Next Generation Engineering Education - TeachING

Transcrição

Next Generation Engineering Education - TeachING
TeachING-LearnING.EU Fachtagung
„Next Generation Engineering Education“
Ursula Bach, Sabina Jeschke (Hrsg.)
Herausgebende
Ursula Bach M.A.
Prof. Dr. Sabina Jeschke
ZLW/IMA der RWTH Aachen University
Dennewartstraße 27, 52068 Aachen
Telefon: +49 241/80911-10
Telefax: +49 241/80911-22
http://www.zlw-ima.rwth-aachen.de
Redaktion und Layout:
Ursula Bach, M.A.
Janina Schmitz
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-9814593-1-9
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
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1. Grußwort
Sonka Stein
2. Ingenieurwissenschaftliche Ausbildung – ein Streifzug durch
Herausforderungen, Methoden und Modellprojekte
Sabina Jeschke, Marcus Petermann und A. Erman Tekkaya
3. Challenge and absolute Necessity
Fritz Klocke, Mandy Pastohr
4. Gute Lehre – Basis für die Qualität in der Ingenieurausbildung
Frank-Stefan Becker
5. Ingenieurwissenschaftliche „Blaupause“
für andere Wissensbereiche
Heyno Garbe
6. Gender & Diversity im Ingenieurwesen
Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen
Susanne Ihsen
7. Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen
Klaus Henning, Sabine Schwab
8. Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung
Ernst Schmachtenberg
9. Theses on Next Generation Engineering Education
TeachING-LearnING.EU Advisory Board
Posterbeiträge
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Grußwort › Sonka Stein
Im Namen der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung
darf ich Sie alle recht herzlich zur
heutigen Tagung begrüßen. Es
freut mich, dass Sie so zahlreich
erschienen sind, da es uns ein
besonderes Anliegen ist, dass die
Hochschullehre in den Ingenieurwissenschaften neue Impulse erhält.
Grußwort
Sonka Stein
Diese Tagung ist die erste große öffentliche Veranstaltung von
TeachING.LearnING.EU. Ein Projekt, das im Rahmen des von den
beiden Stiftungen initiierten Wettbewerbs Bologna—Zukunft der
Lehre gefördert wird. Doch bevor ich auf das Projekt TeachINGLearnING.EU zu sprechen komme, möchte ich zunächst noch einmal kurz auf die Hintergründe der Entstehung dieses Wettbewerbs
sowie die der Förderlinien eingehen. Im Jahre 2009 haben wir gemeinsam mit der VolkswagenStiftung besagten Wettbewerb Bologna
– Zukunft der Lehre ins Leben gerufen. Bereits im Vorfeld gab es von
verschiedenen Seiten, neben wissenschaftspolitischen Vertreten
u. a. aus den Fachverbänden, den hochschuldidaktischen Zentren
und vielen anderen, Anstrengungen, die Hochschullehre zu verbessern. Jedoch fehlte hierzu oft von öffentlicher Seite die Anerkennung und finanzielle Unterstützung. Lohnt sich gute Lehre überhaupt? In der ersten Runde der Exzellenzinitiative war dies noch
kein wesentliches Kriterium. Doch findet hier zurzeit ein Umdenken
statt. In den Jahren 2008/2009 wurde seitens des Wissenschaftsrates Empfehlungen zur Verbesserung der Hochschullehre formuliert, die mit ganz konkreten Umsetzungskosten beziffert wurden.
Dabei handelte es sich um enorm hohe Summen -- die uns allein als
private Stiftung leider nicht zur Verfügung standen. Wir wollten dennoch anfangen, gute Ideen finanziell zu unterstützen, einen Anschub
ermöglichen. Und so hatten sich die beiden Stiftungen entschieden,
einen gemeinsamen Wettbewerb mit einem Gesamtfördervolumen
von 10 Millionen Euro auszurufen.
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Grußwort › Sonka Stein
2. Ingenieurwissenschaftliche Ausbildung – ein Streifzug
durch Herausforderungen, Methoden und Modellprojekte
Sabina Jeschke, Marcus Petermann und A. Erman Tekkaya
Während in der ersten Förderlinie innovative BA-Stu-
tragskizzen für die zweite Förderlinie wurde neben je-
diengänge gefragt waren, richtete sich die zweite För-
weils einem Fachzentrum für Medizin und Mathematik
derlinie an Ideen für Fachzentren in Anlehnung an die
schließlich TeachING.LearnING.EU ausgewählt und wird
Frau Stein, ganz herzlichen Dank für Ihren Besuch. Ich
Ausgangspunkt: Natürlich, wir wissen, dass sich die
sogenannten Subject Center, die in Großbritannien sehr
seit vergangenen Jahr mit insgesamt 1,5 Millionen Euro
darf Sie sehr herzlich zu dieser TeachING-LearnING.EU-
Studierenden von Jahr zu Jahr verändern. Dabei hat in
erfolgreich waren. Die Besonderheit liegt in dem Um-
von der VolkswagenStiftung und der Stiftung Mercator
Tagung begrüßen.
den letzten 10-20 Jahren der Einfluss der Informations-
stand, dass dort die Lehre nicht universitätsweit an ei-
gefördert—die höchste Bewilligungssumme im Rahmen
nem hochschuldidaktischen Zentrum, sondern fachbe-
des Wettbewerbs.
zogen in separaten Fachzentren standortübergreifend
Willkommen meine Damen und Herren,
technologie eine entscheidende Rolle gespielt. Aber wir
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle gerne eine Einführung
nehmen auch zur Kenntnis, dass diese Kids, die heute
in das Projekt TeachING-LearnING.EU von seiner kon-
immer früher unsere Universitäten „entern“ – wir wer-
weiterentwickelt wird. Das wollten wir fördern. Zudem
Noch nicht einmal ein Jahr nach Projektbeginn konnte
zeptionellen Seite geben. Der Schwerpunkt liegt auf der
den es demnächst mit 16-18-jährigen Studierenden zu
hatten wir auf Antragsskizzen aus den Ingenieurwis-
diese Kooperation bereits sehr große Erfolge bei der
Frage, wie wir über eine moderne Ausbildung in den In-
tun haben – dass diese extrem jungen Studierenden zu
senschaften gehofft, da es sich hierbei um eine wichtige
Bewerbung für den Qualitätspakt für Lehre (BMBF)
genieur- und Naturwissenschaften denken und welche
einer Generation gehören, die man gerne als „digital na-
Fächergruppe handelt. Tatsächlich gab es zwei heraus-
verzeichnen. Dies freut uns natürlich sehr, zeigt es uns
konzeptionellen und „philosophischen“ Konzepte wir zu-
tives“ bezeichnet. Damit ist gemeint, dass diese Kids im
ragende Ideen von konkurrierenden Hochschulen: eine
doch, dass wir gute Projektpartner ausgewählt haben,
grunde legen. Herr Petermann wird anschließend die Ziel-
Wesentlichen ihre erste SMS geschrieben haben, bevor
aus Aachen und eine von einer Kooperation aus Bochum
die den Anschub bereits genutzt haben. An dieser Stel-
setzung ergänzen und Herr Tekkaya wird dann den Reigen
sie mit dem Bleistift vernünftig umgehen konnten. Oder
und Dortmund. Nach längeren Diskussionen und Abwä-
le möchte ich mich daher auch bei Ihnen für Ihre gute
mit der Frage beschließen, wie es ab dem dritten Quartal
dass das Konzept einer Postkarte für sie ins Museum
gungen entschied die Kommission im November 2009,
Idee bedanken und bin gespannt, wie sich das Projekt
bezüglich des BMBF-Projektes mit ELLI weitergeht.
gehört, aber Emails, Twitter und Chat selbstverständlich
den Antragsstellern vorzuschlagen, die beiden Ideen zu
TeachING-LearnING.EU in Zukunft entwickeln wird—
kombinieren. Sie war davon überzeugt, dass sich diese
und welche Impulse für die Hochschullehre in den In-
Ich darf also starten. Normalerweise beginnen solche
alle diese Möglichkeiten ganz früh benutzt hat, aber ein
hervorragend ergänzen würden. Zudem waren wir auf
genieurwissenschaften von hier aus gegeben werden.
Vorträge fast immer mit einer Bestandsaufnahme: Wie
großer Teil – bis 70 % etwa, und die anderen wurden na-
die Reaktion der Antragssteller gespannt, da uns be-
Ich freue mich, dass wir auf der heutigen Tagung die
verändert sich unsere Welt? Welche Anforderungen re-
türlich von dieser Entwicklung um sie herum mit beein-
wusst war, dass eine solche Kooperation eine besondere
Gelegenheit haben, dieses wichtige Thema ausführlich
sultieren daraus? Das werde ich heute nicht machen,
flusst. Da kommen junge Leute an die Universitäten, die
Herausforderung an die konkurrierenden Hochschu-
diskutieren zu können.
denn wir werden stattdessen Schwerpunktvorträge ha-
mit völlig anderen Vorstellungen und Welten, mit ande-
ben von verschiedenen Sprechern, die genau auf diesen
ren Lernkonzepten aufgewachsen sind, die in einer ganz
Aspekt eingehen. Ich will eher etwas dazu sagen, wie
selbstverständlichen Weise von neuen Medien umgeben
gefunden – und konnten dadurch die Kommission im
wir auf die Studierenden schauen, die heute an unse-
sind und mit ihnen umgehen.
Februar 2010 umso mehr überzeugen. Aus rund 90 An-
re Universitäten kommen. Das ist unser gemeinsamer
len stellen würde. Jedoch haben Aachen, Bochum und
Dortmund auf Arbeitsebene sehr schnell zueinander
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
sind. Das heißt nicht, dass jedes einzelne dieser Kinder
Ingenieurwissenschaftliche Ausbildung – ein Streifzug durch Herausforderungen, Methoden und Modellprojekte › Sabina Jeschke, Marcus Petermann und A. Erman Tekkaya
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Nun wird viel gejammert, dass die Studierenden nicht
Das – genau das - ist der Ausgangspunkt, der uns in
und wenn man in der Zeit mit seinen Versuchen nicht
verbesserte ingenieurwissenschaftliche Ausbildung un-
mehr das können, was die ältere Generation von ihnen
diesem Konsortium von Anfang an stark verbunden hat.
fertig war, dann musste man die Ergebnisse „faken“, weil
ter Benutzung der neuen Medien dar.
erwartet. Ich lese zurzeit eine große Vorlesung für Ma-
Wir gehen von dieser – veränderten - Zielgruppe aus und
es keine andere Möglichkeit gab, um das Experiment zu
schinenbauer mit 1500 Hörern. Gegenstand ist die objek-
überlegen uns, wie wir für sie eine adäquate Lehre ma-
wiederholen. Dass man mal aus Spaß ein Experiment
Wir haben hier zwei Beispiele mitgebracht. Die Platt-
torientierte Programmierung. Ja - es ist „echt schwer“,
chen können. Dabei kommt man – gegeben die Affinität
wiederholt oder vielleicht mal ein bisschen rumbaut
form PeTex kommt von der Technischen Universität
die Leute dazu zu bringen, 90 Minuten lang still auf ihren
dieser Generation zu den „neuen Medien“ – ganz schnell
und schaut was passiert, wenn man etwas verändert,
Dortmund. Sie geht von einer klassischen E-Learning-
Stühlen zu hocken und einem hochabstrakten Gegen-
auf den Bereich E-Learning und Web 2.0. Dieses Gebiet
das kann man vergessen, das geht überhaupt nicht, weil
Umgebung mit modularisierten Facheinheiten aus, geht
stand zu folgen. Aber anstatt zu jammern, sollten wir
war in seiner Anfangsphase fast ausschließlich geprägt
man keinen Zugang zum Labor hat.
aber weit über klassische Lernplattformen hinaus - sie
auch mal die Frage stellen, was diese Generation kann -
durch das Bereitstellen von Informationen im Netz mit
und wir sollten unsere Lernmodelle darauf abstimmen.
einer höheren Orts- und Zeitverfügbarkeit. Das hat na-
Das ändert sich, wenn man Labore in virtuellen Räumen
halten sowie Feedbacktools, um eine direkte Interaktion
Diese Kids können nämlich einiges. Sie sind hochgradig
türlich große Vorteile, die sollen hier auch keinesfalls in
bereitstellt. Hier gibt es zwei zentrale Möglichkeiten:
mit den Studierenden und direkte Interpretation der Da-
nichtlinear im Denken und sie können unglaublich schnell
Frage gestellt werden – aber dabei wurden noch keine
Zum einen haben wir Remote-Labore, die irgendwo real
Verknüpfungen herstellen. Sie sind stark im bildhaften
neuen Lernmodelle adressiert. Die sich verändernden
existieren und die man von außen mit entsprechender
und visuellen Vorstellen. Sie sind über alle Grenzen und
Lern- und Wissensprozesse kann man damit nicht errei-
Kameratechnik beobachten und steuern kann, die dann
Schwellen hinweg unendlich kooperations- und kommu-
chen. Erst in jüngerer Zeit findet eine Entwicklung hin zu
immer, auch nachts und am Wochenende, zugänglich
nikationsfreudig. Sie spielen mit anderen irgendwelche
solchen Lernplattformen statt, die über eine reine Con-
sind, wenn andere Labore geschlossen sind. Zum ande-
Computerspiele in Sprachen, von denen sie im Wesentli-
tent-Zentrierung eine stärkere Community-Zentrierung
ren gibt es virtuelle Labore, also komplette Virtualisie-
chen keine Ahnung haben – klappt aber prima. Also diese
und Kooperation beinhalten, die also Lernen als einen
rungen - die skalieren natürlich viel mehr, wenn man
neue Generation ist anders. Zwar sind bestimmte Stärken
sozialen Prozess begreifen.
sie mandantenfähig macht, weil dann das gleiche Ex-
weniger ausgeprägt als bei Studierenden vor 30 Jahren,
beinhaltet Experimente zu den entsprechenden Fachin-
periment von mehreren Gruppen gleichzeitig verwendet
aber sie bringen auch völlig neue Fähigkeiten mit. Und
Ich möchte ein Beispiel herausgreifen, das für die Lehre
werden kann. Dies bietet ein enormes Potenzial zur Stei-
möglicherweise sind unsere Schwierigkeiten in der aka-
in den Ingenieur- und Naturwissenschaften von großer
gerung der Kapazitäten, weil virtuelle Labore Versuche
demischen Ausbildung nicht so sehr, dass unsere Stu-
Bedeutung ist. Wir hatten schon immer viel zu wenige
bereitstellen können, die sich unter normalen Umstän-
dierenden nichts können, sondern vielmehr, dass unsere
Experiment-Kapazitäten – das war schon immer so und
den nicht machen lassen, etwa aus Sicherheitsgründen
alten Lernmodelle und unsere heutigen Studierenden
ich erinnere mich gut! Das hat große Schwierigkeiten im
oder aus finanziellen Gründen. Virtuelle und remote-
„sauber aneinander vorbeifliegen“.
Studium bereitet: Man hat seine zwei Stunden Laborzeit
Experimente stellen heute ganz große Konzepte für eine
Ingenieurwissenschaftliche Ausbildung – ein Streifzug durch Herausforderungen, Methoden und Modellprojekte › Sabina Jeschke, Marcus Petermann und A. Erman Tekkaya
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ten zu ermöglichen. Als zweites Beispiel sei das Projekt
Bleiben wir in Zukunft bei solchen zweidimensionalen,
Und dieses Spielzeug findet dann Eingang in den letzten
schungsansatz, der - neben den Disziplinen des MINT-
BW-eLabs, das ich in Baden Württemberg begonnen
plattformartigen Oberflächen, wie wir sie normalerweise
Themenkreis, den ich in dieser Sequenz einleiten möchte.
Bereichs - auch gesellschaftliche und ethische Aspekte
habe, genannt. Dabei standen zwei Ideen im Zentrum,
im Web sehen, oder zwingt uns die Komplexität der Anord-
Ein großes Thema für uns in unseren Projekten ist die Fra-
abbildet, um attraktive alternative Zugänge zu den Ingeni-
zum einen ein fließender Übergang von der Lehre in die
nung vielleicht sogar zu einer ganz anderen, möglicherwei-
ge, wie man den Übergang zwischen Schule und Universität
eurwissenschaften zu bieten.
Forschung durch den Bau von Laboren, die von Studie-
se dreidimensionalen Darstellung? Wenn ich mir vorstelle,
glatter gestaltet kann. Eine Frage ist dabei, wie wir Kinder
renden genauso wie von Wissenschaftlern verwendet
dass ich mit anderen Studierenden oder Wissenschaftlern
auf technische Studiengänge aufmerksam machen können,
Mit diesen Impressionen möchte ich gern schließen und Sie,
werden, und zum zweiten, das Gebiet der Nanotechnolo-
verteilt ein Experiment durchführen soll, dann kann man
die vielleicht noch keinen Zugang dazu haben. Eine andere
Herr Petermann, bitten, uns zu sagen, was wir denn bisher
gie in den Vordergrund zu stellen. Das zentrale Problem
sich aus dem Bereich der mittlerweile weit entwickelten
Frage ist, wie wir das, was einen später im Studium erwar-
in TeachING-LearnING.EU wirklich jetzt gemacht haben.
in diesem Gebiet liegt darin, dass aufgrund der kleinen
Spielewelten inspirieren lassen. Die Kooperationspartner
tet, früher vermitteln können. Wir haben dazu ein Konzept
Abmessungen der Objekte jedes Experiment sofort un-
sitzen nicht nebeneinander, sie sind geographisch verteilt,
für die RWTH entwickelt: die „RWTH Education Labs“. Ein
Meine Damen und Herren, ich darf Sie zunächst ganz
endlich teuer ist. Das bedeutet im Allgemeinen, dass
sie brauchen also eine Art Awareness – also: wer außer
Dachlabel über verschiedene Schülerlabore, zwei davon
herzlich begrüßen. Wie Frau Jeschke bereits angedeu-
man Studierenden überhaupt keinen vernünftigen Zu-
mir ist noch da und wie kann ich mit ihm oder ihr zusam-
sind inzwischen realisiert: Unser eigenes zum Thema Ro-
tet hat, werde ich im Folgenden näher auf das Projekt
gang dazu geben kann oder zumindest nicht größeren
men arbeiten. In typischen Computerspielen erschlägt
botik, ein weiteres zum Thema Informatik, und zwei weitere,
TeachING-LearnING.EU selber eingehen. Dabei möchte
Zahlen von Studierenden – einzelnen vielleicht im Rah-
man zum Beispiel gemeinsam ein Monster . Kein übermä-
einmal bei den Bauingenieuren, einmal in der Elektrotech-
ich Ihnen die wesentlichen Ziele, die Aufgabenbereiche
men einer Bachelor- oder Master-Arbeit. Gleichzeitig wird
ßig intelligentes Tun, ok – aber auf einem abstrakten Level
nik, sind im Aufbau. Ausgehend von der Wissenschafts-
und die ersten Schritte vorstellen.
die Nanotechnologie als eines der zentralen Themen der
ist das ähnlich zu dem gemeinsamen Durchmessen der
disziplin Robotik geben wir in unserem Labor spannende
nächsten Dekaden gesehen. Das ist natürlich ein aber-
Kennlinie einer Solarzelle – es ist eine komplexe Aufgabe,
Einblicke in die Welt der ingenieurwissenschaftlichen und
Wenn wir die Lehre neu erfinden wollen, dann brauchen
witziger Gap! Wir können also nicht unterrichten, was wir
die im Team gelöst wird, die in Teilaufgaben zerlegt werden
technischen Disziplinen. Bei der Besichtigung interaktiver
wir erstmal eine Bestandsaufnahme von dem, was es
unterrichten wollen, obwohl wir die Bedeutung dieses
muss, in der unterschiedliche Teamplayer unterschiedliche
Roboterexponate in der Demo-Straße, der Projektarbeit in
überhaupt gibt. Dabei gilt es, den Blickwinkel auf an-
Gebietes schon sehen. Wir haben daher gemeinsam mit
Kompetenzen und Fähigkeiten und Verfügbarkeiten haben,
der Experimentier-Arena, den Kurzlerneinheiten im Inter-
dere Universitäten und auf das Ausland zu richten. Um
Freiburg, Karlsruhe und der Universität Stuttgart begon-
in der Abstimmungen stattfinden müssen, wer wann was
aktiven Klassenzimmer und dem abschließenden Wettbe-
zu bewerten, was überhaupt gute Lehre ist, machen wir
nen, sowohl Remote- als auch virtuelle Experimente für
macht usw. Deswegen können wir von diesen Spielewel-
werb in der Wettkampfarena wird Technik hautnah erlebt.
ein best practice-Monitoring, bei dem sich auch Exper-
Nanotechnologie zur Verfügung zu stellen.
ten hinsichtlich Interaktivität und Usability lernen. Wichtige
Im Schülerlabor wird aktiv experimentiert - Schülerinnen
ten aus unterschiedlichen Fachbereichen beteiligen.
Trends gehen genau dahin, nämlich solche Lernplattfor-
und Schüler von der Grundschule bis zur Oberstufe konst-
Zugleich werden auch Industriepartner mit einbezogen,
Von diesem Ausgangspunkt aus haben wir die Frage ge-
men stärker als Konzept oder Teile von virtuellen Welten in
ruieren und programmieren ihre eigenen Roboter in Teams.
bei denen unsere Studierenden später unterkommen.
stellt, in was für einer Art Räume wir das eigentlich tun?
drei Dimensionen aufzufassen.
