen auf der Ebene der Realisatoren................................................ 97
6.3.3 Qualifikationsanforderungen auf der Ebene der professionellen Anwender.......................... 99
6.3.4 Strukturmerkmale des Qualifikationsprofils „E-Kaufmann/E-Kauffrau“ ............................ 100
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
6.4 Status Quo der Qualifizierung für E-Commerce ....................................................... 106
6.4.1 E-Commerce in der Berufsbildung....................................................................................... 106
6.4.2 Angebote zur Fort- und Weiterbildung ................................................................................ 108
6.4.3 Notwendigkeit zielgruppenorientierter Weiterbildungsangebote......................................... 110
6.5 Fazit: Qualifikationsanforderungen und -bedarfe im E-Commerce ....................... 111
Anhang.............................................................................................................. 114
Studien zum E-Business bzw. E-Commerce....................................................................... 114
Tabellarischer Überblick über Studien zum E-Business bzw. E-Commerce.................. 115
Literatur ................................................................................................................................ 123
Internetadressen ................................................................................................................... 127
Abbildungen .......................................................................................................................... 128
Tabellen ................................................................................................................................. 128
Glossar ................................................................................................................................... 130
Das Projekt „EQUIB“ .......................................................................................................... 139
Liste der EQUIB-Veröffentlichungen................................................................................. 140
Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit haben wir auf die jeweilige gleichzeitige Nennung
der männlichen und weiblichen grammatikalischen Form bei Berufsbezeichnungen etc.
verzichtet; selbstverständlich sind immer beide Geschlechter gemeint.
EQUIB
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse und Empfehlungen
Die Zuwachsraten, die das Internet in Deutschland zu verzeichnen hat, sind nach wie
vor ungebrochen; das Internet ist zu einem Massenmedium geworden, das zunehmend
für geschäftliche Zwecke genutzt wird. Konsumenten werden zu E-Consumern und in
der Wirtschaft gehören Online-Anwendungen bereits in der Mehrzahl der deutschen
Unternehmen zum geschäftlichen Alltag. Damit sind neue Qualifikationsprofile entstanden. Das Bildungswesen – von der schulischen Grundbildung über die Erstausbildung und die universitären Studiengänge bis hin zur lebensbegleitenden Weiterbildung
– steht vor der Herausforderung, die vom Arbeitsmarkt geforderten neuen Qualifikationen zu vermitteln. Sowohl die Beschäftigten in den Unternehmen als auch die Bewerber um einen Arbeitsplatz müssen dazu befähigt werden, das Internet und die auf der
Internet-Technologie beruhenden geschäftlichen Anwendungen kompetent zu nutzen.
1. Entwicklungsperspektiven des World Wide Web (WWW) und des
E-Commerce
Dynamische Entwicklung des WWW
Die Entwicklung der WWW-Nutzerzahlen und die vorliegenden Daten zur Akzeptanz
des B2C-E-Commerce belegen, dass das Internet zunehmende Verbreitung findet und
von den Endverbrauchern auch für den Online-Kauf eingesetzt wird: Die Zahl der Internet-Anschlüsse erhöht sich kontinuierlich und zum aktuellen Zeitpunkt nutzen bereits
mehr als 24 Millionen User das Online-Medium. Das Internet hat die „kritische Masse“
längst erreicht und sich als Kommunikations-, Informations- und Transaktionsmedium
etabliert.
Nach wie vor hohe Zahl von Internet-Abstinenzlern - Fehlende Medienkompetenzen
Trotz des Zuwachses der Zahl der Internet-Nutzer ist der Anteil der Offliner mit 71,4
Prozent nach wie vor hoch.
Um die Akzeptanz im Consumer-Bereich (private Internetnutzer) gegenüber dem elektronischen Handel zu befördern ist es – neben der Herstellung der technischen Voraussetzungen in Form eines vermehrten Internetzugangs1 – notwendig, auf breiter Basis
Medienkompetenz zu vermitteln. Darin besteht eine Querschnittsaufgabe, die insbesondere die öffentlichen und privaten Bildungsträger wahrnehmen müssen.
B2C noch nicht durchgesetzt
Trotz der Erfolgsmeldungen und der imposanten Steigerungsraten der letzten Jahre hat
der B2C-Einkauf im Internet den großen Durchbruch noch nicht geschafft und erst in
den kommenden Jahren wird sich zeigen, in welchem Umfang sich der elektronische
1
Vgl. dazu Booz Allen & Hamilton: Digitale Spaltung in Deutschland - Ausgangssituation, Internationaler Vergleich,
Handlungsempfehlungen, Pressekonferenz Berlin, 24. August 2000
I
EQUIB
Handel über das weltweite Datennetz mit dem Endkunden auf breiter Basis durchsetzen
wird.
Impulse für den B2C-Handel
Von der weiteren Verbreitung der Internet-Nutzung werden voraussichtlich neue Impulse für die Unternehmenspräsentation im WWW und die Implementation von B2CVerkaufslösungen ausgehen. Viele Betriebe werden allein schon aus Wettbewerbs- und
Imagegründen nicht daran vorbeikommen, den Online-Kanal für den Vertrieb ihrer Produkte und Dienstleistungen zu nutzen, da die Konkurrenz diesen Weg bereits beschritten
hat. Zur weiteren Verbreitung von E-Commerce werden voraussichtlich auch die bestehenden bzw. derzeit geschaffenen Rahmenbedingungen beitragen, die u.a. eine zunehmende Rechtssicherheit im elektronischen Handel herstellen. Zudem kann angenommen
werden, dass die Vielzahl von Förderprogrammen und Initiativen zum E-Commerce
ihre Wirkung nicht verfehlen wird.
B2B als Motor des E-Commerce
Gegenüber dem B2C-Handel ist die geschäftliche Anwendung im B2B-Segment bereits
weit fortgeschritten. B2B ist nach wie vor der Motor des E-Commerce; hier wird der
überwiegende Teil der Umsätze generiert.
2. Stand und Perspektiven des E-Commerce in deutschen Unternehmen
Passive Formen der Online-Nutzung vorherrschend
Bisher sind noch überwiegend passive Formen der Online-Nutzung in den Betrieben
(Präsentation des Unternehmens) anzutreffen. Aktive Formen der Nutzung (Ein- und
Verkauf über das Netz etc.) befinden sich jedoch auf dem Vormarsch und werden zunehmend implementiert.
Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen nehmen noch zu
IT-Anwendungen sind überdurchschnittlich häufig in der Industrie und im Dienstleistungsbereich implementiert, während der Handel und die Bauwirtschaft einen unter
dem Durchschnitt liegenden Verbreitungsgrad aufweisen. Die für das Jahr 2001 geplanten Investitionen deuten nicht darauf hin, dass hier eine Angleichung stattfinden
wird; im Gegenteil: Bei den Investitionsplanungen liegen diese Wirtschaftszweige deutlich hinter der Industrie und dem Dienstleistungsbereich zurück.
Betriebsgröße als Determinante
Die Nutzung moderner IT-Techniken nimmt, sowohl was den Umfang als auch die
Tiefe der implementierten Anwendungen betrifft, mit der Betriebsgröße zu: Während in
Betrieben mit mehr als 1000 Beschäftigten auch fortgeschrittene E-Business-Anwendungen nahezu flächendeckend verbreitet sind, liegt bei kleinen Betrieben nur eine vergleichsweise geringe Verbreitung und offensichtlich ein erheblicher Nachholbedarf vor.
Die bereits bestehende Diskrepanz wird sich möglicherweise noch vergrößern, da die
großen Betriebe in erheblich höherem Umfang planen, in E-Business-Lösungen zu investieren als kleine Unternehmen.
II
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Schwerpunkte der Planungen der Unternehmen
Als inhaltliche Schwerpunkte der Planungen der Unternehmen können der Auf- und
Ausbau der eigenen Internet-Präsenz, B2B-Anwendungen sowie After-Sales-Services
identifiziert werden. Die Schaffung und Nutzung von Handelsplattformen für die betrieblichen Funktionen Ein- und Verkauf gewinnt zukünftig an Bedeutung. Aus dem vor
allem bei größeren Unternehmen bereits vorliegenden Niveau der IT-Lösungen ist zu
schließen, dass ein großer Teil der geplanten Investitionen für Integrationslösungen
verwendet wird.
Mangelnde Kundenakzeptanz als Investitionshemmnis
Die Hälfte der deutschen Unternehmen sieht die bei den Kunden existierende Zurückhaltung in Sachen IT-Anwendungen als Investitionshemmnis an.
Deshalb ist es notwendig, Maßnahmen zur Kundenakzeptanz zu initiieren bzw.
bestehende Initiativen zu intensivieren, um potentielle Kunden an die Nutzungsmöglichkeiten, die das E-Business sowohl im B2B- als auch im B2C-Segment bietet, heranzuführen.
Hemmschwellen bei kleinen Unternehmen: Akzeptanz und Know-how fehlen
Insbesondere bei den kleinen Unternehmen (vor allem aus dem Bereich des Handwerks) in der Region liegt noch ein erheblicher Nachholbedarf in Sachen Internet-Nutzung und E-Business vor. Bei kleinen Betrieben und insbesondere im Handwerk
existieren große Hemmschwellen für die Einführung und den Ausbau neuer Technologieanwendungen. Fehlendes Know-how über die Möglichkeiten digitaler Informationsund Interaktionsplattformen sowie Unsicherheit im Umgang mit den neuen Technologien hält viele davon ab, elektronischen Geschäftsverkehr auch in die Organisationsstruktur ihres Betriebes einzubinden.
Der Abbau bestehender Akzeptanzschranken erfordert, dass auf der Basis der Vermittlung technischer Grundkenntnisse über die Potenziale und Einsatzmöglichkeiten des
elektronischen Geschäftsverkehrs informiert sowie Kompetenzen im Umgang mit den
neuen Medien aufgebaut werden.
3. Verhinderung der digitalen Spaltung der Wirtschaft als zentrale
Aufgabe
Digitale Spaltung der Wirtschaft droht
In Unternehmen aus dem industriellen und Dienstleistungssektor ist die Verbreitung von
E-Commerce-Lösungen offensichtlich weiter fortgeschritten als in den Bereichen Handel und Bauwirtschaft. Ein vergleichbares Bild einer „digitalen Spaltung“ zeigt sich im
Hinblick auf die Betriebsgröße. Quer zu allen Branchengrenzen gilt: Je größer die
Unternehmen, um so häufiger und intensiver werden Online-Lösungen für die verschiedenen betrieblichen Funktionsbereiche genutzt.
Gezielte Qualifizierung und Beratung sind entscheidende Instrumente
Eine übergeordnete Aufgabe der Beratung und Qualifizierung von Unternehmen muss
also darin gesehen werden, der Gefahr einer digitalen Spaltung der Wirtschaft im EBusiness entgegenzuwirken (siehe nachfolgende Abbildung). Dies gilt sowohl hinsichtlich der unterschiedlichen Wirtschaftszweige als auch in besonders hohem Maße hinsichtlich der Betriebsgröße:
III
EQUIB
IV
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Abb. 1: Digitale Spaltung der Wirtschaft
Unternehmensgröße
(Anzahl der Beschäftigten)
Wirtschaftszweig
Industrie
Dienstleistung
Handel
Bauwirtschaft
1-19 Beschäftigte
20-199 Beschäftigte
200-999 Beschäftigte
Niedriger Diffusionsgrad
Hoher Diffusionsgrad
Mehr als 1000 Beschäftigte
Grafik: KUA/EQUIB 2001
Bei der Konzeption von Angeboten zur Beratung und Qualifizierung der Unternehmen
und ihrer Beschäftigten sollten die Besonderheiten der jeweiligen Branchen oder Gewerbezweige Berücksichtigung finden.
Die Aktivitäten zur Heranführung der Betriebe an E-Commerce-Anwendungen und die
Intensivierung ihrer Internet-Präsenz müssen verstärkt auf die Zielgruppe der Unternehmen im klein- und kleinstbetrieblichen Segment gerichtet werden. Die Notwendigkeit der Heranführung an den Einsatz von IT-Lösungen im Unternehmen muss dabei bei
vielen Unternehmen auf der Ebene elementarer Computer- und Online-Anwendungen
beginnen, da deren Implementation und kompetente Anwendung für kleine Betriebe oft
eine Einstiegshürde darstellt, die es erst einmal zu überwinden gilt. Bestandteil dieser
Aktivitäten zur Heranführung der Unternehmen ist auch die gezielte ständige Information der Unternehmen zu möglichen Einsatzfeldern des E-Business in den jeweiligen
Gewerbezweigen z.B. in Form von Newslettern und Infoveranstaltungen.
4. Wachsender Qualifikationsbedarf in allen Bereichen des E-Commerce
Hoher Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften
Aufgrund der vorliegenden Daten aus Marktanalysen und Unternehmensbefragungen
muss davon ausgegangen werden, dass ein hoher Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften für E-Commerce sowohl in den Anbieterunternehmen von E-Commerce Lösungen
als auch in den Anwenderunternehmen vorliegt.
Internet-Know-how als Basisqualifikation
In den Anwenderunternehmen befindet sich das Internet auf dem Weg, zu einer Standardanwendung zu avancieren, die in wenigen Jahren nahezu flächendeckend und branchenübergreifend in allen Unternehmen anzutreffen sein wird. Auch wenn im Niveau
der Nutzung von E-Commerce-Anwendungen noch große Unterschiede bestehen werden (siehe „digitale Spaltung der Wirtschaft“), bedeutet das für das Anforderungsprofil
der Humanressourcen, dass Internet-Know-how zu einer Grundqualifikation für tendenziell alle Beschäftigten wird.
V
EQUIB
Tendenz zur Professionalisierung des E-Commerce
Mit der zunehmenden Verbreitung der Internet-Technologie im Geschäftsverkehr ist
gleichzeitig eine deutliche Tendenz zur Professionalisierung der E-BusinessAnwendung verbunden: Die Lösungen ergreifen mehr und mehr Funktionsbereiche und
-abläufe und werden zunehmend in die Geschäftsprozesse integriert.
Steigender Qualifikationsbedarf auf allen betrieblichen Ebenen
Die Implementation von E-Commerce-Lösungen stellt die Unternehmen und ihre
Mitarbeiter heute und zukünftig in noch wachsendem Maße vor weitreichende qualifikatorische Herausforderungen: Die Humanressourcen auf allen Stufen der betrieblichen
Wertschöpfungskette werden mit neuen Anforderungen konfrontiert, die von den webbasierenden Anwendungen ausgehen. Dies gilt gleichermaßen für die Betriebsführung
bzw. das Management, die IT-Fachkräfte sowie für alle Beschäftigten auf der operativen
Ebene und vor allem für die Mitarbeiter in den kaufmännisch-administrativen Funktionen.
5. Inhaltliche Schwerpunkte des Qualifikationsbedarfs
Das Internet als neuer Vertriebskanal
E-Shop-Lösungen sind bei großen Unternehmen bereits relativ weit verbreitet und auch
KMU werden in Zukunft nicht daran vorbeikommen, die Potenziale dieses neuen Vertriebskanals zu nutzen. Daraus resultiert ein aktuell hoher Qualifikationsbedarf auf diesem Gebiet. Grundlegende Kenntnisse über das Internet und den Online-Verkauf sind
eine elementare Voraussetzung für die Nutzung des neuen Geschäftsmediums für den
Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen. Notwendig sind die Kenntnis der Formen
des elektronischen Handels und die Fähigkeit, die Leistungsmerkmale der angebotenen
Shop-Lösungen im Kontext der jeweiligen betrieblichen Anforderungen zu beurteilen.
Weiterhin bedarf es des Wissens darüber, welche Produkte sich zum Verkauf über das
Internet eignen und welche Marketing-Strategien für den erfolgreichen Online-Auftritt
eingesetzt werden können.
Das Personal auf der operativen Ebene muss dazu befähigt werden, Shop-Lösungen
kompetent zu handhaben und die damit zusammenhängenden Geschäftsprozesse zu
„durchschauen“.
E-Commerce-Anwendungen zur Kundengewinnung und –bindung
Im Zusammenhang mit dem elektronischen Verkauf kommt dem Customer Relationship
Management d.h. dem gezielten Management der Kundenbeziehungen, das das Ziel der
Gewinnung und Bindung von Kunden verfolgt, eine zunehmende Bedeutung zu.
Kundenorientiertes Denken und Handeln im Kontext von E-Geschäftsprozessen ist in
wachsendem Umfang von allen Beschäftigten im Unternehmen gefordert. Dazu müssen
sich die Mitarbeiter entsprechende Kompetenzen aneignen. Neue Qualifikationen sind
sowohl für die Kundenberatung über das Netz als auch für den Einsatz und die Handhabung von E-CRM-Systemen, vor deren Einführung zur Zeit auch viele KMU stehen,
gefordert.
VI
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Das Internet in der Beschaffung – E-Procurement
Automatisierte E-Procurement-Lösungen und die Nutzung des Internets als Beschaffungsplattform werden aller Voraussicht nach in wenigen Jahren in der Mehrzahl der
Unternehmen Standardanwendungen sein. Die Information der Geschäftsführungen
über die Potenziale des E-Procurements und die Vermittlung von Qualifikationen auf
diesem Gebiet an die für den Einkauf verantwortlichen Mitarbeiter stehen folglich für
viele Betriebe auf der Tagesordnung. Die Einführung von Desktop Purchasing Systemen und die mit der Automatisierung von Einkaufsprozessen verbundene Dezentralisierung erfordern darüber hinaus, dass alle Mitarbeiter im Betrieb die Funktionsweise der
für die Beschaffung eingesetzten neuen Techniken zu beherrschen lernen.
Perspektivisch ist ein wachsender Qualifikationsbedarf für die Planung und Realisierung von SCM-Lösungen (Supply Chain Management) zu erwarten. Diese umfassende
E-Business-Anwendung, die bisher erst bei Großbetrieben in Teilbereichen realisiert ist,
betrifft unmittelbar auch KMU, die als Partner oder Zulieferer in die Supply Chain von
großen Unternehmen eingebunden sind und mit deren Systemen kommunizieren müssen. Für die Mitarbeiter in KMU ist damit erheblicher Qualifikationsbedarf verbunden.
Elektronische Handels- und Service-Marktplätze
Auch wenn der Durchbruch von B2B-Marktplätzen bisher noch auf sich warten lässt,
wird für die kommenden Jahre erwartet, dass ein hoher Anteil des Handelsvolumens
über sie abgewickelt wird. Die Vermittlung der Kompetenz zur Nutzung der Serviceangebote und der unterschiedlichen Handelsformen, die B2B-Marktplätze sowohl Käufern als auch Verkäufern anbieten, wird tendenziell ein wichtiges Feld der Qualifizierung von Unternehmen sein.
Backoffice- und Geschäftsprozessintegration – BPI (Business Process Integration)
Die für das Management und das IT-Personal zur Zeit größte qualifikatorische Herausforderung besteht in der Business Process Integration. Unternehmensintern geht es dabei um die Anbindung von E-Commerce-Anwendungen an die Backend-Systeme der
Unternehmen und ihre Integration in bestehende IT-gestützte Prozesse wie z.B. Warenwirtschafts-, Logistik- und Buchungssysteme. Unternehmensextern besteht die Aufgabe
darin, die unterschiedlichen Systemvoraussetzungen, Applikationen und Geschäftsmodelle der Partner in der Wertschöpfungskette zusammenzuführen und alle IT-Prozesse
eines Unternehmens auf Internettechnologien umzustellen. Dazu sind vor allem seitens
der IT-Fachkräfte umfangreiche informationstechnische Qualifikationen erforderlich.
Von der mit einer weitgehenden BPI induzierten Umstrukturierung von Geschäftsprozessen und der davon ausgehenden Veränderung der Ablauforganisation werden auch
die Anforderungsprofile der Mitarbeiter auf der operativen Ebene affiziert. Welche
neuen Qualifikationsanforderungen damit perspektivisch im Einzelnen verbunden sein
werden, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht definitiv zu beantworten.
Mobile Commerce
In mittelfristiger Perspektive werden mit M-Business neue Anforderungsprofile an das
Management und die Geschäftsführungen von Unternehmen verbunden sein: Die Entwicklung von Geschäftsmodellen, in denen mobile Internetanwendungen genutzt werden, erfordert nicht nur Kenntnisse des Mobilfunkmarktes und der Einsatzmöglichkeiten
entsprechender Internetclients, sondern auch ein hohes Maß an Planungs- und Entschei-
VII
EQUIB
dungskompetenz zur Umsetzung und Integration mobiler Online-Anwendungen in die
Unternehmensstrategie.
Die weitere Verbreitung von mobilen Anwendungen im Bereich des Business-to-Employee erfordert neue Qualifikationen bei den Außendienstmitarbeitern, die dazu befähigt werden müssen, mobile Internetclients kompetent für ihre jeweiligen Aufgaben zu
nutzen.
6. Qualifikationsanforderungen in den Anwenderunternehmen
Know-how-Defizite als Innovationshemmnis auf allen Funktionsebenen
In den E-Commerce-Anwenderunternehmen lassen sich drei Funktionsebenen unterscheiden: Die Entscheider (Management), die Realisatoren (Verantwortliche für die
technisch-organisatorischen und gestalterischen Umsetzungen von E-CommerceLösungen) und die professionellen Anwender. Beim Personal auf allen Ebenen werden
von den Unternehmen Know-how-Defizite beklagt, die sich als Innovationshemmnis
geltend machen. Auf dem Gebiet der Mitarbeiterqualifizierung liegt also ein besonderer
Aufgabenschwerpunkt der beruflichen Bildung und der betrieblichen und außerbetrieblichen Weiterbildung. Dabei sind insbesondere auch die Frauen zu berücksichtigen, die
in den kaufmännischen Berufen mit einem sehr hohen Anteil vertreten sind.
Qualifikationen auf der Ebene des Managements
Zur kompetenten Bewältigung der Aufgaben, die dem Management bei der Planung und
Umsetzung von E-Commerce zufallen, ist umfangreiches Know-how erforderlich. Der
Schwerpunkt liegt auf Qualifikationen im Schnittstellenbereich von Management und
Technik. Der damit bestehende Beratungs- und Weiterbildungsbedarf fällt nicht einmalig
an und beschränkt sich nicht auf die Einrichtung einer Webpräsenz oder die Implementation eines Shop-Systems, sondern besteht kontinuierlich: Das Management muss sich
in bezug auf Online-Anwendungen permanent auf dem Laufenden halten und weiterqualifizieren, um die aktuellen Entwicklungen im E-Commerce verfolgen und bei Bedarf in die betriebliche Strategie integrieren zu können.
Um dem Management die Möglichkeit einer permanenten Weiterbildung zu bieten, sind
Angebote zu konzipieren, die mit den aktuellen Tendenzen im E-Commerce Schritt halten und zeitnah und praxisbezogen über neue Entwicklungen informieren.
Qualifikationen auf der Ebene der Realisatoren
Für die Mitabeiter, die mit der Realisierung von E-Commerce Anwendungen befasst
sind, kommt eine große Bandbreite von Aufgaben in Betracht: Sie reicht von technischadministrativen Funktionen im Infrastrukturbereich des E-Commerce (z.B. Netzwerktechnik, Programmierung und Systemintegration) bis hin zur gestalterischen Umsetzung
von Webpräsenzen (z.B. Screen-Design und Multimedia-Programmierung). Sowohl in
den Anwenderunternehmen als auch bei externen Dienstleistern kommen entsprechend
des differenzierten Aufgabenspektrums auf der Ebene der Realisation von E-BusinessAnwendungen Mitarbeiter mit unterschiedlichen Qualifikationsprofilen zum Einsatz.
Das Spektrum reicht von Hochschulabsolventen wie z.B. Informatikern oder Wirtschaftsinformatikern über Absolventen der neuen IT- und Medienberufe bis zu Quereinsteigern aus berufsfremden Bereichen, die ihre Qualifikationen auf dem Weg der
VIII
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Weiterbildung erworben haben. Auf der Ebene der Realisatoren herrscht erheblicher
Personalmangel, und folglich liegt ein hoher Qualifizierungsbedarf vor.2
Qualifikationen auf der Ebene der professionellen Anwender
Fachkompetenz und Branchen-Know-how, informationstechnisches Basis- und Methodenwissen, Kontext- und Prozesswissen, kaufmännische Medienkompetenz sowie soziale und kommunikative Kompetenz sind die tragenden Säulen professioneller Handlungskompetenz für E-Commerce und die Basis für die geforderte Kundenorientierung.
Abnehmende Bedeutung anwendungsbezogener technischer Fähigkeiten und
Fertigkeiten
Im Zusammenhang mit E-Commerce rücken unter qualifikatorischen Gesichtspunkten
die anwendungsbezogenen technischen Fähigkeiten und Fertigkeiten in den Hintergrund. Die technologische Entwicklung, die zu immer neuen Applikationen und Tools
führt, verläuft äußerst dynamisch. Damit verändern sich die von den professionellen
Nutzern jeweils geforderten Handhabungskenntnisse und –fertigkeiten. Für die Aneignung dieser operativen Fähigkeiten sind mit den im wachsenden Maße intuitiv zu bedienenden Benutzeroberflächen lediglich Einarbeitungen notwendig, die einen relativ
geringen Aufwand erfordern und die häufig in Form eines Training on the Job erworben
werden können. In diesem Zusammenhang kommt auch dem Computer-Based-Training
(CBT) und Web-Based-Training (WBT) eine wachsende Bedeutung zu.
Digitale Kompetenzen
Die grundlegende Voraussetzung für die Aneignung der Fähigkeit zur kompetenten operativen Nutzung der Funktionalitäten von Client-Anwendungen besteht in umfassenden
„digitalen Kompetenzen“ im Sinne von Systemverständnis (Funktionsweise von Rechnern und Netzen) sowie im Wissen über den Aufbau von Softwareprogrammen und
Benutzeroberflächen. Notwendig ist daher für alle Beschäftigten eine „digitale Grundbildung“.
Technisches Systemverständnis und betriebswirtschaftliches Denken
Wie beim Management und bei den für E-Commerce verantwortlichen Fach- und Führungskräften sind beim Personal auf der operativen Ebene in den kaufmännischverwaltenden Funktionen Qualifikationen im Schnittstellenbereich von technischem
Systemverständnis und Betriebswirtschaft notwendig: Systemverständnis, Zusammenhangswissen und unternehmerisches Denken bündeln sich zu E-Commerce-Kompetenz.
Customer Relationship Management (CRM) als betriebliche Querschnittsaufgabe
Customer Relationship Management (CRM), das zunehmend in den Mittelpunkt des ECommerce rückt, ist nicht nur eine Managementaufgabe: Es ist eine betriebliche Querschnittsaufgabe und betrifft alle Mitarbeiter: Nur durch die Einbindung aller betrieblichen Funktionen und die in ihnen tätigen Mitarbeiter kann CRM realisiert werden.
Professionelle Handlungskompetenz im dargestellten umfassenden Sinne bildet die
2
Da der Fokus der Untersuchung wesentlich auf die professionellen Anwender gerichtet ist und zum IT- und
Multimedia-Bereich bereits entsprechende Studien vorliegen (siehe Fußnote 125) wird in der vorliegenden
Studie auf die Ebene der Realisatoren nicht näher eingegangen.
IX
EQUIB
Basis des CRM. Für die Qualifizierung folgt daraus, dass Kundenorientierung nicht als
solche „erlernt“ werden kann, sondern als Qualifizierungsziel übergreifende Berücksichtigung finden muss.
7. Optimierung der Qualifizierung für E-Commerce
Modellversuche notwendig
Aufgrund der Diffusion des E-Commerce und der anspruchsvoller werdenden E-Lösungen ist es notwendig, Aus- und Weiterbildungsgänge zu konzipieren, die die zu erwartende wachsende Nachfrage nach bedarfsgerechter Qualifizierung abdecken. Dafür
müssen neben neuen Inhalten auch neue Methoden und didaktische Konzepte entwickelt
und erprobt werden. Von besonderer Bedeutung sind dabei selbstgesteuerte und netzgestützte Lernformen (E-Learning). Die Aufgabe der konzeptionellen Entwicklung
können vor allem wissenschaftlich begleitete Modellversuche leisten, in denen die vorliegenden Qualifikationsanforderungen konkretisiert und in eine curriculare und didaktische Struktur umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Forschung
zum E-Commerce und zu den damit verbundenen Qualifikationsanforderungen zu
intensivieren.
Weiterbildung des Lehr- und Ausbildungspersonals
Dem Lehrpersonal an allgemeinen und beruflichen Schulen kommt eine wesentliche
Funktion bei der Qualifizierung für die digital vernetzte Berufswelt zu. Die zukünftig
flächendeckende Verbreitung von E-Business-Anwendungen in deutschen Unternehmen
erfordert es, dass besonders in allen Bereichen der beruflichen Bildung der Umgang mit
geschäftlichen Online-Anwendungen in die Berufsausbildung integriert wird. Sowohl
bei den Lehrerinnen und Lehrern als auch bei den Ausbildern und Ausbilderinnen liegen
jedoch noch erhebliche Defizite hinsichtlich der kompetenten Anwendung von Onlineund E-Commerce-Anwendungen vor. Aus diesem Grunde muss die Weiterbildung dieser Zielgruppe forciert werden.
Optimierung von Weiterbildungsangeboten
Die bisher angebotenen Weiterbildungen beziehen sich größtenteils auf allgemeines
Internet- und E-Commerce-Wissen. Um die Unternehmen gezielt mit einer bedarfsgerechten Weiterbildung anzusprechen, ist es jedoch notwendig, vermehrt zielgruppenorientierte Angebote zu entwickeln. Um die Konzeption der Angebote möglichst nahe
an den Bedürfnissen der Adressaten ausrichten zu können, müssen die Qualifizierungsbedarfe bei den jeweiligen Zielgruppen identifiziert werden. Je mehr sie sich den bei
den Unternehmen vorliegenden Bedingungen annähern, um so besser sind sie dazu geeignet, die Betriebe und ihre Beschäftigten bei der Planung und Realisierung sowie bei
der kompetenten Nutzung von E-Commerce-Lösungen zu unterstützen. Es ist zu vermuten, dass die bisher weitgehend fehlende Angebotsdifferenzierung mit dazu beigetragen hat, dass viele KMU bestehende Beratungs- und Weiterbildungsangebote nicht
wahrnehmen.
X
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
XI
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
1 Einleitung
Obwohl die an der Börse notierten auf den elektronischen Handel spezialisierten Unternehmen zum Teil dramatische Kursverluste hinnehmen mussten, und eine Reihe
von Dotcoms3 ihr Geschäft eingestellt hat, ist der elektronische Geschäftsverkehr und
der Handel über das Internet nicht in einer Krise. Auch wenn Skeptiker den Niedergang der Börsenwerte von Unternehmen der New Economy als „Krise des E-Commerce“ diagnostizieren, ist der elektronische Geschäftsverkehr in seinem Kern davon
kaum berührt. E-Commerce ist eben nicht mit dem Aufstieg und Fall von Dotcoms zu
identifizieren, und insofern ist es wenig sachgerecht, bei der Beurteilung der zukünftigen Perspektiven des E-Commerce den Blick einseitig auf die reinen Internet-Firmen zu richten, die lediglich ein Segment des elektronischen Handels bilden. Der
Boom des Internets ist entgegen einiger derzeitiger Anzeichen, wie der Blick auf die
„handfesteren“ Abteilungen des elektronischen Geschäftsverkehrs zeigt, der zunehmend die sog. Old Economy erfasst, nicht am Ende.4
Zwar bleiben die Umsatzzahlen im E-Commerce hinter den euphorischen Prognosen
der Marktforschungsinstitute zurück.5 E-Commerce befindet sich aber weiterhin auf
dem Vormarsch, und der Veränderungsprozess, den das Internet in der ganzen Wirtschaft bewirkt, steht gerade erst am Anfang. Das Medium wird vor allem B2B-Geschäftsprozesse (Business-to-Business: elektronische Geschäftsprozesse zwischen
Unternehmen) sowie zunehmend auch den Bereich B2C (Business-to-Consumer: Geschäftsprozesse zwischen Unternehmen und Konsumenten) grundlegend wandeln.6
Damit sind nicht zuletzt einschneidende Veränderungen für die Personalstruktur in
den Unternehmen und für die Qualifikationsentwicklung der Humanressourcen verbunden. Sie stehen im Mittelpunkt der folgenden Studie. Die Aufgabe, wissenschaftlich fundierte Aussagen über die Qualifikationsbedarfsentwicklung aufgrund von ECommerce zu treffen, schließt eine Reihe von Fragen ein, die es u.a. zu beantworten
gilt:
•
Welche Rahmenbedingungen beeinflussen die Diffusionsgeschwindigkeit des ECommerce?
3
Als Dotcoms werden Unternehmen bezeichnet, die ausschließlich im Internet präsent sind und deren
Geschäftstätigkeit auf diesem Medium beruht. Die Website www.dotcomfailures.com enthält eine laufend
aktualisierte „Dead List“ von gescheiterten Dotcoms.
4
Siehe auch ECIN-Report: Internetwirtschaft – Agonie oder Wachstum; www.ecin.de/report/internetwirtschaft und
ECIN-Spotlight
vom
21.03.2001:
eCommerce
weiter
auf
der
Überholspur;
www.ecin.de/spotlight/2001/03/21/01741
5
Laut statistischem Bundesamt betrug der gesamte Handel in Deutschland im Jahr 2000 rund 2 Billionen DM. Der
Umsatz über den E-Commerce belief sich nach Experten-Schätzungen dagegen nur auf 20 Milliarden Mark.
Vgl. Internet World News vom 14.03.2001; www.internetworld.de/sixcms/detail.php?id=9305
6
Vgl. European Communication Council (ECC) – ein Gremium unabhängiger Wissenschaftler aus Europa und den
USA; www.e-gateway.de/templates/news_tmpl.cfm?nid=1395; siehe auch: Giga Information Group Predicts
B2C e-Commerce Grows Despite Dot Com Shakeout; www.gigagroup.com/Content/Adhoc/RAH-07200000018.html
1
EQUIB
•
In welchem Umfang werden in absehbarer Zukunft E-Commerce-Lösungen in den
Unternehmen Verbreitung finden?
•
Wo liegen die künftigen Schwerpunkte der E-Commerce-Anwendungen und welche Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten sind damit verbunden?
•
Welche Anforderungsprofile ergeben sich in den unterschiedlichen betrieblichen
Hierarchieebenen und Funktionsbereichen mit der Implementation von E-Commerce-Lösungen?
Diese Fragen berühren die Entwicklungstendenzen des in den Unternehmen aktuell
und zukünftig vorliegenden Qualifikationsbedarfs; ihre Beantwortung, die eine
grundlegende Voraussetzung dafür darstellt, bedarfsgerechte und präventive Qualifizierungsmaßnahmen zu konzipieren und anbieten zu können, wird im analytischen
Teil der vorliegenden Studie auf mehreren Ebenen angegangen:
•
Kapitel 3 beschäftigt sich mit den zur Zeit wichtigsten E-Commerce-Applikationen, die auf dem Markt angeboten werden bzw. in den Unternehmen implementiert
sind. Die Ausführungen, die sich u.a. auf E-Shop- und E-Procurement-Lösungen
beziehen, sind notwendig, um die Qualifikationsbedarfe nach ihrer inhaltlichen
Seite zu bestimmen. Dies betrifft zum einen die betriebswirtschaftlichen Implikationen und Anwendungsszenarien, die mit der Implementation verbunden sind und
zum anderen die Anforderungsprofile der Anwender, die wesentlich durch die
stofflich-technische Struktur der Systeme und ihre Integration in die betriebliche
Prozesskette determiniert sind.
Die Darstellung der verbreiteten E-Commerce-Anwendungen bietet darüber hinaus
potentiellen Nutzer-Unternehmen – insbesondere im Zusammenhang mit den Fallstudien – einen Überblick über Aufbau, Funktionsweise und Komponenten von
verbreiteten E-Commerce-Lösungen bzw. deren betriebliche Einsatzfelder.
•
Im Kapitel 4 werden aktuell vorliegende Daten zur Marktentwicklung sowie einige
Determinanten (Verbreitung der Internet-Nutzung, allgemeine Rahmenbedingungen etc.), die maßgeblich die Entwicklung und die Verbreitung des E-Commerce
bestimmen, wiedergegeben. Sie sind u.a. wichtig für die Einschätzung der Geschwindigkeit der gesellschaftlichen Diffusion des E-Commerce und geben wie die
vorliegenden Daten zur Verbreitung von Internet- und E-Commerce-Anwendungen
in deutschen Unternehmen, die ebenfalls in diesem Teil der Studie referiert und
analysiert werden, Hinweise darauf, wie sich der quantitative Bedarf an Arbeitskräften, die über E-Commerce-Qualifikationen verfügen, in absehbarer Zukunft
entwickeln wird.
•
Die Fallstudien, die im Zentrum des 5. Kapitels der Studie stehen, dokumentieren
exemplarisch, welchen Weg Handelsunternehmen, die bereits zu den aktiven
Nutzern von E-Commerce-Anwendungen gehören, beschritten haben, welche Erfahrungen bei ihnen vorliegen und in welchen Bereichen sie mit neuen Qualifikationsanforderungen konfrontiert werden. Die vorgestellten Unternehmen, die in
unterschiedlichem Grad Geschäftsprozesse internetbasiert abwickeln, und dabei
zum Teil bereits erhebliche Erfolge verbuchen, können als mittelständische Vorreiter in Sachen Internet-Anwendung und E-Commerce in der Region Bremen/Bremerhaven angesehen werden.
2
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Die Fallstudien haben damit auch die Funktion, die Nutzenpotenziale des E-Commerce für vergleichbare KMU anschaulich zu demonstrieren.
•
Im 6. Kapitel der Studie werden schwerpunktmäßig die Qualifikationsbedarfe, die
auf die Unternehmen und ihre Mitarbeiter mit der Implementation von E-Commerce-Anwendungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht zukommen, behandelt. Dazu wird ein mehrschichtiges Analyseverfahren angewandt: Zur Ermittlung
der quantitativen Bedarfsdimensionen wird auf die vorliegenden empirischen Untersuchungen zum Status quo der Diffusion von E-Commerce und die vorliegenden Planungen in den Unternehmen, die im Kapitel 4 der Studie dargestellt wurden, rekurriert. Die Bestimmung der Qualifikationsbedarfe unter qualitativem
Aspekt basiert auf der Analyse der E-Commerce-Applikationen und des Prozesses
ihrer betrieblichen Implementation sowie auf den von den interviewten betrieblichen Experten zu Protokoll gegebenen praktischen Erfahrungen. Dazu wird im
Wesentlichen auf die Ergebnisse der Kapitel 3 und 5 der Ausführungen zurückgegriffen.
Der Fokus der vorliegenden Studie ist auf die kleinen und mittleren Unternehmen gerichtet, die für die Wirtschaftsregion Bremen von besonderer Bedeutung sind. Sie stehen u.a. derzeit im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, da aufgrund der Ergebnisse
empirischer Untersuchungen erwartet wird, dass in diesen Betrieben der Prozess der
Verbreitung von E-Commerce-Lösungen zukünftig durch eine wachsende Dynamik
gekennzeichnet sein wird.
Die Studie ist so aufgebaut, dass die einzelnen Kapitel auch unabhängig voneinander
verständlich sind und separat gelesen werden können; dadurch sind Wiederholungen in
den einzelnen Kapiteln nicht zu vermeiden.
3
EQUIB
4
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
2 Zielsetzungen und Methode der Untersuchung
Das primäre Ziel der Untersuchung ist es, die mit der zunehmenden Implementation
von E-Commerce-Anwendungen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) verbundenen Auswirkungen auf die Humanressourcen zu ermitteln. Im Zentrum stehen
dabei die von der betrieblichen Implementation von E-Commerce-Lösungen ausgehenden neuen Anforderungsprofile und die sich wandelnde Qualifikationsstruktur der
Mitarbeiter in den Betrieben. Die Untersuchungsergebnisse sollen den zuständigen
staatlichen Ressorts, der Arbeitsverwaltung, den Betrieben und ihren Arbeitnehmervertretungen sowie den Einrichtungen der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung
Planungs- und Handlungshilfen für die Konzeptionierung, Förderung und Umsetzung
von Qualifizierungsmaßnahmen bieten.
Zentrale Themen der Untersuchung sind im Einzelnen:
•
E-Commerce-Lösungen und ihre wesentlichen Anwendungsfelder sowie deren
Integration in die ablauforganisatorischen und informationstechnischen Strukturen
in den Unternehmen;
•
der gegenwärtige Stand der Verbreitung von Internet- und E-Commerce-Anwendungen in KMU und deren voraussichtliche Entwicklungstrends;
•
die vom betrieblichen Einsatz von Internet- und E-Commerce-Anwendungen ausgehenden Qualifikationsanforderungen und Qualifizierungsbedarfe.
Auf der Grundlage der Ergebnisse der Untersuchung werden Empfehlungen für die
Konzeptionierung und Förderung möglicher Qualifizierungsmaßnahmen in der Region
formuliert, die dazu geeignet sind, die Verbreitung des E-Commerce durch eine bedarfsgerechte Entwicklung der Humanressourcen zu unterstützen.
2.1 Methodische Basis der Untersuchung: Ein mehrstufiges
Analyseverfahren
Das der Studie zugrunde liegende Verfahren der Qualifikationsbedarfsanalyse berücksichtigt sowohl quantitative als auch qualitative Gesichtspunkte und beruht im Wesentlichen auf den folgenden Schritten:
•
Zur inhaltlichen Ermittlung des Qualifikationsbedarfs aufgrund von E-Commerce
wurden zum einen unterschiedliche E-Commerce-Anwendungen und ihr Stellenwert innerhalb der Geschäftsprozesse von Unternehmen analysiert. Diese Analyse
gibt wichtige Hinweise zu den Auswirkungen der geschäftlichen Online-Anwendungen auf die Anforderungsprofile der Mitarbeiter und zum Qualifikationsbedarf,
der in den Unternehmen aktuell und perspektivisch vorliegt (Kap. 3).
•
Zum anderen wurden webaktive Handelsunternehmen in der Region befragt und
die Resultate in Fallstudien dokumentiert. Ein zentrales Thema der Befragung bezog sich auf die Qualifikationsanforderungen, mit denen die Unternehmen im
5
EQUIB
Verlauf der Einführung geschäftlicher Online-Lösungen konfrontiert waren bzw.
sind (Kap. 5).
•
Um den Umfang der Nachfrage nach Qualifikationen, die im Rahmen der Verbreitung von E-Business-Lösungen in den Unternehmen auftritt, bestimmen zu
können, wurde auf vorliegende quantitativ orientierte Unternehmensbefragungen
zurückgegriffen, die den Stand und die perspektivische Entwicklung des E-Commerce zum Gegenstand haben (Kap. 4).7 Dazu wurden einige wichtige aktuelle
Studien ausgewertet und ihre Resultate zu Trendaussagen verdichtet.
Innerhalb des Untersuchungsdesigns kommt den Fallstudien von E-Commerce-Anwenderbetrieben, die in der Wirtschaftsregion Bremen/Bremerhaven angesiedelt sind,
ein besonderer Stellenwert zu. Das innerhalb der empirischen Sozialforschung zur
Ermittlung qualitativer Sachverhalte und komplexer Zusammenhänge angewandte
Verfahren der Erstellung von Fallstudien aufgrund von qualitativen leitfadengestützten
Interviews wurde gegenüber einer repräsentativen und quantitativ orientierten standardisierten Befragung bevorzugt. Dafür sprachen vor allem drei Gründe:
1. Die mit der Einführung von E-Commerce in den Unternehmen sich entwickelnden
neuen Qualifikationsanforderungen befinden sich im Stadium eines noch nicht abgeschlossenen Prozesses. Die Anforderungen an die Humanressourcen können
deshalb nicht im herkömmlichen Sinne „abgefragt“ werden, sondern erschließen
sich nur aufgrund einer gezielten und aufwendigen Befragung, die das explorierende Gespräch mit den Betroffenen erfordert.
2. Kompetente Hinweise zu den Qualifikationsbedarfen können nur von Unternehmen erwartet werden, die bereits über Erfahrungen mit fortgeschrittenen E-Commerce-Lösungen verfügen. Von daher war eine gezielte Auswahl von Anwenderbetrieben erforderlich, die sich bereits als aktive Nutzer profiliert haben.
3. Hinzu kommt, dass bereits eine große Anzahl von z.T. repräsentativen Untersuchungen über die Verbreitung des E-Commerce auf regionaler und Bundesebene
vorliegt, auf die in der Studie zurückgegriffen werden konnte und deren Ergebnisse
in die Argumentation eingearbeitet wurden.
2.2 Untersuchungsdesign: Phasen der Untersuchung
Der Ablauf der Untersuchung umfasste im Einzelnen die folgenden vier Phasen:
1. Phase:
•
Grundlegende Erschließung des Untersuchungsfelds durch sekundäranalytische
Studien (Literaturstudien und Internet-Recherchen)
Da es sich bei E-Commerce als Gegenstand der Qualifikationsbedarfsforschung um
ein bislang weitgehend unerschlossenes Gebiet handelt, waren umfangreiche Vorar-
7
Über die in Kap. 4 referierten und analysierten Studien hinaus findet sich eine kurze Zusammenfassung der
Ergebnisse aller ausgewerteten Studien im Anhang dieser Veröffentlichung.
6
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
beiten zur Felderschließung notwendig. Um der rasanten Entwicklungsdynamik des ECommerce gerecht zu werden, wurden möglichst aktuelle Literatur- und Internetveröffentlichungen gesichtet und für die Operationalisierung des Untersuchungsdesigns
ausgewertet.
•
Auswahl von Experten aus regionalen Institutionen sowie von Experten bei ECommerce-Solution-Providern und Softwareentwicklern; inhaltliche Vorbereitung
der Expertengespräche
Um die regionale Entwicklung auszuleuchten, wurden ergänzend zu den sekundäranalytischen Studien Gespräche mit Fachleuten aus regionalen Institutionen sowie
Expertengespräche bei E-Commerce-Solution-Providern und Softwareentwicklern
vorbereitet. Dazu wurden geeignete Experten ausgewählt und ein Gesprächsleitfaden
konzipiert.
2. Phase:
•
Durchführung der Expertenbefragung
Die Expertenbefragung zielte darauf ab, einen möglichst umfassenden Überblick zu
den aktuellen Entwicklungen im E-Commerce und insbesondere Aufschlüsse über die
Situation in der Wirtschaftsregion Bremen zu gewinnen. Im Einzelnen sind folgende
Einrichtungen, die in die Expertenbefragung einbezogen waren, zu nennen:
Auf überbetrieblicher Ebene:
-
Centrum für electronic Commerce Nordwest
-
bremen multimedial e.V.
-
Handelskammer Bremen
-
Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH Bremerhaven
-
Universität Bremen, Kooperation Universität Arbeiterkammer,
Forschungstransferstelle
-
Universität Bremen, FB 3, Frauenforschung und Technik
-
Universität Bremen, Institut für Wissenschaftstransfer durch wissenschaftliche
Weiterbildung
-
Berufsschule Bördestraße
-
Deutscher Industrie- und Handelstag, Bildungswerk
Auf betrieblicher Ebene:
-
Full-Service-Provider (2)
-
Software-Entwickler (3)
7
EQUIB
•
Auswahl der Unternehmen für die Fallstudien
Leitend für die Auswahl der Unternehmen für die Fallstudien waren zwei Gesichtspunkte:
1. Da die Einführung von E-Commerce branchenübergreifend stattfindet und auf ein
neues Geschäftsmodell hinausläuft, das alle Wirtschaftssektoren und eine kaum
überschaubare Vielzahl von Anwendungsfeldern umfasst, erschien es sinnvoll, sich
bei der Auswahl der Fallbeispiele auf einen Bereich zu beschränken. Da ein
Schwerpunkt des E-Commerce in der Erschließung eines neuen Vertriebskanals
besteht, lag es nahe, sich auf den Handel zu konzentrieren und für die Fallstudien
Betriebe auszuwählen, deren Hauptgeschäftsfeld im Handel mit Gütern und
Dienstleistungen besteht. Den damit erfassten E-Commerce-Lösungen kommt ein
auch für andere Wirtschaftszweige exemplarischer Charakter zu, da es sich dabei
nicht um Anwendungen handelt, die für Handelsunternehmen spezifisch sind, sondern die sich z.B. auch in Industrie- oder Handwerksunternehmen finden, deren
primäres Geschäftsfeld im gewerblich-technischen Bereich angesiedelt ist.
2. Um das Spektrum der Qualifikationsanforderungen für E-Commerce-Anwendungen erfassen zu können, mussten kleine und mittlere Betriebe gefunden werden, in
denen die Planung und Implementation schon so weit fortgeschritten sind, dass sie
bereits mit deutlichen Auswirkungen auf die Personal- und Qualifikationsentwicklung verbunden sind. Zudem sollten Referenzbetriebe vertreten sein, die sowohl B2B-Lösungen als auch B2C-Lösungen praktizieren und deren betriebliche
Praxis gewissermaßen Modellcharakter in der Region hat.
•
Gewinnung von Betrieben für die Fallstudien
Unter Mitwirkung der kontaktierten überbetrieblichen Experten und einer umfangreichen Internet-Recherche konnten acht geeignete „Pionier-Betriebe“ aus Bremen, Bremerhaven und dem Umland gefunden und für eine Mitarbeit an der Untersuchung
motiviert werden:
1. Elektro-Fachgroßhandel/Bremerhaven
Fachgroßhandel für das Elektrohandwerk und den Elektrofachhandel sowie die
verarbeitende Industrie mit 112 Beschäftigten
2. Elektronik-Versandhandel/Bremen
Bremer Versandhandel für elektronische C-Artikel mit 116 Beschäftigten
3. Großhandel/Bremen
Großhandelshaus für Werkzeuge, Maschinen und Industriebedarf mit 50 Beschäftigten
4. Mineralölhandel/Bremen
Handelsunternehmen für Treib- und Schmierstoffe, Heizöl, Propangas, chemische
Erzeugnisse und Metallbearbeitungsöle mit 6 Beschäftigten
5. Internet-Versand/Bremen
Versand von Filmen im DVD-Format mit 4,5 Beschäftigten
8
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
6. Internet-Versand-Service/Bremerhaven
Spezialversender für Norddeutsche Delikatessen mit 4 Mitarbeiterinnen.
7. Internet-Bestellservice für Lebensmittel
Regionaler Lebensmittel-Supermarkt im Bremer Umland mit 35 Beschäftigten.
8. Verlag/Bremerhaven
Verlag für die Produktion wissenschaftlicher Bücher mit 20 Beschäftigten.
Da in diesen Unternehmen ein breites Spektrum von E-Commerce-Anwendungen vorzufinden ist, konnte davon ausgegangen werden, dass sie einerseits ein anschauliches
Bild der in den Betrieben realisierten E-Commerce-Anwendungen bieten und zum
anderen Rückschlüsse auf wesentliche Qualifikationsbedarfe zulassen, die im Zuge der
Implementation von Internet-Lösungen für den Geschäftsverkehr auftreten.
3. Phase:
•
Entwicklung eines Gesprächsleitfadens für die Expertengespräche mit Vertretern
bremischer Handelsunternehmen (Fallstudien)
Für die Experteninterviews wurde ein ausführlicher Gesprächsleitfaden entwickelt, der
die folgenden thematischen Schwerpunkte beinhaltet:
•
-
Angaben zum Betrieb: Branchenzugehörigkeit, Organisationsform, Leistungsspektrum
bezogen auf das Produkt- und Dienstleistungsangebot sowie Kundenkreis
-
Personalstruktur und -entwicklung
-
Gründe für die Entscheidung für die Nutzung und erste Erfahrungen mit der InternetTechnologie
-
Implementationsgrad der Internet-Technologie
-
E-Commerce-Lösung und betriebliche Einsatzbereiche heute/zukünftig
-
IuK-Infrastruktur für implementierte Internet-Technologie heute/zukünftig
-
Organisationsstrukturelle Voraussetzungen bzw. Veränderungen bei der Einführung
-
Neue Qualifikationsanforderungen und zukünftiger Qualifikationsbedarf
Durchführung der Experteninterviews für die Fallstudien
Die Durchführung der Interviews mit den betrieblichen Experten erfolgte Mitte 2000.
In der Regel waren es die Geschäftsführer der KMU sowie Leiter für Produktmanagement. Sie stellten sich für mehrstündige Gespräche, die z.T. nochmals durch
Telefongespräche ergänzt wurden, zur Verfügung.
4. Phase:
Die vierte und abschließende Phase der Untersuchung umfasste die systematische
Auswertung der Ergebnisse der vorangehenden sekundäranalytischen und empirischen
Studien und die Erstellung des Untersuchungsberichts.
•
Auswertung der Interviews mit den betrieblichen Experten: Zusammenfassung der
Ergebnisse zu Fallstudien.
9
EQUIB
•
Auswertung der sekundäranalytischen Studien: systematische Aufarbeitung und
Darstellung der für die Qualifikationsbedarfsanalyse relevanten Ergebnisse.
Der Ablauf der Untersuchung ist in Tabelle 1 zusammenfassend dargestellt.
Tab. 1: Untersuchungsdesign – Phasen der Untersuchung
Phase
1
2
3
4
10
Aktivitäten / Arbeitsschritte
•
Erschließung des Untersuchungsfeldes
•
Vorbereitung von Expertengesprächen
•
Durchführung der Expertenbefragung
•
Auswahl und Gewinnung der Betriebe für die
Fallstudien
•
Entwicklung des Gesprächsleitfadens für die
betrieblichen Experten
•
Durchführung der Expertengespräche für die
Fallstudien
•
Erstellung der Fallstudien
•
Systematische Aufarbeitung und Darstellung
der Ergebnisse
Methoden
Sekundäranalytische Studien:
Literatur- und Internet-Recherchen
Leitfadengestützte Interviews,
Internet-Recherchen, offene
Informations- bzw. Akquisitionsgespräche
Betriebserkundungen und
leitfadengestützte qualitative
Interviews
Sichtung und Systematisierung des
primär- und sekundäranalytischen
Materials
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
3 E-Commerce-Anwendungen im Überblick
Im folgenden Kapitel wird zunächst eine Definition von E-Commerce und eine
Beschreibung der wesentlichen Einsatzbereiche vorgenommen. Nach einem allgemeinen Überblick über die unterschiedlichen Formen des elektronischen Handels werden
E-Commerce-Anwendungen dargestellt, die aktuell und zukünftig von Bedeutung
sind und wachsende Verbreitung finden. Besondere Aufmerksamkeit kommt dabei
den Online-Shop- und E-Procurement-Lösungen zu, die nach dem derzeitigen Stand
der Entwicklung auch in KMU eine zentrale Rolle spielen und für die Frage der Qualifikationsbedarfe hohe Relevanz besitzen. Im Anschluss daran werden die Stufen der
Implementation von E-Commerce-Anwendungen und die weiteren Perspektiven des
elektronischen Geschäftsverkehrs (Geschäftsprozessintegration und Mobile Business)
dargestellt.
