wir 1/2011 - St. Gallus

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wir 1/2011 - St. Gallus
wir
1 2011
wichtig. informativ. regional.
aus der St. Gallus-Hilfe
> Schwerpunkt:
Leben mit Epilepsie
inhalt
editorial
3 Leitartikel
Allgemeines
4 Spatenstich Rosenharz
6 Fürs Herz: Gesucht und gefunden
7 Besinnungstage im Kloster Moos
Jörg Munk
Geschäftsführer
7 Der Heilige Otmar
8 Erstkommunion in Hegenberg
Liebe Leserin, lieber Leser,
8 Jahrzehnte tätig für Menschen mit
Behinderung
Schwerpunkt: Epilepsie
9 Epilepsie aus medizinischer Sicht
10 Epilepsietaugliche Arbeitsplätze
12 Leben mit Epilepsie
14 Teilhabe von Kindern mit Epilepsie
Kinder, Jugendliche und Familien
15 Schule für Kranke am Klinikum
Friedrichshafen
16 Wohnprojekt „Beziehungsweise“
18 Kooperation seit 25 Jahren
19 Geschwister stehen im Mittelpunkt
Arbeit und Bildung
20 Kinderstuben für Wildbienen
20 Termine
21 Neue Werkstatt in Markdorf
22 Projekt „Arbeit Inklusive!“
23 40.000 Euro für soziale Projekte
Ambulante und offene Hilfen
24 Betreutes Wohnen in Familien
25 Ambulante Dienste in Mengen
26 Ambulante Dienste in Ulm
Wohnen für Erwachsene
27 Sozialraumprojekt Leutkirch
28 Einweihung Wohnanlage Dußlingen
30 Nordic Walking in Hegenberg
30 Qualifikationsturnier Special
Olympics
der Schwerpunkt der aktuellen „wir“ ist der Epilepsie gewidmet. Dabei handelt
es sich um eine Erkrankung, die nicht speziell mit Behinderung zusammenhängt. Tut sie dies jedoch, sehen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei
der Begleitung der Menschen mit Behinderung oftmals vor besondere Herausforderungen gestellt. Erklärtes Ziel ist ein möglichst anfallsfreies Leben. Bei der
Komplexität dieser Krankheit ist dies nicht immer zu realisieren, daher ist es
wichtig die Anfallshäufigkeit zu reduzieren und den Betroffenen die Angst vor
dieser Erkrankung zu nehmen.
Neben der entsprechenden Ausstattung des Lebensumfeldes zur Vermeidung
von Verletzungen bilden hier vor allem die Berufserfahrung und das Wissen der
Mitarbeiter im positiven Umgang mit der Erkrankung zentrale Elemente bei der
verlässlichen Begleitung. Für die Wissensvermittlung gibt es bei der St. GallusHilfe verschiedene Ansatzpunkte. Zum einen bietet die Abteilung fortbilden
& entwickeln der Stiftung Liebenau entsprechende Weiterbildungen an. Diese
vermitteln Grundlagen über die Ursachen und Arten von Epilepsien und Anfallsformen. In enger Zusammenarbeit mit der St. Lukas-Klinik – dem Fachkrankenhaus für Menschen mit geistiger Behinderung der Stiftung Liebenau – werden
Kenntnisse über den Einsatz und die Wirkungsweise von Arzneimitteln, die bei
Epilepsie der Vorbeugung oder Behandlung von Krampfanfällen dienen, vermittelt. Und die Mitarbeiter werden für den Alltag gestärkt, indem sie lernen, wie
sie sich am besten bei einem akuten epileptischen Anfall verhalten.
Einen gelungenen Ansatz verfolgte die St. Gallus-Hilfe im Haus St. Josef bei der
fachpraktischen Schulung von Mitarbeitern im Austausch mit dem Zentrum für
Psychiatrie (ZfP) in Weißenau. Bei ihren Hospitationen in der epileptologischen
Abteilung ergaben sich zusätzliche Einblicke im praxisnahen Umgang mit der
Erkrankung. So lernten die Mitarbeiter etwa frühzeitig Zeichen zu erkennen, die
einen nahenden Anfall ankündigen. Ein weiterer Inhalt war die genaue Beobachtung und die exakte Dokumentation des Anfallsverlaufs, um die behandelnden Ärzte der St. Lukas-Klinik bei der optimalen medikamentösen Einstellung
der Patienten unterstützen zu können.
Die erfahrenen Mitarbeiter der St. Gallus-Hilfe werden so systematisch über
verschiedene Qualifizierungsschienen befähigt, Menschen mit Behinderungen,
auch in besonderen Lebenslagen, ein sicheres und selbstbestimmtes Leben zu
ermöglichen.
31 Nachrufe
32 St. Gallus-Hilfe im Überblick
32 Impressum
Jörg Munk
Geschäftsführer der St. Gallus-Hilfe
3
Leitartikel
Auf einem guten Weg
Inklusion ist nicht nur in Deutschland das zentrale Leitwort
in der Arbeit mit Menschen mit einer Behinderung. Seit
der UN-Konvention mit dem inhaltsschweren Titel „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen“ richtet sich die Sozialpolitik
in vielen Staaten stark an deren Vorgaben aus.
Dass die UN-Initiative notwendig war zeigt die Tatsache,
dass derzeit weltweit geschätzt etwa 650 Mio. Menschen
mit einer Behinderung leben und nur 45 Staaten deren
Rechte wirklich schützen. Aber was ist eigentlich mit „Inklusion“ wirklich gemeint? Die Website des Beauftragten
der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, gibt Auskunft.
„Inklusion im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention
bedeutet, dass allen Menschen von Anfang an in allen gesellschaftlichen Bereichen eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe möglich ist. Inklusion verwirklicht sich
im Zusammenleben in der Gemeinde – beim Einkaufen, bei
der Arbeit, in der Freizeit, in der Familie, in Vereinen oder
in der Nachbarschaft.
Dementsprechend leben, arbeiten und lernen Menschen
mit Behinderungen nicht in Sondereinrichtungen. Es gibt
vielmehr einen ungehinderten, barrierefreien Zugang und
eine umfassende Beteiligung von Menschen mit Behinderungen am bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Leben (oder: in allen Bereichen
des Lebens).
Um ein solches selbstverständliches Miteinander zu
gewährleisten, schafft die Gesellschaft die notwendigen
Voraussetzungen – mit Hilfe von Aufzügen und Rampen,
Dolmetschung für gehörlose Menschen, Verwendung von
leichter Sprache, Blindenleitsystemen und anderen Unterstützungsformen in unterschiedlichen Lebensbereichen.
Nicht der Mensch mit Behinderung passt sich an, sondern
die Gemeinschaft sorgt dafür, dass ihre Angebote für alle
zugänglich sind.
Inklusion bedeutet jedoch mehr als die Gewährleistung
von umfassender Barrierefreiheit. Sie bezieht sich auf die
vollständige Einbeziehung behinderter Menschen ins gesellschaftliche Leben, ihre gleichberechtigte Anerkennung
und Würdigung: kurzum die Verwirklichung umfassender,
gleichberechtigter und selbstbestimmter Teilhabe.“
Dass die Messlatte bei offiziellen Texten sehr hoch hängt,
liegt in der Natur der Sache. Es müssen möglichst alle
Umsetzungsfelder berücksichtigt werden, finanzielle und
fachliche Ressourcen sowohl der Staaten wie der jeweiligen Sozialsysteme dürfen keine Rolle spielen. Es geht um
die Idee als Ganzes. Deutlich wird das Ziel, ungeachtet
der widrigen Realitäten vor Ort. Alle Staaten sollen sich
daran orientieren und nicht in selbstgefälliger Zufriedenheit und Nichtstun verharren. Den meisten Beteiligten ist
sicher klar, dass zwischen Soll und Ist noch eine Differenz
besteht, die eine Jahrzehnte währende Aufgabe für die
Zukunft beinhaltet.
Aber ungeachtet der Erkenntnis, dass alles immer noch ein
bisschen besser geht, befindet sich die St. Gallus-Hilfe mit
ihrem hochdifferenzierten Angebotsspektrum auf einem
sehr guten Weg und erschließt seit Jahren und Jahrzehnten
Tausenden von Menschen mit Behinderung „inklusive“
Lebensbedingungen auf hohem Niveau mit einer hohen gesellschaftlichen Vernetzung. Die aktuelle Ausgabe der „wir“
führt dazu wieder eine Reihe konkreter Beispiele auf.
Letzter Maßstab für die Qualität sozialer Arbeit ist und
bleibt aber das einmalige Leben, das Lebensglück des Einzelnen. Ganz unabhängig von trendigen sozialpolitischen
Forderungen. Und wer den Brief der Angehörigen zum
Tode von Hans Schinzler auf Seite 31 liest, erfährt, dass
da bereits in der Vergangenheit einiges gelungen zu sein
scheint. Das ist ein großer Verdienst der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in der St. Gallus-Hilfe und bestätigt deren
gute und menschenfreundliche Arbeit.
Wolf-Peter Bischoff
Chefredakteur
Allgemeines
Spatenstich für das Wohnpflegeheim in Rosenharz (von links): Heimbeirat Uwe Möhrle, Siegfried Ungewitter (Landratsamt Ravensburg),
Bodneggs Bürgermeister Christof Frick, Prälat Michael H. F. Brock (Vorstand Stiftung Liebenau), Jörg Munk (Geschäftsführer St. GallusHilfe), Heimbeirat Sven Bahsitta, Christoph Ehlert (Heimleitung St. Gertrudis), Christine Beck (Bereichsleiterin Bereich Wohnen im Landkreis
Ravensburg), Marco Nauerz (Leiter der Bauabteilung Stiftung Liebenau) und Architekt Martin Zyschka. Fotos: Scheidel
Auftakt zur Ortsentwicklung Rosenharz
Spatenstich mit weitreichender Veränderung
Inklusion ist heute in aller Munde: Für Menschen mit
Behinderung bedeutet sie, mittendrin in der Gesellschaft zu leben und zu arbeiten und somit ein wichtiges
Stück Lebensqualität. Rosenharz wird durch die Regionalisierung der Wohn- und Betreuungsangebote in den
kommenden zehn Jahren ein neues, attraktives Gesicht
bekommen. Die Stiftung Liebenau mit ihrer Tochtergesellschaft St. Gallus-Hilfe kann dabei auf Partner wie das
Landratsamt Ravensburg und die Gemeinde Bodnegg
bauen. Der Spatenstich für ein Wohnpflegeheim machte
am 6. Juni den sichtbaren Auftakt für die zukunftsweisende Entwicklung.
In Rosenharz – einem Teilort von Bodnegg – leben bisher
270 Menschen mit Behinderung. Charakteristisch für den
Standort ist die so genannte umfassende Versorgung von
Menschen mit Behinderung in den Bereichen Arbeit, Wohnen, Pflege, Bildung, Therapie und Freizeit. Verschiedene
Faktoren machen nun eine Ummünzung in einen offenen,
modernen und aufgelockerten Ort nicht nur erforderlich,
sondern gesellschaftlich wünschenswert. Zum einen fordert
die aktuelle Fachdiskussion in der Behindertenhilfe, wie
auch die UN-Behindertenrechtskonvention, die Inklusion
von Menschen mit Behinderung: Sie sollen mitten in der
Gesellschaft, unter uns und mit uns leben. Für die Stiftung
Liebenau ist der Umbau von Rosenharz auch ein Bekenntnis
zum Standort. „Mit der Neukonzeption, in deren Zentrum
das Miteinander verschiedener Lebensstile an einem Ort
steht, möchten wir ein deutliches Zeichen gegen Absonderung setzen“, eröffnete Prälat Michael H.F. Brock, Vorstand
der Stiftung Liebenau, die Feierlichkeiten zum Spatenstich.
Regionale Angebote ergänzen Spezialangebote
„Die Teilhabeplanung des Landkreises Ravensburg setzt
heute auf gemeindeintegrierte Angebote und die Ambulantisierung stationärer Plätze, die eine Umwandlung von
Komplexeinrichtungen der Eingliederungshilfe erforderlich
macht“, erklärte Siegfried Ungewitter, Leiter des Eingliederungs- und Versorgungsamtes. Hierfür braucht es Partner.
„Die richtungsweisende Zielvereinbarung zwischen der
Stiftung Liebenau, der St. Gallus-Hilfe und dem Landratsamt Ravensburg beinhaltet nicht nur die Ortsentwicklung
von Rosenharz, sondern auch die daraus folgende Regionalisierung von wohn- und tagesstrukturierenden Betreuungsangeboten“, erläuterte Jörg Munk, Geschäftsführer der
St. Gallus-Hilfe. Wichtiger Partner bei der Ortsentwicklung
5
ist auch die Gemeinde Bodnegg. „Rosenharz soll ein Ort
der Begegnung für Menschen mit und ohne Behinderung
werden“, betonte Bodneggs Bürgermeister Christof Frick.
Langfristig sollen in Rosenharz etwa 150 von ehemals 270
Menschen mit Behinderung leben. Parallel zu den Bautätigkeiten in Rosenharz, zu denen auch Sanierungen verschiedener Wohngebäude, ein neuer Förder- und Betreuungsbereich und eine offene Wohnbebauung gehören, planen
die Verantwortlichen gemeindeintegrierte Wohnhäuser für
Menschen mit Behinderung in Kommunen der Region wie
Bad Waldsee, Grünkraut und Ravensburg.
Eine Veränderung der Komplexeinrichtung in Rosenharz
wird aus weiteren Gründen notwendig. „Zum einen nimmt
die Zahl der Menschen mit Behinderung zu, die aufgrund
ihres Alters oder der Schwere der Behinderung pflegerische
Unterstützungsleistungen benötigen. Zum anderen ist die
bestehende Bausubstanz sanierungsbedürftig und hält den
Anforderungen der Pflege nicht stand“, erklärte Christine
Beck, Bereichsleiterin für den Bereich Wohnen im Landkreis Ravensburg. Die Neubauten und die sanierten Gebäude bringen Menschen mit Behinderung nicht nur mehr
Lebensqualität, sondern den Mitarbeitern auch verbesserte
Arbeitsbedingungen.
Spatenstich mit zukunftsweisender Bedeutung
Der Spatenstich für das Wohnpflegeheim in Rosenharz mit
46 Wohnplätzen war am 6. Juni der sichtbare Auftakt für
die zukünftige Entwicklung von Rosenharz. Die 46 Einzelzimmer sind auf zwei Stockwerke und insgesamt vier
Wohngemeinschaften verteilt. Jede Wohngemeinschaft hat
eine Küche und einen Wohn-Essbereich, im Erdgeschoss
mit Zugang auf die Terrasse, im Obergeschoss mit Balkon.