Wir verfolgen einen hochgradig vernetzten Lehr- und For-
Wir hatten gestern ein Advisory Board-Meeting, bei dem
Ingenieurwissenschaftliche Ausbildung – ein Streifzug durch Herausforderungen, Methoden und Modellprojekte › Sabina Jeschke, Marcus Petermann und A. Erman Tekkaya
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internationale Fachleute, die sich mit der Ingenieuraus-
überprüft werden, ob mit dem dort Erarbeiteten das ge-
movenden erwartet, um für die Forschung gerüstet zu
ren, was man unter exzellenter Lehre versteht und wel-
bildung beschäftigen, eingebunden sind.
setzte Ziel erreicht werden kann.
sein, und welche zusätzlichen Qualifikationen sind fürs
che Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Curriculumentwick-
TeachING-LearnING.EU bietet einen großen Bereich an
tiv mitgestalten und als Beratung – auch der Politik – zur
In der Community of Practice werden Industriepartner
lung. Ein wesentlicher Fokus liegt dabei auf der Studie-
Dienstleistungen an. Es finden Seminare statt, ebenso
Seite stehen.
eingebunden, die definieren, was sie von Universitäts-
neingangsphase, welche einen Bereich bildet, in dem
wie Coachings und Beratungsangebote. Dabei wird nicht
die Studierenden große Schwierigkeiten haben. Hier
nur die didaktische Ausbildung der Professorinnen und
Ich möchte Sie zu einem Besuch auf unserer Homepage
verlieren wir die meisten Studierenden, was sich in den
Professoren anvisiert, sondern auch die der wissen-
www.teaching-learning.eu einladen. Dort finden Sie alle
Abbruchzahlen widerspiegelt. Ein Grund liegt in hoher
schaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche
Informationen zu den aktuellen Maßnahmen und zu der
Und wie gesagt: Zehn Projekte sind momentan in der
Unzufriedenheit aufgrund mangelnden Praxisbezugs.
einen großen Teil der Lehre mittragen. Ebenso wird den
heutigen Veranstaltung.
Förderung aus den sogenannten flexible Fonds. An der
Zugleich dürfen wir aber auch die guten Studierenden
studentischen Hilfskräften, die bereits in Mathematik-
nicht außer Acht lassen. Ihnen gilt es bessere Perspek-
übungen und in Übungsgruppenbetreuungen in der Leh-
Was haben wir konkret umgesetzt? Es gab zunächst
tiven für einen schnellen Einstieg in eine Promotions-
re eingebunden sind, ein gewisses Rüstzeug an die Hand
einen Ideenwettbewerb unter Studierenden, den so-
phase aufzuzeigen.
gegeben, um der Lehre gewachsen zu sein.
genannten OpenBologna-Prozess. Dabei haben wir die
Ein Wandel des Konzepts der klassischen Vorlesung, in
Ein interessantes Instrument von TeachING-LearnING.
ihres Studiums vorstellen und welche Maßnahmen sie
der sich 500 Studierende in einen Vorlesungssaal drän-
EU, sind die sogenannten flexible Fonds, die frei verfüg-
ergreifen würden. Wir hatten mehr als 30 Rückmeldun-
gen, hin zu einer projektorientierten Ausbildung und zu
bare Mittel im Rahmen einer Ausschreibung vergeben.
gen, von denen die besten heute hier prämiert werden.
forschendem Lernen tut not. Bei den Hörerzahlen sehen
Dabei kamen alle Dozenten, die sich bewarben, mit ihren
Also, das sollten Sie sich auf keinen Fall entgehen las-
Sie schon die Problematik in kleineren Einheiten.
Themenstellungen zu exzellenter Lehre in den Ingeni-
sen, denn von den Studierenden kommen ganz wesent-
eurwissenschaften und den begleitenden Lehrangebote
liche Inputs.
spätere Berufsleben notwendig? Dabei möchten wir ak-
absolventen erwarten und welche Qualitäten diese mitbringen müssen.
E-Technik-Fakultät in Bochum gibt es auch ein For-
Studierenden gefragt, wie sie sich eine Verbesserung
Kompetenzorientierte Ausbildung: Wir müssen uns die
der Naturwissenschaften zusammen. In einem Aus-
Frage stellen, welche Kompetenzen erwarten wir von
wahlverfahren wurden zehn Projekte ermittelt, welche
Gestern fand, wie gesagt, das Advisory Board-Meeting
Ingenieuren und wie lässt sich Kompetenz überprüfen?
nun gefördert werden. Ein weiteres Feld im Rahmen des
statt. Dabei holen wir Spezialisten mit ins Projekt, die
Das Modell der klassischen Klausur stößt an seine Gren-
Projektes ist die Promotionsphase. Das Hauptaugen-
uns kompetente Ratschläge geben. Dabei wurden acht
zen. Zusätzlich muss in einfachen Lehrveranstaltungen
merk liegt dabei auf den Fragen, was wird von den Pro-
Thesen zusammengestellt, die im Wesentlichen definie-
schungsfeld namens TopING, das sich mit den sehr gu-
Ingenieurwissenschaftliche Ausbildung – ein Streifzug durch Herausforderungen, Methoden und Modellprojekte › Sabina Jeschke, Marcus Petermann und A. Erman Tekkaya
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ten Studierenden eines Jahrgangs beschäftigt und fragt,
Ein zentrales Ziel ist es also, alle Beteiligten in das
wie ein Master oder eine Promotion ggf. verkürzt werden
TeachING-LearnING.EU-Projekt mit einzubinden. Wir
kann, um einen besseren Zugang zu sehr guten Studie-
möchten Experten, Industriepartner, Studierende und
Herzlichen Dank für die Überleitung. Ich möchte Ihnen
der Produkte und einer Globalisierung der Fertigung
renden zu erreichen.
natürlich auch über solche Veranstaltungen Universi-
heute einen Einblick in diejenige Zukunft geben, die sich
von Produkten. Wir brauchen deswegen eine schnelle
täten und Öffentlichkeit in dieses Projekt mit einbinden.
aus TeachING-LearnING.EU ergibt. Dabei habe ich die
Umsetzung der Innovationen und das erfordert natürlich
Im Bereich des best practice-Monitorings muss erst-
Guten Tag meine Damen, meine Herren.
Herausforderungen bestehen in verkürzten Produktlebenszeiten im Ingenieurwesen, einer höheren Diversity
sehr angenehme Aufgabe, über das Projekt ELLI zu be-
eine Ausbildung, die auf den drei Dimensionen, Kreativi-
mal definiert werden, was denn gute Lehre eigentlich
Damit möchte ich überleiten zu Herrn Tekkaya, der Ih-
richten. Der sehr schöne Name berührt vielleicht etwas
tät, Interdisziplinarität und Internationalität aufbaut.
ist. Dazu finden an den drei Standorten Qualifizierungen
nen jetzt gleich unser erstes gemeinsames Kind aus
auch die Genderfrage: „Exzellentes Lehren und Lernen
der wissenschaftlichen Mitarbeiter statt. Beispielsweise
hervorgegangen aus TeachING-LearnING.EU, ELLI, vor-
in den Ingenieurwissenschaften“.
jeder neue Mitarbeitende der Maschinenbau-Fakultät in
Was sind unsere Visionen?
Unsere Visionen betreffen hauptsächlich den Student
stellen wird.
Bochum muss im ersten Jahr eine didaktische Ausbil-
Wir haben dieses Projekt in dem gemeinsamen Pro-
Life-cycle und hier insbesondere das Studium an sich.
dung durchlaufen, welche über die Lehrveranstaltung
gramm des Bundes und der Länder für bessere Studien-
Wir möchten dabei auch die bekannten Probleme in den
mit betreut und mit begleitet wird.
bedingungen und mehr Qualität in der Lehre beantragt.
Studienabbrüchen, Heterogenität und auch niedrige in-
Federführend hier sind die drei Maschinenbaufakultäten
ternationale Mobilität bearbeiten.
Außerdem werden sogenannte Shortcuts angeboten.
aus den Standorten Aachen, Bochum und Dortmund. Wir
Shortcuts sind Veranstaltungen, Seminare, Workshops
bauen dabei auf unser Kompetenz- und Dienstleistungs-
zu aktuellen Themen. Das nächste, das stattfindet, ist
zentrum für das Lehren und Lernen in den Ingenieur-
Was sind die Schwerpunkte dieses
neuen Projektes?
forschendes Lernen. Es gibt auch hochschuldidaktische
wissenschaften TeachING-LearnING.EU auf und nutzen
Wir haben hier einmal die virtuellen Lernwelten, wir
Meetings, welche als sehr lose und offene Treffen eher
die verschiedenen strategischen Instrumente, welche
möchten die internationale Mobilität weiter betrachten,
vor einem Stammtisch abgehalten werden. Hier können
wir für die Vernetzung mit anderen Fachbereichen und
wir möchten den Student Lifecycle in den verschiedenen
sich alle Bereiche von Professoren bis hin zu wissen-
externen Fachleuten entwickelt haben.
Stufen betrachten und dabei die Handlungskompetenz
erweitern.
schaftlichen Mitarbeitern treffen, um sich über aktuelle
Themen auszutauschen. Das wird sehr gut aufgenom-
Wie sind wir zu diesem Projekt gekommen?
men, weil es insbesondere den jungen Dozenten weiter-
Die Motivation für dieses Projekt war auf einer Seite die
Ich möchte Ihnen jetzt in den verschiedenen Bereichen
hilft, wenn diese älteren Kollegen zu konkreten Proble-
Herausforderung, die zu einem Paradigmenwechsel in
die Maßnahmen ganz kurz erklären, die wir hier für je-
men befragen können, wie man zum Beispiel mit Unruhe
der klassischen Ingenieurausbildung führen muss. Die
den Bereich vorgesehen haben:
in einem Hörsaal umgehen kann.
Ingenieurwissenschaftliche Ausbildung – ein Streifzug durch Herausforderungen, Methoden und Modellprojekte › Sabina Jeschke, Marcus Petermann und A. Erman Tekkaya
Virtuelle Lernwelten:
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Mobilitätsförderung:
Student Lifecycle
Wir wissen, dass das Experimentieren eine Form des
setzen und vertiefen und dann auch systematisieren,
Leider ist es so, dass im Ingenieurwesen, vor allem im
ist die Abfolge der verschiedenen Phasen im Studium:
forschenden Lernens ist und zwar eine sehr effektive
sodass sie dann auch an verschiedenen Orten benutzt
Maschinenbau, die internationale Mobilität weit unter
Bachelor/Master/Promotion und außerdem die Über-
Form. Wir wissen auf der anderen Seite, dass uns die
werden können.
dem Durchschnitt der gesamten Fachbereiche liegt. Die
gänge Schule/Studium/Beruf.
Ressourcen für eine vollständige Experimentierung feh-
Gründe liegen vor allem in den Curricula, die immer noch
len. Hieraus ergeben sich zwei Möglichkeiten: dass wir
Ein weiterer Bereich in den virtuellen Lernwelten sind
nicht für Mobilität ausgelegt sind. Deswegen möchten
Wir setzen uns mit den verschiedenen Bereichen des
auf der einen Seite mit remote-labs und auf der anderen
die E-Learning-Lösungen. Es ist nicht damit getan, eine
wir verschiedene Maßnahmen ergreifen. Die ersten zwei
Lifecycles intensiv auseinander. Hier gibt es eine gan-
Seite mit virtuellen Labs vorgehen und Maßnahmen er-
Vorlesung einfach digital umzusetzen, um eine E-Lear-
Maßnahmen sind die Förderung dieser Aufenthalte durch
ze Reihe von Maßnahmen, die ich hier jedoch nicht alle
greifen. Wir möchten uns hier auf diese zwei Bereiche
ning-Vorlesung zu haben. Es gehört wesentlich mehr
Einbettung in die Curricula sowie eine interaktive Mobili-
nennen kann. Ein Beispiel ist die Karriere-Blockveran-
konzentrieren. Ich möchte hier noch ein weiteres Projekt
dazu und dies möchten wir hier in zwei Maßnahmen
tätslandkarte, die zum Beispiel Attachments hat über
staltung im Rahmen der Studieneingangsphase, wo Fall-
erwähnen, das wir mit der Förderung der acatech durch-
erarbeiten. Einmal soll in Aachen ein Expertenempfeh-
die verschiedenen Standorte, was diese für eine Mobi-
studien aus Industrie und Wirtschaft zusammen mit den
führen. Es geht es in diesem Projekt, um die Labore in
lungssystem erarbeitet werden. Das ist ähnlich wie ein
lität bei einem Austausch mit ingenieurwissenschaftli-
Studierenden als Projektaufgaben bearbeitet werden.
den Ingenieurwissenschaften, allerdings ist hier der
online-shop, in dem Sie sich die besten möglichen Lö-
chen Studenten anbietet. In diesem Bereich haben wir
Ein weiteres ist das Meeting mit Alumni, das ebenfalls
Blickwinkel allgemeiner. Wir haben bei diesem Projekt
sungen aussuchen und dann anwenden können. Damit
momentan in Dortmund eine Initiative begonnen, die ab
ein sehr effektives Tool ist und in Bochum umgesetzt
einen Blick auf reale und nicht nur auf virtuelle Labore
schaffen wir eine effektive Unterstützung für Ihre E-
dem ersten Oktober starten wird. Es geht um ein neues
wird. Übergang Master/Promotion: Alle drei Lehrstühle
geworfen. In ELLI dagegen werden wir uns nur auf die
Learning-Umgebung. Eine weitere Maßnahme ist die
Masterprogrammm Master of manufacturing technology.
sind in der Forschung äußerst aktiv. Das heißt, wir ha-
remote-labs und auf die virtuellen Labore konzentrieren.
Erweiterung der mobilen Anwendungen. Frau Jeschke hat
Wir waren sehr positiv überrascht über das extrem gro-
ben auch einen sehr großen Stab an Doktoranden und
bereits dargestellt, wie die jungen Studentinnen und Stu-
ße Interesse. Unser Ziel war es, hochbegabte ausländi-
können deswegen hier Erfahrung mitbringen, um diese
Ein Beispiel möchte ich hier nennen: Wir haben einen
denten agieren und eines dieser typischen Instrumente,
sche Studenten zu diesem Studiengang nach Dortmund
Maßnahmen umzusetzen. Das sind eigentlich Maßnah-
Zugversuch in einem Labor durchgeführt. Allerdings be-
die sie benutzen, sind Smartphones. Wir möchten diese
zu bringen, weil Dortmund produktionstechnisch sehr
men, die zielstrebend sind wie How to become Dr.-Ing als
findet sich der Durchführende an irgendeinem Ort auf
virtuellen Welten einbinden, damit die Studenten auch
fortgeschritten ist. Wir erhielten ein Fünffaches an Be-
ein Beratungsseminar oder ein Training Bewerben um
der Welt, ist per Internet über eine Webseite verbun-
die Möglichkeit haben, schnell und effektiv an Lernma-
werbungen, bezogen auf die Kapazität, die wir momen-
eine Promotionsstelle und die weiteren Maßnahmen bis
den und kann mit dieser Webseite sein Werkstück, sein
terial zu kommen.
tan anbieten können. Eine weitere Maßnahme bezüglich
zur Persönlichkeitsentwicklung und Führungskompe-
Material und seine Testdaten wie Temperatur und Ge-
incoming ausländischer Studierender ist, dass wir das
tenz für die Doktoranden.
schwindigkeit aussuchen und bekommt dann über das
Studienangebot für die Studierenden vor allem aus den
Netz die Ergebnisse seines Versuchs, der real durchge-
Industrieländern fördern möchten, und hierzu wird die
führt worden ist. Diese Projekte möchten wir hier fort-
Ruhr-Universität in Bochum diese Maßnahme umsetzen.
Ingenieurwissenschaftliche Ausbildung – ein Streifzug durch Herausforderungen, Methoden und Modellprojekte › Sabina Jeschke, Marcus Petermann und A. Erman Tekkaya
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3. Challenge and absolute Necessity
Fritz Klocke, Mandy Pastohr
Ein weiterer Bereich des Lifecycles ist die Barrierefreiheit
als Querschnittsaufgabe der Hochschule: Hier denken wir
vor allem an behinderte Studierende, dass hier entspre-
Guten Morgen, meine Damen und Herren.
chende Maßnahmen ergriffen werden, um diese Studie-
mentposition in der Industrie tätig. Diese unterschiedlichen Erfahrungen fließen nun auch logischerweise in
renden zu unterstützen. Ein letzter wichtiger Aspekt ist
Herzlichen Dank an die Organisatoren, dass ich hier re-
die Kreativität und Interdisziplinarität. Ich hatte Ihnen zu
den darf. Herzlichen Glückwunsch, dass Sie dieses Projekt
Beginn vorgestellt, was die neue Herausforderung für die
einwerben konnten. Ich habe jetzt etwas mehr gelernt,
Wir haben gedacht, wir fangen den Vortrag generisch an
Ingenieurwissenschaft ist. Wir brauchen kreativ agieren-
was Sie vorhaben. Ich finde, dies ist eine wunderbare
und fragen uns zunächst: wie ist eine gute Ingenieuraus-
de Ingenieure, und diese Kreativität können wir lehren
Plattform, von der heraus wir die ingenieurwissenschaft-
bildung grundsätzlich aufzustellen? Herr Petermann hat
und lernen. Dafür muss das Studium entsprechend aus-
liche Ausbildung wirklich weiterentwickeln können. Ich
eben eine Frage in den Raum geworfen, die es in sich
gelegt sein, und dafür haben wir verschiedene Maßnah-
wünsche Ihnen viel Erfolg und will gerne schauen, wo wir
hat: „Was ist eigentlich gute Lehre?“ und er hat ein paar
men vorgeschlagen, die wir umsetzen möchten.
helfen und mitarbeiten können.
Antworten gegeben. Ich möchte diese Frage auch als
Diversity
Ich bedanke mich auch bei Mandy Pastohr. Wir haben
gute Lehre oder eine gute Ausbildung von Ingenieuren?
ist ein Thema, das in diesem Projekt nicht fehlen darf. Und
den Vortrag gemeinsam zusammengestellt. Ich darf ihn
Wenn man sich diese Frage stellt, darf man sich zu-
hier werden verschiedene Maßnahmen ergriffen, die ich
vortragen und werde das in unserer beider Namen gern
nächst vielleicht die Frage stellen: Warum benötigen wir
hier schlagwortartig nennen möchte: Angebot von inter-
machen.
eigentlich Ingenieure?
Sie sollten wissen, vielleicht ist das an dieser Stelle nicht
Hiervon ausgehend möchten ich dann ein Anforderungs-
ganz unwichtig, ich bin seit 16 Jahren hier in Aachen und
profil ableiten, den einen oder anderen Input zur Ingeni-
Das war ein kurzer Einblick in die Zukunft mit ELLI.
in diesen 16 Jahren habe auch ich mich weiterentwi-
eurausbildung geben, um am Ende Beispiele vorzustel-
So sieht man wie TeachING-LearnING in die Elli fließt.
ckelt, ich bin auch in diesem universitären Umfeld er-
len, die in diesem Umfeld entstanden sind und von denen
Nochmaliger Dank gilt Frau Stein, die im Rahmen von
zogen worden. Ich habe auch schon Herrn Henning hier
wir uns zukunftsorientiert weiterentwickeln können.
TeachING-LearnING die notwendigen Kontakte für die
gesehen, in seinem Umfeld arbeiten zu dürfen war mir
Elli geknüpft und es ermöglicht hat, dass die Elli vom
eine Freude und auch eine Lehre. Also ich habe 16 Jah-
Fangen wir an: Welche Fragen sind essentiell für unsere
BMBF gefördert wird.
re Hochschulerfahrung, ich habe aber auch zehn Jahre
Gesellschaft? Dies will ich schlagwortartig ausführen:
Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihr Interesse.
Industrieerfahrung. Ich war in verantwortlicher Manage-
den Vortrag mit ein.
Leitlinie für meinen Vortrag nehmen: Was ist eigentlich
kulturellen Workshops, Ausbildung und Förderung von Diversitykompetenzen und Lead Student Workshops.
Challenge and absolute Necessity › Fritz Klocke, Mandy Pastohr
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• Wir haben auf der einen Seite natürlich die Menschen
lung, dass wir in der Gesamtheit mehr Güter benötigen,
Wir sind zu der Feststellung gekommen: alle genannten
mit ihren individuellen und kollektiven Bedürfnissen.
allein schon aufgrund des Bevölkerungswachstums. Auf
gesellschaftlich relevanten Probleme müssen mithilfe
• Wir wollen alle, dass unsere Umwelt intakt bleibt,
der anderen Seite erkennen wir, dass wir den Ressour-
der Technik gelöst werden, Ingenieure müssen diese
cenverbrauch so nicht weiter treiben können. Vielleicht
Lösungen finden und sie dann auch in der Praxis re-
können wir sagen: wir benötigen in der Gesamtheit
alisieren. Neben dem Verhalten von Menschen, darauf
und wir haben begrenzte Ressourcen.
• Auf der anderen Seite benötigen wir die Wirtschaft,
wir benötigen die Industrie,
mehr Güter, aber mit weniger Ressourcen. Der Bedarf
will ich in diesem Vortrag nicht eingehen, ist es also die
• wir benötigen Wachstum, qualitatives Wachstum.
an mehr Gütern muss nicht zwangsläufig mit Verzicht an
Technik, aus der heraus wir gesellschaftlich akzeptier-
Wachstum durch Innovation, wie es das Leitthema
anderer Stelle realisiert werden. Dies sind aktuelle The-
te Lösungen entwickeln müssen. Und dies ist u. a die
der acatech ausdrückt.
men, mit denen wir uns auseinandersetzen. Natürlich
zentrale Aufgabe von Ingenieuren. Auch andere Berufe
gibt es noch viel mehr, aber für die Einleitung in unseren
sind wichtig, aber heute fragen wir ja ganz gezielt nach
Vortrag mag dies ausreichen.
neuen Wegen in der Ingenieurausbildung. Wenn man
Wir müssen uns an dieser Stelle aber schon fragen, wie
wir Wachstum, Wohlstand und die Nutzung von Ressour-
aus dem Gesagten eine Mission für die Ingenieure und
cen in ein ausgewogenes Gleichgewicht bringen können.