3.1 Definition von E-Commerce und Einsatzbereiche im Überblick
An unterschiedlichen Definitionen von E-Commerce bzw. E-Business besteht kein
Mangel,8 und eine verbindliche Begriffsbestimmung konnte sich bislang nicht durchsetzen. In den folgenden Ausführungen wird Bezug genommen auf eine Definition
der European Information Technology Observatory (EITO), die einerseits das breite
Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten einbezieht und andererseits die neue Qualität
des Internets als offene und für alle Marktakteure nutzbare Plattform berücksichtigt.9
Nach der Definition der EITO bezeichnet der Terminus E-Commerce „die Nutzung
von Internet-Technologie zur Durchführung oder Verbesserung von Transaktionen
und Geschäftsbeziehungen“, die zwischen Unternehmen (z.B. Beziehungen mit Zulieferern), mit Kunden oder unternehmensintern stattfinden können.10
8
Zu unterschiedlichen Definitionsansätzen und den damit verbundenen Interessen siehe: Was heißt eigentlich ECommerce? In: e-Commerce Magazin 01-02/2000, S. 32 – 34
Auch die Abgrenzung von E-Commerce und E-Business ist alles andere als klar; oft werden beide Begriffe –
wie auch in der vorliegenden Studie – synonym verwendet. Allerdings bezeichnet E-Business der allgemeinen
Tendenz nach eine weitere Entwicklung als E-Commerce, wobei nicht nur einzelne Geschäftsbereiche wie der
Vertrieb, das Marketing oder der Einkauf ins Netz verlagert werden oder dort parallel laufen, sondern der
gesamte Unternehmensablauf vom Netz geprägt wird bzw. auf das Internet ausgerichtet ist. Vgl.
www.netlexikon.akademie.de
9
Die Definition schließt proprietäre Lösungen wie EDI (Electronic Data Interchange) als Bestandteil des Electronic
Commerce nicht ein, obwohl – so der EITO – EDI über das Netz den Weg der traditionellen IT zu ECommerce charakterisiere. Der Definition der EITO folgend, wird EDI auch in der vorliegenden
Untersuchung nicht näher behandelt. Ein weiterer Grund dafür ist darin zu sehen, dass nach den Erwartungen
der EITO die Internet-Technologie kostspielige traditionelle EDI-Anwendungen ersetzen wird: „Internet
technology is expected to become a substitute for traditional EDI applications for core internal applications
and relations with suppliers.“ European Information Technology Observatory (EITO) 2000, S. 225
10
„The use of Internet technology to conduct or inhance transactions and business relations, either on the backoffice side (relations with suppliers) in internal processes, or on the front-office side (relations with
customers).“ ebd. S. 226; www.eito.com
11
EQUIB
E-Commerce ist damit als ein internetbasiertes Instrument zur Effektivierung und Rationalisierung von Geschäftsprozessen gekennzeichnet, das in der Kommunikation
zwischen Unternehmen und Kunden oder Unternehmen und anderen Unternehmen
sowie unternehmensintern eingesetzt wird.
Nach den jeweiligen betriebswirtschaftlichen Aufgabenstellungen lassen sich dabei
sechs wesentliche Einsatzbereiche von E-Commerce-Anwendungen unterscheiden:11
•
Produktentwicklung und Marktbeobachtung
•
Einkauf und Beschaffung
•
Produktionsplanung und -steuerung
•
Marketing und Kundenbindung
•
Vertrieb und After Sales Services
•
Innerbetriebliche Verwaltung und Kommunikation
Abb. 2: E-Commerce in der Wertschöpfungskette
E-Commerce-Anwendungen in der Wertschöpfungskette
Produktentwicklung
und Marktbeobachtung
Einkauf
und
Beschaf
fung
Produktionsplanung und
-steuerung
Marketing
und
Kundenbindung
Vertrieb
und
After Sales
Services
Innerbetriebliche Verwaltung und Kommunikation
Quelle: Grafik KUA/EQUIB 2001
Produktentwicklung und Marktbeobachtung
Im Kontext der Entwicklung neuer Produkte und deren Markteinführung können Unternehmen per Internet weitreichende Markt- und Konkurrenzanalysen durchführen.
Das Internet ermöglicht ihnen den Zugriff auf die Darstellung der Produkte und
Dienstleistungen, die von ihren Mitwettbewerbern, die sich bereits im Netz präsentieren, angeboten werden. Gegenüber herkömmlichen Verfahren der Marktanalyse (z.B.
Recherchen in Fachzeitschriften oder Branchenverzeichnissen) lassen sich damit erhebliche Zeit- und Kosteneinsparungen erzielen. Hilfreich ist das Internet auch bei der
Frage, ob z.B. Namen oder Produkte bereits geschützt sind (z.B. Marken, Patente).
11
Die folgenden Ausführungen orientieren sich an der Veröffentlichung des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Technologie: e-f@cts. Informationen zum E-Commerce. Ausgabe 01/2000, S. 4f
12
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Einkauf und Beschaffung
Über das Internet können die von den Unternehmen benötigten Qualitäten und Preise
von Produkten recherchiert und verglichen werden. Immer häufiger verfügen die ins
Internet gestellten Kataloge von Anbietern über eine Bestellfunktion, über die Produkte via Internet geordert werden können. Damit reduziert sich sowohl für den
Kunden als auch für den Anbieter der zeitliche Aufwand für die Abwicklung von
Bestellungen zum Teil erheblich. Elektronische Einkaufssysteme (E-ProcurementLösungen) automatisieren den Bestellvorgang, und elektronische „Marktplätze“ –
gemeinsame Internet-Sites, auf denen sich mehrere Firmen präsentieren – ermöglichen
den Unternehmen einen kostenoptimierten Einkauf.
Produktionsplanung und –steuerung
Ein reibungsloser Produktionsablauf und die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen
oder Unternehmensteilen erfordert einen optimalen Austausch von Daten, die der Planung, Steuerung und Überwachung von Produktionsabläufen dienen. Eine enge Abstimmung ist vor allem für die Koordination von Unternehmen wichtig, die an komplexen gemeinsamen Aufgaben arbeiten. Das Internet ermöglicht hier nicht nur z.B.
den Austausch von Konstruktionsdaten und Dokumenten, die sofort am Computer
begutachtet und weiterverarbeitet werden können. Selbst komplexe Prozesse der Produktionslogistik lassen sich webbasiert steuern und effektiv abwickeln.
Marketing und Kundenbindung
Ein zunehmend an Bedeutung gewinnender Einsatzbereich des Internets sind Marketing und Kundenbindung. In diesem Bereich bietet das World Wide Web (WWW) den
Unternehmen die Möglichkeit, ohne lokale Schranken einen wachsenden Kundenkreis
anzusprechen, da immer mehr Menschen über einen Netzzugang verfügen und ihn
auch zunehmend nutzen. Der Vorteil des Internets liegt gegenüber den klassischen
Werbemedien wie Prospekten und Broschüren, Radio und Fernsehen darin, dass es
eine differenzierte Ansprache potentieller Kunden zulässt: Das Internet ist sowohl als
Massenmedium als auch als zielgruppenorientiertes Medium einsetzbar und ermöglicht darüber hinaus eine individuelle Kundenansprache. Insbesondere die Personalisierung der Kundenbeziehungen und das One-to-One-Marketing stellen ein wirkungsvolles Mittel der Kundenbindung dar.
Vertrieb und After Sales Services
Im traditionellen Geschäftsleben gehört der Vertrieb zu den besonders kostenintensiven Unternehmensbereichen. Das Internet bietet mit dem Online-Handel über Shops
im WWW für viele Unternehmen einen alternativen – zusätzlichen oder auch ausschließlich genutzten – Vertriebskanal an. Der Kunde kann dabei über einen in das
Netz gestellten Online-Katalog Waren in einen virtuellen Warenkorb legen und bestellen. Die Auslieferung erfolgt dann, sofern es sich nicht um digitalisierte Produkte
handelt, die über das weltweite Datennetz vertrieben werden, wie im klassischen Versandhandel über Logistikdienstleister. Der netzbasierte Vertrieb kann durch After Sales
Services, die ebenfalls das Internet nutzen, wirkungsvoll ergänzt und unterstützt werden.
Innerbetriebliche Verwaltung und Kommunikation
Verwaltungsabläufe, die in der Regel „papiergebunden“ erfolgen, sind in Unternehmen
langwierig und kostenintensiv. Die Nutzung des Internets für Verwaltungsabläufe bietet die Möglichkeit, Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die Kommuni13
EQUIB
kation mit Mitarbeitern sowie Unternehmen und deren Kunden wird dadurch vereinfacht, dass versandte Dokumente, etwa Textdateien, vom Empfänger weiterverarbeitet
werden können. Dies betrifft beispielsweise Verträge, die über das Internet ausgetauscht und abgestimmt oder überarbeitet werden.
E-Commerce greift also in alle Stufen der Wertschöpfungskette ein und führt je nach
Umfang und Reichweite der genutzten Anwendungen bzw. elektronischen Systeme zu
einer Veränderung der Geschäftsprozesse. Mit der Implementation von E-CommerceLösungen sind folglich nicht nur ablauforganisatorische Umstrukturierungen in den
einzelnen Abteilungen und zwischen ihnen verbunden, sondern auch ein Wandel in
den Anforderungsprofilen der Mitarbeiter, der tendenziell alle Hierarchiestufen und
alle Funktionsbereiche des Unternehmens erfasst. Vor allem für Mitarbeiter, die in
kaufmännisch-administrativen Funktionen auf der operativen Ebene tätig sind und die
diese E-Commerce-Anwendungen kompetent im Kontext der restrukturierten Geschäftsprozesse handhaben müssen, entstehen neue Qualifikationsprofile.
3.2 Elektronischer Handel
Der elektronische Handel hat inzwischen eine große Bandbreite von Erscheinungsformen hervorgebracht, die die technischen Möglichkeiten des Internets in unterschiedlicher Weise nutzen und den Kunden alternative Einkaufsmodelle bieten; eine
Kurzbeschreibung dieser Modelle ist in der nachfolgenden Tabelle enthalten.
Tab. 2: Online-Handelsformen im Überblick12
Modell
Beschreibung
Beispiel
Festpreis
Verkauf von Waren zum Festpreis
Online-Shops, -Auktionshäuser
(http://www.myworld.de)
Höchstpreis-Auktion
Versteigerung von Waren über das Netz gegen
Höchstgebot
Online-Auktionshäuser
(http://www.ebay.de)
Reverse Auction
Preis fällt in vorgegebenen Intervallen, Zuschlag
geht an den ersten Bieter
Online-Auktionshäuser
(http://www.atradapro.de)
Vickry-Auktion
Abgabe verdeckter Gebote durch die Teilnehmer.
Zuschlag geht an das höchste Gebot, bezahlt
wird nur der Preis des zweithöchsten Gebots
Online-Auktionshäuser
(http://undercover.ricardo.de)
Coshopping
Verkauf von Waren zu sinkendem Preis, je mehr
Käufer sich für das jeweilige Produkt
entscheiden
Coshopping-Anbieter
(http://www.letsbuyit.de)
Reverse Shopping
Suchanfrage durch Kunden mit selbstgewählten
Suchkriterien, Wahl des Anbieters mit
günstigstem Angebot
Online-Auktionshäuser
(http://www.kontorhouse.de)
Preisvergleiche
Automatischer (Website-Robot) oder individueller
(Dienstleister) Vergleich der Produktpreise
Dienstleister
(http://www.pricecontrast.de)
Quelle: HighText-Verlag
12
Vgl. iBusiness Executive Summary – Hintergrunddienst für interaktives Business, HighText-Verlag
14
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Darüber hinaus sind im Netz sog. Reward Programms, also Sites, auf denen Kaufempfehlungen zusammengetragen werden sowie Meinungs-Websites zu finden, die die
Käufer bei ihrer Produktwahl unterstützen sollen.
E-Commerce Konzepte wie Einkaufsgemeinschaften und virtuelle Basare, Preisagenturen und Produktsuchmaschinen sowie Verbraucher-Communities,13 bei denen sich
der Einfluss von der Anbieter- auf die Kundenseite verschiebt („vom Push zum PullProzess“) und der Kunde von der passiven zur aktiven Komponente wird, werden
neuerdings auch unter dem Terminus „Consumer-to-Business“ (C2B) zusammengefasst.14
Im Spektrum der Handelsformen gewinnen vor allem Auktionen zunehmend an Beliebtheit: Der Markt der Online-Auktionen für Endverbraucher boomt, und die bislang
schon beträchtlichen Umsätze der Online-Auktionshäuser – die Analysten von Forrester Research schätzen, dass allein im laufenden Jahr 1,13 Milliarden Euro auf Verbraucherauktionen den Besitzer wechseln – werden in den kommenden Jahren voraussichtlich starke Zuwächse erfahren.15 Aber auch im B2B-Bereich werden nach Ansicht
von Forrester Research Auktionen eine immer wichtigere Rolle spielen. In den Auktionshandel einsteigen werden verstärkt KMU, die bisher von den Online-Auktionshäusern eher vernachlässigt wurden: Prognostiziert wird, dass Transaktionen zwischen
Unternehmen den C2C-Auktionen (Consumer-to-Consumer-Auktionen, die Transaktionen zwischen Verbrauchern vermitteln) bis zum Jahr 2005 den Rang ablaufen und
52 Prozent der Gesamtumsätze ausmachen werden.16
3.3 E-Commerce-Lösungen in der betrieblichen Praxis
Mittlerweile werden für alle nur denkbaren betriebswirtschaftlichen Funktionen ELösungen angeboten und der Markt für Applikationen und Tools ist selbst für Experten nicht mehr überschaubar. Wir beschränken uns aus diesem Grunde auf die Charakterisierung der wichtigsten E-Commerce-Anwendungen, deren Einsatz in KMU
bereits relativ verbreitet ist und die zukünftig, wie Marktanalysen und Unternehmensbefragungen zeigen, in einer wachsenden Zahl von Betrieben anzutreffen sein werden.
3.3.1
Online-Shop-Systeme
Die Einrichtung eines E-Shops beinhaltet für viele mittelständische und kleine Unternehmen die Möglichkeit, einen neuen Vertriebskanal aufzubauen und damit ihre
Marktpräsenz zu erhöhen.17 Dies kann auf der Grundlage eines unternehmenseigenen
13
Siehe: Richard Lamers: Alle Macht den Kunden; www.firstsurf.de/lamers0110_f.htm
14
Siehe: Jeder ein König. In: Screen Business Online, 04/2000, S. 35ff
15
Forrester research prognostiziert bis zum Jahr 2005 eine Verachtfachung; siehe golem network news vom
13.02.2001; www.golem.de0102/12314.html
16
ECIN News vom 14.02.2001
17
Vgl. dazu: Jörg Krause: TK- und IT-Produkte erfolgreich über das Netz vertreiben. Auszüge daraus (Den eigenen
Shop aufbauen. Shopsoftware) finden sich unter www.symposion.de/e-success/e-success_14.htm
15
EQUIB
Shops oder der Teilnahme an virtuellen Marktplätzen18 oder in Shopping-Malls geschehen. Dabei sind verschiedene Mall-Konzepte zu unterscheiden:
•
Malls, deren Angebot nach Art eines klassischen Warenhauses zusammengestellt
wird,
•
thematisch orientierte Malls, in denen konkurrierende oder sich ergänzende Angebote zu einem Thema, einer Produktgruppe oder einer Branche gebündelt werden
oder
•
regionale Malls, in denen sich lokale Anbieter analog zu traditionellen Einkaufszentren zusammenschließen.
Shopsysteme ermöglichen die Präsentation und den Verkauf von Waren und Dienstleistungen über das Internet, indem sie den traditionellen Verkaufsvorgang (Selektion,
Ablage in einen Warenkorb, Bezahlung) auf Webseiten übertragen. Als Shopsystem
wird eine Software-Lösung bezeichnet, mit der der Verkaufsprozess im Internet abgebildet (Frontend) und verschiedene unternehmensinterne Prozesse (Backend) abgewickelt werden können.
Zur aktiven Teilnahme am E-Commerce bedarf es der Installation einer Software, die
entweder selbst programmiert oder im Regelfall von einer Software-Firma bezogen
wird. Beim Kauf von Shopsystemen können Standard-Lösungen von individuellen
maßgeschneiderten Lösungen unterschieden werden. Die Grenze zwischen diesen beiden Varianten ist allerdings fließend, da zum einen Standard-Lösungen noch individuell angepasst werden müssen, und zum anderen auch maßgeschneiderte Lösungen in
der Regel auf bestehenden Standard-Modulen aufbauen.
Generell ist eine Tendenz hin zu Standardlösungen („Out-of-the-Box“) festzustellen;
dies gilt insbesondere für KMU. Im Zusammenhang mit der Implementation von
Shop-Lösungen besteht ein großes Potenzial für webbasierende Programme und Dienste, die von Application Service Providern (ASP) zu überschaubaren Kosten gemietet
werden. Sie laufen über den Server des Anbieters und können plattform- und systemübergreifend in die Shoplösung integriert werden. Der Online-Händler selbst ist dann
lediglich für die Pflege seines Produktangebots verantwortlich. Dazu sind häufig keine
tiefergreifenden Computer- oder Programmierkenntnisse notwendig, da viele ShopSysteme sich mittlerweile durch eine leicht zu bedienende Software auszeichnen.
18
Auf die virtuellen B2B-Marktplätze oder eMarketplaces wird im Kapitel 3.4 noch gesondert eingegangen.
16
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Basiskomponenten einer Shoplösung
Die Basiskomponenten einer Shoplösung sind in der folgenden Grafik schematisch
dargestellt:
Abb. 3: Basiskomponenten eines Online-Shopping-Systems
Quelle: www.sigs.de19
Der Einkaufsprozess umfasst für den Kunden folgende Schritte:
Über den Web-Browser wählt er die Seite des Shopanbieters an; nachdem er sich gegenüber dem System identifiziert hat, gelangt er zum Katalog, der die angebotenen
Waren geordnet nach Sortimenten, Waren- und Artikelgruppen enthält. Meist präsentiert sich ihm dann eine Menge von Produkten, mit bestimmten Angaben (Masteransicht). Zu jedem Produkt kann er sich dann Detailinformationen ansehen (Bild, Text,
Klang oder sonstige multimediale Elemente) und die von ihm ausgewählten Produkte
mit Angabe einer Menge vorläufig in den virtuellen Warenkorb legen. Der Warenkorb
enthält alle Bestellpositionen; ihm können Produkte hinzugefügt, aus ihm entfernt oder
deren Menge geändert werden. Hat der Kunde seine Produktauswahl beendet, kann er
den Warenkorb absenden und somit seine Bestellung an den Anbieter schicken. Nachdem eine Zahlungsweise gewählt wurde, ist die Transaktion für ihn zunächst abgeschlossen.
Leistungsmerkmale und Funktionen von Shop-Systemen
Auf dem Markt wird inzwischen eine breite Palette von Komplettsystemen mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen und Preisen zum Kauf oder als Mietshop zu einem
19
Siehe www.sigs.de/publications/docs/obsp/gehmeyr.html
17
EQUIB
monatlichen Pauschalpreis angeboten.20 Die Shop-Systeme sind auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden abgestimmt. Die Shopsoftware ist ausgelegt für große,
mittlere und kleine Systeme und mit einem mehr oder weniger großen Umfang an unterschiedlichen Funktionen ausgestattet.21
•
Die High-End-Systeme richten sich an E-Commerce-Betreiber, die Hunderte oder
Tausende von Transaktionen gleichzeitig abwickeln. Der Preis solcher Lösungen
liegt zwischen 50.000 und mehreren 100.000 DM.
•
Mittlere Shop-Programme wenden sich an die breite Masse der E-Commerce-Betreiber, die pro Tag mehrere hundert oder tausend Bestellungen abwickeln und deren Online-Produktpalette aus 500 bis 500.000 Artikeln besteht. Die Preis für diese
Systeme liegt zwischen 10.000 und 50.000 DM. Diese Lösungen zeichnen sich in
der Regel durch ihre Skalierbarkeit aus, d.h. sie lassen sich an das Wachstum des
Unternehmens anpassen.
E-Commerce-Systeme dieser Größenordnung bieten bereits ein beachtliches
Leistungsspektrum: An erster Stelle steht hier die Verzahnung des elektronischen
Geschäfts mit den sonstigen betriebswirtschaftlichen Aufgaben und die nahtlose
Einbindung der Shopping-Software in die betriebliche IT-Infrastruktur. Erst auf
der Grundlage einer Backend-Anbindung lässt sich ein Shop effizient betreiben.22
Ein Beispiel ist die unmittelbare Verbuchung online eingehender Aufträge in
kaufmännische Anwendungen. Auch der geschäftliche Austausch mit Zulieferern
kann über das Internet und entsprechende Applikationen laufen. Das vereinfacht
nicht nur die Arbeit für den E-Commerce-Betreiber, auch der Kundenservice verbessert sich, wenn die aktuellen Daten zu Beständen, Lieferfähigkeit und Produkten sofort online abrufbar sind. Produktbezogene Stammdaten werden normalerweise im Warenwirtschaftssystem verwaltet. Mit einer automatischen Übernahme
der Daten aus diesem System in den Online-Shop werden etwa Fehleingaben nahezu ausgeschlossen. Auch der manuelle Aufwand reduziert sich auf ein Minimum.
•
Shops für kleine Händler, die keine große betriebswirtschaftliche Infrastruktur betreiben, nur wenige Bestellungen pro Tag erhalten und nicht mehr als 300 bis 500
Artikel präsentieren, werden bereits im Low-Cost-Bereich für 100 bis 1000 DM
für ein Basissystem angeboten.
Damit können kleine und mittelständische Unternehmen für wenig Geld eine
Internet-Filiale einrichten. Shops dieser Kategorie bieten zwar weder eine Anbindung an professionelle Datenbanken oder Warenwirtschaftssysteme, eignen sich
aber durchaus für einen kleinen Internet-Auftritt im Ein-Mann-Betrieb, da der
Eigenaufwand für Einrichtung und Betrieb des Shops minimal ist. Weder sind spe-
20
Vgl. „Welcher Shop für wen?“ In: Sonderheft E-Commerce Magazin, S. 44ff
21
Die folgenden Ausführungen orientieren sich an e-MARKET 34/2000.
22
„Geschäftsprozesse lassen sich wesentlich effizienter gestalten, wenn das Shopsystem mit allen
Verkaufsprozessen in das unternehmensinterne ERP-System integriert werden kann. So fällt der Aufwand an
Zeit und Arbeitskraft weg, der bei einer manuellen Abstimmung zwischen Verkauf und Warenwirtschaft und
ERP entsteht.“ Stecker zum Backend. E-Commerce-Magazin 12/2000, S.42
18
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
zielle Software-Kenntnisse noch Erfahrungen mit der Web-Seitenbeschreibungssprache HTML (Hypertext Markup Language) nötig. Meist werden Mustershops,
die als Vorlage für den eigenen Online-Laden dienen können, mitgeliefert. Die
Steuerung erfolgt in der Regel über Textfiles, Excel- oder Access-Dokumente oder
Online-Editoren. Mit elementaren HTML-Kenntnissen können zudem über den
normalen Rahmen hinaus individuelle Anpassungen vorgenommen werden.
Die Shop-Erstellung funktioniert bei kleinen Lösungen meistens nach dem Baukastenprinzip: Über Eingabemasken werden alle nötigen Produktdaten wie Artikelnummer, Artikelname, Preis, Bilder, Kurztext und Detailbeschreibung zusammengestellt. Auch die Administration im laufenden Betrieb erfolgt über ein Menü.
Kundenberatung über das Netz
Ein wesentlicher Bestandteil einer E-Sales-Lösung ist die Kundenbetreuung. Dazu
gehört auch, dass den Kunden Beratungsdienstleistungen (z.B. über E-Mail, Callcenter
oder telefonischen Service) angeboten werden. Dafür werden unterschiedliche interaktive Verfahren eingesetzt:23
•
Virtuelle Assistenten, sog. Smart-Bots: Ein virtueller Berater bzw. eine virtuelle
Beraterin beantwortet dabei die Fragen der User und verknüpft diese – wie z.B.
beim Modehaus Peek & Cloppenburg – mit den entsprechenden Angeboten auf
den Seiten.
•
Smart-Bots mit Call-Center-Unterstützung als Mittelweg zwischen Smart-Bot und
Telefonberatung (z.B. bei der OTTO-Tochter Shopping 24): Eine virtuelle Assistentin beantwortet die Fragen der User, und sollte sie nicht weiterhelfen können,
wird die Frage automatisch an ein Call-Center weitergeleitet und von dort aus beantwortet.
•
Kundenberatung in Echtzeit durch Live-Chats: dem Kunden wird die Möglichkeit
geboten, sich per Live-Chat mit dem Kundenberater zu unterhalten (z.B. ComputerChannel).
•
Call-Back: Über einen interaktiven Call-Back-Button, den der Shop-Betreiber auf
seiner Seite einbindet, werden dem Kunden Interaktionsmöglichkeiten innerhalb
von weniger als einer Minute angeboten. Hat der Kunde eine Frage zu einem Produkt oder der geplanten Bestellung, klickt er einfach auf den Knopf und gibt anschließend seine Telefonnummer an (z.B. BP-Express).
Diese hier beschriebenen Formen der Kundenberatung sind relativ aufwendig und
kommen für kleine Shop-Betreiber kaum in Frage. Für Kundenanfragen etc. bietet sich
für sie die Kontaktaufnahme per E-Mail und Telefon an.
Internet-Präsenz als Werbeplattform
Der elektronische Handel ist gerade für kleine Unternehmen nicht das Non plus ultra
einer Web-Präsenz. Dies zeigt ein Blick auf die USA, die nach wie vor eine Vorreiterrolle im E-Business einnehmen. Hier ist für kleine Firmen weniger der elektronische
23
Siehe www.ecin.de/marketing/kundenberatung
19
EQUIB
Handel als vielmehr die Steigerung des Bekanntheitsgrades die Hauptmotivation für
die eigene Website. Eine Untersuchung von 800 kleinen US-Firmen mit weniger als 50
Mitarbeitern kommt sogar zu dem Ergebnis, dass die Zahl neuer E-Commerce-Sites
von kleinen Firmen im Jahr 2000 um 48 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken
ist. Dagegen hat sich im gleichen Zeitraum die Anzahl der Websites, die reine Werbezwecke erfüllen sollen, um 123 Prozent erhöht.24 Auch in Deutschland wird das
Internet zunehmend als PR- und Marketing-Instrument entdeckt: Online- und Multimedia-Anwendungen rangieren heute in der Einschätzung ihrer Bedeutung vor den
klassischen PR-Formen. Entsprechend des Stellenwerts, der den Online-Aktivitäten
beigemessen wird, planen fast 90 Prozent der im Rahmen der Befragung eines Marktforschungsinstituts kontaktierten Unternehmen, ihre Web- und Multimedia-Aktivitäten
auszubauen.25
3.3.2
Customer Relationship Management (CRM)
CRM ist kein neues Konzept; es gewinnt aber im Online-Zeitalter zunehmend an
Bedeutung, da einerseits die Kundenanforderungen an Service-Leistungen der Unternehmen wachsen und Internettechnologien andererseits neue Möglichkeiten des effizienten Managements der Kundenbeziehungen (E-CRM) bieten.
Mehr und mehr Unternehmen stellen die Kundenzufriedenheit im Online-Handel in
den Mittelpunkt ihrer Geschäftsstrategie. Dies bestätigt auch eine Studie, die die
KPMG Consulting AG in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Ilmenau
durchgeführt hat: „Die Unternehmen sehen im eBusiness vor allem ein Instrument, die
Kundenorientierung ihres Unternehmens zu verbessern. 90 Prozent heben den hohen
Stellenwert der elektronischen Kommunikation für die Kundenbeziehungen hervor.
Fast 60 Prozent nutzen die neuen Informationstechnologien bereits für die Zusammenarbeit mit Kunden.“26 Der Trend zur Kundenorientierung lässt sich u.a. auch an den
Verkaufszahlen der Anbieter von CRM-Lösungen ablesen.27 Und nach den großen
Unternehmen entdeckt jetzt auch der Mittelstand die Potenziale von CRM-Lösungen
für die Geschäftsstrategie: Nach einer Befragung von Gartner bei 600 mittelständischen Unternehmen planen bis 2002 40 Prozent die Einführung von Standard-CRMLösungen.28
Nach der Definition des Deutschen Direktmarketing Verbandes (DDV) ist CRM „ein
ganzheitlicher Ansatz zur Unternehmensführung. Er integriert und optimiert abteilungsübergreifend alle kundenbezogenen Prozesse in Marketing, Vertrieb, Kundendienst sowie Forschung & Entwicklung. Dies geschieht auf der Grundlage einer Datenbank mit einer entsprechenden Software zur Marktbearbeitung und anhand eines
vorher definierten Verkaufsprozesses. Zielsetzung von CRM ist dabei die Schaffung
24
ECIN News vom 06.12.2000
25
Das geht aus einer Studie hervor, für die das Marktforschungsinstitut Ipsos die PR-Verantwortlichen aus 251
mittelständischen Unternehmen befragt hat.
26
Studie zum Stand des Electronic Supply Chain Management in Deutschland, hrsg. von der KPMG Consulting
AG, 2001; www.kpmg.de
27
Siehe ECIN – Spotlight – CRM: Königsweg zum Kunden; www.ecin.de/spotlight/3-2000/000920-spotlight.html
28
ebd.
20
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
von Mehrwerten auf Kunden- und Lieferantenseite im Rahmen von Geschäftsbeziehungen.“29
CRM-Systeme verfügen i.d.R. über Analysetools zur Erfassung von Veränderungen,
die sich in der Kundenlandschaft ergeben; die erfassten Daten werden vom CRMSystem analysiert und dargestellt. Unternehmen werden dadurch in die Lage versetzt,
schnell und gezielt auf wechselnde Kundenbedürfnisse zu reagieren. Zum einen stellt
ein CRM-System für alle involvierten Stellen die nötigen Informationen, die für den
Vertrieb notwendig sind, zusammen und sichert damit einen schnelleren und wirksameren Vertriebsablauf. Zum anderen können die gesammelten Daten dazu dienen, die
Unternehmensleitung über den aktuellen Verkaufs- und Verhandlungsstand zu informieren, um auf dieser Grundlage gegebenenfalls rechtzeitig auf die neuen Anforderungen des Marktes reagieren zu können.30
Box 1: Customer Relationship Management
CRM bei Amazon
Im Gegensatz zu Newslettern ohne viele Kontrollfunktionen in Sachen Erfolg der
Werbemaßnahmen verfügen kommerzielle CRM (Customer-Relationship-Management-)
Systeme, wie sie z.B. Amazon einsetzt, über wesentlich komplexere Funktionen. Amazon
zeigt jedem Kunden an, welches Buch oder welche CD von anderen Kunden, die dasselbe
Buch gekauft haben, mitbestellt wurde. Der Kunde nimmt dies als Mehrwert wahr, da ihm zu
seinem Interessensgebiet weitere Vorschläge gemacht werden, ohne dass er dafür etwas
tun müsste. Für Amazon liegt der Vorteil darin, dass Kunden für Werbung aus einem
Themenbereich, für den sie sich ohnehin interessieren, wesentlich empfänglicher sind als für
generelle Werbung. Ein zusätzlicher Vorteil für Amazon ergibt sich bei dieser Lösung
daraus, dass die angezeigten zusätzlichen Bücher und CDs nicht als Werbung, sondern
lediglich als Information wahrgenommen werden.
Quelle: E-Commerce Magazin 4/2001, S. 48
Die Einführung von CRM-Lösungen steht in einem engen Zusammenhang mit der
zunehmend von den Unternehmen geforderten Kundenorientierung, die mit weitreichenden Auswirkungen auf die Humanressourcen verbunden ist: Der Gesichtspunkt
der Kundenorientierung betrifft alle Geschäftsprozesse im Unternehmen und erfordert
von den Mitarbeitern, dass sie in ihrem Denken und Handeln stets den Kunden und
seine Bedürfnisse und Anforderungen vor Augen haben müssen.
29
akademie.de Newsboard vom 13.07.2000; www.akademie.de/news/langtext.html?id=6383
30
Volker Gieritz: Service total. In: e-Business, 12/2000, S. 45f
21
EQUIB
3.3.3
E-Procurement
Eine zentrale Bedeutung für den B2B-Handel kommt dem E-Procurement zu. EProcurement bezeichnet die „Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien für die elektronische Unterstützung und Integration von Beschaffungsprozessen“31 und zielt letztlich auf die weitreichende Einbindung der Lieferanten in ein
B2B-Netzwerk ab. Obwohl bisher vor allem Großunternehmen auf den Einkauf per
Internet setzen,32 bietet E-Procurement auch für KMU gute Chancen, Einkaufsprozesse
zu rationalisieren.
E-Procurement als zukünftige Beschaffungsplattform im Mittelstand
Aus einer Studie von American Express geht hervor, dass in den USA bereits 40 Prozent der mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit des Einkaufs über OnlineKanäle nutzen; weitere 37 Prozent der befragten Firmen planen in den nächsten 12
Monaten den Einstieg in E-Procurement.33 Für viele deutsche Unternehmen ist der
Einkauf über das Internet zur Zeit allerdings noch kein Thema. Eine Anfang März
2001 von Jupiter Media Metrix veröffentlichte Studie ergab, dass bis 2002 lediglich
etwa ein Fünftel des Einkaufsvolumens im B2B-Bereich online abgewickelt wird. Als
Gründe für diese Zurückhaltung nannten 60 Prozent der Einkäufer, dass ihre bevorzugten Handelspartner über keine entsprechenden Angebote verfügen. Rund 55 Prozent der für den Einkauf Verantwortlichen räumten ein, dass sie noch über zu wenig
Wissen und Erfahrung im E-Commerce verfügten, um diese Quelle zu nutzen.34 Unterschiedliche Marktanalysen gehen aber davon aus, dass sich E-Procurement innerhalb
der nächsten Jahre zu einer Standardanwendung in Unternehmen entwickeln wird.35
Dafür spricht auch die wachsende Nachfrage nach Software-Lösungen für den internetbasierten Einkauf von Waren und Dienstleistungen.36
Beschaffung von C-Artikeln
Durch die Verfügbarkeit von Internet-Technologien bietet sich insbesondere die Möglichkeit an, die Beschaffung von Gütern mit geringer strategischer Bedeutung und hohem Automatisierungspotenzial (C-Güter oder MRO-Güter - Maintenance, Repair,
31
E-Procurement – Beschaffung im Internet; www.ecin.de/shops/eprocurement/index.html
32
Das jüngste Beispiel: VW plant nach den Auskünften seines Vorstandsvorsitzenden Ferdinand Piech, in diesem
Jahr rund 7 Prozent des gesamten Beschaffungsvolumens über das Netz abzuwickeln. Siehe E-Market aktuell
vom 22.03.2001; www.emar.de
Fallbeispiele zum E-Procurement sind ausführlich dokumentiert in: Thomas Renner, Christian Schwengels:
Electronic Commerce in Vertrieb und Beschaffung. Fallstudien zum Einsatz von internetbasierten
Technologien für Vertrieb und Beschaffung. Arbeitsbericht Nr. 179 der Akademie für
Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg. Oktober 2000
33
ECIN News vom 13.12.2000
34
ECIN News vom 07.03.2001
35
Siehe beispielsweise die Studie von Giga Information Group, nach der bereits im Jahr 2002 annähernd 90
Prozent aller Unternehmen zumindest partiell das Internet für Beschaffung nutzen werden.
www.gigagroup.com. Nach einer Studie von Accenture (vormals Anderson Consulting) werden in den
nächsten vier Jahren 83 Prozent der befragten Unternehmen in den USA und Europa auf E-Procurement
setzen. www.accenture.de
36
Zur Nachfrageentwicklung siehe Innovation aktuell, Online-Nachrichten vom 7. September 2000;
www.innovation-aktuell.de/news/00-09-07-03.htm
22
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Operations - Instandhaltung, Reparaturen und operatives Geschäft) mit Hilfe von elektronischen Medien oder Tools neu zu gestalten und das betriebliche Bestellwesen zu
reorganisieren.37
Neuorganisation des Beschaffungsprozesses
Mit E-Procurement, das heißt der Einführung von internetbasierten Systemen, die nach
außen offen und nach innen integriert sind, stehen die Unternehmen vor der Herausforderung, ihr Beschaffungswesen grundlegend umzugestalten; dies schließt auch die
Qualifizierung der Mitarbeiter ein, die mit den neuen Kommunikationssystemen arbeiten.
Der traditionelle Beschaffungsprozess ist charakterisiert durch einen zentralen Einkauf, der durch eine Vielzahl von unkoordinierten Einkäufen ergänzt und häufig konterkariert wird. (Siehe Abb. 4)
Abb. 4: Traditioneller Beschaffungsprozess
Quelle: KPMG 1999
Applikationen, die für die dezentrale Beschaffung von MRO-Gütern eingesetzt werden, werden als Desktop Purchasing Systeme (DP-Systeme) bezeichnet. Mit ihrer
Hilfe können MRO-Güter direkt von den Mitarbeitern geordert werden, indem die
benötigten Artikel ohne Umwege am Arbeitsplatz aus den elektronischen Produktkatalogen der durch den Einkauf ausgewählten und freigegebenen Lieferanten zusammengestellt werden. Genehmigung, Durchführung, Kontrolle und Bezahlung der
Bestellung erfolgen ebenfalls über das DP-System.
37
Im Einzelnen siehe dazu: Electronic Procurement - Neue Beschaffungsstrategien durch Desktop Purchasing
Systeme, KPMG 1999
23
EQUIB
Abb. 5: Reorganisierter Beschaffungsprozess durch E-Procurement
Quelle: KPMG 1999
Durch die Automatisierung und Dezentralisierung von Einkaufsprozessen können erhebliche Kostenersparnisse38 und eine Verkürzung von Ablaufprozessen und Bestellzeiten erreicht werden. Die Minimierung von Fehlerquellen führt darüber hinaus zu
einer Qualitätssteigerung. In einer Studie der Akademie für Technikfolgenabschätzung
in Baden-Württemberg zu den Auswirkungen von E-Commerce in den Unternehmen
wird nachgewiesen, dass die elektronische Beschaffung bürokratische Prozesse allein
schon dadurch reduziert, dass Mitarbeiter so genannte C-Artikel wie Büroklammern
oder Papier über das Internet bestellen können. Diese Wirkung wird verstärkt durch
Entscheidungsbudgets, die den Mitarbeitern einen finanziellen Verfügungsrahmen
einräumen, innerhalb dessen sie ohne Information des Vorgesetzten Waren bestellen
können.39
3.3.4
Supply Chain Management und Logistik
Eine Weiterentwicklung und sozusagen neue Stufe des E-Procurement ist das Supply
Chain Management (SCM). Eine E-Lösung für SCM umfasst die integrierte Planung,
Steuerung, Abwicklung und Überwachung aller Material- und Warenströme und der
zugehörigen Informationsflüsse entlang der Wertschöpfungskette mit Hilfe moderner
Informations- und Kommunikationstechnologien. SCM ist nicht auf die Prozesse in
einem Unternehmen beschränkt, sondern bezieht sich auch auf die Beziehungen zwi-
38
Ein eindrucksvolles Beispiel der positiven Effekte des Aufbaus einer Internet-Handelsplattform liefert die Herlitz
PBS AG. Der Erfahrungsbericht über das Pilotprojekt im Bereich Einkauf und Beschaffung belegt, dass
mittels einer umfassenden E-Procurement-Lösung der Zeitaufwand für den Einkaufsprozess um 70 Prozent
reduziert werden konnte. Siehe: Ergebnisoptimierung im industriellen Beschaffungsprozess. Effektive
Zeiteinsparungen am Beispiel der Herlitz PBS AG – Erfahrungsbericht über ein Pilotprojekt. www.nettenders.com
39
Vgl. Golem Network News vom 19.12.2000; www.golem.de/0012/11411.html
24
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
schen Unternehmen. Eine zentrale Rolle im SCM kommt der Logistik zu.40 Sie nimmt
einen immer höheren Stellenwert in den Unternehmen ein und wird von ihnen zunehmend als entscheidender Wettbewerbsfaktor erkannt. Dies betrifft nicht nur die Lieferbeziehungen zu den Konsumenten, sondern auch die vertikale Integration von SupplyChain-Partnern wie Lieferanten und Kunden.41
SCM erst in Ansätzen realisiert
Der praktischen Umsetzung des Supply Chain Managements stehen allerdings erhebliche Probleme im Wege, und nach Ansicht von Logistikexperten sind funktionierende
SCM-Systeme noch nicht in Sicht: „SCM ist im Augenblick immer noch eine Vision.“42 Der aktuelle Stand zeichne sich nicht durch durchgängige Gesamtlösungen,
sondern durch eine Summe von Teillösungen aus: „Was wir heute sehen sind allenfalls
eigenständige Teillösungen. Diese Bruchstücke der Gesamtkette werden optimiert,
nicht aber die gesamte Kette.“43 Ein Grund dafür liegt darin, dass bei den proprietären
Systemen der Unternehmen in der Regel noch die notwendigen Schnittstellen für die
externe Vernetzung fehlen und die internen Prozesse noch nicht hinreichend automatisiert sind.44
Auch wenn SCM derzeit noch keine Gesamtlösung bietet, sind Teillösungen bei
Großunternehmen bereits verbreitet. Obwohl das Internet nicht nur internationalen
Konzernen Einsparungspotenziale ermöglicht, sondern auch den lokal agierenden
mittelständischen Unternehmen, sind es in der Mehrheit die Marktführer, die sich neue
Technologien zur Optimierung ihrer Supply Chain zunutze machen. Die Implementation von Supply-Chain-Management-Lösungen hat allerdings auch Auswirkungen auf
kleine und mittlere Betriebe, die als Lieferanten und Kunden in wachsendem Umfang
in die Supply-Chain eingebunden werden. (Siehe das in der Box 2 beschriebene Beispiel der Neckermann Versand AG.)
40
Zur Bedeutung der Rolle der Logistik im E-Commerce siehe: Special Logistik. In e-Commerce Magazin
09.2000, S. 108ff
41
Siehe dazu: Der kurze Prozess bringt mehr Gewinn. In CYbiz 04.2000, S. 8ff; Web-Supermärkte: Logistik
entscheidet über den Erfolg. In: Computerwoche 41/2000, S. 23ff
42
Dieter Arnold, Lehrstuhlinhaber des Instituts für Förder- und Logistiksysteme an der Universität Karlsruhe.
Zitiert nach: VDI-Nachrichten vom 09. März 2001, S. 15
43
ebd.
44
Vgl. Noch zu viele Brüche im System. In e-Market 15/01, S. 30ff
25
EQUIB
Box 2: Supply Chain Management
Einbindung von Lieferanten in die Supply-Chain
So hat die Neckermann Versand AG im Februar dieses Jahres einen ersten Schritt in
Richtung Supply Chain Management unternommen und seinen heterogenen Kreis an AFLieferanten eingebunden.
Die Neckermann Versand AG beliefert ihre Kunden im Wesentlichen auf zweierlei Weise:
Zum einen betreibt der Branchenriese am Frankfurter Unternehmenssitz sein größtes
Logistikzentrum für die Endkundenbelieferung, über das jeden Tag bis zu 50.000
Sendungen abgewickelt werden. Zum anderen gibt es Produkte, die der Hersteller, über
„Ab-Fabrik-Lieferanten“ (AF), direkt an den Kunden schickt. Dabei handelt es sich um
Produkte, die spezifisch konfektioniert oder vom Hersteller beim Kunden montiert werden.
Den Verbraucher muss das nicht weiter interessieren, denn er hat nur einen Vertragspartner,
die Neckermann Versand AG.
Bislang sind viel Papier und manueller Aufwand erforderlich gewesen, um die
Auslieferungsprozesse der AF-Lieferanten an die internen Abläufe bei Neckermann
anzubinden. Erst kürzlich ist ein automatisiertes System in Betrieb genommen worden, das
diese Anbindung erheblich schneller, effizienter und kostengünstiger gestaltet. Basierend auf
der Openshop-Software „Openshop Business“ hat die Heyde AG dafür eine Internet-Lösung
entwickelt und implementiert.
Eine Grundanforderung an das Konzept ist die höchstmögliche Einfachheit und
Anspruchslosigkeit hinsichtlich der Informationstechnologie auf der Lieferantenseite. Der
Grund: Bei den rund 400 AF-Lieferanten handelt es sich um sehr unterschiedliche
Unternehmen, vom großen Hersteller bis zur kleinen Näherei. Eine Internet-Lösung ist
sinnvoll gewesen, da www.neckermann.de seit langem eine bekannte Internet-Adresse ist.
Auf Seite der AF-Lieferanten wird lediglich ein internet-fähiger PC benötigt. Über einen
Standard-Browser surft der Lieferant auf die Web-Page, und damit steht die Verbindung.
Nach Eingabe von Benutzer-ID und Passwort ruft der AF-Lieferant einfach per Mausklick die
Auftragsbearbeitung auf.
Quelle: Cybiz 04.2000, S. 10
26
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
3.4 E-Business-Plattformen und B2B-Portale
Elektronische Handels- und Service-Marktplätze schießen seit geraumer Zeit wie Pilze
aus dem Boden und im Jahr 2000 war ein veritabler Gründerboom zu verzeichnen.45
Viele dieser Marktplätze werden allerdings aufgrund der kritischen Größe des Transaktionsvolumens, das zu ihrem Bestand notwendig ist, nach Ansicht von Experten
kaum überleben.
Funktionsweise von B2B-Handelsplattformen
Im B2B-Commerce präsentieren sich als Ein- und Verkäufer nicht nur einzelne Unternehmen. Vielmehr geht es darum, viele Nachfrager und Anbieter zusammenzubringen,
mit dem Ziel der Senkung der Produktionskosten und der effizienteren Zusammenarbeit der Unternehmen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Ziel der B2BPlattformen ist es, den Informationsaustausch und die Geschäfte zwischen Herstellern,
Handel und Partnern leichter und transparenter zu machen.
Die Funktionsweise von Handelsplattformen lässt sich am einfachsten anhand von
Beispielen demonstrieren:
Das Beispiel b-gate
b-gate ist ein vertikales, d.h. branchenorientiertes E-Business-Portal für den Mittelstand, das sich an KMU, Handwerksbetriebe und Verbände in Deutschland wendet.
Das Portal ist als offene Kommunikationsplattform konzipiert und soll alle Verbände
und Unternehmen einer Branche vernetzen, um die ganze Wertschöpfungskette sowie
Geschäftsprozesse in Ein- und Verkauf zu optimieren. Die E-Business-Plattform ist so
konzipiert, dass sich mit ihr alle gängigen ERP- und Warenwirtschaftssysteme in ECommerce integrieren lassen. Mit ihr wird das Ziel verfolgt, die gesamte Wertschöpfungskette einer Branche – von den Rohstoffanbietern über Zubehör- und Werkzeuglieferanten bis hin zu Distributoren, Endverkäufern und beteiligten Dienstleistern
– elektronisch abzubilden und zu vernetzen.
Zu den Kernfunktionen von b-gate gehören eine Content-Verwaltung mit dynamischer
Merkmalshinterlegung und -suche für Angebot und Nachfrage sowie Sell- und BuyFunktionen einschließlich dynamischer Preisfindungsalgorithmen wie Auktionen und
Reverse-Auktionen. Ergänzend dazu stellt b-gate Schnittstellen für das Herunterladen
von Informationen für Unternehmen, deren Angebote und deren Anforderungen zur
Verfügung.46
Das Beispiel AtradaPro
Der Business-Marktplatz von AtradaPro richtet sich ebenfalls an die Zielgruppe der
mittelständischen Unternehmen. Den Kunden wird die Möglichkeit geboten, auf unterschiedliche Handelsmechanismen zuzugreifen, die von Festpreisangeboten über
45
Vgl. B2B-Marktplätze im Härtetest – Benchmarking von B2B-Marktplätzen in Deutschland, Österreich und der
Schweiz;
www.forrester.com
46
akademie.de Newsboard vom 14.06.2000; www.akademie.de/news/langtext.html?id=5909
27
EQUIB
Online-Auktions- und Powershopping-Angeboten bis zu Ausschreibungen reichen.
Auf der Website präsentiert AtradaPro Einkaufsangebote, die in mehr als 500 Kategorien untergliedert sind. Der Käufer wird durch einen persönlichen Angebots-Assistenten unterstützt, der Interessenten via E-Mail über günstige Offerten in bestimmten
Produktkategorien informiert.
Ein innovatives Einkaufsmodell wird den Unternehmen mit Reverse Auctions (Ausschreibungen) angeboten. Über Ausschreibungen auf der Plattform können Offerten
verschiedener Anbieter eingeholt werden: Einkäufer geben an, was sie suchen; Verkäufer geben individuelle Angebote ab, aus denen der Einkäufer das passende auswählt. Die Funktionsweise dieses nachfrageorientierten Einkaufsmodells ist in der
folgenden Abbildung dargestellt.
Abb. 6: Funktionsweise eines elektronischen Marktplatzes am Beispiel Reverse
Auction
Marktplatz
B2B-Portal
Käufer
Anbieter
Bedarfsausschreibung
Information
d. Anbieters
Angebotsauswertung
Angebotsabgabe
Datenbank des Portals
Transaktion
- Bestellung
- Einkauf
- Zahlung
- Lieferung
Grafik: KUA/EQUIB
Darüber hinaus bietet AtradaPro mittelständischen Unternehmen eine OutsourcingLösung für den Betrieb eines E-Shops an (Mietshop). Der Atrada Store basiert auf
einer ASP-Lösung (Application Service Providing), für deren Nutzung bzw. Administration ein Internet-Zugang und eine E-Mail-Adresse ausreichen. Eine Installation
von Software auf unternehmensinternen Rechnersystemen und eine Standleitung ins
Internet entfallen, da AtradaPro die Überwachung und Weiterentwicklung des Shops
komplett übernimmt. Die Angebote des Atrada Store werden gleichzeitig auch auf den
Internet-Handelsplattformen Atrada.de (B2C; C2C) bzw. AtradaPro.de (B2B) offeriert
und damit automatisch allen Atrada-Marktteilnehmern zugänglich gemacht. Zusätzlich
zu den bei Web-Shops üblichen Festpreis-Angeboten können im Atrada Store Auktionen, Top-Down-Auktionen und Power Buying-Angebote eingestellt werden.47
47
Die Darstellung beruht auf der Beschreibung des AtradaPro-Leistungsprofils unter www.atradapro.de.
28
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Ein anschauliches Beispiel für den Beschaffungsprozess über B2B-Portale ist in der
Box 3 wiedergegeben.
Box 3: Beschaffung über B2B-Portale
Und wie funktioniert das Ganze?
Wie bei allen automatisierten Beschaffungslösungen können die Mitarbeiter Bestellungen
aus dem vom Unternehmen spezifizierten Warenkorb direkt am PC eingeben, wobei das
Interface das webbasierte Portal ist. Vorher definierte Genehmigungsprozesse laufen im
Hintergrund ab. Die Bestellungen werden – wenn gewünscht – gesammelt und dann übers
Internet an den Zulieferer weitergegeben.
Für die Portalbetreiber vereinfacht sich so das Aufbereiten, Veröffentlichen und ständige
Pflegen verschiedener Kataloge mit den darin angebotenen Waren sowie die
Prozessabwicklung von Bestellungen bis hin zur Anbindung an ERP-Systeme. Das wird mit
„many-one-many“ umschrieben: auf der einen Seite befinden sich viele Anbieter, auf der
anderen Seite viele Nachfrager, und in der Mitte ist der Marktplatz.
Am Beispiel von net-tenders.com werden die Abläufe in B2B-Portalen noch deutlicher: Mit
Hilfe des Internets sollen Beschaffungsprozesse erleichtert werden. Und danach richtet sich
auch das Produkt von net-tenders.com. Der gesamte Prozess wird durch vorgegebene
Masken im Internet standardisiert und damit vereinfacht. Nachfrager haben Zugriff auf alle
registrierten Anbieter oder auch nur auf ihre Stammlieferanten und schreiben ihren Bedarf
im Marktplatz aus. Die passenden Zulieferer werden darüber informiert und geben ihre
Angebote direkt in die Datenbank ab. Der Einkäufer erhält als Ergebnis eine ausführliche
Angebotsauswertung in Form eines Excel-Sheets. net-tenders.com bündelt
branchenübergreifend Angebot und Nachfrage auf ihrem Marktplatz. Die Lösung von nettenders.com bietet eine Kommunikationsplattform für den täglichen Gebrauch. Die
Zeitersparnis durch Nutzung dieses e-Tools – nach net-tenders.com – gegenüber der
klassischen Art der Ausschreibung: statt 13 Stunden benötigt man mit net-tenders.com nur
noch drei bis vier Stunden. Offene Schnittstellen zu den ERP-Systemen runden das Ganze
ab.
