mamas papas 406:mamas papas
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04/06 Das Magazin für Pflegeeltern pflege mamas&papas Wir bringen das zusammen! Bilanz zur erfolgreichen Pflegeeltern-Kampagne Pflegefamilien online...3 Ehrung für siebenfache Pflegemutter...4 Rechtstipps: Neue Regelungen für Pflegeeltern...5 Weihnachten einmal anders...6 Alltagsgeschichte...7 KAMPAGNE Foto: Hawlicek Wir bringen das zusammen! Editorial Liebe Pflegeeltern! Ein Jahr neigt sich dem Ende zu – für Sie alle ein Jahr, in dem Sie wieder mit Ihrem Einsatz und Engagement viel für die Ihnen anvertrauten Kinder geleistet haben. Pflegemama oder Pflegepapa sein ist eine schöne, aber auch schwierige und manchmal anstrengende Aufgabe. Pflegekinder sind Kinder wie andere auch. Sie stellen aber besondere Anforderungen, denn sie haben meist belastende Erfahrungen hinter sich. Für Ihr Verständnis, Ihre Zuneigung und Geduld möchte ich Ihnen an dieser Stelle ganz besonders danken. Bitte bleiben Sie so aktiv und geben Sie den Pflegekindern unserer Stadt weiterhin die Chance auf eine bessere Zukunft. Erholsame und besinnliche Feiertage im Kreise Ihrer Lieben und ein glückliches neues Jahr wünscht Ihnen herzlichst Ihre Grete Laska, Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Bildung, Jugend, Information und Sport 2 pflegemamas&papas 04/2006 Die aktuelle Pflegeelternkampagne der MAG ELF stößt auf sehr positive Resonanz. B in beeindruckt!“ „Eine schön gemachte Kampagne – hoffentlich hat sie viel Erfolg!“ „Tolle Aktion, weiter so!“ „Ich finde die Kampagne großartig und die MAG ELF mutig, was die Sujets betrifft.“ Derart enthusiastisch kommentierten TeilnehmerInnen einer Internet-Befragung die Pflegeelternkampagne 2006, die im November und Dezember das Wiener Stadtbild prägte. Überlebensgroß lächelten Pflegeeltern und Pflegekind von Plakatwänden, Straßenbahn-Aufklebern oder Inseraten – mit einer klaren Botschaft: „Wir bringen das zusammen!“ Ein Slogan, der an die erfolgreiche Informationsoffensive der MAG ELF im Jahr 2003 anknüpfte. „Bringen Sie das zusammen?“ lautete damals die Frage, die auf der Suche nach engagierten Pflegemamas und -papas gestellt wur- Je größer die Vielfalt an Pflegefamilien, desto besser ist das für die Kinder, die Eltern auf Zeit brauchen. de. Die Antwort darauf war ebenso positiv wie nachhaltig: Viele fühlten sich imstande, ein Pflegekind so anzunehmen, wie es ist. Insgesamt konnten die MitarbeiterInnen der MAG ELF im auf die Kampagne folgenden Jahr 2004 eine Steigerung der Zahl von Pflegeeltern in Wien um 35,6 Prozent verzeichnen. „Drei Jahre später war es an der Zeit, einige dieser vorbildlichen Pflegemamas und -papas vor den Vorhang zu bitten“, erläutert Martina Reichl-Roßbacher, Leiterin des Referats für Adoptivund Pflegekinder (RAP), die neue Kampagne ihres Teams, die von der Agentur Kommunikationsbüro konzipiert und umgesetzt wurde. „Wir haben mehrere Ziele verfolgt. Einerseits, Pflegeeltern Dankeschön für ihren Dienst an der Gemeinschaft zu sagen, andererseits sollte die Pflegeelternkampagne 2006 Foto: Daniela Attwood Sujet Frau mit Kind Paar mit Kind Kind und Brokkoli Zwei Frauen mit Kind Mann mit Kind Bewertung 1,79 1,83 2,16 2,29 2,35 Stichprobe: 471 Personen. (1=sehr ansprechend; 5=gar