Lenk- und Ruhezeiten

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Lenk- und Ruhezeiten
Fachinformation
Lenk- und Ruhezeiten
Jeden Tag sind zahlreiche Lkw auf deutschen Straßen
und Autobahnen unterwegs. Polizeikontrollen und teils
schwere Verkehrsunfälle zeigen immer wieder: Die
Fahrer stehen häufig unter Zeitdruck, haben die Pausenund Ruhezeiten oftmals nicht eingehalten und sitzen
völlig übermüdet hinter dem Lenkrad. Dem entgegen
wirken soll nun eine europaweit einheitliche Vorschrift,
mit der die Lenk- und Ruhezeiten neu geregelt werden.
Was sind die wichtigsten Neuerungen? Und wie müssen
die Arbeitszeiten der Fahrer dokumentiert werden?
Innerhalb der Europäischen Union (EU) gelten seit
längerer Zeit veränderte Lenk- und Ruhezeiten für Lkw
im Güterverkehr ab 3,5 Tonnen zulässigem
Gesamtgewicht. Die Verordnung VO (EG) 561/2006 ist
am 11. April 2007 in Kraft getreten und ersetzt die VO
(EWG) 3820/85.
Die bisherigen Vorschriften des „europäische
Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen
Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals“ (AETR)
gelten allerdings weiterhin für Fahrten, die in oder aus
den AETR-Mitgliedstaaten führen. Die rechtlichen
Grundlagen hierfür sind das Fahrpersonalgesetz, die
Fahrpersonalverordnung, in der bislang die Lenk- und
Ruhezeiten geregelt waren, sowie das Arbeitszeitgesetz.
Diese drei nationalen Gesetze regeln zusammen mit der
in der EU und weiteren Staaten geltenden
AETR-Verordnungen die Bestimmungen für den
Lastverkehr.
Fährt also ein Fahrer aus einem Nicht-EU-Staat in die EU
oder kehrt in ein AETR-Land zurück, gelten weiterhin die
alten Vorschriften. Führt der AETR-Fahrer aber innerhalb
der EU einen Fahrauftrag aus, muss er sich hinsichtlich
seiner Lenk- und Ruhezeiten ausschließlich nach der
neuen Verordnung richten.
Zu den Nicht-EU-Mitgliedstaaten des AETR-Abkommens
zählen zum Beispiel:
 Russische Föderation
 Kasachstan
 Kroatien
 Türkei
 Jugoslawien
 Ukraine
 Aserbaidschan
 Weißrussland
 Bosnien und Herzegowina
 Mazedonien
 Moldawien
 Serbien und Montenegro
 Usbekistan
Länder, die nicht der EU angehören, in denen aber die
neue Verordnung 561/2006 gilt, sind:




Liechtenstein
Norwegen
Island
Schweiz (wegen ungeklärter Rechtslage)
Die wichtigsten Neuerungen
Lkw-Fahrer müssen sich nicht in allen Bereichen auf
neue zeitliche Vorgaben einstellen (siehe Tabelle). Im
Folgenden sind die wichtigsten Neuerungen aufgeführt:
Die ununterbrochene Lenkzeit darf 4,5 Stunden nicht
überschreiten.
Nach 4,5 Stunden ununterbrochener Lenkzeit muss der
Fahrer eine Pause von mindestens 45 Minuten einhalten.
Der Fahrer kann auch zunächst eine 15-minütige
Lenkzeitunterbrechung und später eine 30-minütige
Pause einlegen.
Voraussetzung: Der Fahrer lenkt das Fahrzeug nicht
länger als 4,5 Stunden ohne Unterbrechung. Beispiel:
Nach dreistündiger Fahrzeit macht der Fahrer zunächst
eine Pause von 15 Minuten, fährt anderthalb Stunden,
pausiert dann 30 Minuten und fährt schließlich noch
einmal drei Stunden.
Die Wochenlenkzeit hat eine neue Obergrenze und darf
jetzt maximal 56 Stunden betragen.
Die summierte Gesamtlenkzeit innerhalb von zwei
Wochen darf aber 90 Stunden weiterhin nicht
überschreiten, sodass bei voller Ausnutzung der Lenkzeit
von 56 Stunden in der ersten Woche in der zweiten
Woche nur noch höchstens 34 Stunden gelenkt werden
darf. Die Woche ist als Zeitraum von Montag 00.00
Uhr bis Sonntag 24.00 Uhr definiert.
Verkürzung auf 24 Stunden kann jetzt auch am Standort
genommen werden.