Quelle: E-Commerce Magazin48
Bisher noch geringe Akzeptanz seitens der Unternehmen
Aktuell besteht seitens der Unternehmen offenbar erst eine geringe Akzeptanz der
B2B-Marktplätze:49 Eine Studie von NET-BUSINESS und der Unternehmensberatung
Putz und Partner, die den Einsatz, die Kosten und den Nutzen von E-Business in
Deutschland untersucht, kommt Anfang 2001 zu dem Ergebnis, dass jedes vierte Unternehmen bereits einen elektronischen Marktplatz zum Kaufen oder Verkaufen genutzt hat. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Nutzung insgesamt noch gering
ist: „Viele Unternehmen nutzen Marktplätze, aber bislang geschieht das nicht sehr in-
48
Vera Kriebel, Jessica Woelm: Boom bei B2B-Portalen. In: E-Commerce Magazin 1-2/2000, S. 58f
49
NET-BUSINESS, 05. März 2001, S. 19
29
EQUIB
tensiv.“ Nach einer Analyse von Sterling Commerce50 stellen B2B-Marktplätze lediglich für jeden neunten Business-Verantwortlichen eine interessante Alternative zum
herkömmlichen Handel dar; in Übereinstimmung mit diesem Ergebnis geben auch nur
11 Prozent der Befragten an, dass sie B2B-Marktplätze regelmäßig aktiv nutzen. Nach
den Initiatoren der Befragung lässt sich daraus jedoch „keine generelle Skepsis gegenüber dem elektronischen Handel ableiten. Wohl aber wird deutlich, dass die Unternehmen noch sehr stark den traditionellen Handelsprozessen verhaftet sind.“
Insgesamt wird den Marktplätzen von vielen Marktforschern jedoch eine rosige Zukunft vorausgesagt.51 „Sie werden sich mit Hilfe einer Kombination von Handelsmöglichkeiten und anderen Services weiter etablieren. Umsätze generieren dabei zum einen Lösungen, die auf transaktionsabhängige Gebühren setzen. Aber auch Modelle,
die auf Mitgliedschaft basieren, können eine erfolgreiche Alternative darstellen.“52
Ergänzend komme dem industriespezifischen Content und Dienstleistungs- und Beratungsangeboten eine wichtige Rolle zu.53
Einen Überblick über die wichtigsten unabhängigen Marktplätze gibt die folgende
Tabelle.
Tab. 3: Die wichtigsten unabhängigen Dienstleistungsmarktplätze
Gemischte Handelsplattformen und reine Dienstleistungsvermittler
Marktplatz
Profil
Gebühren pro Angebot
Zahl der Kunden
in Deutschland
Atradapro.de
Bietet Produkte und
Dienstleistungen
5 – 10 DM / 1 – 5 %
400 000 Nutzer /
9000 Anbieter
Goodex.com
Bietet Produkte und
Dienstleistungen
individuelle Gebühr / 1 – 2,5 %
2000 Nutzer /
1500 Anbieter
Mercato.com
Bietet Produkte und
Dienstleistungen
keine Gebühr / Provision 3 – 5 %
35 000 Nutzer /
3500 Anbieter
Mondus.de
Bietet Produkte und
Dienstleistungen
30 – 150 DM / 1 – 5 %
40 000 Nutzer /
4500 Anbieter
Workxl.de
Dienstleistungen im
B-to-B-Bereich
5 – 15 Euro / 1 – 3 %
6500 Nutzer /
19 000 Anbieter
Yellout.de
B-to-B und B-to-CDienstleistungen
4 – 10 DM / Monatsgebühr 4 – 30 DM
6000 Nutzer /
15 000 Anbieter
Quelle: e-Market54
50
Die Analyse beruht auf einer bundesweiten, branchenübergreifenden Befragung, die im September/Oktober 2000
bei 502 Unternehmen über 50 Mio. DM durchgeführt wurde.
SC Analyse 4/2000. Befragung eMarktplätze; www.e-barometer.de/analysen/scanalyse200004.asp
51
Siehe: Electronic Commerce InfoNet – Marktbarometer – B2B-Umsätze: Wo laufen sie denn?
www.ecin.de/marktbarometer/b2b-umsatz/index.html
52
IDC-Analyst Mikael Arnbjerg, zitiert nach ECIN News vom 14.02.2001
53
Vgl. auch Henry Steinkau: Ein langer Atem ist gefragt. In: e-Market 12/01, S. 42ff
54
e-Market 12/01
30
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
3.5 Von Insellösungen zur Backoffice- und GeschäftsprozessIntegration
Die Darstellung der unterschiedlichen E-Commerce-Anwendungen hat bereits deutlich
werden lassen, dass Insellösungen dem Grundprinzip des E-Commerce widersprechen
und wenig effektiv sind. Die Rationalisierungspotenziale kommen erst dann zum
Zuge, wenn die Anwendungen sich nicht nur auf das Frontend beziehen, sondern über
eine Schnittstelle zum Backend verfügen und eine durchgehende Gestaltung der Geschäftsprozesse realisiert ist.55
Unternehmen, die ihre E-Business-Lösungen nicht in die übrigen Systeme und die
Geschäftsprozesse des Unternehmens integrieren, riskieren einen sogenannten SiloEffekt: „Als Silo bezeichnet man eine unabhängige Anwendung, die keine Beziehungen zum Unternehmen als Ganzes hat. Der Schwerpunkt solcher Silo-Anwendungen
liegt notwendig darauf, eine einzelne Funktion zu ermöglichen, z.B. Katalogdarstellung, Bestellungseingabe o.ä. Silo-Lösungen bieten jedoch keinen Ansatz, Unternehmensprozesse in ihrer Gesamtheit (z.B. Auftragsabwicklung) zu verbessern. Da die in
solchen Silos generierten Kundendaten (Website-Statistiken, Feed-Back etc.) nicht
selbstverständlich zu den betreffenden Unternehmensfunktionen weitergeleitet werden, gehen in der Regel auch wertvolle Informationen verloren.“56
Die Integration stellt nicht nur hohe Anforderungen an das IT-Personal eines
Unternehmens oder die damit beauftragten Dienstleister, sondern führt auch im Unternehmen selbst zu Veränderungen der betrieblichen Organisationsstruktur sowie der
Geschäftsprozesse und ihres Ineinandergreifens. Damit verbunden sind neue Aufgabenzuschnitte und Zuständigkeiten der Mitarbeiter, die die Anforderungsprofile unmittelbar affizieren.
3.5.1
Implementationsstufen des E-Business
Bevor auf die Herausforderungen näher eingegangen wird, mit denen die Unternehmen bei der Integration interner und externer Geschäftsprozesse konfrontiert sind,
werden im Folgenden die unterschiedlichen Stufen der Implementation von E-Business-Lösungen dargestellt. In den seltensten Fällen erfolgt die Realisierung eines
komplexen E-Business-Geschäftsmodells in einem Schritt; der Prozess der Einführung
durchläuft in der Regel mehrere Stufen, die eine zunehmende Integration in die Geschäftsprozesse des Unternehmens beinhalten.
55
Vgl. E wird Kernkompetenz. In e-Market 16/01, S. 20ff
56
Grundlagen für eine nachhaltige E-Business-CRM Strategie; Management Portal – www.themanagement.de
31
EQUIB
Die Abfolge der einzelnen Stufen ist in Abb. 7 dargestellt.
Abb. 7: Implementationsstufen von Online-Anwendungen in den Unternehmen
Nutzungsbreite und -tiefe von
Online-Anwendungen
Passive Nutzung
V. E-Integration
aller Geschäftsprozesse
Einstiegshürden:
Ø Kosten
IV. BackofficeIntegration
Ø Qualifikation
Ø Wirtschaftlicher Nutzen
III. Nutzung als
Transaktionsmedium
Ø Kundenakzeptanz
II. Nutzung als
Präsentationsmedium
Ø Sicherheitsbedenken
Aktive Nutzung
I. Nutzung als
Informationsmedium
Unternehmen
offline
Unternehmen online
Zeit
Quelle: Grafik KUA/EQUIB
Auf der Grundlage des Umfangs der implementierten betrieblichen Online-Anwendungen und des Grades ihrer Integration in die Geschäftsprozesse lässt sich eine
Differenzierung der Unternehmen, die das Internet für betriebliche Zwecke nutzen,
vornehmen. Diese Unterscheidung charakterisiert im Prinzip auch die zeitlich aufeinanderfolgenden Schritte des Aufbaus eines umfassenden E-Business-Szenarios. Sie ist
deshalb nicht nur von theoretischem Interesse, sondern bildet die Grundlage zur Identifizierung der Zielgruppen für eine bedarfsgerechte Beratung und Qualifizierung von
Unternehmen und ihrer Mitarbeiter.
Bezogen auf die Internet-Anwendungen zu unterscheiden sind passive und aktive
Formen der Nutzung:
Eine passive Nutzung liegt im Wesentlichen dann vor, wenn Online-Medien als
Kommunikations-, Informations- und Präsentationsmittel eingesetzt werden. In diese
Rubrik fallen
32
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
•
die Nutzung des Internets zur Beschaffung von Informationen (Preis- und Produktinformationen, Informationen über Wettbewerber, Abruf von Informationen aus
Datenbanken etc.),
•
E-Mail Nutzung zur Kommunikation zwischen dem Unternehmen und Kunden
bzw. dem Unternehmen und Geschäftspartnern,
•
die Nutzung des Internets als Präsentationsmedium, das heißt die Darstellung des
Unternehmens und seines Produkt- und Dienstleistungsangebots auf einer Internetseite ohne weitergehende transaktive Funktionalitäten (Beispiel: Homepage eines
Unternehmens mit der Möglichkeit der Kontaktaufnahme über E-Mail).
Eine aktive Nutzung liegt vor, wenn das Internet für geschäftliche Transaktionen
eingesetzt wird und E-Business-Lösungen im eigentlichen Sinne implementiert sind;
dabei lassen sich nach Maßgabe der Anwendungstiefe - Umfang der Integration webbasierter Anwendungen in die internen Geschäftsprozesse und die Einbindung in die
IT-Infrastruktur des Unternehmens - verschiedene qualitative Entwicklungsstufen
unterscheiden:
•
die Nutzung des Internets als Transaktionsmedium für den Verkauf und den Einkauf (E-Shop und E-Procurement) mit keiner oder nur geringer elektronisch gestützter Einbindung in die interne Organisation von Geschäftsabläufen (Beispiel:
Online-Shop als Stand-Alone-Lösung mit einfachen Bestellfunktionen, der weitgehend manuell gepflegt wird),
•
die Nutzung des Internets für Kauf-, Verkauf-, Marketingfunktionen etc., die
Schnittstellen zur informationstechnischen Infrastruktur (Backoffice-Integration)
des Unternehmens aufweisen (Beispiel: Online-Shop mit einer Schnittstelle zum
Warenwirtschaftssystem),
•
die weitgehende Abbildung aller internen und externen Geschäftsprozesse im Internet und die Einbeziehung aller Stufen der Wertschöpfungskette des Unternehmens in webbasierte E-Business-Anwendungen (Beispiel: Interaktive Website mit
Online-Verkauf und Datenaustausch mit den Partnern in der Wertschöpfungskette,
Intranet zur unternehmensinternen Kooperation etc.).
3.5.2
Integration von internen und externen Geschäftsprozessen
„In langfristiger Perspektive geht es dabei (beim E-Commerce, d.Verf.) um weit mehr
als die Erschließung eines zusätzlichen Kanals für den netzgestützten Vertrieb von
Produkten und Dienstleistungen an Endkunden („Electronic Shopping“). Auf der
Tagesordnung steht vielmehr eine ‚umfassende Verzahnung und Integration unterschiedlicher Wertschöpfungsketten und unternehmensübergreifender Geschäftsprozesse‘ (Bliemel/Fassott/Theobald 1999, S. 2) auf der Basis des Internets.“57
57
Michael Schwemmle, Claus Zanker: Nicht „Anfang vom Ende“, sondern „Ende vom Anfang“: E-Commerce
nach dem „Hype“. In: WSI-Mitteilungen 1/2001, S. 20
33
EQUIB
Allgemein gilt der Grundsatz: Je besser E-Commerce-Anwendungen in bestehende
IT-gestützte Prozesse wie z.B. Warenwirtschafts-, Logistik- oder Buchungssysteme
integriert sind, desto effektiver ist ihr Einsatz und desto effizienter das Ergebnis. Im
B2B-Bereich stellt sich das Thema Integration im Vergleich zur Backend-Integration
von B2C-Online-Shops in potenzierter Form: Im Zentrum des elektronischen Handels
zwischen Unternehmen stehen Communities. Teilnehmer sind Lieferanten, Kunden
und andere Geschäftspartner, die über unterschiedliche Systemvoraussetzungen, Applikationen und Geschäftsmodelle verfügen. Sie müssen beim B2B zusammengeführt
werden; aus diesem Grund ist die Geschäftsprozessintegration ein kritischer Erfolgsfaktor. (Siehe Abb. 8) „Zum wesentlichen Nutzen des elektronischen Handels zwischen Unternehmen gehört, dass durch eine Automatisierung der Geschäftsprozesse
der Aufwand und die Bearbeitungszeiten erheblich reduziert werden. Oder umgekehrt: Wenn im B2B keine ausreichende Integration besteht, reduziert sich das
Nutzenpotenzial ganz dramatisch. Genau an dieser Stelle haben die im elektronischen
Handel aktiven Unternehmen beim Aufbau ihrer E-Business-Infrastruktur auch die
größten Schwierigkeiten registriert: In den befragten Branchen nennen 71 Prozent die
Integration der Geschäftsprozesse als Hauptproblem.“58
Abb. 8: Web-Integration von Anwendungen und Geschäftsprozessen
Quelle: KPMG
Business Process Integration (BPI) beinhaltet die Umstellung aller IT-Prozesse eines
Unternehmens auf Internettechnologien. Nach erfolgter Restrukturierung der EDVSysteme können die Benutzer über eine einheitliche Benutzeroberfläche auf die bereits vorhandenen Systeme zugreifen, wodurch u.a. auch die Bedienerfreundlichkeit
58
Diese Aussage bezieht sich auf das Ergebnis einer Befragung im Rahmen der von Sterling Commerce
halbjährlich durchgeführten Trendstudien des B2B-Marktes in Deutschland; Pressemitteilung „Unternehmen
bremsen
sich
selbst
durch
Know-how-Defizite
im
E-Business
aus“;
www.sterlingcommerce.de/about/news/presse_detail.asp?ID=53
34
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
deutlich verbessert wird. „Die technischen Anforderungen sind enorm, weil die Teilnehmer in automatisierten Abläufen gemeinsam Informationen über unterschiedliche
Anwendungssysteme hinweg nutzen sollen. Notwendig sind deshalb spezielle Business-Process-Integration-Lösungen (BPI), die sich dazu eignen, die Unterschiede zwischen den sehr verschiedenen Betriebssystemen, der Hard- und Software zu überwinden. Ebert-Weglehner (Management, Sterling Commerce, d.Verf.) vergleicht das mit
dem Problem der Sprachenvielfalt: „Es ist wie bei einem internationalen Meeting,
dessen Teilnehmer nur ihre Heimatsprache beherrschen, aber trotzdem muss eine gemeinsame Kommunikation stattfinden. Die Übersetzung übernehmen diese speziellen
Integrationslösungen.“59
Der Umfang der Aufgabe, vor denen die Masse der Unternehmen noch steht, wird
deutlich, wenn man den Status Quo der Integration betrachtet:
•
In vielen Unternehmen besteht eine im Laufe der Jahre ungeplant gewachsene ITInfrastruktur: Als Ergänzung zu einem Kernsystem wurde eine Insellösung nach
der anderen hinzugekauft, und damit die unterschiedlichen Lösungen zusammenarbeiten konnten, wurden Schnittstellen programmiert. Auf diese Weise sind
komplexe und häufig instabile Systeme entstanden, deren Wartung aufwendig ist
und die ohne spezielles Know-how nicht internetfähig sind.
•
Oft werden über traditionelle Prozesse und ihre Bearbeitung moderne EDV-Systeme gelegt, ohne dass die alten Prozesse umgestaltet werden. Eine Marktuntersuchung von B2C-Online-Shops, die von der Unternehmensberatung Wiesenhuber
& Partner im August letzten Jahres vorgelegt wurde, zeigt beispielsweise, dass
etwa zwei Drittel aller Online-Shops intern offline arbeiten. Sie verfügen über
keine Backend-Anbindung und operieren damit ohne eine echte Integration von
Geschäftsprozessen wie Auftragsbearbeitung, Logistik oder Zahlung. Die
fehlende Integration von Daten, Prozessen und Systemen führt dazu, dass Medienbrüche vorhanden sind, und eine manuelle Bearbeitung von Geschäftsvorgängen –
beispielsweise müssen Online-Bestellungen von Mitarbeitern jeweils manuell
geprüft und bearbeitet werden – notwendig ist.60
Angesichts dieser Probleme, die mit der Business Process Integration verbunden sind,
warnt auch der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) vor überzogenen Erwartungen an schnelle Erfolge im E-Business: „Die Einbindung von E-Business-Lösungen in komplexe Unternehmensabläufe braucht Zeit. Dabei darf die Schere
zwischen dem technisch Machbaren und dem Wissens- und Anwendungsstand der
Mitarbeiter nicht zu weit auseinanderklaffen.“61 Im Klartext: BPI muss mit einer permanenten Weiterbildung der Mitarbeiter verzahnt werden. Dass dies derzeit eher die
Ausnahme zu sein scheint, belegt die bereits zitierte Untersuchung von Sterling
Commerce: Danach gibt jedes zweite der 203 befragten E-Business-Unternehmen an,
dass Know-how-Probleme den Markterfolg bisher beeinträchtigt haben. Ein noch
59
60
61
Frank Neureiter: Virtuelle Gründerzeit. In: E-Commerce Magazin 12/2000, S.106
Siehe W&P: www.wieselhuber.de/php3/newsdetail.php3?nr=13; siehe dazu auch: Am seidenen Faden. Der
Übergang von der Shopsoftware zur restlichen Unternehmens-EDV. In: E-Commerce Magazin 04/2000, S.
42ff
E-Business: Überzogene Erwartungen an schnellen Erfolg. e-Market aktuell vom 16.03.2001; www.emar.de
35
EQUIB
größerer Anteil der Befragten, nämlich 61 Prozent, ist der Auffassung, dass eines der
größten Probleme beim Aufbau der E-Business-Infrastruktur im mangelnden Knowhow bestand.
Auf dem Gebiet der Geschäftsprozessintegration liegt folglich auch ein Schwerpunkt
der Qualifikationsbedarfe im E-Commerce. Dies betrifft nicht nur die technischen
Kompetenzen zur Realisierung von Integrationslösungen, sondern auch die Umstellung von Geschäftsprozessen und betriebsorganisatorischen Abläufen, von denen
wiederum nachhaltige Veränderungen der Anforderungsprofile der Mitarbeiter auf der
operativen Ebene, d.h. der Beschäftigten in den verschiedenen Fachabteilungen im
Unternehmen ausgehen.
3.6 Mobile Business – die nächste Generation des Internets
Die Internet-Technologie hat in den vergangenen Jahren eine Entwicklung durchlaufen, die von einer bisher nicht gekannten Dynamik gekennzeichnet ist. Diese Dynamik
wird sich auch zukünftig fortsetzen. Die nächste Generation des Internets zeichnet sich
durch „hohe Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit für geschäftliche Anwendungen, Servicequalität, durchgängige Datenübertragung auf optischen Netzen bis zum Desktop,
hohe Transaktionssicherheit durch Managed-Security sowie flexible Bereitstellung
von Inhalten und Diensten für jedes Endgerät“62 aus.
Ein wesentliches Merkmal der nächsten Internet-Generation ist Mobilität: Der Zugang
zum Internet kann gleichermaßen über Kabel wie über Funk erfolgen. Das bedeutet,
dass auch Business-Anwendungen in zunehmendem Maße mobil werden. Mobile
Business (M-Business) kann als Konvergenz von Internet, Mobilität und Electronic
Business beschrieben werden und beinhaltet die Möglichkeit, jederzeit von jedem Ort
aus zu kommunizieren, Informationen abzurufen oder Transaktionen vorzunehmen. In
Verbindung mit den Möglichkeiten des Mobilfunks eröffnet Mobile Business auch
neue Absatzkanäle über das Internet (M-Commerce).
Allerdings werden trotz der zunehmenden Verbreitung von mobilen Internet-Geräten
auch in den nächsten 5 Jahren die meisten Online-Geschäfte voraussichtlich noch über
den PC abgewickelt werden.63 Neben dem M-Commerce, dem Handel über das
Mobiltelefon und andere mobile Internetclients, liegt ein Schwerpunkt des Mobile
Business im sogenannten Business-to-Employee-Bereich, der nach Meinung von
Analysten in Zukunft rund ein Drittel der mobilen Anwendungen ausmachen wird. Für
Geschäftsvorgänge vom „mobilen Büro“ aus wird u.a. die WAP-Technologie, auf der
die Kommunikation mit internetfähigen Mobiltelefonen basiert, eingesetzt. (Siehe
dazu das Beispiel in Box 4.)64 Ein Beispiel aus dem Land Bremen für die Nutzung von
WAP liegt bei der BLG Logistics Group vor. Dort kann der Außendienst mit Hilfe
62
Internet macht mobil. In: Compendium Mobile Business, Verlagsbeilage der Computerwoche Verlag GmbH,
München 2001, S. 2
63
Die Marktforscher von Forrester gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2005 rund 80 Prozent des gesamten B2CMarktvolumens über den PC getätigt werden. Vgl. ECIN News vom 06.09.2000
64
WAP (Wireless Application Protocol) bezeichnet das Übertragungsprotokoll, das die Darstellung von Internetinhalten auf geeigneten Mobiltelefonen ermöglicht.
36
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
einer Mobile-Office-Management-Lösung auf die Logistikdaten des zentralen Servers
zugreifen. Der E-Logistik-Prozess der BLG wird vollständig über das Internet abgewickelt, und über WAP-Handys können auch die Außendienstmitarbeiter auf das im
Unternehmen implementierte Logistikkontrollsystem LOON zugreifen. Ihnen stehen
damit unabhängig vom jeweiligen Standort beliebige Office-Dokumente wie Termine,
Verträge, Angebote oder Excel-Tabellen jederzeit zur Verfügung.65
Box 4: Business-to-Employee
Ein typisches Szenario: Betreuung eines Distributionspartners eines
Mobilfunknetzbetreibers durch den Außendienstmitarbeiter
Der Außendienstmitarbeiter kommt zu einem Händler, um eine Verkaufsaktion zu
besprechen. Die Aktion soll gleich nächste Woche gestartet werden. Für diesen Zweck kann
er sich im Büro vorbereiten. Später sitzt er jedoch beim Händler, der gerade eine Idee zu
einer anderen Aktion hat, bei der zwei spezielle Handys als Zugpferde einzusetzen sind.
Darauf ist der Key Account Manager nicht vorbereitet und müsste zum Telefonhörer greifen,
um sich mit der Logistik verbinden und über die Verfügbarkeit einzelner Produkte
informieren zu lassen. Insbesondere wenn die gewünschten Produkte nicht verfügbar sind,
setzt ein umständlicher und aufwendiger Prozess des Frage/ Antwort-Spiels ein, bei dem er
sich das Gehörte notieren muss.
Über die realisierte WAP-Applikation kann der Außendienstmitarbeiter über alle aktuellen
Produkte die wesentlichen Kennzahlen wie Lagerbestand, offene Aufträge oder
Produktionsplanung der folgenden Periode abrufen. Vielleicht erinnert er sich zudem, dass
der Händler eigentlich schon eine größere Menge von diesem Handy-Modell erhalten hat.
Dann wechselt er von der Logistik in die Partnersicht der Applikation und lässt sich eine
Statistik der entsprechenden Infos über diesen speziellen Account geben. Und dazu die
Anschaltzeiten, sprich die Kennzahl, die zu erkennen gibt, welche Mobiltelefone auch über
den Ladentisch gewandert sind und aktiviert wurden.
Durch die Möglichkeit, Informationen selbständig per WAP abrufen zu können, kann jeder
Außendienstmitarbeiter spezifische Fragen von Händlern sofort beantworten und damit die
Kundenzufriedenheit erhöhen. Bisher mussten die Mitarbeiter alle benötigten Informationen
im Backoffice telefonisch erfragen, mit teilweise langen Wartezeiten.
Quelle: Peter Laupert: WAP geht immer. In: e-commerce magazin 4/01, S. 96
Zu den Perspektiven des „mobilen Geschäftsverkehrs“ und zur WAP-Technologie liegen unterschiedliche Einschätzungen vor.66 Vor allem von den Herstellern mobiler
Endgeräte ist M-Business als „nächste Stufe der Internet-Revolution“ (Siemens) aus-
65
Siehe die Fallstudie: Logistik per WAP-Handy. In: e-commerce magazin 4/01, S. 98ff
66
Siehe „Mobile Commerce – Das neue Zauberwort?!?“;
www.webagency.de/infopool/e-commerce-knowhow/mobile-commerce.htm
37
EQUIB
gerufen worden.67 Auch das Marktforschungsinstitut Forrester Research glaubt an den
Erfolg der WAP-Technologie und prognostiziert, dass bereits im Jahr 2005 über 54
Prozent der europäischen Handy-Besitzer mobile Internet-Services benutzen werden.68
Demgegenüber sieht das Marktforschungsinstitut Giga die Erfolgsaussichten für das
„mobile Internet“ mit WAP weniger rosig: Die Mängel von WAP bestehen danach in
kleinen Displays, hohen Verbindungsgebühren und fehlenden Produktinformationen.69
Hinzu kommt, dass viele Nutzer über die Möglichkeiten, die ihre mobilen Geräte bieten, nicht informiert sind.70
Für viele Experten liegen die Schranken der Nutzung mobiler Endgeräte für M-Business-Anwendungen zur Zeit vor allem noch in den niedrigen Übertragungsraten der
bestehenden Netze.71 Nach ihrer Auffassung ist ein nachhaltiger Schub für das Mobile
Business auf breiter Basis erst von der UMTS-Generation (Universal Mobile Telecommunications System) der Mobilfunknetze ab 2002 zu erwarten: UMTS eröffne
aufgrund seiner Übertragungsraten, die je nach Ausbaustufe vierzig- bis zweihundertmal über denen heutiger digitaler Mobilfunknetze liegen, der Mobil- und MultimediaKommunikation nahezu unbegrenzte Möglichkeiten.
Auf der Grundlage der Bandbreite mobiler Netzwerke wie UMTS und der Entwicklung leistungsfähiger mobiler Internetclients, die auch multimediale Inhalte wiedergeben können, werden dem M-Commerce gute Chancen eingeräumt, sich zu einer Alternative zum E-Commerce zu entwickeln, die das ganze Spektrum von B2B und B2C-
67
Siehe dazu die eher vom Geschäftsinteresse als von der realen Entwicklung geprägte euphorische Einschätzung
der BITKOM: „Mobilkommunikation und die neuen Telekommunikationsdienste treiben den ITK-Markt
insbesondere in Europa. Wenn das Internet mit mobilen Anwendungen zusammenwächst, explodieren die
Märkte. Im mobilen elektronischen Handel wurden im vergangenen Jahr europaweit mehr als 2,5 Milliarden
DM umgesetzt. In Deutschland waren es 483 Millionen DM. Bis zum Jahr 2003 kann in fast allen
europäischen Ländern von durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten von ca. 200 % ausgegangen werden.
In der Mobilität des Internets liegt die besondere Chance der deutschen und europäischen Industrie. Manche
sahen den Internet-Zug für die europäische Wirtschaft schon endgültig abgefahren. Ohne Zweifel lagen
insbesondere die USA vorne. Und noch ist das Internet in erster Linie ein immobiles PC-Netz. Schon in
wenigen Jahren aber wird das Internet ein mobiles Handy-Netz sein, wie das Beispiel Japans jetzt bereits
zeigt. Bei mobilen Technologien und Anwendungen liegt die besondere Stärke der europäischen und der
deutschen Industrie. Mobility ist der alles bestimmende Technologietrend. Das mobile Internet der
kommenden Jahre wird die Handschrift Europas tragen.“ BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft,
Telekommunikation und neue Medien e.V. Berlin/Frankfurt): Wege in die Informationsgesellschaft. Status
quo und Perspektiven Deutschlands im internationalen Vergleich. Edition 2001, S. 20;
www.bitkom.org/publikationen
68
Siehe Internet World, News vom 27.9.2000; www.internetworld.de/index_7265.html. Andere Marktstudien
erwarten, dass bereits im Jahr 2001 mehr als die Hälfte aller Mobil-Telefonierer WAP verwenden. Es muß
wohl kaum erwähnt werden, dass diese Marktstudien von interessierter Herstellerseite lanciert wurden.
69
Siehe dazu: ‚M-Commerce‘: Neue Business-Modelle statt neuer Technik: In: Online Aktuell, Ausgabe 03/2000
vom 21. Februar 2000; vgl. auch Nielsen: Wap ist auch in Sachen Nutzwert ein Flop (11.12.2000);
www.akademie.de/news/langtext.html?id=8024 und Edgar Einemann: WAP in der Stunde Null: Mehr Flop als
Top. Zum Stand von WAP-Nutzungsmöglichkeiten und WAP-Seiten-Test. Eine Momentaufnahme für das
Magazin Focus. Bremen, 23.06.2000; www.einemann.net/WAP.htm sowie „M-Commerce überflüssig, WAP
nur Fingerakrobatik?“; www.akademie.de/news/langtext.html?id=8490
70
Nach einer repräsentativen Untersuchung der Heyde AG, die im Februar 2001 von der Gesellschaft für
Konsumforschung (GfK) durchgeführt wurde, kennen weit über 50 Prozent der befragten Handy-Besitzer die
bereits verfügbaren Dienste und die technischen Fähigkeiten ihrer mobilen Endgeräte nicht. Siehe ECIN
News vom 07.03.2001
71
„M-Commerce befindet sich gegenwärtig bestenfalls in einem Vorstadium, denn vorhandene technische
Infrastrukturen (Geschwindigkeiten, Endgeräte) sind noch völlig unzureichend.“ Forrester: Mobile Commerce
in Deutschland – Jenseits der Euphorie; www.forrester.com
38
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Anwendungen wie Auktionsplattformen, Shopsysteme usw. umfassen wird. Hinzu
kommt, dass „Local Based Services“ (LBS), also Dienste über die sich Funktionen zur
Positionsbestimmung eines Handy-Besitzers – etwa mit Hilfe von GPS – und seine
Erreichbarkeit über das Mobilfunknetz verknüpfen lassen, neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnen. Der Anbieter könnte dem Teilnehmer damit auf seinen aktuellen
Aufenthaltsort abgestimmte Informationen und Dienstleistungen anbieten.72
Experten erwarten beim M-Commerce eine ähnliche Entwicklung wie beim E-Commerce per PC, dessen Durchbruch erst aufgrund von Anwendungen für das Businessto-Business erfolgte.73 Allerdings ist eine „Killer Applikation“, d.h. eine Anwendung,
die die durchschlagende und massenhafte Verbreitung des mobilen Geschäftsverkehrs
sichert, bislang noch nicht in Sicht. Vielmehr wird das Fehlen von Konzepten und der
Kompetenz auf Seiten der UMTS-Lizenzinhaber beklagt und bezweifelt, ob ihre
Milliardeninvestitionen sich jemals amortisieren werden. 74
3.7 Qualifikationsanforderungen aufgrund von E-CommerceAnwendungen
Die Implementation von E-Commerce-Lösungen stellt die Unternehmen und ihre Mitarbeiter vor weitreichende qualifikatorische Herausforderungen: Die Humanressourcen auf allen Stufen der betrieblichen Wertschöpfungskette werden mit neuen Anforderungen konfrontiert, die von den webbasierenden Anwendungen ausgehen. Dies gilt
gleichermaßen für die Betriebsführung bzw. das Management, die IT-Fachkräfte sowie
auf der operativen Ebene vor allem für die Mitarbeiter in den kaufmännisch-administrativen Funktionen.
Als inhaltliche Schwerpunkte, auf die sich die Anforderungen konzentrieren, lassen
sich auf der Basis des gegenwärtigen Standes der Entwicklung folgende auch für
KMU relevante Anwendungsbereiche der aktiven Internet-Nutzung identifizieren:
•
72
Das Internet als neuer Vertriebskanal:
E-Shop-Lösungen sind bei großen Unternehmen bereits relativ weit verbreitet und
auch KMU werden in Zukunft nicht daran vorbeikommen, die Potenziale dieses
neuen Vertriebskanals zu nutzen. Daraus resultiert ein aktuell hoher Qualifikationsbedarf auf diesem Gebiet. Grundlegende Kenntnisse über das Internet und den
Online-Verkauf sind eine elementare Voraussetzung für die Nutzung des neuen
Geschäftsmediums für den Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen. Notwendig sind die Kenntnis der Formen des elektronischen Handels und die Fähigkeit,
die Leistungsmerkmale der angebotenen Shop-Lösungen im Kontext der jeweiligen betrieblichen Anforderungen zu beurteilen. Weiterhin bedarf es des Wissens
darüber, welche Produkte sich zum Verkauf über das Internet eignen und welche
Marketing-Strategien für den erfolgreichen Online-Auftritt eingesetzt werden kön-
„Denkbar wäre beispielsweise ein mobiler ‚Michelin-Guide‘ mit Wegbeschreibung und Öffnungszeiten des
nächstgelegenen Restaurants, den Taxiruf vor Ort oder Hinweise auf Einkaufsmöglichkeiten, Hotels oder
Postämter.“ DMMV forciert mobile Web-Dienste. In: Computerwoche 11/2001, S. 7
73
Vgl. B-to-B im mobilen Internet. In: Net-Business, 30. März 2001, S. 33
74
Vgl. Die mobile Verwirrung. In: e-Market 13/2001, S. 42ff
39
EQUIB
nen. Das Personal auf der operativen Ebene muss dazu befähigt werden, ShopLösungen kompetent zu handhaben und die damit zusammenhängenden Geschäftsprozesse zu „durchschauen“.
•
E-Commerce-Anwendungen zur Kundengewinnung und –bindung:
Im Zusammenhang mit dem elektronischen Verkauf kommt dem Customer Relationship Management d.h. dem gezielten Management der Kundenbeziehungen, das
das Ziel der Gewinnung und Bindung von Kunden verfolgt, eine zunehmende Bedeutung zu. Kundenorientiertes Denken und Handeln im Kontext von E-Geschäftsprozessen ist in wachsendem Umfang von allen Beschäftigten im Unternehmen gefordert. Dazu müssen sich die Mitarbeiter entsprechende Kompetenzen
aneignen. Neue Qualifikationen sind sowohl für die Kundenberatung über das
Netz als auch für den Einsatz und die Handhabung von E-CRM-Systemen, vor deren Einführung zur Zeit auch viele KMU stehen, gefordert.
•
Das Internet in der Beschaffung – E-Procurement:
Automatisierte E-Procurement-Lösungen und die Nutzung des Internets als
Beschaffungsplattform werden aller Voraussicht nach in wenigen Jahren in der
Mehrzahl der Unternehmen Standardanwendungen sein. Die Information der Geschäftsführungen über die Potenziale des E-Procurements und die Vermittlung von
Qualifikationen auf diesem Gebiet an die für den Einkauf verantwortlichen
Mitarbeiter stehen folglich für viele Betriebe auf der Tagesordnung. Die Einführung von Desktop Purchasing Systemen und die mit der Automatisierung von Einkaufsprozessen verbundene Dezentralisierung erfordern darüber hinaus, dass alle
Mitarbeiter im Betrieb die Funktionsweise der für die Beschaffung eingesetzten
neuen Techniken zu beherrschen lernen.
Perspektivisch ist ein wachsender Qualifikationsbedarf für die Planung und Realisierung von SCM-Lösungen (Supply Chain Management) zu erwarten. Diese umfassende E-Business-Anwendung, die bisher erst bei Großbetrieben in Teilbereichen realisiert ist, betrifft unmittelbar auch KMU, die als Partner oder Zulieferer in
die Supply Chain von großen Unternehmen eingebunden sind und mit deren Systemen kommunizieren müssen. Für die Mitarbeiter in KMU ist damit erheblicher
Qualifikationsbedarf verbunden.
•
Elektronische Handels- und Service-Marktplätze:
Auch wenn der Durchbruch von B2B-Marktplätzen bisher noch auf sich warten
lässt, wird für die kommenden Jahre erwartet, dass ein hoher Anteil des Handelsvolumens über sie abgewickelt wird. Die Vermittlung der Kompetenz zur Nutzung
der Serviceangebote und der unterschiedlichen Handelsformen, die B2B-Marktplätze sowohl Käufern als auch Verkäufern anbieten, wird tendenziell ein wichtiges Feld der Qualifizierung von Unternehmen sein.
•
Backoffice- und Geschäftsprozessintegration – BPI (Business Process Integration):
Die für das Management und das IT-Personal zur Zeit größte qualifikatorische
Herausforderung besteht in der Business Process Integration. Unternehmensintern
geht es dabei um die Anbindung von E-Commerce-Anwendungen an die BackendSysteme der Unternehmen und ihre Integration in bestehende IT-gestützte
Prozesse wie z.B. Warenwirtschafts-, Logistik-, und Buchungssysteme. Unternehmensextern besteht die Aufgabe darin, die unterschiedlichen Systemvoraussetzun40
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
gen, Applikationen und Geschäftsmodelle der Partner in der Wertschöpfungskette
zusammenzuführen und alle IT-Prozesse eines Unternehmens auf Internettechnologien umzustellen. Dazu sind vor allem seitens der IT-Fachkräfte umfangreiche
informationstechnische Qualifikationen erforderlich.
Von der mit einer weitgehenden BPI induzierten Umstrukturierung von Geschäftsprozessen und der davon ausgehenden Veränderung der Ablauforganisation
werden auch die Anforderungsprofile der Mitarbeiter auf der operativen Ebene
affiziert. Welche neuen Qualifikationsanforderungen damit perspektivisch im
Einzelnen verbunden sein werden, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht definitiv zu beantworten.
•
Mobile Commerce:
In mittelfristiger Perspektive werden mit M-Business neue Anforderungsprofile an
das Management und die Geschäftsführungen von Unternehmen verbunden sein:
Die Entwicklung von Geschäftsmodellen, in denen mobile Internetanwendungen
genutzt werden, erfordert nicht nur Kenntnisse des Mobilfunkmarktes und der Einsatzmöglichkeiten entsprechender Internetclients, sondern auch ein hohes Maß an
Planungs- und Entscheidungskompetenz zur Umsetzung und Integration mobiler
Online-Anwendungen in die Unternehmensstrategie.
Die weitere Verbreitung von mobilen Anwendungen im Bereich des Business-toEmployee erfordert neue Qualifikationen bei den Außendienstmitarbeitern, die
dazu befähigt werden müssen, mobile Internetclients kompetent für ihre jeweiligen
Aufgaben zu nutzen.
3.8 Fazit: E-Commerce-Lösungen in Unternehmen – Anwendungen
und Perspektiven
Ø E-Commerce als internetbasierendes Instrument der Effektivierung und Rationalisierung von Geschäftsprozessen in Unternehmen greift in alle Stufen der Wertschöpfungskette ein.
Ø Verbunden damit sind ablauforganisatorische Umstrukturierungen und neue Anforderungsprofile der Humanressourcen auf allen Hierarchiestufen und in allen
Funktionsbereichen.
Ø Für Mitarbeiter in kaufmännisch-administrativen Funktionen, die E-CommerceAnwendungen kompetent anwenden müssen, entstehen neue Qualifikationsprofile.
Ø Der elektronische Handel zeichnet sich mittlerweile durch eine Vielzahl von
Varianten aus, die zunehmend von Konsumenten (Business-to-Consumer – B2C)
und Unternehmen (Business-to-Business – B2B) genutzt werden.
Ø Auf dem IT-Markt werden unterschiedliche E-Shop-Lösungen angeboten, die auf
die jeweiligen betrieblichen Anforderungen zugeschnitten sind. Das WWW etabliert sich in wachsendem Umfang als neuer Vertriebskanal nicht nur für große,
sondern auch für kleine und mittlere Unternehmen.
41
EQUIB
Ø Kundenorientierung wird für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen immer
wichtiger; sie wird durch elektronische Systeme zum Customer Relationship
Management (CRM) wirkungsvoll unterstützt.
Ø Eine zentrale Bedeutung für den B2B-Handel kommt der elektronischen Beschaffung (E-Procurement) zu. Der Beschaffungsprozess wird dadurch automatisiert
und kann effektiver abgewickelt werden. Umfassende Supply Chain Management
Lösungen (SCM), die die gesamte unternehmensinterne und –übergreifende Wertschöpfungskette umfassen, sind erst in Ansätzen realisiert.
Ø Elektronische Marktplätze gewinnen in den kommenden Jahren an Bedeutung;
über sie wird ein wachsender Anteil des B2B-Handels abgewickelt werden.
Ø E-Commerce-Anwendungen in Form von Insellösungen erweisen sich als wenig
effektiv. Die Tendenz geht zu umfassenden integrierten Lösungen (Business
Process Integration – BPI). Die Herausforderungen vor denen die Unternehmen in
den nächsten Jahren stehen, liegen in der Backoffice-Integration der von ihnen
eingesetzten E-Anwendungen.
Ø Die nächste Generation des E-Commerce zeichnet sich bereits ab: Das Internet
wird mobil (Mobile Commerce – M-Commerce). Obwohl eine „Killer-Applikation“ noch nicht in Sicht ist, wird dem mobilen Internet vor allem im B2B-Bereich
wachsende Bedeutung beigemessen.
Ø Als inhaltliche Schwerpunkte des Qualifikationsbedarfs von Unternehmen zeichnen sich zur Zeit vor allem Shop-Lösungen, E-Procurement-Anwendungen und die
Nutzung von B2B-Marktplätzen ab.
Ø Aufgrund der wachsenden Bedeutung der Kundenorientierung (CRM) für die Geschäftstätigkeit besteht die Notwendigkeit, die Qualifizierung der Unternehmen
auf diesem Gebiet zu intensivieren.
Ø Eine zentrale Qualifizierungsaufgabe, die die Unternehmensführung bzw. das Management und das IT-Personal betrifft, liegt im Bereich der Backend- bzw.
Geschäftsprozessintegration (Business Process Integration) und der Reorganisation der betrieblichen Abläufe.
Ø In mittelfristiger Perspektive gewinnen M-Commerce-Anwendungen als Gegenstand der Qualifizierung an Bedeutung.
42
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
4 E-Commerce in deutschen Unternehmen – Status Quo
und Perspektiven
Mit der Implementation von E-Commerce-Anwendungen sind einschneidende Veränderungen in der Wertschöpfungskette der Unternehmen verbunden, die nicht nur die
Betriebs- und Arbeitsorganisation, sondern auch die Humanressourcen berühren. Bevor die mit E-Commerce entstehenden neuen Qualifikationsprofile analysiert werden,
wird im folgenden Kapitel eine Bestandsaufnahme des Status Quo und der Perspektiven der Verbreitung von Internet- und E-Commerce-Anwendungen in deutschen
Unternehmen vorgenommen. Besondere Beachtung finden dabei kleine und mittlere
Unternehmen. Die Bestandsaufnahme greift auf vorliegende aktuelle empirische Untersuchungen zur bundesweiten und regionalen Entwicklung zurück und bildet die
Grundlage für die Bestimmung des gegenwärtigen und zukünftig zu erwartenden
quantitativen Umfangs des Bedarfs an Arbeitskräften, die spezifische Qualifikationen
für das neue Geschäftsmedium aufweisen. Die damit verbundene Ermittlung der Verbreitung von E-Commerce-Anwendungen in den Unternehmen gibt darüber hinaus
Auskunft über die Bereiche, auf die sich die Bedarfsentwicklung konzentriert.
Bevor die Situation in den Unternehmen dargestellt wird, werden die Marktentwicklung sowie die gesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen
beleuchtet, die die Verbreitung von E-Commerce determinieren.
4.1 Marktbarometer: Zahlen und Fakten zum E-Commerce
Bei der Betrachtung des elektronischen Geschäftsverkehrs sind hauptsächlich zwei
Segmente zu unterscheiden: Der Business-to-Consumer- (B2C) und der Business-toBusiness-Bereich (B2B). Die aktuelle Marktentwicklung in diesen beiden Bereichen
wird in den folgenden Ausführungen dargestellt und analysiert. Da die Dynamik der
Diffusion von Internet- und E-Commerce-Anwendungen in den Unternehmen von
einer Reihe von gesellschaftlichen und politischen Faktoren abhängig ist, wird darauf
ebenfalls eingegangen.
4.1.1
Entwicklung der WWW-Nutzerzahlen und Akzeptanz des B2C-E-Commerce
Elementare Voraussetzung für die geschäftliche Online-Nutzung vor allem im B2CSegment sind die Verbreitung des Internets in der Gesellschaft und die Akzeptanz des
Online-Handels seitens der Endverbraucher. Aus diesem Grunde wird im Folgenden
eine Übersicht über die Entwicklung der privaten Internet-Nutzung und des OnlineKaufverhaltens der Konsumenten gegeben.
WWW-Nutzerzahlen: Das Web entwickelt sich zum Massenmedium
In Europa verfügten nach einer Studie von Nielsen Netratings zu Online-Nutzung und
E-Commerce Ende 1999 rund 82 Millionen Menschen über einen privaten Internet-
43
EQUIB
Anschluss. In der folgenden Tabelle ist der Anteil der Internet-Nutzer aufgeschlüsselt
nach Ländern, Zugangsort und Online-Kaufverhalten dargestellt:75
Tab. 4: Internet-Nutzung im europäischen Ländervergleich
Zugang zu Hause
Zugang am
Arbeitsplatz
Online Produkt
gesucht
Online Produkt
gekauft
Belgien / Luxemburg
32%
20%
9%
4%
Dänemark
47%
35%
31%
11%
Deutschland
23%
18%
18%
10%
Großbritannien
42%
24%
14%
9%
Finnland
43%
37%
22%
9%
Frankreich
13%
5%
5%
2%
Irland
33%
22%
10%
4%
Italien
23%
13%
6%
2%
Niederlande
48%
26%
18%
5%
Norwegen
53%
40%
23%
10%
Österreich
29%
24%
21%
10%
Schweden
49%
36%
31%
17%
Spanien
14%
12%
5%
1%
Basis: Bevölkerung ab 16 Jahren
Quelle: Nielsen Netratings
Eine führende Position bei der Internet-Nutzung nehmen die skandinavischen Länder
und Großbritannien ein, während Deutschland nur einen der unteren Tabellenplätze
belegt.
Allerdings entwickelt sich das Internet auch in Deutschland zunehmend vom elitären
Kommunikations- und Informationsinstrument zu einem Alltagsmedium für breite
Nutzerschichten. Nach den jüngsten ARD/ZDF-Studien (ARD/ZDF-Online-Studie
2000 und ARD/ZDF-Offline-Studie 200076) nutzen 18,3 Millionen Erwachsene das
Internet; das sind 28,6 Prozent der Bevölkerung. Gegenüber dem Vorjahr ist eine Steigerung um 63 Prozent zu verzeichnen. 71,4 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren
nutzen weder beruflich noch privat das Internet (1999 = 83,2 Prozent). Das Wachstum
der Zahl der Internetnutzer steigt aber kontinuierlich an: Für das laufende Jahr wird
eine Verringerung des Anteils der Offliner auf unter 60 Prozent prognostiziert.77 Die
Barrieren für eine breite Internetnutzung sind der Studie zufolge nach wie vor Kosten
und mangelndes Know-how der potenziellen Nutzer; so sind 60 Prozent der Nichtnutzer der Auffassung, dass ein unkomplizierterer technischer Zugang sowie eine größere
75
Siehe www.nielsen-netratings.com
76
Siehe www.pressetreff.zdf.de
77
Dagegen wollen nach einer forsa-Umfrage rund 28 Millionen Männer und Frauen – das sind 43 Prozent der
Bevölkerung – das Internet „auf keinen Fall“ nutzen. Vgl. e-Market News vom 12.03.2001;
www.emar.de/index.php3?content=content/news/aktuell/detail&meldung=1389
44
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Bedienerfreundlichkeit Voraussetzungen für eine weitere Verbreitung des Internets in
der Gesellschaft seien.78
Die Anzahl der Internetnutzer hat sich dem GfK Online-Monitor zufolge im Zeitraum
von Oktober 2000 bis Januar 2001 um fast 5 Millionen Nutzer erhöht.79 Die folgende
Grafik veranschaulicht die rapide Verbreitung des Internets bei den privaten Nutzern,
die damit auch zu potentiellen Adressaten des B2C-Segments des E-Commerce werden.
Abb. 9: Wachstum der Anzahl der Internet-Nutzer – Februar 1999 bis Februar 2001
30
24,2
25
20
15,9
8,4
9,9
Aug 99
10
Feb 99
15
18
5
Feb 01
Aug 00
Feb 00
0
Quelle: GfK Medienforschung, eigene Grafik
Zunehmende Akzeptanz des B2C-E-Commerce in Deutschland
E-Commerce als neue Einkaufs- und Vertriebsform trifft auf zunehmende Akzeptanz
bei den Endkunden.
Das Marktforschungsinstitut GfK80 kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Anzahl der
deutschen eConsumer, d.h. der Internetnutzer, die innerhalb der letzten zwölf Monate
etwas online gekauft haben, im Zeitraum von Mitte 2000 bis Anfang 2001 von 9
Millionen (= 50 Prozent) auf 13,5 Millionen (= 56 Prozent) erhöht hat (siehe Abb. 10);
das Einkaufsvolumen stieg dabei von 1,1 auf 2,0 Milliarden DM. 81
78
Siehe GNN-Newsletter vom 15.09.2000 www.gnn.de. Diese Faktoren werden in einer Untersuchung des
Hamburger „Zukunftsinstituts“ als Gründe für die Prognose dingfest gemacht, dass der Anteil der Menschen,
die das weltweite Datennetz nutzen werden, zukünftig zwar steigen werde, nicht aber die Breitennutzung. Nur
eine höhere „digitale Bildung“ könne dazu beitragen, die „digitale Spaltung“ zwischen Viel- und Nichtnutzern
zu mildern. Internet World Nachrichten vom 14.03.2001; www.internetworld.de/sixcms/detail.php?id=9067
79
Vgl. GfK Online-Monitor. Ergebnisse der 7. Untersuchungswelle. In: www.gfk.de
80
Ebd.
81
Zu den Umsatzzahlen liegen stark voneinander abweichende Daten vor: Nach einer Schätzung des
Hauptverbandes des deutschen Einzelhandels hat sich im Jahr 2000 der E-Commerce-Anteil am
Gesamtumsatz im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Mit rund 5 Milliarden DM entfielen danach auf das
Internet ein Anteil von 0,76 Prozent am Gesamtumsatz im Handel, der 740 Mrd. DM betrug. Vgl. dazu die
neue Studie zum Einkaufsverhalten der Internetnutzer „Internetshopping Report 2001“, die von Symposion
Publishing in Zusammenarbeit mit Infratest Burke publiziert wurde. Siehe
www.ecin.de/marktbarometer/shoppingreport/index.html
sowie
www.egateway.de/templates/news_tmpl.cfm?nid=1393
45
EQUIB
Abb. 10: eConsumer in Deutschland
16
14
12
10
8
6
4
2
0
1 3 ,5 M io
9 M io
M itte 2 0 0 0
2000/2001
Basis 14 – 69 jährige Bevölkerung
Quelle: GfK Medienforschung
Ein weitere aktuelle Umfrage gelangt zu einem vergleichbaren Ergebnis: Danach nutzen 48 Prozent der Befragten das Internet hauptsächlich zum Online-Shopping; noch
vor einem Jahr waren es lediglich 40 Prozent. Immerhin 88 Prozent der Teilnehmer an
der Umfrage haben schon Erfahrungen beim Online-Shopping gesammelt, und viele
Internet-Nutzer, die noch nie online eingekauft haben, werden dies nach ihren Aussagen in den nächsten Jahren regelmäßig tun.82 In der Perspektive zeigt sich, dass Online-Shopping zunehmend auf Akzeptanz trifft. Dies belegen auch die Ergebnisse einer
repräsentativen Untersuchung der GfK, die zu dem Ergebnis kommt, dass in den
Monaten September und Oktober 2000 insgesamt 3,1 Millionen Bundesbürger das
Internet als Einkaufsstätte genutzt haben. Das entspricht einer Steigerung gegenüber
den Monaten Juli/September von über einer Million Käufern. Am häufigsten wurden
dabei Bücher im Internet erworben.83 Die wachsende Beliebtheit des B2C-E-Commerce zeigt sich u.a. auch darin, dass bei jungen Internet-Nutzern die Bereitschaft,
über das WWW einzukaufen, sehr hoch ist und die bei anderen Altersgruppen noch
vorhandenen Akzeptanzschranken hier kaum vorfindlich sind. 86 Prozent der InternetNutzer zwischen 12 und 24 Jahren, die im Rahmen einer Studie des Hamburger Internet-Marktforschungsinstituts EARS and EYES und des Instituts für Jugendforschung
München befragt wurden, haben schon im Web eingekauft.
Dem derzeit im europäischen Vergleich noch bescheidenen Abschneiden Deutschlands
bei der Nutzung von E-Commerce steht ein hohes Potenzial gegenüber: In einer empirica-Untersuchung84 wurde auf Basis definierter Variablen ein Nutzungs- und ein Potenzial-Index für E-Commerce errechnet. Der Nutzungsindex beträgt 50, während sich
der Potenzial-Index auf 90 beläuft. Die Gegenüberstellung der beiden Indizes zeigt,
dass das Potenzial für E-Commerce in Deutschland die derzeitige Nutzung bei weitem
übersteigt. Darauf gründet sich die Erwartung, dass das im Ländervergleich über-
82
83
84
www.hightext.de/members/studien/db/studien.0007jg.2730ln.5294ln.html. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt
auch die Studie eCommerce Facts 2.0, die von ComCultResearch im Auftrag der Deutschen Post erstellt
wurde: Vier von fünf Nutzern haben danach bereits Erfahrungen mit dem Online-Shopping gemacht, und 50
Prozent kaufen regelmäßig im Internet ein. Vgl. www.evita.de/ecommerce-facts
Siehe www.gfk.de
Stand und Entwicklungsperspektiven des elektronischen Geschäftsverkehrs in Deutschland, Europa und den
USA unter besonderer Berücksichtigung der Nutzung in KMU. Kurzfassung für das Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie; http://www.empirica.de
46
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
durchschnittliche Potenzial in den kommenden Jahren in erhebliche Wachstumsraten
einmünden kann.