nicht ansprechend) So ansprechend finden die WienerInnen die Kampagne Die Motive der aktuellen Kampagne wurden in einer begleitenden Befragung sehr positiv bewertet. Alle Sujets wurden – im Sinne des Schulnotensystems – deutlich besser als drei bewertet, kein Motiv ist „durchgefallen“. Und sie regen offenbar auch zum Handeln an: Immerhin 18 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, ein Pflegekind bei sich aufzunehmen. Am bekanntesten war das bereits aus der ersten Kampagne 2003 vertraute Sujet „Kind und Brokkoli“ mit 70 Prozent, gefolgt vom Motiv mit dem FrauenPaar mit Kind (65 Prozent) und dem Vater-Mutter-Kind-Sujet (63 Prozent). Am meisten angesprochen hat die Befragten das Sujet mit der Alleinerzieherin (siehe auch die Grafik). chen werden kann. Und je größer hier die Vielfalt unter den potenziellen Pflegeeltern ist, desto besser ist das für die Kinder, die wir unterbringen wollen.“ Das schon deshalb, weil der Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten konstant steigt, wie Martina Reichl-Roßbacher vorrechnet: „2004 hatten wir noch 123 Kinder in Krisenbetreuung zu versorgen, im Jahr 2005 waren es bereits 166 – das ist eine Steigerung um 35 Prozent.“ auch eine Vorbildwirkung für WienerInSchon deshalb sei es notwendig, betont nen haben, die sich auch vorstellen die RAP-Leiterin, dass Informationskönnen, für ein Pflegekind zu sorgen.“ Die Pflegeelternkampagne kampagnen nicht punktuelle Aktionen Die Pflegeelternkampagne 2006 zeigt 2006 zeigt alle bleiben, sondern kontinuierlich Aufklärungsarbeit geleistet wird: „Wir werden alle Spielarten moderner und klassi- Spielarten scher Lebensgemeinschaften, die moderner und immer wieder solche Schwerpunkte setzen, damit das Thema nachhaltig in schon jetzt ein Pflegekind in ihren eigeklassischer der Öffentlichkeit verankert wird.“ Das nen vier Wänden willkommen heißen: sei wichtig, um allgemein Sensibilität für Von der sympathische Familie mit Vater Lebensgeund Mutter über AlleinerzieherInnen bis meinschaften. das Thema zu schaffen. „Es bringt viel Unterstützung, wenn in der öffentlichen hin zu gleichgeschlechtlichen LebensWahrnehmung Pflegeeltern und -kingemeinschaften. Das spiegelt auch der keine ‚ExotInnen’ sind, sondern eine ganz klar den Ansatz bei der PflegeelFamilienform unter vielen, eine Selbsttern-Suche wider, so Reichl-Roßbaverständlichkeit“, ist Reichl-Roßbacher cher: „Für uns ist nicht die Familienüberzeugt. „Hier hat sich, nicht zuletzt form wichtig, sondern nur die Frage, durch unsere Kampagnen, viel zum Powie gut den individuellen Bedürfnissen sitiven hin verändert.“ eines speziellen Kindes jeweils entspro- Pflegefamilien online Pflegeeltern-Kampagne: Pro & Contra Die neue Werbekampagne für Pflegefamilien ist von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und diskutiert worden. Verschiedene Medien – auch solche, die dem Thema Pflegekinder sonst kaum Raum geben – haben darüber berichtet. In der Befragung zur Kampagne auf „www.pflegemama.at“ sind die meisten Rückmeldungen positiv, einige aber auch sehr kritisch. Vor allem die Frage, ob gleichgeschlechtliche Paare gute Pflegeeltern sein können, erhitzt die Gemüter. Einige Kostproben: „Tolle Kampagne, sehr zeitgemäß.