Welche Rolle spielt nun der Ingenieur in diesem gezeich-
die Ingenieurausbildung ableitet, dann ist es eben ge-
Ich gehe darauf später nochmals ein.
neten Szenario? Und was ist dann die Rolle der Ingeni-
nau die, technische Lösungsoptionen zu erarbeiten, die
eurwissenschaften? Die Ingenieurwissenschaften haben
in der Gesellschaft akzeptiert werden und diese dann in
Vorab zu der Frage: was sind die Megatrends, die in der
wir bisher noch nicht angesprochen. Bisher konnte ich
die Anwendung zu überführen.
Gesellschaft im Allgemeinen diskutiert werden, mit de-
offensichtlich gesellschaftlich durchaus relevante Fra-
nen wir uns auseinandersetzen, wenn wir aktuell die
gestellungen ansprechen, ohne in besonderer Weise auf
Beide Facetten sind gleich wichtig. Engineers make it
Zeitung aufschlagen? Dies sind Energiefragen, aus den
die Ingenieurwissenschaften Bezug zu nehmen. Andere
work. Ingenieure können und dürfen nicht in der Kon-
bekannten Gründen. Aber auch die Mobilität. Auch die
Disziplinen stehen im Spotlight. Ist das richtig, ist das
zeptphase mit den Bemühungen aufhören, sondern sie
Informationstechnik spielt eine große Rolle, die Umwelt
falsch, ist das angemessen, unangemessen? Die Beant-
müssen am Ende die Lösung in die Praxis umsetzen.
spielt eine Rolle, Sicherheit ist ein wichtiges Thema und
wortung dieser Fragen lasse ich offen. Aber eine andere
Wenn wir hier nun das Schlagwort Innovation einordnen,
auch das, was wir mit Gesundheit/Lifescience beschrei-
Fragestellung drängt sich auf: Was ist die Aufgabe von
sollten wir uns immer an die Definition von Schumpeter
ben, hat in aktuellen Diskussionen ebenfalls einen ho-
Ingenieuren? Und diese Frage ist wohl auch für unsere
erinnern. Schumpeter, ein bekannter österreichischer
hen Stellenwert. Wenn wir hierzu übergreifende Quer-
heutige Tagung und das gesamte Projekt relevant.
Ökonom, hat gesagt: Eine Innovation ist Veränderung
schnittsthemen definieren, dann gehört hierzu wohl die
in Prozessen, Produkten, Abläufen, die im Markt Erfolg
Energie- und Ressourceneffizienz und auch die Feststel-
haben. Wenn wir diese Definition auch den Ingenieur-
Challenge and absolute Necessity › Fritz Klocke, Mandy Pastohr
27
tätigkeiten zugrunde legen, dann sehen wir, dass z. B.
wir unter Fähigkeiten, Skills? Wir haben uns bemüht und
Man ist immer gut aufgehoben, wenn man Popper zi-
innovatives Wachstum mit überzeugenden Lösungen
geschaut, was weise Leute lange vor unserer Zeit schon
tieren kann. Er hat gesagt: All life is problem solving.
und Marktakzeptanz zusammenhängt.
dazu gesagt haben. z. B. George Bernhard Shaw meint,
Das ist vielleicht für uns zu allgemein. Aber dieses Zitat
dass “Men are wise in proportion, not to their experi-
sagt auch: definiere zunächst ein Problem, dann suche
Darauf aufbauend haben wir konstatiert: Wir sehen
ence, but to their capacity for experience”. Für uns kann
die Lösung. Bitte nicht in umgekehrter Reihenfolge. Au-
zwei wesentliche Säulen für eine Ingenieurausbildung.
das heißen, Fähigkeiten zu entwickeln durch Zurück-
ßerdem muss das Problem relevant sein. Das ist bereits
greifen auf Erfahrungen. Also das, was man kann muss
gute Ingenieurarbeit. Relevant für die Gesellschaft, re-
man anwenden und aus der Anwendung heraus lernen,
levant für das Unternehmen, relevant für einen neuen
Wir benötigen die Grundlagen, ganz ohne Frage, aber
Schwachstellen ermitteln, um Lösungen dann adaptiv
Markt, relevant für die Ingenieurwissenschaft, um das
wir müssen sie auch zu den Studierenden transportie-
weiterzuentwickeln. Das ist eine wichtige Fähigkeit für
Neue zu erforschen. Wenn dies gegeben ist, beschäfti-
ren, sie verständlich machen, im Kontext darstellen, und
Ingenieure, dafür müssen wir in der Ausbildung aber
gen sich Ingenieure damit, dieses Problem zu lösen.
auch ein passendes Umfeld schaffen. Labore sind zum
Oder wir zitieren Einstein: “We can never solve prob-
Beispiel ein solches Umfeld, von denen wir zu wenig ha-
lems by using the same kind of thinking we used when
ben, die im Allgemeinen recht teuer sind aufgrund der
we created them”: Also Probleme, die man kreiert hat,
hat das eben ebenso treffend ausgedrückt: Ingenieur-
Einrichtungen, und dies mögen Gründe sein, weshalb
kann man meistens nicht mit den gleichen Ansätzen lö-
wissenschaften, und das dürfen wir nicht vergessen,
wir die Lehre im Labor in den Ingenieurwissenschaften
sen, mit denen man sie kreiert hat. Auch dies ist eine
sind Experimentalwissenschaften. Das Experiment ist
nicht so ausgestaltet haben, wie das wünschenswert
wichtige Lehre für die Ingenieure. Wir müssen zum Lö-
unverzichtbar. Wir finden häufig nicht die allumfassen-
wäre. Wir benötigen aber weitere Kompetenzen, wie z.
sen bekannter Probleme zuweilen auch vollständig neue
B. soziale Kompetenzen, Kompetenz, Entscheidungen zu
Ansätze in Erwägung ziehen. Warum sage ich das alles?
fällen und auch Verantwortung zu tragen.
Im Wesentlichen muss das, was ich bisher ausgeführt
Das sind auf der einen Seite die Grundlagen. Herzlichen
Dank, liebe Frau Jeschke, dass Sie ausgeführt haben:
dies gegebenenfalls mit anderen Methoden, mit anderen
Mitteln, als wir es bisher gewohnt waren. Ich stimme
ihnen da uneingeschränkt zu. Und auch Herr Tekkaya
de, in sich geschlossene Lösung. Dann müssen wir experimentieren und die gefundenen Erkenntnisse in dem
definierten Gültigkeitsraum anwenden. Wir haben als
Engineering Competence
Solving problems and
implementing applications
Mastering
the
fundamentals
Developing
skills
habe, von den jungen Leuten, den in Ingenieurausbil-
zweites gesagt: Ingenieure benötigen auch Fähigkeiten,
Wenn Problemlösungen wichtig sind, darf die Fragen
dung befindlichen Studierenden, realisiert werden. Aber
die Skills. Damit haben wir zwei relevante Säulen auf de-
gestellt werden: Was ist im ingenieurwissenschaftlichen
es ist unsere Aufgabe, die Aufgabe der Lehrenden, den
nen die Ingenieurausbildung ruht. Es ist eine gute Basis,
Sinne ein Problem? Wir können an dieser Stelle, um es
notwendigen Rahmen und die Randbedingungen in der
um relevante Probleme zu definieren, Problemlösungen
mal ganz philosophisch auszudrücken, Popper fragen,
Ausbildung zu schaffen.
(-optionen) zu erarbeiten, zu bewerten und die besten
dann gezielt in die Praxis zu überführen. Was verstehen
den berühmten österreichisch-britischen Philosophen.
Bild 1 Säulen der ingenieurwissenschaftlichen Ausbildung
Challenge and absolute Necessity › Fritz Klocke, Mandy Pastohr
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Wir möchten im Folgenden jetzt mit einigen Beispielen
Mobilität, speziell die Mobilität in der Luftfahrt, aber
lestones zu erreichen und Termintreue zu realisieren,
Erkenntnis, nicht alles selbst wissen zu müssen und die
aus Aachen zeigen, was wir bisher getan haben, wie wir
auch die Energiewandlung in Gasturbinen und Dampf-
wie man auf in der Projektbearbeitung auftretende neue
persönliche Stärke, dies zuzugeben und in anderen Be-
die eine oder andere Facette des zuvor Gesagte umge-
turbinen. Fragestellungen: Ressourceneffizienz, Ener-
Probleme reagiert, sie lernen also genau das Umfeld
reichen nach Lösungen zu fragen, muss auch vorgelebt
setzt haben, um anwendungs- und industrieorientierte
gieeffizienz, Reparaturmöglichkeiten, Verfügbarkeit der
kennen, in dem sie später selbst arbeiten werden. An
werden, um sie zu Studierenden als Fähigkeit zu trans-
Ingenieurausbildung zu realisieren. Daraus wollen wir
Anlagen. Das gilt für alle Strömungsmaschinen und jetzt
dieser Stelle handelt es sich um ein nationales Team und
portieren. Wenn wir nun die durch Forschung optimier-
zunächst ableiten, ob nicht auch ein Forschungspro-
werde ich technisch. Diese Fragen sind für eine Turbine
die Studierenden erleben hautnah, dass Industrievertre-
ten Linsen produzieren könnten und so zur Verfügung
gramm eine geeignete Plattform sein kann, um Ingeni-
im Kraftwerk, für eine Dampfturbine, für eine Gasturbine
ter aus einem anderen Erfahrungsbereich heraus argu-
hätten, wäre selbst dieser wunderbare Beamer am Ende
eurausbildung zu betreiben, mindestens zu unterstüt-
und eine Flugturbine relevant. Aus diesem Umfeld her-
mentieren und ganz andere Anforderungen haben als sie
in seiner Brillanz und in seiner Ausleuchtungsqualität
zen. Man könnte dies als forschungsgetriebene oder
aus ist ein Industriekonsortium gefunden, dass die prak-
das in der Hochschule bisher gelernt haben.
noch besser, als er das heute schon ist. Was ist aus die-
eine forschungsgeleitete Ingenieurausbildung bezeich-
tisch relevanten Fragestellungen mit definiert hat und
nen, als eine Möglichkeit, Ingenieurausbildung zu be-
sich selbst in der Problemlösungsfindung ebenfalls mit
Ein zweites Beispiel – es kommt aus dem Bereich der
schungsbereich. Dieser Sonderforschungsbereich ist
treiben. Wir haben hier in Aachen recht gute Randbe-
eigener Kompetenz eingebracht hat. Als Forschungsin-
Optics und Photonics. Das ist ein spannender Bereich,
an drei verschiedenen Standorten realisiert. Dies sind
dingungen für diese Art der Ausbildung, insofern ist das
stitute aus Aachen haben das Fraunhofer IPT und das
der sehr wichtig für viele unserer Fragestellungen ist
Aachen und Bremen und ein Standort in den USA. Die
manchmal auch standortbedingt. Im Folgenden möchte
Fraunhofer ILT mitgearbeitet. Hier haben wir jetzt ein
und der auch spannend ins Außenfeld transportiert
Sprecherhochschule ist Bremen, der Sprecher ist Pro-
ich auf folgende Bereiche eingehen:
typisches Ingenieurproblem definiert und sind dabei, es
werden kann. Die Studenten sind im Allgemeinen sofort
fessor Brinksmeier. Die Forschungswelt in den USA bie-
zu bearbeiten und technischen Fortschritt mit neuen Lö-
begeistert und können sich ein eigenes „Bild“ von den
tet gar nicht so wunderbare Möglichkeiten, wie Sonder-
sungen zu generieren. Dieses Problem kann die Hoch-
anstehenden Fragen machen.
forschungsbereiche, um sich solchen Fragestellungen
• Was kann forschungsgeleitetes Lehren und Lernen
leisten?
• Was sind die Chancen von Lernfabriken?
ser Problembeschreibung entstanden? Ein Sonderfor-
zu nähern. Wir haben aber der NSF1 überzeugend dar-
schule nicht umfassend allein lösen. Hier ist die Mitarbeit der „erfahrenen“ Industrie notwendig. So werden die
Um das Beispiel der Linse zu konkretisieren: Sie müs-
stellen können, dass es eine einmalige Möglichkeit ist,
Lösungen in reale Produkte umgesetzt. Was hat dieses
sen ausgelegt, berechnet und hergestellt werden. Mit
hier mitzumachen, zu kooperieren. Damit konnte auch
Was kann forschungsgeleitetes Lehren und Lernen
Projekt für Auswirkungen auf die Ingenieurausbildung?
den Grundlagenkenntnissen hat man erste Zugänge zur
Don Lucca aus Stillwater mitarbeiten. Ich komme jetzt
leisten?
In so einem Projekt sind in etwa 30 Studenten involviert.
lichtoptischen Auslegung optischer Elemente, Studie-
zum Thema Teaching and Learning. Wir haben unsere
Sie arbeiten am Problem und an der Problemlösung mit.
rende lernen hier aber auch, dass das häufig notwen-
Standards: Studien-, Bachelor- und Masterarbeiten.
Im Fallbeispiel TurPro Innovation Cluster war folgendes
Sie sitzen in den entsprechenden Projektsitzungen mit
dige Spezialwissen zur Problemlösung auch durch
Aber das besondere hieran ist nun, dass wir in diesem
Problem definiert, für das Lösungen bereitgestellt wer-
am Tisch. Sie lernen, wie Menschen in einem industrie-
Kooperation mit anderen Wissenschaftsdisziplinen ge-
Forschungsumfeld nun auch mit unseren Studieren-
den mussten: Ausgangssituation, Gestaltungsrahmen:
getriebenen Umfeld kommunizieren, was es heißt, Mi-
wonnen werden darf, ja, in vielen Fällen sogar muss. Die
den Leute in beiden Richtungen austauschen, um sich
1
NSF = amerikanische National Science Foundation, vergleichbar mit der Deutschen
Forschungsgemeinschaft.
Challenge and absolute Necessity › Fritz Klocke, Mandy Pastohr
31
international zu vernetzen. Die Studenten können ihre
den. Hier müssen dann wohl die Lehrenden helfen und
Studienleistungen an den drei Standorten, ohne organi-
überzeugend in der Lage sein, das zu lösende Problem
satorische Hürden überwinden zu müssen, anfertigen.
ingenieurwissenschaftlich zu formulieren. Manchmal
An allen drei Standorten transportieren wir das, was wir
klappt das, manchmal nicht. Hier gibt es dann wohl neue
dort an Wissen erarbeitet haben, auch zu den Studenten.
Herausforderungen und Aufgaben für die Lehrenden.
Am Ende der Ausbildungen müssen sie auch Prüfungen
Ggf. darf und muss man dann über Ausbildung-Fähig-
ablegen, aber sie dürfen die Prüfungen an allen drei Uni-
keiten-Weiterentwicklung der Lehrenden nachdenken.
versitäten machen. Wir erkennen die Prüfungsleistun-
Wenn die Problembeschreibung für die von Ingenieuren
gen gegenseitig an.
zu lösenden Fragen aber gut gelingt, dann sind diese interdisziplinären Fragestellungen hoch interessant, die
Engineering meets Lifescience, eine Leitthema, das wir
Studierenden sind wieder hellwach, und sie lassen sich
uns u. a. in Aachen gesetzt haben. Es steht für ein ge-
begeistert darauf ein, z. B. eine Fettpresse und einen Ge-
sellschaftlich hoch relevantes Themengebiet und zeigt
webehacker zu konstruieren und zu realisieren, mit de-
außerdem bereits im Thema: hier steht in besonderer
nen die Biologen menschlich Zellen isolieren, um daraus
Weise Interdisziplinarität im Mittelpunkt und weil wir
z. B. Hautmodelle zu erzeugen, an denen Salben, Cre-
dieses Thema auch in unserem Institutsteil in Boston
men und andere Pharmazeutika getestet werden, was
im Mittelpunkt stehen haben, sagen wir zuweilen auch:
heute in Tierversuchen geschieht. Ein anderes Beispiel
engineering beyond traditional boarders. Wenn wir Stu-
aus dem Bereich der Zusammenarbeit mit der Biologie.
dierende motivieren wollen, hier mitzuarbeiten, dann
Was hatten die Biologen entdeckt und auch patentiert
erfahren wir im Allgemeinen schnell begeisternde Zu-
(vgl. Bild 2)?:
stimmung. „Oh, das ist ja interessant.“ Aber wenn wir
ausführen und sagen: „Jetzt müsst ihr aber mit medical
doctors zusammenarbeiten und möglicherweise sogar
mit Biologen.“ Dann erleben wir Zurückhaltung und häufig die Reaktion: Chemie und Biologie war noch nie unsere Stärke, darum wollen wir ja auch Ingenieure wer-
Bild 2 Vaccines from plants
Challenge and absolute Necessity › Fritz Klocke, Mandy Pastohr
33
Was sind die Chancen von Lernfabriken?
Sie haben herausgefunden, dass man Impfstoffe über
eine Modifikation bestimmter Pflanzenzellen erzeugen
den auch die sozialen und interkulturellen Probleme
berücksichtigt und mitbehandelt. Deshalb ist hier auch
kann. Das heißt, die Pflanze erzeugt Impfstoff. Diese Er-
Learning factories sind Ihnen bekannt. Hier lernen Stu-
die Katholische Fachhochschule mit eingebunden, die
kenntnis ist das eigentliche intellectuell Property IP, diese
dierende, wie eine Fabrik in der Gesamtheit funktioniert,
in schwierigen Stresssituationen mithelfen, angemes-
Erkenntnis ist in Aachen am IME (Institute for Molecular
wie sie tickt. Sie lernen, was ein „Bestand“ ist, in der
senen Problemlösungen innerhalb der jeweiligen Team-
Engineering) gefunden worden, nicht von den Ingenieu-
Produktion, im Rohmateriallager im Fertigteilelager,
strukturen zu finden.
ren. Aber um diese Idee umzusetzen, um im Markt er-
und warum Bestände in der Fabrik „Geld“ kosten. Das,
folgreich zu sein, fand hier, und sie dauert immer noch
was ich Ihnen hier jetzt zeige, ist eine Lernfabrik aus
Die Rolle der Akademien in der Ingenieurausbildung
an, eine intensive Zusammenarbeit mit den Ingenieuren
Darmstadt. Lernfabriken finden Sie bundesweit. In einer
soll der letzte Punkt in unserem Vortrag sein, den wir
statt. Es entstand eine Pilotanlage, in der der gesamte
Lernfabrik agieren die Studierenden selbst und sie se-
reflektieren. Akademien können in diesem Zusam-
Erzeugungsprozess, vom Saatkorn zum Impfstoff, reali-
hen, erleben, bewerten die realen Konsequenzen.
menhang eine wichtige Funktion ausfüllen. Akademien
siert wurde. Erst wenn die Produktion reproduzierbar zu
können eine Plattformen schaffen, sie können Leute
vorgegebenen Kosten funktioniert, darf man Markterfolg
Ein anderes Beispiel zur realitätsnahen Ingenieuraus-
zusammenführen, sie können auch zuweilen ein Pro-
erwarten. Garantiert ist er auch dann noch nicht. Aber Sie
bildung ist die Durchführung von wettbewerblichen Pro-
jekt fördern, wie das von Herrn Tekkaya initiierte, zur
merken schon, jetzt sind wir wieder gedanklich in einem
jektaufgaben. Diese Idee wurde ursprünglich in Darm-
Bedeutung und Neugestaltung der Laborausbildung von
typischen Ingenieurumfeld. Hier sind Ingenieure gefragt.
stadt entwickelt, von der FH Aachen aufgenommen und
Ingenieuren. Aber Akademien sind immer auch unab-
Bild 3 Pilotanalage
auch hier am Standort in die Realität umgesetzt. Es
hängige Institutionen zur Beratung der Politik und zur
Die Anlage muss ausgelegt werden, sie muss berechnet
werden jedes Jahr 160 bis 180 Studenten geschult. Sie
Information der Gesellschaft. Wenn Ingenieure Lösun-
werden, sie muss gebaut werden. Die Biologen definieren
machen eine Projektarbeit, in der ein reales Problem
gen erarbeiten, sind sie nur dann nützlich, wenn sie von
sozusagen die Randbedingungen, wie sollten die Pflanzen
aus der Industrie angesprochen wird. Was geschieht als
der Gesellschaft akzeptiert werden. Deshalb müssen die
gesetzt werden, in welchem Umfeld gedeihen sie am besten
erstes? Als erstes muss das Problem definiert werden.
gesellschaftlichen Grundnormen ethischer und kultu-
usw. In solchen interdisziplinären Teams, Ingenieure plus
Am Ende der Laufzeit muss die Lösung funktionieren,
reller Natur berücksichtigt werden.
Biologen, in diesem Umfeld entwickelt sich dann wirklich
ein Kostenrahmen darf nicht überschritten werden und
Neues und die Studierenden der Biologie und der Ingeni-
die realisierte Lösung muss in einem fest vorgegebe-
Einige Worte zur acatech, denn die acatech gibt es noch
eurwissenschaften sind fester Bestandteil der Teams.
nen Zeitrahmen fertiggestellt sein. Diese Teams waren
gar nicht so lange. acatech ist die von Bund und Ländern
international und auch mit Schülern besetzt. Es wer-
geförderte nationale Akademie und Stimme der Technik-
Challenge and absolute Necessity › Fritz Klocke, Mandy Pastohr
35
wissenschaften im In- und Ausland. Acatech erfüllt ihren
sen junge Menschen auch für die Technik interessieren,
in föderalen Systemen, in denen Bildung Länderaufgabe
ren und aus Vielfalt Alleinstellung abzuleiten. Neben der
Beratungsauftrag unabhängig, wissenschaftsbasiert und
sie interessiert machen und mitnehmen zur Diskussion
ist, nicht so einfach. Uns interessierten natürlich auch
acatech müsste ich jetzt noch die BBAW und die Leo-
gemeinwohlorientiert.
von Fragen, die uns relevant erscheinen. Ein weiteres
die Bachelor- und Masterprogramme. Die acatech erar-
poldina erwähnen. Es gibt aber auch noch viele Landes-
Projekt, Monitoring of motivation concepts for young
beitet sich mit solchen Studien wertfrei den Stand der
akademien und die europäische Plattform EuroCase.