Nach wie vor bestehen Akzeptanzschranken
Angesichts der beachtlichen Entwicklung der vergangenen Jahre und der positiven
Prognosen für die Zukunft darf aber nicht übersehen werden, dass der Weg vom Besuch eines Online-Shops zum Käufer bei vielen Usern noch auf Akzeptanzprobleme
stößt. Hindernisgründe sehen viele Online-Shopper immer noch in der mangelnden
Sicherheit der Transaktionen und der zu komplizierten Bestellprozedur.85 Der Anteil
unter den Nichtkäufern mit Problemen beim Bestellablauf ist sehr hoch; jeder zweite
Nicht-Käufer würde gerne online shoppen, weiss aber nicht so recht, wie es funktioniert.86 Eine weitere Schranke der Verbreitung des B2C-E-Commerce sind hohe Kosten für den Internet-Zugang.
4.1.2
Der Motor des E-Commerce: Business-to-Business (B2B)
Vor allem zum Umsatzvolumen im B2B-Bereich liegt eine Vielzahl von Schätzungen
und Prognosen von Marktforschungsinstituten etc. vor, die zum Teil mit stark voneinander abweichenden Zahlen operieren. Der Grund dafür ist u.a. in den unterschiedlichen Definitionen des E-Commerce, den Erhebungsverfahren und der monetären Bewertung von Transaktionen bzw. der Interpretation der erfassten Daten zu sehen.87 Als
generellen Trend zeigen aber alle Bestandsaufnahmen – die Marktforscher der Garter
Group sprechen in 2000 von einer Wachstumsrate von 189 Prozent88 - und Prognosen,
dass sich der elektronische Handel auf B2B konzentriert und auch zukünftig von erheblichen Umsatzsteigerungen ausgegangen werden kann.
B2B, der Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen, ist nach wie vor der Motor
des
E-Commerce.
Nach einer aktuellen Studie des Marktforschungsinstituts eMarketer (eGlobal Report)
ist der B2B-Sektor momentan für 79,2 Prozent aller E-Commerce-Umsätze verantwortlich. In den nächsten Jahren soll dieser Anteil noch weiter ansteigen: Für das Jahr
2004 geht man von 87 Prozent aus; zumindest noch bis 2005 soll laut eMarketer der
B2B-Bereich die treibende Kraft im E-Commerce bleiben.89 Dem IDC-Report „European B2B und eMarketplaces 1999 – 2005“90 zufolge soll sich das Transaktionsvolu85
Vgl. Axel Kossel, Norbert Luckhardt: Kaufrausch und Kopfschmerz. Über Vor- und Nachteile des OnlineShopping. In: c’t 1999, Heft 19, S. 158ff
86
Internetshopping Report, ebd.
87
Siehe dazu Lothar Dorn: Electronic-Commerce – eine Herausforderung für Aus- und Weiterbildung in der
Region. Bremen 1999, S.18
88
Siehe www.sterlingcommerce.de/enhanced.asp
89
Siehe ECIN News vom 13.12.2000. Trotz der zu verzeichnenden positiven Geschäftsentwicklung sind – wie eine
Untersuchung von ActivMedia belegt – viele Sites eher aus Gründen der Pflege von Kundenbeziehungen
online als um Geschäfte abzuschließen. Sie dienen häufig der persönlichen Kontaktaufnahme und damit der
Geschäftsanbahnung, die dann offline abgewickelt werden. Siehe akademie.de Newsboard vom 24.10.2000;
www.akademie.de/news/langtext.html?id=7755.
90
Siehe www.idc.com
47
EQUIB
men im Zeitraum von 2000 bis 2005 im europäischen B2B-Geschäft verdreifachen. Zu
dieser Entwicklung trägt auch der auf dem Internet basierende offene Kommunikationsstandard XML (eXtensible Markup Language) bei, der voraussichtlich innerhalb
der nächsten Jahre zum dominierenden Standard für den Austausch von Geschäftsdaten zwischen Unternehmen wird. XML ermöglicht es, Anwendungen und Dienste
unterschiedlicher Herkunft zu verbinden und erlaubt den Austausch von Daten mit
allen ERP-Systemen (Enterprise Ressource Planning).
Im B2B-Segment haben sich im Verlauf des Jahres 2000 vor allem sogenannte „elektronische Marktplätze“ (eMarketplaces) etabliert, die Anbieter und Nachfrager auf
einer virtuellen Plattform im Netz zusammenbringen. Prognostiziert wird, dass auf
längere Sicht vor allem diese eMarketplaces zur Steigerung der Umsätze beitragen.91
So geht z.B. Forrester Research davon aus, dass im Jahr 2005 insgesamt Transaktionen
mit einem Volumen von 900 Milliarden Euro auf europäischen B2B-Marktplätzen
abgewickelt werden, was einem Anteil von 6 Prozent der gesamten B2B-Transaktionen entspricht.
4.1.3
Politische Rahmenbedingungen, öffentliche und privatwirtschaftliche
Initiativen zur Förderung des E-Commerce
Die Entwicklung des E-Commerce und seine gesellschaftliche Verbreitung hängen u.a.
von Rahmenbedingungen ab, die hier lediglich kurz benannt werden sollen.
Günstige Internet-Zugänge
Nach einer Studie der OECD zu den Kosten des Internet-Zugangs und E-Commerce
liegen die Zugangskosten in Deutschland deutlich höher als der OECD-Durchschnitt.92
Abhilfe schaffen kann hier eine Flatrate, d.h. ein preisgünstiges Pauschalangebot für
den Netzzugang.93 Für die Entwicklung der WWW-Nutzerzahlen werden von FlatrateAngeboten starke Wachstumsimpulse erwartet. Die Forderung nach einer Flatrate erhält auch Rückendeckung durch die Politik: Ein „flächendeckend erschwinglicher Zugang zum Internet ist dringend notwendig, um die digitale Spaltung der Gesellschaft
zu verhindern.“94
Online-Präsenz öffentlicher Einrichtungen
Die Akzeptanz des Internets wird auch dadurch befördert, dass sich immer mehr
öffentliche Einrichtungen wie Kommunen und Verwaltungen im Internet präsentieren
und das Medium für die multimediale Interaktion mit den Bürgern nutzen.95 Bremen
und Bremerhaven bieten dafür ein gutes Beispiel.
91
„Euro eMarketplaces Top Hype“; www.forrester.com; siehe ECIN News vom 07.06.2000
92
Siehe Golem Network News vom 11.07.2000; www.gnn.de/0007/8665.html
93
Im Sommer 2000 sind große Provider wie T-Online und AOL mit Flatrates auf den Markt getreten. Siehe: Surfen
zum Pauschalpreis. Flatrate aktuell; www.firstsurf.de/online_flatrate_t.htm. Inzwischen wurde die T-OnlineFlatrate wieder eingestellt. Zur anhaltenden Debatte um die Flatrate siehe: Hannes Nagel: Flatrate-Ende – was
nun. In: Internet World, Nr. 04/2001, S. 16ff
94
Jörg Tauss, bildungs- und forschungspolitischer Sprecher und Beauftragter für Neue Medien. Zitiert nach golem
network news vom 16.02.2001; www.golem.de/0102/12408.html
95
Vgl. die Studie von Forrester Research: „Der Staat geht online – Verwaltungs(r)evolution durch das Internet“;
www.forrester.com
48
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen
E-Commerce bedarf eines eindeutigen rechtlichen Rahmens.96 Fehlende Rechtssicherheit ist eine Schranke für die Ausbreitung des elektronischen Geschäftsverkehrs.
Wichtige Schritte zur Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für den ECommerce wurden in jüngster Zeit mit dem Fernabsatzgesetz,97 der Umsetzung der in
Brüssel beschlossenen e-Commerce-Richtlinie98 und dem Gesetz zur digitalen Signatur99 realisiert.
Sicherheit im Internet/ Zahlungsverkehr
Aus allen Befragungen geht hervor, dass ein hoher Anteil der privaten und geschäftlichen Internet-Nutzer Bedenken hinsichtlich der Transaktionssicherheit im Netz hat.
Insbesondere der Zahlungsverkehr im Internet wirkt als massiver Bremsklotz für die
Entwicklung des E-Commerce.100 Auf diesem Gebiet (Zahlungssysteme im WWW)
sind – obwohl hier bereits deutliche Fortschritte zu verzeichnen sind101 - noch erhebliche Anstrengungen notwendig.
Förderprogramme zum E-Commerce
Derzeit werden umfangreiche Aktivitäten mit dem Ziel unternommen, den Weg
Europas bzw. Deutschlands in die Informationsgesellschaft zu unterstützen und alle
Gruppen der Bevölkerung dabei einzubeziehen. Insbesondere zur Förderung des elektronischen Geschäftsverkehrs liegt eine Vielzahl von Initiativen und Förderprogrammen seitens der europäischen Union,102 des Bundes103 und der Länder104 - z.B. für das
Land Bremen das Programm „Bremen in T.I.M.E.“ - vor. Ein Schwergewicht dieser
Programme und Initiativen ist die Förderung des Mittelstandes bzw. der kleinen und
mittleren Unternehmen.
96
Zum aktuellen Stand der Gesetzgebung siehe „Online-Recht von Staats wegen“;
www.ecin.de/recht/egeschaeftsverkehr
97
Zu weiteren Informationen zum Fernabsatzgesetz siehe: Fernabsatzgesetz Online. In: JurPC, Internet-Zeitschrift
zur Rechtsinformatik; www.jurpc.de/aufsatz/20000251.htm
98
Vgl. e-Market, News vom 19.02.2000;
www.emar.de/index.php3?content=content/news/aktuell/detail&meldungt=1253
99
Zu weiteren Informationen zur digitalen Signatur siehe: akademie.de – Newsboard vom 16.02.2001;
www.akademie.de/news/langtext.html?id=8369; www.firstsurf.de/news/02-19-06_f.htm; und Die digitale
Signatur; www.digital-law.net/knupfer
100
Vgl. OnlineMarketerDIGEST 21 vom 17.05.2000; www.autoresponder.de und eCommerce Facts 2, nach der das
Thema Sicherheit den höchsten Stellenwert für den E-Commerce einnimmt; www.evita.de/ecommerce-facts.
Vgl. dazu auch Markus Klietmann: Im Land der scheuen Mäuse. Warum das Einkaufen im Internet den
Durchbruch erst noch schaffen muss; www.firstsurf.de/klietmann0104_t.htm
101
Siehe dazu die Website der Bundesinitiative „Sicherheit in der Informationsgesellschaft“; www.sicherheit-iminternet.de; Zahlung im Netz ist das Schwerpunktthema von Cybiz 05.2000; Mit Sicherheit E-Commerce. In:
Hochschulanzeiger Nr. 47 und Netzwirtschaft. In: Hochschulanzeiger Nr. 49
102
Siehe z.B. eEurope – go digital; http://europa.eu.int/ISPO/ecommerce/godigital/Welcome.html. Eine Übersicht
zu den Regierungsprogrammen im internationalen Überblick bieten Dieter Klumpp, Michael Schwemmle,
Bonn 2000; www.fes.de/fulltext/stabsabteilung/0078toc.htm
103
Siehe z.B. die Initiative „Elektronischer Geschäftsverkehr“; www.bmwi-info2000.de
104
Siehe beispielsweise für das Land Nordrhein-Westfalen: MediaMit; www.mediamit.de
49
EQUIB
Initiativen der Wirtschaft
Von Einrichtungen und Verbänden der deutschen Wirtschaft wurden zur Unterstützung
der Internetnutzung zahlreiche Initiativen ins Leben gerufen.105 Als prominentes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Initiative D 21106 mit über 200 Mitgliedern zu
nennen. Sie verfolgt das Ziel, die Nutzung und Akzeptanz von neuen Technologien
voranzutreiben, den aktuellen Rückstand Deutschlands im Vergleich zu anderen Ländern aufzuholen und die Chancen der Informationsgesellschaft im Wettbewerb besser
zu nutzen.
4.2 Stand und Perspektiven des E-Commerce in den Unternehmen
Bevor ausführlich auf den Status Quo der Verbreitung des E-Commerce in deutschen
KMU eingegangen wird, werfen wir ein kurzes Schlaglicht auf die Entwicklung des ECommerce im europäischen Vergleich. Damit soll nicht nur die Position der deutschen
Wirtschaft im europäischen Ranking deutlich gemacht werden. Vielmehr beinhaltet
der Stand des E-Commerce in Europa eine wichtige Wachstumsbedingung der OnlineWirtschaft am Standort, da in dem Maße wie die nationalen europäischen Märkte zu
einem einheitlichen Markt zusammenwachsen, die Verbreitung internetbasierter Geschäftsbeziehungen in anderen Mitgliedsstaaten auch die Entwicklung des E-Commerce in Deutschland affiziert.
4.2.1
E-Commerce und Internet-Nutzung in europäischen KMU
Aus einer Befragung, die von der EOS Gallup Europe im März 2000 im Auftrag der
Europäischen Kommission in Brüssel durchgeführt wurde und an der europaweit 4731
kleine und mittlere Unternehmen (Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern) aus
dem industriellen und Dienstleistungssektor beteiligt waren,107 geht hervor, dass 70
Prozent der KMU über einen Internet-Zugang verfügen.
Im Einzelnen teilen sich die europäischen KMU in drei Gruppen auf:
•
40 Prozent der Unternehmen unterhalten eine eigene Website (komplette Site mit
eigenem Domain-Namen = 27 Prozent, Website mit einigen Seiten = 5 Prozent,
Website in Abhängigkeit von einer größeren Domain = 8 Prozent).
•
Weitere 30 Prozent verfügen lediglich über einen Internet-Zugang und
•
29 Prozent sind noch offline, d.h. sie haben keinen Zugang zum weltweiten Netz.
105
Siehe z.B. Electronic Business Forum; www.fvit-eurobit.de und Electronic Commerce Forum e.V.; www.eco.de
106
Siehe www.initiatived21.de
107
Flash Eurobarometer 78 – „MIS“ Special Enterprise;
http://europa.eu.int/ISPO/basics/measuring/eutobaro/eurobaro78/i_eurobaro78.html
Weitere Quelle: Just numbers – Numbers on Internet use, electronic commerce, IT and related figures for the
European Community. January 2000; eEurope – go digital;
http://europa.eu.int/ISPO/ecommerce/godigital/Welcome.html
50
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Als Gründe für ihre „Abstinenz“ werden von den Offline-Betrieben die Größe des
Unternehmens (11 Prozent) und die Beschränkung auf lokale Märkte (10 Prozent) genannt. Ebenfalls 10 Prozent geben an, dass die Internet-Nutzung nicht zu den Aktivitäten ihres Unternehmens passe.
Nutzung des Internets
In erster Linie wird das Internet für die Informationsbeschaffung (Märkte und Wettbewerber) genutzt; transaktionsorientierte Anwendungen spielen demgegenüber, wie
die folgende Grafik zeigt, noch eine deutlich geringere Rolle.
Abb. 11: Internetnutzung in europäischen KMU in Prozent
79
Informationsbeschaffung
51
Marketing und Werbung
Zusammenarbeit mit
Unternehmen
46
After sales services
32
27
B2B
26
B2C
22
Teleworking
18
Recrutement
Öffentliche
Ausschreibungen
13
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Quelle: Eurobarometer 78/2000
Aufgrund der Anwendungen, für die die Unternehmen in ihrer überwiegenden Mehrzahl das Internet einsetzen, wird deutlich, dass passive Nutzungsformen überwiegen,
und der Internetzugang und die operative Nutzung des Netzes noch weit auseinander
klaffen. Lediglich etwa ein Viertel der Unternehmen können als „E-Business-Akteure“
eingestuft werden.108
108
Vgl. Brüssel bläst zum Angriff. In: eCommerce Magazin 3/2001, S. 105f
51
EQUIB
Hemmnisse der Internetnutzung
Die Probleme der Nutzung des Internets liegen für die Hälfte der im Internet aktiven
Befragten in der geringen Profitabilität, die daraus resultiert, dass noch nicht genügend
Unternehmen und Konsumenten das Netz nutzen, und keine Rechtssicherheit für webbasierte Transaktionen besteht. Im Bereich der Humanressourcen sehen
•
22 Prozent in langen Trainingsphasen,
•
16 Prozent in geringer Akzeptanz seitens der Beschäftigten und
•
13 Prozent im Mangel an E-Commerce-Fachkräften
eine Schranke.
Die Probleme der Netz-„Abstinenzler“, denen ca. jeder dritte kleine und mittlere Betrieb zuzurechnen ist, bestehen
•
im Zeitmangel (46 Prozent),
•
in Informationsdefiziten (31 Prozent) und
•
mangelnder Qualifikation (30 Prozent der Nennungen).
Weit oben auf der Liste stehen auch die fehlende Motivation (29 Prozent) und der
Mangel an verfügbaren Online-Lösungen, die den betrieblichen Aktivitäten angepasst
sind (26 Prozent).
Insgesamt scheinen, wie die Befragungsergebnisse belegen, die Informationen über
die Nutzungsmöglichkeiten des Internets in Europa noch mangelhaft zu sein: Mehr als
die Hälfte der Befragten sieht den eigenen Informationsstand als defizitär an;109 10
Prozent der Befragten geben sogar an, keinerlei Kenntnisse über das Internet zu besitzen. Betriebe bis zu 9 Mitarbeitern weisen die gravierendsten Informationsdefizite auf
(keinerlei Kenntnis = 13 Prozent).
Europaweit besteht mithin bei den kleinen und mittleren Unternehmen ein erheblicher
Bedarf an Informations- und Qualifikationsangeboten, die dazu beitragen können, bestehende Akzeptanzschranken gegenüber den neuen digitalen Medien abzubauen und
die Betriebe bei ihrem Weg in die Informationsgesellschaft zu unterstützen.
Stellung Deutschlands im europäischen Vergleich
Im Vergleich zu den europäischen Durchschnittswerten zur Internetnutzung nehmen
deutsche KMU nach den Ergebnissen des „Eurobarometers“ eine Spitzenposition ein,
die nur von Dänemark übertroffen wird. Während im Durchschnitt noch 29 Prozent
der Betriebe keinen Internet-Zugang besitzen, beträgt dieser Anteil in Deutschland
109
In der Befragung wurde eine Skala von 1 (= nicht informiert) bis 10 (= sehr gut informiert) vorgegeben. Die
Summe der Skalenwerte 1 bis 5 wurde von uns als „defizitärer Informationsstand“ gewertet.
52
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
lediglich 15 Prozent; 37 Prozent der deutschen Unternehmen verfügen - gegenüber
dem europäischen Durchschnitt von 27 Prozent - über eine eigene Domäne.
4.2.2
E-Commerce und Internet-Nutzung in deutschen Unternehmen
In welchem Umfang ist E-Commerce bereits in deutschen Unternehmen verbreitet,
und wie sehen die zukünftigen Perspektiven aus?
Zur Beantwortung dieser Frage wurde in den letzten Jahren eine Reihe von auf Betriebsbefragungen beruhenden empirischen Untersuchungen durchgeführt, deren
Anzahl kaum noch überschaubar ist. Diese Untersuchungen geben wichtige Hinweise
auf den jeweils erreichten Stand des E-Commerce in den untersuchten Regionen bzw.
Branchen und veranschaulichen die Trends in der gesellschaftlichen Diffusion von EBusiness-Lösungen.110
Um einen möglichst umfassenden Überblick über die quantitative Bedarfsentwicklung zu gewinnen, werden im Folgenden die Ergebnisse der hinsichtlich ihrer Datenbasis umfangreichsten Untersuchung „E-Business in Deutschland“ referiert. Bei
dieser Untersuchung handelt es sich um eine Umfrage des Deutschen Industrie- und
Handelstages (DIHT) und der MediaMit GmbH vom Herbst 2000, deren Datenbasis
in mehr als 22.000 Unternehmensantworten besteht.111 Die Studie ist also sowohl
aktuell als auch umfassend und bietet im Zusammenhang mit den Ergebnissen der übrigen ausgewerteten Untersuchungen112 die Möglichkeit, valide quantitative Aussagen
zur Bedarfsentwicklung zu treffen.
IT-Anwendungen in den Unternehmen
59 Prozent der deutschen Unternehmen verfügen bereits über IT-Anwendungen. Dabei dominiert mit 49 Prozent die Internet-Präsentation (eigene Homepage), gefolgt
vom unternehmensinternen Intranet (27 Prozent). Im elektronischen Handel engagieren sich insgesamt 26 Prozent der Unternehmen (B2B = 16 Prozent und B2C = 11
Prozent).
110
Die vorliegenden Untersuchungen werfen aber auch eine Reihe von Problemen auf. Als erstes stellt sich die
Frage nach der Definition des Untersuchungsgegenstandes: Wie wird E-Commerce bzw. E-Business definiert? Die
Definitionen weichen häufig voneinander ab, und z.T. werden sie nur unverbindlich oder gar nicht vorgenommen.
Dieser Umstand führt dazu, dass die Reichweite der Aussagen mitunter nicht nachvollziehbar und eine
Vergleichbarkeit der Ergebnisse unterschiedlicher Studien nicht gewährleistet ist. Ein anderes Problem liegt in der
Bewertung der Angaben der Unternehmen zu ihren Planungen, aus denen die Prognosen für die zukünftige
Entwicklung der Verbreitung des E-Business generiert werden: Die betrieblichen Angaben werden wie Tatsachen
behandelt, obwohl eine Planung lediglich eine Absichtsbekundung beinhaltet und daraus nicht notwendigerweise
ihre Umsetzung in der angegebenen zeitlichen Perspektive folgt.
111
Die vollständige Studie steht interessierten Lesern unter www.diht.de als Download zur Verfügung.
112
Siehe dazu die Übersicht im Anhang.
53
EQUIB
Abb. 12: Aktuelle Nutzung von IT-Anwendungen in Prozent
IT - A n w e n d u n g e n
59
Intranet
(unternehm ensintern)
27
I n t r a n e t k o o p e r a t io n
12
I n t e r n e t - P r ä s e n t a t io n
49
B2B
(G e s c h ä fts k u n d e n )
16
B 2 C (Verbraucher)
11
K u n d e n p fle g e v ia
Internet
15
0
10
20
30
40
50
60
70
Quelle: DIHT/MediaMit
Der Anteil der IT-Anwendungen nutzenden Unternehmen steigt mit der Belegschaftsgröße: Bei den Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigen beträgt er 86 Prozent,
während weniger als die Hälfte der Unternehmen mit unter 20 Beschäftigten die
neuen Informationstechniken anwendet. 113 Diese Daten können als Beleg für die Erkenntnis des Marktforschungsinstituts TechConsult angesehen werden, die beinhaltet,
dass im Vergleich zu den großen Konzernen der Mittelstand mit einer Verzögerung
von zwei bis drei Jahren an die Nutzung neuer Technologien herangeht.
Abb. 13: IT-Anwendungen nach Betriebsgröße in Prozent
100
86
77
80
64
59
60
42
40
20
0
1-19
Beschäftigte
20-199
Beschäftigte
200-999
Beschäftigte
mehr als 1000
Beschäftigte
insgesam t
Quelle: DIHT/MediaMit
113
Vgl.: Die IT-Branche hofft auf den Mittelstand. In: Net-Business, 30.03.2001; www.techconsult.de
54
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Bei der nach Wirtschaftszweigen aufgeschlüsselten Betrachtung zeigen sich ebenfalls
erhebliche Unterschiede in der Anwendung der neuen Informationstechniken. Überdurchschnittlich hoch sind die Anteile der IT-Anwendungen in der Industrie (69 Prozent) sowie in einigen Dienstleistungsbereichen (Nachrichtenübermittlung: 92
Prozent, Kreditgewerbe und Bildungswirtschaft: je 83 Prozent, Reisevermittlung: 70
Prozent und DV-Unternehmen: 62 Prozent). Im Handel und in der Bauwirtschaft liegt
der Nutzungsgrad mit 50 bzw. 44 Prozent unter dem Durchschnitt aller Wirtschaftszweige.
Abb. 14: IT-Anwendungen nach Wirtschaftszweigen in Prozent
80
69
57
60
44
50
40
20
0
Industrie
Bauwirtschaft
Handel
Dienstleistungen
Quelle: DIHT/MediaMit
Investitionsplanungen für das Jahr 2001
Die vorliegenden Investitionsplanungen für das Jahr 2001 lassen erwarten, dass Aktivitäten im E-Business ein stärkeres Gewicht erhalten. Konzentrierten sich nach den
Angaben der Unternehmen die Investitionen bislang mehr auf den Aufbau unternehmensinterner bzw. -externer Intranets, so steht derzeit mit 36 Prozent der Nennungen
die eigene Internet-Präsenz im Vordergrund. Jeweils 19 Prozent der Unternehmen beabsichtigen, in B2B-Anwendungen bzw. After-Sales-Services zu investieren; der Bereich des B2C nimmt mit 13 Prozent einen vergleichsweise geringen Anteil ein.
Aus den Antworten der Unternehmen zu ihren Investitionsplanungen geht insgesamt
hervor, dass das Internet für die Geschäftsabwicklung durch die Schaffung und Nutzung von Handelsplattformen für die betrieblichen Funktionen Einkauf und Verkauf
an Bedeutung gewinnt.
Hinsichtlich der Betriebsgröße wird wie bei den bereits genutzten IT-Anwendungen
ein starkes Gefälle deutlich: Lediglich 39 Prozent der Unternehmen mit 1 bis 19 Beschäftigten planen Investitionen in IT-Anwendungen; bei den Unternehmen von 20
bis 199 Beschäftigten sind es bereits 56 Prozent.
Dieser Sachverhalt verweist darauf, dass sich die „digitale Spaltung“ der Unternehmenslandschaft weiterhin allem Anschein nach perpetuiert oder sogar vertieft: Kleine
Unternehmen, die nur in geringem Umfang neue IT-Techniken nutzen, investieren
seltener in diesen Bereich als große Unternehmen, die bereits in relativ großem Umfang über fortgeschrittene IT-Anwendungen verfügen.
55
EQUIB
Abb. 15: Investitionsplanungen in IT-Anwendungen nach Betriebsgröße in Prozent
100
78
80
68
56
60
52
39
40
20
0
1-19
Beschäftigte
20-199
Beschäftigte
200-999
Beschäftigte
mehr als 1000
Beschäftigte
insgesamt
Quelle: DIHT/MediaMit
Hemmnisse zu Investitionen in IT-Anwendungen
In der Rangfolge der Hemmnisse, die Unternehmen bislang davon abhalten, noch
stärker in IT-Anwendungen zu investieren, führt die Hälfte der deutschen Unternehmen die noch vorliegende Kundenzurückhaltung an. Eine differenzierte Analyse der
Antworten nach Unternehmensgröße zeigt, dass die Kundenzurückhaltung mit 51
Prozent der Nennungen von den KMU (1 bis 199) signifikant häufiger genannt wird
als von den Unternehmen der Größenklassen 200 bis 999 (44 Prozent) bzw. mehr als
tausend Mitarbeiter (45 Prozent).114 Als weitere Hemmnisse werden die Kosten für
Hard- und Software (36 Prozent) und die mangelnde Transaktionssicherheit (29 Prozent) angegeben.
Abb. 16: Hemmnisse für Investitionen der Unternehmen in IT-Anwendungen in
Prozent
60
50
49
36
40
29
25
30
17
15
20
10
0
KundenInfrastruktur- IT-Personalzurückhaltung kosten (Hardmangel
/Software)
Rechtliche
Hemmnisse
Sicherheitsaspekte
Andere
Hemmnisse
Quelle: DIHT/MediaMit
114
Die Autoren der Studie äußern dazu die Vermutung, dass die größeren und großen Unternehmen aufgrund einer
höheren Bekanntheit oder weiteren Verbreitung ihrer Produkte oder Dienstleistungen die
Kundenzurückhaltung als Investitionshemmnis als etwas geringer einschätzen. Hinzu kommt aus unserer
Sicht, dass aufgrund des höheren Anteils bei B2B-Geschäftsbeziehungen, die diese Unternehmen unterhalten,
bereits Kundenbeziehungen in größerem Umfang etabliert sind.
56
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Für jedes vierte Unternehmen stellt der IT-Personalmangel ein Hemmnis dar. Dieses
Ergebnis belegt, dass die E-Commerce-Aktivitäten der Betriebe durch Defizite im Bereich der Humanressourcen gebremst werden und eine Intensivierung der Aus- und
Weiterbildung von Fachkräften für den elektronischen Geschäftsverkehr dringend geboten ist.
Geschäftserwartungen der Unternehmen
Die Unternehmen, die bereits in der Vergangenheit in IT-Anwendungen investiert haben, äußern sich bezüglich der Geschäftserwartungen für das Jahr 2001 positiver als
die Unternehmen, bei denen dies nicht der Fall ist. Dabei nimmt das Internet eine herausragende Position ein: 60 Prozent der Unternehmen, die eine eigene Homepage
unterhalten, sehen der Geschäftsentwicklung zuversichtlich entgegen. Auch bei den
Unternehmen, die Investitionen in eine oder mehrere IT-Anwendungen planen, ist
eine solche Korrelation aufzufinden. Offensichtlich setzen die Unternehmen auf ITAnwendungen, weil sie damit die Erwartung verbinden, ihr Geschäft ausbauen bzw.
profitabler gestalten zu können.
4.2.3
E-Commerce und Internet-Nutzung durch KMU in der Wirtschaftsregion
Bremen
Nachdem die Verbreitung des E-Commerce im nationalen Maßstab betrachtet wurde,
soll abschließend die Entwicklung in der Region anhand der Ergebnisse einer
Untersuchung beleuchtet werden, die im Sommer 2000 in Bremen und Bremerhaven
stattfand.115 Sie basiert auf einer schriftlichen Unternehmensbefragung, an der 227
Betriebe teilnahmen. Ergänzend dazu wurden leitfadengestützte Interviews mit
Vertretern aus den antwortenden Betrieben durchgeführt. Der Fokus der Befragung
richtet sich auf KMU ausgewählter Gewerbezweige (Maler/Lackierer, Raumausstatter,
Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik und Metallgewerbe). Beim weitaus
überwiegenden Teil der Unternehmen handelt es sich um Handwerksbetriebe (ca. 90
Prozent); insofern wirft die Untersuchung ein Schlaglicht auf die spezifische Situation
im Handwerk.
Online-Nutzung der Unternehmen
56 Prozent der antwortenden Unternehmen sind online und nutzen das Internet für
betriebliche Zwecke. Der Nutzungsgrad des Internets bei den Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern beträgt lediglich 38 Prozent; er steigt mit der Betriebsgröße
kontinuierlich an: Bei Betrieben von 10 bis 19 Mitarbeitern beträgt er 60 Prozent und
erreicht bei Unternehmen ab 20 Mitarbeitern 92 Prozent.
115
Lothar Dorn, Andreas Friemer, Elisabeth Rupprecht: Betriebe Online - Internet-Nutzung und E-Business in
kleinen und mittleren Unternehmen in Bremen. Universität Bremen - Kooperation Universität/Arbeitnehmerkammer/Arbeiter-Bildungs-Centrum der Arbeiterkammer Bremen GmbH (Hrsg.). Bremen 2001
57
EQUIB
Abb. 17: Anzahl der antwortenden Unternehmen nach Betriebsgröße und InternetNutzung
100
88
90
Anzahl der Betriebe
80
davon Internetnutzer
70
60
45
50
40
43
37
36
31
26
30
23
23
20
10
3
0
0-1
2-9
10-19
20-99
100 und größer
Quelle: KUA/ABC 2000
Derzeit dominieren noch passive Formen der Anwendung des Internets, die zwar einen
Einstieg in das E-Business darstellen, aber noch keine geschäftlichen Transaktionen
beinhalten und nicht oder nur marginal in die Geschäftsprozesse der Unternehmen und
ihre IT-Infrastruktur integriert sind:
-
Von der Hälfte der Betriebe wird das Internet ausschließlich für elementare Funktionen der Kommunikation und der Informationsbeschaffung genutzt.
-
37 Prozent der Unternehmen nutzen das Internet zur Präsentation ihrer Firma (Vorstellung der angebotenen Produkte und Dienstleistungen) und verfügen über eine
eigene Homepage.
-
Lediglich bei etwa einem Drittel der Unternehmen mit eigener Homepage liegt
eine Back-Office-Integration (Einbindung in die IT-Architektur) vor; hochintegrierte E-Business-Lösungen sind bei den antwortenden Unternehmen noch nicht
anzutreffen.
58
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Abb. 18: Realisierte Implementationsstufe in den Unternehmen
Inform a tio n u n d
K o m m unikation
48%
37%
P räsentation
9%
T ransaktion
BackofficeIntegration
6%
H o c h inte g rierte E Business-Lösungen
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Quelle: KUA/ABC 2000
Online-Nutzung in den einzelnen Gewerbezweigen
Die untersuchten Gewerbezweige unterscheiden sich erheblich voneinander: Während
im Bereich Maler/Lackierer, Raumausstatter das Internet nur von 39 Prozent der Betriebe genutzt wird, beträgt diese Quote bei den Betrieben aus dem Metallgewerbe 80
Prozent. Die SHK-Betriebe nehmen mit 57 Prozent eine Mittelstellung ein.
Abb. 19: Vorhandene und geplante Nutzung nach Gewerbezweigen
39%
Maler/Lackierer,
Raumausstatter
22%
61%
vorhanden
57%
Sanitär-,
Heizungs-,
Klimatechnik
26%
geplant
83%
künftige Nutzung*
80%
Metallgewerbe
16%
96%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
(*künftige Nutzung = vorhanden plus geplant)
Quelle: KUA/ABC 2000
Die bestehende Diskrepanz wird sich zwar abschwächen, aber auch zukünftig wird –
wie die zu den Unternehmensplanungen vorliegenden Angaben zeigen – der Grad der
Internet-Nutzung unterschiedlich sein. Die Planungen der Unternehmen belegen, dass
Internet-Nutzungen wachsende Verbreitung finden werden, und der Trend vor allem
59
EQUIB
bei größeren Anwenderbetrieben zu anspruchsvollen, transaktionsorientierten E-Business-Lösungen geht.
Bedenken gegen das Internet und Erfahrungen mit der Online-Nutzung
64 Prozent aller antwortenden Unternehmen (Nicht-Nutzer und Nutzer) äußern explizit Vorbehalte gegen die Nutzung des Internets. Dabei dominieren Sicherheitsbedenken, der mangelnde ökonomische Nutzen und die zu geringe Unternehmensgröße.
Jeder vierte der Befragten beklagt fehlendes Know-how.
Abb. 20: Bedenken gegen die Internetnutzung
46%
mangelnder ökonomischer Nutzen
48%
Sicherheit
29%
fehlende Kundenakzeptanz
32%
hohe Kosten (Einführung)
26%
fehlendes Know-how
35%
Unternehmensgröße
10%
hohe Telefonkosten
13%
Schulungskosten
7%
Sonstige
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Quelle: KUA/ABC 2000
Die Erfahrungen mit der Nutzung des Internets werden – soweit die Betriebe sich
bereits dazu in der Lage sehen, darüber Auskunft zu geben – ausnahmslos positiv beurteilt.
Die Befragung von Unternehmen in Bremen und Bremerhaven, die sich wesentlich auf
den Bereich des Handwerks orientiert, bestätigt der Tendenz nach die bei der bundesweiten repräsentativen Untersuchung von DIHT und MediaMit gewonnenen Ergebnisse. Sie liefert darüber hinaus eine Konkretisierung der Situation der Unternehmen
im klein- und kleinstbetrieblichen Segment: Hier zeigt sich ein im Vergleich zu den
Mittel- und Großbetrieben noch relativ geringer Verbreitungsgrad von Online-Anwendungen und insbesondere in Bezug auf aktive Formen der Internet-Nutzung liegt ein
erheblicher Nachholbedarf vor. Es kann folglich der Schluss gezogen werden, dass
sich die Aktivitäten zur Heranführung der Betriebe an E-Commerce-Anwendungen
und der Intensivierung ihrer Internet-Präsenz verstärkt auf diese Zielgruppe richten
müssen. Dass hier ein erheblicher Bedarf besteht, zeigt sich auch darin, dass jeder
Vierte der Befragten darauf verweist, dass das fehlende Know-how sich als Hindernis
für betriebliche Internet-Aktivitäten geltend macht. Darüber hinaus wird deutlich, dass
zwischen den untersuchten Gewerbezweigen erhebliche Unterschiede bestehen. Die
Besonderheiten der jeweiligen Gewerbezweige sollten – um der Gefahr einer digitalen
Spaltung der Wirtschaft zu begegnen – folglich auch bei der Konzeption von Angebo-
60
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
ten zur Beratung und Qualifizierung der Unternehmen und ihrer Beschäftigten
Berücksichtigung finden.
4.3 Fazit: Entwicklungsstand des E-Commerce in der deutschen
Wirtschaft
Ø Das WWW entwickelt sich zum Massenmedium: In Deutschland nutzen gegenwärtig etwa 25 Millionen Erwachsene das Internet als Kommunikations- und
Informationsmedium.
Ø Die Möglichkeiten des Online-Shoppings (B2C) werden zunehmend genutzt.
Akzeptanzschranken liegen noch in der aus der Sicht der Consumer mangelnden
Sicherheit der Transaktionen, der zu komplizierten Bestellprozedur und in den hohen Kosten für den Internet-Zugang.
Ø Die treibende Kraft des E-Commerce ist nach wie vor der B2B-Bereich. Hier wird
auch zukünftig ein erhebliches Wachstum des Transaktionsvolumens erwartet.
Ø Die Herstellung der politischen Rahmenbedingungen für die weitere Verbreitung
des E-Commerce schreitet zügig voran.
Ø Europaweit werden mehr und mehr kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im
WWW aktiv: 40 Prozent verfügten bereits im März 2000 über eine eigene
Website. Ein großer Teil der Betriebe, die noch offline sind, sieht die zu geringe
Größe des Unternehmens als Schranke für eine Webpräsenz an.
Ø In ganz Europa stellen Informationsdefizite, E-Commerce-Fachkräftemangel, unzureichende Qualifikation sowie fehlende Motivation Hemmnisse für geschäftliche
Internet-Anwendungen der Unternehmen dar.
Ø In 59 Prozent der deutschen Unternehmen werden bereits IT-Anwendungen genutzt. Jedes zweite Unternehmen ist mit einer Website im Internet präsent.
Ø Der Anteil der IT-Anwendungen nutzenden Unternehmen steigt mit der Belegschaftsgröße; vor allem bei den Klein- und Kleinstbetrieben besteht noch erheblicher Nachholbedarf.
Ø Bestehende Investitionshemmnisse in IT-Anwendungen sind auf die noch vorliegende Kundenzurückhaltung, hohe Infrastrukturkosten und Defizite im Bereich
der Humanressourcen zurückzuführen.
Ø In den KMU (Schwerpunkt Handwerk) in Bremen und Bremerhaven nutzen 56
Prozent der Unternehmen das Internet für betriebliche Zwecke. Derzeit dominieren noch passive Formen der Anwendung des Internets, die noch keine geschäftlichen Transaktionen beinhalten und nicht oder nur marginal in die Geschäftsprozesse der Unternehmen integriert sind.
Ø Insgesamt liegt hier ein erheblicher Bedarf an Beratungs- und Qualifizierungsdienstleistungen zur Internet-Nutzung und zum E-Commerce vor.
61
EQUIB
62
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
5 Fallstudien: E-Commerce in Handelsunternehmen
(KMU) in Bremen und Bremerhaven
Im Folgenden werden acht Fallbeispiele von Online-Nutzern aus Handelsunternehmen
dargestellt. Dafür wurden Unternehmen ausgewählt, die ausnahmslos der Gruppe der
aktiven Internet-Nutzer zugeordnet werden können, und bei denen vergleichsweise
fortgeschrittene E-Commerce-Anwendungen vorliegen. Bei den Fallbeispielen handelt
es sich gleichzeitig um acht Erfolgsstories von Unternehmen aus unterschiedlichen
Bereichen des Handels, die durch die Implementation von E-Commerce-Lösungen
Umsätze generieren und/oder ihre internen und externen Geschäftsprozesse effizienter
gestalten konnten.
Die Profile der Unternehmen, zu denen Fallstudien erarbeitet wurden, sind in der
folgenden Tabelle zusammengefasst:
Tab. 5: Profile der Unternehmen der Fallstudien
Lfd.
Nr.
Art des
Unternehmens
Produkte
E-Commerce-Anwendung
Mitarbeiter
Standort
1
Fachgroßhandel
Elektroartikel
Präsentations-Site
Verkauf über Intranet (B2B)
112
Bhv.
2
Versandhandel
Elektronikartikel
Intranet-Marktplatz (B2B)
Internet-Shop (B2B)
116
HB
3
Großhandel
Werkzeuge,
Maschinen etc.
Präsentations-Site
EDI-Datenaustausch
50
HB
4
Groß- und
Einzelhandel
Mineralöl etc.
Internet-Shop mit
Auktionsplattform (B2B, B2C)
6
HB
5
Versandhandel
DVD-Filme
Internet-Shop (B2B, B2C)
4,5
HB
6
Versandservice
Lebensmittel,
Delikatessen
Internet-Shop (B2B, B2C)
4
Bhv.
7
Einzelhandel
Lebensmittel
Internet-Shop (B2C)
35
Umland
8
Verlag
Wissenschaftliche Literatur
Internet-Shop (B2B, B2C)
26
Bhv.
5.1 Zum Stellenwert der Fallstudien
Der Stellenwert der Fallstudien im Kontext der vorliegenden Untersuchung besteht
darin, dass sie eine der Grundlagen für die Bestimmung von Qualifikationsprofilen
sind, die mit der Verbreitung von E-Commerce in Unternehmen entstehen.
Basis der Fallstudien: Leitfadengestützte Experteninterviews
Die Fallstudien beruhen auf ausführlichen leitfadengestützten Interviews mit betrieblichen Entscheidungsträgern, die für die Umsetzung von E-Commerce-Anwendungen in
63
EQUIB
ihren Unternehmen verantwortlich zeichnen. Dieses qualitativ orientierte Erhebungsverfahren wurde gewählt, weil es eine adäquate Methode zur Analyse von Qualifikationsbedarfen darstellt, die sich nicht bereits durch einen weit fortgeschrittenen
Diffusionsprozess einer neuen Technik auszeichnen, dessen Auswirkungen es zu „bilanzieren“ und zu systematisieren gilt.
Antizipation von Qualifikationsprofilen
Der zur Zeit stattfindende Prozess der Herausbildung neuer Qualifikationsprofile lässt
sich eher als „Laboratoriumssituation“ kennzeichnen, dessen Resultate noch offen
sind, und bei dem sich auf dem derzeitigen Stand der Entwicklung nur Indizien
zusammentragen lassen, aufgrund deren Analyse sich ein Bild zukünftiger Qualifikationsanforderungen skizzieren lässt. Die Interviews mit den betrieblichen Entscheidungsträgern sind Bestandteil eines solchen antizipierenden Verfahrens. Es ergänzt die
Analyse der Anforderungen, die aus der technisch-stofflichen Struktur der E-Commerce-Systeme und der mit ihrem Einsatz verbundenen Veränderungen der betrieblichen Prozesskette resultieren.
Struktureller Anforderungswandel
Die Ermittlung von Qualifikationsbedarfen durch quantitativ orientierte Methoden der
empirischen Sozialforschung, d.h. Betriebsbefragungen mit Hilfe von standardisierten
Fragebögen, in denen die Adressaten die aus ihrer Sicht vorliegenden Qualifikationsbedarfe benennen, stösst im Falle des E-Commerce auf enge Grenzen:
•
Die bisherige kurze Geschichte des E-Commerce belegt, dass laufend neue
Anwendungen entwickelt und auf dem Markt angeboten werden, die mit jeweils
spezifischen Anforderungen an ihre Anwender verbunden sind. Die jeweiligen
Anforderungen, die von diesen technischen Systemen ausgehen, lediglich zusammenzutragen, führt zu einem unstrukturierten Sammelsurium von disparaten
Anforderungsmerkmalen. Gefordert ist deshalb eine Analyse, die die Struktur der
Anforderungen aufdeckt und zu Konturen eines Profils verdichtet.
•
Beim E-Commerce handelt es sich nicht bloß um eine neue Technik, die folglich
mit weitgehend technisch determinierten und auf dieser Basis eingrenzbaren Anforderungen an ihre Nutzer verbunden ist, sondern in letzter Konsequenz um ein
neues Geschäftsmodell, dessen schrittweise Einführung zu einem tiefgreifenden
Wandel betrieblicher Abläufe führt und damit eine neue Qualifikationsstruktur
hervorbringt, die sich nicht auf eine punktuelle Veränderung einzelner Anforderungen reduziert.
5.2 Erfassung des breiten Spektrums von Internet-Anwendungen
und
E-Commerce-Lösungen durch die Fallstudien
Die einzelnen Fallstudien enthalten jeweils Aussagen
•
zu den vorliegenden Internet-Nutzungen bzw. den implementierten E-CommerceAnwendungen,
•
den Erfahrungen mit E-Commerce-Lösungen,
64
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
•
den zukünftig geplanten Aktivitäten,
•
zur vorhandenen technischen Infrastruktur,
•
zu den Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation sowie
•
zum Personal- und Qualifikationsbedarf.
Die Fallstudien bieten einen Einblick in das breite Spektrum möglicher E-CommerceLösungen und ihrer Integration in die Unternehmen und ihre Geschäftsprozesse. Die
dokumentierten betrieblichen Anwendungen umfassen im Einzelnen folgende technischen Systeme bzw. Anwendungsbereiche:
•
Nutzung des Internets für Rechercheaktivitäten (Produktinformationen, Preise und
Konditionen etc.),
•
Nutzung des E-Mail-Dienstes für die interne und externe Kommunikation,
•
Unterhaltung einer eigenen Homepage im Internet zu Marketingzwecken,
•
Einrichtung von Bestellfunktionen bzw. die Realisierung von E-Shop-Lösungen im
Intra- oder Internet im B2C und im B2B-Bereich,
•
Einrichtung einer Online-Auktionsplattform,
•
Backoffice-Integration von E-Shop-Lösungen (Anbindung an Warenwirtschaftssysteme),
•
One-to-one-Marketing und Personalisierungsfunktionen, Customer Relationship
Management (CRM),
•
Kundenbindung durch E-Mail-Management,
•
Content Management,
•
E-Procurement-Lösungen mit direktem Datenaustausch zwischen den beteiligten
Unternehmen,
•
technischer Support und Kundenberatung,
•
Einrichtung eines Online-Forums für Kunden (Internet-Community),
•
Rekrutierung neuer Mitarbeiter über das Internet,
•
Aufbau einer medienneutralen Datenbank zur Erstellung von Katalogen in unterschiedlichen medialen Darstellungsformen.
65
EQUIB
5.3 Fallstudien: Unternehmensprofil – E-Commerce-Aktivitäten –
technische Infrastruktur – Arbeitsorganisation – Personal- und
Qualifikationsbedarf
Fallstudie 1: Elektro-Fachgroßhandel
Unternehmensprofil
Der mittelständische Elektrofachgroßhandel wurde als eigenständiges Unternehmen
1933 gegründet. Das Stammhaus befindet sich in Bremerhaven, es gibt eine unselbständige Niederlassung in Bremen und ein Zentrallager in Achim. Der Großhandel
beliefert ausschließlich das Elektrohandwerk und den Elektrofachhandel sowie die
verarbeitende Industrie. Zum Geschäftskundenkreis zählen überwiegend Kunden aus
dem regionalen Umland von Bremerhaven und Bremen. Sowohl national als auch international ist der Kundenkreis aktuell noch eher gering.
Neben der Funktion als Distribuent bietet das Unternehmen seinen Kunden auch die
umfangreiche Beratung und Unterstützung bei Projektplanung und -bearbeitung an.
Dies gilt insbesondere für das Elektrohandwerk und den -fachhandel, wohin nicht nur
Bauelemente geliefert werden; auch Projekte, wie z.B. Lichtplanung, Datennetzwerkplanung und Messestandplanung werden fachkundig unterstützt. Darüber hinaus bietet
das Unternehmen technischen Support in Form von Schulungsprogrammen für Kunden sowie Marketing-Unterstützung an.
Das Unternehmen beschäftigt zum Zeitpunkt der Untersuchung an den Standorten
insgesamt 112 Mitarbeiter; ein Viertel davon sind Frauen. Es wird von einer zukünftig
steigenden Beschäftigtenzahl ausgegangen.
E-Commerce-Aktivitäten: Ziele und Inhalte
•
Nutzung des Internets
Das Unternehmen ist mit Informationen/Hinweisen auf einer eigenen Homepage im
Internet präsent. Für den Internet-Auftritt hat sich das Unternehmen frühzeitig entschieden, um seine Produkt- und Dienstleistungsbekanntheit regional und insbesondere auch national zu steigern und damit die Erschließung neuer Märkte voranzutreiben. Die Werbeaktivitäten gehen ausschließlich über das Internet.
Der E-Mail-Dienst des Internets wird von allen Mitarbeitern für die interne und externe Kommunikation genutzt. Über das neue Medium werden zudem Informationen
zu Produktdetails, Konditionen und Preisen eingeholt. Die Rekrutierung neuer Mitarbeiter über das Internet wird für die Zukunft in Erwägung gezogen.
•
Intranet-Lösung für die Kunden des Elektrohandwerks und Elektrofachhandels
(B2B-Lösung)
Das Elektrohandwerk und der Elektrofachhandel zählen zu den Hauptkunden des
Großhandels. Für diesen überwiegend aus Stammkunden bestehenden Kreis wurde ein
Intranet eingerichtet. Hiermit haben die Kunden die Möglichkeit, sich auf den betriebsinternen Server einzuwählen und die lieferbaren Artikel aufzurufen und zu
bestellen. Das Intranet-System ermöglicht die Gestaltung kundenindividueller Ange66
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
bote (automatisierte Personalisierung). Das One-to-one-Marketing informiert den
Kunden über seine individuellen Konditionen und Preise und über die Lagerverfügbarkeit der Artikel. Die spezifischen Angebote, die dem Kunden gemacht werden
sowie die Rechnung, die er erhält, kann er sich jederzeit aufrufen. Auch den Status
seiner Lieferanforderung kann er jederzeit verfolgen.
Mit der Einrichtung dieses Intranets für die Stammkunden des Elektrohandwerks und fachhandels verfolgt das Unternehmen vorrangig zwei Ziele. Zum einen ist die höhere
Kundenbindung durch verbesserte Kommunikation bezogen auf Produktinformation
und Bestellfunktion intendiert. Zum anderen kann die betriebsinterne Auftragsabwicklung wesentlich optimiert werden, da die Auftragsannahme an die Funktionen des
EDV-gestützten Warenwirtschaftssystems angeschlossen ist.
•
Erste Erfahrungen mit der Intranet-Lösung
Obwohl die Stammkunden die Intranet-Lösung noch nicht sehr häufig nutzen – die
Mehrheit entscheidet sich noch für die telefonische oder schriftliche Bestellung – wird
die Einrichtung des neuen Vertriebswegs vom Unternehmen langfristig als erfolgversprechend bewertet. Nach Einschätzung der Geschäftsleitung wird für die Masse der
Großhandelskunden die Nutzung des Internets zukünftig genauso selbstverständlich
sein, wie es die EDV-Anwendung in Teilbereichen heute schon ist. Mit zunehmender
Akzeptanz des neuen Mediums werden immer mehr Betriebe ihren Einkauf online
abwickeln wollen.
•
Zukünftige Erweiterung der E-Commerce-Aktivitäten
Das Unternehmen plant zur Zeit mit ca. acht weiteren regionalen KMU die Gründung
einer Procurement-Gesellschaft als Versandhandel über das Internet. Eine gemeinsame
Internet-Plattform mit einem Artikelangebot von bis zu 300 000 Produkten soll noch
im Jahre 2000 ins Netz gestellt werden. Dieses neue Dienstleistungsangebot dürfte
insbesondere für die C-Artikel-Beschaffung in Industriebetrieben, die ihre Lagerbestände weitgehend outgesourct haben, interessant sein. Die Anwender, in diesem Fall
die Lagermeister, können direkt auf den Web-Server zugreifen, der die aktuellen
Produkt- und Bestellinformationen aus dem elektronischen Katalog über einen Applikations-Server zurücksendet. Die Akteure der gemeinsam geplanten Internet-Plattform
verfolgen insbesondere das Ziel der weiteren Kundenbindung sowie der Erschließung
neuer nationaler Märkte.
Technische Infrastruktur für die E-Commerce-Aktivitäten
Stand: Um die bisherigen E-Commerce-Lösungen realisieren zu können, ist das Unternehmen mit einem ISDN-Anschluss ausgestattet. Der Leitungsaufbau für das Intranet zum Elektrohandwerk und Elektrofachhandel erfolgt über eine Wählleitung, über
die auf den betriebsinternen Server zugegriffen werden kann. Alle im Unternehmen
vorhandenen PC`s sind vernetzt. Angewendet werden das Betriebssystem Microsoft
Windows NT 4.0, Office-Programme und die Standard-Software für die Großhandelsbranche „Dialog 24“.
Planung: Für die geplante Internet-Plattform sind weitere Technik-Implementationen
erforderlich. Dazu wird ein externer Dienstleister von der Procurement-Gesellschaft
beauftragt, die Hard- und Software bereitzustellen sowie die Anbindung an einen
67
EQUIB
Internet-Provider zu realisieren. Dieser Dienstleister richtet einen zentralen Server als
„externen Vertriebsstützpunkt“ ein, bei dem die Aufträge an die Procurement-Gesellschaft eingehen und an die dezentralen Server zur Auftragsabwicklung in den einzelnen Handelsunternehmen weitergeleitet werden. Die Datenübertragung erfolgt über
eine Standleitung (Zugang über das Telefonnetz) als feste stehende Verbindung zum
Internet, mit der die Unternehmen permanent online sind.