Alle Einzelzimmer verfügen entweder über eine eigene
Nasszelle, oder es teilen sich zwei Zimmer eine Nasszelle.
Zudem hat jede Wohngemeinschaft ein gut ausgestattetes
Pflegebad. Büros und Räume für Mitarbeiter wie etwa Umkleideräume sind im Dachgeschoss untergebracht.
Bei dem binnendifferenzierten Angebot für Menschen
mit Behinderung und einem hohen Unterstützungs- und
Pflegebedarf greift sowohl die Eingliederungshilfe als auch
die Pflegeversicherung. Das Haus kostet rund 5,1 Millionen
Euro und wird voraussichtlich im August 2012 bezugsfertig. Bezuschusst wird es vom Land Baden-Württemberg mit
knapp 1,2 Millionen Euro. Der KVJS gibt aus Haushaltsmitteln weitere 598 000 Euro dazu.
Lioba Scheidel, Anne Oschwald
Mehr Lebensqualität für Menschen mit Behinderung in Rosenharz: Der Standort wird durch eine moderne Ortsentwicklung und durch die
Regionalisierung der Wohn- und Betreuungsangebote ein neues, attraktives Gesicht bekommen.
Seit zwei Jahren ein Herz und eine Seele:
Charlotte Grieb und Karl-Heinz Mutter haben
sich über die Internetplattform „www.herzenssache.net“ kennen gelernt.
Bild: Hofmann
www.Herzenssache.net: Partnervermittlung für Menschen mit Handicap
Gesucht und gefunden
Ohne die Partnervermittlung Herzenssache hätten sie
sich wohl nie kennen gelernt. Zwei Jahre später feierten
Charlotte Grieb und Karl-Heinz Mutter zusammen mit
Freunden und Angehörigen ihren Freundschaftstag.
Charlotte Grieb und Karl-Heinz Mutter gaben im Oktober
2010 ein Fest. Sie feierten ihre Partnerschaft, die im Sommer 2008 begann und ihnen viel bedeutet. Um ihre Freude
zu teilen, luden sie Freunde, Verwandte und Bekannte ins
Gasthaus ein. Es war ein Fest mit allem, was dazu gehört:
Kuchenbuffet und Abendessen, Festreden und musikalische
Programmeinlagen. „Alle sollten sehen, dass wir ein Paar
sind“, sagten Charlotte Grieb und Karl-Heinz Mutter.
Gefunden haben sich die beiden über die Internetplattform
„www.Herzenssache.net“. Hier können sich Menschen mit
Behinderung, die sich einen Partner wünschen, registrieren lassen. Ein Foto, die Postleitzahl des Wohnortes, die
Angabe, ob Raucher oder Nichtraucher – viel mehr muss
niemand am Anfang von sich preisgeben. Ohne „Herzenssache“ wären sich Charlotte Grieb und Karl-Heinz Mutter
wohl kaum begegnet, denn ihre Wohnorte liegen weit
auseinander. Sie lebt im Wohnheim der Oberschwäbischen
Werkstätten für Behinderte (OWB) in Ravensburg, KarlHeinz Mutter lebt im Rahmen des Betreuten Wohnens in
Familien in der Nähe von Isny. Trotzdem trifft sich das
Paar mindestens einmal pro Woche. Regelmäßig nimmt
Karl-Heinz Mutter den Bus, um seine Freundin Lotte zu
besuchen. „Und das nie ohne ein Geschenk“, erzählt seine
Bezugsbetreuerin Bianca Heinzle.
Die erste Begegnung fand in einem Café in Ravensburg
statt. Bei Kaffee und Kuchen hat sich das Paar näher kennen gelernt. „Er ist ein Freund für mich“, dachte Charlotte
Grieb, als sie Karl-Heinz zum ersten Mal traf. Zu diesem
Zeitpunkt schon fast 70 Jahre alt, hatte sie den Mut, sich
erstmals auf eine feste Beziehung einzulassen. Auch KarlHeinz Mutter lebte lange allein, nachdem seine frühere
Partnerin vor Jahren verstorben ist. Der Wunsch nach
einem Menschen an ihrer Seite hatte beide auf die Idee
gebracht, es bei „Herzenssache“ zu versuchen – mit Erfolg.
Gefragt nach ihren Wünschen für die Zukunft, bleibt
Charlotte Grieb bescheiden: „Eine gemeinsame Schifffahrt
auf dem Bodensee, das würde mir gefallen.“ Er hat weiter
reichende Pläne. Während eines Ausflugs hat er seiner
Lotte bereits einen Heiratsantrag gemacht. Auf ihr Ja muss
er allerdings noch warten. „Man sollte doch erst noch ein
bisschen länger beieinander sein“, entgegnete sie.
Ruth Hofmann
7
Besinnungstage im St. Theresienheim des Klosters Moos
Von Palmsonntag bis Ostern mit Jesus gehen
Die Besinnungstage als Angebot der
St. Gallus-Hilfe für Menschen mit
Behinderung haben Tradition. In
diesem Jahr standen im St. Theresienheim des Klosters Moos in Eriskirch die Ereignisse der Karwoche
im Mittelpunkt.
Die Fastenzeit dient der Vorbereitung
auf Ostern. 16 Teilnehmer konnten
während der Besinnungstage im St.
Theresienheim des Klosters Moos in
Eriskirch die Ereignisse in der Karwoche neu erfahren. Außerdem boten die
Besinnungstage eine kleine Auszeit vom
Alltag. Begleitet wurden sie von Gabi
Ilg, zuständig für die musikalischen
Anteile, und Wolfgang Ilg vom Pastoralen Dienst. Bestens versorgt wurde die
Gruppe von den Ordensschwestern des
Besinnungstage im Kloster Moos: Die Teilnehmer beschäftigen sich mit den Ereignissen in
der Karwoche. Foto: Ilg
Namensgeber: der Heilige
Otmar von St. Gallen
Ein Namensgeber unserer
Häuser ist der Heilige Otmar
von St. Gallen. Er wurde um
das Jahr 690 geboren, war
Alemanne und übernahm
719 die Führung der Mönche
im Kloster St. Gallen.
Weil Otmar die Rechte des
Klosters gegen die mächtigen weltlichen Herren verteidigte, wurde er gefangen
genommen, falscher Tatsa-
chen beschuldigt
und auf die Rheininsel Werd bei
Stein am Rhein
verbannt. Hier
starb er 759.
Noch heute leben
drei Mönche in
einem kleinen
Kloster mit Otmarkapelle auf der
Insel.
Verehrt wird der Heilige Otmar als
Helfer bei Kinderkrankheiten. Ihm
werden Wasser, Öl und Kinderkleid-
St. Theresienheims. Der Einzug Jesu in
Jerusalem war erster Themenschwerpunkt. Mit Methoden des Bibliodramas
erfuhren die Teilnehmer, wie es sich
anfühlt, unter Jubelgesängen in eine
Stadt einzuziehen. Spät am Abend
feierten sie eine Agape, also ein Essen
der freundschaftlichen Zuwendung.
Nachspüren, wie es den Jüngern im
Abendmahlssaal ergangen sein mag,
war das Ziel. Der zweite Tag stand ganz
unter dem Zeichen des Kreuzwegs mit
all seiner Trauer. Für einige war es nicht
einfach, diesen Weg zu gehen – wurde
er doch unterbrochen von Überlegungen, wo es im eigenen Leben Erfahrungen mit Verspottung oder dem Gefühl
des Gefesseltseins gibt.
Im Zeichen der Auferstehung stand der
letzte Tag. Wie ist es, wenn eine große
Kraft erfahren wird? Wie fühlt es sich
an, wenn jemand sich empor hebt und
mir neues Leben schenkt? Im Sommerschein eines herrlichen Tages wanderten die Teilnehmer nach Langenargen
und erlebten ihren ganz persönlichen
Osterspaziergang.
Wolfgang Ilg
chen geweiht. Die so genannten
„Otmar-Kittelchen“ wurden kranken Kindern früher neun Tage lang
angezogen. Otmar ist meist als Abt
mit seinem Stab abgebildet. Bei
sich hat er Weintrauben und ein
Weinfässchen. Diese symboliseren
das Weinwunder, nach welchem das
Fässchen nie leer wurde, obwohl er
Pilgern und Wallfahrern daraus laufend zu trinken gab. Sein Namenstag ist der 16. November.
Ulrich Gebert
Zum ersten Mal am Tisch des Herrn
Erstkommunion in Hegenberg
Der erste Gottesdienst des neuen Vorstands der Stiftung Liebenau, Prälat Michael H. F. Brock, in Hegenberg war gleich
ein ganz besonderer: Sieben Kinder feierten im Kreis ihrer
Familien Anfang Mai ihre Erste Heilige Kommunion.
„Wer hilft mir mal, den Tisch zu decken?“, fragte Prälat Michael H. F. Brock. Schnell waren die Kinder dabei, ihre Tische
in der Kapelle mit Blumen zu schmücken. „Ihr seid heute
zum ersten Mal am Tisch des Herrn“, sagte Prälat Brock und
brach für jedes Kind ein Stückchen Brot ab. Er entzündete die
Kommunionkerzen am Licht der Osterkerze und die Kinder
brachten sie stolz und konzentriert an ihren Platz.
Ein Dreivierteljahr lang wurden die sieben Kommunionkinder
durch Wolfgang Ilg, Pastoraler Dienst der Stiftung Liebenau,
in der Don-Bosco-Schule auf ihre Erstkommunion vorbereitet.
Drei Kindern spendete Prälat Brock außerdem das Sakrament
der Taufe. Mitarbeiter der St. Gallus-Hilfe gaben dem Gottesdienst mit Querflöte, Geige und Gitarren die festliche Note.
Foto: Claudia Wörner
St. Gallus-Hilfe ehrte langjährige Mitarbeiter
Jahrzehnte tätig für Menschen mit Behinderung
20 Jahre: Christine Barth, Reinhold Bauer, Isabella Beig,
Margarethe Biechl, Pia Birker, Thomas Damte, Petra Friedrich, Christoff Gerath, Jannette Gwinn, Ruth Hofmann,
Holger Immisch, Michael Kindler, Petra Klose, Hermann
Kocheise, Manuela Lämmle, Michael Metzger, Jörg Munk,
Doris Natterer, Ursula Nold, Doris Nuber, Walburga Oberhuber, Edwin Rief, Anita Ruesch, Jeannette Schild-Rauch,
Thomas Schneider, Dieter Schulz, Irmgard Stegmann-Keßler,
Carmen Tran, Ingrid Truckenmüller und Mona Wegst.
25 Jahre: Ghebrehiwet Bereketab, Rita Blaich, Rita BuckKözle, Gabriele Großpietsch, Karl-Heinz Hagmann, Ursula
Hilpert, Evelyn Hipp, Martha Holleczek, Wolfgang Ilg, Christa Knoll-Seidel, Claudia König, Susanne Lachenmayer, Karin
Märten, Ilona Mohr, Dietmar Oberhuber, Waltraud Reiner,
Christine Richter, Artur Röhl, Kornelia Spitaler, Doris Stelzel,
Alfred Stickel, Bernd Wiggenhauser und Ursula Wirtz.
30 Jahre: Ludwig Altherr, Roswitha Boneberg-Behling,
Harald Botzenhardt, Anna-Maria Brüll, Brigitte Buchwald,
Hedwig Burkart, Barbara Feuerstein, Isolde Frank, AnnaElisabeth Geser, Hildegard Götz, Edeltrud Hagg, Renate
Hermenau, Heike Hirschmann-Tänzer, Luzia Jenke-Roth, Ute
Schirmer, Ingeborg Schwarzbach, Katrin Seger und KarlHeinz Steiner.
35 Jahre: Daniela Aggeler, Franz Brugger, Hubert Dreher,
Walter Hertenstein, Helmut Knaier und Christoph Ploch.
77 langjährige Mitarbeiter wurden von der Geschäftsleitung der St. Gallus-Hilfe für ihre langjährige Mitarbeit geehrt. Foto: Wörner
Schwerpunkt: Epilepsie
9
Epilepsie aus medizinischer Sicht
Gehirn im Ausnahmezustand
Was Epilepsie ist, beschäftigte die
Menschen bereits in vorchristlicher
Zeit. Erklärungsversuche führten
zu Überlegungen, dass es sich um
eine „heilige Krankheit“ handelt,
oder es wurden andere mystische
Phänomene vermutet. Hippokrates
bemühte sich, Epilepsie als vollkommen normale Krankheit darzustellen und die mit ihr verbundenen
Ängste bei Betroffenen und ihrer
Umgebung abzubauen. Ganz ist ihm
das wohl nicht geglückt.
Epilepsie ist eine Erkrankung, die sich
in einem kurzen Ausnahmezustand
unserer zentralnervösen Funktionen
äußert. Zentralnervöse Funktionen?
Letztlich sind das alle willkürlichen
Bewegungen, Wahrnehmungen des
Geruchs, des Gehörs, des Sehens, des
Geschmacks, des Fühlens, Erinnerungen, Bewusstsein, Denken, Sprachverständnis, Sprechvermögen und nicht
zuletzt die Gefühle. Epilepsie ist also
eine Krankheit, die sehr nahe an das
herankommt, was uns als Person ausmacht, und die Selbstbestimmtheit für
kurze Zeit außer Kraft setzt. Und das ist
für alle Beteiligten sehr beängstigend.
Unser Gehirn funktioniert elektrisch.
Die Vermittlung zwischen einzelnen
Nervenzellen übernehmen Botenstoffe.
Dieses System ist störanfällig. Genau
wie elektrische Geräte im Haushalt
kann auch das menschliche Gehirn
kurzfristig in Unordnung geraten, was
sich in einem epileptischen Anfall
äußert. Genau genommen kann dies
bei jedem Gehirn vorkommen. Das sind
dann so genannte Gelegenheitsanfälle,
die bei dem einen Anfall bleiben und
vier bis zehn Prozent der Bevölkerung
Heue stehen für die Behandlung der Epilepsie eine Vielzahl an Medikamenten zur Verfügung. Wichtig ist aber auch eine geregelte
Lebensführung. Foto: Kästle
einmal im Leben treffen. Auch Fieberkrämpfe beim unreifen kindlichen
Gehirn im Alter von ein bis fünf Jahren
sind nicht als Epilepsie zu bezeichnen.