Das Besondere an dieser Akademie ist, dass sie aus zwei
people in science and technology (MoMoTech) (2011),
Technik, um hiervon ausgehend z.B. best practice Bei-
Auch auf der europäischen Ebene tauscht man sich
Säulen besteht. Die eine Säule repräsentiert die Wissen-
ist unter der Leitung von einem Kollegen aus Stuttgart,
spiele abzuleiten und zu kommunizieren. Natürlich ist
in den Technikwissenschaften aus und sammelt best
schaft, die andere die Industrie. Dies ist nicht gerade ty-
Herrn Professor Renn, durchgeführt worden. Er hat mit
auch die Ingenieurpromotion ein wichtiges Thema. Auch
practice Beispiele. Und als letzte Akademie, das müs-
pisch für Akademien. Aber Ingenieure können nicht ohne
sozialwissenschaftlicher Methodik in Deutschland un-
dazu gibt es eine Veröffentlichung.
sen Herr Tekkaya und ich natürlich hier erwähnen, weil
die Industrie arbeiten. Die Realisierung einer Lösung
tersucht, was wir in Deutschland für Projekte initiiert
gehört eben immer und untrennbar zur Ingenieurtätig-
haben, in denen wir Menschen mit Technik in Berührung
Vielleicht darf ich hier ein Zwischenfazit ziehen. Ich
demie für Produktionswissenschaften (CIRP) zu nennen.
keit dazu und dies geschieht nun mal in der Industrie.
bringen. Der Untersuchungsbereich umfasst Hochschu-
glaube, es gibt nicht einen Weg, den einen und allein
Und ich will nur Eigenschaften erwähnen, die im Kontext
Die Akademie wird von zwei Präsidenten geführt, der
len, Kindergärten, als die frühkindlichen Erziehung,
ausgewiesenen Ansatz. Es gibt viele Wege, über die
dieses Projektes und dieser Tagung von Interesse sein
eine kommt aus der Wissenschaft, der andere aus der
und auch die Schulen. Sie werden überrascht sein, was
ingenieurwissenschaftliche Ausbildung erfolgreich re-
könnten. Diese Akademie bringt die Produktionswissen-
Industrie. Im Gründungsjahr hatte die Akademie nur
es in Deutschland alles schon gibt. Ich war auch über-
alisiert werden kann. Dies hängt auch schon damit zu-
schaften weltweit zusammen. Sie ist ebenfalls über eine
einen Präsidenten, Professor Milberg. Der konnte nun
rascht. Ggf. werden Sie aber auch überrascht sein, wie
sammen, dass über unterschiedliche Schwerpunkte an
wissenschaftliche und eine industrielle Mitgliedersäu-
zufällig in seiner Person beide Bereiche kompetent
wenig koordiniert, mindestens abgestimmt, die Initiati-
Hochschulstandorten auch unterschiedliche Rahmen-
le getragen. CIRP hat ebenfalls, noch nicht sehr lange,
vertreten und repräsentieren. Die acatech ist eine Ar-
ven innerhalb naheliegender Regionen verlaufen, über
bedingungen vorgegeben werden. Dies gilt auch für die
einen Bereich für junge Forscher eingerichtet, die Re-
beitsakademie, sie bekommt auch öffentliche, instituti-
Landesgrenzen hinweg finden sie fast gar keine Verbin-
Fachhochschulen, denn in der Summe werden an den
search Affiliates. Es werden Fragen zur Ingenieuraus-
onelle Förderung. Die acatech hat zwischenzeitlich etwa
dungen. Hier verliert eine grundsätzlich gute Idee ganz
Fachhochschulen etwa 2/3 der Ingenieure ausgebildet,
bildung, jetzt auf internationalem Level, diskutiert und
80 Mitarbeiter. Ich empfehle Ihnen, die acatech einmal
offensichtlich Breitenwirkung. Eine generelle Aussage
an den Universitäten damit ein Drittel. Aber einen na-
kommuniziert. Ich denke, das ist eine wichtige Mission.
etwas genauer kennenzulernen, in dem Sie auf die In-
der Studie ist, die Initiativen sind absolut notwendig. Es
tional anerkannten, für alle Lehrinstitutionen verbind-
ternetseite gehen www.acatech.de. Oder im Zusam-
wäre jetzt eigentlich an Zeit, aus dieser Vielfalt aus Ide-
lichen Grundrahmen sollte es schon geben, sozusagen
Ich komme zum Ende unseres Vortrages mit vielen Zu-
menhang mit unserer Tagung und dem anstehenden
en, die wir realisiert haben, zu lernen, noch einmal zu
einen Pflichtbereich, für alle bindend, und einen Kürbe-
sammenfassungen und einigen Lücken dazwischen. Ich
Projekt kann es hilfreich und informativ sein, sich fol-
analysieren, was erfolgreich ist, welche Ansätze weniger
reich, zur standortbezogenen Ausgestaltung. Und wenn
will nur die Lücken kommentieren und an dieser Stel-
gende Publikation anzuschauen: „Strategy of promoting
zielführend zu sein scheinen, um daraus ein größeres
wir in Deutschland eine generelle Stärke finden wollen,
le kritisch fragen: Wenn dem so ist, dass wir Gestal-
interests in science and engineering“ (2009). Wir müs-
nationales Programm zu generieren. Aber so etwas ist
dann ist es vielleicht die Fähigkeit, Vielfalt zu organisie-
tungsrahmen für zeitgemäße Ingenieurausbildung an
wir beide hier Mitglied sind, ist die Internationale Aka-
Challenge and absolute Necessity › Fritz Klocke, Mandy Pastohr
37
einigen Stellen grundsätzlich verändern müssen, dann
Zusammenfassung:
sollten wir dieses rechtzeitig und durch Einbindung der
Jetzt können Sie sagen, das sind ja große Worte. Ich
richtigen Partner auch beherzt und mutig angehen. Sie
stimme zu, ja, sie sind es, alles Gute ist bereits gesagt.
sind auf einem guten Weg. Wenn das Ergebnis uns über-
Und deshalb kann es vielleicht besonders motivieren,
zeugt, sollten wir aber auch den Mut haben und kritisch
es auch zu tun. Es liegt einzig und allein an uns.
What is engineering education about?
hinterfragen, welche Fähigkeiten denn Lehrer der Ingenieurwissenschaften haben müssen und ob auch hier
Herzlichen Dank.
Knowledge
Knowing is not enough;
Capability?
Problem solving options.
Willingness?
Willing is not enough;
ggf. Handlungsbedarf erkannt wird. So könnte sich eine
gesamtheitliche Strategie zur zukunftsorientierten Ingenieurausbildung generisch entwickeln, die als Handlungsleitfaden dienen kann. Und hierzu gehören auch best
practices und benchmarks, warum eigentlich nicht?
we must do!
Kurz und gut, ich versuche eine generelle
J.W. von Goethe
Source: Wilhelm Meisters Wanderjahre Goethe, 1821 (Wilhelm Meister´s Journeyman Years)
39
4. Gute Lehre – Basis für die Qualität in der Ingenieurausbildung
Frank-Stefan Becker
An dieser Stelle ist es ganz interessant, sich einmal an-
im ersten Studienteil eine starke Fokussierung auf ab-
zuschauen, wie die Auffassungen von Qualität zwischen
prüfbare Fähigkeiten, das so genannte „Formel lösen“.
Mein Versuch, gute Lehre zu definieren, nähert sich dem
dem universitären Umfeld und dem industriellen diver-
Dabei handelt es sich (im Gegensatz zum industriellen
Gegenstand nicht von der intrinsischen Seite, also von Sei-
gieren können. Zwar reden alle von Qualität, es sind aber
Umfeld, in dem die Suche ergebnisoffen ist) um die Lö-
ten des Prozesses aus, sondern aus der Perspektive des
nicht unbedingt dieselben Erwartungen, die mit diesem
sung geschlossener Probleme, das heißt die nachvoll-
gewünschten Ergebnisses: gute Lehre vermittelt einer
Begriff verbunden werden. Diese Unterschiede in den
ziehende Lösung von Aufgaben, deren Ergebnis vorher
größtmöglichen Zahl von Absolventen die Kenntnisse und
Erwartungen schlagen sich in unterschiedlichen Priori-
feststeht. Im zweiten Teil des Studiums liegt der Fokus
Fähigkeiten, die sie anschließend zu einer erfolgreichen
täten und Zielen nieder: im Unternehmen bestimmt die
dann vermehrt auf der Generierung neuen Wissens. Ei-
Bewältigung ihrer beruflichen und privaten Herausforde-
Eingangsqualifikation den Einstieg, aber die Leistung in
nerseits ist dies zwar sehr gut und wichtig und ohne Fra-
rungen benötigen. Das Wort, an dem man sich hier stoßen
ganz unterschiedlichen und wechselnden Funktionen
ge die Aufgabe der Universität, aber andererseits ist dies
könnte, ist „größtmögliche Zahl“. Eine gute Qualität der
den Aufstieg. Ziel ist dabei die Umsetzung neuer Ideen
kein Thema, das in der Industrie an erster Stelle steht.
Lehre bemisst sich nicht daran, dass ich aus einer gro-
in Innovationen, das heißt in marktfähige Produkte, für
ßen Menge an Einheiten durch scharfe Qualitätskontrolle
die der Kunde bezahlt. Bahnbrechend neue Ideen sind
Um festzustellen, welche Fähigkeiten in der Industrie
möglichst viele herausfiltere. Ziehen wir den Vergleich zur
kein Ziel, von dem eine Industrie leben kann. Zur Er-
benötigt werden und infolge dessen gefragt sind, ist es
industriellen Produktion: wenn wir 100 Stück produzie-
füllung dieser Anforderungen brauchen wir offene und
sinnvoll zu betrachten, wo Ingenieure überall arbeiten.
ren, dann wollen wir 100 Stück haben, die funktionieren.
wechselnde Strukturen und wir brauchen die Zusam-
Beispielhaft wird hier die Firma Siemens Deutschland
Ein Qualitätsmanagement, das in diesem Fall sagt: „Na ja,
menarbeit vieler Mitarbeiter mit unterschiedlichen Vor-
herangezogen. Da arbeiten in dem Bereich Research
fünfzig % können wir gebrauchen, aber fünfzig % müssen
kenntnissen in Teams. Eine Universität demgegenüber
und Development nur 17% der Maschinenbau-Ingenieu-
wir wegschmeißen“, ist zwar zweifellos ein scharfes Instru-
ist durch den öffentlichen Dienst geprägt, sowohl in ihrer
re, obwohl man klassischerweise vermuten würde, dass
ment, aber die Fertigung hat dann leider ein Problem. Gute
Gehaltsstruktur als auch in ihrem Aufbau. Es herrscht
die Mehrzahl dort tätig sein würde. Von diesen 17% sind
Lehre orientiert sich deshalb an den beruflichen Anforde-
eine ganz starke Bedeutung der Eingangsqualifikation.
wiederum 90% im Bereich Development, also mit pro-
rungen aus dem voraussichtlichen Arbeitsgebiet. Denn die
Während es also in der Industrie tatsächlich den Auf-
duktnahen Verbesserungen in den Industriesektoren,
Qualität eines Produktes bemisst sich an den Anforderun-
stieg vom Tellerwäscher oder Büroboten zum Unter-
beschäftigt. Weiterhin findet man Ingenieure in eher un-
gen der Praxis. Und zwar an der Praxis, die für die überwie-
nehmenschef geben mag, wird es wohl kaum einen Prä-
gewöhnlichen Arbeitsfeldern wie beispielsweise Human
gende Zahl der jungen Menschen hinterher relevant sein
sidenten geben, der denselben Weg zurückgelegt hat.
Resources. Nicht alle kommen bereits beim Einstieg in
wird, das heißt, an den industrienahen Tätigkeiten.
Dementsprechend finden wir in der Universität gerade
diese Funktionen hinein, aber sie diffundieren in der
Herzlich Willkommen zu meinem Vortrag.
großen Firma in diese Positionen. Dafür brauchen wir
eben Mitarbeiter, die neben der fachlichen Ausbildung
die Offenheit mitbringen, die Schlüsselqualifikationen,
um diese Entwicklungen und Herausforderungen zu bewältigen. Das ist das, was wir unter Berufsfähigkeit verstehen. Dabei handelt es sich um die Summe der Handlungskompetenzen, die an dieser Stelle in fünf Gruppen
aufgeteilt werden:
1. Fundierte Fachkenntnisse sind der Einstieg und damit das primäre Kriterium. Wenn nach den Fähigkeiten eines Ingenieurs, Elektrotechnikers oder Mechatronikers gesucht wird, kann sich nun einmal kein
Jurist bewerben.
Gute Lehre – Basis für die Qualität in der Ingenieurausbildung › Frank-Stefan Becker
41
2. In der nächsten Gruppe finden sich analytische Ur-
verrechnet hat. Doch es ist nicht unbedingt ratsam,
Zusammenfassend lässt sich Folgendes als Wunsch der
schlecht um 17 Uhr das Operationsbesteck zur Seite le-
teilsfähigkeit, Strukturierung, Plausibilitätscheck,
einen Firmenchef in einer ähnlichen Situation mit
Wirtschaft an die Hochschulen formulieren: die Ausbil-
gen und Ihren Patienten damit trösten, dass Sie morgen
Informationsrecherche und -bewertung und Prob-
einem sachlichen Fehler in seinem Vortrag zu kon-
dung von qualifizierten Absolventen der richtigen Fächer
wieder kämen.
lemidentifikation. Bei diesen beiden ersten Gruppen
frontieren. Team- und Integrationsfähigkeit gehören
in genügender Anzahl, das heißt die volle Ausschöpfung
handelt es sich um klassische Stärken einer akade-
ebenfalls dazu und gutes Englisch ist heutzutage
unseres Potenzials. Wir können es uns in Anbetracht ge-
Dass diese Ausschöpfung unseres Potentials bisher
mischen Ausbildung.
selbstverständlich.
ringerer Jahrgangsstärken nicht mehr leisten, leichtfer-
nicht ausreichend geschieht, liegt natürlich nicht nur in
tig zu sagen, eine bestimmte Anzahl Studierender verlie-
der Verantwortung der Hochschulen, sondern vielfältige
3. Die Fähigkeit, über die Grenzen des eigenen Kompetenzbereichs hinaus zu blicken und andere Fakto-
Der erste Teil dieser Qualifikationen kann gut an den
ren wir nun einmal auf dem Weg. Vielmehr müssen wir
Faktoren in der Gesellschaft sind hier von Bedeutung,
ren zu berücksichtigen. Dazu gehören zum Beispiel
Universitäten und Fachhochschulen gelehrt werden,
unser intellektuelles Potenzial bestmöglich nutzen und
auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann. Tat-
rechtliche und finanzielle Fragen, Sicherheitsfragen,
andere Dinge müssen die Studierenden selbstständig
zwar mit den am Markt gesuchten Ausbildungsgängen.
sache ist jedoch, dass die Lehre eine zentrale Rolle dabei
Umweltschutz oder auch Akzeptanz in der Gesell-
lernen. Wir erwarten aber von den Ausbildungsstätten,
Dabei entscheidet nicht die akademische Bezeichnung,
spielt. Die Industrie kann keine Ingenieure ausbilden, sie
schaft. Diese Faktoren sind wichtig und müssen be-
dass sie die jungen Leute zumindest auf die Bedeutung
sondern der Inhalt des Studiums. Also was der- oder
kann sie lediglich nachher weiter trainieren. Sie kann sie
rücksichtigt werden, sonst bleibt eine Innovation nur
dieser Faktoren hinweisen und ermuntern, diese selber
diejenige gelernt hat an den im Berufsleben benötigten
einsetzen, sie kann für den Berufsweg werben, aber er-
eine Idee und wird kein Erfolg.
zu trainieren.
Kompetenzen, sowohl den Fachkenntnissen als auch
zeugen kann sie sie nicht. Anders gesprochen: die Indus-
den sonstigen Fähigkeiten, auf die oben eingegangen
trie ist nicht processowner des Fabrikationsprozesses.
4. Jetzt kommen die persönlichen Dinge, wie Selbstständigkeit, Initiative, Kreativität, Frustrationstole-
Eine aktuelle Umfrage mit 500 beteiligten Unternehmen,
worden ist. Dabei müssen nicht zuletzt auch die gesell-
ranz, Arbeitstechniken, Prioritätensetzung, eigen-
mit der Fragestellung worauf Personalchefs bei der Be-
schaftlichen Anforderungen berücksichtigt werden, z. B.
Noch
ständiges Lernen usw.
einmal
zusammenfassend:
Hochschulbildung
werbung Wert legen, ergab dass die Art des akademi-
mehr junge Frauen. Hier wird nun oft die Schwierigkeit
spielt die zentrale Rolle, gute Lehre ist dabei der Schlüs-
5. Die letzte Gruppe der Schlüsselqualifikationen um-
schen Abschlusses eine eher geringe Priorität besitzt.
der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beschworen.
sel, um potentiell interessierte junge Menschen zum Stu-
fasst die Interaktionskompetenzen. Dazu gehört die
Wichtig hingegen sind Persönlichkeit und praktische
Wenn man sich jedoch die Zahlen ansieht, muss man
dium von Ingenieur- und Naturwissenschaft zu bewegen.
Kommunikation im Allgemeinen, aber auch Feedback
Erfahrung. So wurde mangelnde praktische Erfahrung
feststellen, dass in der Medizin 73% der Studierenden
Man darf nicht die Rückmeldungen unterschätzen, den es
geben und nehmen. Das ist eine der schwierigsten
als zentrales Knock-Out-Kriterium bei der Bewerbung
Frauen sind, in der Elektrotechnik dagegen nur 8,6. Es
über ältere Geschwister oder Bekannte gibt, die einen in-
Sachen überhaupt, vor allem, wenn unterschiedliche
angeführt. Auch DIHK-Untersuchungen ergeben immer
ist jedoch kaum anzunehmen, dass in der Medizin die
genieurwissenschaftlichen Studiengang studieren. Zwei-
Altersgruppen und Rangstufen aufeinander treffen.
wieder, dass der häufigste Grund, warum sich Unter-
Vereinbarkeit durch flexible Arbeitszeiten fast 10mal
tens müssen bereits eingeschriebene Studierende für das
Weiterhin findet sich situatives Gespür in dieser
nehmen von neu eingestellten Akademikern trennen,
besser ist als in der Elektrotechnik. Als Ingenieurin kön-
Fach begeistert und Unsichere vor dem Studienabbruch
Gruppe: in der Mathematikvorlesung mag man den
ist, dass diese ihre theoretischen Fähigkeiten nicht in
nen Sie tatsächlich pünktlich nach Hause gehen, wenn
bewahrt werden. Das ist ein ganz aktuelles Thema. Das
Professor darauf hinweisen können, dass er sich
der Praxis umsetzen konnten.
Ihr Kind da ist. Im Operationssaal hingegen können Sie
Problem des Ingenieurmangels wäre schlagartig gelöst,
Gute Lehre – Basis für die Qualität in der Ingenieurausbildung › Frank-Stefan Becker
43
wenn von denjenigen, die sich schon eingeschrieben ha-
hier wird nichts erfunden. Vor vier Jahren hat der von
ben, nicht mehr als 10% herausfallen würden. Und es
mir persönlich sehr geschätzte Professor Rauhut, ehe-
wandelten Anforderungen gefördert oder behindert?
den Studierenden die Chance geboten werden, sich
gäbe wahrscheinlich sogar einen Überschuss, wenn es in
maliger Rektor der RWTH Aachen, bei einer VDI-Veran-
Hilft es der Industrie, geeignete Bewerber für die
diese Fertigkeiten durch Einbettung in einen breiteren
den Ingenieurwissenschaften einen ähnlichen Zuspruch
staltung in Düsseldorf auf die Frage, warum so wenig
immer zahlreicheren Schnittstellenfunktionen
Kontext lebensnah und damit effektiv anzueignen. Auf
junger Frauen gäbe, wie beispielsweise in der Chemie,
junge Leute Ingenieurwissenschaft studieren, geant-
„Mensch/Technik“ zu finden?
diese Weise würde die Vermittlung auch nicht zulasten
wo der Anteil etwa 45% beträgt. In der Mathematik sind
wortet, es läge an der mangelnden Quälbereitschaft.
es sogar 50%.
Sicherlich enthält diese Äußerung ein gewisses Maß
stimuliert,um die Attraktivität des Ingenieurstu-
hohe Abbruchquote nach Auffassung des VDI mittel- bis
Man muss sich also die Frage stellen, wie sich das Inge-
an Humor, aber es muss immer bedacht werden, dass
diums z. B. für breit Interessierte, Schüler mit
langfristig deutlich reduziert werden. Das ist das un-
nieurstudium präsentiert? Viel Theorie und Selektion. zu
solche Äußerungen auch die öffentliche Wahrnehmung
Migrationshintergrund oder Frauen zu erhöhen und
mittelbarste Potential, an dem angesetzt werden kann.
wenig Ermunterung! Das ist meine These.
prägen. Und immer noch höre ich von Studienanfängern,
die Abbruchquoten zu senken?