Arbeitsorganisation
Um für Mitarbeiter an PC-Arbeitsplätzen die Nutzungsmöglichkeiten des Internets zu
gewährleisten, wurde für alle ein freier Internet-Zugang eingerichtet. Damit ist von
Seiten der Geschäftsleitung auch die Erwartung verbunden, dass jeder das Internet im
Rahmen seines Aufgabenbereichs optimal zur Effektivierung der Arbeitsprozesse anwendet.
Die Intranet-Lösung für die Stammkunden des Elektrohandwerks und -fachhandels
wurde von einem Mitarbeiter der EDV-Abteilung konzipiert und eingerichtet. In seinen Aufgabenbereich fällt die kontinuierliche Betreuung des Shop-Systems, insbesondere bezogen auf die Funktionen des technischen Supports. Die Aktualisierung der
Artikelstammdaten ist nicht erforderlich, da sie Bestandteil des EDV-gestützten Warenwirtschaftssystems sind, regelmäßig aktualisiert und automatisch auf das ShopSystem übertragen werden. Die Mitarbeiter in der Auftragsabwicklung übernehmen
neben der Bearbeitung der schriftlich und telefonisch eingehenden Bestellungen auch
die Bearbeitung der Bestellungen über den Intranet-Shop.
Für die geplante Internet-Plattform müssen die beteiligten Handelsunternehmen ihr
Produkt- und Dienstleistungsangebot der Procurement-Gesellschaft zur Verfügung
stellen. Die Daten werden mit dem betriebsinternen Warenwirtschaftssystem verbunden.
Personal- und Qualifikationsbedarf
Die E-Commerce-Aktivitäten des Unternehmens haben bisher weder zu Personalentlassungen noch zu Neueinstellungen geführt. Zukünftig rechnet die Geschäftsleitung
jedoch mit leicht steigendem Personalbedarf, da durch die geplante gemeinsame
Internet-Plattform mit anderen Handelsunternehmen die Kundenbindung intensiviert,
und neue Märkte erschlossen werden können.
Die Mitarbeiter an den PC-Arbeitsplätzen wurden durch hausinterne Schulungen auf
die Internet-Nutzung vorbereitet. Wichtig scheint der Geschäftsleitung in erster Linie
das Interesse und die Motivation der Mitarbeiter zu sein, dieses neue Medium zur
Effektivierung der Arbeitsaufgaben zu akzeptieren und kompetent einzusetzen.
Der für die Einrichtung und Betreuung des Intranet-Shops zuständige Mitarbeiter aus
der EDV-Abteilung ist ein sogenannter „Seiteneinsteiger“, der sich im Selbststudium
für diese Aufgabe qualifiziert hat und sich regelmäßig weiterbildet. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, die Mitarbeiter in der Auftragsabwicklung zu qualifizieren.
68
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Fallstudie 2: Elektronik-Versandhandel
Unternehmensprofil
Es handelt sich um ein traditionsreiches mittelständisches Versandhandelsunternehmen
für Elektronik, das eigenständig mit zentralem Standort in Bremen agiert. Internationale Tochtergesellschaften in europäischen Ländern werden z. Zt. gerade aufgelöst.
Im aktuellen Katalog bietet der Distribuent seinen Kunden ca. 50.000 C-Artikel an, im
Katalog plus ist dieses Angebot auf über 1 Million erweitert. Im einzelnen erstreckt
sich das Produkt- und Dienstleistungsangebot auf acht Bereiche:
- Halbleiter und Optoelektronik
- Passive Bauelemente
- Elektro-mechanische Bauelemente
- Messen/Steuern/Regeln/Bewegen, E-Technik und Stromversorgung
- Werkzeuge
- Computer/Kommunikation/Bürobedarf
- Röhren
- Fach- und Datenbücher
Ca. 40.000 der lieferbaren Artikel befinden sich am eigenen Zentrallager in Achim.
Der Kundenkreis besteht im Wesentlichen aus Geschäftskunden des industriellen
Sektors. Ausgeliefert wird regional und bundesweit innerhalb von 24 Stunden durch
einen externen Dienstleister für Transportlogistik. Der internationale Kundenkreis rekrutiert sich hauptsächlich aus den europäischen Ländern, in denen zukünftig die
Akquisition ausgeweitet werden soll.
Der Mittelständler beschäftigt am regionalen Standort 116 Mitarbeiter; zwei Drittel
davon sind Frauen. Nachdem das Unternehmen seinen Personalbestand 1999 insgesamt um ca. 10 Prozent erhöht hat, wird eine eher gleichbleibende bis leicht steigende
zukünftige Personalentwicklung prognostiziert.
E-Commerce-Aktivitäten: Ziele und Inhalte
•
Nutzung des Internets
Um von Anfang an dabei zu sein, hat sich die Unternehmensführung schon frühzeitig
mit dem neuen Medium „Internet“ auseinandergesetzt. Der Versandhandel ist mit
einem eigenen Informationsangebot zum Profil, zu Leistungen und Kontaktmöglichkeiten im Internet präsent. Alle Mitarbeiter an PC-Arbeitsplätzen verfügen über einen
freien Zugang zum Internet, um das Medium für Rechercheaktivitäten, Einholung von
Informationen zu Produktdetails, Konditionen und Preisen sowie für die interne und
externe Kommunikation zu nutzen. Die Rekrutierung neuer Mitarbeiter, Werbung und
Marketing erfolgen ebenfalls über das Internet. Die Nutzung für Online-Bankgeschäfte
wird zur Zeit ebenso wie die Einrichtung einer Kommunikationsplattform in Form
einer Video-Beratung über Produkte und technischen Support geprüft.
69
EQUIB
•
Intranet-Marktplatz mit Geschäftspartnern (B2B-Lösung)
Das Unternehmen betreibt einen Intranet-Marktplatz für C-Artikel als virtuellen
Zusammenschluss mit derzeit acht wichtigen industriellen Geschäftspartnern. Die Aktivitäten für diesen geschlossenen Marktplatz lagen anfänglich bei den Industriebetrieben. Weitere Projekte dieser Art stehen z. Zt. kurz vor dem Vertragsabschluss. Mit
einer weiteren Anzahl von Interessenten werden gegenwärtig Gespräche über zukünftige Intranet-Lösungen geführt.
Diese Form des elektronischen Handels ermöglicht den direkten Datenaustausch zwischen den Betrieben. Damit wird die Beschaffung von C-Artikeln wesentlich effektiviert. Konkret heißt das, dass Meister oder Abteilungsleiter keine Auftragszettel mehr
abzeichnen, Rückfragen und Bestätigungen zwischen Auftraggeber und Lieferanten
entfallen ebenfalls. Wer bestellen darf und bis zu welcher Summe, ist im Vertrag festgelegt und entsprechend in der Software verankert. Das Programm ist an das betriebsinterne EDV-gestützte Warenwirtschaftssystem angebunden.
•
Internet-Shop (B2B-Lösung)
Seit 1998 betreibt das Handelsunternehmen einen Internet-Shop. Dafür wurde ein
Katalog mit über 40.000 Artikeln mit Direkt-Order-Funktion ins Netz gestellt. Um
auch einen internationalen Kundenkreis ansprechen zu können, sind die Produktangaben auch in englischer und italienischer Sprache abrufbar. Zur Attraktivitätssteigerung
des E-Shops wurde darüber hinaus das Dienstleistungsangebot über das Internet erweitert. Der Service bezieht sich nicht nur auf die Darstellung des Katalog-Sortiments,
sondern auch auf gezielte Informationen über Marktneuheiten, sortiert nach den individuellen Interessen der Kunden (One-to-one-Marketing).
•
Zukünftige Erweiterung der E-Commerce-Aktivitäten
Derzeitig wird der virtuelle Zusammenschluss mit anderen Anbietern von C-Artikeln
in Form einer Procurement-Gesellschaft vorbereitet. Damit entsteht ein Internet-Shop
mit wesentlich erweitertem Sortimentsangebot. Der gemeinsame Marktplatz ermöglicht eine größere Kundenorientierung und damit Kundenbindung, weil er den Trend
zu Systemgeschäften – Produkte und Service aus einer Hand – befördert. Zudem können mit dieser neuen Vertriebsstrategie neue Märkte erschlossen werden. Die gemeinsame Plattform soll noch im Jahre 2000 ins Netz gestellt werden.116
Technische Infrastruktur für die E-Commerce-Aktivitäten
Das Unternehmen verfügt derzeitig über einen ISDN-Anschluss, die Erweiterung auf
einen ADSL-Anschluss wird zukünftig eventuell erforderlich sein. Der Leitungsaufbau für das Intranet mit den festen Geschäftskunden erfolgt über eine Wählleitung,
über die sie auf den betriebsinternen Server zugreifen können. Durch die Zunahme
von elektronisch gestützter Arbeit wird Datensicherheit zukünftig immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dafür wird ein zweiter Server angeschafft, der bei eventuellem
Ausfall des ersten die Daten automatisch sichert.
116
vgl. Fallstudie 1
70
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Alle unternehmensinternen PCs sind miteinander vernetzt und verfügen über einen
freien Internet-Zugang. Implementiert sind die Betriebssysteme Mircosoft Windows
9X, Microsoft Windows NT 4.0, UNIX, Novell Netware, Office-Programme und das
Programm „Navision AL“ für das Warenwirtschaftssystem. Für alle Produkte/Artikel
wurde eine medienneutrale Datenbank eingerichtet, mit der Internet-, CD-ROM- und
Print-Kataloge erstellt werden können.
(Für den geplanten gemeinsamen Internet-Shop mit anderen C-Artikel-Anbietern ist
die Anschaffung eines Konverters und Routers für EDIFACT vorgesehen; siehe auch
Fallstudie 1.)
Arbeitsorganisation
Die Unternehmensleitung legt besonderen Wert auf die Herstellung und Pflege einer
Corporate Identity. Dies gilt insbesondere auch für die neuen Aktivitäten, die mit dem
Internet und den E-Commerce-Komponenten zusammenhängen. Alle Mitarbeiter sind
deshalb über das neue Medium und seinen Einsatz im Unternehmen ausführlich informiert worden, damit sie im Bedarfsfall qualifizierte Auskünfte darüber geben können.
Die Internet-Shop-Lösung ist eine im Wesentlichen hausinterne Entwicklung der
EDV-Abteilung in Zusammenarbeit mit dem Multimedia-Haus in Bremen, dessen
Kompetenz insbesondere für das Design in Anspruch genommen wurde. Modifikationen/Aktualisierungen der Internetapplikationen werden innerbetrieblich von Programmierern durchgeführt. Gegenwärtig wird über eine komplette Neugestaltung des
Shop-Systems nachgedacht. Ziel ist es, nicht nur Produktinformationen ins Netz zu
stellen, sondern die möglichen Funktionsaktivitäten für eine intensivere Kundenbindung zu nutzen. Dazu gehören die individuelle Kundenansprache (One-to-oneMarketing) sowie die Ausweitung des Content-Managements (wirksame und benutzerfreundliche Gestaltung der Informationen) bis hin zur technischen Beratung über das
Netz.
Die bestehenden Intranet-Shops mit den Stammkunden aus dem industriellen Bereich
sind von diesen Betrieben selbst entwickelt worden und werden von ihnen betrieben.
Anpassungs-/Aktualisierungsbedarf besteht deshalb von Seiten des Versandhandels
nicht.
Für die geplante Internet-Plattform mit anderen C-Artikel-Anbietern müssen die betriebsspezifischen Produktdaten von der EDV-Abteilung zusammengestellt und die
Anbindung an das betriebsinterne EDV-gestützte Warenwirtschaftssystem realisiert
werden.
Für die laufenden und zukünftigen E-Commerce-Aktivitäten wurde im Unternehmen
ein neuer Funktionsbereich geschaffen. Das Projektmanagement für E-Commerce wird
von einer neueingestellten Mitarbeiterin geleitet. Im Tätigkeitsbereich Auftragserfassung und -bearbeitung übernehmen die bisherigen Mitarbeiter neben der telefonischen
und schriftlichen Bestellung zusätzlich die Abwicklung über den neuen Vertriebsweg.
Die Erweiterung der Auftragsabwicklung ist auch verbunden mit erhöhten qualitativen
Anforderungen. Die Mitarbeiter übernehmen insgesamt mehr Verantwortung für ihren
Bereich, weil komplexere Aufgaben bewältigt werden müssen. Hierarchische Strukturen verlieren tendenziell an Bedeutung, da in vielen Teilbereichen die Trennung von
71
EQUIB
Entscheidung und Ausführung aufgehoben wird. Ansätze von Gruppenarbeit auf Zeit
sowie interdisziplinäre Zusammenarbeit in Projekten gewinnen ebenfalls immer mehr
an Bedeutung.
Personal- und Qualifikationsbedarf
Für die Leitung des Bereichs „Produktmanagement für E-Commerce“ wurde eine neue
Mitarbeiterin eingestellt. Zwei Programmierer/innen sollen zur Verstärkung des ITTeams eingestellt werden. Im kaufmännischen Bereich sind gegenwärtig weder Neueinstellungen noch Personalentlassungen geplant.
•
Qualifizierung für EDV, Internet-Nutzung und E-Commerce-Aktivitäten
Die Qualifizierung für EDV-gestützte Arbeit und Internet-Nutzung findet für alle Mitarbeiter an PC-Arbeitsplätzen umfassend durch betriebsinterne Schulungsangebote der
EDV-Abteilung statt. Nachschulungsbedarf wird jeweils individuell abgefragt oder
von den Mitarbeitern selbst geäußert. Mit der systematischen und zielgerichteten
Heranführung an die Nutzung der neuen Medien verbindet die Unternehmensleitung
insbesondere die Intention, die Mitarbeiter zu selbständigen und eigenverantwortlichen Akteuren in ihrem Tätigkeitsbereich zu qualifizieren. Dazu gehört z.B. auch die
Nutzung des E-Mail-Dienstes für interne und externe Kommunikation. Als Fernziel ist
die Realisierung des „papierlosen Büros“ anvisiert.
Im kaufmännisch-verwaltenden Bereich werden die Mitarbeiter ebenfalls durch die
betriebsinternen EDV-Spezialisten für die Auftragsabwicklung im Rahmen der ECommerce-Aktivitäten qualifiziert.
Von den Mitarbeitern der EDV-Abteilung wird ein hohes Maß an EDV-Systemverständnis erwartet. Nicht zuletzt durch die Ausweitung der E-Commerce-Aktivitäten
(virtuelle Plattform mit anderen Anbietern) werden hier die Anforderungen an die
Mitarbeiter steigen.
•
Förderung von Schlüsselqualifikationen
Der kontinuierlichen Förderung von Schlüsselqualifikationen misst die Unternehmensleitung große Bedeutung insbesondere auch im Hinblick auf die zukünftige
Ausweitung der neuen Geschäftsaktivitäten bei. Dabei sieht sie sich selbst und die
Führungskräfte der Entwicklung und Pflege der Corporate Identity verpflichtet. Die
Fähigkeit und Bereitschaft der Mitarbeiter zu engagiertem und eigenverantwortlichem
Handeln sowie neue Ideen und Problemlösungen stehen im Mittelpunkt der Qualifizierungsbemühungen.
Fallstudie 3: Großhandel
Industriebedarf
für
Werkzeuge,
Maschinen,
Schiffs-
und
Unternehmensprofil
Das derzeit größte Bremer Handelshaus für Werkzeuge, Maschinen, Schiffs- und
Industriebedarf wurde 1855 als selbständiges Unternehmen gegründet. Es beliefert
regional und auch national professionelle Anwender von Werkzeugen und Maschinen
72
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
und ist zudem Zulieferbetrieb für einen großen Bremer Industriekonzern. Dem regionalen Standort ist eine Filiale in Kaliningrad angeschlossen. Im Rahmen einer „FullService-Strategie“ bietet der Großhandel seinen Kunden des verarbeitenden Gewerbes
die Abwicklung zielgruppenorientierter Projekte wie z.B. die komplette Einrichtung
eines neuen Betriebes mit Werkzeugen, Maschinen, Betriebs- und Sozialeinrichtungen
sowie Arbeitsschutzartikeln an. Ein hauseigener Lieferservice übernimmt den Transport.
Der Betrieb beschäftigt zur Zeit ca. 50 Mitarbeiter, davon 10 Frauen. Von einer gleichbleibenden bis leicht steigenden Personalstärke wird zukünftig ausgegangen.
E-Commerce-Aktivitäten: Ziele und Inhalte
•
Nutzung des Internets
Seit Anfang 1999 ist das Unternehmen mit einer Homepage im Internet präsent. Weiterführende Rubriken geben Auskunft über das Unternehmensprofil, Leistungen und
Kontaktmöglichkeiten. Die Unternehmensleitung hat sich für den Internet-Auftritt zu
diesem frühen Zeitpunkt entschieden, um von Anfang an dabeizusein. Die Aktivitäten
sollen zukünftig ausgeweitet werden. In diesem Zusammenhang ist die Einrichtung
einer Kommunikationsplattform für Kunden ebenso vorgesehen wie ein größeres
Service- und Beratungsangebot mit Links zu anderen Dienstleistern im Umfeld des
eigenen Produktsortiments.
Der E-Mail-Dienst wird von allen Mitarbeitern an PC-Arbeitsplätzen für die interne
und externe Kommunikation genutzt; E-Mail-Bestellungen der Kunden sind möglich.
Das Einholen von Informationen zu Produktdetails, Konditionen und Preisen erfolgt
ebenfalls über das neue Medium. Stellenangebote werden heute schon ins Netz gestellt. Die Bankgeschäfte werden noch nicht online abgewickelt.
•
Austausch elektronischer Daten mit EDI
Mit einem bedeutenden industriellen Geschäftspartner der Region wurde vor ca. einem
Jahr der elektronische Datenaustausch auf Betreiben des Konzerns vertraglich vereinbart und eingerichtet. Mit EDI (Elektronic Data Interchange) findet unter Anwendung
standardisierter Formate der Datenaustausch zwischen den betrieblichen EDV-Systemen statt. Die Daten sind über Schnittstellen mit dem Back-Office-System (Warenwirtschaftssystem und der Rechnungsstellung) verbunden. Die betriebsinterne Logistik
ist noch nicht an dieses System angeschlossen.
•
Zukünftige Entwicklung
Zur Optimierung seiner Geschäftsprozesse und im Rahmen einer neuen, erweiterten
Kundenbindungsstrategie will das Handelsunternehmen zukünftig weitere Kunden und
auch Lieferanten für diese Form des elektronischen Geschäftsverkehrs gewinnen.
Technische Infrastruktur für die E-Commerce-Aktivitäten
Das Unternehmen ist mit einem ISDN-Anschluss ausgestattet. Der Leitungsaufbau mit
dem festen Geschäftspartner erfolgt über eine Wählleitung. Für den normierten Datenaustausch über EDI wird ein externer Dienstleister in Anspruch genommen. Ein be73
EQUIB
triebsinterner Konverter ist für das Inhouse-Datenformat notwendig, ein Router leitet
die Daten in die richtigen Bahnen.
Die weitere technische EDV-Ausstattung besteht aus einem Server und vernetzten PCEinzelarbeitsplätzen, die mit einem freien Internet-Zugang ausgestattet sind. Die Zahl
der PC-Arbeitsplätze wird sich zukünftig erhöhen. Angewendet werden die Betriebssysteme Microsoft Windows 9X, Linux und UNIX sowie als Software Office-Programme und eine integrierte Branchenlösung, die an die betrieblichen Erfordernisse
angepasst werden musste.
Arbeitsorganisation
Die Auftragsabwicklung über EDI wird von den bisher für diesen Tätigkeitsbereich
zuständigen Mitarbeitern realisiert. Organisationsstrukturelle Veränderungen bzw.
neue Formen der Arbeitsorganisation sind mit der Anwendung der neuen Medien und
Verfahren bisher nicht verbunden. Dies wird sich allerdings ändern, wenn es der
Unternehmensleitung gelingt, mit weiteren Kunden/Lieferanten den normierten
Datenaustausch über EDI vertraglich zu vereinbaren. Ziel ist es, langfristig für diesen
Kunden-/Lieferantenkreis Mitarbeiterteams einzurichten, die die Auftragsabwicklung
für bestimmte Kundengruppen eigenverantwortlich übernehmen und in der Lage sind,
sich gegenseitig zu vertreten.
Personal- und Qualifikationsbedarf
Insbesondere die Einführung von EDI hat im Bereich Verkauf (Kundenseite) zu einer
personellen Veränderung geführt. Der bisher hier tätige Mitarbeiter im Verkauf verfügte zwar über hinreichende Produktkenntnisse, die er sich in seiner langjährigen
Betriebszugehörigkeit angeeignet hatte. Es fehlte ihm jedoch die für Datenübertragung
und -weiterverarbeitung erforderliche EDV-Systemkompetenz und die Bereitschaft/Motivation, sich für diesen Bereich zu qualifizieren. Der bisher zuständige
Mitarbeiter im Verkauf musste entlassen werden. Sein Aufgabengebiet wurde mit einem neuen Mitarbeiter, der über die Qualifikation „Industriemeister Metall“ und über
umfassende Erfahrungen im Umgang mit EDV-gestützter Arbeit verfügt, besetzt.
Der Mitarbeiter im Einkauf (Lieferantenseite) mit der Qualifikation „Groß- und
Außenhandelskaufmann“ hat sich für die Einführung von EDI die erforderliche EDVSystemkompetenz durch die Teilnahme an Weiterbildungskursen und im Selbststudium erworben.
Zusätzlich erfolgte die betriebsinterne Einarbeitung für EDI durch einen freiberuflich
für das Handelsunternehmen tätigen EDV-Spezialisten.
Der Online-Shop wurde als fertiges System für den Verkauf von Werkzeugen, Maschinen und Anlagen von einem externen Dienstleister eingekauft. Das Unternehmen
beabsichtigt, seine Internet-Seiten zukünftig von betriebseigenem Personal weiterentwickeln zu lassen, da der Einkauf bei externen Dienstleistern auf Dauer zu teuer ist.
Für die Aktualisierung, Pflege und Erweiterung der Internet-Seiten soll ein Mitarbeiter
zum Web-Designer ausgebildet werden, der sowohl über umfangreiche Produktkenntnisse verfügen muss als auch technische Lösungsmöglichkeiten für die Bereitstellung
des Angebots ins Netz entwickeln kann. Für eine entspechende Qualifizierung wird
gegenwärtig ein kostengünstiges Angebot gesucht.
74
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Fallstudie 4: Mineralölhandel
Unternehmensprofil
Der Bremer Mineralölhandel wurde 1919 als eigenständiges Unternehmen gegründet.
Zum Leistungsspektrum des Unternehmens gehört die Lieferung von Schmier- und
Treibstoffen, Propangas, Betriebsmitteln, Heizöl, Hautpflegeprodukten und Zubehör.
Ein umfangreiches Serviceangebot bezieht sich insbesondere auf die persönliche Beratung, Bereitstellung von Software für Zahlungsverfahren sowie die Rücknahme von
Schmierstoffgebinden.
Zum Kundenkreis gehören Geschäfts- und Privatkunden aus dem regionalen und nationalen Raum sowie vereinzelt auch aus anderen europäischen Ländern.
Das Unternehmen beschäftigt insgesamt sechs Mitarbeiter, die Hälfte davon Frauen.
Zukünftig wird von einem eventuell leicht sinkenden Personalbestand im Bürobereich
ausgegangen.
E-Commerce-Aktivitäten: Ziele und Inhalte
Das Unternehmen hat sich schon 1996 für einen eigenen Internet-Auftritt entschieden.
Die Präsentation mit einem umfangreichen Informations- und Beratungsangebot umfasst mittlerweile Informationen zum Unternehmensprofil, zu Produkt- und ServiceLeistungen sowie Kontaktmöglichkeiten. Unter einer weiteren Domain erscheinen
Preisinformationen mit Bestellfunktion für Heizöl. Hierfür sind ca. 15.000 verschiedene Preise ins Netz gestellt, da sich das Preisniveau jeweils nach den Versorgungspunkten bzw. -gebieten in Deutschland richtet.
Relativ neu ist die Einrichtung einer Auktionsplattform für Restmengenvolumen der
Tankwagen zur Auslastung der Transporte. Das verfügbare Restmengenvolumen kann
im Internet ersteigert werden.
Innerbetrieblich wird das Internet von den drei Mitarbeitern an PC-Arbeitsplätzen im
Bürobereich für interne und externe Kommunikation sowie zur Einholung von Produktdetails/Konditionen/Preisen der Lieferanten genutzt. Den B2C-Kunden wird eCash als ein mögliches Zahlungsverfahren angeboten. Zukünftig könnte das Internet
auch als Rekrutierungsinstrument für neues Personal genutzt werden.
•
Erste Erfahrungen mit den E-Commerce-Aktivitäten und zukünftige Entwicklung
Für die Unternehmensleitung birgt das Internet als Marketing- und Verkaufsinstrument
ein großes Potenzial zur Optimierung der Geschäftsprozesse. So können z.B. die ins
Netz gestellten Informationen und Bestellfunktionen 24 Stunden am Tag von den
Kunden aufgerufen werden, ohne das ein Mitarbeiter persönlich ansprechbar sein
muss. Dieser Service lohnt sich insbesondere deshalb, weil sich erfahrungsgemäß ca.
60 Prozent der Anfragen ausschließlich auf Preisinformationen beziehen, ohne dass
damit Bestellungen verbunden sind. Zu Beginn der Internet-Aktivitäten vor ca. vier
Jahren konnten ca. 260 Anwender monatlich registriert werden. Mittlerweile sind es
durchschnittlich ca. 600 Nutzer. Nach Einschätzung des Geschäftsführers wird die
Nachfrage nach beratungsintensiven Produkten insbesondere auch international
zukünftig steigen. Einschränkend ist aber festzustellen, dass die Kunden die Bestell75
EQUIB
funktion im Internet noch nicht sehr häufig anwenden. Deshalb wird der Geschäftsverkehr mit ihnen noch überwiegend über Fax abgewickelt.
Zukünftig plant das Unternehmen die Ausweitung seiner E-Commerce-Aktivitäten.
Initiiert werden soll die Gründung einer neuen Internet-Plattform, für die sich Händler
aus ganz Deutschland zu einer Verkaufsgemeinschaft zusammenschließen sollen.
Technische Infrastruktur für die E-Commerce-Aktivitäten
Das Unternehmen ist gegenwärtig mit einem ISDN-Anschluss ausgestattet. Der Leitungsaufbau erfolgt über eine Wählleitung. Der Server wird von einem externen
Dienstleister gehostet, weil der Aufwand für eine interne Systemsicherung zu aufwendig und kostenintensiv wäre. Alle im Betrieb vorhandenen PC`s sind vernetzt. Angewendet werden das Betriebssystem Microsoft Windows NT 4.0 und Office-Programme. Die Software-Anwendung für den E-Commerce-Bereich ist SAP-basiert und
wird vom Mineralölkonzern vorgegeben.
Für die vollständige Internet-Fähigkeit ist bis Ende 2001 die Implementation eines
neuen Software-Programms vom Konzern vorgeschrieben. Als Übertragungstechnik
für die Telekommunikation wird dann die Standleitung auf ADSL-Basis erforderlich.
Arbeitsorganisation
Das Management für Internet-Aktivitäten hat der Geschäftsführer von Anfang an zur
Chefsache erklärt. Für die Realisierung, Aktualisierung und Pflege der Internet-Seiten
wurde von ihm eine eigene Software-Firma gegründet, so dass ein externer Dienstleister nicht in Anspruch genommen werden muss.
Die mit dem Internet-Handel verbundenen Geschäftsprozesse fallen in den Aufgabenbereich der bisher im Ein- und Verkauf tätigen Mitarbeiter (es handelt sich um ausgebildete Industriekaufleute). Wesentliche Veränderungen der Arbeitsorganisation sind
damit bisher nach Auskunft der Geschäftsführung nicht verbunden.
Personal- und Qualifikationsbedarf
Die bisherigen E-Commerce-Aktivitäten haben zu keiner Reduzierung des Personalbestands geführt. Auf Grund der mit der Internet-Nutzung verbundenen Rationalisierungspotenziale geht die Geschäftsführung des Unternehmes jedoch zukünftig von
eher geringerem Personalbedarf im Bürobereich aus. In diesem Zusammenhang ist zur
Zeit angedacht, einen Teil des Telefonverkehrs – Information und Beratung, Auftragsannahme und -bearbeitung – von deutschsprachigen Agenten in einem englischen Call
Center abwickeln zu lassen, da dort die arbeitsrechtlichen Bestimmungen aus Arbeitgebersicht günstiger gestaltet sind.
Die bisherigen Internet-Aktivitäten erforderten vom Geschäftsführer eine intensive,
kontinuierliche Einarbeitung in die Thematik. Um geschäftsfördernde Entscheidungen
treffen zu können, informiert er sich auf Fachveranstaltungen und durch -literatur über
Trends und Entwicklungen zu der komplexen Thematik.
Die Mitarbeiter an PC-Arbeitsplätzen wurden innerbetrieblich für den E-Commerce
qualifiziert. Hilfreich war in diesem Zusammenhang, dass sie schon vorher ihre
76
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Tätigkeiten EDV-gestützt durchgeführt hatten und deshalb keine Akzeptanzprobleme
überwunden werden mussten.
Fallstudie 5: Internet-Versandshop/DVD-Versand
Unternehmensprofil
Der Versandhandel für Filme im DVD-Format (Digital Versatile Disk) existiert seit ca.
zwei Jahren als eigenständiges Unternehmen ausschließlich im Internet. Der virtuelle
Versandkatalog bietet alle verfügbaren Filmtitel (ca. 1100) an, die in Deutschland für
die Zweitverwertung nach dem Kino zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werden ca.
800 bis 900 nicht synchronisierte Film-Importe aus den USA, die zum Teil in
Deutschland noch nicht angelaufen sind, offeriert.
Der elektronische Versandhandel beschäftigt zur Zeit vier Mitarbeiter (Frauenanteil 50
Prozent) in Vollzeit sowie zwei Freiberufler für EDV-Systemtechnik.
E-Commerce-Aktivitäten: Ziele und Inhalte
Für die Realisierung des Internets-Shops kooperiert der DVD-Versand im JointVenture-Verfahren mit dem Software-Entwickler und dem Provider.117 Gemeinsam
übernehmen sie die unternehmerische Verantwortung und haben Teil am Erfolg der
Lösung. Der Kauf einer kompletten Shop-Lösung ohne Gewinnbeteiligung des Entwicklers/Providers hätte sich für den elektronischen Handel nicht rentiert. Der
Internet-Shop beliefert Wiederverkäufer (B2B) und Privatkunden (B2C) auf nationaler
und internationaler Ebene, insbesondere nach Österreich und die Beneluxländer.
Prognostiziert wird eine zunehmende internationale Nachfrage. Für beide ShopLösungen – sowohl für die Geschäftskunden als auch privaten Konsumenten – existiert die gleiche betriebliche Arbeitsorganisation; Differenzierungen gibt es nur hinsichtlich der individuellen Geschäftskonditionen der einzelnen Kunden.
Zur Optimierung der Werbe- und Marketingaktivitäten wird das Internet vom
Versandhandel neben dem traditionellen Weg über Printmedien genutzt. Wichtig ist in
diesem Zusammenhang die gezielte Plazierung von Links auf anderen Internet-Sites
sowie die Positionierung der Website bei Betreibern für Suchmaschinen.
Der Einkauf/die Beschaffung des Filmmaterials wird ebenfalls über das Internet realisiert.
Der Office-Bereich ist für die Auftrags-/Bestellabwicklung mit einer Produkt- und
Kundendatenbank, mit Komponenten zur Kundenbetreuung einschließlich E-MailManagement, Rechnungstellung sowie Abrechnungssystemen ausgestattet. Den Kunden werden mehrere Zahlungsmöglichkeiten angeboten: per Kreditkarte (verschlüsselt
über eine SSL-Leitung), über ein Guthabenkonto, auf das auch die Beträge für den
117
Die Auswahl eines stabilen Providers als Partner war für den Geschäftsführer von strategischer Bedeutung.
Seine Entscheidung fiel auf einen Full-Service-Provider, der neben Consulting, Produktauswahl und
Systemintegration den reibungslosen Betrieb der E-Commerce-Lösung gewährleistet.
77
EQUIB
Rücklauf gebrauchter Ware gutgeschrieben werden, per Nachnahme oder über eine
Einzugsermächtigung.
•
Erste Erfahrungen mit dem Internet-Shop und zukünftige Entwicklung
Seitdem der Versandhandel ins Netz gestellt wurde, hat sich das Auftragsvolumen
ständig erhöht. Nach Auskunft des Geschäftsführers werden zur Zeit schwarze Zahlen
geschrieben. Da der Markt für den DVD-Miet- und Verleihhandel derzeit weiter expandiert – ca. 300 Versender präsentieren sich im Internet – werden auch für die Zukunft Zuwächse des Geschäftsvolumens prognostiziert.
Technische Infrastruktur für die E-Commerce-Aktivitäten
Der Versandhandel ist mit einem ISDN-Anschluss ausgestattet. Da es nicht in erster
Linie um die Übertragung großer Datenmengen geht, sondern vielmehr um den
schnellen Zugriff auf das Shop-System, wird eine Übertragungstechnik mit größeren
Kapazitäten auch zukünftig nicht erforderlich sein. Wichtig ist aus der Sicht der Geschäftsführung ein verlässlicher, leistungsfähiger Provider, der die stabile Datenübertragung garantiert.
Zur Zeit arbeitet der Versandhandel mit drei vernetzten PC-Arbeitsplätzen; noch in
diesem Jahr soll sich die Anzahl auf acht Plätze erhöhen. Diese Investition wird notwendig, weil sich die Zahl der Konten (festeingetragene Kunden), die verwaltet werden müssen, ständig erhöht. Der von den Kunden über eine Wählleitung erreichbare
Server steht bei einem Provider, mit dem der Versand online verbunden ist.
Angewendet werden das Betriebssystem von Apple Machintosh, Office-Programme
und die speziell für den DVD-Versand entwickelte Software „4th Shop“.
Arbeitsorganisation
Bei der Eröffnung des elektronischen Shops im Jahre 1998 war nur eine Person für die
gesamte Auftragsabwicklung bis hin zur Fertigstellung für den Versand notwendig.
Das Auftragsvolumen stieg schnell, so dass schon nach zwei Monaten zusätzliches
Personal eingestellt werden musste. Mittlerweile arbeiten für den Versandhandel vier
Mitarbeiter/innen in Vollzeit, zwei freiberuflich Tätige und der Geschäftsführer selbst.
Zu seinen Aufgaben gehört es u.a., Entscheidungen über die Gesamtkonzeption der
Shop-Lösung zu treffen und den Kontakt zu den Kooperationspartnern zu halten. Für
Personalentscheidungen ist er ebenso zuständig wie für die Implementation der technischen Komponenten und die optimale Positionierung in Suchmaschinen. Auf freiberuflicher Basis sind ein Programmierer und ein Web-Administrator für den technischen Bereich für den Versandhandel tätig.
Der Office-Bereich wird von zwei Mitarbeiter/innen abgewickelt. Er umfasst die Aufgabengebiete Verwaltung der Datenbank, Auftragsbearbeitung – Auftragsbestätigung,
Generierung von Lieferscheinen, Rechnungen, Nachfassbriefen und Packlisten –,
Registrierung des Lagerbestandes und die Aufbereitung der buchhalterischen Daten
für einen externen Dienstleister. Darüber hinaus obliegt diesen Beschäftigten die EMail-Verwaltung, der insgesamt eine große Bedeutung für eine langfristig erfolgreiche
Kundenbindung zukommt.
78
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Aufgrund der technischen Möglichkeiten ist es machbar und auch vorstellbar, die
Auftragsabwicklung zukünftig aus dem Office-Bereich auszugliedern und in Telearbeit
durchführen zu lassen. Diese arbeitsorganisatorische Veränderung birgt jedoch nach
Auffassung des Geschäftsführers die Gefahr, dass sich das Betriebsklima insgesamt
verschlechtert, wenn die Mitarbeiter nicht mehr in persönlichem Kontakt untereinander und zu ihm stehen.
Im Auslieferungslager sind zwei Mitarbeiter beschäftigt. Sie bereiten das Filmmaterial
für den Versand vor. Ausgeliefert wird über die Deutsche Post.
Personal- und Qualifikationsbedarf
Der Geschäftsführer geht von steigendem Personalbedarf für den Office-Bereich aus.
Wie bisher können die Tätigkeitsfelder – mit Ausnahme der Buchhaltung – von Seiteneinsteigern realisiert werden. Dabei kann kaufmännisches Basiswissen helfen, ist
aber nach den bisherigen Erfahrungen nicht zwingend notwendig. Das Gleiche gilt
auch für EDV-Grundkenntnisse. Von seinem Personal erwartet der Shop-Betreiber in
erster Linie Interesse für die Arbeit, Leistungsbereitschaft und eigenverantwortliches
Handeln. Kaufmännische und EDV-Grundkompetenzen können wie bisher innerbetrieblich durch learning by doing vermittelt werden. Externe Qualifizierungsangebote
brauchten bisher nicht in Anspruch genommen zu werden.
Ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensphilosophie ist die kontinuierliche
Kundenbindung durch E-Mail-Management. Damit kommt neben der Bedienung des
Shop-Systems der Betreuung der Kunden eine besondere Bedeutung zu. Die kompetente Betreuung bezieht sich deshalb nicht nur auf die korrekte und zügige Auftragsabwicklung, sondern insbesondere auf eine individuelle Beantwortung der Anfragen,
Mitteilungen, Kritiken und Bemerkungen der Kunden. Ziel ist es, auf jede eingehende
E-Mail zügig zu reagieren. Für diesen Tätigkeitsbereich wird beim DVD-Versand der
nächste Arbeitsplatz in Vollzeit entstehen. Wesentliche Voraussetzung für diesen Aufgabenbereich ist Kompetenz im Schriftverkehr bezogen auf Inhalt, Stil und deutsche
Rechtschreibung.
Fallstudie 6: Internet-Versand-Service
Unternehmensprofil
Bei dem Versand-Service handelt es sich um einen Spezialversender Norddeutscher
Delikatessen. Er wurde 1996 ins Netz gestellt und läuft seitdem ausschließlich als
elektronischer Handel. Der Firmensitz liegt in Bremerhaven. Mittlerweile gibt es vier
Domains (drei für den B2C-Handel mit Endverbrauchern, eine ausschließlich für den
B2B-Großhandel). Zum Produktsortiment gehören frischer Edelfisch, Lachs- und
Räucherfisch, Spezialitäten/Meeresfrüchte direkt aus dem Fischereihafen Bremerhaven, Holsteiner Schinken- und Wurstspezialitäten sowie ein Geschenke-Service.
Der elektronische Versand-Service wurde als eigenständiges Unternehmen gegründet
und in den Anfängen ausschließlich als Familienbetrieb geführt. Mittlerweile sind vier
Telefonverkäuferinnen auf Honorarbasis (fester Stundensatz plus Provision) eingestellt
79
EQUIB
worden; noch in diesem Jahr sollen zwei weitere Mitarbeiterinnen für diesen Tätigkeitsbereich hinzukommen.
E-Commerce-Aktivitäten: Ziele und Inhalte
•
B2B-Lösung
Dem elektronischen Handel liegen zwei parallel laufende Vertriebsvarianten zu
Grunde. Das Hauptgeschäft läuft über den aktiven Telefonverkauf (B2B-Lösung).
Hierfür werden die Stammkunden einmal wöchentlich über die aktuellen Angebote für
Frischfisch und Meeresfrüchte vom Fischmarkt Bremerhaven per E-Mail informiert.
Zum Kundenkreis gehören namhafte Hotels und Restaurants sowie Wiederverkäufer.
Jeweils an den drei darauffolgenden Tagen nehmen die Telefonverkäuferinnen Kontakt
zu den Kunden auf, um die Bestellungen für den Tagesbedarf entgegen zu nehmen.
Dabei hat jede Mitarbeiterin ihren speziellen Kundenkreis zu betreuen.
•
Online-Shop für Endverbraucher (B2C-Lösung)
Für Endverbraucher wurde ein Online-Shop eingerichtet, über den die Produkte
bestellt werden können. Sie werden bundesweit innerhalb von drei Tagen nach Auftragsbestätigung per E-Mail von der Post AG ausgeliefert. Dabei schützt eine Spezialverpackung die Frischware während des Transports. Die Produktpalette wird durch
umfangreiche Servicedienstleistungen komplettiert. So wurde eine Service-Hotline
eingerichtet, über die der Geschäftsführer des Versandhandels persönlich zu einer bestimmten Zeit erreichbar ist. Darüber hinaus werden Informationen, Rezepte, Tips und
Tricks „rund um den Fisch“ ins Netz gestellt, die kontinuierlich aktualisiert bzw. erweitert werden. Im Rahmen dieser intensiven Kundenbindungsstrategie ist zukünftig
auch an die Einrichtung eines Kundendiskussionsforums für Rezepte gedacht.
•
Erste Erfahrungen mit den E-Commerce-Lösungen und zukünftige Entwicklung
Der elektronische Handel mit Hotels, Restaurants und Wiederverkäufern läuft problemlos. Der Geschäftsführer geht von zukünftig steigendem Auftragsvolumen in
diesem Geschäftsbereich aus.
Hingegen konnte der Online-Shop für Endverbraucher erst nach ca. zwei Jahren auf
eine solide Geschäftsbasis gestellt werden. Die Lieferung erfolgte in der Anfangsphase
gegen offene Rechnung, weil Frischware nicht per Nachnahme versandt werden kann.
Die Rechnungen wurden von ca. einem Drittel der Kunden nicht bezahlt. Der Versandservice sah sich deshalb gezwungen, seine Zahlungsmodalitäten umzustellen. Mittlerweile erfolgt die Lieferung/Abrechnung – mit Ausnahme der verlässlichen Stammkunden – ausschließlich über Kreditkartenzahlung. Damit entsteht allerdings ein
weiteres Hemmnis für die Ausweitung des E-Commerce im B2C-Geschäft. Auf Grund
von immer noch allgemein existierender Rechtsunsicherheit bezogen auf das InternetVertragsrecht (Wettbewerbs-, Marken-, Kennzeichen-, Urheber-, Datenschutz- sowie
allgemeines Vertragsrecht) und online-Zahlungsverfahren sind viele Privatkunden verunsichert und verzichten eher auf diese Einkaufsmöglichkeit.
80
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Technische Infrastruktur für E-Commerce-Aktivitäten
Der elektronische Versand-Service ist mit einem ISDN-Anschluss ausgestattet. Fünf
PC-Arbeitsplätze – vier davon sind als Telearbeitsplätze dezentral bei den Telefonverkäuferinnen in deren häuslichem Bereich installiert – sind an den zentralen Server angeschlossen. Gearbeitet wird mit dem Betriebssystem Microsoft Windows 95, OfficeProgrammen sowie dem Buchhaltungsprogramm Lexware.
Im Falle der personellen Ausweitung für den aktiven Telefonverkauf müssen zusätzliche Telearbeitsplätze eingerichtet werden.
Arbeitsorganisation
Die „Zentrale“ des Versand-Service ist das von der Geschäftsleitung geführte „virtuelle Büro“, in dem die Internet-Seiten kontinuierlich aktualisiert werden. Sämtliche
Warenbestellungen (B2B und B2C) über E-Mail, Telefon und Fax gehen hier zentral
ein und werden vom Geschäftsführer persönlich bearbeitet. Order an die Lieferanten
werden von ihm noch per Fax aufgegeben. Lieferschein, Paketaufkleber, Rechnung
werden – nach der Zusammenstellung und Verpackung der Ware im Kühlhaus – elektronisch gestützt generiert. Die Akquirierung und Auftragsannahme für das Geschäft
mit den Geschäftskunden wird ausschließlich von den Telefonverkäuferinnen in Telearbeit durchgeführt.
Personal- und Qualifikationsbedarf
•
Management-Qualifikationen für die E-Commerce-Lösungen
Für die selbständige Führung eines Online-Shops sind umfangreiche ManagementQualifikationen erforderlich. Alle kaufmännischen Probleme müssen erkannt und gelöst werden, wobei die kaufmännische Kompetenz hierfür nicht unbedingt identisch ist
mit der Führung eines Ladengeschäfts. So muss z.B. der Vertriebsweg über das Internet spezielles Vertragsrecht und besondere Zahlungsverfahren berücksichtigen.
Die Geschäftsleitung muss über Internet-Kompetenz verfügen, um leistungsoptimale
und kostengünstige Entscheidungen ohne Inanspruchnahme kommerzieller Dienstleister selbst treffen zu können. Zur optimalen Präsenz im Netz gehören die richtige
Auswahl eines leistungsstarken Providers, Wissen über eine angemessene technische
Infrastruktur und Kenntnisse über die Struktur des Shop-Systems, um Aktualisierungen und Veränderungen selbst vornehmen zu können. Um gezielte Marketingstrategien
einzusetzen, müssen Statistiken des Providers gelesen und ausgewertet werden können. Dabei ist es wichtig, Stärken/Schwächen des Internets-Shops zu erkennen und mit
geeigneten Maßnahmen zu reagieren. Für eine langfristige Kundenbindung ist eine
professionelle E-Mail-Verwaltung erforderlich, mit der die persönliche Kundenansprache realisiert werden kann.
Zu den Management-Qualifikationen gehören auch Kenntnisse in EDV-Systemtechnik
und der Anwendung von Software-Programmen.
Für den Versand-Service mit Frischware sind zudem umfassende Produktkenntnisse,
Wissen über adäquate Kühlung, Verpackung und Transportbedingungen wesentlicher
Bestandteil des Geschäftserfolgs.
81
EQUIB
•
Qualifikationsanforderungen für den Telefonverkauf
Für den aktiven Telefonverkauf an Hotels, Restaurants und Wiederverkäufer stellt der
Versand-Service ausschließlich weibliches Personal ein, weil die Erfahrungen gezeigt
haben, dass sich die „weibliche Stimme“ besser vermarkten lässt. Der Telefonverkauf
wird in Form von Telearbeit von den Mitarbeiterinnen in ihrem häuslichen Bereich
durchgeführt.
Besondere Vorkenntnisse der Bewerberinnen stehen nicht im Mittelpunkt der Einstellungsentscheidungen des Geschäftsführers. Wichtig ist in erster Linie für ihn eine
„Verkaufsstimme“ am Telefon, eine gute Allgemeinbildung und die Bereitschaft,
EDV-gestützt zu arbeiten. Die Mitarbeiterinnen werden vom Geschäftsführer selbst
für diese Aufgabe qualifiziert. Neben der Vermittlung von Grundkenntnissen für die
Bedienung der PCs und der Einweisung in Office-Programme wird auch die Führung
von Kundengesprächen eingehend geschult. Dabei erhalten sie Lernhilfen für die Verbesserung ihrer Kommunikationsfähigkeit.
Fallstudie 7: Internet-Bestellservice für Lebensmittel
Unternehmensprofil
Der Lebensmittel-Supermarkt im Bremer Umland bietet seinen Kunden neben dem
Einkauf im traditionellen Ladengeschäft seit Ende 1998 die Gelegenheit, auch online
einzukaufen.
Das Einzelhandelsunternehmen ist als selbständiger Markt im Franchise-Verfahren der
Vertriebsschiene eines bundesweit operierenden Lebensmittelkonzerns angeschlossen.
Im weiten Umkreis der zu dieser Lebensmittelkette gehörenden Märkte nimmt der hier
vorgestellte Supermarkt mit seinen E-Commerce-Aktivitäten eine Pionierposition ein.
Der Lebensmittelmarkt beschäftigt 35 Mitarbeiter, davon sind 29 Frauen. Vom Geschäftsführer wird zukünftig eine steigende Personalentwicklung für den mit den ECommerce-Aktivitäten verbundenen Service-Bereich (Lieferfahrzeuge) prognostiziert.
E-Commerce-Aktivitäten: Ziele und Inhalte
Seit Ende 1998 können Kunden zusätzlich zum normalen Ladengeschäft ihren Einkauf
über Internet-Bestellungen tätigen. Die Anregung für die Einrichtung des InternetsShops kam von einem regionalen Provider. Für den Geschäftsführer ergab sich damit
die Möglichkeit, neue Kundenbindungsstrategien zu entwickeln und zudem Neukunden aus umliegenden Randgebieten zu gewinnen. Da der Lebensmittelmarkt unter
seiner Führung schon seit 20 Jahren einen Lieferservice anbietet, konnte das dabei
erworbene logistische Know-how für den neuen Vertriebsweg genutzt werden.
Wählen die Kunden die Homepage des virtuellen Supermarktes an, werden sie
zunächst über die aktuellen Sonderangebote der Woche informiert. Von hier können
sie sich zum standardisierten Internet-Warenangebot klicken. Reicht ihnen dieses
Sortiment nicht aus, können sie am Ende der Bestellung auf das gesamte Supermarkt-
82
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Sortiment zugreifen. Hier sind individuelle Wunschäußerungen bezogen auf die Beschaffenheit der Ware möglich.
Die Preise des virtuellen Supermarktes entsprechen denen im realen Ladengeschäft.
Die Mindestbestellsumme beträgt DM 50.-. Im Umkreis von 25 km wird bei einer Bestellung über DM 125.- die Ware frei Haus durch den eigenen Lieferservice ausgeliefert. Liegt der Bestellwert darunter, werden maximal DM 10.- berechnet. Bezahlt wird
fast immer bar bei Erhalt der Ware, per Scheck oder auch mit der EC-Karte, die der
Auslieferungsfahrer in ein mobiles Lesegerät eingibt. Die Kundschaft kann sich den
Zeitpunkt der Warenanlieferung im Wesentlichen aussuchen; Bestellungen, die bis
14.00 Uhr eingegangen sind, werden noch am selben Tag ausgeliefert.
Mittlerweile nimmt der Supermarkt monatlich rund 250 Warenbestellungen per E-Mail
entgegen. Die Bestellungen kommen in erster Linie von ca. 70 Stammkunden, zu denen jeden Monat im Durchschnitt sechs neue hinzukommen. Der damit verbundene
Umsatz ist zusätzlich zum traditionellen Geschäft zu rechnen.
•
Zukünftige Planungen und Entwicklungen
Für die mittelfristige Geschäftsplanung (in den nächsten 2 Jahren) sind ca. 600 Bestellungen monatlich anvisiert. Um dieses Ziel zu erreichen und zu stabilisieren, sind
weitere E-Commerce-Aktivitäten geplant. U.a. ist der aktive Telefonverkauf über das
Internet (Telefonmarketing) angedacht, bei dem die Stammkunden in regelmäßigen
Abständen von Mitarbeiterinnen angerufen, nach individuellen Wünschen gefragt und
auf spezielle Angebote aufmerksam gemacht werden. Diese Marketing-Strategie soll
zusätzlich zu der jetzt schon üblichen Versendung von E-Mails über Sonderangebote
an die private Stammkundschaft entwickelt werden. Darüber hinaus soll aktives Marketing gegenüber Betrieben/Einrichtungen intensiviert werden. Geplant ist auch die
Möglichkeit, mit einer Webcam einen virtuellen Rundgang durch die Regalreihen des
Supermarktes machen zu können. Hiermit wären allerdings größere technische Investitionen verbunden.
Technische Infrastruktur für die E-Commerce-Aktivitäten
Der Supermarkt ist mit einem ISDN-Anschluss ausgestattet, über den sich die Kunden
auf einen zentralen Server einwählen können. Der Internet-Server steht bei einem externen Dienstleister im süddeutschen Raum, mit dem der vom Lebensmittelmarkt in
Anspruch genommene regionale Provider zusammenarbeitet.
Die Internet-Applikationen laufen auf Microsoft Windows NT 4.0. Das Shop-System
wurde vom Online-Dienst des hiesigen Providers entwickelt und auf die individuellen
Bedürfnisse des Supermarktes zugeschnitten. Grundlage des Programms war bisher
die betriebsinterne Lebensmitteldatenbank des Marktes. Die Dateneingabe/-pflege
(Übereinstimmung der Internet-Datenbank mit der Datenbank im Ladengeschäft) erforderte allerdings bisher sehr viel Arbeitsaufwand. Zur Optimierung der Datenweiterverarbeitung übernimmt der Provider deshalb zukünftig die Lebensmitteldaten unmittelbar aus der Datenbank des Lebensmittel-Konzerns und bereitet sie für den InternetShop des Supermarktes vor. Hier müssen dann nur noch die Sonderangebote aktualisiert werden.
83
EQUIB
Arbeitsorganisation
1. Planungsphase
•
Die Planungsphase des Internets-Shops nahm mehrere Monate in Anspruch. Zum
Planungsteam gehörten der Leiter des Online-Dienstes des Providers, der Geschäftsführer des Supermarktes selbst sowie zwei Abteilungsleiterinnen und zwei
Stammkunden.
2. Realisierung des Internets-Shops
Für die technische Entwicklung, Implementation und den Support ist und war der Online-Dienst des regionalen Providers zuständig. Zusammen mit dem Geschäftsführer
entwickelt er kontinuierlich neue Werbestrategien und erstellt regelmäßig Statistiken/Auswertungen über die Benutzung des Shops.
Die Online-Bestellungen werden innerbetrieblich von zwei Mitarbeiterinnen bearbeitet. Um Fehlbestellungen zu vermeiden, werden sie zunächst auf Plausibilität überprüft
und eventuelle Auffälligkeiten, wie z.B. die Bestellung von 100 000 g Mettwurst statt
100 g, telefonisch mit dem Kunden abgeklärt. Ist die Bestellung in Ordnung, wird sie
in Original und Kopie ausgedruckt und elektronisch archiviert. Im Folgenden durchläuft der Bestellschein die einzelnen betroffenen Abteilungen im Supermarkt. Hier
wird die Ware zusammengestellt und für den hauseigenen Fahrdienst verpackt. Die
Rechnungsstellung wird im Supermarkt nicht weiter bearbeitet, sondern an die Buchhaltung der Hauptverwaltung des Lebensmittelkonzerns weitergegeben.