“ „Es ist für mich unverständlich, Kinder, die auf Grund ihrer Situation sozial benachteiligt sind, durch künftig gleichgeschlechtliche Eltern von einem 'normalen' Umfeld abzuhalten.“ „ Ich finde es sehr mutig und in Ordnung, dass auch homosexuelle Partnerschaften angesprochen werden.“ „...und ich denke es ist nicht normal, dass schwule oder lesbische Lebensgemeinschaften als 'Norm' beigebracht werden sollten.“ „Die aktuelle Kampagne – wobei ich die Aufnahme von Pflegekindern in gleichgeschlechtliche Partnerschaften begrüße – polarisiert aus meiner Sicht zu stark, um dem Thema noch nützlich zu sein...“ „Ich finde diese Initiative großartig, bitte lassen sie sich nicht von polemisierenden Anfeindungen in den Medien stoppen!“ Und welche Meinung haben Pflegeeltern selbst? Lassen wir nicht andere über uns reden (oder schreiben)reden (oder schreiben) wir mit! Bis bald im Forum, Eure Moderatorin Marion Zeillinger pflegemamas&papas 04/2006 3 PORTRÄT Ein Ereignis für das ganze Dorf: Plötzlich Im August 1965 nahm ein Landwirtehepaar eine ganze Geschwisterreihe von sieben Kindern in ihre Pflege. Zum Dank und zur Würdigung ihres Engagements als Pflegemutter wurde Rosa Kapfer kürzlich mit der Julius-TandlerMedaille der Stadt Wien ausgezeichnet. M anchmal wartet das Leben mit kleinen Wundern auf. Im Fall der Familie Kapfer sogar mit einem großen, denn die beiden Landwirte Rosa und Friedrich aus Langenbach bei Hartberg, die von der Bezirkshauptmannschaft Hartberg eine Bewilligung als Großpflegefamilie hatten, entschieden sich vor nunmehr vierzig Jahren gleich einer ganzen Geschwisterreihe von sieben Kindern eine neue Familie zu schenken und sie in ihre Pflege zu nehmen. „Leben gehört ins Haus“ hatte Rosa Kapfer, die auch zwei leibliche Kinder – Rosa und Ludwig– hat, gedacht, als sie 1965 nach Wien reiste, um aus dem zentralen Kinderheim zwei Mädchen als Pflegekinder in ihre Familie aufzunehmen. Doch als sie erfuhr, dass die beiden noch fünf Geschwister hatten, erklärte sie sich be- 4 pflegemamas&papas 04/2006 „Wir haben uns immer eine Großfamilie gewünscht. Geschwister trennt man nicht.“ reit, alle sieben Kinder großzuziehen. „Wir haben uns immer eine Großfamilie gewünscht“, sagt Rosa Kapfer, „und Geschwister trennt man nicht“. Geschwister wieder vereint, und Rosa und Friedrich Kapfer bemühten sich sehr, den Kindern die Eltern zu ersetzen. Also übernahmen sie und ihr Mann am 4. August 1965 Christa, Doris, Brigitte, Helmut, Friedericke und Marianne, die damals im Zentralkinderheim der Stadt Wien untergebracht waren. Mit einem Bus wurden die Kinder zur Familie Kapfer gebracht. Dieser „Kindersegen“ war nicht nur für das gesamte Dorf ein Ereignis, sondern fand auch seinen Niederschlag in der Regionalpresse, und allseits herrschte Aufsehen, dass sich Frau Kapfer die große Aufgabe zutraute. Ein Jahr später kam dann auch das jüngste Kind, Irene, dazu, die als Säugling zunächst in medizinischer Behandlung gewesen war. Nun waren die „Meine Pflegemutter nähte und strickte unsere Kleidung selbst und führte den Haushalt für diese große Schar. Sie hat immer darauf geachtet, dass es gerecht zuging, und dass alle gleich liebevoll erzogen wurden. Ihr leibliche Tochter Rosa hat sie enorm dabei unterstützt", beschreibt Pflegetochter Friedericke Parisot-Baumgartner die damalige Situation. „Sie sorgten dafür, dass es uns an nichts fehlte und dass wir eine gute Ausbildung bekamen. Für uns war das am Anfang schon sehr fremd, wir waren Stadtkinder. Das Kinderheim war so steril, und plötzlich fanden wir uns auf einem Bauernhof wieder – aufregend.