Die Hochschulen müssen den Studienabbruch als stra-
• Wird die Reform der Studieninhalte gemäß den ge-
• Wird der Einsatz neuer didaktischer Formen
eines Rhetorikkurses erfüllt werden. Vielmehr sollte
der wesentlichen Fachinhalte gehen. Drittens muss die
dass der Professor sie aufgefordert habe, ihren Nach-
• Schaffen Aussagen und Maßnahmen mehr Klarheit
tegische Herausforderung auffassen und Gegenmaß-
„Es muss etwas geben, woran man nachvollziehbar
barn anzusehen – einer von beiden würde nämlich in ei-
im Markt? Vermindern sie Ängste und Unsicherheit
nahmen konsequent umsetzen. Mit einer Vielzahl von
scheitern kann“, dieses Zitat habe ich selber vor kur-
nem Jahr hier nicht mehr sitzen!
bei Studierwillligen, Studierenden, den Personal-
geeigneten Maßnahmen sollte das ambitionierte Ziel
verantwortlichen speziell kleinerer Unternehmen
einer Halbierung der Abbruchquote erreicht werden.
und nicht zuletzt im Ausland?
Weiterhin sollten die bereits vorhandenen Maßnahmen
zem in einer Diskussion gehört. Es war die Antwort auf
die Frage, warum so viele Ingenieurstudierende an der
Schaffe ich so Begeisterung für das Fach? Wohl kaum.
Mathematik scheitern. Man sollte sich dieses Zitat auf
Um einen Vergleich zu ziehen: gibt es einen Fußballtrai-
der Zunge zergehen lassen. Kann es wirklich unsere
ner, der schon mal sein Team mit dem Hinweis zum Er-
Zum Ende werden einige beispielhafte Empfehlungen
mathematischnaturwissenschaftlichen Grundlagen, Be-
Sorge sein, dass nachvollziehbar, also nicht rechtlich
folg geführt hat, dass die gegnerische Mannschaft fast
des VDI zum Thema Bologna-Prozess in den Ingeni-
ratung über die Eignung und Auswahlverfahren geeigne-
angreifbar, bewirkt wird, dass junge Leute scheitern?
unschlagbar sei und außerdem statistisch gesehen je-
eurwissenschaften vorgestellt. Ausführlicher wird dies
ter Studierender, weiter ausgebaut werden. Allerdings
Ich bestreite, dass dies der richtige Ansatz ist. Wenn die
des zweite Spiel verloren geht? Entscheidend sind doch
in einem umfangreichen Papier des VDI behandelt, das
darf der hierfür notwendige personelle und finanzielle
Mathematik tatsächlich so wichtig ist und wenn sie so
die Motivation und die Fähigkeit, den Studierenden zu
bald veröffentlicht wird. An erster Stelle steht die Bitte,
Aufwand nicht zu Lasten der Hochschullehre gehen. Zu-
zentral ist, was hier nicht diskutiert werden soll, muss
vermitteln, wozu das Ganze gut ist. Als Ingenieur kann
die Berufspraxis stärker bei der Formulierung der dif-
mal sich die Situation in Zukunft noch verschärfen wird:
mehr Aufwand getrieben werden, um den jungen Leuten
und muss man diese Begeisterung vermitteln, wenn
ferenzierten Anforderungsprofile einzubeziehen. Was
es gibt durch das verkürzte Abitur und das Wegfallen
diese Kenntnisse zu vermitteln.
man junge Leute anziehen und ausbilden möchte.
soll ein Bachelor können? Was soll ein Master können?
des Militärdienstes immer jüngere Studierende, die das
Weiterhin sollten die überfachlichen und personenbezo-
Studium abbrechen werden, weil sie dem mental, nicht
in der Vorphase des Studiums, wie Brückenkurse in den
Ein weiterer Punkt: ist „Quälbereitschaft“ eine zentra-
Im Folgenden wird eine kleine Checkliste zur Beurtei-
genen Schlüsselqualifikationen stärker integriert ver-
fachlich, nicht gewachsen sind. Um dem zu begegnen,
le Qualifikation für ein Ingenieurstudium? Noch einmal,
lung bildungspolitischer Aktivitäten aus Sicht der Indus-
mittelt werden. Diese Anforderung kann nicht in Form
brauchen wir mehr Mentoring. Daran anschließend
trie vorgestellt:
Gute Lehre – Basis für die Qualität in der Ingenieurausbildung › Frank-Stefan Becker
45
5. Ingenieurwissenschaftliche „Blaupause“
für andere Wissensbereiche
Heyno Garbe
sollten unterschiedliche Studienprogramme durch eine
größere Variationsbreite Studierende mit unterschiedlichen Vorbildungen, Begabungen und Berufsvorstellungen ansprechen. Damit würden sie zu einer besseren Ausschöpfung des Potenzials an jungen Menschen
beitragen, die für ein technisches Studium gewonnen
werden können. Weiterhin sollten sich die Angebote
an Masterprogrammen an den Anforderungen des Arbeitsmarktes orientieren. Transparente und realistische
Übergangsquoten ergeben sich nicht durch finanz- oder
hochschulpolitische Vorgaben, sondern durch Marktverhältnisse. Hier bietet das gestufte Studienprogramm
mehr Möglichkeiten. Allerdings muss der Übergang dabei nicht konsekutiv erfolgen, sondern ist auch durch ein
späteres (berufsbegleitendes) Master-Studium möglich.
Der Bedarf der Industrie lag traditionell bei etwa 60%
Fachhochschul- und 40% Universitätsabsolventen. Der
Bedarf der Industrie an dem Bachelorprofil wird insofern vermutlich hoch bleiben. Und letzten Endes: die
Überprüfung der Studienprogramme sollte sich nach
Zum Abschluss ist es vielleicht einmal ganz interessant, sich in einem Rückblick zu vergegenwärtigen, was früher schon einmal gedacht worden
ist: „Es ist zudem die Tragik des Ingenieurberufes, dass der Grad der Tüchtigkeit abhängt von
der Vertiefung in die Einzelheiten. Die Spezialisierung verengt naturgemäß das Gesichtsfeld, und
es bedarf schon einer großen geistigen Anstrengung, dieser im Beruf begründeten Einseitigkeit
und Enge nicht anheim zu fallen“, so lautet eine
Stellungnahme Waldmar Hellmichs, die 1948 in
der ersten Zeitschrift des VDI nach dem Krieg
gedruckt wurde. Dabei scheint die Problematik,
dass wir über unser Bild hinaus, über unser enges
Fachgebiet hinaus denken müssen, heute noch
größer zu sein in Anbetracht der Internationalisierung, mit den vielfältigen Anforderungen, die
an das Ingenieurarbeitsergebnis gestellt werden
und die kooperativen und interdisziplinären Arbeitsverfahren in den Unternehmen.
Auffassung des VDI bei den Ingenieurwissenschaften
im Sinne einer Produktqualität auf die Ausbildungsziele
beziehen. Diese kann nur durch eine Programmakkreditierung gewährleistet werden. Die Überprüfung der Prozessqualität im Rahmen einer Systemakkreditierung ist
dafür nicht ausreichend.
Herzlich willkommen.
Schließlich werde ich darauf eingehen, wie die zukünfIch freue mich, dass ich Ihnen hier über den Transfer der
tigen Entwicklungen hinsichtlich anderer Berufsfelder
ingenieurmäßigen Denkweise auf andere Wissensgebie-
aussehen können.
te vortragen darf.
Was wir formal unter dem Begriff „Ingenieur“ verstehen,
Ich spreche heute als Vorsitzender von 4ING, dem Dach-
ist in den verschiedenen Ländergesetzen geregelt:
verband der ingenieurswissenschaftlichen Fakultäten
„Ein Ingenieur ist jemand, der ein naturwissenschaft-
Bauingenieurswesen, Elektrotechnik und Maschinen-
liches oder technisches Studium in einer Regelzeit von
bau sowie der Informatik, zu Ihnen. Meine Heimat ist die
mindestens drei Jahren an einer staatlich anerkannten
Leibnitz-Universität Hannover.
Hochschule absolviert und das Studium mit einem Diplom oder einem vergleichbaren Befähigungsnachweis
Ich werde darüber sprechen, wie der Begriff „Ingeni-
abschließt.“
eur“ eingeordnet werden kann, d. h. welche besonderen
Es erscheint typisch deutsch, dass man sich auf ein Ge-
Kompetenzen und Denkweisen den Beruf des Ingenieurs
setz beruft, um einen Ingenieur zu definieren. Aber ist es
kennzeichnen. Darüber hinaus werde ich ansprechen,
wirklich typisch deutsch? Wir haben zurzeit in der EU die
welche überfachlichen Kompetenzen somit vorhanden
Situation, dass eine Berufsanerkennungsrichtlinie gültig
sein müssen, und wie man, nach diesen Erkenntnissen,
ist. Diese regelt die Berufsbezeichnungen für viele Be-
diese spezifischen Kompetenzen vermitteln sollte. Zur
rufe, u. a. auch in einem Teilbereich für die Ingenieure,
Erreichung des Ziels „Ingenieur“ müssen daher folgen-
speziell für Ingenieure aus dem Baubereich. Das heißt,
de Fragen beantwortet werden:
wir haben generell eine Tendenz, die Berufsbezeichnung
„Ingenieur“ formalgesetzlich zu reglementieren ver-
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
∙ Wie müssen wir unsere Lehre hinsichtlich des
erwarteten Outputs konstruieren?
∙ Wie gestalten wir die Lehre damit genau die
gewünschten Kompetenzen vermittelt werden?
∙ Wie wird das Erreichen der Kompetenzen überprüft?
sucht. Das ist nicht typisch „deutsch“, das ist „europäisch“. Insbesondere im angelsächsischen Raum ist dies
der Fall. Z. B. wird dies an den Regelungen hinsichtlich
der Berufsbezeichnungen „Professional Engineer (PE)“
Ingenieurwissenschaftliche „Blaupause“ für andere Wissensbereiche › Heyno Garbe
47
in USA oder „Chartered Engineer (CE)“ in UK deutlich.
Hier stellt die Arbeits- und Vorgehensweise und die
diesen Naturgesetzen das Leben einfacher, bequemer
Hier liegen strikte formale, nationale Kriterien zugrunde.
Methodenkompetenz einen entscheidenden Baustein in
und sicherer gestalten?
diesem „Fähigkeitsgebäude Ingenieur“ dar. KennzeichDiese formalen Kriterien basieren auf der Frage, wel-
nend für die Arbeit eines Ingenieurs sind
che fachwissenschaftliche Kompetenz ein Ingenieur mit
Ein typisches Beispiel: Es war kein Physiker, der die
Fernbedienung für den Fernseher erfunden hat, sondern
sich bringt. Wir haben heute gesehen, dass fachwissen-
∙ der pragmatische Ansatz
ein Ingenieur, der einfacher die Kanäle beim Fernseher
schaftliche Kenntnisse ein wesentlicher Bestandteil der
∙ und die Lösung einer gegebenen Fragestellung.
umschalten. Er wollte nicht wissen, wie die Infrarotre-
ingenieurmäßigen Arbeitsweise ist.
zeption auf einem Sensor fundamental funktioniert. Sie
Ein Ingenieur benutzt sein Fachwissen, welches er müh-
sehen an diesem Beispiel: Die Lösung eines Problems
Dies ist aber nicht die ganze Wahrheit. Offensichtlich
sam im Studium erarbeitet hat, als Werkzeug¬satz. Er
steht im Vordergrund bei den Ingenieuren, und nicht die
haben wir „neue Ingenieure“, z. B. im Bereich Bioengi-
ist deswegen nicht originär an der Weiterentwicklung
Erforschung neuer Erkenntnisse über Naturgesetze.
neering, System Engineering, Medical Engineering etc.
dieses Fachwissens interessiert, sondern in erster Linie
Diese erfüllen, laut Gesetz, nicht die formalen, fachwis-
an dessen Nutzung. Er will wissen, was ein Integral lei-
Dieser Aspekt der problemorientierten Denkweise ist
senschaftlichen Voraussetzungen für die Berufsbezeich-
sten kann und wie es ihm hilft, ein gegebenes Problem
übertragbar. Welche Kompetenzen werden dazu ge-
nung „Ingenieur“. Sie haben nur noch in Einzelfällen ein
zu lösen. Er nutzt z. B. die Mathematik als Werkzeug-
braucht?
naturwissenschaftliches oder ingenieurwissenschaftli-
satz, als „Hilfswissenschaft“, wie es jemand mal be-
ches Studium absolviert, sondern haben mehrere Jah-
zeichnet hat, und nicht als eigenständige Fachdisziplin.
Wir müssen hierfür einen Anforderungsvektor der Kom-
re explizit einen Studiengang studiert, nach dem man
Als Ingenieure kennzeichnet uns genau diese problem-
petenzen für das jeweilige Berufsprofil erstellen. Die
sich z. B. „Medical Engineer“ nennen darf. Das heißt, es
orientierte Arbeitsweise aus.
wichtige fachliche Kompetenz ist dabei nur eine der
entsteht hier ein neuer Typus von Ingenieur, der abge-
entscheidenden Komponenten. Die andere Komponen-
koppelt ist von der vorherrschenden fachwissenschaft-
Um abzugrenzen: Die Grundlagenforschung ist dadurch
te dieses Anforderungsvektors ist eben die problemlö-
lichen Definition. Deswegen drängt sich für mich nicht
gekennzeichnet, dass Naturgesetze untersucht und
sungsorientierte Arbeitsweise. Wir müssen uns über
die Frage auf, was ein Ingenieur ist, sondern was einen
fundamentale Zusammenhänge erkannt werden. Um
dieses Ziel klar sein, denn daran krankt es meiner An-
Ingenieur kennzeichnet.
Goethe zu zitieren, „wissen was die Welt im Innersten
sicht nach, wenn wir über Gestaltung von Lehre und
zusammenhält“. Das interessiert mich als Ingenieur ei-
Prüfungen reden: Wir müssen deshalb zuerst wissen,
gentlich gar nicht! Ich will nur wissen: Wie kann ich mit
was wir eigentlich von einem Ingenieur erwarten wollen.
Ingenieurwissenschaftliche „Blaupause“ für andere Wissensbereiche › Heyno Garbe
49
Wenn wir dies in dem Anforderungsprofil beschrieben
• Dann das pragmatische, analytische Denken. Er sollte
Zurzeit wird teilweise heftig über die Zuordnung der ver-
will ich für ein definiertes Berufsziel erreichen“ auswäh-
haben, können wir uns auch darüber unterhalten, wie
sein Fachgebiet – das muss nicht unbedingt ein na-
schiedenen Berufsabschlüsse zu den einzelnen Stufen
len. Da ist es natürlich dumm, wenn wir nur das Formel-
wir diese Kompetenzen an den angehenden Ingenieur
turwissenschaftliches sein – durchdrungen haben.
des DQR diskutiert. Ich halte diese Diskussion nicht für
lösen trainieren, denn das bringt einem Ingenieur bei
vermitteln.
Er sollte die Fähigkeit zum Methodentransfer haben
„outcome-orientiert“. Man nimmt einen bestehenden
Siemens im Berufsalltag nachher nichts. Aber er muss
und sollte teamfähig sein.
Berufsabschluss und versucht diesen einer bestimmten
in der Lage sein, ein Integral auf den Dreisatz reduzieren
Stufe zuzuordnen. Wie ich eingangs schon sagte, sollte
zu können, um schnell eine Abschätzung des Problems
Mir ist heute aufgefallen, dass wir oft darüber reden,
dass wir möglichst viele Schüler ins Studium bringen
Je nach Berufsfeld kommen hier noch eine Reihe ande-
man besser zunächst feststellen, welche Kompetenzen
zu erreichen. Damit ich nicht falsch verstanden werde:
und ein interessantes Studium gestalten wollen. Das
rer Punkte hinzu.
von einem Gesellen, Meister oder Ingenieur erwartet
Ich fordere nicht weniger mathematische Kenntnisse
Ziel muss aber anders liegen: Wir wollen diesen Studie-
werden. Für diese Beschreibung liefert die Pädagogik
sondern eigentlich sogar mehr. Die Umsetzung einer
renden die Fähigkeit vermitteln, in einem interessanten,
Die Beurteilung, die Leitlinien für die Klassifikation der
interessante Systeme. Insbesondere die Lernzieltaxo-
Formel erfordert eine höhere Kompetenz als die bloße
herausragenden Beruf tätig zu sein. Dazu brauchen sie
Kompetenz, muss sich an den Erwartungen des späte-
nomie von Bloom ist mir immer wieder aufgefallen. Ich
Anwendung der Formel. Wir müssen die Lehre ganz klar
bestimmte Kompetenzen. Darüber müssen wir reden,
ren Berufsalltags ausrichten. Wir haben immer grund-
finde es sehr schön, wie dort den verschiedenen Ausbil-
auf die vorher erwarteten, definierten Kompetenzen
wenn wir über die Gestaltung der Lehre sprechen:
sätzlich ähnliche fachliche Kompetenzen, müssen aber
dungshöhen, den verschiedenen erwarteten Kompeten-
ausrichten.
auf den verschiedenen Ausbildungshöhen hinsichtlich
zen Begriffe zugeordnet werden, die beschreiben, was
der Anwendung des Fachwissens differenzieren.
wir von entsprechend ausgebildeten Menschen erwar-
Die Konsequenz lautet weiter: Wenn wir die Lehre auf
ten. Diese Begriffe sollten in den entsprechenden Qua-
diese Kompetenzen ausgerichtet und die Methoden ent-
Die Berufsausbildung der fachlichen Kompetenz sieht
lifikationsrahmen stehen und bilden somit das Ziel, auf
sprechend ausgewählt haben, müssen wir das Erreichte
jeweils auf der Ebene der Gesellenausbildung, der Meis-
das ich meine Lehre ausrichten muss.
auch kontrollieren. Wie stellen wir fest, ob die erwartete
Wie können wir die Lehre so gestalten, dass Kompetenzen geschult werden, die wir später in dem Beruf des
Ingenieurs erwarten?
Ich definiere jetzt die erwarteten Kompetenzen für einen
terausbildung, auf der Ebene der Fachhochschule oder
beliebigen „Engineer“ – ich habe bewusst nicht Ingeni-
der Ebene der Universität anders aus. Hierfür bietet der
Ich muss zuerst darauf achten, dass diese Kompeten-
die Prüfung lautet: „Schreibe die Formel Nr. 84 aus der
eur gesagt, denn die erwarteten Kompetenzen für einen
europäische Qualifikationsrahmen EQF (European Qua-
zen gemäß der Lernzieltaxonomie auch erreicht werden.
Formelsammlung ab und setze dort entsprechend die vor-
Ingenieur sind vergleichbar.
lification Framework) eine gute Anleitung. Im nationalen
Nicht überzogene Anforderungen stellen, aber auch
gegebenen Werte ein!“ Es muss stattdessen eine Prüfung
Bereich ist hier der Qualifikationsrahmen für die Hoch-
nicht unterfordern, sondern nach einer didaktischen
stattfinden, die zu den definierten Kompetenzen passt:
schulen (HQR) und auch der Deutscher Qualifikations-
Analyse der Lerngruppen ausbilden. Wir müssen die
rahmen (DQR) zu nennen.
Methode, die wir wählen, angepasst auf die Lerngruppe
Das Prüfungsverfahren wird bestimmt durch die erwar-
und unter dem Blickwinkel des „Welche Kompetenzen
tete Kompetenz. Wie man das machen kann, können Sie
• Zum einen ist es die Problemlösungskompetenz. D.h.
er sollte über ein breites und transferierbares Fachwissen verfügen.
Kompetenzstufe erreicht wurde? Es kann nicht sein, dass
Ingenieurwissenschaftliche „Blaupause“ für andere Wissensbereiche › Heyno Garbe
51
6. Gender & Diversity im Ingenieurwesen
Susanne Ihsen
auf den Internetseiten nachlesen, auf denen über den
lemlösungsstrategien sind durchaus übertragbar. Wir
gemeinsamen Workshop berichtet wird2, den wir bei
hätten aber große Bedenken, wenn ein „Medical Engi-
4ING zusammen mit der Hochschulrektorenkonferenz
neer“ am Schluss auch die Berufsbezeichnung „Inge-
in Bremen durchgeführt haben. Dort sind Ansätze dar-
nieur“ führen darf. Dass er ingenieurswissenschaftlich
gestellt, wie man eben mit Blick auf die Kompetenzen
tätig ist, mit ingenieurswissenschaftlichen Methoden ar-
Prüfungen durchführen kann.
beitet, und wenn dieser strukturierte Ansatz auch in anderen fachwissenschaftlichen Disziplinen übernommen
In meinem Beitrag möchte ich Ihnen aufzeigen, was
rums Technik, Diversity und Chancengleichheit, welches
Gender und Diversity in Ingenieurwissenschaften be-
jedes Jahr bundesweit den Girls Day veranstaltet und die
deutet und was Gender und Diversity Studies mit Lehre
Geschäftsstelle für den MINT Pakt führt.
(und Forschung) in den Ingenieurwissenschaften zu tun
haben.