Personal- und Qualifikationsbedarf
In den Aufgabenbereich des Geschäftsführers fällt die strategische und konzeptionelle
Entwicklung des Internets-Shops in Kooperation mit dem Provider. Um den Geschäftserfolg zu sichern und auszubauen, müssen neue Marketingstrategien entwickelt
werden, die in erster Linie auf eine langfristige Kundenbindung der Stammkunden und
die Gewinnung von Neukunden ausgerichtet sind.
Für die inhaltliche Betreuung des Internets-Shops wurde eine neue Mitarbeiterin
eingestellt, die an drei Tagen in der Woche tätig ist. Neben der Bearbeitung der
Bestellungen – hierin wird sie von einer weiteren Mitarbeiterin aus dem Bürobereich
des Marktes unterstützt – ist sie insbesondere für die Preis- und Artikelpflege, Aktualisierung des Angebots/Sonderangebote, Hinweise auf sonstige Service-Leistungen,
Marketing-Strategien sowie die Beantwortung sämtlicher E-Mails verantwortlich. Die
Mitarbeiterin wurde innerbetrieblich für diese Aufgaben qualifiziert.
Die Mitarbeiterin ist eine „Seiteneinsteigerin“ (ehemalige Lehrerin) mit anfangs geringen kaufmännischen und EDV-Grundlagen- Kenntnissen. Für die Besetzung dieses
Tätigkeitsbereichs hat sich der Geschäftsführer explizit für eine weibliche Mitarbeiterin entschieden, weil seiner Erfahrung nach Frauen wesentlich häufiger einkaufen gehen als Männer und sich deshalb eher mit dem täglichen Einkauf identifizieren. Auf
diese extrafunktionale Qualifikation kam es im Wesentlichen zunächst einmal für die
Besetzung der Stelle an. Von der Mitarbeiterin wird erwartet, dass sie sich in die Bestellungen „hineindenkt“, auf Plausibilität achtet und auch spezifische Sonderangebote
an Stammkunden offerieren kann.
84
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Nach Auffassung des Marktleiters sind kaufmännische Basisqualifikationen und EDVGrundlagenkenntnisse für die Betreuung des Internets-Shops wünschenswert, jedoch
nicht zwingend erforderlich. Wichtig ist ihm in erster Linie die Motivation/das Interesse der Mitarbeiterin an der Arbeit und die Bereitschaft, sich für die jeweiligen Anforderungen zu qualifizieren. Zum Qualifikationsprofil gehören neben dem sicheren
Umgang mit EDV-Anwendungsprogrammen Kommunikationskompetenz in Wort und
Schrift für die kundenspezifische Ansprache, Ermittlung der Kundenzufriedenheit/Beschwerdemanagement sowie eine freundliche und verbindliche Telefonstimme.
Bei weiter zunehmendem Geschäftserfolg über die Vertriebsschiene Internet-Shop
sollen zusätzlich Auslieferungsfahrer – in Teilzeitarbeitsverhältnissen – für den
Service-Bereich eingestellt werden.
Fallstudie 8: Verlag
Unternehmensprofil
Das Unternehmen ist ein Verlag in Bremerhaven, dessen Leistungsspektrum sehr vielfältig ist. Im Mittelpunkt steht die Arbeit für verschiedene deutsche Bundesanstalten,
Universitäten und Hochschulen. Das Kerngeschäft besteht im Verlegen neuer wissenschaftlicher Literatur. Derzeit sind über 3000 Titel lieferbar. Als Zeitschriftenverlag
betreut der Verlag zudem die Amtlichen Mitteilungen einiger Bundesanstalten.
Darüber hinaus entwickelt und produziert der Verlag für seine Auftraggeber interaktive Disketten und CD-Roms als aktuelle Ergänzung zum Printmedium. Die integrierte
Versandbuchhandlung beschafft Fachliteratur und liefert sie aus. Versandaktionen für
Kunden werden ebenfalls übernommen. Der Verlag bietet auch die komplette Organisation für Kongresse, Seminare und Vorträge an.
Der Kundenkreis kommt überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum, aber auch zu
einem nenneswerten Anteil aus den USA und China.
Der Verlag beschäftigt 20 Mitarbeiter. Zukünftig wird ein steigender Personalbedarf
erwartet.
E-Commerce-Aktivitäten: Ziele und Inhalte
Der Verlag ist seit einigen Jahren mit Informationen auf einer eigenen Home-Page mit
Bestellfunktion im Internet präsent. Sie wurde von einem regionalen Provider ins Netz
gestellt. Seit 1997 sind Bestellungen über das Internet möglich. Dieser Bereich hat
sich in den darauffolgenden Jahren zu einem spürbaren Umsatzanteil am gesamten
Vertriebsgeschäft entwickelt und wird zukünftig an Bedeutung gewinnen. Mit der Erweiterung des bestehenden Kundenkreises durch den neuen Vertriebsweg wird ebenfalls gerechnet.
•
Zukünftige Erweiterung der E-Commerce-Aktivitäten
Ab Ende 2000 ist eine Internet-Shop-Lösung geplant. Dafür sollen die verfügbaren
Buchtitel mit Fotos von Verlagsmitarbeitern/innen ins Netz gestellt werden. Eine An85
EQUIB
bindung des Shop-Systems an das interne Warenwirtschaftssystem bis hin zum Rechnungsabschluss ist ebenfalls vorgesehen. Geplant ist auch, ein One-to-One-Marketing
für die Direkt-Werbung aufzubauen.
Technische Infrastruktur für die E-Commerce-Aktivitäten
Um die E-Commerce-Lösungen realisieren zu können, ist der Verlag mit einem ISDNAnschluss ausgestattet. Der Leitungsaufbau erfolgt über eine Wählleitung. Der Verlag
verfügt über einen hausinternen Server und benutzt zudem einen Server bei einem regionalen Provider.
Angewendet werden die Betriebssysteme Linux und Windows NT 4.0, Office-Programme und die Verlagssoftware 2000 (Booky). Die zukünftige Shop-Anwendung
kann in diese branchenspezifische Software integriert werden.
Arbeitsorganisation
Für alle Mitarbeiter an PC-Arbeitsplätzen ist der freie Internet-Zugang obligatorisch.
Damit verbunden ist auch der Anspruch der Verlagsleitung, das neue Medium in allen
Aufgabenbereichen optimal zu nutzen.
Die eingehenden Buchbestellungen über das Internet werden von der Sachbearbeitung
für Auftragsabwicklung bis hin zu der Versandabteilung zusätzlich übernommen.
Personal- und Qualifikationsbedarf
Die bisherigen E-Commerce-Aktivitäten wurden gemeinsam von der Geschäftsleitung
und den für den Vertrieb zuständigen Mitarbeitern/innen geplant und realisiert. Dabei
kam es der Verlagsleitung insbesondere darauf an, die Akzeptanz für E-Commerce bei
den Mitarbeitern/innen herzustellen und als Unternehmenskultur zu verankern.
An der Planung für das neue Shop-System waren und sind die Geschäftsleitung und
Führungskräfte beteiligt. Zudem wurde eine zunächst zeitlich befristete Halbtagsstelle
für die Planung, Koordinierung, spätere Implementierung und Betreuung des ShopSystems geschaffen, die mit einer „Seiteneinsteigerin“ (Qualifikation: Sozialpädagogik, Kenntnisse in EDV- und Netzwerktechnik) besetzt wurde. Die Stelle soll verstetigt werden.
Bei der Personalentscheidung kam es der Geschäftsleitung weniger auf fachliche
Kompetenz im Verlagsgeschäft an, sondern vielmehr auf EDV-Grundlagenwissen und
die Bereitschaft, sich mit den technischen Voraussetzungen, Möglichkeiten und Erfordernissen für den Internet-Shop auseinanderzusetzen. Als Vorbereitung auf diese Aufgabe wurde die neue Mitarbeiterin zunächst bei einem regionalen Provider in die
Thematik eingearbeitet. Neben der technischen Fachkompetenz wurde extrafunktionalen Qualifikationen, insbesondere Kommunikationskompetenz und Teamfähigkeit,
große Bedeutung beigemessen.
86
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
6 Entwicklung der Qualifikationsbedarfe durch den Einsatz und die Verbreitung von E-Commerce-Lösungen in
KMU
Die folgende Darstellung der Qualifikationsanforderungen und -bedarfe, die mit ECommerce und dem Prozess seiner betrieblichen Implementation verbunden sind, basiert im Wesentlichen auf den qualifikationsrelevanten Ergebnissen der Analyse von
Online-Anwendungen (Kap. 3) und den Fallstudien bei im Internet-Handel aktiven
Unternehmen in der Region Bremen (Kap. 5).
Bevor die Qualifikationsanforderungen differenziert dargestellt und inhaltlich spezifiziert werden, erfolgt eine Einschätzung der Entwicklung des quantitativen Bedarfs
nach E-Commerce-Qualifikationen, wie er sich aufgrund der Online-Marktentwicklung und aktueller Unternehmensbefragungen (Kap. 4) darstellt.
6.1 Entwicklung der quantitativen Nachfrage nach E-CommerceQualifikationen
Marktbarometer: Zahlen und Fakten zum E-Commerce
Die Entwicklung der WWW-Nutzerzahlen und die vorliegenden Daten zur Akzeptanz
des B2C-E-Commerce (Kap. 4.2.1) belegen, dass das Internet zunehmende Verbreitung findet und von den Endverbrauchern auch für den Online-Kauf eingesetzt wird:
Zum einen erhöht sich die Zahl der Internet-Nutzer kontinuierlich und zum aktuellen
Zeitpunkt nutzen bereits mehr als 24 Millionen User das Online-Medium.118 Das Internet hat die „kritische Masse“ längst erreicht und sich als Kommunikations-, Informations- und Transaktionsmedium etabliert. Zum anderen werden – wie aus einer aktuellen Umfrage hervorgeht - in Zukunft fast 6 von 10 Besuchern eher häufiger Online
einkaufen als bisher. Es ist davon auszugehen, dass sich der in Deutschland im E-Handel noch vorliegende Rückstand gegenüber den führenden europäischen Online-Nationen zügig verringern wird. Von der weiteren Verbreitung der Internet-Nutzung werden
voraussichtlich neue Impulse für die Unternehmenspräsentation im WWW und die
Implementation von B2C-Verkaufslösungen ausgehen. Viele Betriebe werden allein
schon aus Wettbewerbs- und Imagegründen nicht daran vorbeikommen, den OnlineKanal für den Vertrieb ihrer Produkte und Dienstleistungen zu nutzen, da die Konkurrenz diesen Weg bereits beschritten hat.
Während allerdings trotz der Erfolgsmeldungen und der imposanten Steigerungsraten
der letzten Jahre der B2C-Einkauf im Internet den großen Durchbruch noch nicht geschafft hat und sich erst in den kommenden Jahren zeigen wird, in welchem Umfang
sich der elektronische Handel mit dem Endkunden auf breiter Basis durchsetzen wird,
ist die geschäftliche Anwendung im B2B-Segment bereits weit fortgeschritten (Kap.
118
Siehe GfK Online-Monitor, März 2001; www.gfk.de
87
EQUIB
4.2.2). Dabei zeichnet sich ein Boom „elektronischer Marktplätze“ (eMarketplaces)
ab, die als Vermittler zwischen Angebot und Nachfrage fungieren.
Zur weiteren Verbreitung von E-Commerce werden voraussichtlich auch die bestehenden bzw. derzeit geschaffenen Rahmenbedingungen beitragen, die u.a. eine zunehmende Rechtssicherheit im elektronischen Handel herstellen (Kap. 4.2.3). Zudem kann
angenommen werden, dass die Vielzahl von Förderprogrammen und Initiativen zum
E-Commerce ihre Wirkung nicht verfehlen wird.
Stand und Perspektiven des E-Commerce in deutschen Unternehmen
Als Ergebnis des „Eurobarometers“ (Kap. 4.2.1) kann zusammenfassend festgestellt
werden, dass ein Großteil der europäischen Unternehmen, die Chancen, die im EBusiness liegen, noch nicht wahrnimmt. Dabei wird ein Nord-Süd-Gefälle sichtbar:
Bei den südlichen Mitgliedsländern wie Griechenland, Spanien und Portugal besteht
ein erheblicher Nachholbedarf. Nachholbedarf besteht europaweit auch für die kleinen
Unternehmen („Small- und Micro-Enterprises“), die verstärkt an die Nutzung von
Online-Applikationen herangeführt werden müssen.119
Die für Deutschland repräsentative Unternehmensbefragung von DIHT und MediaMit
zeigt (Kap. 4.2.2), dass bisher noch überwiegend passive Formen der Online-Nutzung
in den Betrieben (Präsentation des Unternehmens) anzutreffen sind. IT-Anwendungen
werden überdurchschnittlich häufig in der Industrie und im Dienstleistungsbereich
genutzt, während der Handel und die Bauwirtschaft einen unter dem Durchschnitt liegenden Verbreitungsgrad aufweisen.120 Die für das Jahr 2001 geplanten Investitionen
deuten nicht darauf hin, dass hier eine Angleichung stattfinden wird; im Gegenteil: Bei
den Investitionsplanungen liegen diese Wirtschaftszweige deutlich hinter der Industrie
und dem Dienstleistungsbereich zurück.
Die Nutzung moderner IT-Techniken nimmt, sowohl was den Umfang als auch die
Tiefe der implementierten Anwendungen betrifft, mit der Betriebsgröße zu: Während
in Betrieben mit mehr als 1000 Beschäftigten auch fortgeschrittene E-Business-Anwendungen bereits nahezu flächendeckend verbreitet sind, liegt bei kleinen Betrieben
nur eine vergleichsweise geringe Verbreitung und offensichtlich ein erheblicher Nachholbedarf vor.121 Die bereits bestehende Diskrepanz wird sich möglicherweise noch
vergrößern, da die großen Betriebe in erheblich höherem Umfang planen, in E-Business-Lösungen zu investieren als kleine Unternehmen.122
119
Mit „Go Digital“ hat die Europäische Kommission im Dezember 1999 eine Initiative gestartet, die bis Ende
2002 mit einer „Totalmobilisierung“ des Mittelstandes erfolgreich abgeschlossen sein soll. Siehe dazu:
http://europa.eu.int/ISPO/ecommerce/godigital/Welcome.html
120
Vgl. dazu auch die folgende Studie: Forschungsinstitut für Angewandte Software-Technologie FAST e.V.
(Hrsg.): „Electronic Commerce. Chancen für den bayerischen Mittelstand.“ September 1999; www.fast.de
121
Um den Mittelstand an E-Commerce heranzuführen, haben BMWi und DIHT zu Beginn des Jahres eine
„Vereinbarung über gemeinsame Maßnahmen zur stärkeren Beteiligung des Mittelstandes am elektronischen
Geschäftsverkehr“ beschlossen. Damit sollen die Initiativen verstärkt werden, den Mittelstand und das
Handwerk nicht nur an das Netz, sondern an die entwickelten Formen des E-Business heranzuführen. Mit
ihrer Initiative reagieren BMWi und DIHT nach ihrer eigenen Aussage auf die Ergebnisse der zitierten Studie
von DIHT und MediaMit „E-Business in Deutschland“. Siehe ECIN News vom 24.02.2001
122
Ein Grund für diesen Sachverhalt dürfte darin liegen, dass die IT-Anwenderbetriebe zunehmend feststellen, dass
sich Investitionen ins E-Business lohnen: 60 Prozent der Firmen-Investitionen ins E-Business hätten sich nach
zwei Jahren bereits amortisiert, die erzielten Kostenersparnisse oder Umsatzsteigerungen hätten also die
Investitionen überstiegen. Zu diesem Ergebnis kommt die Unternehmensberatung Putz & Partner aufgrund
88
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
einer Befragung von rund 350 Unternehmen, die im Internet vertreten sind. Diese Unternehmen
erwirtschafteten im Schnitt rund 17 Prozent ihres Umsatzes durch E-Business; bis 2003 werde mit einer
knappen Verdopplung auf 30 Prozent gerechnet. www.e-gateway.de/templates/news_tmpl.cfm?nid=1392
89
EQUIB
Als inhaltliche Schwerpunkte der Planungen der Unternehmen können der
•
Auf- und Ausbau der eigenen Internet-Präsenz
•
B2B-Anwendungen sowie
•
After-Sales-Services
identifiziert werden.
Die Schaffung und Nutzung von Handelsplattformen für die betrieblichen Funktionen
Ein- und Verkauf gewinnt zukünftig an Bedeutung. Aus dem vor allem bei größeren
Unternehmen bereits vorliegenden Niveau der IT-Lösungen ist zu schließen, dass ein
großer Teil der geplanten Investitionen für Integrationslösungen verwendet wird.
Es kann davon ausgegangen werden, dass in den genannten Bereichen in großem Umfang Beratungs- und Qualifikationsbedarfe für Mitarbeiter in den Führungsebenen, im
Bereich der Realisierung der Anwendungen sowie auf der operativen Ebene vorliegen.
Da die Hälfte der deutschen Unternehmen die bei den Kunden existierende Zurückhaltung in Sachen IT-Anwendungen als Investitionshemmnis ansieht, ist es darüber
hinaus notwendig, Maßnahmen zur Kundenakzeptanz zu initiieren bzw. bestehende
Initiativen zu intensivieren, um potentielle Kunden an die Nutzungsmöglichkeiten, die
das E-Business sowohl im B2B- als auch im B2C-Segment bietet, heranzuführen.
Internetnutzung und E-Business in KMU des Landes Bremen
Die Untersuchung „InfoRegio – Betriebe online“ (Kap. 4.2.3) im Land Bremen führt
zu dem Resultat, dass insbesondere bei den kleinen Unternehmen (vor allem aus dem
Bereich des Handwerks) in der Region noch ein erheblicher Nachholbedarf in Sachen
Internet-Nutzung und E-Business vorliegt. Die Ergebnisse des Bremer Samples, nach
denen 56 Prozent aller antwortenden Unternehmen (Handwerk und Industrie) online
sind und das Internet für betriebliche Zwecke nutzen, decken sich in etwa mit den
Angaben der Handwerkskammern zur Internet-Nutzung im deutschen Handwerk: Danach sind fast 40 Prozent der 850.000 deutschen Handwerksbetriebe im weltweiten
Datennetz aktiv; weitere 20 Prozent planen in naher Zukunft den Einstieg. Vorreiter
sind das Kfz-Gewerbe und das Metallhandwerk.123 Bei größeren Betrieben mit mehr
als 50 Beschäftigten gehört die Nutzung des Internets bereits zum Alltag, während
kleine Firmen häufig noch offline sind.124
Trotz dieser positiven Tendenzen gibt es bei kleinen Betrieben und insbesondere im
Handwerk große Hemmschwellen für die Einführung und den Ausbau neuer Technologieanwendungen. Fehlendes Know-how über die Möglichkeiten digitaler Informations- und Interaktionsplattformen sowie Unsicherheit im Umgang mit den neuen
Technologien hält viele davon ab, elektronischen Geschäftsverkehr auch in die Orga-
123
Die Sonderumfrage „Internet im Handwerk“, die der Zentralverband des Deutschen Handwerks gemeinsam mit
28 Handwerkskammern im Rahmen der Konjunkturumfrage für das dritte Quartal 2000 durchgeführt hat,
ermittelte für den Ausbaubereich eine Nutzerquote von 52,3 Prozent (www.zdh.de). Und eine Befragung der
Handwerkskammer Koblenz zur Internet-Nutzung im Handwerk bei ihren Mitgliedsbetrieben im Herbst 2000
ergab, dass 53 Prozent der Befragten das Internet nutzen; (www.hwk-koblenz.de).
124
Vgl. die Verlautbarung der ostwestfälisch-lippischen Handwerkspräsidentin Lena Strothmann;
www.internetworld.de und Internet-Lösungen à la carte. In: Deutsche Handwerkszeitung Nr. 4 vom
16.02.2001
90
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
nisationsstruktur ihres Betriebes einzubinden. Der Abbau bestehender Akzeptanzschranken erfordert, dass auf der Basis der Vermittlung technischer Grundkenntnisse
über die Potenziale und Einsatzmöglichkeiten des elektronischen Geschäftsverkehrs
informiert sowie Kompetenzen im Umgang mit den neuen Medien aufgebaut werden.
6.2 Qualifikationsebenen im E-Commerce
Betrachtet man die mit E-Commerce zusammenhängende Wertschöpfungskette in
ihrer Gesamtheit, dann lassen sich drei Ebenen unterscheiden, die für eine Qualifikationsbedarfsanalyse von Bedeutung sind und die durch jeweils spezifische Qualifikationsanforderungen gekennzeichnet sind:
•
Die Systemanbieter und IT-Dienstleister / E-Business Enabler (Entwicklung
von E-Commerce-Systemen, Programmierung von Software-Applikationen etc.),
•
die Anwenderunternehmen, die E-Commerce-Anwendungen für die geschäftliche Nutzung einsetzen,
•
die privaten Kunden / Konsumenten im E-Commerce („E-Consumer“).
Abb. 21: Qualifikationsebenen im E-Commerce
Qualifikationen:
Systemanbieter,
IT-Unternehmen
Systementwicklung,
Programmierung von
Software-Applikationen etc.
Anwenderunternehmen
1.
Entscheider,
Management
Qualifikationen:
2.
Externe
Dienstleister
Realisatoren
IT-Technik
Implementation,
Systemintegration
Multimedia
Webdesign, FrontendProgrammierung
3.
- Strategie und
Konzeption
- Entwicklung und
Implementation
- Anwendung
Prof. Anwender
Front-Office,
Benutzeroberfläche
Kunden („EConsumer“)
Qualifikationen:
Internet-, StorefrontNutzung
Grafik: KUA/EQUIB 2001
91
EQUIB
Da der Fokus der vorliegenden Untersuchung auf der E-Commerce-Nutzung in den
Anwenderunternehmen gerichtet ist, wird auf die Entwicklung des Qualifikationsbedarfs in den Unternehmen, die E-Commerce-Systeme und -Software-Applikationen
konzipieren, realisieren oder auf dem Markt anbieten und vertreiben (IT-Anwendungsentwickler) nicht näher eingegangen.125
Qualifikationsebenen in den Anwenderunternehmen
In den Anwenderunternehmen können drei Bereiche unterschieden werden: Die Entscheider (das Management), die Realisatoren und die professionellen Anwender.
•
Die Entscheider (Management), also die Führungskräfte, die im Unternehmen
für die Online-Aktivitäten verantwortlich sind, planen den E-Commerce-Einsatz
unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Sie bestimmen die strategischen
Zielsetzungen des Unternehmens, treffen die konzeptionellen Entscheidungen und
legen die Einsatzschwerpunkte fest.
•
Die Realisatoren sind – sofern die Realisation von E-Commerce-Lösungen mit
betriebsinternem Personal inhouse erfolgt und nicht als Auftrag an externe
Dienstleister vergeben wird – für die Operationalisierung der E-Commerce-Strategie und deren technisch-organisatorische und gestalterische Umsetzung sowie die
Systempflege im Unternehmen zuständig. Die Schwerpunkte der Umsetzung liegen in den Bereichen IT-Technik und Multimedia. Im Bereich IT-Technik geht es
im Wesentlichen um die Installation von Anwendungen sowie um die Systemintegration und -Administration. Der Bereich Multimedia umfasst die Gestaltung des
Webauftrittes und dessen Pflege und Aktualisierung (Design, Website-Programmierung etc.). Gefordert sind auf der Ebene der Realisatoren also Qualifikationen
in den Bereichen IT-Technik und Multimedia.
•
Die professionellen Anwender (oder „User“) nutzen die E-Commerce-Systeme
für Online-Geschäftsprozesse im Unternehmen. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit
liegt in der kompetenten Handhabung der Funktionalitäten der implementierten
Systeme auf der Ebene des Frontend, d.h. der Benutzeroberfläche der Systeme.
Da in der überwiegenden Mehrzahl der kleinen und mittleren Anwenderbetriebe die
Realisation von E-Commerce-Lösungen – wie auch die Fallstudien dokumentieren –
einem externen Dienstleister übertragen wird (Online-Solution Provider, Multimediaund Internetagenturen, IT-Berater und andere E-Business-Enabler), wird dieser Bereich in den folgenden Ausführungen nur am Rande behandelt. Der Schwerpunkt der
Darstellung liegt also auf der Ebene der Entscheider und der professionellen Anwender.
125
Vgl. dazu Benedix, U./Hammer, G./Knuth, J.: Qualifizierung für die Wissensgesellschaft. Erstausbildung, Ausund Weiterbildung, Trends der Qualifikationsentwicklung in der Informationstechnik-Branche des Landes
Bremen. Projekt EQUIB. Bremen 2000; Arbeitnehmerkammer Bremen (Hrsg.): Die Situation der
Multimedia-Branche in Bremen und Bremerhaven. Bremen 2001 sowie MMB – Michel Medienforschung und
Beratung: Schlussbericht der Studie „Ausbildung für die Internetökonomie“. Im Auftrag des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Essen November 2000
92
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
6.3 Qualifikationsanforderungen in den E-Commerce-Anwenderunternehmen
Zwischen den genannten Bereichen gibt es in der betrieblichen Realität eine Reihe von
Berührungspunkten bzw. Überschneidungen, die darauf zurückzuführen sind, dass in
KMU häufig keine trennscharfen Abgrenzungen zwischen den unterschiedlichen
Funktionen existieren. So verfügen insbesondere kleine Unternehmen beispielsweise
mitunter nicht über eine eigenständige IT-Abteilung oder einen hauptamtlichen DVober E-Commerce-Zuständigen, sondern diese Funktion wird entweder z.B. vom
Geschäftsführer selbst und/oder von einem Mitarbeiter aus dem Office-Bereich (vgl.
Fallstudie 5) übernommen. In den folgenden Ausführungen wird die Differenzierung
zwischen Entscheidern, Realisatoren und professionellen Anwendern dennoch beibehalten, um die Qualifikationsbedarfe in ihrer funktionellen Differenzierung herausarbeiten und darstellen zu können. Dabei wird vor allem auf die Fallstudien Bezug
genommen, die in Kapitel 5 ausgeführt sind.
6.3.1
Qualifikationsanforderungen auf der Ebene der Entscheider (Management)
Unternehmen beklagen Know-how-Defizite
Vor allem beim Management im Mittelstand bestehen noch gravierende Wissensdefizite hinsichtlich des E-Business und seiner betrieblichen Implementation, die eine der
Ursachen für die Zurückhaltung auf diesem Gebiet sind und die einen hohen Bedarf an
Beratung und Weiterbildung indizieren:
•
In einer Befragung von Sterling Commerce (Anfang 2000) geben mehr als 70 Prozent der Mittelständler zu Protokoll, dass sie ihr Wissen über E-Business als gering
bewerten.126 Dieses Ergebnis steht im Kontrast dazu, dass zugleich die Wichtigkeit
des E-Business für die Wettbewerbsfähigkeit im Markt von 60 Prozent der Befragten als aktuell und vor allem als zukünftig hoch angesehen wird.
•
36 Prozent der Unternehmen, die im Rahmen einer Untersuchung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der KPMG befragt wurden (siehe Anhang: Studie 6127) sehen in mangelnder Qualifikation auf der
Entscheiderebene eine Schranke für die Umsetzung von E-Business.
•
Eine Befragung, die die TA Telearbeit in Zusammenarbeit mit der örtlichen
Industrie- und Handelskammer unter 80 Betrieben im Großraum Dortmund durchgeführt hat, ergab, dass der größte Hemmschuh für den elektronischen Geschäftsverkehr bei Klein- und Mittelbetrieben mangelndes Know-how ist. 65 Prozent der
Befragten nannten fehlende Kenntnisse über technische Lösungen als größtes Problem bei der Einführung von E-Business.128
126
Siehe www.sterlingcommerce.de
127
Siehe dazu die Darstellung im Anhang: eBusiness in der deutschen Wirtschaft. Status und Perspektiven 2001;
siehe auch die Darstellung im Anhang, Studie 3: IBM, Wirtschaftsmagazin Impulse/TechConsult: „Internet
und e-business im Mittelstand“
128
Innovation Aktuell Online-Nachrichten vom 22. Februar 2001: KMU zögern beim E-Business;
www.innovation-aktuell.de/news/01-02-22-03.htm
93
EQUIB
Geringes Wissen über zielorientierte Online-Strategien
Die gegenwärtige Bedeutung des E-Commerce wird vor allem von den
Geschäftsführungen und leitenden Angestellten der KMU oft noch als relativ niedrig
angesehen und in nur wenigen Unternehmen liegt eine Internet-Strategie vor (siehe
Anhang: Studie 5),129 obwohl erwiesen ist, dass eine solche Strategie eine wesentliche
Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme am E-Commerce darstellt. Der Einstieg
in den E-Commerce orientiert sich offenbar bei vielen Unternehmen mehr am „Zwang,
dabei zu sein” als an definierten Zielprojektionen (siehe Anhang: Studie 4).130
Aufgaben des Managements
Aufgrund der strategischen Bedeutung, die dem Internet und der Nutzung seiner
geschäftlichen Potenziale für die Unternehmen zukommen, setzt sich jedoch immer
mehr die Erkenntnis durch, dass es notwendig ist, die Planung und das Management
der Online-Aktivitäten als „Chefsache“ zu behandeln (vgl. Fallstudie 4) und eine EBusiness-Strategie zu entwickeln.
Die Aufgabe des Managements, d.h. der Führungskräfte, die im Unternehmen für die
E-Commerce-Aktivitäten verantwortlich sind, besteht darin, den Webauftritt zu planen, seine strategischen Zielsetzungen zu definieren und über die Online-Anwendungen, die im Betrieb implementiert werden sollen, zu entscheiden (vgl. Fallstudie 7).
Eine weitere Aufgabe des Managements, die häufig vernachlässigt wird, ist darin zu
sehen, alle Mitarbeiter in die Online-Aktivitäten der Unternehmen einzubeziehen (vgl.
Fallstudie 2).131
Qualifikationsanforderungen im Bereich des Managements
E-Commerce beinhaltet die Herausforderung, dass nicht nur das Unternehmen, sondern auch alle Mitarbeiter „internetfähig“ gemacht werden müssen. Dazu müssen sich
die unterschiedlichen Funktionsgruppen im Unternehmen neue Kompetenzen aneignen.
Die Anforderungen, die an die Qualifikation des Managements gerichtet sind, umfassen Online- und betriebswirtschaftliches Know-how und schließen, wie den Fallstudien zu entnehmen ist, u.a. folgende Bereiche ein:
129
70 Prozent der Befragten geben an, dass sie über keine ausformulierte E-Commerce-Strategie verfügen. Das
bedeutet, dass ein Großteil der Unternehmen seine Online-Aktivitäten mehr oder weniger plan- und ziellos
realisiert. Kompetenzzentrum Elektronischer Geschäftsverkehr Bonn/Rhein-Sieg (KompEC): Internetnutzung
in den Unternehmen der Region Bonn/Rhein-Sieg. Bestandsaufnahme und Perspektiven.
130
Siehe dazu die Darstellung im Anhang: Consulting Partner, Heyde AG unter wissenschaftlicher Begleitung
durch die Universität Freiburg/Telematik: e-Reality – „Von der e-Vision zur e-Realität“.
131
Dass diese Aufgabe häufig vernachlässigt wird, belegt eine Betriebsstichprobe der MediaMit, einer Initiative
des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) zur Förderung multimedialer Anwendungen im
Mittelstand, die zu dem Resultat führte, dass Mitarbeiter über die unternehmenseigene Internetpräsenz oft nur
unzureichend informiert sind. Innerhalb der Stichprobe wurden 50 Unternehmen in verschiedenen Regionen
Deutschlands angerufen und nach ihrer URL gefragt. Nur 54 Prozent der Angerufenen konnten auf Anhieb
entweder eine korrekte Adresse nennen oder richtig zu Protokoll geben, dass noch keine Seite existiere. Siehe
www.diht.de/inhalt/informationen/news/schwerpunkte/ebusiness/ak.../meldung9.htm.
Dieses
Beispiel
verweist darauf, dass in den Unternehmen häufig noch ein mangelndes Bewusstsein über die Bedeutung des
Internets als Teil der Firmenpräsentation vorliegt, und die Mitarbeiter sich mit dem Online-Auftritt ihres
Unternehmens nicht identifizieren.
94
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
•
Allgemeine Internet-Kompetenzen (vgl. Fallstudie 6)
•
Projektmanagement für E-Commerce (vgl. Fallstudie 2)
•
Personalmanagement für die Umsetzung der E-Commerce-Strategie (vgl. Fallstudie 8)
•
Einsatzmöglichkeiten des E-Commerce (vgl. Fallstudie 4)
•
Wahl eines Providers (vgl. Fallstudie 6)
•
Online-Planungskompetenz (vgl. Fallstudie 8)
•
Entwicklung einer Strategie zum Aufbau der Webpräsenz, konzeptionelle Einbindung von Anwendungslösungen wie Shop-Systeme etc. (vgl. Fallstudie 7)
•
Entwicklung und Umsetzung einer Marketingstrategie (vgl. Fallstudie 7)
•
Technische Infrastrukturen und angebotene Software-Anwendungen (vgl. Fallstudie 6)
•
Laufende Information über Entwicklungen und Trends im E-Commerce (vgl. Fallstudie 4)
Diese Aufzählung macht deutlich, wo die Qualifikationsbedarfe auf der Ebene der
Entscheider im Wesentlichen angesiedelt sind:
Gefordert sind Qualifikationen, die im Schnittstellenbereich von Management und
Technik zu verorten sind. Entscheider benötigen strategische Planungskompetenzen
für die Konzeption und die betriebliche Umsetzung von E-Commerce-Lösungen. Dazu
sind einerseits umfassende Managementkompetenzen notwendig, die sich auf die jeweiligen Marktgegebenheiten, die Einsatzmöglichkeiten und die betriebswirtschaftlichen Nutzenpotenziale der Online-Aktivitäten beziehen. Ergänzend hinzukommen
muss informationstechnisches Überblickswissen, das die Entscheidungsträger dazu
befähigt, E-Commerce-Lösungen kompetent beurteilen und hinsichtlich ihrer Wirkungen auf die betrieblichen Abläufe und Geschäftsprozesse einschätzen zu können.
Unter das Management im IT-Zeitalter fällt auch zunehmend ein Bereich, der in den
Fallstudien aufgrund der höchstens in Ansätzen vorhandenen Geschäftsprozessintegration nur unzureichende Berücksichtigung findet: Die Integration von Geschäftsprozessen (Business Process Integration, vgl. Kap. 3.5.2) stellt eine zentrale Herausforderung für Unternehmen dar, bei denen ein bereits fortgeschrittener Stand der Implementation von E-Commerce-Lösungen vorliegt. Das strategische Know-how, das sich
auf die Zusammenführung der Geschäftsprozesse bezieht, stellt hohe Anforderungen
sowohl an die betrieblichen Entscheider als auch an die IT-Abteilungen. Auf diesem
Gebiet bestehen gravierende Defizite: Eine Studie der Marktforscher von Sterling
Commerce132 belegt, dass in den in der Untersuchung befragten Branchen Telekommunikation/Medien, Finanzwirtschaft, Verarbeitendes Gewerbe sowie Logistik/Transport 71 Prozent der Befragten die Integration der Geschäftsprozesse als Hauptproblem
132
Siehe www.sterlingcommerce.de
95
EQUIB
sehen. Hier liegt ein umfangreicher und in Zukunft noch wachsender Qualifikationsbedarf vor.
Das Gleiche gilt auch für die Reorganisation innerbetrieblicher Strukturen. Denn erst
neue Formen der Kommunikation und Kooperation zwischen den Fachabteilungen
sowie die Verlagerung von Entscheidungsprozessen auf die operative Ebene ermöglichen eine effektive Nutzung von Online-Medien und E-Commerce-Anwendungen.
Auf diesem Gebiet bestehen noch erhebliche Defizite, da häufig nur die technische
Seite der implementierten Systeme gesehen wird und nicht beachtet wird, dass davon
die Organisation von Geschäftsprozessen und die Kooperationsbeziehungen der Mitarbeiter in den Fachabteilungen betroffen sind.
Personalmanagement als Schlüssel einer erfolgreichen Implementation des EBusiness
Der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung einer Internet-Strategie ist Personalmanagement. Technik und Systeme für E-Commerce sind vorhanden; eine internet-gerechte
Umgestaltung der Geschäftsprozesse ist hingegen nur möglich, wenn die Entscheidungsträger und das Team dahinterstehen, und Geschäftsleitung und Mitarbeiter sich
mit der neuen E-Strategie identifizieren. Wie im Einzelnen die E-Commerce-Lösungen, die in den Unternehmen implementiert werden, auch aussehen mögen, zentral ist
die Einbindung aller Mitarbeiter (vgl. Fallstudien 1, 2 und 8) – und zwar zu einem
möglichst frühen Zeitpunkt. Denn die Basis für das Gelingen der Implementation von
E-Commerce-Lösungen ist die Motivation der Mitarbeiter und die Akzeptanz der
neuen Geschäftsmedien. Dazu trägt auch ein freier Internetzugang für alle Mitarbeiter
bei (vgl. Fallstudie 2 und 3).
Im Zusammenhang mit dem Web-Auftritt eines Unternehmens ist ein weiterer Aspekt
des Personalmanagements von besonderer Bedeutung: Die eindeutige Zuweisung von
Aufgaben ist für einen professionellen Webauftritt unabdingbar.
Professionalisierung des Webauftritts
Es ist mittlerweile unbestritten, dass nur ein Webauftritt, der ein hohes Maß an Professionalität ausstrahlt, nachhaltige Beachtung bei den Kunden findet. Dazu gehören u.a.
ein ansprechendes und funktionelles Design, kurze Ladezeiten, eine übersichtliche
Navigation, die Möglichkeit der Interaktion sowie interessante Inhalte. Besonders
wichtig ist auch die Aktualität einer Site, die dem Kunden signalisiert, dass das virtuelle Schaufenster eines Unternehmens kontinuierlich gepflegt wird. Professionalität
eines Webauftritts setzt voraus, dass für die Erstellung und Pflege einer Internetpräsenz – soweit sie nicht extern, beispielsweise durch eine Internet-Agentur erfolgen –
qualifiziertes Personal zur Verfügung steht.133 Es bedarf also der Schaffung von
133
Dass dies häufig nicht der Fall zu sein scheint, belegt eine Umfrage der World Organisation of Webmasters
(WOW), die Anfang 2000 durchgeführt wurde. Sie zeigte, dass auch große Konzerne bei der Betreuung ihrer
Internetseiten auf Laien aus Marketing- und PR-Abteilungen zurückgreifen.
In kleineren Unternehmen übernimmt der Chef oft selbst zusätzlich die Aufgabe der Betreuung des
Webauftritts (siehe Fallstudie 5). Die Folge ist, dass die anfangs oft gewissenhaft gepflegten Seiten nicht
selten zu Datenfriedhöfen werden und selbst Webshops zu Dauerbaustellen verwaisen. Offensichtlich liegt bei
vielen Unternehmen noch eine mangelnde Professionalität in bezug auf den eigenen Webauftritt und die
Betreuung der Site vor. Mangelnde Professionalität ist aber oft der Grund dafür, dass sich der mit der
Internetpräsenz bezweckte Nutzen für das Unternehmen nicht einstellt.
96
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Zuständigkeiten und der gezielten Qualifizierung des Personals, das mit dem Webauftritt und seiner Betreuung beauftragt ist.
Fazit:
Zur kompetenten Bewältigung der Aufgaben, die dem Management bei der Planung
und Umsetzung von E-Commerce zufallen, bedarf es umfangreicher Qualifikationen,
die sich die Verantwortlichen in der Regel nicht auf autodidaktischem Wege aneignen
können, und für die externes Know-how in Form von Beratungs- und Weiterbildungsdienstleistungen in Anspruch genommen werden sollte. Der Schwerpunkt des Weiterbildungsbedarfs liegt in der Vermittlung von Qualifikationen im Schnittstellenbereich
von Management und Technik. Der Beratungs- und Weiterbildungsbedarf fällt dabei
nicht einmalig an und beschränkt sich nicht auf die Einrichtung einer Webpräsenz oder
die Implementation eines Shop-Systems, sondern besteht kontinuierlich: Das Management muss sich in bezug auf Online-Anwendungen permanent auf dem Laufenden
halten und weiterqualifizieren, um die aktuellen Entwicklungen im E-Commerce verfolgen und bei Bedarf in die betriebliche Strategie integrieren zu können.
Um dem Management die Möglichkeit einer permanenten Weiterbildung zu bieten,
sind Angebote zu konzipieren, die mit den aktuellen Tendenzen im E-Commerce
Schritt halten und zeitnah und praxisbezogen über neue Entwicklungen informieren.
Die spezifische Bedarfslage der Kleinbetriebe
Bei den Kleinbetrieben liegt eine besondere Bedarfslage vor. Sie betrifft vor allem
auch das Handwerk, da sich in diesem Wirtschaftssegment die Betriebsgrößenstruktur
durch eine Vielzahl von Klein- und Kleinstbetrieben auszeichnet. Hier zeigt sich ein
umfangreicher Unterstützungsbedarf der Betriebsinhaber und Geschäftsführungen im
Bereich der Beratung und Qualifizierung, der sich zum einen auf den relativ großen
Anteil der Betriebe, die derzeit noch offline sind, konzentriert. Dem Führungspersonal
dieser Betriebe mangelt es vor allem an grundlegenden Kenntnissen über die Einsatzmöglichkeiten des Internets. Zum Teil bedarf es auch der Vermittlung von Qualifikationen im Vorfeld der Internet-Nutzung, die sich - als Voraussetzung der Akzeptanz
von Online-Anwendungen – u.a. auf den PC-Einsatz im Unternehmen (OfficeAnwendungen und Branchensoftware) beziehen. Zum anderen finden wir häufig
Einsteigerbetriebe, die das Internet bislang nur wenig und in der Regel passiv nutzen.
Für diese Adressatengruppe sind Angebote notwendig, die Informationen über die
Nutzungsmöglichkeiten des Internets und die Vermittlung von Fähigkeiten in der
Handhabung elementarer geschäftlicher Online-Anwendungen beinhalten.
Um diesen spezifischen Bedarfen der Kleinbetriebe gerecht zu werden und zu verhindern, dass sie von der digitalen Online-Welt abgekoppelt werden, sollten entsprechende Beratungs- und Weiterbildungsangebote initiiert bzw. ausgebaut und gefördert
werden.
6.3.2
Qualifikationsanforderungen auf der Ebene der Realisatoren
Im Bereich der Realisation professioneller Internetpräsenzen und Online-Anwendungen tritt das eingangs erwähnte Problem der Abgrenzung der Aufgabenfelder und ihrer
personellen Zuordnung in besonderer Weise auf. Aufgrund der unterschiedlichen personellen und sachlichen Voraussetzungen von KMU sowie in Abhängigkeit von der
Art der implementierten Anwendungen kann bei der Realisation von E-Business-Lö97
EQUIB
sungen eine große Bandbreite von Aufgaben in Betracht kommen; sie reicht von
technisch-administrativen Funktionen im Infrastrukturbereich des E-Commerce (z.B.
Netzwerktechnik, Programmierung und Systemintegration) bis hin zur gestalterischen
Umsetzung von Webpräsenzen (z.B. Screen-Design und Multimedia-Programmierung).
Mit der Realisation werden aber auch häufig externe Dienstleister beauftragt, so dass
das betriebseigene Personal lediglich für den laufenden Betrieb und die Pflege der
Systeme zuständig ist, also Aufgaben übernimmt, die wiederum in den operativen
Funktionsbereich fallen können. Von daher erklärt sich auch die Tatsache, dass in den
dokumentierten Fallstudien der Funktionsbereich der Realisation von E-Business-Anwendungen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Als Aufgaben, die von den nur in
wenigen Fällen bestehenden eigenständigen DV-Abteilungen wahrgenommen werden,
werden in diesem Zusammenhang genannt:
•
die Konzeption und Einrichtung von Intranet-Lösungen,
•
die Betreuung des Shop-Systems und technischer Support,
•
Gestaltung der Website,
•
Pflege und Aktualisierung des Webauftritts sowie
•
die interne Mitarbeiterweiterbildung.
Insbesondere zur Realisierung von Lösungen für die Schnittstellenproblematik zwischen dem Internet und dem IT-Backend zeichnet sich zumindest bei Großunternehmen ein Trend zu stärkeren Inhouse-Aktivitäten ab: Hier wird zunehmend auf den
Aufbau von unternehmenseigenen Ressourcen gesetzt, auf die i.d.R. nicht verzichtet
werden kann, wenn es um die Neuausrichtung von Prozessen geht. Denn nur wenige
externe Dienstleister weisen die dazu notwendige Verbindung zwischen IT-, Internetund Branchenkompetenz auf. Die Frontend-Dienstleistungen werden dagegen häufig
von externen Dienstleistern (z.B. Multimedia-Agenturen) erbracht.134
Sowohl in den Anwenderunternehmen als auch bei externen Dienstleistern kommen
entsprechend des differenzierten Aufgabenspektrums auf der Ebene der Realisation
von E-Business-Anwendungen Mitarbeiter mit unterschiedlichen Qualifikationsprofilen zum Einsatz. Die Bandbreite reicht von Hochschulabsolventen wie z.B. Informatiker oder Wirtschaftsinformatiker über Absolventen der neuen IT- und Medienberufe
bis zu Quereinsteigern aus berufsfremden Bereichen, die ihre Qualifikationen auf dem
Weg der Weiterbildung erworben haben.
134
Vgl. E wird Kernkompetenz. In: e-Market 16/2001, S. 20ff
98
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
6.3.3
Qualifikationsanforderungen auf der Ebene der professionellen Anwender
Mangel an qualifiziertem Personal auf der Sachbearbeiterebene als Innovationshemmnis
Die Verfügbarkeit qualifizierten Personals auf der operativen Ebene wird von vielen
Unternehmen als Schranke der betrieblichen Implementation von E-Business-Lösungen gesehen. So belegt beispielsweise eine Untersuchung der Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und KPMG, dass 40 Prozent der an der Befragung teilnehmenden Unternehmen in der mangelnden Qualifikation der Mitarbeiter
auf der Sachbearbeiterebene einen Hindernisfaktor für die Einführung von E-Business
sehen.135
Auf dem Gebiet der Mitarbeiterqualifizierung liegt also ein besonderer Aufgabenschwerpunkt der beruflichen Bildung und der betrieblichen und außerbetrieblichen
Weiterbildung. Dabei sind insbesondere auch die Frauen zu berücksichtigen: In den
kaufmännisch-administrativen Berufsfeldern sind Frauen überproportional häufig vertreten und die Bürokauffrau ist gefolgt von der Kauffrau im Einzelhandel bei den
Neuabschlüssen von Ausbildungsverträgen der am häufigsten besetzte Beruf. Insgesamt ist festzustellen, dass bei den Frauen alle häufig gewählten Berufe dem kaufmännischen und Dienstleistungsbereich angehören.136
Anforderungen an die professionellen Anwender
Die Aufgabe der professionellen Anwender besteht in der Abwicklung von Geschäftsprozessen auf der Grundlage der im Unternehmen implementierten E-Commerce-Lösungen. Die Fallstudien beleuchten einen exemplarischen Ausschnitt der Bereiche und
Tätigkeiten, für die die Mitarbeiter in den kaufmännischen Berufsfeldern qualifiziert
sein müssen:
•
Nutzung des Internets als Informationsmittel: Recherche zu Produkt- und Preisinformationen etc. (vgl. Fallstudie 2)
•
Nutzung des Internets zur internen und externen Kommunikation (vgl. Fallstudie
3)
•
Werbung und Marketing (vgl. Fallstudie 2)
•
Auftragsabwicklung: Bearbeitung von Bestellungen über das Internet (vgl. Fallstudie 1)
•
Betreuung des E-Shops: Bearbeitung und Aktualisierung des Online-Katalogs
(Preis- und Artikelpflege, Sonderangebote, Hinweise zu Service-Leistungen etc.)
(vgl. Fallstudie 7)
135
Vgl. Anhang Studie 6
136
Siehe Bundesministerium für Bildung und Forschung: Berufsbildungsbericht 2001, Kap. 2.2.1, S. 4f
ftp://ftp.bmbf.de.berufsbild_ber2001.pdf
99
EQUIB
•
Verwaltung der Datenbank (vgl. Fallstudie 5)
•
Kontent-Pflege: Aktualisieren und Erweitern des den Kunden auf der Website bereitgestellten Inhalte-Angebots (vgl. Fallstudie 6)
•
E-Mail-Verwaltung und Beantwortung von E-Mails (vgl. Fallstudie 5)
•
Beantwortung von Kundenanfragen über eine Service-Hotline (vgl. Fallstudie 6)
Als generelle Tendenz ist den Fallstudien zu entnehmen, dass von den Mitarbeitern
EDV-Kenntnisse und Systemverständnis gefordert sind; darüber hinaus wird deutlich,
dass übergreifende und nicht auf spezifische Tätigkeiten bezogene Anforderungen
großes Gewicht haben:
•
Der Einsatz von E-Commerce-Anwendungen führt zu einer wachsenden Komplexität der Aufgaben.
•
Die Mitarbeiter müssen mehr Verantwortung übernehmen, weil die Trennung von
Entscheidung und Ausführung in Teilbereichen tendenziell aufgehoben wird.
6.3.4
Strukturmerkmale des Qualifikationsprofils „E-Kaufmann/E-Kauffrau“
In den folgenden Ausführungen werden die Konturen des Qualifikationsprofils eines
professionellen E-Commerce-Anwenders skizziert. Dafür wird hier der Terminus „EKaufmann/ E-Kauffrau“ verwendet. Mit dem gewählten Terminus soll also nicht
explizit ein neues spezielles Berufsbild bezeichnet, sondern lediglich das Qualifikationsprofil von Mitarbeitern in kaufmännisch-administrativen Funktionsbereichen im
Unternehmen gekennzeichnet werden: Der Terminus „E-Kaufmann/ E-Kauffrau“ steht
sozusagen paradigmatisch für die Sachbearbeitung auf der Grundlage von E-Commerce-Anwendungen.
Um die Strukturmerkmale des Qualifikationsprofils auf der operativen Ebene herauszuarbeiten, wird das Bündel der Anforderungen, das sich in den Fallstudien präsentiert, analysiert und verallgemeinert. Dazu wird auch auf die Darstellung der E-Commerce-Anwendungen in Kap. 3 zurückgegriffen.
Die Struktur des Qualifikationsprofils von E-Kaufleuten zeichnet sich durch fünf
elementare Kompetenzfelder aus, deren Zusammenführung „professionelle Handlungskompetenz“ konstituiert.
1. Fachkompetenz und Branchen-Know-how
2. Anwendungs- und Systemkompetenz
3. Kontext- und Prozesswissen
4. Kaufmännische Medienkompetenz
5. Soziale und kommunikative Kompetenz
100
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Abb. 22: Elemente des Qualifikationsprofils „E-Kaufmann/E-Kauffrau”
E-Commerce
Soziale u. kommunikative Kompetenz
Kaufmännische
Medienkompetenz
Kontext- u.
Prozesswissen
Anwendungs- u.
Systemkompetenz
Fachkompetenz u.
Branchen-Know-how
Professionelle Handlungskompetenz
Elementare Kompetenzfelder
Grafik: KUA/EQUIB
Diese Kompetenzfelder stehen in einem engen Zusammenhang und weisen z.T. Überschneidungen auf, so dass die hier vorgenommene Trennung in einzelne Felder eher
analytischer Natur ist.
1. Fachkompetenz und Branchen-Know-how
Die eigentliche Basis des E-Commerce ist die Geschäftsabwicklung. Die kaufmännische Bearbeitung von Geschäftsprozessen, d.h. die Kenntnis und Beherrschung der
traditionellen sowie der informationstechnisch gestützten Verfahren, stehen im Zentrum der Fachkompetenz. Der elektronische Handel mit Gütern und Dienstleistungen
umfasst beispielsweise alle Phasen der Verkaufstransaktion von der Präsentation bis
hin zum Bezahlvorgang und den After-Sales-Services; um solche Geschäftsprozesse in
ihrem Zusammenhang kompetent bearbeiten zu können, ist ein hohes Maß an Branchen-Know-how unverzichtbar.
2. Anwendungs- und Systemkompetenz
Der Einsatz der Internet-Technologien in den Unternehmen erfordert Fähigkeiten, die
sich auf die Handhabung der Anwendungen beziehen. Dies beginnt bei der Beherrschung der gängigen Internettechnologien (Browser, E-Mail etc.), die zukünftig zur
qualifikatorischen Grundausstattung („Kulturtechnik“) der Mitarbeiter gehören werden
und geht bis hin zu Spezialkenntnissen der Handhabung spezifischer Anwendungssysteme und -tools.
Bezogen auf die technische Beherrschung von E-Commerce-Systemen variieren die
Anforderungen je nach den betrieblichen Gegebenheiten. Sie hängen nicht nur von der
Art der jeweils eingesetzten E-Commerce-Lösung und seiner Funktionalitäten ab, sondern auch von dem Spektrum der betrieblichen Aufgaben, mit denen der Mitarbeiter
betraut ist: Dazu können Funktionen der Aktualisierung der Website bzw. des Katalogs
und der Bereitstellung von Content bis hin zur Systemadministration gehören. Ein
101
EQUIB
fester Katalog von Funktionen und damit von Anforderungen an den Mitarbeiter lässt
sich von daher nicht benennen. Informationstechnisches Basis- und Methodenwissen,
das sich auf grundlegende Systemfunktionen bezieht, ist jedoch unverzichtbarer Bestandteil des Qualifikationsprofils im kaufmännischen Bereich.
3. Kontext- und Prozesswissen
Die Einführung vernetzter informationstechnischer Strukturen in den Unternehmen
bleibt nicht ohne Folgen für die betriebliche Ablauforganisation. Durch WorkflowManagement werden betriebliche Prozesse miteinander vernetzt und damit effektiver
gestaltet. Für die Mitarbeiter bedeutet das, dass sie Abschied von gewohnten und bewährten Denk- und Handlungsweisen nehmen müssen. Nicht mehr abteilungs- oder
bereichsspezifisches „Bescheid wissen“, sondern vernetztes Denken wird von ihnen
gefordert. Der Mitarbeiter muss lernen, in Prozessen zu denken und an der betriebsübergreifenden Veränderung von Abläufen aktiv mitzuarbeiten. Dazu beitragen
kann die Kenntnis der aktuellen Entwicklungen im E-Commerce wie beispielsweise
die Entstehung vertikaler, d.h. branchenbezogener Portale im B2B Segment des elektronischen Handels.