Ist das zentrale Nervensystem durch
eine frühkindliche Hirnschädigung, eine
Entzündung oder ein Schädel-HirnTrauma vorgeschädigt, so ist die Gefahr,
eine Epilepsie zu entwickeln, erhöht.
Epilepsie ist letztlich das wiederholte,
unprovozierte Auftreten epileptischer
Anfälle. Sie ist unbedingt behandlungsbedürftig. Viele epileptische Anfälle
schädigen das Gehirn.
Erst 1857 wurde mit den Bromiden
eine erste medikamentöse Therapie
möglich. Heue steht eine Vielzahl an
Medikamenten zur Verfügung. Bis zu
70 Prozent der Epilepsiekranken werden, nachdem das richtige Antiepileptikum gefunden wurde, anfallsfrei. Bei
den anderen Patienten geht es darum,
die Anfallshäufigkeit so niedrig wie
möglich zu halten. Neben den Medikamenten sind hier auch die Vagusnervstimulation und in manchen Fällen auch
epilepsiechirurgische Maßnahmen in
Betracht zu ziehen. Wichtig ist für den
Epilepsiekranken eine geregelte Lebensführung mit regelmäßigen Zubettgehund Aufstehzeiten, sehr gemäßigtem
oder gar keinem Alkoholgenuss, frühzeitiger Fiebersenkung und Vorsicht bei
flackerndem Licht. Die Medikamenteneinnahme muss unbedingt zuverlässig
erfolgen.
Bei einem epileptischen Anfall heißt es
für die Angehörigen: Ruhe bewahren,
auf die Uhr sehen, Verletzungen möglichst ausschließen und die Kleidung am
Hals lockern. Soweit möglich sollten sie
bei großen epileptischen Anfällen für
eine leichte Halbseitenlagerung sorgen.
Bei Bewusstseinsverlust ist sie nötig,
um Verschlucken zu vermeiden. Bei
einer Anfallsdauer von drei Minuten
oder mehr muss das Notfallmedikament verabreicht beziehungsweise der
Notarzt verständigt werden. Meistens
enden epileptische Anfälle jedoch nach
Sekunden oder nach ein bis zwei Minuten von selbst. Kurz zusammengefasst:
Bei der Epilepsie handelt es sich um ein
Krankheitsbild, das oft zu Ängsten beim
Patienten wie auch bei den Angehörigen führt. Ziel ist neben der Anfallsfreiheit, diese Ängste zu bekämpfen und
durch möglichst viel Kenntnis über die
Krankheit Sicherheit zu gewinnen, um
den Alltag genießen und gestalten zu
können.
Dr. Ulrike Unseld-Studemund
Ärztin für Neurologie und
Sozialmedizin, St. Lukas-Klinik
„Alles gut?“, fragt Gruppenleiter und Fachkraft Frank Mahle. Der letzte Anfall ist überstanden. Maxim Pravdikov ist an seinen Arbeitsplatz
zurückgekehrt.
Epilepsietaugliche Arbeitsplätze in Wangen-Schauwies
Ein Restrisiko bleibt
Menschen mit der Diagnose Epilepsie finden selten einen Platz auf dem Arbeitsmarkt. Mit dem Arbeitsintegrationsprojekt (AIP) im Gewerbegebiet Wangen-Schauwies
hat die St. Gallus-Hilfe 2007 eine Werkstatt eingerichtet,
die auch epilepsietaugliche Arbeitsplätze anbietet.
Epilepsie wird im Volksmund gerne auch Fallsucht genannt.
Kommt es zu einem Anfall, sind meist sämtliche Körperfunktionen außer Kraft gesetzt, so dass der Betroffene
ungesichert zu Boden stürzt. Um schlimmsten Verletzungen vorzubeugen, trägt Maxim Pravdikov einen Kopfschutz
ähnlich einem Fahrradhelm, und er sitzt im Rollstuhl. Der
junge Mann ist dafür bekannt, dass er täglich wiederholt
Anfälle hat. „Auch, wenn es zum Alltag gehört, die Angst,
dass er sich verletzten könnte, ist immer da“, berichtet
Fachkraft Frank Mahle. Denn trotz Antiepileptika ist
Maxim Pravdikov vor Anfällen nicht gefeit. Manchmal sind
sie leichter und kürzer, manchmal schwerer und länger.
Anschließend helfen nur Ruhe und, auf seinen Wunsch
hin, eine Zigarette. Dann kehrt er schmunzelnd an seinen
Arbeitsplatz zurück: „War was?“
Die Werkstatt des AIP wurde nicht ausschließlich für
Epileptiker konzipiert, sehr wohl wurde dieses Thema in
der Bauplanung aber mitbedacht. Viel Tageslicht und große
Arbeitseinheiten bieten den Beschäftigten Raum und Bewegungsfreiheit. Medikamentengabe und die Versorgung bei
Anfällen ist durch das Qualitätsmanagementsystem geregelt
und zertifiziert. Arbeitsaufträge werden so vergeben, dass
sie die Anforderungen von Epileptikern erfüllen. So werden
beispielsweise Materialien oder Werkzeuge mit einer hohen
Verletzungsgefahr im Falle eines Sturzes von anderen
Beschäftigten bearbeitet. Außerdem wird vermieden,
11
Epileptiker mit Arbeiten, bei denen
Teile rotieren oder Licht pulsiert, zu
beauftragen.
Bei Bedarf werden den Epileptikern
besondere Stühle zugewiesen, die sie
vor Stürzen bewahren sollen. Uwe
Möhrle verzichtet gerne auf solche
Hilfsmittel. Er fühlt sich im AIP wohl
und kann sich auf seine Kollegen
verlassen. „Bei einem Anfall holen sie
Kissen und Decken, damit Uwe sich
nicht verletzt“, berichtet Fachkraft
Peter Stöhr. Vier Beschäftigte in seiner
Arbeitsgruppe sind Epileptiker. Dank
medizinischer Antiepileptika reduziert
sich nicht nur die Zahl der Anfälle,
sondern sie ermöglichen zudem,
einen schweren Anfall schnell und
unkompliziert zu unterbrechen. Die
notwendigen Kenntnisse erhalten die
Fachkräfte durch regelmäßige Fortbildungen und durch Abstimmungen mit
der St. Lukas-Klinik in Liebenau. Dort
erhalten die betroffenen Menschen
Unterstützung durch die richtigen
Medikamente. Außerdem ist die Versorgung im Notfall durch die neurologische Ambulanz sichergestellt.
Mit der Werkstatt in Wangen Schauwies hat die St. Gallus-Hilfe ein Arbeitsintegrationsprojekt für Menschen
mit unterschiedlichem Hilfebedarf
geschaffen. Die Aufgabe des Teams ist
es, Epileptiker wie Maxim Pravdikov
und Uwe Möhrle in den Arbeitsprozess zu integrieren. Niemand weiß,
wie der nächste Anfall verläuft. Jeder
ist froh, wenn es gut ausgeht. Ein
Restrisiko bleibt immer. „Wir können
die Beschäftigten nur unterstützen,
aber nicht in Watte packen. Es kann
immer etwas passieren“, so Werkstattleiter Erwin Krayer. Prellungen und
Schürfungen können passieren. „Das
Leben mit der Krankheit ist für uns ein
Stück Normalität“, sagt Stöhr.
Lioba Scheidel, Stefan Fricker
Uwe Möhrle fertigt Signalleuchten in allen Größen und Farben. „Feinmotorisch eine sehr
anspruchsvolle Arbeit“, lobt Fachkraft Peter Stöhr. Fotos: Scheidel
Leben mit Epilepsie – ein Erfahrungsbericht
Tim hat seinen Platz gefunden
In einem Fotobuch hat
Erika Luipold die Geschichte ihres an Epilepsie erkrankten Sohnes
Tim festgehalten. Sie
schreibt von Grenzerfahrungen, Ängsten und
belastenden Situationen,
aber auch von schönen
Momenten und beglückenden Erlebnissen im
Kreis der Familie. Tim
ist heute 38 Jahre alt
und lebt seit Juni 2005
in der Wohngruppe Teresa 01 in Liebenau.
Im Mai 1973 wurde Tim Luipold als jüngstes von drei Kindern geboren. Mit neun
Monaten hatte er seinen ersten epileptischen
Anfall. Es folgten viele Untersuchungen und
Krankenhausaufenthalte. Um den Hirndruck
zu senken wurde ein so genannter Shunt bei
dem Jungen gelegt.
Tims erste stationäre Aufnahme im Epilepsiezentrum Kehl-Kork erfolgte im Mai
1975. Der Stationsarzt machte uns keine
Hoffnungen. Tim werde immer auf fremde
Hilfe angewiesen sein, sein Gehirn sei in
einem unheilbaren Zustand. Auch erwähnte
er, dass Tim aggressiv werde und ich davon
das meiste abbekäme. Das kleine, hilflo-
se Bündel auf meinem Arm aggressiv? Er
sollte Recht behalten. Jetzt wussten wir es
definitiv: Wir haben ein geistig und auch
körperlich schwer behindertes Kind. In den
ersten Jahren mit Tim begleitete uns immer
die Angst, dass bei den vielen Anfällen zu
viel in seinem Kopf zerstört wird oder dass
er während des Anfalls ersticken könnte. *
Ärzte, medikamentöse Einstellungen und
Krankenhausaufenthalte gehörten zum Leben der Familie. Phasenweise war Tim sehr
aggressiv, sowohl verbal als auch körperlich.
Durch Aufenthalte in der St. Lukas-Klinik in
Liebenau und im Fachkrankenhaus Mariaberg bekam die Familie wertvolle Tipps, die
den Alltag mit Tim erleichterten. Am 31.
Januar 2002 unterzog er sich einer vierstündigen neurochirurgischen Operation, und
sein gesundheitlicher Zustand verbesserte
sich maßgeblich.
Einer solchen Operation zuzustimmen
war für uns, die wir schon bisher vieles zu
entscheiden hatten, die schwierigste und
weitreichendste Entscheidung. Doch Tims
Zustand hatte sich aufgrund der vielen, zum
Teil sehr schweren Anfälle speziell im Bewegungsbereich zusehends verschlechtert.
Hätte es schon in Tims Kindesalter diese
Möglichkeit der Operation gegeben, so hätte
die gesunde Gehirnhälfte die ausfallenden
Funktionen der stillgelegten anderen Hälfte
möglicherweise weitgehend übernommen,
und es wäre zu keiner schweren Behinderung gekommen!
Bereits vor der Operation hatte sich die Familie Luipold Gedanken über eine Heimunterbringung Tims gemacht, aber das Loslassen fiel vor allem der Mutter sehr schwer.
1994 zog Tim in ein Heim in Reutlingen.
13
Die räumliche Nähe zum Heimatort machte den Ablösungsprozess noch schwieriger. Nach der Operation zog Tim
nach Liebenau. Die Eltern besuchen ihn alle vier Wochen,
dreimal im Jahr verbringt er eine Woche „Urlaub“ im
Elternhaus. Einmal im Jahr trifft sich die ganze Familie mit
Geschwistern, Nichten und Neffen mit Tim in Liebenau.
Die Atmosphäre in Liebenau ist entspannt und ruhig, was
Tim sehr entgegenkommt. Sicherheit vermitteln und freigeben: Das sind die beiden Pole, zwischen denen sich unsere
gemeinsamen Aktivitäten mit Tim auch heute noch abspielen. Nähe und Fürsorge auf der einen Seite, Respektierung
seines ganz eigenen Lebensraumes, den er mit anderen
Menschen teilt, auf der anderen Seite. Tim hat fast keine
Anfälle mehr, ist ausgeglichen und fühlt sich spürbar wohl
– ein neues Leben für uns alle hat begonnen. Ein ganz
besonderer Glücksfall ist die personelle Stabilität im Bereich der Betreuung. Das Team strahlt große Souveränität
und Ruhe aus und hat unser uneingeschränktes Vertrauen.
Jetzt, wo wir sehen, wie glücklich Tim in seinem dortigen
Lebensumfeld ist und wie selbstständig er geworden ist,
können wir beruhigt in die Zukunft sehen.
* Auszüge aus dem Fotobuch von Erika Luipold
Claudia Wörner
Nachgefragt: Bereichsleiter Markus Wursthorn
Epilepsie stellt besondere Anforderungen
Im Haus St. Josef in Liebenau
wurden Wohnplätze für Menschen
mit einer schwer behandelbaren
Epilepsie eingerichtet. Markus
Wursthorn, Bereichsleiter Erwachsene Bodenseekreis/ Landkreis
Sigmaringen, erläutert die Besonderheiten.
Herr Wursthorn, wodurch zeichnen
sich die Wohnplätze für Menschen
mit schwer behandelbarer Epilepsie
im Haus St. Josef aus?
Markus Wursthorn: Die Einzelzimmer
sind entsprechend sturzprophylaktisch
ausgestattet, unter anderem mit einem
weichen Bodenbelag und Kanten-
schutz. Ganz wichtig ist bei Epilepsie
die Dokumentation der Anfälle. Aktuell arbeiten wir an einer verbesserten
technischen Überwachung, sowohl
tagsüber als auch in der Nacht. Sinn
der Technik ist, das Bemühen um ein
ausgewogenes Verhältnis von Autonomie und Aufsicht zu unterstützen,
was sich wiederum positiv auf die
Lebensqualität der betroffenen Menschen auswirkt.
Wie werden die Mitarbeiter auf
die besonderen Herausforderungen
vorbereitet?
Markus Wursthorn: Sie sind besonders geschult, unter anderem im
Wahrnehmen und Beobachten von
epileptischen Anfällen, für die sichere Einleitung von Sofortmaßnahmen
und für die sach- und fachgerechte
Dokumentation. Hinzu kommen
Schulungen und Hospitationen im ZfP
Weissenau und im Epilepsiezentrum
Kehl-Kork. Begleitend erhält das Team
jeden Monat neurologische Konsultationen durch einen Arzt der St. LukasKlinik, außerdem eine enge Begleitung
durch den pflegerischen Fachdienst
der St. Gallus-Hilfe.
Fragen: Claudia Wörner
Teilhabe von Kindern mit Epilepsie in Kindergarten und Schule
„Fabi ist schon wieder umgefallen“
Der fünfjährige Fabian* leidet seit seinem ersten
Lebensjahr an Anfällen, bei denen er das Bewusstsein
verliert, meist stürzt, oft stark schwitzt und teilweise
auch einnässt. Er sieht die Anfälle nicht kommen, kann
nichts dagegen tun. Hinterher ist er meist sehr müde
und weiß nicht mehr wirklich, was geschehen ist. Erst
seit ein paar Wochen steht die Diagnose: Epilepsie.