Ich vertrete die These, dass nachhaltige Veränderung
nur aus den Strukturen heraus und nicht von außen in
Für die Zukunft folgt jedoch auch, dass die ingenieurmä-
wird, ist hingegen hervorragend, und ich befürworte das
ßigen Problemlösungsstrategien auf andere Fachgebie-
Mein Fachgebiet ist 2004 eingerichtet worden und nach
ausdrücklich.
die Strukturen hinein stattfinden kann. Das heißt, es ist
fünf Jahren an der Fakultät für Elektrotechnik und In-
nicht nur wichtig sich mit Diversity zu beschäftigen, son-
formationstechnik wurde meine Professur, mit der
dern auch mit internen und externen Konflikten umzu-
Neugründung der TUM School of Education, verstetigt
gehen. Die Ingenieurausbildung muss nicht nur verbes-
und dieser neuen Fakultät zugeordnet. Durch die TUM
sert, sondern es sollten auch vorhandene Strukturen
School of Education, die deren Schwerpunkte sich aus
und Kulturen überprüft werden. Die Konflikte zwischen
Bildungsforschung und Lehrerbildung zusammenset-
Veränderung und Bewahrung auszubalancieren ist oft
zen, habe ich mich organisatorisch neu orientiert und
schwer. Dabei liegen die Forschungsschwerpunkte heu-
führe nun auch künftige Lehrer/innen in die Genderfor-
te bereits vor allem im interdisziplinären Feld, während
schung ein. Ein großer Schwerpunkt meiner Lehre ist
die Ingenieurausbildung noch sehr stark disziplinenori-
aber in den Ingenieurwissenschaften, vor allem in der
entiert ist.
te übertragbar sind. Dort, wo es darum geht, adäquate
Methoden zu finden wie man ein Problem in den Griff
Als Fazit: Die neuen Berufsfelder und Herausforderun-
bekommt und es löst, sind in jedem Fachgebiet – auch
gen fordern eine entsprechende problemlösungsorien-
im Bereich der Geisteswissenschaften oder den Sozi-
tierte Vorgehensweise. Diese problemlösungsorientierte
alwissenschaften – diese Strategien und Verfahren an-
Vorgehensweise ist ein Kennzeichen der ingenieurswis-
wendbar. Herr Klocke hat in seinem Vortrag Beispiele
senschaftlichen Arbeitsweise. Die Systematik und die
dargestellt, was eigentlich typische ingenieurwissen-
Struktur der ingenieurswissenschaftlichen Denkweise
schaftliche Aufgabenstellungen sind.
sind also übertragbar, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ sollte davon aber unberührt bleiben.
Wir von 4ING haben jedoch ein Problem damit, wenn
der Begriff Ingenieur „verwässert“ und zu intensiv gebraucht wird. Denn der Begriff Ingenieur ist im Moment
– und wird zukünftig – immer mehr durch entsprechende Gesetze und Richtlinien geregelt. Diese Regelungen
umfassen ein technisch-ingenieurswissenschaftliches
Fachwissen, sowohl in angelsächsischen Ländern als
auch in den deutschen Ingenieursgesetzen. Die ProbVgl. http://4ing.net/index.php?id=260 und http://www.hrk.de/de/projekte_und_initiativen/125_5972.php
2
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Elektrotechnik, verblieben.
Zwei Beispiele: Zu meinen Forschungsprojekten zählt
Ein weiterer Grund, warum Sie mich zu Ihrer Veranstal-
der Exzellenzcluster CoTeSys (Cognition for Technical
tung eingeladen haben, ist, dass ich den Chair für Gen-
Systems), wo es um die Weiterentwicklung der Robotik
der and Diversity bei der European Association for Engi-
geht. Ein weiteres Projekt ALIAS entwickelt den Proto-
neering Education (SEFI) innehabe. Hier versuchen wir
typen eines Roboters, der die sozialen Kontakte e-mo-
auf europäischer Ebene, die Studienreform in Ingeni-
bil werdender, älterer Menschen unterstützt. In beiden
eurwissenschaften voran zu bringen. Ebenso bin ich hier
Projekten wird interdisziplinär zusammengearbeitet, in
als stellvertretende Vorsitzende des Kompetenzzent-
beiden Projekten stehen Fragen der Kundenorientierung
Gender & Diversity im Ingenieurwesen › Susanne Ihsen
53
auf der Agenda. Die Mitarbeiter/innen lernen also zum
gestaltung. Es ähnelt einem Lektürekurs, wie man ihn
eines Ingenieurs erzählt hat, wie Projekt- und Krisen-
Studiums. Mit Hilfe von Kleingruppendiskussionen, Rol-
einen, mit anderen Disziplinen eine gemeinsame Spra-
eher aus den Sozialwissenschaften kennt. In diesem Se-
management von Großprojekten funktioniert. Außerdem
lenspielen und Übungen aus Assessment Centern ent-
che zu finden und zum anderen, sich mit verschiedenen
minar wird diskutiert, gelesen und auf Fragen bezüglich
kommt Klaus Siebertz, ein Politikberater aus Berlin, um
wickeln die Studentinnen eigene Zielvorstellungen für
Kunden- bzw. Zielgruppen auseinander zu setzen. Es
Diversity, Intersektionalität und Technikgestaltung ein-
mit den Studierenden zu diskutieren, welche Einfluss-
ihre Lebensentwürfe und behandeln Fragen zu „Karri-
geht also konkret um die soziale Akzeptanz von Robo-
gegangen.
möglichkeiten Ingenieur/innen im politischen Feld ha-
erefrauen und Rabenmüttern“. Dies lässt sich sehr viel
ben. Dr.-Ing. Beate Stoffels von der Audi AG erläutert
besser in einem monoedukativen Kontext diskutieren,
als in gemischter Runde.
tik hinsichtlich Schüler/innen und Lehrkräften und um
die Bedürfnisse älterer Menschen. Gender als Quer-
Im Hauptseminar stelle ich Referatsthemen zu Verfü-
die verschiedenen Schnittstellen erfolgreicher Technik-
schnittsforschung wird mit weiteren Diversitykompo-
gung, die sich mit fachübergreifenden Kompetenzen
entwicklung. Diese Vorträge werden hochschulöffentlich
nenten verknüpft.
auseinandersetzen. Die Studierenden recherchieren
angeboten und stoßen auf eine große Resonanz.
ihre Themen selbst, allerdings achte ich darauf, dass
Work-Life-Balance ist in den Seminaren, ob nur für
Frauen oder auch gemischt, immer ein besonderes The-
In meinen Lehrveranstaltungen, wobei ich sowohl Stu-
sie nicht nur aus Wikipedia zitieren, sondern auch echte
Gemeinsam mit der Fakultät Elektrotechnik und Infor-
ma. Viele junge Frauen stehen heute unter dem Druck,
dierende in Bachelor- als auch Master-studiengängen
Bücher zu Rate ziehen. Teil der Leistungsanforderung ist
mationstechnik biete ich aus Studienbeiträgen ein Tu-
alles miteinander vereinbaren zu müssen. Da aus der
betreue, versuche ich, sozialwissenschaftliche Themen
ein ordentlicher Vortrag, ein Handout und die Diskussi-
torium an, das sich an die Frauen der Fakultät richtet.
Gesellschaft signalisiert wird, dass Frauen nun alle
und Methoden mit den Bedürfnissen der Studierenden
onsleitung im Anschluss an den Vortrag. In diesem Som-
Das Tutorium trägt den Namen „Engineera“. Bei nur
Möglichkeiten besitzen und diese auch nutzen sollten.
zu verknüpfen. Gender und Diversity Studies werden in
mer zum Beispiel befasste sich ein Thema mit aktuel-
13% Frauenanteil in der Elektrotechnik an der TU Mün-
Junge Frauen denken schon von vorneherein, dass sie
größere Themenblöcke integriert, da meine Studieren-
len Großprojekten in Deutschland wie Stuttgart 21, dem
chen hilft das Tutorium den Studentinnen dabei, sich
sich beruflich so positionieren müssen, dass sie jeder-
den zunächst damit nicht viel anfangen können.
Großflughafen in Berlin oder anderen großtechnischen
untereinander kennenzulernen und zu vernetzen. Die
zeit für alles gewappnet sind. Bei den jungen Männern
Projekten. Die Frage dabei war, welche Rolle Ingenieur/
Studentinnen organisieren, mit Unterstützung von zwei
hingegen wird der Wunsch immer größer, eine andere
Was jedoch alle Studierenden interessiert, sind die über-
innen in diesen kontrovers diskutierten Projekten spie-
Tutorinnen (eine Ingenieurin und eine Pädagogin) ihr
Rolle einzunehmen als die ihrer Väter. Sie wollen neben
fachlichen Anforderungen im Ingenieurberuf, zu denen
len. Aktuelle Themen mit einem konkreten Technikbezug
Programm selbst, führen Löt- und LED-Kurse durch,
dem Beruf auch am Familienleben teilhaben, ihre Kinder
ich auch Gender- und Diversitykompetenz zähle. Für
sind besonders interessant für unsere Studierenden. Zu
besuchen Unternehmen. Auch unsere Alumnae halten
groß werden sehen und soziale Kontakte behalten.
Lehramtstudierende biete ich Seminare zu Gender und
den unterschiedlichen Themenblöcke des Seminars
regelmäßig kleine Vorträge, in denen sie einen Einblick
Diversity in Schule und Unterricht an, was zum Beispiel
kommen deshalb externe Fachexpert/innen dazu, die
in das Berufsfeld und die Welt nach dem Studium geben.
die genderspezifischen Zugänge zum Technikinteresse
den Studierenden einen genaueren Einblick ermögli-
beinhaltet. Ein neues Seminar, das sich vor allem an die
chen. So war erst letzte Woche Herr Dr.-Ing. Sebastian
Ebenfalls ausschließlich für Studentinnen ist das Se-
„Überlebensstrategien im Beruf“ an. Die von Sabina Je-
Ingenieurstudierenden richtet, ist das Seminar Technik-
Kutscha von der Xenium AG zu Gast, der aus der Sicht
minar „Lebens- und Karriereplanung“ gegen Ende des
schke skizzierten „Digital Natives“ haben häufig keine
Neben Personalentwicklung und Potenzialanalysen bieten wir in den verschiedenen Lehrveranstaltungen auch
Gender & Diversity im Ingenieurwesen › Susanne Ihsen
55
Ahnung, wie die Do’s and Don´ts im Berufsleben funk-
nur die Fächer in Einzelprüfungen abzubilden, sondern
erst die Grundlagen und dann – viel später – die An-
entwickeln. Was sie fachlich hervorragend tun, können
tionieren und welche Spielregeln sie im geschäftlichen
eine andere Denkweise zu vermitteln, so dass unsere
wendungsfelder unterrichtet. Diese verschiedenen Bot-
sie auch überfachlich. Es geht darum, diese charakte-
Kontext einhalten müssen.
Absolvent/innen nachzuvollziehen können, was jemand
schaften führen zur Verwirrung besonders bei denen,
ristischen Merkmale der Ingenieurwissenschaften nun
meint wenn er etwas sagt. Dies sind für mich immer
die in das Studium noch unentschlossen starten.
auch konsequent im Bezug auf Erweiterung von Ziel-
Eine weitere Diversitykomponente ist bei uns an der TUM
noch Punkte im Qualifikationsprofil, gerade in den Ba-
die Internationalität. Wir haben einen Anteil von ca. ei-
chelorangeboten, die nur teilweise umgesetzt werden.
nem Drittel ausländischer Studierender und die treffen
Diese Themen hängen immer noch davon ab für wie re-
bei uns auf deutsche bzw. bayerische Kolleg/innen, die
levant die entsprechende Lehrkraft sie hält.
These 2) Studierende werden nicht systematisch
und überfachlich für Zukunftsaufgaben
ausgebildet.
Zum Abschluss meine drei Thesen zur Diskussion:
Es gibt keine systematische Möglichkeit für die Studie-
gruppen und einer zukunftsorientierten Ausbildung der
nicht nur wegen des exzellenten Rufs der TUM an unserer Universität sind, sondern weil sie z. B. den Großraum
renden unter all den Angeboten an der Uni ihre eigenen
München nicht verlassen wollen. Das ist gelebte Interkulturalität, wenn unsere deutschen Studierenden andere Menschen erleben, die sehr wettbewerbsorientiert
sind, extra Prüfungen gemacht, und viel Geld investiert
haben, um nach München zu kommen. Das allgemeine
These 1) Das Veränderungs- und Bewahrungsverhalten gegenüber weiteren Zielgruppen liegt in
den Ingenieurwissenschaften zwischen „viel hilft
viel“ und „die wollen ja gar nicht“.
Profile zu entwickeln. In aller Regel bekommen sie eine
unübersichtliche Menge an grundverschiedenen überfachlichen Kursen angeboten; eine individuelle Beratung, welche Kompetenzen für das eigene Profil, und
was beruflich relevant ist, fehlt. Dabei ist eine richtige
Diversity Potenzial an der TUM sehe ich aber nicht vollkommen ausgeschöpft. Die Ingenieurwissenschaften
Alle Hochschulen haben eine unsystematische Menge
Mischung überfachlicher Kompetenzen für den Berufs-
könnten dies noch viel stärker nutzen.
an PR-, Motivations- und Recruitingmaßnahmen, die
erfolg relevant.
wir alle anwenden. Dabei bietet die RWTH ungefähr die-
These 3) Die ingenieurwissenschaftliche Fachkultur bietet viele Ansätze zukunftsfähig zu sein
– dies muss aber konsequent genutzt werden.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal auf den Anfang
selben Motivationsprogramme an wie München, Berlin
meines Vortrags zurück kommen: Unsere Innovationen
oder Stuttgart. Eine Ausrichtung am jeweiligen Hoch-
finden seit langem nicht mehr in den Fachdisziplinen
schulprofil gibt es kaum. Ich behaupte, dass wir teilwei-
sondern an den Grenzen und den Schnittstellen der ver-
se über spannende, manchmal simple, Projekte für das
schiedenen Fächer statt. Dafür bilden wir jedoch nicht
Studium motivieren, dass wir dann aber in den ersten
Ingenieurwissenschaften verfügen über Pragmatismus,
systematisch aus. Wie wird der Medical Engineer zum
Semestern von den Student/innen ganz andere Lern-
die Fähigkeiten und Methoden Probleme zu erkennen /
Beispiel ausgebildet? Der spannende Punkt ist, nicht
und Arbeitsformen erwarten. Hier werden noch immer
zu analysieren und angemessene Problemlösungen zu
Studierenden systematisch anzuwenden.
Vielen Dank.
Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen › Klaus Henning, Sabine Schwab
57
Exzellenzinitiative: Maßnahmen des Zukunftskonzepts
7. Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen
RWTH 2020 - Meeting Global Challenges
Klaus Henning, Sabine Schwab
Sehr geehrte Damen und Herren,
sich die RWTH der Stärkung der universitären Manage-
Schärfung des wissenschaft.
Profils
mentstrukturen. In diesem Rahmen hat die Hochschule
ich darf Ihnen zunächst die Koautorin vorstellen, Frau
begonnen strukturelle Fragen anzugehen.
Sabine Schwab. Der heutige Vortrag mit dem Titel „Next
Generation Fakultätsmanagement – Drei Thesen“ fußt
Ich selbst war vier Jahre lang, von 2004 bis 2008, Dekan
auf ihrem Dissertationsthema. Die Arbeit von Frau
der Maschinenbaufakultät der RWTH Aachen. Heute,
Schwab durchläuft derzeit das Prüfungsverfahren an
drei Jahre später, kann ich mit entsprechendem Abstand
der RWTH Aachen University. Sabine Schwab ist Diplom-
sagen, dass viele Erfahrungen, die ich in dieser Zeit ma-
kauffrau und promoviert zum Thema leistungsorientier-
chen durfte, nicht spezifisch für diese eine Fakultät sind,
te Ressourcenallokation für Fakultäten am Beispiel der
sondern für Fakultätsmanagement generell. Ich finde
Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen Univer-
sie im Rahmen meiner Beratungstätigkeiten als ein ganz
sity. Sie hat nach ihrer Tätigkeit am Dekanat der Fakul-
zentrales Problem an vielen Universitäten in Deutsch-
tät für Maschinenwesen der RWTH Aachen University
land wieder.
und am Institut für Unternehmenskybernetik e. V. ihren
Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in die USA verlegt. An
Was ist eigentlich das Hauptproblem beim Fakultätsma-
dieser Stelle erlauben Sie mir bitte noch eine weitere
nagement? Dafür werfen wir einen kurzen Blick auf die
Randbemerkung: Vielen Dank, dass dieses Dissertati-
Entwicklungslinien und Reformprozesse vergangener
onsvorhaben aus Mitteln der Exzellenzinitative der drit-
Jahrzehnte an deutschen Hochschulen (vgl. Bild 2).
ten Linie finanziert wird. Bild 1 zeigt die Verortung der
wissenschaftlichen Begleitforschung zum Thema Fa-
Wir verfolgten bis in die 70er Jahre das „reine“ Hum-
kultätsmanagement an der RWTH Aachen University. Im
boldtsche Bildungsideal. In den 70er Jahren haben wir
Rahmen der Maßnahmen des Zukunftskonzeptes, RWTH
die Gruppenuniversität eingeführt und als Folge dessen
2020 – Meeting Global Challenges, finden wir vier Säu-
massenhaft Professuren bewilligt. Anschließend haben
len. Neben der Schärfung des wissenschaftlichen Profils
wir bemerkt, dass dies nicht die beste Lösung ist. Die-
dieser Hochschule, der Jülich-Aachen Research Alliance
ser Erkenntnis folgte die Einführung von Public Manage-
(kurz JARA) und dem Ziel des Mobilising People widmet
mentsystemen.
Stärkung
der Naturwissenschaften
Förderung
der Interdisziplinären
Forschung
JARA
Jülich - Aachen
Reserach
Alliance
Mobilising
People
- Menschen in
Gewegung
setzen
Stärkung der
universitären
ManagemntStrukturen
Seed Fund
Exploratory Research Space (ERS)
JARA Brain
Integration Team
Strategierat
Juniorprofessuren
Project House
HumTec
JARA FIT
MINT
Fakultätsmanagement
Undergraduate
Funds
Project House IMP
JARA SIM
UROP
Neue
Förderpolitik
JARA Energy
Internationale
Rekrutierung
Starter Kits
Dual Career
Programme
Bild 1: Maßnahmen des Zukunftskonzeptes im Rahmen der Exzellenzinitiative an der RWTH Aachen University
Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen › Klaus Henning, Sabine Schwab
59
Heute reden wir über Exzellenzinitative, StudiengebühReformprozesse
Hochschule / Fakultät
Merkmal im Haushalt
Reformtreiber
68er Revolte
Haushaltskriese
bis 70er
Humboldtsches
Bildungsideal
Klassische Kameralistik
Demographischer Wandel
Hochschulen als Unternehmen
Profilierung
Verwandlungskomplexität
70er
Gruppenuniversität
Alle reden mit
...
„Professoren-Inflation“
ren und Performancemanagement. Hier sind immer
wieder ein paar Rückschritte zu beobachten, nachdem
Deutschland endlich seinen Sonderweg „Studium ohne
Studiengebühren“ verlassen hat. Aber ich bin der festen
Überzeugung, dass wir über kurz oder lang ohne Studiengebühren nicht auskommen werden – schon allein
Fakultätsmanager sind Mehrkämpfer aus
mindestens drei Ebenen
aus Ressourcengründen nicht. Wir dürfen nicht wie den
68er Jahren der Versuchung erliegen, neue Professoren
inflationär einzuführen, um sie später nicht mehr finan-
Fakultätsmanagement der Next Generation ist
zieren zu können.
professioneller, autonomer, internationaler und
Performance-Orientierter.
90er
Public Management
Ressourcen-Knappheit
Globale Budgets
Vor diesem Hintergrund haben Sie am Anfang meines
Vortrages gesehen, wo das Thema „Professionalisierung“ an unserer Hochschule verortet ist (vgl. Bild 1).
Doch wir reden an dieser Stelle lediglich über einen klei-
Exzellenzinitiative,
ab 2005
Studiengebühren,
Performance Management
Budgetierungskonzepte
Strategische Allianzen
nen Baustein, nämlich über das Fakultätsmanagement.
Leistungsorientierte Allokation der Ressourcen führt zu Verbesserung universitärer
Lehrer und Forschung
Die erste These besagt, Fakultätsmanager, egal ob
Akademiker oder Angestellte, sind Mehrkämpfer auf
mindestens drei Ebenen. Auf diese Ebenen komme ich
selbstverständlich zu sprechen.
These zwei sagt, dass Fakultätsmanagement der nächsten Generation professioneller, autonomer, internationa-
Bild 2: Entwicklungslinien und Reformprozesse an der Hochschule; Quelle: In Anlehnung an Hilgers, 2008.
ler und stärker orientiert an Kennzahlen werden muss.
Bild 3: Drei These zum Fakultätsmanagement
Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen › Klaus Henning, Sabine Schwab
61
die in der These angesprochen werden?
universitären Lehre und Forschung.
Institution (Dekanat)
Gehen wir in das Dekanat, in die eigentliche FührungsVor allem letztere These hätte ich vor meiner Zeit als De-
crew der Fakultät. Dort existiert zum Beispiel das Pro-
kan in dieser Form nicht aufgestellt. Vorher hatte ich viel
blem der Teamarbeit. Sie sehen sich schnell der Frage
über die Realität „im Großen“ gelernt, z. B. als Mitglied
gegenüber, ob die Professoren im Dekanatsteam ge-
des Präsidiums des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI).
meinsam arbeiten können und wollen. Die Formierung
In „meine“ Zeit fiel die Konzeption des Bachelor- und
und die Einhaltung von regelmäßigen Treffen im Team
Mastersystems sowie die Einführung und Durchsetzung
dauert seine Zeit. Doch ebendieses wöchentliche, ver-
des W-Tarifs für Professoren. Als Dekan durfte all dies in
bindliche Zusammensetzen ist essentiell für eine Fakul-
seinen Auswirkungen „im Kleinen“ erleben… Kommen
tät und ihre Stärke. Denn wenn die Führungskräfte einer
wir zu These 1:
Fakultät nicht regelmäßig miteinander reden, haben
Unwelt (z.B. Rektorat, Geldgeber,...)