4. Kaufmännische Medienkompetenz
In allen Bereichen der Betriebe, seien es nun Großunternehmen der Automobilbranche
oder kleine Betriebe des Metallhandwerks, wird die Informationsmenge, mit denen es
die Mitarbeiter zu tun haben, erheblich anwachsen. Der kompetente Umgang mit Informationen, der gezielte Zugang zu ihnen, ihre Selektion und die Fähigkeit, bedarfsbezogene Zusammenhänge zwischen ihnen herzustellen, wird zu einem eigenständigen Qualifikationsmerkmal der Arbeit in wissensbasierten, vernetzten Systemen.
Kaufmännische Medienkompetenz beinhaltet u.a. die Fähigkeit zur Navigation im
Internet, die Fähigkeit zur Selektion und Beurteilung von Informationen sowie die
Beherrschung effizienter Such- und Recherchestrategien. Hinzu kommen die Kenntnis
und Handhabung von Internet-Angeboten wie Preisagenten, Einkaufsplattformen,
Auktionen und Communities.
Medienkompetenz als berufliche Schlüsselqualifikation lässt sich zusammenfassend
als die subjektive Fähigkeit beschreiben, Informationen und ihre unterschiedlichen
Darstellungs- und Übertragungsmedien zielgerichtet für definierte Aufgaben einzusetzen und zu handhaben. Diese Fähigkeit zu erlernen und anwendungsbezogen zu trainieren, beinhaltet eine zentrale Querschnittsaufgabe beruflicher Bildung.
5. Soziale und kommunikative Kompetenzen
Technische Kommunikations- und Informationssysteme im Unternehmen sind Instrumente der Effektivierung der Kooperation zwischen Menschen. Die Technik kann die
personalen Kooperations- und Kommunikationsbeziehungen nicht ersetzen. Im Gegenteil: Durch ihren Einsatz und den damit verbundenen neuen arbeitsorganisatorischen Konzepten wächst der Stellenwert sozialer und kommunikativer Kompetenzen.
Die Mitarbeiter in den Unternehmen arbeiten zunehmend in Teams und Formen der
102
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Projektarbeit finden immer weitere Verbreitung. Team- und Kommunikationsfähigkeit
sind mehr den je gefragt.137
Professionelle Handlungskompetenz als Basis kundenorientierten Denkens und
Handelns
Ein zentrales, wenn nicht sogar das entscheidende Mittel zum Erfolg der Online-Präsenz eines Unternehmens ist die Kundenorientierung. Die Gewinnung und dauerhafte
Bindung von Kunden ist nur möglich durch eine prompte „Bedienung“, das Eingehen
auf die Kundenwünsche und ein umfassendes Angebot von Serviceleistungen. Soweit
die Theorie. Die Realität vieler Online-Unternehmen spricht hier allerdings eine andere Sprache, wie sich am Beispiel E-Mail belegen lässt: Unbeantwortete E-Mails,
unzumutbare Antwortzeiten, inkompetente Antworten, Weiterleitung an nicht zuständige Mitarbeiter scheinen, wie eine Untersuchung der „Welt“ 1999 bei namhaften Herstellern und Online-Händlern herausgefunden hat, eher die Regel als die Ausnahme zu
sein. Die Studie138 führte zu dem Ergebnis, dass die Hälfte der untersuchten Unternehmen entweder überhaupt nicht oder falsch oder zu spät antwortete. Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt auch eine aktuelle Umfrage des Softwareanbieters eGain
zum Thema Kundenservice und Internet. Kaum mehr als die Hälfte der im Rahmen
der Umfrage kontaktierten deutschen Unternehmen mit Online-Präsenz konnte oder
wollte den Testkunden prompten Service bieten: „33 von 170 Unternehmen konnten
nicht per E-Mail erreicht werden, da sie trotz Web-Auftritt keine Möglichkeit bieten,
auf elektronischem Weg Kontakt aufzunehmen. Von den verbleibenden 137 Firmen
befanden es nur 76 für Wert, innerhalb des konfortablen Zeitraums von 5 Arbeitstagen
auf eine E-Mail-Anfrage zu antworten.“139 Dieses Beispiel illustriert die Defizite der
Kundenorientierung im Internet. Kundenservice ist nur bedingt eine Frage des Technikeinsatzes; er wird von den Mitarbeitern im Unternehmen erbracht und ist nur
gewährleistet, wenn die Beschäftigten unternehmerisch denken, über Zusammenhangswissen verfügen und sich als Teil des Unternehmensganzen und seiner Geschäftsprozesse begreifen.
Customer Relationship Management (CRM), das zunehmend in den Mittelpunkt des
E-Commerce rückt, ist nicht nur eine Managementaufgabe: Es ist eine betriebliche
Querschnittsaufgabe und betrifft alle Mitarbeiter: Nur durch die Einbindung aller betrieblichen Funktionen und die in ihnen tätigen Mitarbeiter kann CRM realisiert werden. Professionelle Handlungskompetenz im dargestellten umfassenden Sinne bildet
die Basis des CRM. Für die Qualifizierung folgt daraus, dass Kundenorientierung
nicht als solche „erlernt“ werden kann, sondern als Qualifizierungsziel übergreifende
Berücksichtigung finden muss.
Strukturwandel des Anforderungsprofils
Der Strukturwandel des Anforderungsprofils ist dadurch gekennzeichnet, dass Medienkompetenz, System- und Zusammenhangs- sowie Kontext- und Prozesswissen etc.
137
Nach einer Studie des Hamburger Magazins „Stern spezial“ bei 60 Internet-Firmen in ganz Deutschland steht
Teamfähigkeit mit 83 Prozent an der Spitze der gewünschten Qualifikationen. Siehe
www.internetworld.de/index_7974
138
Siehe www.welt.de/webwelt/emailstudie/studie.pdf
139
Siehe Golem Newsletter vom 19.04.2001; www.golem.de
103
EQUIB
gegenüber technischem Anwendungswissen ein wachsendes Gewicht zukommt. Der
Bedeutungszuwachs dieser sogenannten Soft Skills ist darauf zurückzuführen, dass mit
der Implementation von E-Commerce-Anwendungen einerseits
•
Geschäftsprozesse auf der Sachbearbeiterebene automatisiert werden und
•
die Systemhersteller zunehmend intuitiv zu bedienende Frontends entwickeln.
Die professionellen Anwender werden von Routinetätigkeiten entlastet und arbeiten
mit Benutzeroberflächen, die komfortabel zu bedienen (zunehmende „Usability“) sind.
Dies betrifft z.B. in Shopsysteme integrierte Tools zur Katalogpflege etc. ebenso wie
Module zur Erstellung und Pflege von Websites. Notwendig sind lediglich grundlegende Computerkenntnisse; spezielle Programmierkenntnise sind nicht notwendig. Die
Mitarbeiter finden also tendenziell Systeme vor, zu deren Bedienung technische
Handhabungskenntnisse und -fertigkeiten in abnehmendem Umfang erforderlich sind.
Andererseits wachsen die Geschäftsprozesse, die durch E-Commerce-Anwendungen
unterstützt werden, mehr und mehr zusammen. Sie werden vielfältiger und komplexer.
Den Mitarbeitern in den Fachabteilungen wird größere Verantwortung für die Geschäftsprozesse in ihrem Zusammenhang übertragen. Damit verlagert sich die Notwendigkeit von unternehmerischem Denken und Handeln („Entrepreneur-Kompetenzen“) in wachsendem Umfang auch auf die operative Ebene.
Mit dieser Entwicklung sind steigende Anforderungen an das Kontext- und Prozesswissen und die kaufmännische Medienkompetenz der Beschäftigten verbunden. Die
Mitarbeiter benötigen weitgehende Kenntnisse über den Ablauf von E-Geschäftsprozessen und ihren Zusammenhang zum unternehmerischen Ganzen. Sie müssen z.B. –
um nur einen einfachen Fall zu nennen - wissen, welche geschäftlichen Vorgänge
betroffen bzw. welche Abteilungen zuständig sind, wenn eine E-Mail-Anfrage eingeht.
In der folgenden Grafik ist der Zusammenhang von Qualifikationsanforderungen an
den professionellen User und der fortschreitenden Systementwicklung dargestellt.
Qualikationsanforderungen
Abb. 23: Zusammenhang von Qualifikationsanforderungen (Anforderungsprofilen)
und Systementwicklung
Medienkompetenz,
Kontext- und
Prozesswissen
Tendenziell
wachsende
Bedeutung
Technische
Handhabungskompetenz
Tendenziell
abnehmende
Bedeutung
Systementwicklung („Usability“)
Grafik: KUA/EQUIB
104
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Fazit:
Fachkompetenz und Branchen-Know-how, informationstechnisches Basis- und
Methodenwissen, Kontext- und Prozesswissen, kaufmännische Medienkompetenz
sowie soziale und kommunikative Kompetenz werden zunehmend wichtiger; sie sind
die tragenden Säulen professioneller Handlungskompetenz für E-Commerce und die
Basis für die geforderte Kundenorientierung.
•
Im Zusammenhang mit E-Commerce rücken unter qualifikatorischen Gesichtspunkten die anwendungsbezogenen technischen Fähigkeiten und Fertigkeiten in
den Hintergrund. Die technologische Entwicklung, die zu immer neuen Applikationen und Tools führt, verläuft äußerst dynamisch. Damit verändern sich die von
den professionellen Nutzern jeweils geforderten Handhabungskenntnisse und –
fertigkeiten. Für die Aneignung dieser operativen Fähigkeiten sind mit den im
wachsenden Maße intuitiv zu bedienenden Benutzeroberflächen lediglich
Einarbeitungen notwendig, die einen relativ geringen Aufwand erfordern und die
häufig in Form eines Training on the Job erworben werden können. In diesem
Zusammenhang kommt auch dem Computer-Based-Training (CBT) und WebBased-Training (WBT) eine wachsende Bedeutung zu.
•
Die grundlegende Voraussetzung für die Aneignung der Fähigkeit zur kompetenten
operativen Nutzung der Funktionalitäten von Client-Anwendungen besteht in
umfassenden „digitalen Kompetenzen“ im Sinne von Systemverständnis (Funktionsweise von Rechnern und Netzen) sowie im Wissen über den Aufbau von
Softwareprogrammen und Benutzeroberflächen. Notwendig ist daher für alle Beschäftigten eine „digitale Grundbildung“.
•
Wie beim Management und bei den für E-Commerce verantwortlichen Führungskräften sind beim Personal auf der operativen Ebene in den kaufmännisch-verwaltenden Funktionen Qualifikationen im Schnittstellenbereich von technischem
Systemverständnis und Betriebswirtschaft notwendig: Systemverständnis, Zusammenhangswissen und unternehmerisches Denken bündeln sich zu E-CommerceKompetenz.
Aufgrund der Diffusion des E-Commerce und der anspruchsvoller werdenden E-Lösungen ist es notwendig, Aus- und Weiterbildungsgänge zu konzipieren, die die zu
erwartende wachsende Nachfrage nach bedarfsgerechter Qualifizierung abdecken.
Dafür müssen neben neuen Inhalten auch neue Methoden und didaktische Konzepte
entwickelt und erprobt werden. Von besonderer Bedeutung sind dabei selbstgesteuerte
und netzgestützte Lernformen (E-Learning), die zukünftig in den Unternehmen weite
Verbreitung finden werden.140 Die Aufgabe der konzeptionellen Entwicklung können
vor allem wissenschaftlich begleitete Modellversuche leisten, in denen die vorliegen-
140
Vgl. An E-Learning kommt keine Firma vorbei. In: Computerwoche Nr. 32, 11.08.2000.
Aus einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) veröffentlichten Studie
„Zukunftsperspektiven multimedialen Lernens in kleinen und mittleren Unternehmen“ geht hervor, dass
bereits ein Viertel der 800 befragten Unternehmen mit einer Größe von 50 bis 1000 Beschäftigten
multimediale Lernformen nutzen. Allerdings setzen erst 7 Prozent der Befragten „netzgestützte
Lernapplikationen“ in ihrer Aus- und Weiterbildung ein. Die Experten gehen davon aus, dass in diesem
Bereich erhebliche Wachstumspotenziale angesiedelt sind. Siehe: Lernen im Netz. Online-Schulungen
beschleunigen den Lernprozess. In: Cybiz 05.2000; S. 50ff
105
EQUIB
den Qualifikationsanforderungen konkretisiert und in eine curriculare und didaktische
Struktur umgesetzt werden. (Erste nützliche Ansätze dazu werden u.a. im Kapitel 6.4.1
aufgezeigt.) In diesem Zusammenhang ist auch die Forschung zum E-Commerce und
zu den damit verbundenen Qualifikationsanforderungen zu intensivieren.
6.4 Status Quo der Qualifizierung für E-Commerce
In den folgenden Ausführungen wird der Status Quo der Aus- und Weiterbildungsaktivitäten für E-Commerce dargestellt; dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern
um eine Illustration des derzeitigen Standes anhand von Beispielen. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei den in der Region vorliegenden Qualifizierungsangeboten
gewidmet.
6.4.1
E-Commerce in der Berufsbildung
In den vergangenen zwei Jahren ist deutlich geworden, dass die bestehenden Berufsbilder eine bedarfsgerechte Qualifizierung für die digitale Wirtschaft nicht zu leisten
vermögen. In der Berufsbildung besteht im Bereich der Qualifizierung für E-Commerce noch ein erheblicher Handlungsbedarf. So sind z.B. hinsichtlich der Netzkompetenz „ ... die notwendigen Qualifikationen noch nicht hinreichend abgebildet. Die
1997 erlassenen vier IT-Berufe decken die technischen Bereiche der Vernetzung und
des Internets ab. Für die Gestaltung des Webauftritts fehlt aber der entsprechende
Basisberuf.“141
Internet-Qualifikationen sind aber nicht nur für Berufe, deren Schwerpunkt in den
unmittelbaren Anwendungsbereichen des Internets angesiedelt ist, sondern aufgrund
der fortgeschrittenen Diffusion des WWW in alle beruflichen Handlungsfelder und der
zunehmenden Verbreitung des E-Commerce für alle Berufe notwendig. Von daher ist
zu fordern, dass zukünftig in allen Ausbildungsberufen die Grundqualifikation „Nutzung des Internets“ und in den kaufmännischen und technischen Berufen „Geschäftsabwicklung im Internet“ vorgesehen werden.142
Qualifizierung des Lehr- und Ausbildungspersonals
Dem Lehrpersonal an allgemeinen und beruflichen Schulen kommt eine wesentliche
Funktion bei der Qualifizierung für die digital vernetzte Berufswelt zu. Die zukünftig
flächendeckende Verbreitung von E-Business-Anwendungen in deutschen Unternehmen erfordert es, dass besonders in allen Bereichen der beruflichen Bildung der Umgang mit geschäftlichen Online-Anwendungen in die Berufsausbildung integriert wird.
Sowohl bei den Lehrerinnen und Lehrern als auch bei den Ausbildern und Ausbilderinnen liegen jedoch noch erhebliche Defizite hinsichtlich der kompetenten Anwen-
141
Peter Wordelmann: Internetionalisierung und Netzkompetenz. Neue qualifikatorische Herausforderungen durch
Globalisierung und Internet. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis (BWP). Zeitschrift des Bundesinstituts für Berufsbildung, 6/2000, S. 28
142
Siehe ebd.
106
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
dung von Online- und E-Commerce-Anwendungen vor. Aus diesem Grunde muss die
Weiterbildung dieser Zielgruppe forciert werden.143
In diesem Zusammenhang ist auch auf ein Modellvorhaben mit dem Titel „Fit in EBusiness“ zu verweisen, das das Arbeiter-Bildungs-Centrum der Arbeiterkammer
Bremen GmbH gemeinsam mit der Kooperation Universität/Arbeitnehmerkammer,
den Beruflichen Schulen für den Einzelhandel sowie regionalen und überregionalen
Berufsschulen plant. Das Modellvorhaben wird beim bmb+f und dem Projektträger
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. Bereich „Chancengleichheit/
Genderforschung“ und beim Senator für Bildung und Wissenschaft in Bremen
beantragt. Dieses Modellvorhaben richtet sich speziell auf die Zielgruppe der Frauen
(Lehrerinnen und Ausbilderinnen).
Modellversuche zum E-Commerce in der beruflichen Bildung
Mittlerweile sind für die Vermittlung von Internet- und E-Commerce-Qualifikationen
in der kaufmännischen Berufsausbildung mehrere Modellversuche an den Start gegangen, in deren Rahmen Inhalte, Methoden und Organisationsformen für eine auf
Online-Anwendungen orientierte Qualifizierung erprobt und evaluiert werden sollen.
Beispiele dafür sind:
•
Schulzentren der Sekundarstufe II (Bremen): Electronic Commerce in der kaufmännischen Berufsausbildung – Modellversuch der Bund-Länder-Kommission
(BLK)
Laufzeit des Modellversuchs: 01.02.2000-30.09.2002
Im Rahmen dieses Modellversuchs werden von den beteiligten Schulen Lernbereiche
im Electronic Commerce für die kaufmännische Berufsausbildung aufgezeigt und
pädagogisch-didaktische Umsetzungsformen erarbeitet.
Weitere Informationen: Schulzentrum Bördestraße,
Projektleitung: Günter Lüddecke, E-Mail:
[email protected]
•
Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) gGmbH, bfz
Bildungsforschung: Entwicklung und Erprobung eines internetgestützten Planspiels für die Aus- und Weiterbildung von Industriekaufleuten in KMU
Laufzeit des Modellversuchs: 01.03.2000 bis 28.02.2004
Im Modellversuch wird das Internetplanspiel E-Commerce entwickelt. Es beinhaltet
die Kenntnisse, wie sie für die Abwicklung von Geschäftsabläufen über Datennetze
benötigt werden; dazu wird das Marktgeschehen simuliert. Das Planspiel wird im
143
Vgl. dazu das Handlungskonzept „IT in der Bildung“, das eines der zentralen Elemente zur Realisierung und
strategischen Fortentwicklung des Aktionsprogramms „Innovation und Arbeitsplätze in der
Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts“ darstellen soll. Eine der Säulen des Handlungskonzepts besteht
in der Förderung der IT-Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer. Golem Network News;
www.gnn.de/0008/9171.html
Siehe dazu auch die Web-Bildungs-Initiative für Lehrer, die in NRW angelaufen ist und in deren Rahmen
22.500 Lehrer in drei Jahren fürs Web qualifiziert werden sollen; www.internetworld.de/index_10691.html
107
EQUIB
Internet gespielt. Der Modellversuch gibt ca. 12 Unternehmen Gelegenheit, ab Frühjahr 2001 das Planspiel oder einzelne Module kostenlos zu nutzen.
Weitere Informationen: www.e-planspiel.de
•
Otto Versand in Zusammenarbeit mit der Universität der Bundeswehr Hamburg:
Junior Enterprise Network (JeeNet)– Kompetenzentwicklung in vernetzten Juniorfirmen am Beispiel von E-Commerce-Kompetenzen und unternehmerischem
Handeln
Laufzeit des Modellversuchs: 2000-2003
Das übergreifende Ziel des Modellversuchs ist die Entwicklung von didaktischen
Konzepten und Methoden, um selbstorganisierte Lernprozesse im Kontext virtueller
Juniornetzwerke zu ermöglichen. Im Mittelpunkt steht dabei die Aneignung und Verankerung von E-Commerce- und Entrepreneur-Kompetenzen in der beruflichen Bildung.
Weitere Informationen: www.jeenet.de
6.4.2
Angebote zur Fort- und Weiterbildung
Als Reaktion auf die neuen Anforderungen des E-Commerce werden von unterschiedlichen Bildungseinrichtungen Fort- und Weiterbildungen angeboten.
Fortbildungen
Als Fortbildungen werden u.a. Vollzeitkurse angeboten, deren Adressaten Betriebsund Volkswirte, Angehörige kaufmännischer Berufe sowie Fachpraktiker aus dem
kaufmännischen Bereich sind:
•
E-Commerce-Fachkraft (E-Commerce-Manager):144
In einem 6 Monate dauernden Kurs (bzw. 12 Monate Teilzeit für Wiedereinsteiger/innen) sollen die betriebswirtschaftlichen und medientechnischen Kenntnisse
vermittelt werden, die notwendig sind, um für ein Unternehmen im Aufbau und in
der Betreuung des Vertriebsweges Internet tätig zu sein. Das Arbeitsfeld der Fachkraft für E-Commerce ist im Bereich der Internetschnittstelle für Einkauf, Produktion, Waren- und Lagerwirtschaft angesiedelt.
Anbieter: u.a. Macromedia, www.macromedia.de, Wirtschafts- und Sozialakademie
Bremen, www.wisoak.de (berufsbegleitendes Seminar)
•
IHK-Fachkraft für Internet und E-Commerce:
In einem 9 monatigen Kurs sollen die Qualifikationen vermittelt werden, die zur
Planung, Umsetzung und Betreuung eines Internet-Auftritts erforderlich sind.
Voraussetzung zur Teilnahme sind eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung sowie grundlegende und praktische Erfahrungen in der DV-Anwendung.
144
Zum Berufsbild der E-Commerce-Fachkraft siehe auch www.einstieg.com.
108
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Der Lehrgang beinhaltet
- allgemeine EDV- und Netzwerkkenntnisse
- Internet-Grundlagen
- Konzeption, Design und Programmierung von Internet-Lösungen
- Marketing
- Ausprägungen des E-Commerce
- Rahmenbedingungen des E-Commerce
- Realisation von E-Commerce-Projekten
Er schließt mit dem IHK-Zertifikat „IHK-Fachkraft für e-commerce“ ab.
Anbieter: u.a. IHK Würzburg, www.wuerzburg.ihk.de
Weiterbildungen
Die Weiterbildungsangebote beziehen sich in der Regel auf Einführungen in die
Internet-Nutzung und einzelne E-Commerce-Anwendungen wie z.B.
•
Shopsysteme im Internet
•
Internet-Marketing
•
Vertrieb und Beschaffung im Internet145
Sie richten sich an Geschäftsführer und Entscheider sowie an Verantwortliche und
Mitarbeiter in den Fachabteilungen.
Weiterbildungsangebote in Bremen/Bremerhaven
In Bremen und Bremerhaven werden Weiterbildungen zur Internet-Nutzung und zum
E-Commerce u.a. von folgenden Einrichtungen angeboten:
• Akademie des Handwerks an der Unterweser e.V. – Berufsbildungs- und Technologiezentrum des Handwerks (BTZ): Kurse zur Internetnutzung; Multimedia und
Internet im Bremischen Handwerk
• Arbeiter-Bildungs-Centrum der Arbeiterkammer Bremen (ABC): Kurse zur Internet-Nutzung; Kurse zum E-Commerce mit der Zielgruppe KMU
• Berufsförderungszentrum der Handwerkskammer (BfZ): Informationsveranstaltungen und Schulungsmodule zum Internet (im Rahmen des Projekts MINTH
(Multimedia und Internet im Bremischen Handwerk)
• Bildungswerk der DAG im Lande Bremen e.V.: Kurse zu Internet und Intranet
• Frauen Computer Zentrum: Kurse zur Internet-Nutzung für Frauen und berufsspezifische Internet-Einführungen
145
Anbieter ist im vorliegenden Fall Macromedia. Siehe: www.macromedia.de.
109
EQUIB
• Institut für Wissenschaftstransfer durch wissenschaftliche Weiterbildung Universität Bremen (IfW): Kurse zu E-Commerce; Internet und Multimedia; Kurssystem:
Electronic Commerce; das IfW bietet unter der Adresse www.ecom-infocenter.de
ein „e-Commerce Portal für KMU“ an, das sich an Betriebe wendet, die in ECommerce einsteigen wollen. Das Portal bietet erste Informationen zu den Fragen
des „Einstiegs“ - angefangen bei Datensicherheit, Technik, Qualifikation etc. bis
hin zu Kosten und Nutzen.
• Volkshochschule Bremen: Bildungsurlaube und Seminare zur Internet-Nutzung
• Volkshochschule Bremerhaven: Praxiskurse und Seminare zur Internet-Nutzung
• Wirtschafts- und Sozialakademie der Angestelltenkammer Bremen (WISOAK): ECommerce-Manager; Tageskurse zu unterschiedlichen Aspekten von Internet und
E-Commerce
• Wirtschafts- und Sozialakademie der Angestelltenkammer Bremen (WISOAK),
Geschäftsbereich Bremerhaven: Kurse zu unterschiedlichen Aspekten der InternetNutzung
Information und Beratung in Bremen und Bremerhaven
Neben diesen anwendungsbezogenen Weiterbildungen werden von unterschiedlichen
Einrichtungen, Kammern und Wirtschaftsverbänden Veranstaltungen zur Heranführung von Unternehmen an die E-Commerce-Nutzung angeboten: Sie dienen u.a. dem
Abbau noch vorhandener Akzeptanzschranken und der Motivation von Unternehmen;
sie vermitteln allgemeines Überblickswissen zum Thema Internet und E-Commerce
sowie grundlegende Informationen zu einzelnen Aspekten der digitalen Wirtschaft. Zu
nennen sind in diesem Zusammenhang vor allem
•
das Angebot des Centrum für electronic Commerce Nord-West (CeCNW –
www.ec-nordwest.de), das auch in Kooperation mit der Handelskammer Bremen
Sprechtage zum Thema „Electronic Commerce für kleine und mittlere Unternehmen“ durchführt;
•
die Messe Bremen, die im Herbst erstmals die „Mittelst@ndonline“ veranstaltet,
eine Fachausstellung mit Informationsmesse zum Thema Internet-Business für
KMU (www.mittelstandonline.de);
•
das Angebot der IHK-Bremerhaven: Beginn Herbst 2001.
(www.bremerhaven.ihk.de).
6.4.3 Notwendigkeit zielgruppenorientierter Weiterbildungsangebote
Die bisher angebotenen Weiterbildungen beziehen sich größtenteils auf allgemeines
Internet- und E-Commerce-Wissen. Um die Unternehmen gezielt mit einer bedarfsgerechten Weiterbildung anzusprechen, ist es jedoch notwendig, vermehrt zielgruppenorientierte Angebote zu entwickeln. Um die Konzeption der Angebote möglichst
nahe an den Bedürfnissen der Adressaten ausrichten zu können, müssen die Qualifizierungsbedarfe bei den jeweiligen Zielgruppen identifiziert werden.
110
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Differenzierung nach Branchen
Ein Kriterium der Differenzierung ist die Branchenzugehörigkeit der Unternehmen.
Die Branchenkenntnis besitzt im E-Business einen hohen Stellenwert und prägt auch
das Qualifikationsprofil der Mitarbeiter. Hinzu kommt, dass E-Commerce-Lösungen
wie z.B. bei vertikalen Portalen und elektronischen Marktplätzen branchenspezifische
Besonderheiten aufweisen, mit denen auch unterschiedliche Anforderungen an die
Unternehmen und ihre Mitarbeiter verbunden sind.
Differenzierung nach Einführungsstand
Ein weiteres Kriterium der Differenzierung besteht im Stand der Einführung des
Internets bzw. des E-Commerce in den Unternehmen. Hier lassen sich folgende Kategorien von Betrieben unterscheiden:
•
Unternehmen, die keinen betrieblichen Nutzen im E-Commerce sehen oder aus
anderen Gründen den digitalen Medien und ihrer geschäftlichen Anwendung prinzipiell skeptisch oder ablehnend gegenüberstehen („Abstinenzler“).
•
Unternehmen, die den Einstieg in E-Commerce in Erwägung ziehen, aber noch
keine Vorstellungen über die Art der Anwendungen und ihre Nutzung entwickelt
haben („zukünftige Nutzer“).
•
Unternehmen, die die geschäftliche Nutzung bereits konkret planen („Schwellenunternehmen“).
•
Unternehmen, die den Einstieg in die Online-Welt vollzogen haben und bereits
elementare Anwendungen nutzen („Einsteiger“).
•
Unternehmen, die einen professionellen Grad der Nutzung des Internets realisiert
haben und bereits Transaktionen über das Netz abwickeln („professionelle Nutzer“).
•
Unternehmen, die Geschäftsprozesse weitgehend im Internet abbilden und integrierte Lösungen implementiert haben („Vorreiter“).
Je mehr die Angebote sich den bei den Unternehmen vorliegenden Bedingungen
annähern, um so besser sind sie dazu geeignet, die Betriebe und ihre Beschäftigten bei
der Planung und Realisierung sowie bei der kompetenten Nutzung von E-CommerceLösungen zu unterstützen. Es ist zu vermuten, dass die bisher weitgehend fehlende
Angebotsdifferenzierung mit dazu beigetragen hat, dass viele KMU bestehende Beratungs- und Weiterbildungsangebote nicht wahrzunehmen.
6.5 Fazit: Qualifikationsanforderungen und -bedarfe im E-Commerce
Ø In der Wertschöpfungskette des E-Commerce können grundsätzlich drei Stufen
unterschieden werden: Die Systemanbieter und IT-Dienstleister, die Anwenderunternehmen sowie die Konsumenten („e-Consumer“).
111
EQUIB
Ø In den Anwenderunternehmen ist zwischen drei Qualifikationsebenen zu differenzieren: Den Entscheidern (Management), den Realisatoren (Implementation von
E-Commerce-Anwendungen etc.) und den professionellen Anwendern.
Ø Vor allem beim Management kleiner und mittelständischer Unternehmen bestehen
noch gravierende Wissensdefizite hinsichtlich des E-Commerce und seiner betrieblichen Implementation. Insbesondere zu zielorientierten Online-Strategien liegt nur
geringes Wissen vor.
Ø Die Qualifikationsanforderungen im Bereich der Entscheider konzentrieren sich
auf den Schnittstellenbereich von Management und Technik. Entscheider benötigen
strategische Planungskompetenzen und informationstechnisches Überblickswissen.
Ø Zukünftig werden vom Management in hohem Maße Kompetenzen zur Integration
von Geschäftsprozessen gefordert sein.
Ø Dem Management muss aufgrund der Entwicklungsdynamik des E-Commerce die
Möglichkeit einer permanenten Weiterbildung geboten werden.
Ø Um die Abkopplung der Kleinbetriebe von der digitalen Online-Welt zu verhindern, müssen Beratungs- und Weiterbildungsangebote initiiert bzw. ausgebaut und
gefördert werden, die speziell diese Zielgruppe ins Visier nehmen.
Ø Auf der Ebene der Realisatoren von E-Commerce-Lösungen ist ein breites Spektrum von Aufgaben lokalisiert: Es reicht von technisch-administrativen Funktionen
im IT-Infrastrukturbereich bis hin zur gestalterischen Umsetzung von Webpräsenzen. An qualifizierten IT-Fachkräften herrscht nach wie vor erheblicher Mangel.
Ø Mit der Realisation von E-Commerce-Lösungen werden vor allem von kleinen und
mittelständischen Unternehmen häufig externe Dienstleister beauftragt.
Ø Von einem Großteil der Unternehmen wird fehlendes qualifiziertes Personal auf
der operativen Ebene (professionelle E-Commerce-Anwender) als Schranke für
die betriebliche Implementation von E-Business-Anwendungen gesehen. Auf dem
Gebiet der Mitarbeiterqualifizierung liegt also ein besonderer Aufgabenschwerpunkt der beruflichen Bildung und der betrieblichen und außerbetrieblichen
Weiterbildung. Dabei sind insbesondere auch die Frauen zu berücksichtigen.
Ø Das Qualifikationsprofil eines professionellen E-Commerce-Anwenders („EKaufmann/E-Kauffrau“) zeichnet sich durch Fachkompetenz und Branchen-Knowhow, Anwendungs- und Systemkompetenz, Kontext- und Prozesswissen, kaufmännische Medienkompetenz sowie durch soziale und kommunikative Kompetenz
aus. Professionelle Handlungskompetenz basiert auf diesen fünf Kompetenzbereichen und bildet die Basis für ein umfassendes Customer Relationship Management.
Ø Analog zum Management sind beim Personal auf der operativen Ebene in großem
Umfang Qualifizierungsangebote im Schnittstellenbereich von technischem
Systemverständnis und Betriebswirtschaft notwendig.
112
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Ø Ansätze dazu werden derzeit in der Berufsbildung in Form von Modellversuchen
entwickelt und erprobt.
Ø Im Bereich der Fort- und Weiterbildung liegt ein breites Qualifizierungsangebot
vor. Ein Schwerpunkt sind dabei allgemeine Internet- und E-Commerce-Inhalte.
Von einer Weiterentwicklung dieser Angebote in Richtung auf zielgruppenorientierte Beratungs- und Qualifizierungsaktivitäten werden voraussichtlich neue
Impulse für die Implementation von E-Commerce-Anwendungen in den Unternehmen ausgehen.
113
EQUIB
Anhang
Studien zum E-Business bzw. E-Commerce
In den vergangenen Jahren wurden im Gefolge des „Internet-Booms“ und des „ECommerce-Hypes“ zahlreiche empirische, auf Betriebsbefragungen basierende Untersuchungen durchgeführt, die sich mit dem Stand und den Perspektiven der betrieblichen Internetnutzung und des E-Business befassen. Diese Untersuchungen sind, was
die jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkte, die Zielgruppen und die methodische
Durchführung anbetrifft, zum Teil sehr unterschiedlich angelegt – ein Umstand, der
die Vergleichbarkeit ihrer Ergebnisse im Einzelnen erschwert, wenn nicht sogar unmöglich macht. Ungeachtet dieser Tatsache lassen sich den vorliegenden Studien, die
in ihrer zeitlichen Abfolge u.a. auch einen Entwicklungsprozess dokumentieren, aber
Tendenzen entnehmen, in welche Richtung sich die Verbreitung des E-Commerce in
deutschen Unternehmen entwickelt.
Im Folgenden werden einige wesentliche Resultate aus Untersuchungen, die in den
letzten beiden Jahren zum E-Business/E-Commerce durchgeführt und veröffentlicht
wurden, zusammenfassend wiedergegeben.146
Eine Übersicht der hier behandelten Studien, die keine Vollständigkeit beansprucht, ist
in der nach dem Befragungszeitraum geordneten Tabelle enthalten:
146
Die Aussagen bzw. Daten werden aufgrund eines eingehenden Studiums der veröffentlichten Untersuchungen
im Original und nicht aufgrund von Pressemitteilungen o.ä. über die Untersuchungen wiedergegeben.
Pressemitteilungen fassen Kernaussagen von Studien oft verkürzt und mit knackigen Zahlen garniert
zusammen, die dann ein „Eigenleben“ führen und je nach Beweisabsicht zitiert werden. „Besonders in den
Meldungen, die Marktforscher über die dpa-Tochter „Original Text Service“ (ots) via Internet und E-Mail
verbreiten, fehlen regelmäßig Hinweise auf Frageverfahren und Größe der befragten Gruppe.“ Lars
Rappesgaard: Marktstudien. Keine Vorhersage ohne Hintergedanken. In: Business im World Wide Web.
Internet. Beilage der SZ vom 11.10.2000; siehe auch: Wie PR im Netz funktioniert. In: dr.web-newsletter –
Nr. 65 – 15.09.2000.
114
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Tabellarischer Überblick über Studien zum E-Business bzw. E-Commerce
Lfd.
Nr.
Titel der Studie
1
„Stand und Entwicklungsperspektiven des elektronischen Geschäftsverkehrs
in Deutschland, Europa
und den USA unter besonderer Berücksichtigung der
Nutzung in KMU“
Auftraggeber /
Durchführung der
Studie
Art der Untersuchung
Befragungszeitraum
Zielgruppe
Anzahl der
befragten
Unternehmen
empirica
Vergleichende Untersuchung (Unternehmensbefragung):
Deutschland, fünf
weitere Länder
Europas und USA
1999
Unternehmen
insgesamt,
Schwerpunkt
KMU
3.117
DG-Bank
Bundesweite
telefonische
Repräsentativbefragung
Herbst 1999
Mittelständische Unternehmen
2.456
IBM,
Bundesweite
Wirtschaftsmagazin
RepräsentativImpulse/TechConsult befragung
Anfang 2000
KMU
zwischen 10
und 500
Mitarbeitern
1.579
www.bmwi.de
2
„Mittelstand im
Mittelpunkt“ –
Sonderthema Internet
und E-Commerce
www.mittelstandsstudie.de
3
„Internet und e-business
im Mittelstand“
www.de.ibm.com/
mittelstand/studie.html
4
5
Repräsentative Studie
zum e-Commerce und
e-Business im
deutschsprachigen
Raum
Mai bis Juni
2000
Unternehmen
insgesamt
1.308
www.consultingpartner.com
Consulting Partner,
Heyde AG unter wiss.
Begleitung durch die
Universität
Freiburg/Telematik
„Internetnutzung in den
Unternehmen der Region
Bonn/Rhein-Sieg“.
Bestandsaufnahme und
Perspektiven
Kompetenzzentrum
Elektronischer
Geschäftsverkehr
Bonn/Rhein-Sieg
(KompEC)
Regionale schriftliche
Befragung
Mai bis Juni
2000
KMU (keine
näheren
Angaben zur
Betriebsgröße)
368
Bundesvereinigung
der Deutschen
Arbeitgeberverbände
(BDA), KPMG
Bundesweite
schriftliche Befragung
Herbst 2000
Branchenübergreifend, alle
Betriebsgrößen
371
Deutscher Industrieund Handelstag
(DIHT), MediaMit
GmbH
Bundesweite
Repräsentativbefragung
Herbst 2000
Branchenübergreifend,
alle Betriebsgrößen
Universität Bremen Kooperation
Universität/Arbeitnehmerkammer,
Arbeiter-BildungsCentrum der
Arbeiterkammer
Bremen GmbH
Regionale schriftliche
Befragung und
Betriebsinterviews
Sommer 2000 Branchenbezogen
(Ausbaugewerbe,
SHK, Metall),
KMU
mit dem
Schwerpunkt
Handwerk
e-Reality – „Von der
e-Vision zur e-Realität“
www.compec.com
6
„eBusiness in der
deutschen Wirtschaft“.
Status und Perspektiven
2001
www.kpmg.de
7
„E-Business in
Deutschland“. Eine
Umfrage des Deutschen
Industrie- und
Handelstages (DIHT) und
der MediaMit GmbH
22.000
www.diht.de
8
„Betriebe Online: InternetNutzung und E-Business
in kleinen und mittleren
Unternehmen in Bremen.“
115
227
EQUIB
Zu 1.:
Empirica: Stand und Entwicklungsperspektiven des elektronischen Geschäftsverkehrs in Deutschland, Europa und den USA unter besonderer Berücksichtigung der Nutzung in KMU
Die 1999 von empirica durchgeführte Untersuchung basiert auf einer repräsentativen
Betriebsbefragung von insgesamt 3.117 Betrieben in Deutschland, 5 weiteren Ländern
Europas und den USA. Sie intendiert u.a. eine Positionsbestimmung der deutschen
Wirtschaft im Vergleich mit diesen Nationen.
Ergebnisse der Untersuchung:
IuK-Nutzung der KMU im Ländervergleich
28 Prozent aller befragten deutschen Unternehmen sind 1999 noch offline; in der
Größenklasse der Betriebe mit 10 bis 50 Beschäftigten beträgt dieser Anteil 36
Prozent. Im Verhältnis zu den 7 untersuchten Ländern liegen insbesondere die
deutschen Unternehmen der kleinen und mittleren Größenklassen gegenüber den
entsprechenden Betrieben aus den Vergleichsländern zurück, während die größeren
Unternehmen durchaus mit den europäischen Vorreitern mithalten können. Bei der
Nutzung von E-Commerce-Anwendungen ist die Betriebsgrößenabhängigkeit in
Deutschland überdurchschnittlich hoch: Eine geringe Betriebsgröße stellt hier ein
größeres Handicap für eine Teilnahme am E-Commerce dar als in der Mehrzahl der
Vergleichsländer. Dies gilt insbesondere für das produzierende Gewerbe und kleinere
Betriebe des Sektors finanz- und unternehmensbezogene Dienstleistungen.
Nutzen von E-Commerce
KMU sehen vielfach keinen Nutzen im E-Commerce und sind mehrheitlich der
Meinung, sie seien hiervon nicht betroffen. Dies trifft insbesondere auf deutsche
Unternehmen zu: Fast 50 Prozent der Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten sehen
beispielsweise keinen Nutzen darin, Online-Bestellungen anzubieten. Diese Zahl liegt
bei Großbetrieben bei nur 33 Prozent. Von der Nutzlosigkeit des Online-Einkaufs sind
über 60 Prozent der Betriebe unter 50 Beschäftigten überzeugt und bei den größeren
Betrieben immerhin noch um die 50 Prozent.
Hemmnisse des E-Commerce
Von Unternehmensseite wird beklagt, dass sowohl Nachfrage als auch Angebot im
Internet noch nicht ausreichend groß seien, um eigene Online-Aktivitäten im EBusiness zu rechtfertigen. Als Barrieren für die Nutzung von E-CommerceAnwendungen machen sich aus der Sicht der Betriebe hohe Kosten und vor allem ein
Mangel an spezifischem Know-how geltend. Ein Know-how-Defizit attestieren die
Verfasser der Studie auch dem Lehrpersonal an den Schulen, dem eine wesentliche
Multiplikatorfunktion für die Verbreitung des E-Commerce zukommt.
Zu 2.:
DG-Bank: „Mittelstand im Mittelpunkt“ – Sonderthema Internet und E-Commerce
Aufgrund der wachsenden Bedeutung des E-Commerce konzentriert sich die DG
BANK Mittelstandsumfrage vom Herbst 1999 auf das Schwerpunktthema „Internet
116
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
und E-Commerce“. Dazu wurden 2.456 Inhaber, Geschäftsführer und leitende Angestellte mittelständischer Unternehmen telefonisch befragt. Um eine differenzierte und
individuellere Betrachtung zu ermöglichen, weist die Studie einige Ergebnisse der
Mittelstandsumfrage nach Branchen und den befragten Regionen aus. Eine Differenzierung nach Betriebsgrößen wird nicht vorgenommen.
Ergebnisse der Untersuchung:
Internetnutzung der Unternehmen
In den letzten zwei Jahren erhöhte sich der Anteil der Betriebe, die über einen InternetZugang verfügen, von 45 auf derzeit 78 Prozent. Der Anteil dieser Unternehmen
wächst mit der Größe bzw. dem Umsatzvolumen: Während bei den kleineren Betrieben (bis 5 Mio. DM Umsatz) nur 46 Prozent einen Zugang zum Internet aufweisen,
gehört das Internet für die großen und umsatzstarken Unternehmen mit 96 Prozent
bereits zur Standardausstattung. Dabei sind innerhalb der Branchen erhebliche Differenzen festzustellen:
- Elektronik/EBM-Waren 95%
- Dienstleistungen 90%
- Metall/Stahl/Kfz/Metallbau 89%
- Chemie/Kunststoff 89%
- Handel 85%
- Ernährung/Tabak 72%
- Baugewerbe 70%
- Agrarwirtschaft 33%
Der Anteil der Unternehmen mit Internetzugang in Niedersachsen/Bremen beträgt 75
Prozent; er liegt damit unter dem Bundesdurchschnitt und erheblich unter dem Anteil
in den führenden Regionen (Baden-Württemberg mit 88 Prozent, Hessen und Nordrhein-Westfalen mit jeweils 82 Prozent).
Einsatzbereiche der Internetnutzung
Die Schwerpunkte der Internetnutzung liegen in den Bereichen interne/externe
Kommunikation, Recherche und Darstellung des Unternehmens. Transaktive Anwendungen sind in deutlich geringerem Umfang anzutreffen: So nutzt nur ein Viertel der
befragten Unternehmen mit Internetzugriff das Internet zum Verkauf.
Planungen der Unternehmen
Die Hälfte der 22 Prozent noch nicht mit dem Internet verbundenen Unternehmen
plant die Einrichtung eines Internetzugangs. Von den Online-Nutzern wird in erheblichem Umfang eine Ausweitung ihrer Aktivitäten auf transaktionsorientierte Anwendungen vor allem auf den Gebieten Verkauf von Produkten und Dienstleistungen und
Beschaffung/Einkauf geplant.
Ziele der Internetnutzung
Die drei wichtigsten Gründe für die Nutzung des Internets sind die „Erschließung
neuer Kunden“ (84 Prozent), „der Anschluss an die Konkurrenz soll nicht verloren
gehen“ (78 Prozent) und ein „verbesserter Kundenfokus“ (77 Prozent). Die überwiegende Mehrzahl der Befragten ist der Auffassung, dass ein früher Einstieg in das
Internet sinnvoll ist, auch wenn dadurch noch keine bedeutenden Umsätze erzielt werden können.
117
EQUIB
Zu 3.:
IBM, Wirtschaftsmagazin Impulse / TechConsult: „Internet und e-business im
Mittelstand“
Die Untersuchung intendiert eine Analyse der derzeitigen und künftigen Aktivitäten
mittelständischer deutscher Unternehmen (bis unter 500 Mitarbeiter) im Bereich
Electronic Business; Unternehmen bis zu 10 Mitarbeitern bleiben dabei
unberücksichtigt. Insgesamt wurden in der Untersuchung, in die die
Branchensegmente Dienstleister, Industrie und Einzel-/Großhandel einbezogen waren,
1579 Interviews geführt.
Ergebnisse der Untersuchung:
E-Business-Anwendungen in den Unternehmen
94 Prozent aller befragten Unternehmen sind zumindest passiv online, haben also
einen Internet-Anschluss und können E-Mails versenden. 45 Prozent unterhalten ein
eigenes Informationsangebot im Internet (Homepage o.ä.), während bislang lediglich
16 Prozent der Firmen das Internet für Transaktionen mit Kunden und Partnern nutzen.
Den größten Vorsprung im elektronischen Handel beanspruchen die
Dienstleistungsunternehmen für sich; die befragten Handelsunternehmen sehen ihren
Entwicklungsstand am kritischsten.
Planungen der Unternehmen
55 Prozent der Unternehmen, die bislang noch nicht aktiv im Web präsent sind, planen
noch im laufenden Jahr den Online-Verkauf, so dass sich für diesen Bereich bis Ende
2000 ein Verbreitungsgrad von 30 Prozent ergibt.
Kosten der E-Business-Integration
Mit dem Umfang der E-Business-Modelle nehmen die geschätzten Kosten für die
Lösungen zu. Die B2B-Online-Integration wird von den Mittelständlern als
bedeutendster Faktor des finanziellen Aufwandes gesehen.
Vorbehalte gegenüber E-Business
Generelle Vorbehalte gegenüber neuen Technologien spielen auch im Falle des EBusiness eine gewichtige Rolle. Der Hauptgrund der ablehnenden Haltung ist bei fast
der Hälfte der Befragten, die auch zukünftig das Internet nicht oder nur passiv nutzen,
die Einschätzung, dass das “elektronische Geschäft” nicht zum Unternehmen bzw.
dessen Produkte passt. Ein knappes Viertel gibt die mangelnde Kundenakzeptanz als
Grund an. Darüber hinaus werden die Kosten und Umstrukturierungsaufwendungen
sowie fehlendes Wissen über die Technologie genannt.
Derzeitige und zukünftige Einsatzbereiche des Internets
Führendes Anwendungsgebiet des Internets ist derzeit die Kommunikation via E-Mail,
gefolgt vom Abrufen von Produkt- und Dienstleistungsinformationen sowie der
Unternehmensdarstellung auf einer Homepage. Die höchsten Zuwächse werden aus
der Sicht der Befragten aktive Anwendungen erhalten, d.h. der Produkt/Dienstleistungsverkauf (+26 Prozent), das Angebot von Service-Leistungen (+21
Prozent) und die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Partnern (+21 Prozent).
118
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Problembereiche bei der Implementation von E-Business-Lösungen
Vor allem das fehlende Mitarbeiter-Know-how und die Integration in die vorhandene
DV-Infrastruktur stellten sich als die größten Hürden während der Implementierung
der E-Business-Lösungen heraus.
Zu 4.:
Consulting Partner, Heyde AG unter wiss. Begleitung durch die Universität Freiburg/Telematik: e-Reality – „Von der e-Vision zur e-Realität“
Die Studie beruht auf einer Erhebung im deutschsprachigen Raum, in deren Rahmen
1.308 Einzelinterviews mit Führungskräften aus Unternehmen verschiedener Branchen
geführt wurden. Dabei wurden Betriebe mit einer hohen Beschäftigungszahl deutlich
übergewichtet, Kleinbetriebe mit 1 bis 9 bzw. 10 bis 99 Beschäftigten hingegen
untergewichtet. Intendiert war „eine insgesamt (eher) beschäftigtenproportionale
Stichprobe der Zielpersonen in den Betrieben und nicht eine direkt
arbeitsstättenproportionale Stichprobe”.
Ergebnisse der Untersuchung:
E-Business-Anwendungen in den Unternehmen
Mit einer eigenen Homepage im WWW vertreten sind 56 Prozent der befragten
Unternehmen. Von den Unternehmen, die bislang noch keine Web-Präsenz
unterhalten, planen etwa 30 Prozent einen Internet-Auftritt. 56 Prozent der
Unternehmen mit Web-Präsenz verfügen über eine Möglichkeit zur Online-Bestellung.
E-Procurement-Lösungen werden von rund einem Drittel der Befragten eingesetzt und
deren Aufbau plant ca. jeder fünfte Betrieb; dabei werden die Vorteile des EProcurement noch hauptsächlich im Einkauf geringwertiger Produkte gesehen. Zur
Kundenbindung werden Online-Anwendungen bislang nur von wenigen Unternehmen
gezielt eingesetzt; ein systematisches Kundenmanagement (e-CRM) und One-to-oneMarketing sind für das Gros der Unternehmen noch Zukunftsmusik.
Auswirkungen des E-Commerce
Die Auswirkungen des E-Commerce liegen aus der Sicht der Betriebe vor allem in der
Internationalisierung des Wettbewerbs und der Förderung des Preisvergleichs für
Produkte.
Strategien der Unternehmen
Obwohl eine Internet-Strategie, wie die Befragungsergebnisse belegen, eine
wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme am E-Commerce darstellt,
liegt in nur wenigen Unternehmen eine solche Strategie vor. Der Einstieg in den ECommerce orientiert sich offenbar mehr am „Zwang, dabei zu sein” als an definierten
Zielprojektionen: 54 Prozent der Unternehmen investieren in eine Web-Präsenz, um
gegenüber Wettbewerbern nicht ins Hintertreffen zu geraten. Die einzelnen Branchen
weisen hinsichtlich der Strategie erhebliche Unterschiede auf: Während Banken (71
Prozent), Versicherungen (36 Prozent) sowie Telekom-/Medienunternehmen (36
Prozent) häufig über eine ausgearbeitete Strategie verfügen, ist der Anteil dieser
Unternehmen in den Bereichen Dienstleistungen (19 Prozent), Handel (19 Prozent)
und produzierendes Gewerbe (13 Prozent) gering.
119
EQUIB
Erfolge des E-Commerce
41 Prozent der Betriebe halten ihre Web-Präsenz für erfolgreich. Als Erfolg benennt
mehr als die Hälfte der Befragten die Verbesserung des Firmenimages. Wirtschaftlich
messbare Erfolge wie günstiger Einkauf, Erhöhung des Umsatzes, Vergrößerung des
Marktanteils etc. spielen bisher nur eine untergeordnete Rolle.
Zu 5.:
Kompetenzzentrum
Elektronischer
Geschäftsverkehr
Bonn/Rhein-Sieg
(KompEC): „Internetnutzung in den Unternehmen der Region Bonn/RheinSieg”. Bestandsaufnahme und Perspektiven
Die Studie basiert auf einer schriftlichen Unternehmensbefragung, die im Sommer
2000 stattfand und an der 368 Betriebe teilnahmen. Die Untersuchung ist auf
Unternehmen der Region Bonn/Rhein-Sieg beschränkt. Eine Spezifizierung der
befragten Betriebe nach Branchen wird in ihr nicht vorgenommen; eine
Differenzierung nach Betriebsgrößen (Betriebsgrößenverteilung der Stichprobe) wird
nicht explizit ausgewiesen.
Ergebnisse der Untersuchung:
Einschätzung der Bedeutung des E-Commerce
Die gegenwärtige Bedeutung des E-Commerce wird von den Befragten als relativ
niedrig angesehen: Sie wird von knapp 50 Prozent der Unternehmen als sehr gering
oder gering eingestuft, aber lediglich von einem Fünftel als hoch befunden. Es
zeichnet sich allerdings mittel- bis langfristig eine Wende ab: Bezogen auf die
Entwicklung bis zum Jahr 2005 halten mehr als 60 Prozent der Unternehmen die
Bedeutung des E-Commerce für hoch bis sehr hoch.
Umfang und Verbreitung des E-Commerce
Knapp 75 Prozent der befragten Unternehmen nutzen bereits das Internet. Dabei
dominiert mit 86 Prozent der Nennungen die einfache Web-Präsenz. 37 Prozent der im
Internet vertretenen Betriebe nutzen das Netz für den Bereich Vertrieb und 29 Prozent
für interne Zielgruppen. Für den Einkauf oder die Beschaffung wird das Internet
deutlich seltener genutzt: Diese Anwendungen finden sich nur bei 13 Prozent der
Unternehmen. Der Schwerpunkt der Internet-Nutzung liegt im B2B-Bereich.
Planungen der Unternehmen
Aus den Angaben zu den weiteren Planungen geht hervor, dass die noch nicht im Netz
vertretenen Unternehmen bis zum Jahr 2002 bis auf wenige Ausnahmen, bei denen es
sich ausschließlich um kleine Unternehmen bis 30 Mitarbeiter handelt, über einen
Internet-Auftritt verfügen werden. Bei vielen Betrieben existieren Vorstellungen über
die mit dem Einsatz des E-Commerce verbundenen Nutzeffekte für das Unternehmen;
dennoch geben 70 Prozent aller Befragten an, dass sie über keine ausformulierte ECommerce-Strategie verfügen. Das bedeutet, dass ein Großteil der Unternehmen seine
Online-Aktivitäten mehr oder weniger plan- und ziellos realisiert.