Fabian besucht seit zwei Jahren einen Regelkindergarten.
Die Erzieherinnen nahmen ihn in die Gruppe auf, obwohl
sie von seiner Erkrankung verunsichert waren. Bedingung
war jedoch, dass Fabian bei einem Anfall von seinen Eltern
abgeholt wird. Die Kooperation zwischen Erzieherinnen
und Eltern war eng, aber alle waren am Rande des Leistbaren. Für die Mutter war es oft schwierig, immer auf Abruf
bereit zu stehen, um Fabian jederzeit abholen zu können.
Für die Erzieherinnen stellte sich immer wieder die Frage,
ob Fabian in der Gruppe nicht überfordert ist und ob die
vielen Reize im Kindergarten vielleicht sogar dazu beitragen, dass es viel häufiger zu Anfällen kommt als zuhause.
Die anderen Kinder waren anfangs oft irritiert. Sie erlebten immer wieder, dass Situationen in der Gruppe durch
die Anfälle von Fabian unterbrochen wurden und dass die
Erzieherinnen sich um ihn kümmern mussten. Inzwischen
gehen sie recht unaufgeregt damit um. „Fabi ist schon
wieder umgefallen“, melden sie der Erzieherin, wenn Hilfe
notwendig ist.
Fabian selbst litt wohl am meisten unter der Situation. Er
erlebte durch die Anfälle, dass sich das Geschehen immer
Der Integrationsfachdienst der St. Gallus-Hilfe unterstützt Kinder in
der Schule und im Kindergarten. Foto: Unseld
wieder völlig seiner Kontrolle entzog – er erfuhr sich selbst
als handlungsunfähig, als ausgeliefert. Darüber hinaus
nahm er die auf ihn gerichtete, angespannte Aufmerksamkeit der Erwachsenen wahr. Er reagierte darauf, indem er
diese Aufmerksamkeit immer mehr einforderte und ein
sehr unruhiges, extrem forderndes Verhalten entwickelte.
Wenn es gelang, Fabian in Kontakt mit anderen Kindern zu
bringen, dann versuchte er das Spiel sehr stark zu dominieren – gleichsam die Kontrolle über das Geschehen zu
behalten. Aus seiner Sicht nur zu verständlich, aber für die
anderen Kinder natürlich schwierig. Seit einigen Monaten
begleitet eine Heilpädagogin des Integrationsfachdienstes
der St. Gallus-Hilfe Fabian zweimal die Woche für einige
Stunden in seinem Kindergartenalltag. Ihre Hilfe bedeutet
Entlastung für die Erwachsenen. Sie unterstützt ihn außerdem dabei, ins Spiel mit anderen Kindern zu finden und
gleichberechtigte Kontakte aufzubauen.
Fabian wird bald sechs Jahre alt und die Frage der Einschulung steht an. Die gleichaltrigen Kinder seines Kindergartens besuchen zur Vorbereitung bereits einmal die Woche
die nahegelegene Grundschule. Bislang konnte sich der Kooperationslehrer nicht vorstellen, Fabian auch in die Schule
mitzunehmen. Zu groß erschien ihm das Risiko, dass es
dort zu einem Anfall kommen und er dieser Situation nicht
gewachsen sein könnte. Für Fabian war es nicht nachvollziehbar, warum alle „Großen“ einmal in der Woche in die
Schule dürfen und er davon ausgenommen sein soll. Nur
mit großem Engagement aller Beteiligten gelang es, eine
Lösung zu finden. Inzwischen begleitet die Heilpädagogin
des Integrationsfachdienstes Fabian in die Schule, und er
gehört zu den Vorschulkindern wie alle anderen.
Noch ist die Frage der Einschulung ungeklärt. Der Schulleiter befürchtet, dass das Anfallsgeschehen den Schulalltag sehr beeinträchtigen könnte. Er schlägt deshalb eine
Sonderschule vor, in denen der Umgang mit epilepsiekranken Kindern zum Alltag gehört. Fabians Eltern wünschen
sich jedoch, dass ihr Kind am Wohnort zur Schule gehen
kann. Grundsätzlich ist eine Integrationsbegleitung auch
in der Schule möglich, aber Grundvoraussetzung ist die
Motivation aller Beteiligten. Fabian freut sich auf jeden Fall
schon auf die Schule und hat sich bereits eine schicke rote
Schultasche ausgesucht.
Sylvia Unseld
* Name von der Redaktion geändert
Kinder, Jugendliche und Familien
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Schule für Kranke am Klinikum Friedrichshafen
Lernort für junge Patienten
Als Abteilung der Don-Bosco-Schule
der St. Gallus-Hilfe in Hegenberg
wurde im November 2010 die
Schule für Kranke am Klinikum
Friedrichshafen eröffnet. In enger
Zusammenarbeit mit der Station
für Pädiatrische Psychosomatik im
Mutter-Kind-Zentrum unterrichtet
Sonderpädagogin Iris Maucher hier
zwischen sechs und zehn Schüler.
Schule gehört zum Alltag, ist ein Stück
Normalität. Die jungen Patienten
der Pädiatrischen Psychosomatik des
Klinikums Friedrichshafen – sie sind
zwischen sieben und 13 Jahre alt –
gehen täglich für zwei Stunden in die
Schule für Kranke, eine Abteilung der
Don-Bosco-Schule der St. Gallus-Hilfe.
Zum einen sollen sie während ihres
sechs- bis achtwöchigen Klinikaufenthalts nicht zu viel Schulstoff verpassen. „Der Unterricht ergänzt außerdem das Behandlungskonzept der
Station für psychosomatisch erkrankte
Kinder“, erläutert Sonderpädagogin
Iris Maucher.
Von den Lehrern der Heimatschule
erfährt sie, welche Fächer besonders
in den Blick genommen werden
sollten. „In der Regel sind es die
Kernfächer wie Mathematik, Deutsch
oder Fremdsprachen“, so Iris Maucher.
Nicht selten zeige sich das Problem
des jungen Patienten aber auch gerade
im Zusammenhang mit Schule. Da gibt
es Kinder, die nur mit Bauchweh zur
Schule gehen, in der Schule unerklärliche Kopfschmerzen bekommen oder
im Extremfall die Schule völlig verweigern. „In solchen Fällen sind natürlich
andere Themen wichtiger als das fehlerfreie Diktat“, weiß die Lehrerin. So
bietet die Schule für Kranke auch die
Chance, nach dem Krankenhausauf-
Schule für Kranke am Klinikum Friedrichshafen: Sonderschullehrerin Iris Maucher (rechts)
und Tanja Degenhardt, Leiterin der Station für Pädiatrische Psychosomatik, arbeiten eng
zusammen. Foto: Wörner
enthalt wieder einen besseren Einstieg
in den Schulalltag zu finden.
Bei jedem Kind schaut Iris Maucher
zunächst, was es gut kann. „Ganz
wichtig ist, einen Zugang zum Kind
zu finden, und das passiert am besten
über das Lob.“ Stößt sie auf Ablehnung, nähert sie sich spielerisch mit
Hilfe von Materialien, die nicht an
Schule erinnern. „Das können zum
Beispiel Kniffel- und Geschicklichkeitsspiele sein, oder ich lasse das Kind
malen“, erzählt sie. Von Vorteil sind
die kleinen Gruppen mit drei bis vier
Kindern aller Schularten. „So kann
jedes Kind ganz individuell betreut
werden.“ Während Iris Maucher einem Schüler neuen Stoff in Mathematik erklärt, lernt ein anderer englische
Grammatik. Auch Hausaufgaben
gehören dazu. Allerdings werden sie
noch am selben Tag von der Lehrerin
kontrolliert, und das Ergebnis dient als
Unterrichtsbasis für den nächsten Tag.
„Der Unterricht ist Teil eines dichten
Therapieplans“, erklärt Stationsleiterin
Tanja Degenhardt. So steht Iris Maucher in engem Austausch mit allen
Therapeuten, ist bei Visite, Supervision und Teambesprechungen dabei. Für
die psychisch oder seelisch kranken
Kinder biete diese besondere Art der
Schule eine Chance, sich selbst anders
zu erleben oder von einer bestimmten
Rolle zu verabschieden. „Dabei steht
der Aufbau eines positiven Selbstbildes
im Vordergrund“, unterstreichen Iris
Maucher und Tanja Degenhardt.
Claudia Wörner
Wohnprojekt „Beziehungsweise“ der St. Gallus-Hilfe in Ravensburg (von links): Student Florian Stier und Betreuerin Martina Sorg (rechts)
unterstützen Johannes Meyjohann und Lance Glazier im Alltag. Foto: Wörner
Wohnprojekt „Beziehungsweise“ der St. Gallus-Hilfe in Ravensburg
Studentenbude mit menschlicher Note
In der Ravensburger Rudolfstraße leben junge Menschen mit Behinderung und Studenten der Dualen
Hochschule unter einem Dach. Mit dem Wohnprojekt
„Beziehungsweise“ knüpft die St. Gallus-Hilfe an ihren
gemeinsamen Bedürfnisse an.
Lance Glazier und Johannes Meyjohann gehören zu den
neun jungen Menschen mit Behinderung, die in der Ravensburger Rudolfstraße 11 in Wohngemeinschaften leben.
Beide wollten für sich ein Leben in der Stadt mit ihrer
Vielfalt an Freizeitmöglichkeiten und Treffpunkten, was
ihrem Bedürfnis nach Kontakt, Beziehung und Lebenslust
entspricht. Neben Wohnraum für Menschen mit Behinderung im Alter zwischen 19 und 25 Jahren sind in der
Rudolfstraße zwei Einzimmerappartements für Studenten
entstanden. Im gleichen Haus befinden sich außerdem Räu-
me der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW).
Einer der Studenten ist Florian Stier. Er studiert im Bereich
Tourismus Destinations- und Kurortemanagement. Wenn es
sein straffer Stundenplan mit 36 Wochenstunden zulässt,
ist er am Spätnachmittag mit am Kaffeetisch, an dem sich
die WG-Mitglieder nach der Arbeit treffen. „Im Gespräch
ergibt sich, ob wir zum Beispiel zusammen einkaufen
gehen oder etwas anderes unternehmen“, erzählt Florian
Stier. Mit Johannes verbindet den 19-Jährigen die Liebe zur
Musik. Er spielt Trompete und Johannes Saxophon. „Es
hört sich noch ziemlich schräg an, aber es macht Spaß“,
sind sich die beiden einig.
Ziel ist ein normales Miteinander
Johannes absolviert derzeit eine Ausbildung zum Hauswirtschaftlichen Helfer in der Altenpflege und besucht die Be-
17
rufsschule in Friedrichshafen. „Ich bin ganz froh, dass mir
Florian bei Mathe hilft. Außerdem kann ich bei ihm ab und
zu meine E-Mails checken“, erzählt er aus seinem Alltag.
Auch Lance – er besucht den Berufsbildungsbereich in Liebenau – geht gerne mit dem Student in die Stadt. „Manchmal spielen wir auch zusammen an der Playstation.“ Wenn
Florian mal keine Zeit hat, ist das für die jungen Männer
kein Problem. „Sie haben selbst einen straffen Tagesablauf
mit Arbeit und Pflichten im Haushalt. Außerdem sind sie in
Vereinen aktiv“, berichtet Betreuerin Martina Sorg von der
St. Gallus-Hilfe. Ziel sei vielmehr ein normales Miteinander,
wie es unter Nachbarn üblich sei.
Florian Stier hat den Vorteil einer mit 250 Euro recht
günstigen Miete. Hinzu kommt eine Aufwandsentschädi-
gung. „Außerdem bin ich dank der zentralen Lage in einer
Minute in der Vorlesung“, nennt er einen weiteren Vorteil.
Seine Mitstudenten äußern sich grundsätzlich positiv zu
seiner Wohnform, auch wenn sie es sich für sich selbst im
Moment nicht vorstellen können. „Ich wusste vor meinem
Einzug ja auch nicht, was auf mich zukommt. Aber jetzt
finde ich es gut, dass zu Hause immer etwas los ist und
ich nicht allein im stillen Kämmerchen sitze“, so Florians
Erfahrung.
Claudia Wörner
Nachgefragt: Franz Brugger zum Wohnprojekt „Beziehungsweise“
Bürger-Profi-Mix in der Rudolfstraße
Franz Brugger, Leiter des Heimbereichs St. Martin der St. Gallus-Hilfe
in Hegenberg und Ravensburg, war
maßgeblich an der Entwicklung des
Wohnprojekts „Beziehungsweise“
beteiligt. Die Idee dahinter ist der
Anstoß einer gesellschaftlichen Entwicklung, hin zu mehr Inklusion.
Im Februar 2010 zogen die ersten
Menschen in den Neubau in der
Ravensburger Rudolfstraße ein. Was
ist das Besondere am Wohnprojekt
„Beziehungsweise“?
Franz Brugger: „Beziehungsweise“
knüpft an die gemeinsamen Bedürfnisse junger Menschen an und verbindet
Kontakt, Beziehung und Freizeitgestaltung auf der einen mit bezahlbarem
Wohnraum und bürgerschaftlichem
Engagement auf der anderen Seite.
Ein Ziel der Entwicklungen im Bereich
Wohnen ist, Menschen mit Behinderung zu ermöglichen, sich als Mitbürger im Gemeinwesen zu erleben.
Für welche Menschen ist „Beziehungsweise“ als Wohnform geeignet?
Franz Brugger: Grundsätzlich hat es
nichts mit dem Grad der Behinderung
zu tun. Voraussetzung ist, dass die
Menschen einen zweiten Lebensbereich in Form einer Arbeit oder einer
anderen Tagesstruktur haben. „Beziehungsweise“ ist für junge Menschen
gedacht, die sich in der Lebensphase
des Nachreifens und Sichausprobierens befinden. Sie müssen dazu in der
Lage sein, auf andere Menschen zuzugehen. Das ist wichtig, um vom städ-
tischen Umfeld profitieren zu können.
Außerdem muss die Bereitschaft da
sein, sich an der täglichen Hausarbeit
zu beteiligen. Bewusst haben wir uns
für Studenten entschieden, die ausdrücklich keinen sozialen Studiengang
gewählt haben. Grund dafür ist, dass
wir auf diese Weise eine gesellschaftliche Entwicklung anstoßen wollen und
auf einen Multiplikatoreffekt setzen.
Fragen: Claudia Wörner
Franz Brugger, Leiter des
Heimbereichs St. Martin in
Hegenberg und Ravensburg.