Was macht das Rektorat ?
Organisation (Fakultät)
Jeder macht, was er will ...
Sind überhaupt alle da ?
können beschließen, was sie wollen, sie werden zerrie-
Was machen die denn wirklich ?
ben zwischen partikulären Interessen. Echte Teamarbeit
auf Führungsebene ist einer der Schlüssel zum Erfolg.
An der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen
der Gladiatorenkampfarena, heute im Stadion und bei
University ist der Jour Fixe bereits seit Jahren Standard.
Olympia.
Was macht die Verwaltung ?
Stiftungsprofessuren (DFG, Industrie) ???
Wer bunkert was ...?
sie keine Chance, signifikanten Einfluss auszuüben. Sie
Mehrkampf gab es schon immer. Früher mit Waffen oder
Der Mehrkampf von Dekanen oder Prorektoren ist ver-
Geschäftsprozesse ?
q
These 1: Fakultätsmanager sind Mehrkämpfer auf
drei Ebenen
Professoren als Team ?
q
q
Es stellt sich nun die Frage: Was sind die drei Ebenen,
kation der Ressourcen führt zu einer Verbesserung der
q
Dabei sind unter anderem folgende Fragen zu stellen:
gleichbar mit einer typischen Sandwichfunktion des mittleren Managements: Von oben Druck, von der Seite Druck
Gibt es im Dekanat eigentlich Geschäftsprozesse? Wenn
und von unten Druck. Extrem gesprochen heißt es: Alle sind
die Antwort auf diese Frage mit Ja beantwortet werden
unzufrieden! Es spielt keine Rolle, was man genau macht.
kann, schließt sich die nächste Frage an: Wurden diese
Es wird in jeden Fall von vielen als falsch betrachtet.
Geschäftsprozesse jemals aufgeschrieben? Eine ande-
Bild 4: Drei Ebenen des Fakultätsmanagements
q
Und die dritte These lautet: Leistungsorientierte Allo-
q
Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen › Klaus Henning, Sabine Schwab
63
re Frage könnte lauten: Wurde bisher darüber nachge-
Doch der Feinde immer noch nicht genug, denn sie sit-
dacht, wie eine Beratungssprechstunde ablaufen sollte?
zen auch unter Ihnen: Ein guter, initiativer Professor
Oder aber wie der Prozessablauf im Praktikantenamt
macht primär, was er für wichtig hält. Er achtet in erster
aussieht? Die Fragen beschreiben eine Situation, in der
Linie darauf, dass er erfolgreich wird. Ein Dekanat stellt
die Notwendigkeit von Qualitätsmanagement und Pro-
sich unter diesen Umständen die Frage: Welche Aufgabe
zessorganisation sehr deutlich wird.
hat dann das Dekanat noch?
Sie merken, meine Damen und Herren, ich spreche vor
Um dem entgegenzutreten haben wir innerhalb der Fa-
allem von nicht gemachten „Hausaufgaben“.
kultät für Maschinenwesen mit etwas Einfachem ange-
Die Next Generation Universities sind Unternehmensuni-
Industrieerfahrung erlitten haben und diese Erfahrung
fangen: Das Dekanatsteam besuchte die Institute. Wir
versitäten auf der einen und akademische Unternehmen
jetzt nicht mehr machen wollten. In Zukunft werden gro-
Gehen wir nun auf die zweite Ebene: Die Umwelt, die durch
haben festgestellt, dass viele Institutsmitglieder keine
auf der anderen Seite. Dies gilt mindestens für die Inge-
ße Fakultäten jedoch diese Strategiekonferenzen immer
das Rektorat und potenzielle Geldgeber gegeben ist.
Ahnung hatten, wie die Prozesse in der eigenen Fakultät
nieurwissenschaften mit der Dualität von Industrie und
mehr brauchen. Hinzu kommt der Bedarf nach einem
aussehen. Die Folge ist: Das Dekanat erhält zum wieder-
Wissenschaft. Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass
hauptamtlichen Geschäftsführer, mit einem leistungs-
holten Mal keine Antwort.
es für die meisten Wissenschaftsdisziplinen gilt, wie z. B.
fähigen und flexiblen Team; zusätzlich zu einem haupt-
die Wirtschaftswissenschaften, Soziologie und Politologie.
amtlichen Dekan mit Prodekanen im Nebenamt.
Kommen wir damit zu These 2.
Was glauben Sie, was auf einer solchen Strategiekonfe-
These 2: Fakultätsmanagement der nächsten Generation ist professioneller, autonomer, internationaler und performanceorientierter.
Was wurde dort längst entschieden, ohne dass es je-
renz passiert? Nicht dass die Maschinenbau-Professorinnen und Professoren nicht zu einem solchen Treffen
in der Lage gewesen wären. Sie waren es einfach nicht
gewohnt! Zum Teil waren sie vielleicht auch insgeheim
Akzent „Professioneller“
Wie genau sieht die Arbeit im Rektorat eigentlich aus?
und umfasst ca. 50 Professorinnen und Professoren.
froh darüber, dass sie die ständigen Meetings, Konferenzen und Strategietreffen „nur“ etliche Jahre in der
mand mitbekommen hat? Was macht die Verwaltung ei-
Letztlich möchte ich die Frage aufwerfen: Wer nutzt wel-
Bei letzterer treten dann entsprechend an die Stelle der
gentlich? Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass neue
che Fakultätsressourcen? Haben Sie sich schon einmal
Industrie andere Beschäftigungssysteme. In diesem Pa-
Vorschriften durchs Land gejagt werden, die bisher in
Gedanken darüber gemacht, wer in Ihrer Fakultät die
radigma sind heute schon viele Institute erfolgreich. Das
der Verwaltung, aber nicht im Dekanat angekommen
Energiefresser sind (gemeint ist Strom, Dampf, Gas, …)?
heißt aber auch: Strategisches Denken und Handeln für
Wir sollten uns bewusst machen, dass die Universitäten
sind? Oder ein anderes Thema: Die Berufung neuer Pro-
Haben Sie Regeln zum Umgang mit derartigen Res-
Forschung und Lehre wird zu einer absoluten Notwendig-
in Deutschland eine große Autonomie genießen. Das ist
fessuren. Plötzlich sind die Hochschulen gezwungen,
sourcen aufgestellt?
keit! Die regelmäßige Durchführung von Strategiework-
in NRW besonders ausgeprägt. Es gibt nun zwei Mög-
shops wird zu einer notwendigen Rahmenbedingung.
lichkeiten mit dieser Autonomie umzugehen.
Stiftungsprofessuren einzuführen, weil die Industrie, ein
Akzent „Autonomie“
Ministerium oder das Rektorat Geld zur Verfügung stellt
Ich sage das alles so deutlich, weil ich der festen Über-
und als Gegenzug eine Professur dafür erwartet.
zeugung bin, dass in der Nachhaltigkeit elementarer
Ich war Teilnehmer von mehreren solcher Konferenzen.
1. Die Rektorate werden zukünftig die ihnen zugetrage-
Geschäftsprozesse der eigentliche Schlüssel zu einem
Die Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen ist
ne Autonomie immer mehr auf die Fakultäten vertei-
erfolgreichen Fakultätsmanagement liegt.
eine der größten Maschinenbaufakultäten Deutschlands
len, die Dekanate immer mehr auf die Institute und
die Institute immer mehr auf die Mitarbeiter.
Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen › Klaus Henning, Sabine Schwab
65
2. Die Rektorate ziehen die Autorität komplett an sich
an den Universitäten: „Wir kriegen die Bachelorabsol-
Kosten-Leistungsrechnungen durchzuführen. Hierbei
che parametergestützte Überprüfung der Leistungen
und behandeln die Hochschule wie ein straffgeführtes
venten von anderen Unis, aber die haben ja gar nicht den
ist zu unterscheiden zwischen direkten und indirekten
der einzelnen Institute. Das ist aus meiner Sicht eine
Unternehmen und entmachten dabei die Fakultäten.
gleichen Ausbildungsstand wie von unserer Hochschule.
Kosten. Diese Differenzierung ist im Rahmen der Dritt-
Überlebensnotwendigkeit für die Fakultäten und für die
Die Einen haben sieben, die Anderen haben sechs Se-
mittelakquise notwendig, sonst droht die EU z. B. mit
Hochschulen.
mester studiert. Das passt ja alles gar nicht…!“
dem Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung. Häufig ist es
Die zweite Strategie halte ich nicht für zukunftsweisend,
aber sie ist leider auch eine Realität in Deutschland. In je-
nicht transparent, an welcher Stelle indirekte Kosten
Nun wovon rede ich im Kontext der Leistungsmessung?
dem Fall gilt es aber, in diesem Kontext, Personal, Finan-
Ein weiteres Phänomen: Nicht nur Studierende, auch
entstehen. Auf den ersten Blick erscheinen alle Kos-
Und damit komme ich zu dem eigentlichen „Reizthema“
zen und Organisation professionell zu managen.
immer mehr Wissenschaftler gehen ins Ausland bzw.
ten direkt, außer den Verwaltungskosten. Dem ist je-
meines Vortrags.
kommen aus dem Ausland zu uns. Das heißt, die deut-
doch nicht so. Besonderes Augenmerk ist zudem auf die
Bei großen Hochschulen heißt das, die Fakultäten wer-
schen Hochschulen werden lernen müssen, das Thema
Leistungserstellung in Form von Drittmitteleinwerbung,
Ich möchte zunächst erklären, wofür Bemessungs-
den in einer vernünftigen Entwicklung zu eigenständi-
Bildung als Produkt zu begreifen und international zu
Sonderforschungsbereichen und Exzellenzclustern zu
grenzwerte notwendig sind. Es geht um Rechenschafts-
gen Verwaltungseinheiten mit eigener Bilanzhülle. Sie
vermarkten. Dieses Verständnis dient dazu, international
legen. Doch damit noch nicht genug. Ein heutiger De-
ablegung, z. B. über den Vorlesungsaufwand, die Vorbe-
werden Subunternehmen des Unternehmens Hoch-
wettbewerbsfähig zu bleiben. Unsere Nachbarländer ha-
kan sieht sich zudem der Problematik gegenüber, dass
reitungszeit und Durchführung einer Vorlesung, Übung
schule. Sie haushalten über ihre Stellen, sie allokieren
ben aber längst verstanden, die Bildung entsprechend zu
Zielvereinbarungen geschlossen werden müssen. Diese
oder Prüfung – all dies abhängig von den Parametern
eine bestimmte Summe an Sachmitteln. Die Dekane
exportieren. Und Bildung hat dort ihren Preis. In Deutsch-
werden zwar formal beim Kanzler verhandelt, aber die
Größe der Vorlesung, Prüfungsaufwand, Anzahl der Wie-
geben anschließend bei der Berufung Eingruppierungs-
land läge der Selbstkostenpreis für ein Maschinenbaustu-
Ausarbeitung für den Kanzler erstellt das Dekanat – so
derholungsprüfungen, Zusatzangebote wie Kleingrup-
empfehlungen an das Rektorat unter Berücksichtigung
dium an den großen Hochschulen derzeit bei ca. 25.000
zumindest ist der Ablauf an der RWTH Aachen Univer-
penübungen, etc.
strategischer Entscheidungen. Dies muss natürlich dis-
Euro pro Jahr. Ich bin sicher: Solange Bildung keinen Preis
sity. Zielvereinbarungen beinhalten Befristungsaspekte.
kret und professionell ablaufen.
hat, werden wir die Besten der Welt nicht nach Deutsch-
Darüber werden Fragen zu Teilzeitprofessur laut. Auch
Wenn ein Dekanat z. B. keinen Bonus für Kleingruppen
land bekommen, weil die Welt gewohnt ist, dass Bildung
der leistungsabhängige Gehaltsanteil wird adressiert,
anbietet, dann braucht es sich nicht wundern, wenn die
kostet. Wie wir dies refinanzieren ist eine andere Frage.
der inzwischen bei Professoren bis zu 50 % ihres Gehal-
Kollegen keine Kleingruppenübungen durchführen las-
Möglichkeiten der Refinanzierung sind zum Beispiel Sti-
tes beträgt. All dies ist sehr flexibel gestaltet und Re-
sen. Die gleiche Frage gilt für die Promotion: Wie wird
pendien, Fundraising, Alumni-Netzwerke, etc.
alität an den meisten Hochschulen Deutschlands. Das
diese Arbeit bewertet? Ist ein Zweitgutachten einer
Kleingedruckte müssen die Dekanate gestalten. Sie
Promotion eine ehrenamtliche Tätigkeit oder lässt sich
Akzent „Internationalisierung“
Kommentare zur Mobilität von Studierenden werden
laut: „Was ist das für eine Katastrophe, mit dem Bachelor?! Die Studierenden gehen plötzlich zu einer anderen
Unter Einführung der doppelten Buchführung galt es
regeln das Verfahren und tragen die Konsequenzen für
diese Korreferat in den Kennzahlen wiederfinden? Dies
Uni! Wo kommen wir denn da hin?“ Umgekehrt hört man
während meiner Amtszeit als Dekan darüber hinaus,
die Entscheidungen. Ein Schlüssel dabei ist die jährli-
sind nur einige Beispiele und leider, meine Damen und
Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen › Klaus Henning, Sabine Schwab
67
Herren, gibt es dazu keine Standardlösung. Jede Fakul-
Beispielsweise sind Noten für die Lehre zu vergeben und
tät muss hier den mühsamen Weg gehen und ein für sie
eine Evaluierungskommission muss einberufen werden.
adäquates Indikatorensystem schaffen.
Sie müssen Audits machen. Es stellt sich die Frage, wie
Lehrveranstaltungen bewertet werden. Oftmals gibt es
Von außen können nur die grundsätzlichen Prinzipien
auch Forderungen zu Lehrproben. Sie müssen Quali-
vorgegeben werden, aber das eigentliche Erfinden und
tätsmanagement einführen und/oder didaktische Semi-
Aushandeln geht nur in dem innerfakultären Prozess.
nare und Preise vergeben.
Meine Haupterfahrung dabei ist: Wenn dieser mühsame
Prozess geschafft ist und der Fakultätsrat den Prinzi-
Zusammengefasst: Ein unkoordinierter Wust von Maß-
pien befürwortet hat, hört die „Meuterei“ auf. Am bes-
nahmen, mit denen Sie getrieben werden, von irgend-
ten ist es, wenn das Indikatorensystem abgesegnet ist,
welchen Organisationsmoden, die durch die Dekanate
bevor es irgendwo Probleme gibt. Dann herrscht die
gejagt werden. Dabei können Sie sich nur ganz ruhig mit
Einstellung vor: „Ja, wenn wir das beschlossen haben,
dem eigenen Team zusammensetzen und die Frage ad-
super, dann müssen wir das so machen.“
ressieren, was von dem Allen gemacht werden soll und
was davon eigentlich zielführend ist?!
Nach allen unseren Untersuchungen wird bei der heutigen Verfügbarkeit von Mitteln, um die gesetzten Auf-
Zielführend ist, meine Damen und Herren, dass sie sich
gaben umzusetzen, 70 % für die Lehre und 30 % für die
auf eine Grundausstattung verständigen. Die Insider
Forschung benötigt. So kann noch gute Lehre gemacht
könnten jetzt ein paar Zahlen nennen. Beispielsweise
werden; gute Forschung wird über Drittmittel finanziert.
als Antwort auf die Frage: Wie viele wissenschaftlichen
Das ist ein geeigneter Anreiz, der bewiesenermaßen
Personalstellen sollte eine W3 Professur bekommen?
Noten für die Lehre
Evaluationen
Lehrwettbewerbe
Regeln zur Allokation
Der Mittel für
Audits
Regeln zur
Be
D
Coaching
Leistungsorientierte
Lehrveranstaltungsbewertungen
der Mittel für
Lehrproben
Ausstattung NWM
Regeln zur Allokation
Planstellen
der Exkursionsmittel
Lei
Aus
Preise für beste Lehre
Planstellen
Ich bin aufgrund meiner Tätigkeiten an anderen Uni-
Moment keine Studiengebühren mehr gibt.
versitäten der Auffassung, dass eine W3 Professur, die
Grundausstattung
vernünftig arbeiten kann. Wie soll skaliert werden, wenn
Mechanismen überrollt (vgl. Bild 5):
nicht eine Mindestmenge an Personal vorhanden ist, mit
der angefangen werden kann?!
Didaktische Seminare
erte
Bürofläche
Grundausstattung
Grundausstattung
Planstellen Belohnungs- und Kontrollsysteme Bürofläche
weniger als drei wissenschaftliche Mitarbeiter hat, nicht
Für das Controlling wird ein Dekanat mit einer Flut von
tattun
Sachmittel
funktioniert. Bei der Lehre durch Drittmittel ist zugegebener Maßen etwas schwieriger, noch dazu wo es im
ungec
Qualitätsmanagement
Bild 5: Mechanismen zur Qualitätssicherung in der Lehre
Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen › Klaus Henning, Sabine Schwab
69
Es mag Sondergebiete geben, wo man mit kleinen spe-
Um leistungsbezogen steuern zu können, bedarf es je-
ziellen Professuren eine Ausnahme machen kann. Aber
doch keines strengen Zielwertes, sondern eines Zielkor-
auch ein Institut für Politologie braucht Skalierungsfä-
ridors. Erfahrungsgemäß liegt ein solcher Zielkorridor
higkeit. Wenn Sie die größten sozialwissenschaftlichen
zwischen 0,8 und 1,2. Sie fragen sich, was dies bedeu-
Einrichtungen bei uns im Land ansehen, werden Sie
tet? Wenn die Belastung mit einem Leistungsindikator
feststellen, dass alle eine wirkliche Grundausstattung
von 1,2 (also 20% über dem Durchschnitt) gemessen
haben und deswegen erfolgreich sind.
wird, dann erhält diese Kostenstelle zusätzliche Sachmittel und Personalstellen. Diese werden wieder verlo-
Grundausstattung
Lehranteil
Forschungsanteil
Wiss. Personal
Vorlesungen, Übungen,
Dissertationen, Drittmittel,
W3: 1 Prof., 4 Wiss.
Scheine, Labore, etc.,
Veröffentlichungen
W2: 1 Prof., 1 Wiss.
50% der Studien- und Diplomarbeiten
50% der Studien- und Diplomarbeiten
Ressourcenverteilung
ca. 70%
ca. 30%
In Bild 6 wird in einer Grafik beispielhaft zur Grundaus-
ren, wenn die Obergrenze von 1,2 erreicht wird. An der
stattung ein Lehr- und ein Forschungsanteil ausgewie-
Untergrenze ist es schwieriger zu steuern. Denn das ist
sen. Die weiteren Mitarbeiter werden durch einen Faktor
die Interventionsgrenze, bei der das Dekanat aktiv wer-
an das wissenschaftliche angeschlossen. So können die
den muss. Dazu gehört auch die Frage, warum schlechte
Mittel jährlich variabel und leistungsbezogen innerhalb
Kennzahlen entstanden sind? Ein Grund kann sein, dass
Fixer Anteil
Variabler Anteil
der Fakultät gesteuert werden.
eine neue Professur eingerichtet wurde und der Kollege
ca. 50%
ca. 35%
Variabler Anteil ca. 15%
vier Jahre Zeit braucht, sich einzuarbeiten, um das Soll
Die Schwankungen im Rahmen der Leistungserstellung
zu erfüllen. In anderen Fällen, d. h. bei bereits bestehen-
von einem Jahr zum anderen in Lehre und Forschung
den Professuren, wird im Dekanat dann der Sanierungs-
der Professuren sind glücklicherweise nicht sehr stark.
plan ausgearbeitet. Hier können Vorschläge unterbreitet
Mit anderen Worten: Ein wenig Fleißiger wird in der Re-
werden, wie z. B. Ausleihen von Mitarbeitern an andere
gel nicht gleich fleißig und der Fleißige wird nicht gleich
Institute. So werden Kennwerte automatisch besser.
Technisches Personal Büro/Support
W3: 4 NWM
W2: 2 NWM
Variabler Anteil angekoppelt an das
wissenschaftliche Personal (Faktor
0,5 bis 1,5
faul. Um diesen Zustand „regeln“ zu können, brauchen
Sie eine bestimmte Summe an Ressourcen, damit nach-
Die beabsichtigte Vernachlässigung der Rigidität hat
gesteuert werden kann. Denn wir sprechen an dieser
auch einen ganz praktischen Grund. Sie haben als Dekan
Stelle von einer relativen Allokation sowie von Ressour-
genügend zu tun, die Diskussionen und Sanierungsver-
cenallokation.
einbarungen mit den unter 80% Performance-Kandidaten durchzuführen.
Bild 6: Beispielvorschlag zur Verteilung der Ressourcen
Dto.
Next Generation Fakultätsmanagement – drei Thesen › Klaus Henning, Sabine Schwab
71
8. Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung
Ernst Schmachtenberg
Sachmittel werden analog der Steuerung mit Personal-
Zusammenfassung
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich komme zurück auf meine drei Thesen:
lassen Sie mich kurz an den soeben gehaltenen Vortrag
ausforderung, wie sie mit dem Prozess der Angleichung
mitteln verteilt. Die Büroflächenbewertung erfolgt auf
der Basis von Quadratmetern. Und wenn Sie die Fläche
Lassen Sie mich hieraus ein kurzes Grundsatzstatement ableiten: Die Universitäten stehen vor der Her-
nicht zur Verfügung haben, dann geben sie stattdessen
von Kollegen Henning anknüpfen: Wenn wir die Situati-
bzw. der Ausdifferenzierung der Bildungssysteme in
Sachmittel oder ziehen Sachmittel ein. Bis zu diesem
Fakultätsmanager sind Mehrkämpfer auf mindestens
on an den Universitäten betrachten, stellt sich die Fra-
Deutschland (und auch global) und hier insbesondere
Punkt ist es an der Fakultät für Maschinenwesen der
drei Ebenen. Deshalb braucht es starke Mitglieder des
ge, welche Ressourcen für unsere beiden wesentlichen
mit der forschungsorientierten Lehre umgehen wollen.