Aufzeichnung von Lenk- und
Ruhezeiten
Geregelt wird auch, wie die Lenk- und Ruhezeiten des
Fahrers aufzuzeichnen sind, damit sie durch die
Straßenaufsichtsorgane oder zur Unfallrekonstruktion
überprüft werden können. Hierfür vorgeschrieben sind
Tachographen-Kontrollgeräte – und zwar für
Kraftfahrzeuge, die der Güterbeförderung mit einem
zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t dienen bzw. für
Fahrzeuge, die in der gewerblichen Personenbeförderung eingesetzt werden und über mehr als neun
Sitzplätze verfügen.
Die Tagesruhezeit muss elf zusammenhängende
Stunden innerhalb von 24 Stunden betragen, darf aber
nur noch in zwei Abschnitte aufgeteilt werden. Die
Ruhephasen können beispielsweise drei und neun
Stunden betragen, müssen dabei insgesamt in jedem
Fall weiterhin zwölf Stunden umfassen. Bei Mehr-FahrerBesatzungen beträgt die tägliche Ruhezeit nunmehr
neun statt acht Stunden innerhalb eines Zeitraums von
30 Stunden.
Die wöchentliche Ruhezeit kann zusammenhängend
45 Stunden nach 6 Tageslenkzeiten umfassen.
Nach dem Bundes-Manteltarifvertrag für den Güter- und
Möbelfernverkehr sollen mindestens zwei Wochenenden
im Monat am Standort des Fahrzeugs oder am Wohnort
des Fahrers verbracht werden können. Die wöchentliche
Ruhezeit von 45 Stunden kann zwei Mal im Monat auf 24
Stunden verkürzt werden. Jede Verkürzung ist durch eine
zusammenhängende Ruhezeit auszugleichen. Diese
Ruhezeit ist dann vor Ende der auf die betreffende
Woche folgenden dritten Woche zu nehmen. Die
Am 1. Januar 2008 erweiterte sich diese Nachweispflicht.
Der entsprechende Zeitraum umfasst den laufenden Tag
sowie die vorangegangenen 28 Tage. Der Arbeitgeber
muss dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen eine
Kopie der Aufzeichnungen seiner Arbeitszeit
aushändigen. Vor einer Überschreibung der Fahrerkarte
ist die Aufzeichnung jeweils digital im Firmen-PC
abzuspeichern. Außerdem müssen die im Kontrollgerät
(Blackbox) gespeicherten Daten spätestens alle 90 Tage
auf das digitale Firmenarchiv heruntergeladen werden.
Sicherungskopien sind hiervon getrennt aufzubewahren.
Sollte das digitale oder analoge Kontrollgerät ausfallen,
hat der Fahrzeugführer handschriftliche Aufzeichnungen
für den Vorlagezeitraum anzufertigen. Auf diese Weise
soll für den Fall einer Kontrolle ein Nachweis seiner
Tätigkeit sichergestellt werden.
Umfassende Datenspeicherung
Der digitale Tachograph speichert in einer Blackbox 365
Tage und auf einer personengebundenen Fahrerkarte
(Chipkarte) 28 Tage lang folgende Aufzeichnungen:
Lenk-, Arbeits-, Bereitschaft- und Ruhezeiten sowie
deren Unterbrechungen und die zurückgelegten
Entfernungen. Zudem werden die gefahrenen
Geschwindigkeiten innerhalb der letzten 24 Stunden in
Sekundenschritten vermerkt, während Tempoüberschreitungen dauerhaft gespeichert werden. Die
gesamten Daten können von den Kontrollbehörden und
dem Unternehmer entsprechend den Vorschriften digital
ab- bzw. ausgelesen werden. Vom Fahrer kann, wenn es
notwendig ist, eine Papieraufzeichnung ausgedruckt
werden. Die Uhrzeit aller digitalen Tachographen ist auf
die Koordinierte Weltzeit (UTC) eingestellt und darf
maximal 20 Minuten abweichen.
Wer haftet?
Für Pflichtverstöße der Fahrer haftet generell das
Unternehmen. Dies gilt selbst dann, wenn gegen diese
Vorschriften in einem EU-Staat oder Drittstaat verstoßen
wurde. Allerdings ist die Haftung davon abhängig,
inwieweit das Unternehmen seinen Organisationspflichten nachgekommen ist. Konkret: Der Unternehmer
hat die Arbeit seiner Fahrer so zu organisieren, dass die
gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden können
(insbesondere Lenk- und Ruhezeiten). Außerdem muss
der Arbeitgeber seine Fahrer ordnungsgemäß anweisen
und regelmäßig dahingehend überprüfen, ob sie im
Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sind und eventuell
notwendige ärztliche Untersuchungen vorgenommen
wurden. Zudem besteht die Verpflichtung, alle Fahrer
über neue gesetzliche Regelungen und die daraus
resultierenden Aufgaben aufzuklären. Dem Arbeitgeber
ist nicht gestattet, Zahlungen, Prämien und
Lohnzuschläge nach zurückgelegter Strecke und/oder
der Menge der beförderten Güter zu bemessen und an
angestellte oder bereitgestellte Fahrer zu zahlen.