Foto: Wörner
Festlicher Gottesdienst zum 25-jährigen Jubiläum der Freizeitgruppe Oberzell
Kinder profitieren durch gelebte Inklusion
25 Jahre Zusammenarbeit zwischen dem Kindergarten St. Nikolaus und der Grundschule Oberzell
mit der Sonderschule Don Bosco
in Hegenberg wurden im Mai mit
einem festlichen Gottesdienst in
der Pfarrkirche St. Antonius in
Oberzell gefeiert. Rund 150 Kinder
mit und ohne Behinderung lernten
in dieser Zeit voneinander.
Große, bunte Buchstaben bildeten
zusammengesetzt das Wort Danke.
Aufgeregt und auch ein wenig stolz
brachten die Kinder aus Hegenberg
und Oberzell die Buchstaben zum
Altar und sangen ein Lied. „An einem
Tag wie heute werden wir uns bewusst, dass wir alle Kinder Gottes
sind“, sagte Weihbischof Franz-Josef
Kuhnle beim Festgottesdienst zum
25-jährigen Jubiläum der Kooperation
zwischen Einrichtungen in Oberzell
und der Sonderschule Don Bosco in
Hegenberg.
25 Jahre Kooperation der Sonderschule Don Bosco in Hegenberg mit Kindergarten und
Grundschule in Oberzell: Gefeiert wurde mit einem festlichen Gottesdienst. Foto: Wörner
„Freundschaft ist ein Geschenk und
ein Grund, zu danken“, betonte
Wolfgang Ilg, Pastoraler Dienst der St.
Gallus-Hilfe. Durch die Kooperation
seien Ängste und Vorurteile abgebaut
worden und Freundschaften hätten
sich entwickelt. Der Zufall und die Begegnung von Menschen, die von einer
Idee begeistert waren, hätten diese 25
Jahre der Zusammenarbeit möglich ge-
macht, sagte Franz Gitschier, Schulleiter der Don Bosco Schule. Auch Josef
Hartmann, Schulleiter der Grundschule Oberzell, dankte allen engagierten
Lehrern: „Die Kompetenzen, die durch
dieses Projekt vermittelt werden, sind
für unsere Kinder unersetzlich.“
Claudia Wörner
Schulen in Oberzell und Hegenberg kooperieren seit 25 Jahren
Im Spiel finden Kinder zusammen
Vor 25 Jahren – Inklusion war noch ein Fremdwort
– gab Lehrerin Margret Polivka den Anstoß für die
Zusammenarbeit zwischen dem Kindergarten und der
Grundschule in Oberzell und der privaten Sonderschule Don Bosco in Hegenberg. Gemeinsam mit ihrer
Kollegin Hilde Götz und Grundschullehrerin Inka
Gerhart begleitet sie die regelmäßigen Begegnungen
der Kinder aus Oberzell und Hegenberg.
Frau Polivka, wie ist die Kooperation mit den Oberzeller Einrichtungen entstanden?
Margret Polivka: Im Grunde war es ein Zufall. Mein Sohn
ging in den Kindergarten Oberzell, in dem das Kinderbuch
„Die Raupe Nimmersatt“ bearbeitet wurde. Genau zu
diesem Buch übten wir mir unseren Schülern in Hegenberg
ein Theaterstück ein und ich regte an, dass die Kindergartenkinder zu unserer Aufführung kommen. Ich kann mich
noch gut erinnern, wie die Kinder neugierig ihre Nasen
am Fenster platt drückten, als wir sie zum ersten Mal in
Oberzell besuchten. Zunächst gab es große Berührungsängste, die sich aber im Spiel lösten. Eigentlich war nur diese
Begegnung vorgesehen, aber die Eltern regten an, sich weiter zu treffen. Innerhalb der Elternschaft gab es aber auch
Gegenstimmen. So meinte ein Vater, warum ich unbedingt
das Leid in den Kindergarten tragen müsse. Es folgte ein
Elternabend mit geheimer Abstimmung, die positiv für die
19
Zusammenarbeit ausfiel. Seitdem treffen wir uns regelmäßig. 1988 wurde zusätzlich zum Kindergartentreff die
Freizeitgruppe für Grundschüler aus Oberzell gegründet.
Die Freizeitgruppe aus Oberzell trifft sich jede Woche
in Hegenberg mit einer Gruppe von Kindern mit Behinderung. Frau Götz, wie läuft so ein Nachmittag ab?
Hilde Götz: Wir machen das, was allen Kindern gut gefällt,
das heißt, wir spielen, basteln, tanzen und lachen. Dabei
merken die Kinder aus Oberzell, dass auch Kinder mit
Behinderung Spaß und Lebensfreude haben. Wir feiern
gemeinsam, und besonders viel Spaß macht das Übernachtungsfest, zu dem die Eltern morgens das Frühstück
bringen. Die Oberzeller Kinder interessiert sehr, wie die
Hegenberger Kinder in ihren Wohngruppen leben. Sich
selbst mal in einen Rollstuhl zu setzen oder mit Hilfe von
einer Augenbinde herauszufinden, wie es ist, blind zu sein,
sind für die Kinder wichtige Erfahrungen. Im Gegenzug
waren wir Hegenberger zu Besuch in der Grundschule und
sie lernten den „normalen“ Unterricht kennen.
Was hat sich in den 25 Jahren verändert?
Margret Polivka: Bei den ersten Begegnungen sind die
Kinder zwar nach wie vor zurückhaltend, aber sie sind doch
wesentlich bereiter, sich auf die Kinder mit Behinderung
einzulassen. Verändert hat sich unser Stellenwert. Musste
ich mich früher manchmal für die Kooperation rechtfertigen, ist die Freizeitgruppe heute ein selbstverständlicher
Bestandteil des Schulalltags. Schön ist, dass manche unserer Oberzeller Grundschulkinder inzwischen bei uns zum
Sozialpraktikum, Zivildienst oder Freiwilligen sozialen Jahr
waren. Wir stellen fest, dass sie einen ganz anderen Zugang
zu den Kindern mit Behinderung haben.
Fragen: Claudia Wörner
Geschwisterzeit für Brüder und Schwestern von Kindern mit Behinderung
Heute stehe ich mal im Mittelpunkt
In einer Familie mit mehreren Kindern treffen unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse aufeinander. Gibt es eine
Schwester oder einen Bruder mit Behinderung oder chronischer Erkrankung, bedeutet dies eine weitere Herausforderung. Für sie gibt es die „Geschwisterzeit“, ein gemeinsames
Angebot der St. Gallus-Hilfe, der St. Jakobus Behindertenhilfe in Zußdorf und Haslach sowie der Schule für Blinde und
Sehbehinderte in Baindt.
Geschwister von behinderten Kindern entwickeln häufig
schon früh ein hohes Maß an Rücksichtsnahme, Verantwortungsgefühl und Fürsorge. Nicht selten fühlen sie sich jedoch
auch überfordert und innerlich zerrissen zwischen dem
Helfen-Wollen und dem Erfüllen der eigenen Bedürfnisse.
Das Angebot „Geschwisterzeit“ stellt die Geschwisterkinder
mit ihren eigenen Wünschen, Empfindungen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt. Bei kreativen und erlebnispädagogischen Treffen, Ausflügen und Hüttenaufenthalten können
sie sich mit anderen betroffenen Kindern austauschen und
Handlungsstrategien für ihren besonderen Alltag entwickeln.
Sie entdecken ihre eigenen Stärken und bauen Selbstbewusstsein auf, zum Beispiel bei einer spannenden Übernachtung im Tipi oder während einer Kanufahrt auf dem
Illmensee. Der Aufbau der „Geschwisterzeit“ wurde durch
die Stiftung Kinderland Baden-Württemberg ermöglicht. Unterstützt wird das Projekt von Round Table 37 Ravensburg.
Foto: Claudia Wörner
Arbeit und Bildung
Werkstattbeschäftigte in Rosenharz fertigten Nisthilfen für Insekten
Kinderstuben für Wildbienen
Die Marktgemeinschaft Bodenseeobst will heimischen Wildbienen
wieder ein Zuhause bieten. Eigens
dafür fertigte die Werkstatt für
Menschen mit Behinderung (WfbM)
der St. Gallus-Hilfe Rosenharz 75
sorgfältig ausgetüftelte Nisthilfen.
Wildbienen fliegen schon im März.
Anders als Honigbienen scheuen
sie keine Kälte und tragen auch bei
niedrigen Temperaturen Pollen von
Blüte zu Blüte. Neue Felderstrukturen
aber begrenzen den Lebensraum der
Wildbienen. „Das muss sich ändern“,
beschlossen die Obstbauern der
Marktgemeinschaft Bodenseeobst.
Im Rahmen eines Pilotprojektes der
REWE Group, Obst vom Bodensee
Vertriebsgesellschaft und BodenseeStiftung Radolfzell, sollen die Wildbienen wieder in der Landschaft angesiedelt werden.
Der Auftrag lautete, mit einem Wildbienenexperten den idealen Nistkasten zu entwickeln. Die dafür geeignete Werkstatt fand Obstbau-Beraterin
Katja Röser in der St. Gallus-Hilfe. In
der Schreinerei in Rosenharz wurden
bereits Serien von Seifenkisten bis
Vogelhäusern gefertigt. Für WfbMBeschäftigte wie Klaus Hahn oder
Tuillo Michienzi sind die Holzarbeiten
eine willkommene Abwechslung zur
Industriearbeit. Mit faszinierender
Geduld meisterten sie die Arbeit an
den Maschinen. So entstanden unter
Anleitung von Fachkraft und Schreiner
Richard Weiland 75 wetterbeständige
und wildbienenfreundliche Nistkästen.
Katja Röser ist von der perfekten
Ausführung pünktlich zur Brutsaison
begeistert. Für die Obstbau-Beraterin
ist das Pilotprojekt der Beginn einer
verlässlichen Zusammenarbeit mit der
WfbM: „Wenn das Projekt erfolgreich
verläuft, sind wir an weiteren Nisthilfen interessiert.“ Für die WfbMBeschäftigten und die Fachkräfte sind
solche Kooperationen „eine Chance,
zu beweisen, dass wir gute Arbeit leisten“, so der Einrichtungsleiter AlbertJan Brunzema. „Die Auftraggeber
profitieren von unserer Bereitschaft,
uns für neue Projekte zu begeistern
und sie zuverlässig in guter Qualität
auszuführen.“
Lioba Scheidel
Pünktlich zur Brutsaison nahm Obstbau-Beraterin Katja Röser (rechts) die ersten Nisthilfen
für Wildbienen in Empfang. Unter Anleitung von Richard Weiland haben die WfbM-Beschäftigten Tuillo Michienzi und Klaus Hahn maßgeblich am Projekt mitgewirkt (von links).
Foto: Scheidel
termine
10. September
14./15. Oktober
9. November
Flohmarkt, Rosenharz
Theateraufführung in St. Hedwig,
17.30 Uhr, Martinsfeier,
Bad Wurzach
Liebenau
10.30 Uhr, Erntedankfest mit Gottes-
1. November
10. November
dienst, Frühschoppen und Mittagessen,
10.30 Uhr, Gottesdienst mit Gräber-
17.00 Uhr, Martinsfeier,
Liebenau
besuch, Liebenau
Hegenberg
25. September
21
In Markdorf startete ein Gemeinschaftsprojekt für Menschen mit Handicap
Leben und Arbeiten an einem Ort
Eine neue Werkstatt für Menschen
mit Behinderung ist im Markdorfer
Schießstattweg entstanden.
16 Menschen mit geistigem beziehungsweise psychischem Handicap
haben hier schon mit der Arbeit
begonnen.
Im ehemaligen Ausbildungszentrum
der Firma Rohwedder in Markdorf
wird seit März wieder gearbeitet. Die
St. Gallus-Hilfe richtete hier in Kooperation mit den Sprungbrett-Werkstätten
Bermatingen regionale Werkstattplätze
für Menschen mit Behinderung beziehungsweise psychischer Erkrankung
ein. Je acht Beschäftigte von jeder
Einrichtung haben bereits ihre Tätigkeit in Markdorf aufgenommen. „Es
gibt in der neuen Betriebsstätte noch
freie Kapazitäten und natürlich auch
die Möglichkeit, im Rahmen eines
Praktikums herauszufinden, ob das
neue Angebot das Geeignete ist“, sagt
Wolfgang Reck, Leiter des Arbeitsbereiches Liebenau, an den die neue Betriebsstätte angebunden ist. Erfreulich
sei auch, dass im Markdorfer Mehrgenerationenhaus ein Einzelarbeitsplatz
eingerichtet worden sei.
Die meisten der Werkstattbeschäftigten leben in Markdorf und Umgebung. „Die Menschen können durch
die neue Betriebsstätte an dem Ort
arbeiten, an dem sie leben. Sie sparen
dadurch die tägliche Fahrzeit und das
damit verbundene frühe Aufstehen“,
nennt Wolfgang Reck einige Vorteile.
Marliese Merkle freut sich für ihren
Sohn Richard, der im neuen Betrieb
arbeitet: „Wir haben schon lange auf
eine Arbeitsmöglichkeit in Markdorf
gewartet.“ Positiv sieht sie die Nähe
zur Innenstadt mit der Möglichkeit,
Kontakte zu knüpfen. Auch Andreas
Grimm hat seinen Arbeitsplatz von
Liebenau nach Markdorf verlegt. „Ich
lebe hier, und in die Werkstatt kann
ich von zuhause mit dem Fahrrad
fahren“, sagt er.
Arbeit mit örtlichen Betrieben
Für den Standort der Betriebsstätte
mitten im Markdorfer Gewerbegebiet
Schießstattäcker spreche vor allem die
Nähe zu den örtlichen Industrie- und
Handwerksbetrieben, erläutert Wolfgang Reck. Aufträge liegen aktuell von
einem benachbarten Unternehmen vor,
das für die Luft- und Raumfahrt tätig
ist. „Dabei handelt es sich um eine anspruchsvolle Tätigkeit, aber um nichts,
was unsere Beschäftigten nicht leisten
können“, erklärt er. Durchaus denkbar
sei eine langfristige Zusammenarbeit
mit Unternehmen, die Tätigkeiten aus
ihren Fertigungs- oder Verpackungsabläufen ausgliedern möchten, um
sie von Menschen mit Behinderung
verrichten zu lassen.
Zwei Bereiche wurden in der rund 400
Quadratmeter großen Werkstatt auf
einer Ebene eingerichtet. Dabei wurde
ganz bewusst auf feste Trennwände
verzichtet, um Durchlässigkeit zwischen den Bereichen zu ermöglichen.