Erwartungen aufgrund des Einsatzes von E-Commerce
Mehr als die Hälfte der Unternehmen erwartet durch die Verbreitung des E-Commerce
zukünftig eine Umsatzsteigerung und Wettbewerbsvorteile gegenüber den Kon120
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
kurrenten. Zum aktuellen Nutzen des E-Commerce geben zwei Drittel der Unternehmen an, dass er für sie negativ oder noch nicht zu messen sei.
Hindernisse für den Einsatz von E-Commerce
Als häufigste Hindernisse für den Einsatz von E-Commerce werden von den noch
nicht im Netz vertretenen Unternehmen organisatorische Probleme, zu geringes
technisches Know-how und ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis genannt. Die
meisten Hindernisse für den Einsatz von E-Commerce sehen die Kleinunternehmen
mit bis zu 30 Mitarbeitern.
Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern durch E-Commerce
Die derzeitige Nutzung des Internets und die Entwicklung des E-Commerce hat
personalwirtschaftliche Konsequenzen: Von den befragten Unternehmen melden 83
Prozent für die nächsten zwei Jahre einen Bedarf an Mitarbeitern an, die im Bereich ECommerce qualifiziert sind. 62 Prozent der Unternehmen wollen zur Bedarfsdeckung
keine zusätzlichen Mitarbeiter beschäftigen, sondern dazu vorhandenes Personal
einsetzen. Der weitaus größte Teil dieser Unternehmen sieht eine Weiterbildung ihrer
Mitarbeiter als notwendig an.
Zu 6.:
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), „KPMG: eBusiness in der deutschen Wirtschaft“. Status und Perspektiven 2001
An der bundesweiten branchenübergreifenden Befragung nahmen 371 Unternehmen
teil; 25 Prozent der antwortenden Unternehmen beschäftigen weniger als 240
Mitarbeiter. Die Befragung zielt darauf ab zu ermitteln, inwieweit Unternehmen EBusiness-Anwendungen bereits in die Wertschöpfungskette integriert haben. Der
Auswertung nach Unternehmensgröße wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet,
weil dargestellt werden soll, inwieweit KMU die Chancen des E-Business erkannt
haben und an der Entwicklung teilhaben. Darüber hinaus wird herausgearbeitet,
inwieweit es Unterschiede zwischen Branchen gibt.
Ergebnisse der Untersuchung:
Nutzung von E-Business-Anwendungen
Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Befragung, dass die Implementierung von EBusiness-Anwendungen stetig voranschreitet und bereits eine hohe Durchdringung der
Unternehmen mit Online-Applikationen vorliegt. Mit 96 Prozent am häufigsten
werden Anwendungen eingesetzt, die dem Austausch von Informationen und der
Unterstützung der internen und externen Kommunikation dienen, wie z.B. E-Mail.
Von mehr als zwei Dritteln (71 Prozent) der Unternehmen wird das Internet (z.B. im
Rahmen von Homepages) zur Kundenberatung und Kundeninformation eingesetzt.
Die Nutzung elektronischer Marktplätze (19 Prozent der Nennungen) und die
elektronische Abwicklung des Zahlungsverkehrs (18 Prozent der Nennungen) haben
dagegen einen nur untergeordneten Stellenwert.
Der Vergleich der Nutzung von E-Business-Anwendungen nach Betriebsgrößenklassen zeigt, dass KMU z.T. erheblich hinter den großen Unternehmen zurückbleiben. Der Rückstand der KMU zeigt sich auch deutlich bei den angebotenen
E-Business-Services: Z.B. bieten doppelt so viele Großunternehmen wie KMU
Online-Bestellungen und Online-Marketing an.
121
EQUIB
Planungen der Unternehmen
Die stärksten Zuwächse von E-Business-Anwendungen in den nächsten drei Jahren
sind in den Bereichen
- Elektronische Marktplätze (Steigerung von derzeit 19 auf 68 Prozent der
Unternehmen),
- Beschaffung/Einkauf (Steigerung von derzeit 36 auf 85 Prozent der Unternehmen),
- Online-Bezahlung (Steigerung von derzeit 18 auf 60 Prozent der Unternehmen),
- Online-Bestellung für Kunden (Steigerung von derzeit 28 auf 69 Prozent der
Unternehmen) und
- Online-Kundenbetreuung (Steigerung von derzeit 39 auf 75 Prozent der
Unternehmen)
zu erwarten.
Umsatz mit E-Commerce
Zum heutigen Zeitpunkt generiert nur ein Drittel (36 Prozent) der befragten
Unternehmen Umsatz durch E-Commerce. Nach den Angaben der Unternehmen wird
sich dieser Anteil im Lauf der nächsten drei Jahre auf 87 Prozent erhöhen.
Optimierungspotenziale für die Unternehmen
Die Optimierungspotenziale, die bei der Einführung von E-Business erwartet werden,
werden als hoch angesehen. Sie liegen vor allem auf den Gebieten Effizienzsteigerung
von Geschäftsprozessen (68 Prozent), Imagegewinn (57 Prozent) und Erweiterung des
Beschaffungsmarktes (56 Prozent).
Hinderungsfaktoren für die Unternehmen
Bei den Hindernisfaktoren dominieren mit 48 Prozent der Nennungen die hohen
Einführungskosten gefolgt von Bedenken bezüglich der Sicherheit von Transaktionen
(45 Prozent). Problematisch scheint für die Unternehmen auch die Anbindung an
bestehende Systeme zu sein (41 Prozent der Unternehmen). Der Gesichtspunkt der
Qualifikation hat ebenfalls einen hohen Stellenwert: 40 Prozent der Unternehmen
sehen hierin eine Schranke auf der Sachbearbeiterebene und 36 Prozent auf der
Entscheiderebene.
Zu 7.:
„E-Business in Deutschland.“ Eine Umfrage des Deutschen Industrie- und
Handelstages (DIHT) und der MediaMit GmbH
Siehe Kap. 4.2.2
Zu 8.:
Universität Bremen, Kooperationsbereich Universität/Arbeitnehmerkammer,
Arbeiter-Bildungs-Centrum der Arbeiterkammer Bremen GmbH: „Betriebe
Online - Internet-Nutzung und E-Business in kleinen und mittleren Unternehmen
in Bremen“
Siehe Kap. 4.2.3
122
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Literatur
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123
EQUIB
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und Technologie (BMWi). Essen 2000
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Scheller, M./Boden, K.-P./Geenen, A./Kampermann, J.: Internet: Werkzeuge und
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Schwemmle, M./Zanker, C.: Nicht „Anfang vom Ende“, sondern „Ende vom Anfang“:
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Steimer, F.: Mit eCommerce zum Markterfolg. München 2000
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Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfahlen e.V. (Hrsg.): Online- und Teleshopping.
Düsseldorf 2000
125
EQUIB
Zeitschriften/Fachzeitschriften
Die folgenden Zeitschriften wurden im Zeitraum der Studie zur Recherche
benutzt
-
c´t. Verlag Heinz Heise GmbH & Co. KG Hannover
-
com!online. Verlag Neue Mediengesellschaft Ulm
-
Computerwoche. Computerwoche Verlag München
-
eBusiness. H&T Verlag München
-
e-commerce. IWT Magazin-Verlag Vaterstetten
-
e-market. Europa-Fachpresse-Verlag München
-
internet world. Verlag Neue Mediengesellschaft Ulm
-
Net-Business. VGM Net-Business Verlag Hamburg
-
online-today. MVF Magazin-Verlag Hamburg
-
PC Praxis. Data Becker Verlag Düsseldorf
-
VDI Nachrichten.VDI Verlag Düsseldorf
-
Wirtschaft an Strom und Meer – Magazin der Industrie- und Handelskammer
Bremerhaven
-
Wirtschaft in Bremen – Magazin der Handelskammer Bremen
126
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Internetadressen
Für diese Studie wurden folgende Seiten/Adressen für eine Internetrecherche
untersucht:
http://europa.eu.int
www.accenture.de
www.akademie.de
www.atradapro.de
www.bitkom.org
www.bmwi-info2000.de
www.digital-law.net
www.diht.de
www.dotcomfailures.com
www.e-barometer.de
www.ecin.de
www.eco.de
www.e-gateway.de
www.einemann.net
www.einstieg.com
www.eito.com
www.emar.de
www.evita.de
www.fast.de
www.fes.de
www.firstsurf.de
www.forrester.com;
www.fvit-eurobit.de
www.gfk.de
www.gigagroup.com
www.gnn.de
www.golem.de
www.handelskammer-bremen.de
www.handwerkskammer-bremen.de
www.hightext.de
www.hwk-koblenz.de
www.idc.com
www.initiatived21.de
www.innovation-aktuell.de
www.internetworld.de
www.jurpc.de
www.kpmg.de
www.macromedia.de
www.mediamit.de
www.netlexikon.akademie.de
www.net-tenders.com
www.nielsen-netratings.com
www.pressetreff.zdf.de
www.sicherheit-im-internet.de
www.sigs.de
www.sterlingcommerce.de
www.symposion.de
www.themanagement.de
www.webagency.de
www.wieselhuber.de
www.wuerzburg.ihk.de
www.zdh.de
127
EQUIB
Abbildungen
Abb. 1: Digitale Spaltung der Wirtschaft ...................................................................... V
Abb. 2: E-Commerce in der Wertschöpfungskette ....................................................... 12
Abb. 3: Basiskomponenten eines Online-Shopping-Systems ...................................... 17
Abb. 4: Traditioneller Beschaffungsprozess................................................................. 23
Abb. 5: Reorganisierter Beschaffungsprozess durch E-Procurement........................... 24
Abb. 6: Funktionsweise eines elektronischen Marktplatzes
am Beispiel Reverse Auction ......................................................................... 28
Abb. 7: Implementationsstufen von Online-Anwendungen
in den Unternehmen ....................................................................................... 32
Abb. 8: Web-Integration von Anwendungen und Geschäftsprozessen ........................ 34
Abb. 9: Wachstum der Anzahl der Internet-Nutzer –
Februar 1999 bis Februar 2001 ...................................................................... 45
Abb. 10: eConsumer in Deutschland............................................................................ 46
Abb. 11: Internetnutzung in europäischen KMU in Prozent ........................................ 51
Abb. 12: Aktuelle Nutzung von IT-Anwendungen in Prozent..................................... 54
Abb. 13: IT-Anwendungen nach Betriebsgröße in Prozent ......................................... 54
Abb. 14: IT-Anwendungen nach Wirtschaftszweigen in Prozent ................................ 55
Abb. 15: Investitionsplanungen in IT-Anwendungen
nach Betriebsgröße in Prozent........................................................................ 56
Abb. 16: Hemmnisse für Investitionen der Unternehmen
in IT-Anwendungen in Prozent ...................................................................... 56
Abb. 17: Anzahl der antwortenden Unternehmen
nach Betriebsgröße und Internet-Nutzung...................................................... 58
Abb. 18: Realisierte Implementationsstufe in den Unternehmen................................. 59
Abb. 19: Vorhandene und geplante Nutzung nach Gewerbezweigen........................... 59
Abb. 20: Bedenken gegen die Internetnutzung ............................................................ 60
Abb. 21: Qualifikationsebenen im E-Commerce ......................................................... 91
Abb. 22: Elemente des Qualifikationsprofils „E-Kaufmann/E-Kauffrau” ................. 101
Abb. 23: Zusammenhang von Qualifikationsanforderungen
(Anforderungsprofilen) und Systementwicklung......................................... 104
128
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Tabellen
Tab. 1: Untersuchungsdesign – Phasen der Untersuchung ...........................................10
Tab. 2: Online-Handelsformen im Überblick................................................................14
Tab. 3: Die wichtigsten unabhängigen Dienstleistungsmarktplätze..............................30
Tab. 4: Internet-Nutzung im europäischen Ländervergleich.........................................44
Tab. 5: Profile der Unternehmen der Fallstudien ..........................................................63
129
EQUIB
Glossar
Access (Internet-Zugang): Die ⇒Online-Verbindung zum ⇒Internet über einen ⇒Provider
(ISP). Access-Provider sind Diensteanbieter (Provider), die nur den Zugang zur Nutzung von Inhalten
vermitteln, die von Dritten bereitgestellt werden.
Administrator: Systemverwalter in einem Netzwerk, der über alle Zugriffsrechte verfügt und für
die Betreuung des Netzwerks zuständig ist.
Adresse: Jeder Anbieter im Netz hat eine bestimmte Kennnummer. Diese weist auf das lokale Netz
hin, über das der Anbieter erreichbar ist. Dies kann eine bestimmte ⇒Website sein. Mit Adresse ist auch
die ⇒E-Mail-Adresse gemeint.
After Sales Services: Weitergehende produktbezogene Dienstleistungen, die dem Kunden nach
Abschluss eines Verkaufs angeboten werden.
ADSL: Abkürzung für Asymmetric Digital Subscriber Line. Eine Internet-Übertragungstechnik, die
Daten mit zwölffacher ⇒ISDN-Geschwindigkeit befördert.
Applikation: Anwendungsprogramm zur Lösung bestimmter Aufgaben und zum Erstellen von
Dokumenten, wie z.B. Textverarbeitungs- oder Tabellenkalkulationsprogramme.
ASCII: Unter „ASCII" (Abkürzung für American Standard Code for Information Interchange) versteht man einen speziellen Code für die Darstellung von Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen in bzw.
durch Personalcomputer.
Benutzeroberfläche: Bildschirmdarstellung eines Programms.
ASP: Abkürzung für Application Service Provider (Dt.: Anwendungsdienstleister); ein Unternehmen,
das via Internet Software vermietet. Die Kunden müssen das Programm nicht mehr kaufen, sondern
haben über das Internet Zugriff auf die nötigen Funktionen.
B2B (B-to-B): In Verbindung mit ⇒E-Commerce die Abkürzung für „Business to Business“ d.h.
den elektronischen Handel bzw. den elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen. Die Vernetzung mit Zulieferern, Kunden und Transporteuren kann Unternehmen erhebliche Kostenvorteile
bieten: Preise für Waren und Dienste können weltweit abgeglichen werden, Lagerbestände erst gefüllt,
wenn sie tatsächlich benötigt werden etc.; Herstellungs- und Vertriebsprozesse werden beschleunigt und
Beschaffungs-, Lager-, Personal- und Informationskosten gesenkt.
Voraussetzung für B2B sind Programmstandards, die alle Computer beim Datenaustausch verstehen,
sowie sichere Übertragungswege.
B2C (B-to-C): Abkürzung für „Business to Customer“ oder „Business to Consumer“ - Fachbegriff,
der im ⇒E-Commerce ein Geschäftsverhältnis mit einem Endkunden bzw. Konsumenten / Verbraucher
beschreibt. B2C bezieht sich nicht nur auf elektronischen Einzelhandel, sondern darüber hinaus auch
Internetbanking, Auktionen im Netz usw.
B2E (B-to-E): Abkürzung für „Business to Employee“ – Bezeichnung für die internetbasierende
geschäftliche Kommunikation eines Unternehmens mit den eigenen Mitarbeitern, z.B. eines Unternehmens mit seinen Außendienstmitarbeitern.
130
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Back-Office (Backoffice) / Backend: Der Begriff „Back-Office“ fasst alle Prozesse zusammen,
die „hinter den Kulissen“ ablaufen und über eine Schnittstelle mit ⇒Front-Office-Systemen verbunden
sind; dazu gehört beispielsweise die unternehmensinterne Weiterbearbeitung von Bestellungen oder
Reklamationen. Eine Backoffice-Integration liegt z.B. vor, wenn ein ⇒Online-Shop mit dem im Unternehmen installierten Warenwirtschaftssystem (WWS) verbunden ist (⇒Business-Integration).
BPI: Abkürzung für Business Process Integration (Dt.: Geschäftsprozessintegration); BPI bezeichnet
die Abbildung von Geschäftsprozessen im Internet und ihre Einbindung in die IT-Infrastruktur eines
Unternehmens.
Browser / Internet-Browser / Web-Browser: Abgeleitet vom Englischen „to browse“
(durchblättern, schmökern, sich umsehen). Als Browser werden Programme bezeichnet, die Daten aus
dem weltweiten Netz abrufen und dann am heimischen Computer verarbeiten und anzeigen können.
Mit Hilfe der Querverweise im Hypertext-Format (⇒HTML) werden die Dokumente im ⇒World Wide
Web (WWW) miteinander verknüpft. Neben Text beherrschen moderne Browser (Netscape Navigator,
Micosoft Explorer) - z.T. mit Hilfe sogenannter PlugIns, AddOns oder Viewern - auch die Anzeige von
Graphiken, Videoclips und weiteren Datenformaten.
build-to-order: Aufträge werden erst unmittelbar nach Eingang und nach den Vorgaben der eingegangenen Bestellung bearbeitet.
Buy-Side: Geschäftsvorgänge auf der Seite der Käufer. Die dafür entwickelten Programme, die im
Rahmen von ⇒E-Procurement, der elektronischen Beschaffung, genutzt werden, bezeichnet man auch
als Buy-Side-Software.
Business-Integration: Elektronische Verknüpfung von Geschäftsprozessen in einem Unternehmen
und / oder zwischen Unternehmen auf der Basis des Datenaustauschs im Internet oder mittels
⇒EDI/EDIFACT. Die Integration von Geschäftsprozessen innerhalb einer Organisation als auch mit
denen ihrer Handelspartner befähigt Unternehmen, in Echtzeit mit ihren Geschäftspartnern zusammenzuarbeiten.
C-Artikel: Bezeichnung für Güter mit geringem Einkaufswert wie z.B. Büroartikel, die nicht direkt
in die Wertschöpfungskette der Unternehmen eingehen.
CBT: Abkürzung für „Computer Based Training“ (auch „Computer Based Learning“ genannt). Als
CBT werden Lernsysteme (Lern-Software) bezeichnet, die auf Computer- und Multimedia-Technologien basieren. Die Lernprogramme können zum Beispiel auf ⇒CD-ROM, aber auch auf einem ⇒Server
gespeichert sein.
CD-ROM (Compact Disc Read Only Memory): Optischer Datenspeicher, der u.a. für
multimediale Anwendungen im Offline-Betrieb eingesetzt wird.
Client: Computer oder Software für den Zugriff auf ⇒Server-Rechner oder -Programme.
Community: Der englische Begriff „Community“ steht für „Gemeinschaft“. Im Internet versteht
man unter „virtual Community“ eine Gemeinschaft aus Internetbenutzern, die sich zu bestimmten Interessensgebieten zusammenfinden.
Content Provider: (Dt.: Inhalte-Anbieter) Anbieter von Informationen im WWW. Content-Provider sind Unternehmen, Organisationen oder auch Privatleute, die qualifizierte Inhalte (z.B. aktuelle
Informationen) anbieten. Ein Beispiel hierfür sind Verlage (Zeitschriften, Tageszeitungen), die Nutzern
häufig ihre Archive ⇒online zur Verfügung stellen.
131
EQUIB
Content Management System (CMS, Redaktionssystem): Ein Content Management
System (CMS), auch Online-Redaktionssystem genannt, ist eine Software, die der Administration der
Inhalte einer Web-Site dient. Es basiert in der Regel auf einer ⇒Datenbank und ermöglicht u.a. die
Pflege der Inhalte ohne HTML-Kenntnisse. Vor allem unter den Gesichtspunkten Aktualität und Individualität der Inhalte ist der Einsatz eines Redaktionssystems bei größeren ⇒Web-Sites unverzichtbar.
Customer Relationship Management (CRM): CRM ist ein ganzheitlicher Ansatz zur
Unternehmensführung. Er integriert und optimiert abteilungsübergreifend alle kundenbezogenen Prozesse in Marketing, Vertrieb, Kundendienst sowie Forschung & Entwicklung. Dies geschieht auf der
Grundlage einer ⇒Datenbank mit einer entsprechenden Software zur Marktbearbeitung und anhand
eines vorher definierten Verkaufsprozesses.
Datenbank: Eine Datenbank (engl.: database) ist ein elektronisches Archiv für die strukturierte,
speicherplatzsparende Aufbewahrung großer Mengen inhaltlich zusammengehöriger Daten, aus dem
viele Anwender oder Programme gleichzeitig und innerhalb kurzer Zugriffszeiten Daten abrufen können. Ein Datenbanksystem umfasst die aus den Primärdaten bestehende Datenbasis (Datenbestand), eine
Datenbankbeschreibung, die über Aufbau und Organisation der Datenbank informiert, und DatenbankProgramme, die die Datenbank steuern und verwalten.
DP-System: DP = Abkürzung für Desktop Purchasing. System für den elektronischen Einkauf über
das Netz, das von den Mitarbeitern am Arbeitsplatz (PC) genutzt werden kann.
Digitalisierung / Digitalisieren: Umwandeln von analogen in digitale Informationen/ Anwendungen.
Domain, Domain-Name: Jeder im Internet angeschlossene Computer wird mit einer DomainBezeichnung (Domain: engl. für Gebiet) angesprochen und ist über eine eindeutige IP-Adresse - d.h.
über eine Nummer wie z.B. 209.204.213.203 - identifizierbar. Da IP-Adressen aber schwer zu merken
sind, wurden die Domains eingeführt: Domain-Namen erleichtern das Identifizieren von Internet-Adressen, indem ihnen umgangssprachliche Bezeichnungen zugeordnet werden.
Dotcom: Zusammenfassung der Termini Dot (Englisch für Punkt) und Com (Domain-Endung für
Commercial); Bezeichnung für eine Firma, die ihre Geschäfte hauptsächlich über das ⇒Internet
abwickelt.
DVD: Abkürzung für Digital Versatile Disk. Mit einer CD vergleichbares Speichermedium, das aber
ein Vielfaches an Datenmenge (bis zu 17 Gigabytes) fasst.
E-Commerce / Electronic Commerce/ E-Business: „Electronic Commerce“ (Dt.: Elektronischer Geschäftsverkehr, elektronischer Handel, Internet-Handel). Als E-Commerce oder E-Business
bezeichnet man den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen untereinander (⇒B2B, Business to Business) oder zwischen Unternehmen und ihren Kunden (⇒B2C, Business to Customer), der ganz oder
teilweise über das ⇒Internet oder ähnliche offene oder geschlossene Computernetze abgewickelt wird.
Auch das Internet-Shopping (also der Einkauf im Internet), das Online-Banking (der Zahlungsverkehr
über das Internet) und elektronische Kreditkarten-Transaktionen sind also zum E-Commerce zu rechnen. E-Commerce bezeichnet demnach nicht nur den elektronischen Handel mit Waren und Dienstleistungen, sondern den gesamten elektronischen Geschäftsverkehr, also über den Handel hinaus zum
Beispiel auch Finanztransaktionen (Zahlungsverkehr). Zuweilen wird auch das Internet-Marketing als
Teil des E-Commerce aufgefasst.
Die Abgrenzung von E-Commerce und E-Business ist alles andere als klar, oft werden beide Begriffe
synonym verwendet. Allerdings bezeichnet E-Business der allgemeinen Tendenz nach eine weitere
Entwicklung als E-Commerce, wobei nicht nur einzelne Geschäftsbereiche wie der Vertrieb, das Marketing oder der Einkauf ins Netz verlagert werden oder dort parallel laufen, sondern der gesamte Unternehmensablauf vom Netz geprägt wird und beispielsweise die interne und externe Kommunikation
⇒online stattfinden oder die gesamte Unternehmenstätigkeit aufs Internet ausgerichtet ist.
132
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
E-Consumer (eConsumer): Konsument / Endverbraucher, der das Internet regelmäßig zum Online-Kauf nutzt.
EDI/EDIFACT: EDI = Abkürzung für Electronic Data Interchange (Dt.: elektronischer Datenaustausch); EDIFACT (EDI For Administration, Commerce and Transport) bezeichnet den Datenaustauschstandard, der den digitalen firmenübergreifenden Geschäftsverkehr international einheitlich
organisiert.
E-Learning: Lernen mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien.
Electronic Banking/ Online Banking: Englische Bezeichnung für die Möglichkeit, Bankgeschäfte wie Überweisungen und Daueraufträge per PC und Modem zu erledigen.
Electronic Cash/ E-cash: Oberbegriff für den elektronischen Zahlungsverkehr im ⇒Internet und
in ⇒Online-Diensten.
Electronic Mail/ E-Mail: (Dt.: elektronische Post) Versand von ⇒ASCII -Texten über Netzwerke
direkt an einen bestimmten Benutzer. Über E-Mail können allerdings nicht nur Texte, sondern im Anhang (Attachment) auch digitale Daten beliebiger anderer Art verschickt werden. Eine E-Mail ist meist
nur wenige Minuten unterwegs, bis sie vom Empfänger abgerufen werden kann, und damit wesentlich
schneller und kostengünstiger als der herkömmliche Postweg, der im Hacker-Jargon deswegen auch als
„snail mail“ (Dt.: Schneckenpost) verspottet wird.
E-Procurement: Unter Electronic Procurement versteht man die elektronische Unterstützung des
Beschaffungsprozesses zwischen Unternehmen (⇒B2B) auf der Basis der Informationstechnik, insbesondere der Internettechnologie. Sie kann von der Bedarfserkennung bis zur Zahlung reichen.
E-Shop: Siehe ⇒Online-Shop
Extranet: Als Extranet wird ein Zusammenschluss mehrerer ⇒Intranets über das ⇒Internet mit
sicheren Netzwerkverbindungen für eine geschlossene Benutzergruppe bezeichnet.
ERP: Abkürzung für „Enterprise Resource Planning“ - ERP-Systeme sorgen für die unternehmens-
weite Ressourcen-Planung mit Hilfe von gezieltem ⇒Workflow-Management. ERP verbindet ⇒BackOffice-Systeme wie z.B. Produktions-, Finanz-, Personal-, Vertriebs-, Materialwirtschaftssysteme. Bekanntestes Beispiel ist die betriebswirtschaftliche Standardsoftware SAP R/3. Der Trend geht dabei weg
von Insellösungen hin zur Integration von ERP-Systemen mit dem Internet (⇒E-Procurement) und mit
Software zur Optimierung der Kundenbeziehungen.
Flatrate: Pauschalangebot für den Zugang ins Internet. Die Flatrate fasst Providerkosten (⇒ISP) und
Telekom-Gebühren ungeachtet des übertragenen Datenvolumens und der Online-Zeit pauschal zusammen: Egal wieviel man surft, weiß man am Anfang des Monats bereits, was am Ende des Monats zu
bezahlen ist.
Front-End: Das Front-End (Frontend) ist die Benutzeroberfläche von Softwareprogrammen und
bezeichnet das letzte Glied in der Kette der Informationsgewinnung und –bereitstellung. Front-EndTools sind Programme für den Einsatz am Arbeitsplatz und dienen der Bereitstellung und Darstellung
von Informationen.
Front-Office: Als Front-Office (Frontoffice) bezeichnet man den Teil einer Anwendung, die der
Benutzer für den Zugriff auf die ⇒Datenbank verwendet (s. auch ⇒Back-Office, Backend). Front-Office-Anwendungen sind Einrichtungen und Applikationen, die im Bereich E-Commerce dem direkten
Kundenkontakt dienen.
133
EQUIB
FTP (File Transfer Protocol): Softwareprotokoll zur Übertragung von Dateien zwischen dem
Benutzerrechner und einem FTP-Server. Über FTP ist der Zugriff auf Datenarchive jeder Art im
⇒Internet möglich.
Homepage: Die Homepage ist die Start- oder Eingangsseite einer ⇒Web-Site. Sie gibt dem Nutzer in
der Regel Informationen über das dahinterliegende Hypertextsystem und verweist durch Links auf weitere Seiten der betreffenden Web-Site.
Host: (Dt.: Gastgeber) Hosts sind Großrechner und Server, an denen Arbeitsstationen angeschlossen
sind, für die innerhalb eines Netzwerks besondere Dienste bereitgestellt werden.
HTML (Hypertext Markup Language): Bezeichnung für Dokumentensprache zur Erstellung
von Hypertext-Dokumenten im ⇒World Wide Web. In HTML-Dokumenten wird die Textformatierung
und die Darstellung von Text, Bild und interaktiven Elementen durch spezielle, in den Text eingefügte
Steuersymbole bewerkstelligt.
HTTP (Hypertext Transfer Protocol): Standard zur Übertragung von ⇒HTML-Dokumenten
im Internet.
Hyperlink: Markierte Bereiche, insbesondere im ⇒World Wide Web, die beim Anklicken mit der
Maus eine Verzweigung zu anderen Dokumenten oder Teilen davon bewirken. Im World Wide Web
stellen Hyperlinks auch Zieladressen anderer ⇒Hosts dar, die per Klick direkt zu erreichen sind.
Interaktion: Fortlaufende Reaktionen von Kommunikationspartnern auf die Aktionen des jeweils
anderen. Wichtigste Eigenschaft von ⇒Online-Anwendungen, die als interaktive Medien bezeichnet
werden, da Benutzer und Computer wechselweise miteinander kommunizieren. Medien wie das Internet
erlauben im Gegensatz zu klassischen Medien wie TV oder Print, dass der Nutzer in das Informationsangebot eingreift und den Ablauf selbst steuert.
Internet: „Interconnected Networks“; weltumspannendes Computernetz. Das Internet ist das weltweit
größte Computernetzwerk, das aus vielen miteinander verbundenen Netzwerken und einzelnen Ressourcen besteht. Zu den wichtigsten Leistungen (Diensten) des Internets zählen die elektronische Post
(⇒E-Mail), die Bereitstellung hypertextbasierter Contents (Inhalte) mit den entsprechenden Suchdiensten, Dateitransfer (⇒FTP) und Internetforen. Populär geworden ist das globale Netz hauptsächlich
durch Einführung des ⇒World Wide Webs (WWW), das nicht selten mit dem Internet gleichgesetzt
wird, tatsächlich aber nur einen von mehreren Diensten des Internets darstellt.
Internet-Browser: Siehe ⇒Browser
Internet-Zugang: Siehe ⇒Access
Intranet: Ein internes Netzwerk in Organisationen oder Unternehmen, das die Technik und ⇒Protokolle des ⇒Internet verwendet und oft auch mit dem Internet verbunden ist.
ISDN: Abkürzung für Integrated Services Digital Network. Digitale Übertragungstechnik, die im
Vergleich zur analogen Übertragung eine höhere Datentransferrate und damit die gleichzeitige Abwicklung von Diensten wie ⇒Online-Kommunikation, Telefax und Telefon ermöglicht.
ISP: „Internet-Service-Provider“, Anbieter von Internet-Diensten. Unter einem ISP (oft auch „Provi-
der“ genannt) wird meist ein Unternehmen verstanden, das Endkunden den Zugang zum ⇒Internet
anbietet. Präziser heißt ein solcher Dienstleister ⇒Internet-Access-Provider (Internet-Zugangs-Anbieter).
ISP bieten jedoch über den Internet-Zugang hinaus verschiedene Internet-Dienste an. Beispielsweise
treten sie auf als:
- Netzwerk-Provider. Sie stellen Netzwerke zur Verfügung, sowohl für das Internet, als auch für
firmeninterne Intranets. Die für ein internationales Netzwerk benötigten Standleitungen werden teil-
134
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
weise bei anderen großen Netzwerkbetreibern angemietet. Kunden der Netzwerkbetreiber sind oft die
Internet-Zugangs-Provider. Diesen wird Netzbandbreite und Datenvolumen verkauft, die sie dann an
Endkunden weiterverkaufen. Netzwerk-Provider sind häufig gleichzeitig Zugangs-Provider, daher werden Provider tatsächlich am besten allgemein ISP genannt.
- Webspace-Provider. Diese stellen auf Computern Speicherplatz, Zugang, E-Mail-Adressen und
Dienstleistungen für eine Web-Präsenz (Web-Sites, virtuelle Server und eigene Internet-Domains) zur
Verfügung.
- Content-Provider. Dieser Provider-Typ bietet qualifizierte Inhalte im WWW an. Ein Beispiel hierfür
sind Zeitungs- und Zeitschriftenverlage.
IT: Abkürzung für Informationstechnik.
Just-in-Time (JIT): Begriff aus der Logistik; die Anlieferung von Teilen und Material für die Produktion erfolgt punktgenau zu dem Zeitpunkt, zu dem sie jeweils in der Produktion benötigt werden.
JIT wird häufig im Verhältnis von Unternehmen mit ihren Zulieferern praktiziert.
KMU: Abkürzung für „kleine und mittlere Unternehmen“.
Mail: Siehe ⇒E-Mail
Mall: (Dt.: Einkaufszentrum) Oberbegriff für virtuelle Einkaufszentren im ⇒Internet.
Mailing-Liste: Diskussionsrunde per ⇒E-Mail. Für gewöhnlich erhält jedes eingetragene Mitglied
der Liste jede E-Mail, die an die Liste geschickt wird.
M-Commerce: Abkürzung für „Mobile Commerce“ - Als Basis für diese Entwicklung vom E-
Commerce zum Handy-basierten M-Commerce dient das ⇒Wireless Application Protocol (WAP). Das
Protokoll erlaubt die Übertragung von Internet-Seiten im ⇒WML-Format. Diese stammen entweder von
WAP-Servern mit eigenen Inhalten oder werden über WAP-Gateways aus bestehenden ⇒HTML-Seiten
erzeugt.
MRO-Güter: Abkürzung für Maintenance, Repair, Operation (Dt.: Instandhaltung, Reparatur und
operatives Geschäft); Bezeichnung von Gütern mit geringer strategischer Bedeutung.
Multimedia: Als Multimedia bezeichnet man den gleichzeitigen Einsatz mehrerer elektronischer
Darstellungsmedien, zum Beispiel Text, Ton, Grafik, Animation und Video.
Newsletter: Ein Newsletter ist eine Sonderform einer ⇒Mailing-Liste. Er stellt eine Art elektronischer Verteiler dar. Newsletter-Abonnenten können jedoch, im Gegensatz zu den Abonnenten einer
Mailing-Liste, selbst keine Beiträge schreiben, sondern nur empfangen. Newsletter informieren über ein
bestimmtes Thema, ohne den Teilnehmern ein Diskussionsforum zu bieten. Newsletter werden häufig
als Marketing-Instrument, für Pressemitteilungen und zum Zwecke der Kundenbindung eingesetzt.
Office-Pakete / Office-Programme: Unter einem „Office-Paket“ versteht man eine Zusammenstellung von Computerprogrammen, die die üblichen Büroaufgaben unterstützen, wie z.B. Textverarbeitungs-, Tabellenkalkulationsanwendungen, Präsentations-, Graphik- und Bildbearbeitungs-Software, Datenbanken, Termin- und Adressverwaltung etc.
One-to-One-Marketing: Eine Form der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen, der
Kundengewinnung und -bindung, in der der Adressat vom Anbieter z.B. über personalisierte, das heißt
auf seine individuellen Ansprüche und Interessen zugeschnittene ⇒E-Mails unmittelbar angesprochen
wird.
135
EQUIB
online / offline: (von engl.: line; Dt.: Leitung, Verbindung, Kabel) „Online“ bedeutet soviel wie
„betriebsbereit, in Verbindung, am Netz“.
In Zeiten des Internet bedeutet „online sein“, dass über einen Provider (⇒ISP) oder ⇒Online-Dienst
eine Verbindung mit dem ⇒Internet hergestellt wurde. Nach diesem „Login“ ist ein Computer (bzw.
dessen Nutzer) in Echtzeit mit dem Internet (oder auch einem anderen Rechnernetz) verbunden; er ist
erreichbar. Nun kann der Nutzer von seinem Rechner aus Daten ins Netz übertragen oder von dort empfangen. Wird die Verbindung getrennt, ist der Rechner „offline“.
Online-Dienst: Ein Online-Dienst oder Online-Service-Anbieter (engl.: Online Service Provider;
OSP) ist ein kommerzieller Betreiber eines Computer-Netzes, der seinen Kunden neben systemgebundenen Diensten auch einen Zugang zum Internet über spezielle ⇒Schnittstellen (Gateways) anbietet.
Online-Dienste bestehen in einem geschlossenen Rechnerverbund mit zentraler Leitung, in dem OnlineInhalte und verschiedene Dienste wie zum Beispiel E-Mail angeboten werden.
Der Zugang zum Internet über einen OSP bietet eine Alternative zum Zugang über einen ⇒ISP oder ein
Telekommunikationsunternehmen (Carrier).
Online-Shop: Verkauf von Gütern und Dienstleistungen über das Internet. Zum Betrieb eines Online-Shops (auch als E-Shop oder Internet-Shop bezeichnet) wird eine spezielle Software installiert, die
einen elektronischen Katalog des Angebots mit Bestellfunktionen enthält und die ⇒Interaktion mit dem
Kunden ermöglicht.
Portal: Als Portal werden Seiten bezeichnet, die als Einstieg für Surfer dienen, beispielsweise die
Seiten von ⇒Online-Diensten oder Suchmaschinen. Sie liefern dem Internet-Nutzer sofort für ihn relevante Informationen und bilden die Plattform zum Besuchen anderer ⇒Websites. Sog. Business- oder
vertikale Portale spielen im ⇒B2B-Bereich als Handels- und Dienstleistungsplattformen eine zunehmende Rolle.
PPS: Abkürzung für „Produktionsplanung und -steuerung“ - Einsatz rechnerunterstützter Systeme zur
Planung, Steuerung und Überwachung von Produktionsabläufen; dazu gehören: Primärbedarfsplanung,
Materialbedarfsplanung, Durchlaufterminierung, Kapazitätsabgleich, Verfügbarkeitsprüfung und Auftragsfreigabe, Reihenfolgeplanung, Betriebsdatenerfassung und -kontrolle.
Protokoll: Regeln, um die Kommunikation von Rechnern bzw. Anwendern in einem offenen, heterogenen Verbund zu realisieren und den Nachrichtenaustausch zwischen Partnern zu koordinieren.
Push-Technik: Bei der Push-Technik schickt ein ⇒Web-Server die gewünschten Informationen
scheinbar selbständig an den Benutzer, anstatt darauf zu warten, dass dieser die Informationen aktiv
abruft (Pull-Technik).
Reverse Auction: Umgedrehte Versteigerung. Damit sind in der Regel Ausschreibungen gemeint,
bei denen der billigste Anbieter den Zuschlag erhält.
Screen-Design: Layout von Bildschirmseiten.
Server: (von engl.: to serve, Dt.: dienen, jemanden versorgen) Zentraler Rechner in einem Netzwerk,
der den Arbeitsstationen/ ⇒Clients Daten, Speicher und Ressourcen zur Verfügung stellt. Auf dem
Server ist das Netzwerk-Betriebssystem installiert, und vom Server wird das Netzwerk verwaltet. Im
WWW sind Server Knotenpunkte des Netzes.
Schnittstelle: Ein Gerät, Anschluss oder Programm, das zwischen verschiedenen Funktionsgruppen
vermittelt oder verbindet.
Seite: Im deutschen Sprachgebrauch üblich für ein ⇒WWW-Dokument.
Sell-Side: Geschäftsvorgänge, die die Seite des Verkäufers eines Produkts oder einer Dienstleistung
betreffen (⇒Online-Shop).
136
E-Commerce: Anwendungen – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen
Site: (Dt.: Ort, Standort) Im Zusammenhang mit dem Internet wird mit „Site“ ein komplettes WebAngebot bezeichnet, das aus mehreren Seiten besteht (siehe auch ⇒Homepage).
Solution Provider: (Dt.: Lösungsanbieter) Unternehmen, das Lösungen z.B. für den Aufbau von ECommerce-Anwendungen anbietet und realisiert.
Stand-Alone-Lösung: Bezeichnung für Geräte oder Geschäftsvorgänge, die nicht mit anderen
vernetzt sind.
Surfen: Umgangssprachlicher Ausdruck für das Aufrufen von durch ⇒Hyperlinks verbundenen
⇒Sites im Internet.
Tool: (Dt.: Werkzeug, Gerät) Hilfs- oder Zusatzsoftware zur Bearbeitung spezifischer Aufgaben.
UMTS: Abkürzung für Universal Mobile Telecommunications System (Dt.: Allgemeines Mobil-Telekommunikationssystem) Ein Mobilfunkstandard der europäischen Special Mobile Group (SMG), der
breitbandige Datenübertragungsraten von bis zu zwei Megabit pro Sekunde zulässt. Die Datenübertragung soll dabei ausser über drahtlose auch über satellitengestützte und stationäre Netzwerke erfolgen.
User: Englische Bezeichnung für Nutzer/ Anwender eines PCs und seiner Programme bzw. Benutzer
einer ⇒Datenbank oder eines ⇒Online-Dienstes.
URL (Universal Resource Locator): Einheitliche und eindeutige Form, um Resourcen im Netz
zu benennen. Eine URL ist eine Internet-Adresse im ⇒World Wide Web. Der generelle Aufbau einer
URL-Adresse ist Protokolltyp://Internet-Server/Verzeichnis (z. B. http://www.akademie.de/).
WAP: Abkürzung für „Wireless Application Protocol“ - WAP ist ein Protokoll, das die Übertragung
und Darstellung von speziellen Internet-Inhalten auf Geräten mit eingeschränkter Darstellung, wie zum
Beispiel Handys oder Handhelds etc. definiert.
WBT: „Web Based Training“. Form des Lernens mit Hilfe von elektronischen Medien, bei der die
Inhalte interaktiv über das Internet (bzw. Intra- und Extranet) für die Lernenden zugänglich gemacht
werden.
Webmaster: Verwalter einer ⇒Website.
Website / Site: Im Zusammenhang mit dem Internet wird mit Website oder Site-Site ein komplettes
Web-Angebot bezeichnet, das aus mehreren untereinander verbundenen Seiten besteht.
Webpage: Englische Bezeichnung für Web-Seite, ein Dokument einer Website.
Web-Publishing: Damit bezeichnet man das Bereitstellen von Informationen im ⇒World Wide
Web. Dazu benötigt man die entsprechende Software (FTP-Programm) und einen ⇒Provider, der den
entsprechenden Platz auf dem ⇒Webserver zur Verfügung stellt.
WML: Abkürzung für Wireless Markup Language. WML ist eine spezielle Programmiersprache für
Inhalte auf ⇒WAP-fähigen Handys oder Handhelds.
Webserver: ⇒Server, der ⇒HTML-Dokumente und andere Internet/ Intranet-Ressourcen speichert
und über ⇒HTTP versendet bzw. entgegennimmt (auch HTTP-Server genannt).
Workflow: Ablauforganisation von Vorgängen und Geschäftsprozessen. Bezogen auf das Internet
beschreibt der Workflow, auf welchem Weg z.B. Kontakte oder Bestellungen bearbeitet werden.
137
EQUIB
World Wide Web (WWW, 3W, W3, Web): Bezeichnung für einen Internet-Dienst auf der
Basis weltweit verteilter ⇒Hypertext-Dokumente, die Verweise auf weitere Dokumente, Multimediaelemente oder Software jeder Art - die auf beliebigen Servern weltweit verteilt sein können - enthält.
Das World Wide Web wird häufig mit dem ⇒Internet selbst verwechselt, dabei stellt das World Wide
Web nur einen der vielen Internet-Dienste dar.
XML: Abkürzung für eXtensible Markup Language. Internet-Seitenbeschreibungssprache, die sich
zunehmend zum Standard zur Erstellung strukturierter Dokumente im ⇒World Wide Web oder in
⇒Intranets entwickelt. XML ermöglicht die Trennung von Inhalt einerseits sowie Formatierungen und
Layout andererseits.
138
Universität Bremen
Kooperation Universität/
Arbeitnehmerkammer
________________________________________________________________________________________________
EQUIB
EUROPÄISCHE
GEMEINSCHAFT
Entwicklungsplanung Qualifikation im Land Bremen
www.equib.de
Europäischer Sozialfonds
Das Projekt „EQUIB“
Das Projekt erarbeitet seit 1990 regionale Qualifikationsbedarfsanalysen (QBA) für das Land
Bremen mit dem Ziel, eine fundierte Datenbasis
für die Förderung und Gestaltung der regionalen
"beruflichen Qualifizierung" zu ermitteln. Gemäß
der Absicht des Auftraggebers sollen die Ergebnisse einen Beitrag dazu leisten, die Integration
einer an der Schaffung und Erhaltung von innovativen Arbeitsplätzen orientierten Wirtschaftsstruktur- und Arbeitsmarktpolitik zu befördern, in
deren Rahmen dem "Standortfaktor Qualifikation" entscheidende Bedeutung zukommt.
Dessen Prägung durch die Innovationsfähigkeit
kleiner und mittlerer Unternehmen findet dabei
vorrangige Beachtung.
Die Untersuchungen haben zwei Schwerpunkte:
zum einen sollen mit einem „Monitoring-System“
branchenübergreifend aktuelle Trends zeitnah erfasst
werden; zum zweiten werden branchen-/themenbezogene Sonderuntersuchungen auf der Basis
qualitativer Expertengespräche zur Eruierung spezifischer Bedarfe durchgeführt.
Um eine möglichst praxisnahe Umsetzung und Konkretisierung des Untersuchungsauftrags zu gewährleisten, steht dem Projekt für die Ergebnisbewertung
sowie für die Auswahl der jeweils zu untersuchenden
Branchen, Berufe und Technologiebereiche ein Beirat
zur Seite, dem neben dem auftraggebenden Ressort
Vertreter des Bildungs- und Wirtschaftsressorts, der
Handels-, der Industrie- und Handwerks-, der Arbeitnehmerkammer sowie der Arbeitsverwaltung angehören.
Die Projektergebnisse bieten den zuständigen staatlichen Ressorts, der Arbeitsverwaltung, den Betrieben
und ihren Arbeitnehmervertretungen sowie den Einrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung
gesichertere Planungs- und Handlungshilfen für die
Konzipierung, Förderung und Umsetzung von
innovationsspezifischen Qualifizierungsmaßnahmen.
Eine Reihe von Weiterbildungsmaßnahmen und
Modellprojekten wurden bisher unter Bezugnahme auf
Ergebnisse von EQUIB konzipiert.
rung Neuer Technologien und veränderter Formen der Arbeitsorganisation gerichtet ist, weisen alle durchgeführten Analysen und Erhebungen
zwei zentrale Schwerpunkte auf:
• Struktureller und technologischer Rahmen der Betriebe
• Berufsbezogene Qualifikationsbedarfe und -inhalte infolge betrieblicher Innovationen.
An den einzelnen Betriebsbefragungen (z.T. im Längsschnitt), für die ein
differenziertes methodisches Instrumentarium entwickelt wurde, sind je
nach Thematik und Umfang der einbezogenen Branchen zwischen 100
und 300 Unternehmen beteiligt.
Veröffentlichungen: Die QBA werden regelmäßig veröffentlicht und
sind beim Projekt erhältlich (siehe Liste Veröffentlichungen).
Veranstaltungen: Das Projekt führt regelmäßig Workshops/Expertentreffen zu den aktuellen Ergebnissen ihrer QBA durch. Termine finden
sich unter: www.equib.de
Daten und Informationen
Projektträger
Arbeitnehmerkammer Bremen
Projektdurchführung
Universität Bremen, Kooperation
Universität/Arbeitnehmerkammer
Projektleitung
Gerlinde Hammer
Wiss. Mitarbeiter
Ulf Benedix, Jutta Knuth
Förderung
Europäischer Sozialfonds,
Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit,
Jugend und Soziales, Land Bremen
Zuständige Behörde
Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit,
Jugend und Soziales
Laufzeit
seit 1990 fortlaufend
Kontakt
Gerlinde Hammer
Fon/Fax: 0049-421-218-9514/-4560
E-Mail: [email protected]
Universität Bremen/KUA (FVG-Mitte)
Postfach 330440
D - 28334 Bremen
Da der Projektauftrag vor allem auf die Ermittlung
innovativer Qualifizierungsbedarfe infolge der Einfüh-
139
Liste der EQUIB-Veröffentlichungen
Die Publikationen können telefonisch (0421/218 95 16), per Fax (0421/218- 45 60)
sowie per E-mail ([email protected]) angefordert werden. Einige der letzten Veröffentlichungen stehen unter der Adresse www.equib.de zum Download bereit.
Berufsreport 1: Industrielle Metallberufe (quantitativ)
Teil A: Struktur der Technologieimplementation, Faktoren der Nachfrageentwicklung nach
Industriellen Metallberufen, betriebliche Strategien der Bedarfsdeckung und Bewertung des
Fachkräfteangebots (1991)
Teil B: Fachkräftebedarf für Neue Technologien: Gesamtnachfrage und Einzelanalysen zu den
Industriellen Metallberufen einschließlich ihrer Fachrichtungen sowie Einzelauswertungen zu
Technologien mit hoher Nachfrage (1991)
Berufsreport 2: Industrielle Metallberufe (qualitativ)
Technologiespezifische Tätigkeitsbereiche und berufsspezifischer Bedarf an innovationsorientierten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für ausgewählte Neue Technologien (1991)
– vergriffen –
Berufsreport 3: Handwerkliche Metallberufe
Umfang der betrieblichen Personalbedarfsentwicklung, betriebliche Strategien der
Bedarfsdeckung, Tätigkeitsbereiche und Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung,
Trends und Probleme in der technologiebedingten Qualifikationsentwicklung (1992)
Berufsreport 4: Handwerkliche Metallberufe: Klempner, Gas- und Wasserinstallateur, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer
Neue Techniken und Verarbeitungsmethoden, Personalbedarfsentwicklung, Anforderungen an
die Aus- und Weiterbildung (1992)
Berufsreport 5: Industrielle und Handwerkliche Elektroberufe für den Einsatz
an Neuen Technologien in metallverarbeitenden Betrieben
Personalbedarf, Strategien der Bedarfsdeckung, Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung
(1993)
Berufsreport 6: Neue Technologien und produktionsorientierte Dienstleistungsberufe
Personal- und Fortbildungsbedarf für Ingenieure, Techniker und Industriemeister (1993)
Stand und Entwicklung technologischer Innovationen in der Industrieregion Bremen
Eine regionale Untersuchung in Betrieben der Metallindustrie und des Metallhandwerks
(1992)
Analysen betrieblicher Strukturdaten für eine integrierte
Beschäftigungs- und Qualifizierungspolitik im Lande Bremen
Technologie-,
Zusammenfassung der EQUIB-Untersuchungen (1993)
Aspekte der regionalen Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspolitik (1993)
Bedeutung der Herstellerkurse
Erstausbildung in der betrieblichen Praxis
Problemgruppen des Arbeitsmarkts
140
Der Standortfaktor Qualifikation in der Industrieregion Bremen
Bestandsaufnahme und Perspektiven des Aus- und Weiterbildungsbedarfs Industrieller
Metallberufe für Neue Technologien (Hg. Projekt EQUIB, 1991; Beiträge zu einer Fachtagung
des Projekts)
– vergriffen –
Informations-, Beratungs- und Qualifizierungsbedarf von Bremer und Bremerhavener Betrieben für die Teilnahme am Europäischen Binnenmarkt
(1993)
Neue Technologien und Qualifikationsfolgen im distributiven Dienstleistungssektor der Wirtschaftsregion Bremen 1 (1995)
Informations- und kommunikationstechnische Innovationen und logistische Integration:
• Transport-, Umschlags- und Lagereibetriebe
• Groß- und Außenhandelsbetriebe
Neue Technologien und Qualifikationsfolgen im distributiven Dienstleistungssektor der Wirtschaftsregion Bremen 2 (1996)
Repräsentativuntersuchung in Verkehrs- und Handelsbetrieben
• Strukturwandel und logistische Integration
• Stand und Entwicklung technologischer Innovationen
• Neue und erweiterte Qualifikationsanforderungen
• Strategien der Bedarfsdeckung
Das Druck- und Verlagswesen auf dem Weg zum Mediendienstleister: Neue Technologien und Produkte: Folgen für Arbeitsorganisation und Qualifikation (1996)
Empirische Untersuchung in Institutionen und Betrieben der Wirtschaftsregion Bremen
• Druckvorstufenbetriebe
• Werbeagenturen
• Druckereien
• Zeitungsverlage
Technologieentwicklung
Metallhandwerk (1997)
und
Qualifikationsfolgen
in
Metallindustrie
und
Repräsentativuntersuchung in Bremer und Bremerhavener Betrieben
IuK-Technik und Neue Technologien im Metallhandwerk: Einsatz, Beratung,
Verbundausbildung (1997)
Ausgewählte Ergebnisse einer empirischen Untersuchung in Bremer und Bremerhavener
Metallbetrieben
Städtetourismus, Messe- und Kongreßwesen: Dienstleistungsperspektiven und
Qualifikationsfolgen (1997)
Empirische Studie in Bremer und Bremerhavener Unternehmen und Institutionen
Qualifikationsentwicklung im Nahrungs -und Genußmittelgewerbe: Technologieeinsatz, Organisationsstruktur und Qualifikationsfolgen (1999)
Repräsentativuntersuchung in Bremer und Bremerhavener Betrieben
Qualifizierung für die Wissensgesellschaft (2000)
Erstausbildung, Aus- und Weiterbildung, Trends der Qualifikationsentwicklung in der
Informationstechnik-Branche des Landes Bremen
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Gesundheits- und Sozialpflegedienste auf dem Weg zu modernen Dienstleistern
(2000)
Beschäftigungsentwicklung und Qualifikationsbedarf, Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung
Berufs- und Qualifikationsentwicklungen im Gesundheits- und Sozialpflegesektor
(2001)
Tagungsdokumentation zur Veranstaltung am 22. November 2000 in Bremen
Reihe: Betriebliche Innovationen und Qualifizierung
Beiträge zur Umsetzung in die Praxis
Band 1: Oberflächentechnologie (1998)
Untersuchung über verwandte Verfahren, Informations- und Qualifikationsbedarfe in Betrieben der Industrieregion Bremen
Band 2: IuK-Technikeinsatz und Qualifikationsbedarf in den Speditionsbetrieben
der Wirtschaftsregion Bremen (1998)
Untersuchung über die Folgen des Strukturwandels und der technologischen Innovation für
die Mitarbeiterqualifizierung
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