“ Pflegemutter von sieben Kinder Mit besonderem Feingefühl gelang es Rosa Kapfer in der folgenden Zeit, dass sich ihre Pflegekinder gut in die Familie integrieren konnten. Alle Kinder besuchten die im Umkreis befindlichen Schulen und erlernten einen Beruf, und die eigenen, bereits großen Kinder der Familie Kapfer waren für die Pflegekinder ebenso wichtige Bezugspersonen. „Ich war damals 17 und schon auf der Lehrerbildungsanstalt in Graz. Für mich und meine Schwester waren die Kinder immer wie Geschwister, von Anfang an", schildert der leibliche Sohn Ludwig das Zusammenfinden. „Natürlich war das ein kleiner Kulturschock und eine große Umstellung, aber es hat viel Freude bereitet.“ Auch das Wiener Jugendamt würdigte die große Leistung von Frau Kapfer in seinen Berichten, die immer ihr großes Verständnis und erzieherisches Geschick für die unterschiedlichen Entwicklungsphasen der Kinder und ihre Bereitschaft, sie in ihrem Tun zu unterstützen, hervorhoben. Auch heute, nach vierzig Jahren ist die außergewöhnliche Pflegefamilie noch ein Herz und eine Seele. Alle Pflegekinder und Verwandten treffen einander regelmäßig und feiern miteinander Familienfeste – zuletzt das 40-jährige Jubiläum der Pflegefamilie am 6. August des Vorjahres im Kreis der gesamten Dorfgemeinschaft. Heute sind die einstigen Pflegekinder alle beruflich gut verankert. Sie sind Krankenpflegerin, diplomierte Kranken- Foto: Daniela Attwood RECHT Alles was Recht ist Jugendwohlfahrtsgesetz: Neuregelungen bei Obsorgeübernahme durch Pflegeeltern Am 23. November 2006 wurde im Wiener Landtag eine Novelle zum Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz beschlossen. Auch im Abschnitt über die Pflegekinder wurden Änderungen vorgenommen: schwester, Kindergärtnerin, Bauarbeiter, EDV-Trainerin bei jugendlichen Arbeitslosen, Kindergartenleiterin und Kellnerin, viele haben Kinder und auch schon Enkelkinder. Der gute Kontakt zwischen den Geschwistern und der Pflegefamilie ist nicht abgerissen. Alle sind ihrer Pflegemutter sehr dankbar und trauern um den bereits verstorbenen Pflegevater. Im Oktober dieses Jahres würdigte die Stadt Wien das außergewöhnliche Engagement von Rosa Kapfer, die es sieben Kindern ermöglicht hat, dass sie nicht in unterschiedlichen Familien untergebracht werden mussten, sondern miteinander aufwachsen konnten. Als besonderer Dank unter Würdigung ihrer Tätigkeit als Pflegemutter wurde ihr die Julius-Tandler-Medaille in Silber verliehen. „Frau Kapfer ist ein strahlendes Beispiel für besonderes Engagement weit über das übliche Maß hinaus. Ohne zu zögern hat sie allen Geschwistern der beiden Mädchen, die ursprünglich zu ihr kommen sollten, eine neue Heimat gegeben. Alle haben, ausgestattet mit der liebevollen Basis im Haus Kapfer, ihr Leben großartig gemeistert“, sagte Vizebürgermeisterin Grete Laska anlässlich der Ehrung im Rathaus. Der Begriff des „Vormundes“ wurde ersetzt durch „Personen, die vom Gericht mit der Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung betraut wurden“. Ab Inkrafttreten der Novelle – voraussichtlich Anfang 2007 – sind somit Kinder, die von Personen betreut werden, die vom Gericht mit der Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung betraut wurden, keine Pflegekinder im Sinne des Wiener Jugendwohlfahrtsgesetzes mehr. Dies hat im wesentlichen für Pflegeeltern, die vom Gericht mit der Obsorge für ihre Pflegekinder betraut werden, folgende Konsequenzen: u Die Verpflichtung des Amtes für Jugend und Familie, mindestens einmal jährlich eine Pflegeaufsicht durchzuführen, entfällt. u Der Rechtsanspruch auf die Gewährung von Pflegeelterngeld entfällt. Diese Pflegeeltern fallen in Zukunft unter die „Verwandtenpflegeelterngeld-Bestimmung“: Der Magistrat kann unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Pflegeelterngeld bis zur Höhe des Richtsatzes nach der Wiener Pflegeelterngeldverordnung gewähren. Die Bedürfnisse des/der Minderjährigen sind jedoch primär von seinen/ihren Einkünften und verwertbarem Vermögen, zum Beispiel Eigeneinkommen oder Unterhaltsansprüche gegenüber beiden Elternteilen, zu decken. Eigeneinkünfte von Minderjährigen bzw. verwertbares Vermögen vermindern das Verwandtenpflegeelterngeld um den Betrag dieser Einkünfte. Die Pflegeeltern sind jedenfalls über die finanziellen Konsequenzen der Betrauung mit der Obsorge zu informieren. Pflegeeltern, die vor dem Inkrafttreten der Novelle die Obsorge beantragt haben oder die nicht über die Konsequenzen der Obsorgebetrauung nachweislich informiert wurden, wird auch weiterhin Pflegeelterngeld ausbezahlt. Finanzielle Auswirkungen können daher nur für jene Pflegeeltern eintreten, die nach Inkrafttreten der Novelle die Übertragung der Obsorge bei Gericht beantragen. Maga. Michaela Krejcir, Rechtsexpertin der MAG ELF pflegemamas&papas 04/2006 5 WEIHNACHTEN Weihnachten einmal anders? Dr. Belinda Mikosz ist Psychologin in der MAG ELF un naht sie wieder, die „stillste Zeit im Jahr“ und nicht nur die Kinder sind aufgeregt, auch den Erwachsenen sieht man es schön langsam an, dass sie die Vorbereitungen auf das Fest ganz schön stressen. Weihnachten, ein besonderes Fest der Familie, traditionsreich und mit vielen Erwartungen verbunden. N Aber was passiert, wenn sich die Harmonie und Beschaulichkeit nicht einstellt? Zum Beispiel, weil es gerade drunter und drüber geht, die Eltern in Scheidung leben und die Kinder mit einer neuen Familienkonstellation konfrontiert werden? Wenn Eltern, die sich sonst wenig um ihre Sprösslinge kümmern, ganz plötzlich auftauchen und weihnachtliche Unruhe verursachen? Kinder haben oft mehrere Familien zur Auswahl, dadurch kommen sie häufig in den Genuss, gleich öfter feiern zu dürfen. Manchmal gibt es für sie auch jede Menge Geschenke und manchmal auch nur viele leere Versprechungen von Erwachsenen, die zu viel wollen und aus den unterschiedlichsten Gründen nur wenig schaffen. 6 pflegemamas&papas 04/2006 Familien, die nicht in das übliche Klischee passen, müssen ihre individuelle Form des Festefeierns finden. Pflegeeltern geht es da nicht anders als Patchworkfamilien oder AlleinerzieherInnen. Familien, die nicht in das übliche Klischee passen, müssen ihre individuelle Form des Festefeierns finden, um nicht zu scheitern. Es gäbe eine ganz einfache Formel: „Dort wo das Kind überwiegend lebt, ist der Ort zum Feiern!