Neben einem Büro für die beiden
Gruppenleiter – für die Gallus-Werkstatt ist Sepp Hündorf vor Ort – gibt es
einen Ruheraum, einen Pausenraum
für Mahlzeiten sowie einen Bereich
für Fortbildungen und arbeitsbegleitende Maßnahmen. Der Sanitärbereich
wurde renoviert und ergänzt. Die
Hospitalstiftung liefert täglich ein frisch
zubereitetes, warmes Mittagessen.
Claudia Wörner
Gemeinschaftsprojekt der St. Gallus-Hilfe
und der Sprungbrett-Werkstätten Bermatingen: Michael Petroschka hat hier einen
neuen Arbeitsplatz gefunden. Foto: Wörner
Kontakt
Wolfgang Reck
St. Gallus-Hilfe
Telefon 07542 10-2330
E-Mail: wolfgang.reck@
st.gallus-hilfe.de
Martin Hahn
Sprungbrett-Werkstätten
Telefon 07544 952712
E-Mail:
[email protected]
Arbeits- und Bildungsprojekt „Arbeit Inklusive!“
Eine Bereicherung für das Team
„Raus aus der Behindertenwerkstatt, rein in die Unternehmen“: Das neue Arbeits- und Bildungsprojekt mit
dem Namen „Arbeit Inklusive!“ der St. Gallus-Hilfe will
Menschen mit Behinderung im Schwarzwald-Baar-Kreis
den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt eröffnen.
„Ich bin froh, dass ich hier arbeiten kann. Die Arbeit mit
den anderen macht Spaß, ich werde unterstützt, und alle
sind sehr hilfsbereit“, meint Julia Basgall. Dass sich die
28-Jährige mit einer Körper- und Sprachbehinderung im
Lager der Tafel Villingen-Schwenningen wohl fühlt, ist
ihr auf den ersten Blick anzusehen. Vom ersten Tag ihres
vierwöchigen Praktikums an fühlte sie sich im Team gut
aufgenommen. Inzwischen ist sie an ihrem Außenarbeitsplatz festangestellte Mitarbeiterin der St. Gallus-Hilfe. Sie
arbeitet täglich von 9 bis 13 Uhr und ist für die Verpackung
von Trockenlebensmitteln zuständig, die von der Tafel
kostengünstig an bedürftige Menschen weitergegeben werden. Nicht nur die neue, motivierende Arbeit erledigt Julia
Basgall selbstständig, auch den Arbeitsweg legt sie Tag für
Tag eigenständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück.
„Ich kann direkt vor meiner Haustür in den Bus einsteigen,
und der fährt fast bis hierher“, berichtet die junge Frau aus
Schwenningen.
Helgina Zimmermann, Vereinsvorsitzende des „Mach-mit
Fördervereins“ lobt die neue Mitarbeiterin: „Julia arbeitet
sehr zuverlässig und ist verantwortungsbewusst. Sie ist eine
Bereicherung für das gesamte Team.“ Ermöglicht hat die
Außenarbeitsplatz für Julia Basgall (rechts)
in der Tafel in Villingen-Schwenningen (von
links): Unterstützt wird sie von der Leiterin
der Tafel, Helgina Zimmermann, Kollegin
Barbara Morawin und Achim Leibach, Mitarbeiter der St. Gallus-Hilfe. Foto: Meyer
Zusammenarbeit die St. Gallus-Hilfe mit dem neuen Projekt
„Arbeit Inklusive!“. Ziel ist es, Menschen mit Behinderung
Arbeitsplätze zu vermitteln, die genau zu ihnen passen und
an denen sie unmittelbar mit Menschen ohne Behinderung zusammenarbeiten. Die St. Gallus-Hilfe kam mit dem
Angebot in enger Abstimmung mit dem Landratsamt des
Schwarzwald-Baar-Kreises der Nachfrage nach alternativen
Möglichkeiten zur Teilhabe am Arbeitsleben nach. Die
ambulanten Assistenzleistungen durch die Fachkräfte der
St. Gallus-Hilfe stehen im Zentrum des Konzeptes.
Die Mitarbeiter der St. Gallus-Hilfe orientieren sich an
den Stärken, den Wünschen und den Qualifikationen ihrer
Bewerber, auf deren Basis sie gezielt für jeden den passenden Berufszweig und den geeigneten Betrieb suchen. „Die
Firmen sind sehr offen, und die Reaktionen sind positiv“, so
Achim Leibach, Fachkraft der St. Gallus-Hilfe. Er stellt die
Kontakte her und betreut die Menschen mit Behinderung
durch regelmäßige Besuche direkt am Arbeitsplatz.
Um die notwendige Verlässlichkeit gegenüber den Menschen mit Behinderung gewährleisten zu können, hat die
St. Gallus-Hilfe außerdem teilstationäre Plätze zur Bildung,
Förderung und Unterstützung in der Pontarlierstraße in
Villingen-Schwenningen eingerichtet. Hier finden neben
der betrieblichen Arbeit Schulungen und arbeitsbegleitende
Aktivitäten statt.
Jennifer Meyer
Kapitel
23
Nachgefragt: Jan Hauser, Leiter des Sozialamtes im Schwarzwald-Baar-Kreis
Jeder Mensch hat Stärken und Talente
Das Landratsamt SchwarzwaldBaar-Kreis arbeitet im Rahmen
des Projekts „Arbeit Inklusive!“
eng mit der St. Gallus-Hilfe
zusammen. Jan Hauser, Leiter
des Sozialamtes im Landratsamt
über die Bedeutung von Arbeit
und Inklusion für Menschen mit
Behinderung und unsere Gesellschaft:
Herr Hauser, welche Notwendigkeit sehen Sie in Angeboten wie „Arbeit Inklusive!“ von der St. Gallus-Hilfe?
Jan Hauser: Arbeit fördert das Selbstbewusstsein von
Menschen, gerade auch von Menschen mit Behinderung.
Bislang gab es neben dem System Werkstatt für sie im
Schwarzwald-Baar-Kreis leider nicht allzu viele Angebote.
Das Landratsamt versucht daher, Anbieter vor Ort zu unterstützen, um mit neuen Konzepten Arbeitsplätze zu schaffen. Dies sollte idealerweise auf dem ersten Arbeitsmarkt
geschehen, aber auch ausgelagerte Werkstattplätze sind
eine Möglichkeit. Ziel des Angebotes ist es, Menschen mit
Behinderung – unabhängig von Art und Schwere – durch
eine größtmögliche Integration ins Arbeitsleben Normalität
zu ermöglichen.
Welche Voraussetzungen müssen dafür geschaffen
werden?
Jan Hauser: Die Gesellschaft muss die Einbeziehung von
Menschen mit Behinderung ins Arbeitsleben als selbstverständlich ansehen. Auch sie haben Stärken und Talente.
Diese Vielfalt kann unserer Gesellschaft weiterhelfen. Im
Sinne der Inklusion muss sie ihre Strukturen so anpassen,
dass jeder seinen Fähigkeiten entsprechend arbeiten kann.
Die St. Gallus-Hilfe stellt 24 Werkstattarbeitsplätze zur
Verfügung, die sich in Behörden und Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes befinden, und bietet vielfältige
Assistenzleistungen an.
Fragen: Anne Oschwald
Spenden sichern Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien
40 000 Euro für soziale Projekte
Integrative Freizeitgruppen, Ferienprogramme, Hilfen für Familien:
Vielfältig sind die Projekte, die mit
Hilfe privater Spender realisiert
und gesichert werden können.
Insgesamt 40 000 Euro aus der
Weihnachtspendenaktion der
Stiftung Liebenau wurden vom Stiftungsvorstand an Projekte in der
St. Gallus-Hilfe und im Netzwerk
Familie weitergegeben.
Viele integrative Freizeit- und Feriengruppen, die in Regie der St. GallusHilfe in den Landkreisen Ravensburg,
Schwarzwald-Baar und im Bodenseekreis angeboten werden, freuen sich
über Zuschüsse aus Spendenmitteln.
Bereits seit einigen Jahren gibt es
diese Angebote für Kinder, Jugendliche
oder Erwachsene, die in ihrer Freizeit
gemeinsam mit Gleichaltrigen neue
Erfahrungen machen, sich sportlich
oder künstlerisch betätigen oder einfach Freunde treffen wollen. Von der
regelmäßigen Mädchengruppe in Bad
Wurzach bis zu erlebnispädagogischen
„Märchentagen“ reicht das Programm,
das mit Hilfe der Spendenmittel für
das ganze Jahr abgesichert ist. Eine
Finanzspritze zur Einrichtung eines
Computer-Arbeitsplatzes gibt es für
das neue Arbeits- und Bildungsprojekt „Arbeit Inklusive“ in Villingen-
Schwenningen. Aus Spenden gefördert
wird auch „wellcome“, ein Unterstützungsangebot für junge Familien, für
das es keine öffentlichen Zuschüsse
gibt. Auch die sozialmedizinische
Nachsorge, die die Stiftung Liebenau
zusammen mit der Oberschwaben Klinik aufgebaut hat, wäre ohne zusätzliche Unterstützung nicht existenzfähig.
Der Dienst bietet Hilfen für Familien
mit chronisch-, krebs- und schwerstkranken Kindern sowie Früh- und
Risikogeborenen.
Helga Raible
Ambulante und offene Hilfen
Betreutes Wohnen in Familien (BWF) der St. Gallus-Hilfe
Mit ihm kam wieder Lachen ins Haus
Im Dorf Hohenbodman oberhalb
von Owingen hat der 21-jährige
Nathanael E. bei Familie Haug ein
neues Zuhause gefunden. Sylvia
Fiedler vom Betreuten Wohnen in
Familien (BWF) der St. Gallus-Hilfe
in Singen ist Ansprechpartnerin bei
allen Fragen und Problemen, die im
Alltag auftreten können.
Marion Haug erinnert sich noch gut
an das erste Kennenlerngespräch mit
Nathanael. „Das passt“, hat er damals
gesagt. Das Probewohnen über ein
verlängertes Wochenende bestätigte, dass die Chemie zwischen ihr,
dem jungen Mann mit Behinderung
und Ehemann Josef Haug tatsächlich stimmt. „Und als er unseren
Schwiegersohn Sascha traf und seine
Landwirtschaft entdeckte, hat es noch
mehr gepasst.“ Hier kann Nathanael
zum Beispiel beim Holzmachen, beim
Ausmisten des Stalles und beim Füttern der Tiere helfen. „Das macht mir
richtig Spaß“, erzählt der 22-Jährige
begeistert von seinem neuen Leben in
der Dorfgemeinschaft. An den Wochentagen arbeitet er in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)
in Lautenbach, wo er im Rahmen der
Berufsbildung verschiedene Arbeitsbereiche kennen lernt.
Bis zu seinem 14. Lebensjahr wohnte
Nathanael E. bei seinen Eltern und
drei Geschwistern in der Nähe von
Stuttgart. Dann zog er in die Camphill
Schulgemeinschaft Föhrenbühl in
der Nähe von Heiligenberg. Die neue
Wohnform für Nathanael bei einer
Gastfamilie des BWF geht auf die
Initiative seiner Eltern zurück. Marion
Haug, von Beruf Hauswirtschafterin,
ist wegen Problemen mit der Hüfte
nicht voll arbeitsfähig, und so stellte
Über das Betreute Wohnen in Familien (BWF) der St. Gallus-Hilfe fand Nathanael E. (Mitte)
zum Ehepaar Marion und Josef Haug. Sylvia Fiedler (hinten) vom BWF unterstützt bei Fragen
im Alltag. Foto: Wörner
die Aufnahme eines jungen Menschen
eine gute Alternative für sie dar. „Mit
Nathanael kam das Lachen wieder in
unser Haus“, sagt sie. Und sie wisse,
nachdem die eigenen Kinder aus dem
Haus sind, wieder, wohin mit ihrer
Liebe. Außerdem sei es einfach schön,
gebraucht zu werden.
Gutes Lern- und Übungsfeld in der
Dorfgemeinschaft
Inzwischen ist es keine Frage mehr,
dass Nathanael mit dabei ist, wenn
seine Gasteltern von Freunden oder
Verwandten eingeladen werden. „Er
gehört zu uns“, betont Josef Haug.
Schön sei auch der gute Kontakt zu
Nathanaels Eltern. Die Eltern wissen,
dass ihr Sohn in Hohenbodman ein
gutes Lern- und Übungsfeld gefunden
habe, stellt Sylvia Fiedler vom BWF
der St. Gallus-Hilfe in Singen fest.
Sie hält regelmäßig alle drei bis vier
Wochen Kontakt zu Nathanael und
seiner Gastfamilie. Sollte es Konflikte
geben, steht sie als Ansprechpartnerin bereit. Mit dem Blick von außen
und Fachkompetenz unterstützt sie
Nathanael auch an der Schwelle zum
Berufsleben, prüft Angebote und Möglichkeiten und hilft nicht zuletzt bei
behördlichen Dingen.
Claudia Wörner
Kontakt
Betreutes Wohnen
in Familien
Schwarzwaldstraße 44
78224 Singen
Telefon 07731 59 69 62
E-Mail bwf-singen@
st.gallus-hilfe.de
25
Ambulante Dienste im Landkreis Sigmaringen in Mengen eröffnet
Ein weiterer Baustein für Menschen mit Hilfebedarf
Die Ambulanten Dienste
der St. Gallus-Hilfe sind
seit Februar auch im
Landkreis Sigmaringen
tätig. Das Büro befindet
sich in den Lebensräumen für Jung und Alt in
Mengen und trägt dazu
bei, Integration und
Teilhabe von Menschen
mit Behinderung zu
fördern.
Mit der Eröffnung der Ambulanten Dienste steuerte die St. Gallus-Hilfe in Mengen
einen weiteren Baustein zum Wohle von
Menschen mit Hilfebedarf bei. Unter dem
Dach der Lebensräume für Jung und Alt
und in unmittelbarer Nachbarschaft zum
Altenpflegeheim St. Ulrika, zur Sozialstation
St. Anna sowie zum Benedikt-Reiser-Haus,
in dem zehn Menschen mit Behinderung
leben, richtete Sozialpädagogin Stefanie Dreher am 1. Februar ihr Büro ein. Zuständig
für den ganzen Landkreis Sigmaringen, setzt
sie sich für die Integration und Teilhabe von
Menschen mit Behinderung ein.