Als Arbeitgeber bzw. Haftende gelten:
 Unternehmen
 Spediteure
 Hauptauftragnehmer
 Fahrervermittlungsagenturen
 Versender
 Reiseveranstalter
 Subunternehmer
Arbeitsschutz geht vor
Wichtig: Arbeitsschutz geht vor wirtschaftlichem
Interesse! Um Verstößen im Vorfeld entgegenzuwirken,
ist es daher sinnvoll, schon ab Auftragsannahme die
Durchführbarkeit zu prüfen und entsprechend einen
Dispositionsauftrag anzufertigen. Danach wird der
Fahrauftrag mit einer ordnungsgemäßen Weisung an das
Fahrpersonal erstellt. Ebenfalls wichtig ist es, die
Dispositionen nach Beendigung der Fahraufträge
regelmäßig zu überprüfen.
Für den Fall, dass ein Verstoß festgestellt wurde, wird die
Verantwortlichkeit wie folgt geprüft: Als erstes wird die
Durchführbarkeit des Auftrags, die Dispositionsplanung
sowie die Erteilung des Fahrauftrags kontrolliert. Ergeben
sich hier keine Beanstandungen, liegt der Fehler beim
Fahrer, sodass gegen ihn eine Ermittlung eingeleitet
wird.
Sollte aber die Planung und Disposition des Auftrages für
den Verstoß verantwortlich sein, wird ein Ermittlungsverfahren gegen den Planungsverantwortlichen
eingeleitet. Weitergehende Ermittlungen können auch
vertraglich vereinbarte Beförderungszeitpläne, die gegen
diese Verordnung verstoßen – Versender, Spediteure,
Hauptauftragnehmer, Subunternehmer und Reiseveranstalter – betreffen. Bei Verstößen gegen die Lenkund Ruhezeiten drohen den betroffenen Fahrern Strafen
von bis zu 5.000 Euro, den verantwortlichen Spediteuren
bis 15.000 Euro. Zudem können Fahrer ausfallen, da mit
dem Verlust der Fahrerlaubnis zu rechnen ist.
Die neuen Lenk- und Ruhezeiten im Überblick
Tägliche Lenkzeit und erforderliche Unterbrechungen
 Höchstens 9 Stunden – zwei Mal pro Woche auf 10 Stunden
verlängerbar, aber nach 4,5 Stunden ist eine Unterbrechung von
mindestens 45 Minuten erforderlich.
 NEU: Alternativ kann zunächst eine Unterbrechung von 15 und dann von
30 Minuten genommen werden.
Wöchentliche Lenkzeiten
 Die Gesamtlenkzeit innerhalb von zwei aufeinander folgenden Wochen
darf höchstens 90 Stunden betragen.
 NEU: Die wöchentliche Lenkzeit darf 56 Stunden nicht überschreiten.
Tägliche Ruhezeiten
 Mindestens elf zusammenhängende Stunden innerhalb eines 24Stunden-Zeitraumes nach einer Wochen- oder Tagesruhezeit.
 NEU: Zwei Unterbrechungen von insgesamt maximal einer Stunde sind
nur bei Fähr- oder Bahnverladung erlaubt. Die Ruhezeiten können nur
zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten maximal drei Mal auf 9
Stunden verringert werden. Es gibt keine Ausgleichsregelung!
 NEU: Die Tagesruhezeit darf innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraumes in
zwei Abschnitte aufgeteilt werden – der erste muss ununterbrochen 3
Stunden, der zweite dann ununterbrochen 9 Stunden betragen.
 NEU: Bei doppelter Besetzung: Mindestens 9 Stunden müssen pro
Fahrer während jedes 30-Stunden-Zeitraumes genommen werden.
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Wöchentliche Ruhezeiten
 Mindestens 45 zusammenhängende Stunden, einschließlich der
Tagesruhezeit.
 NEU: Spätestens nach sechs Tageslenkzeiten nach Ende der vorherigen
wöchentlichen Ruhezeit. Ausnahmen gibt es nicht mehr.
 NEU: Innerhalb von zwei aufeinander folgenden Wochen gelten für den
Fahrer diese Ruhezeiten: Entweder zwei regelmäßige wöchentliche
Ruhezeiten oder eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit und eine
reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden.
Ausgleich: Die Verkürzung wird durch eine zusammenhängende
Ruhezeit ausgeglichen, die ohne Unterbrechung vor Ende der dritten
Woche nach der jeweils betreffenden Woche genommen werden muss –
und zwar zusammen mit einer anderen mindestens neunstündigen
Tagesruhezeit oder Wochenruhezeit.
Quelle: VO 561/2006

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