“ Alle anderen Bezugspersonen akzeptieren die Regieanweisungen der ständigen Betreuungspersonen. Nach dem Motto „Weniger ist mehr“ erleben die Kinder entspannte Erwachsene, bekommen vielleicht sinnvollere Geschenke und entgehen den unangenehmen Loyalitätskonflikten, es allen recht machen zu müssen. Pflegeeltern sind kompetente ManagerInnen, sonst könnten sie die vielen unterschiedlichen Interessen das ganze Jahr über nicht unter einen Hut bringen, aber gerade zu Weihnachten gelingt es oft nicht. Meist sind die Ansprüche zu hoch und die daraus resultierenden Enttäuschungen groß, wenn es trotz aller Zugeständnisse und Kompromisse nicht so klappt. Wer alles friedlich und harmonisch gestalten will, wird manchmal dennoch enttäuscht, weil sich die an- deren nicht an die unausgesprochenen Spielregeln halten. Geben Sie daher klare Informationen darüber, was zu Ihrem Weihnachtsfest passt und was nicht. Bieten Sie an, Eltern oder andere Verwandte bei der Geschenkauswahl ein bisschen zu beraten. Über nette Kleinigkeiten, die dem Kind Freude machen könnten, wissen meist nur Menschen Bescheid, die mit dem Kind leben. Weihnachtsferien bieten auch viele Möglichkeiten, mit Kindern etwas zu unternehmen. Statt dreimal an verschiedenen Orten Weihnachten zu feiern, wäre ein gemeinsamer Ausflug, schwimmen oder Eis laufen gehen für Kinder manchmal sehr viel attraktiver. Ich würde Sie gerne einladen, neue Wege zu gehen und Überlegungen für ein kreatives Festefeiern anzustellen. Die traditionelle Art des Weihnachtenfeierns passt eben nicht mehr für alle Familien, es gilt neue Traditionen zu stiften und Altbewährtes auf individuelle Bedürfnisse abzustimmen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen erholsame und stressfreie Feiertage. A L LTA G S G E S C H I C H T E Das Klavier vor dem Haus G ernot*, mittlerweile 14 Jahre alt, lebt seit seiner sechsten Lebenswoche bei uns. Die ersten fünf Jahre waren sehr turbulent, eine wahre Herausforderung für Geduld und Nerven. Dann ist es relativ ruhig geworden – Pflegeltern kennen die Bedeutung und vor allem die Wichtigkeit des Wortes „relativ“ – und seither ist er gut in unsere Familie integriert. Gernot war drei Jahre alt, da erhielten wir eines Tages, als wir nicht zu Hause waren, einen Anruf unserer Nachbarn: Vor unserer Garagentüre stehe ein riesengroßes Klavier. Ich hatte mir seit meiner Kindheit immer ein Klavier gewünscht, aber nie bekommen. Wer könnte uns aber jetzt ein Klavier vor die Türe gestellt haben? Nach heftigem Gedankenkreisen ohne Ergebnis kehrten wir am Abend heim und da stand er tatsächlich – ein großer Flügel, mitten in der Einfahrt. Dort konnte er natürlich nicht bleiben. Im Haus war aber auch kein Platz. Also schoben wir das Klavier in die Garage. Die Nachbarn erzählten, dass sie der Frau, die das Klavier geliefert hatte, noch beim Abladen geholfen hatten. Sie hatte gemeint, das gehöre der Familie, weil ihr Sohn gerne Klavier lernen möchte. Allerdings kannten die Nachbarn die leibliche Mutter von Gernot nicht, also schlossen auch wir nicht sofort auf sie. Die Klavierlieferantin blieb vorläufig unbekannt. Wir begannen, herum zu fragen. In der Nachbarschaft, im Jugendamt, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz. Allerdings konnte uns niemand bei der Aufklärung behilflich sein. Bis eines Tages „Als wir nach Hause kamen, stand ein riesengroßer Flügel in der Einfahrt.