„Immer öfter stellt sich gerade im ländlichen
Raum die Frage, wie die Weiterversorgung
von Menschen mit Behinderung gestaltet
werden kann, wenn die Eltern alt werden“,
schildert Angelika Grimm, Leiterin der
Sozialstation Hohentengen-Mengen-Scheer.
Vor Ort betraut mit der Pflege, kennt sie
die Problematik und kann den Kontakt mit
den Ambulanten Diensten herstellen. Sie
bieten individuelle Begleitung und Assistenz
sowie Gruppen- und Einzelangebote. „Der
Mensch mit Behinderung könnte mit einer
Betreuungsperson zum Einkaufen oder ins
Kino gehen. Vielleicht bietet sich auch ein
Verein oder ein Volkshochschulkurs an“,
nennt Stefanie Dreher Beispiele. Wichtig sei,
immer nach den individuellen Interessen des
Menschen zu schauen.
Enge Verzahnung der einzelnen Dienste
Zur Auswahl steht Stefanie Dreher das ganze
Spektrum der Ambulanten Dienste. Dazu gehören die Familienunterstützenden Dienste
(FUD), die bedarfsgerechte, stundenweise
Unterstützung zur Entlastung von Angehörigen organisieren. Für manche Menschen mit
Behinderung kann das Konzept des Betreuten Wohnens in Familien (BWF) in einer
ausgewählten Gastfamilie genau die richtige
Wohnform sein, für andere ist das Ambulant
betreute Wohnen, bei dem eine weitgehend
eigenständige Lebensführung in der eigenen
Wohnung oder in einer Wohngemeinschaft
ermöglicht wird, geeignet. Nicht zuletzt
beraten und unterstützen die Ambulanten
Dienste auch im Zusammenhang mit dem
Persönlichen Budget, bei dem Menschen
ihre Hilfen selbst passgenau zusammenstellen. „Unser großer Vorteil ist die enge
Verzahnung der einzelnen Dienste“, sagt
Stefanie Dreher.
Claudia Wörner
Die Ambulanten Dienste des Landkreises Sigmaringen sind in Mengen in guter Nachbarschaft (von
links): Gemeinwesenarbeiterin Angelika Dietmann,
Petra Trunk, Leiterin des Altenpflegeheims
St. Ulrika, Jilmara Allgaier, Leiterin des Fachdienstes Individuelle Assistenz der Ambulanten Dienste,
Stefanie Dreher, Leiterin der Ambulanten Dienste
im Landkreis Sigmaringen, und Angelika Grimm,
Leiterin der Sozialstation St. Anna HohentengenMengen-Scheer. Foto: Wörner
Ambulante Dienste in Ulm, Neu-Ulm und im Alb-Donau-Kreis
Leben und lernen nah der Heimat
Das gelbe Gebäude
in der Schillerstraße
15 am Ehinger Tor in
Ulm beherbergt mehrere Einrichtungen von
Tochtergesellschaften
der Stiftung Liebenau:
das Regionale Ausbildungszentrum (RAZ)
und die Berufsschule
Max-Gutknecht des Berufsbildungswerks Adolf
Aich, und nun auch die
Ambulanten Dienste
der St. Gallus-Hilfe. Der
Fachdienst will Menschen mit Behinderung
in Ulm, Neu-Ulm und
im Alb-Donau-Kreis ambulante Unterstützung
und alternative Wohnformen nah der Heimat
anbieten.
Für die ambulante Pflege und Betreuung
zu Hause sei bereits ein funktionierendes
Netzwerk vorhanden. „Aber was tun, wenn
die Eltern das erwachsene Kind mit Behinderung nicht mehr versorgen können?“, wird
Walter Lang, Behindertenbeauftragter der
Stadt Ulm, oft gefragt. Er weiß: „Häufig wird
eine Alternative zum stationären Wohnen in
Einrichtungen für Menschen mit Behinderung gesucht.“ Große Hoffnung setzt Lang
auf den Fachdienst der St. Gallus-Hilfe. Das
Ulmer Team arbeitet eng mit den bestehenden sozialen Einrichtungen und Organisationen zusammen. Ziel ist es, Menschen mit
Behinderung Betreutes Wohnen in Familien
(BWF) und zuverlässige ambulante Unterstützung zu ermöglichen.
Teilhabeplan plädiert für neue
Lebensformen
Der Teilhabeplan 2008 für Menschen mit
Behinderung in der Stadt Ulm und im AlbDonau-Kreis zeigt auf, dass Bedarf besteht.
In einer Handlungsempfehlung heißt es:
„Betreutes Wohnen in Familien ist eine
sinnvolle Alternative für Menschen mit
Behinderung zur Vermeidung eines stationären Aufenthaltes. Ein weiterer Ausbau dieses
Angebotes erscheint angebracht.“ Seit einem
halben Jahr arbeiten Fachdienstleiterin
Angelika Bayer und Sozialarbeiterin Gunda
Willfort für die Ambulanten Dienste Ulm:
„Wir suchen Gastfamilien, die bereit sind,
erwachsene Menschen mit einer Behinderung aufzunehmen.“ 18 Familien haben sich
schon gemeldet. Im gegenseitigen Interesse
wird nun geprüft, ob die Erwartungen harmonieren. Wenn eine Betreuung zustande
kommt, ist es Aufgabe des Fachdienstes,
sowohl die Familie als auch den Menschen
mit Behinderung in allen Fragen zu begleiten und zu unterstützen.
Von der Aktion Mensch gab es Starthilfe
für das Betreute Wohnen in Familien. „Sie
unterstützt den Aufbau von Ambulanten
Diensten mit dem Ziel, die Lebensqualität
und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern“, erklärt Franz
Walter, Leiter der Ambulanten Dienste der
St. Gallus-Hilfe. Anschließend muss sich der
Fachdienst über die Betreuungsverhältnisse
selbst finanzieren. Ähnlich wie Walter sieht
auch die Ulmer Bürgermeisterin Sabine
Mayer-Dölle ein großes Potential darin, dass
die Menschen die Wahl haben, selbst über
Wohnen, Leben und Hilfen zu entscheiden.
Für Walter Lang ist das Betreute Wohnen
in Familien ein wichtiger Baustein auf dem
Weg, Menschen mit Behinderung eine
gleichwertige Teilhabe in der Gesellschaft zu
ermöglichen. Schon im Herbst will der neue
Ulmer Fachdienst Familienunterstützende
Dienste in sein Angebot mit aufnehmen.
Lioba Scheidel
Eröffnung der Ambulanten Dienste in Ulm: Die
Schülerband RazFaz der Gustav-Werner-Schule forderte in ihren Rap-Songs mehr Mut zur Inklusion.
Foto: Scheidel
Wohnen für Erwachsene
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Wohnen und Arbeiten an einem Ort: In der Leutkircher Nadlerstraße wurde eine neue Werkstatt für Menschen mit Behinderung eröffnet.
Foto: Wörner
Sozialraumprojekt in Leutkirch
Das Leben hat viele Facetten
Der Sozialraum ist der vom Mensch selbst wahrgenommene und definierte Raum, in dem sich sein
ganz persönliches Leben abspielt. In Leutkirch wurde
am 1. Januar ein auf drei Jahre angelegtes Sozialraumprojekt angestoßen, mit dem Ziel, alle Facetten
des Sozialraums für Menschen mit Behinderung zu
erschließen. Dabei sind Wohnen, Arbeit und Freizeit
wichtige Eckpfeiler.
Begriffe wie Wohnen, Arbeit, Familie und Freunde, Freizeit,
Hobby und Vereine kommen in den Sinn, wenn man sich
mit der Frage des Sozialraums beschäftigt. Dabei können die
Übergänge durchaus fließend sein. So trifft man den Arbeitskollegen beim Einkauf in der Stadt oder teilt ein Hobby mit
dem Nachbarn. All dies gilt auch für den Sozialraum von
Menschen mit Behinderung. „Das auf drei Jahre angelegte
Sozialraumprojekt in Leutkirch hat zum Ziel, die unterschiedlichen Dienste der St. Gallus-Hilfe stärker miteinander
zu verknüpfen, damit sich die Menschen ihren persönlichen
Sozialraum mit all seinen Facetten erschließen können“,
erklärt Projektleiter Bernhard Hösch.
Im Bereich Wohnen bietet die St. Gallus-Hilfe in Leutkirch
abgestimmt auf den jeweiligen Hilfebedarf unterschiedliche Möglichkeiten von der ambulanten Wohnform über
Betreutes Wohnen in Familien bis zum Wohnen im Haus
St. Katharina für Menschen mit höherem Hilfebedarf. Seit
1. März bieten sich durch eine neu eingerichtete Werkstatt
in einer ehemaligen Zimmerei in der Nadlerstraße auch
Arbeitsmöglichkeiten für 26 Beschäftigte. Angeschlossen
ist eine Wohngemeinschaft für vier Menschen mit leichter
geistiger Behinderung, von denen drei in der Werkstatt
arbeiten. Nach wie vor befindet sich im Haus St. Katharina
ein Förder- und Betreuungsbereich.
Außerdem hat die Grünlandgruppe ihren Standort von Bad
Wurzach nach Leutkirch verlegt. „Damit begegnen wir
sowohl dem Platzmangel als auch den saisonalen Schwankungen“, sagt Bernhard Hösch. So bietet sich in Leutkirch
mit der Brennholzproduktion ein weiteres Arbeitsfeld. Über
mobile Dienstleistungen in Unternehmen vor Ort bringen
sich Werkstattbeschäftigte zum Beispiel bei der Brauerei
Härle und bei der Firma Fackler mit ihrer Arbeitskraft ein.
„Auch das ist eine gute Möglichkeit, sich seinen Sozialraum
weiter zu erschließen“, weiß der Projektleiter.
Auch im Freizeitbereich geht es im Sozialraumprojekt
darum, Kontakte aktiv zu nutzen. Dabei begleiten nicht nur
Fachleute die Menschen. „Sie haben eher die Rolle eines
Koordinators, der Kontakte unterstützt und Netzwerke
knüpft“, erläutert Bernhard Hösch. Ziel des Leutkircher
Sozialraumprojekts sei es, Hürden zwischen den einzelnen Bereichen abzubauen und Kooperationen mit anderen
Einrichtungen, Unternehmen und Trägern anzustreben.
„Dadurch können weitere Möglichkeiten für die Menschen
entstehen.“ Nicht zuletzt könne das Sozialraumprojekt auch
dazu beitragen, mehr Sensibilität in der Gesellschaft für die
Belange von Menschen mit Behinderung zu schaffen.
Claudia Wörner
Einweihung der Wohnanlage für Menschen mit und ohne Behinderung in Dußlingen
Eine neue Heimat mitten im Ort
Fast alle 13 Wohnungen in der Wohnanlage für Menschen mit und ohne Behinderung in Dußlingen sind
bereits vermietet. Einige Mieter sind bereits eingezogen.
Am 23. Mai wurde die Wohnanlage im Ortszentrum mit
einem Fest eingeweiht, zu dem zahlreiche Vertreter von
Politik und Kirche kamen.
Mit einem „herzlichen Vergelt’s Gott“ dankte Dr. Berthold
Broll, Vorstand der Stiftung Liebenau, der Gemeinde Dußlingen und dem Gemeinderat für den Bau der Wohnanlage
an prominenter Stelle mitten im Ort. „Auch die Unterstützung des Landkreises signalisiert den Stellenwert, der auf
die Teilhabe von Menschen mit Behinderung gelegt wird“,
sagte Dr. Broll. Nicht zuletzt habe sich Dieter Hillebrand
(MdL), ehemaliger Behindertenbeauftragter der Landesregierung, sehr für die Belange von Menschen mit Behinderung eingesetzt. Gebaut wurde die Wohnanlage mit 13
barrierefreien Wohnungen für Menschen mit erheblichem
Hilfebedarf und für Menschen ohne Behinderung. Die Baukosten beliefen sich auf rund 1,8 Millionen Euro, 200 000
Euro steuerte die Aktion Mensch bei.
„Großartiger Pflege-Mix gelungen“
Als gelungenen Baustein, der die Gemeinde Dußlingen
voran bringe, bezeichnete Dieter Hillebrand die Wohnanlage. „Die Stiftung Liebenau hat Hervorragendes geleistet,
indem sie Menschen eine neue Heimat und Perspektiven
bietet.“ Inklusion bedeute nämlich nichts anderes, als Menschen mit Behinderung mitten hinein ins Leben zu nehmen. Joachim Walter, Landrat des Landkreises Tübingen,
sah es nicht als Zufall, dass die Einweihung ausgerechnet
am 23. Mai, dem Tag des Grundgesetzes, stattfand. „Jeder
Mensch hat das Recht auf ein Leben in Würde innerhalb
der Gemeinschaft.“ Ambulant vor stationär, wo immer
möglich, sei der Leitsatz des Landkreises. Dies beinhalte,
Menschen im positiven Sinne an ihre Grenzen zu führen.
Sie feierten die Einweihung der Wohnanlage für Menschen mit und ohne Behinderung in Dußlingen (von rechts): Jörg Munk, Geschäftsführer der St. Gallus-Hilfe, Dr. Berthold Broll, Vorstand der Stiftung Liebenau, Bürgermeister Thomas Hölsch, Landrat Joachim Walter und
Dieter Hillebrand (MdL), ehemaliger Behindertenbeauftragter der Landesregierung. Fotos: Wörner
29
Die Wohnanlage für Menschen mit und ohne Behinderung in Dußlingen bietet 13 Wohnungen – alle barrierefrei und mit Balkon oder Terrasse (von links): Matthias Adt von der evangelischen Kirche, Matthias Wölfle von der evangelisch-methodistischen Kirche, Ulrich Letzgus von
der katholischen Seelsorgeeinhait Steinlach-Wiesaz und Prälat Michael H. F. Brock, Vorstand der Stiftung Liebenau, segneten gemeinsam
die neue Wohnanlage in Dußlingen.
„Hier in Dußlingen ist ein großartiger
Pflege-Mix gelungen“, lobte Landrat
Walter.
Zentrale Lage ist eine wichtige
Voraussetzung
Bürgermeister Thomas Hölsch unterstrich, dass sich die Gemeinde ganz
bewusst für ein Grundstück mitten in
der Gemeinde entschieden habe. „Die
zentrale Lage ist wichtige Voraussetzung für ein möglichst eigenständiges
Leben.“ Er versprach, Barrieren weiter
ab- und Brücken aufzubauen. Ziel
und Aufgabe der Gemeinde sei es,
das Projekt weiter zu begleiten. „Die
neuen Bewohner sollen sich möglichst
bald als Dußlinger fühlen und hier
eine neue Heimat finden“, wünschte
Hölsch.