“ bei uns der Groschen fiel: Die leibliche Mutter von Gernot war die Spenderin. drastische Entscheidung fällen. Das Instrument wurde Kleinholz. Wir standen aber noch immer vor dem Problem, das Klavier unterzubringen. Neben dem Platzproblem war außerdem noch unklar, nachdem Gernot erst drei Jahre alt war, ob er überhaupt einmal Klavier spielen wollte. Gernots leibliche Mutter meinte entschlossen, sie würde das Klavier auf keinen Fall mehr abholen und meinte: „Wenn Sie es nicht brauchen, schmeißen Sie es weg!“ Gernots Mutter, die psychisch krank ist, hat noch ein paar Mal „lustige“ Geschenke an ihren Sohn geschickt. Darunter waren auch eine Klomuschel und etliche Torten, die leider nach dem langen Postweg wenig ansehnlich und nicht mehr essbar ankamen. Heute lächelt Gernot darüber und scheint gut mit den Geschichten umgehen zu können. Schließlich haben wir ihm regelmäßig vermittelt, dass seine Mutter eben krank ist, ihn aber trotzdem sehr lieb hat. Auch wenn seit etwa sieben Jahren keine Besuche zwischen Mutter und Sohn stattfinden, weil Gernot sich lauthals dagegen gewehrt hat, erkundigt sie sich doch laufend nach ihrem Kind und freut sich über Fotos und Erzählungen. Leichter gesagt als getan. Wir versuchten das Klavier zu verschenken, riefen einige Organisationen und Heime an, aber niemand wollte das Klavier abholen. Zugegeben, die Kosten für einen solchen Transport sind erheblich und stören die Haushaltskasse nachhaltig. Nach gut einem Monat vergeblicher Versuche, den Flügel anzubringen, mussten wir schweren Herzens eine Die Pflegefamilie S. lebt in Niederösterreich. * Name von der Redaktion geändert. pflegemamas&papas 04/2006 7 BUCHTIPPS & NEWS Für Sie gelesen Von Ingrid Erlmoser, DSA Lili stammt von den Philippinen und wurde von ihrer Mutter nach der Geburt in einem Kinderheim „abgegeben“. Von einer deutschen Familie adoptiert, wuchs das Mädchen in Deutschland auf, wurde in diesem Land sozialisiert. Die Adoptiveltern hatten weiterhin Bezug zum Heimatland des Mädchens. Über ihre philippinischen FreundInnen pflegten sie gute Kontakte zu diesem Land. Dadurch gelang es auch, Lilis Familie „auf der Spur“ zu bleiben. Als Jugendliche flog Lili das erste Mal mit ihrem Adoptivvater in ihre Heimat. Nach langem inneren Zwiespalt entschloss sich Lili, ihre Familie, ihre leibliche Mutter kennen zu lernen. Lili und ihr Adoptivvater erzählen ihren Weg auf der Suche nach der Heimat, nach der Familie des Mädchens. Dieses Buch ist nicht nur für Familien geeignet, die ein Kind aus einem anderen Land adoptieren möchten bzw. adoptiert haben, sondern auch für alle anderen Adoptiveltern, aber auch für jugendliche Adoptierte, die sich mit der eigenen Herkunft beschäftigen. Selbstverständlich ist es auch für interessierte Pflegefamilien, Fachkräfte aus der Jugendwohlfahrt und andere Interessierte empfehlenswert. Passt als leicht lesbarer Roman in jede Bibliothek zum Schwerpunkt „Biografiearbeit“. Lili Schumann & Uwe-Jens Schumann ....und warum hast du mich weggegeben? Verlag Krüger 238 Seiten