Jörg Munk, Geschäftsführer der St.
Gallus-Hilfe, erinnerte daran, dass
erste Planungen für das Projekt bereits
2004 begannen. Ein ambulantes
Konzept für Menschen mit höherem
Hilfebedarf zu realisieren, sei durchaus ein Spagat. „Für Wohnanlagen
dieser Art gibt es keine öffentlichen
Fördergelder. Andererseits kosten sie
mehr als ein normales Wohnhaus“,
erläuterte Munk. So sei der Zuschuss
von der Aktion Mensch Retter in der
Not gewesen. „Zielführend wäre eine
Fördersystematik nicht nur für Heime,
sondern auch für gemeindeintegrierte
Wohnanlagen“, so der Geschäftsführer.
Um gesellschaftspolitische Entwicklungen auf den Weg zu bringen, sei
Querdenken erforderlich. „Im Miteinander könnten wir noch wesentlich
mehr für Menschen mit Behinderung
erreichen.“
Tatkräftige Menschen waren von
der Planung bis zur Realisierung der
Dußlinger Wohnanlage beteiligt. So
dankte Jörg Munk an erster Stelle
Bürgermeister Thomas Hölsch und
Ulrike Dimmler-Trumpp, Sozialdezernentin des Landkreises Tübingen.
Sachverstand und viel Herzblut hätten
sowohl die Bauabteilung der Stiftung
Liebenau, die Planungswerkstatt
Dietz-Kirelli und nicht zuletzt Projektleiterin Christine Beck in das Projekt
investiert. Christine Beck gab das Lob
weiter an Wohnbereichsleiterin Carla
Gitschier und an Teresa Roth, die die
Ambulanten Dienste im Landkreis
Tübingen leitet.
Prälat Michael H. F. Brock, Vorstand
der Stiftung Liebenau, segnete gemeinsam mit kirchlichen Vertretern
aus Dußlingen die Wohnanlage. „Die
Symbolik des Segnens ist zwar für das
Haus gedacht, sie soll aber etwas in
uns bewirken“, erklärte Brock. Lea
Mrusek und Isabelle Bölzle setzten
mit Sysophon und Flöte musikalische
Akzente. Außerdem zeigte die HipHop-Gruppe des TSG Reutlingen, dass
auch Menschen mit Behinderung eine
fetzige Vorführung bieten können.
Claudia Wörner
Nordic-Walking in Hegenberg
Sport und Spaß mit Stöcken
Sportlich aktiv mit Nordic Walking: Bereits im zweiten Jahr
sind Menschen mit Behinderung aus Hegenberg zusammen
mit Trainerin Silke Mill (3. v. r.) vom TSV Meckenbeuren mit
Stöcken in der Natur unterwegs. Ein Aufwärmtraining auf
dem Parkplatz in Hegenberg gehört dazu, bevor die Gruppe
der Nordic Walker aufbricht, um sich einige Kilometer lang
mit den Stöcken sportlich zu betätigen. Selbstverständlich
kontrolliert Trainerin Silke Mill vorher, ob die Stöcke die
richtige Länge haben und ob die Haltung durch die Schlaufe
in Ordnung ist. „Bewegung und Spaß in der Gruppe stehen
im Vordergrund, und die Technik muss nicht ganz perfekt
sein“, sagt sie. Marco Laab ist regelmäßig mit von der Partie.
„Walking ist gut, um fit zu werden, außerdem macht es
Spaß“, sagt der junge Mann. „Ich mache hauptsächlich mit,
um abzunehmen“, fügt Claudia Jakob hinzu. Wenn jemand
ohne Stöcke walken möchte, sei das kein Problem. Offen ist
die Gruppe auch für Menschen ohne Behinderung.
Foto: Claudia Wörner
Qualifikationsturnier der Special Olympics Baden-Württemberg-Süd in Bodnegg
Gelebte Integration auf dem Fußballplatz
24 Fußballmannschaften, davon elf aus der Stiftung
Liebenau, traten Anfang Mai beim Qualifikationsturnier der Special Olympics Baden-Württemberg Süd in
vier Gruppen gegeneinander an. Freuen können sich
die Kicker des FC Rosenharz, der Lokomotive Hegenberg und von Dynamo Lukas: Je eine Mannschaft von
ihnen fährt zum Baden-Württembergischen Landesfinale nach Mosbach.
„Lasst mich gewinnen, doch wenn ich nicht gewinnen
kann, lasst mich mutig mein Bestes geben“, las Michael
Koch den olympischen Eid der Special Olympics vor dem
ersten Anpfiff auf dem Fußballplatz in Bodnegg. Diethelm
Hermann entzündete das olympische Feuer und trug die
Fackel beim feierlichen Einzug der 24 Fußballmannschaften. Insgesamt 192 Kicker lieferten sich ein spannendes
Turnier. „Ich freue mich sehr, dass wir zum Finale nach
Mosbach fahren“, sagte Christian Duelli vom FC Rosenharz
voller Stolz.
Von einer „Motivation bis in die Haarspitzen“ sprach Holger Zielonka, der den FC Rosenharz zusammen mit Frederick Weiss trainiert. Durch die Kooperation mit dem TSV
Bodnegg wurde die Ausrichtung des Qualifikationsturniers
erst möglich. „Heute konnte man hier gelebte Integration
erfahren“, sagte Holger Zielonka begeistert. Zur Siegerehrung kamen Bodneggs Bürgermeister Christof Frick und
Dr. Berthold Broll, Vorstand der Stiftung Liebenau, auf den
Fußballplatz. Unabhängig von der Platzierung erhielt jede
Mannschaft einen Pokal. „Das Besondere an diesem Turnier
seid ihr alle“, sagte Christof Frick.
Claudia Wörner
Dabei sein ist alles: Beim Qualifikationsturnier der Special Olympics
in Bodnegg erhielt jede der 24 Fußballmannschaften einen Pokal.
Foto: Wörner
Nachrufe
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Nachruf Hans Schinzler
Nachruf Angelika Häußler
Nachruf Wilhelm Hahn
Am 7. März 2011 ist
Angelika Häußler wur-
Zwei fleißige Hände
Hans Schinzler, der
de am 5. Juni 1955
ruhn, ein Menschen-
die letzten Jahre in der
in Würzburg geboren
herz steht still.
Wohngruppe Teresa
und verstarb nach
Zwei liebe Augen
12 in Liebenau lebte,
schwerer Erkrankung
schlafen nun, wie es
verstorben. Obwohl er
am 4. April 2011 im
der Herrgott will.
ein Liebenauer Urge-
Fachkrankenhaus in
stein war, war seine Heimat bei „seine Leut“ in
Liebenau. 1965 wurde Angelika Häußler in der
Wilhelm Hahn ist am 28. März 1927 in Crails-
Reutlingen. Wir hörten oft von ihm: „Wohnen
Stiftung Liebenau aufgenommen. 1980 zog sie
heim geboren. Einen Großteil seines Lebens,
tu ich in Liebenau, aber daheim bin ich in
vom Josefshaus nach Hegenberg in die Wohn-
insgesamt 75 Jahre, wohnte er in der Stiftung
Reutlingen“. Seinem großen Wunsch gemäß
gruppe Irmgard 04, wo sie bis zum Ende ihres
Liebenau. Wilhelm Hahn war sehr kontaktfreu-
wurde er am 30. März in Reutlingen im kleinen
Lebens wohnte.
dig und ging ungezwungen auf andere Men-
Familienkreis bestattet. Uns wird er fehlen, aber
Über viele Jahre war Angelika Häußler der Mit-
schen zu. Durch seine fröhliche und hilfsbereite
nicht nur uns Liebenauern, sondern auch seinen
telpunkt der Wohngruppe. Mit ihrer grenzen-
Art war er bei vielen sehr beliebt. Er liebte die
Angehörigen.
losen Energie, ihrem starken und unbändigen
Natur und die Tiere, weshalb ihm seine Arbeit
Willen, aber auch durch ihre ansteckende Le-
in der Landwirtschaft viel Freude bereitete.
bensfreude stellte sie uns oft vor die Frage, was
Später begann er mit Begeisterung zu malen.
Liebe Frau Christian,
sie wollte oder brauchte. Nicht immer konnten
Wilhelm Hahn liebte Spaziergänge, Ausflüge
liebe Betreuer der Wohngruppe Teresa 12,
wir ihr gerecht werden, oftmals verstanden wir
und das Singen. Er war Gründungsmitglied des
Irmgard Sailer
von ganzem Herzen möchten wir Ihnen danken
sie nicht. Ihr Verhalten brachte uns regelmäßig
Rosenharzer Singkreises vor 15 Jahren. Er war
für Ihre Anteilnahme zum Verlust unseres lieben
an unsere Grenzen. In den 1980er und 90er
ein sehr lebensfroher Mensch, und kleinere
Hansels, Johannes Schinzler. Sein ganzes Leben
Jahren musste Angelika Häußler unzählige Kran-
hauswirtschaftliche Arbeiten erledigte er zuver-
hat Hans in Liebenau verbracht. Er kam mit
kenhausaufenthalte über sich ergehen lassen.
lässig und eigenständig. Als Ministrant war auf
allem und auch mit allen immer gut zurecht. Sie
Trotzdem hat sie ihren Witz und ihre ausgepräg-
ihn bei Gottesdiensten immer Verlass.
alle waren seine Wegbegleiter und Ihnen ver-
te Ausstrahlung nie verloren. Eben dieser starke
Zu seiner Cousine und ihrer Familie hatte
dankt er sein schönes Leben. Uns hat es immer
Wille, dieser Charme, hat sie zu einer ganz
Wilhelm Hahn einen sehr guten Kontakt. Die
sehr bewegt, zu sehen, mit welcher unend-
besonderen Frau gemacht.
letzten drei Jahre baute Wilhelm Hahn immer
lichen Liebe, Hingabe und Fürsorge, besonders
In den letzten drei bis vier Jahren ließ ihre Kraft
mehr ab und war zunehmend auf den Rollstuhl
in den letzten Jahren, Sie um unseren Hans,
allmählich nach, geblieben sind immer noch
angewiesen. Seine sonntäglichen Kirchgänge
aber auch um seine Mitmenschen besorgt
viele Momente der Zufriedenheit. Dies zeigte
und Kantinenbesuche waren ihm wichtig. In
waren. Hans konnte nirgends besser leben als
sie uns oft durch ihr herzliches Lachen. Bis zu-
den letzten Monaten verschlechterte sich sein
bei Ihnen. Wir hatten nie Sorge um sein Wohl-
letzt hat sie mit ihrem Charme und Witz, aber
Gesundheitszustand, und das Essen und Trin-
ergehen und sind dafür sehr dankbar. Sie alle
auch mit ihrer Schwäche und Traurigkeit die
ken bereitete ihm immer mehr Probleme. Am
werden auch uns in der Zukunft fehlen, waren
Beziehungen zu den Mitarbeitern gestaltet. Die
7. April nahm er an der Krankensalbung teil. Ab
Sie und Liebenau doch auch ein Stück unseres
Antworten auf die Fragen, was sie braucht und
Karfreitag, 22. April, hatte Wilhelm Hahn einen
Lebens.
möchte, haben sich in dieser Zeit verändert. Wir
Infekt, von dem er sich nicht mehr erholte. Er
Es wird Ruhe einkehren. Ganz sicher führt uns
glauben, dass wir sie mehr und mehr verstan-
verstarb am Ostersonntag, 24. April 2011 im
unser Weg dann wieder nach Liebenau. Wir
den haben. So konnte sie ihre Ruhe finden.
Alter von 84 Jahren wohl vorbereitet im Beisein
freuen uns auf ein herzliches Wiedersehen mit
Angelika Häußler wurde im engsten Familien-
von Mitarbeitern.
Ihnen, sagen nochmals ganz herzlich Danke
kreis beigesetzt. Angelika, wir werden Dich als
und verbleiben mit herzlichen Grüßen an Sie
außergewöhnliche, willensstarke, liebenswerte
alle.
Frau, die uns viel vom Leben erzählt hat, in
Ihre Elsbeth und Rainer Brulow
Erinnerung behalten.
Bewohner und Mitarbeiter
von Irmgard 03/04, Hegenberg
Bewohner und Mitarbeiter
von Ulrika Nisch 01, Rosenharz
Die St. Gallus-Hilfe im Überblick
Angebote der St. Gallus-Hilfe
| Solzialdienst
(Informationen, Anfragen und
persönliche Beratung)
Christine Mönch
Antje Tillinger
Thomas Bürkle
| Kinder, Jugendliche und Familie
Hegenberg
88074 Meckenbeuren
Leitung
Christoph Gräf
E-Mail: [email protected]
Sekretariat
Telefon: 07542 10-2401
Petra Sterk
Telefax: 07542 10-2407
E-Mail: [email protected]
| Stationäres Wohnen für Erwachsene
Bodenseekreis/Sigmaringen
Siggenweilerstraße 11
88074 Meckenbeuren
Leitung
Markus Wursthorn
E-Mail: [email protected]
Sekretariat
Telefon: 07542 10-2101
Susanne Aggeler Telefax: 07542 10-2119
E-Mail: [email protected]
| Stationäres Wohnen für Erwachsene
im Landkreis Ravensburg
Rosenharz 1
88285 Bodnegg
Leitung
Christine Beck
E-Mail: [email protected]
Sekretariat
Telefon: 07520 929-2602
Heide Grothe
Telefax: 07520 929-2604
E-Mail: [email protected]
| Arbeit und Bildung
Siggenweilerstraße 11
88074 Meckenbeuren
| Ambulante und offene Hilfen
Siggenweilerstraße 11
88074 Meckenbeuren
Telefon: 07542 10-2023
Telefon: 07542 10-2024
Telefon: 07542 10-2311
Leitung
Stefan Fricker
E-Mail: [email protected]
Sekretariat
Telefon: 07542 10-2117
Leonie KesenheimerTelefax: 07542 10-2305
E-Mail: [email protected]
Leitung
Franz Walter
E-Mail: [email protected]
Sekretariat
Telefon: 07542 10-2022
Ingrid Neuwirth
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Auflage: 3000
Ausgabe: 1/2011
Erscheinungsweise:
2 Ausgaben pro Jahr
Layout:
Teamwork Kommunikation
Druck:
Druck.Design Gebhart-Renz OHG, Schlier
Herausgeber:
St. Gallus-Hilfe gGmbH
St. Gallus-Hilfe gGmbH
Siggenweilerstraße 11
88074 Meckenbeuren
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www.st.gallus-hilfe.de