ISBN:3810519391 EUR 17,90 In einführenden Erfahrungsberichten, geschrieben von jungen Erwachsenen mit Erfahrungen mit trinkenden Eltern oder Elternteilen wird gut auf die Thematik eingegangen. Die Erzählungen stimmen betroffen und bereiten auf die nachfolgenden theoretischen Kapitel vor. In klarer, gut verständlicher Form wird auf die Situation von Alkohol und seiner Auswirkungen auf die Familie, Möglichkeiten, um mit Kindern zu arbeiten und sie „stark zu machen“, sowie auf Zukunftsperspektiven und Hilfestellungen für Kinder und Familien, in denen ein süchtiger Erwachsener lebt, eingegangen. Der Anhang bietet eine Checkliste zur Risiko- und Ressourceneinschätzung, hilfreiche Adressen und eine Literaturliste für Betroffene, darunter auch einige Jugendbücher. Dieses Taschenbuch stimmt in geeigneter Weise auf die Thematik „Alkohol und Kinder“ ein, kann als Grundlage für weitere intensivere Beschäftigung dienen. Es macht Mut, sich besonders über die betroffenen Kinder in einer alkoholbelasteten Familie vermehrt Gedanken zu machen und nach Möglichkeiten zu suchen, diese Kinder zu entlasten. Fachbuch für Erwachsene aus dem psychosozialen Berufsfeldern, PädagogInnen, Pflegeeltern und Interessierte. news Auszeichnung für „pflegemamas&papas“ gefeiert Wie berichtet, verlieh Sozialministerin Ursula Haubner Mitte Mai 2006 am Internationalen Tag der Familie gemeinsam mit den österreichischen Familienverbänden den Preis für journalistische Leistungen im Interesse der Familien. Gegen starke Konkurrenz erhielt der Jahrgang 2005 von „pflegemamas&papas“ einen der beiden Förderpreise, der Hauptpreis ging an die Journalistin Inge Baldinger von den Salzburger Nachrichten. Die Geschäftsführerin des Österreichischen Familienbundes, Alice Pitzinger-Ryba, würdigte in ihrer Laudatio die professionelle Qualität des Magazins, das zum Ziel hat, die Pflegefamilien-Community, die Wiener Pflegekinder betreut, regelmäßig zu informieren und zur Imageverbesserung von Pflegeeltern und Pflegekindern beizutragen. Diese Ehrung wurde auch entsprechend gefeiert: Die Abteilungsleiterin der MAG ELF, Mag. Renate Balic-Benzing, lud das Redaktionsteam mit dem 2005 verantwortlichen Gestalter des Magazins Mag. Alexander Rittberger und vor allem alle Pflegeeltern und Pflegekinder, die dem Magazin für Recherchen und Interviews zur Verfügung gestanden waren, zu einer Feier am Landgut Cobenzl ein. Den ganzen Nachmittag wurde gegessen, getrunken, gefeiert, Brot gebacken. Es gab Stallführungen für die Kleinen und Bauern-Golf für die Großen. Das Pflegeelternmagazin online: www.wien.gv.at/magelf/adoption/magazin.htm Martin Zobel Wenn Eltern zu viel trinken Risiken und Chancen für die Kinder Psychiatrie – Verlag, ISBN: 3884142720 EUR 13,90 Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Stadt Wien, MAG ELF - Amt für Jugend und Familie, 1030 Wien, Rüdengasse 11; Tel.: 01-4000-8011, Daniela Attwood, Ingrid Erlmoser, Werner Neubauer, Martina Reichl-Roßbacher; www.kinder.wien.at Redaktion und Gestaltung: B&K - Bettschart&Kofler Medien- und Kommunikationsberatung GmbH, 1090 Wien, Porzellangasse 35/3; Dr. Birgit KoflerBettschart, Mag. Gabriele Vasak; Grafik: Patricio Handl; Fotos: BilderBoxCom, Daniela Attwood, Ingrid Erlmoser; Herstellung: Druckerei Berger