RWTH Aachen University realisiert bzw. in der Umset-
Dekanats, die Teil eines Teams sind. Fakultätsmanage-
Aufgaben, die Forschung und die Lehre, zur Verfügung
Dabei stehen sie vor der Situation, dass die Träger ih-
zung. Noch nicht realisiert ist die Bewertung von Labor-
ment ist professioneller aufzustellen. Deswegen braucht
stehen. Von der gesetzlichen Lage ist das eigentlich
rer Einrichtungen, die Landesregierungen, sich nicht
flächen oder Werkstätten. Diese gesonderten Flächen
es professionelle Geschäftsführerinnen und Geschäfts-
klar vorgegeben: Auf die einzelnen Fächer sind Profes-
mehr umfassend dazu bekennen, dass Universitäten
können im Prinzip in Bedarfsklassen eingeteilt werden.
führer, die die Geschäftsprozesse des Dekanats optimie-
sorinnen oder Professoren berufen. Zur Erfüllung ihrer
Einrichtungen sind, die einen Forschungsauftrag haben.
Die Simulationsrechnungen dazu haben gezeigt, dass es
ren und überwachen. Um diese Allokation durchführen
Dienstaufgaben verfügen sie über eine personelle und
So wie ja auch im Umkehrschluss die Fachhochschulen
funktionieren kann, wenn man will. Man muss allerdings
zu können, müssen die Gesamtressourcen (x Euro pro
eine sächliche Ausstattung. Ihre Dienstaufgaben sind
ermuntert werden, auch in der Forschung tätig zu wer-
die Großanlagen, wie sie an einer technischen Hoch-
Professur und Jahr für Personal, Sachmittel und Fläche)
neben der universitären Selbstverwaltung (20%) je zur
den, ohne ihnen hierfür eine ausreichende Ausstattung
schule existieren, wie z. B. Windkanäle, KfZ-Versuchs-
mit Leistungsindikatoren jährlich neu festgelegt werden.
Hälfte die Forschung und die Lehre.
zuzugestehen. Die Hochschulen stehen damit vor dem
strecken, etc. herausrechnen. Diese müssen als zentra-
Wir haben damit die Erfahrung gemacht, dass durch die-
len Einrichtungen einer Fakultät geführt werden. Was ist
se konsequente Bewertung eine Umverteilung innerhalb
Aber was ist, wenn man die Realität befragt: Dazu hat
zer: Es wird hier und da marginal nachgesteuert, aber
das Ziel dieser Bemühungen? Es geht um eine jährlich
der Fakultät von Mitteln zu Gunsten der Lehre stattfin-
ja der ehemalige Dekan der Fakultät für Maschinenwe-
dem Grunde nach sind wir längst aus den gesetzlichen
aktualisierte Aussage über den „Wert“ einer Professur
det, weil deutlich geworden ist, dass alle überlasteten
sen, Herr Kollege Henning, eben in seinem Vortrag eine
Vorgaben herausgelaufen und betreiben Flickschusterei.
in Euro pro Professor und Jahr. Darin sind alle notwen-
Bereiche eine Überlast in der Lehre haben. In der Regel
klare Analyse gegeben. Ich fasse dies hier noch einmal
Aber es ist die Zeit gekommen, die Rolle der Forschung
digen Bewertungsinformationen über eine Professur in
muss also bei der Einführung Personal zu Gunsten der
kurz zusammen: An der RWTH können wir nur des-
im deutschen Hochschulsystem als Aufgabenstellung
einer einzigen Zahl zusammengefasst. Diese Zahl ist der
Lehre stark belasteter Fächer umgeschichtet werden.
halb qualitativ hochwertige Lehre anbieten, weil wir in
wieder anzuerkennen und ihr den ihr angemessenen
Kennwert für die Performance einer Professur.
Eine solche nachvollziehbare Allokierung der Ressour-
erheblichem Maße Ressourcen und Arbeitsinhalte aus
Stellenwert zurückzugeben.
cen und der Leistungsüberprüfungen, das Verfahren
der Grundausstattung Forschung und aus der Drittmit-
„X Euro pro Professor und Jahr, jährlich neu bewertet“
telforschung in die Lehre exportieren. Ich hoffe, dieses
Nun aber zurück zu dem mir vorgegebenen Thema: Die
muss zur Normalität deutscher Fakultäten werden.
ehrliche Statement wird nun nicht mit einer Rüge des
Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung.
Ergebnis von 50 Jahren akademischem Durchlauferhit-
Landesrechnungshofes quittiert.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung › Ernst Schmachtenberg
73
In diesem Vortrag möchte ich drei wichtige Aspekte an-
aussuchen, also eigentlich die, die bereits exzellent sind.
Ingenieuren nicht erfüllte und das Y-Modell durch die
Liegt der Grund für den Studienabbruch an den zu hohen
sprechen: Die Studienaufnahme, das Studium mit sei-
Diese, so kann man leicht folgern, werden auch mit einer
Bologna-Reform überrollt wurde (eine Bildungsrevolu-
Anforderungen? Müssten wir diese reduzieren? Nein,
nen Inhalten und den Beruf bzw. die Befähigung den In-
nur einigermaßen guten Ausbildung zu exzellenten In-
tion tötet die andere). Nach der Umwandlung der Ge-
damit wäre der Markenkern der exzellenten Ingenieu-
genieurberuf auszuüben. Ich spreche sowohl für die TU9
genieuren. Den umgekehrten Weg kenne ich noch per-
samthochschulen in NRW und Hessen in durchweg un-
rausbildung der RWTH oder, wie ich gerne einbeziehe,
als auch für die RWTH, wenn ich sage: Wir wollen eine
sönlich aus meiner Gesamthochschulzeit in Essen. Die
terkritische Universitäten (Ausnahme Duisburg-Essen,
der TU9 zerstört.
exzellente, forschungsbefähigende Ingenieurausbildung
Gesamthochschule war geöffnet für alle, die zumindest
was durch eine Fusion und Reorganisation der Fächer
anbieten. Anders gesagt: Wir wollen exzellente Ingeni-
einen Fachoberschulabschluss hatten. Wir versuchten,
die Grundlage für eine angemessene Ausstattung für die
Könnte es sein, dass die Professoren an der RWTH eine
eurinnen und Ingenieure für die Forschung in Wirtschaft
aus allen gute Akademiker zu machen. Es gab dafür
Forschung sorgte), wurden gerade in NRW dann neue
schlechte Fachdidaktik bieten? Nein, dieser Ansatz ist
und Wissenschaft ausbilden. Der Fokus in der akademi-
zwei Wege: Im sogenannte Y-Modell stiegen alle in die
Fachhochschulen gegründet.
dem Grunde nach falsch. Wir bewegen uns im Bereich
schen Ausbildung liegt auf der Herstellung der Berufs-
gleichen Grundlagen ein, die Schnelllerner und fürs ab-
fähigkeit von solchermaßen qualifizierten Ingenieurin-
strakte Denken Begabten erkannten ihre Fähigkeiten
Ich komme also zu der Erkenntnis, dass es einen guten
wachsene. Ein wesentliches Ziel der Ausbildung ist das
nen und Ingenieuren.
und wählten die anspruchsvollen grundlagenorientier-
Prozess der Auswahl geben muss, um die Studierwilli-
selbstständige, eigenmotivierte Lernen. Es mag ärger-
der Ausbildung technischer Eliten, wir lehren junge Er-
ten, umfangreicheren Vertiefungskurse und erreichten
gen in das richtige Studium zu bringen. Dabei muss es
lich sein, wenn der Hochschullehrer seine Fachinhalte
Um dieses Ziel zu erreichen, könnten wir nun eine stren-
den universitären Abschluss Dipl.-Ing. (DII), die anderen
uns gerade in den Ingenieurwissenschaften gelingen, die
nicht anschaulich erklären kann, davon aber den Erfolg
ge Auswahl betreiben, uns die Besten der Besten her-
studierten etwas länger in Veranstaltungen mit weniger
unterschiedlichen Ausbildungsprofile zur Anwendung
des Studiums abhängig zu machen, würde dem Konzept
theoretischem Hintergrund und erhielten dann schließ-
befähigend oder zur Forschung befähigend herauszu-
des eigenständigen, forschungsorientierten Lernens
lich den dem Fachhochschulabschluss gleichgesetzten
stellen. Dies ist wichtig, denn wir haben beispielsweise
völlig zuwiderlaufen. Wobei ich damit nicht schlechte
akademischen Grad Dipl.-Ing. (DI).
an der RWTH Aachen in den Ingenieurstudiengängen
Wissensdarbietung in Vorlesungen und anderen Lern-
immer noch viel zu hohe Studienabbruchquoten im Be-
formen verteidigen will. Hier gibt es immer viel zu tun.
Ich darf aus eigener Erfahrung aus nun mehr als 20 Jah-
reich von 50%.
ren akademischer Lehre sagen: Auch mit viel exzellenter
Oder mögen die hohe Zahl der Studienabbrüche die Ur-
Pädagogik ist es nicht möglich, aus praktisch Begabten
Um jeden einzelnen dieser Studienabbrecher ist es im
sache haben, dass die Studierenden für diese heraus-
abstrakt denkende Ingenieure zu machen. Das Experi-
doppelten Sinne schade. Zu dem persönlichen Scheitern
fordernde Ausbildung nicht motiviert, begabt oder reif
ment der Gesamthochschule wurde Ende der 90er Jahre
kommt die Investition in eine nun nicht abgeschlossene
genug sind? Fehlt ihnen die Grundlage für solch ein her-
des vorigen Jahrhunderts begraben, da es seine Erwar-
Ausbildung.
ausforderndes Studium?
tungen an eine effektive Ausbildung beider Gruppen von
Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung › Ernst Schmachtenberg
75
re Ausbildungszeit eingespart. Ich bin sehr gespannt, wie
hohen intellektuellen Arbeitsanteilen verlängern ihre
die Hochschulen mit 17-jährigen Erstsemestern umgehen
Schaffensperiode erheblich. Bei näherer Betrachtung
werden, denen in einem noch eher pubertären Alter eine
fällt besonders auf, dass im vorderen Bereich der Aus-
sehr hohe Leistungsbereitschaft abgefordert werden wird.
bildung eine im Grunde genommen paradoxe Veränderung stattgefunden hat. Wir haben eine gestiegene Le-
Ich rate allen Studierenden heute, sich Zeit zu nehmen,
benserwartung und verkürzen die Ausbildungszeiten!
um erwachsen zu werden, um sich selbst mit seinen
Zielen und Aktivitäten zu organisieren. Das Studium ist
Warum tun wir das? Wir wollen wirklich diejenigen, die
ein wichtiger Platz, um sich als Persönlichkeit zu finden,
zukünftig über lange Zeit die wesentlichen Entscheidun-
zu formen, zu bilden. Dabei zeigen viele Untersuchun-
gen in Industrie und Technik prägen werden, weniger
gen, dass die Einhaltung der Regelstudienzeit für den
ausbilden? Den einzigen Grund, den ich für diese Ent-
späteren beruflichen Erfolg nicht die höchste Priorität
wicklung sehen kann, liegt in der Reduzierung der Aus-
hat. Möglicherweise ist es hilfreich, noch vor Aufnahme
bildungskosten. Ansonsten sehe ich dafür keine Begrün-
des Studiums im Rahmen einer Berufsausbildung sei-
dung. Diese Entwicklung erstreckt sich auf alle Bereiche:
ne Neigungen und Fähigkeiten zu erproben. Gerade in
die schulische Bildung wird um ein Jahr verkürzt, der
den Ingenieurwissenschaften bietet eine Berufsausbil-
Wehr- und Zivildienst wird abgeschafft. Wir gaben das
dung etwa zum Werkzeugmacher, Industrieelektroniker
Diplom auf und haben stattdessen Bachelor und Master
o. ä. nicht nur eine gute fachliche Grundlage, sondern
eingeführt, mit der Erwartung der Kultusminister, dass
hilft auch, sich an den Anforderungen des Arbeitslebens
die Bachelorausbildung nun die Regelausbildung ist.
schon vor dem Studium zu orientieren.
Alter
tung ist erheblich gestiegen. Gerade Menschen mit
+10-15 Jahre
Senioren
Schon auf diese Weise werden in der Summe vier Jah-
-1 Jahr
+10 Jahre
Vorruhestand
Zunächst einmal ein klarer Befund: Die Lebenserwar-
-1 Jahr
aPhD?
schule. Ich sehe die Botschaft, allein mir fehlt der Glaube.
Promotion dann zurück aus der Industrie und wieder in die Hoch-
che Einteilung (siehe Bild 1).
Diplom a Bachelor
Master
Dabei geht es um unsere Lebensspanne und ihre zeitli-
-1 Jahr
-2 Jahre
Wehr- und Zivildienst
sein. Nach ein paar Jahren kommen die Studierenden
Schulische Bildung
Weiterhin soll der Master nun vor allem berufsbegleitend
Frage in den letzen 50 Jahren dramatisch verändert hat.
Kindheit & Jugend
Lassen Sie mich auf etwas hinweisen, was sich ohne
Lebensarbeitszeit
NEU: Phasen beruflicher Weiterbildung
-5 Jahre
?
0
10
20
30
40
50
Alter
Bild 1: Lebensarbeitszeit von Akademikern
60
70
80
90
100
Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung › Ernst Schmachtenberg
77
Auf der anderen Seite der Lebenszeitachse sieht man
Mechaniker machen, also die beruflich Ausgebildeten,
Denn ich halte es für die wesentliche Errungenschaft
Ansporn, es dann trotzdem zu versuchen. Wenn sie dann
auch eine interessante Entwicklung. Früher gingen
entspricht in Taiwan dem Bachelor. Die Statistiken sind
einer freien Gesellschaft, dass jeder sich für seinen Be-
erfolgreich sind, gibt es einen doppelten Glückwunsch.
manche schon mit 55 Jahren in den Vorruhestand. Heute
nicht vergleichbar! Warum verteidigt niemand das dua-
rufsweg selber entscheiden kann, selbst wenn all die Al-
Insgesamt beschäftigen wir uns noch viel zu wenig mit
wollen viele meiner Professoren bis zu einem Alter von
le Ausbildungssystem, das Deutschlands Industrie und
ten und Weisen das Scheitern prognostizieren. Scheitern
diesen Fragen von vorhersehbarer Eignung und abseh-
67 oder 68 weiter ihren Dienst ausüben. An dieser Stelle
Handwerk so stark gemacht hat?
kann eben nur, wer sich den Herausforderungen stellt!
barem Studienabbruch.
eine interessante Zahl aus der RWTH: Die Zahl der eme-
Deshalb ist ja auch Scheitern ein wesentlicher positiver
ritierten Professoren übersteigt heute die Zahl der ak-
Im Laufe meines Lebens habe ich gelernt, dass Bega-
tiven. Wegen der gestiegenen Lebenserwartung ist so-
bungen höchst individuell sind. Wir sollten uns damit
zusagen die Hälfte des akademischen Potentials außer
beschäftigen, dass diejenigen, die etwas am besten kön-
Wir organisieren deshalb an der RWTH Aachen den
Art Propädeutikum genutzt werden, um weitere junge
Dienst. Welch ein Wohlstand. Ich halte die Verkürzung
nen, an den Stellen eingesetzt werden, an denen sie es
Studienauswahlprozess in folgendem Weg: Im Rahmen
Menschen an die so dringend benötigte Ausbildung zum
der Ausbildungszeiten für eine paradoxe Entwicklung,
am Besten einsetzen können. Tatsächlich haben wir in
verpflichtender Self-Assessments mit fachspezifischer
Ingenieur heranzuführen.
genau so wie die Abschaffung der Studienbeiträge, aber
der Bundesrepublik Deutschland durch die allgemeinen
Ausprägung erkunden die Studierenden vor der Imma-
das ist ein anderes abendfüllendes Thema.
Regeln, die derzeit in Bezug auf die Studienaufnahme
trikulation ihre Studierfähigkeit. Diese internetbasierten
Ich fasse an dieser Stelle noch einmal zusammen: Es
herrschen, keine wirklichen Auswahlmechanismen, die
Self-Assessments werden in Abstimmung mit den Fa-
gibt leider zu viele Studierende in Studiengängen, für
2007 machten 34% eines Jahrgangs eine akademische
das oben formulierte Ziel unterstützen. Einzelne Hoch-
kultäten durchgeführt. Die Fakultäten verpflichten sich
die sie nicht begabt genug sind. Und wir haben zu vie-
Ausbildung. Deutschland hat den großen Vorteil gegen-
schulen haben sich auf den Weg gemacht, dies zu än-
in Zielvereinbarungen mit dem Rektorat, zumindest 75
le Studierende ohne ein eindeutigeres Commitment für
über anderen Ländern, dass die Berufsausbildung oft
dern. Etwa die TU Darmstadt ist an dieser Stelle sehr er-
% der für das Fach als „studierfähig“ Eingestuften auch
unsere anspruchsvollen Studiengänge. Beliebigkeit und
wieder in die akademische Ausbildung zurückführt. Dies
folgreich aktiv, ebenso wie die TU München: Dort gibt es
zum Abschluss zu führen.
der Wille zu einer exzellenten Ausbildung im Studium
ist ein völlig unterschätztes Prinzip. Es ist sehr wichtig,
inzwischen individuelle Interviews vor der Aufnahme in
auch für die Ingenieurausbildung, um Bodenhaftung zu
einen ingenieurwissenschaftlichen Studiengang. Dies ist
Soweit darüber hinaus Studienplätze verfügbar sind,
beiden Stellen, was den Studieneingang und die Studi-
behalten. Es wird behauptet, dass die Akademikerquote
allerdings mit erheblichem Mehraufwand für die Hoch-
können auch als „nicht-geeignet“ eingestufte Studieren-
enbegleitung angeht, noch Handlungsbedarf haben.
zu gering ist. Man schaut auf andere Länder, zum Bei-
schule verbunden. Auch scheint mir nachteilig, dass die
de das Studium aufnehmen - sozusagen unter erhöhtem
spiel auf Taiwan mit einer Quote von 79% Akademikern.
Entscheidungshoheit zurück an die Hochschule gegeben
Risiko - wobei deren möglicher Studienabbruch nicht in
Ich möchte nun gerne kurz auf den Studienverlauf sel-
Ich hatte gerade das Vergnügen, Taiwan zu besuchen.
wird, wer letztendlich zum Studium zugelassen ist.
die Quote der Zielvereinbarung mit den Fakultäten nega-
ber eingehen. Fragen, die sich auf das Studium bezie-
Dort wird der Bachelor in der Fabrik gemacht. Das, was
tiv angerechnet wird. Vielleicht ist das für diejenigen, die
hen: Wie ist das neue Lern- und Mediennutzungsver-
in Deutschland die Laboranten, die Techniker und die
als „nicht-geeignet“ eingestuft wurden, ein besonderer
halten? Wie gehen wir mit der zunehmenden Diversität
und motivierender Bestandteil des Lernens.
Auch dies ist wohl nicht der einzige mögliche Weg! Vielleicht kann auch das erste und zweite Semester als eine
passen nicht zusammen. Ich glaube, dass wir an diesen
Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung › Ernst Schmachtenberg
79
unserer Studienjahrgänge um? Wie setzen wir dies kre-
Ein weiterer Punkt scheint mir diskussionswürdig, nämlich
den Beruf wechseln. Aber die Ausbildungsmission ist
ativ um? Unsere Zielgruppen wandeln sich. Wir haben in
die Folgen der Umstellung der Diplomstudiengänge auf Ba-
erst beendet, wenn auch der Master studiert ist. Daher
Zukunft wahrscheinlich eine noch größere Spreizung der
chelor und Master. Ich glaube, dass noch große Verwerfun-
sagt die TU9: „Der Bachelor ist der Weg, der Master ist
Altersgruppen und eine Spreizung der Fähigkeiten, also
gen auf uns zukommen, aber auch, dass es keinen Weg zu-
das Ziel.“ An dieser Stelle befinden wir uns in Dissonanz
eine größere Heterogenität. Da entsteht wiederum die
rückgibt. Es war richtig, diese Umstellung zu machen, aber
mit den berufspolitischen Sprechern von BDI und BDA.
Frage: Bedeutet größere Heterogenität, dass wir einen
die Hochschulsysteme in sich sind relativ komplex und trä-
Diese sind der Auffassung, dass vor allem Bachelor-Ab-
Studiengang haben wollen, der die Heterogenität besser
ge, so dass verschiedene Probleme noch nicht wirklich ge-
schlüsse benötigt werden.
abdeckt, oder wollen wir die Studiengänge so anpassen,
sehen, geschweige denn richtig behandelt werden konnten.
dass wir im Angebot breiter werden und damit in den
Ich folge dieser Auffassung insoweit, dass wir in den In-
verschiedenen Studiengängen wieder relativ homogene
Eine ganz wesentliche Veränderung bestand in der Um-
genieurberufen sehr viele kurz ausgebildete Akademiker
Gruppen haben? Ich glaube, der zweite ist der richtige
stellung von der Einzügigkeit auf die Zweizügigkeit der
brauchen. Aber diese können wegen der Forderung nach
Weg. Was aber zu der vielerorts beklagten Zunahme der
Studiengänge. Die Idee dahinter war, in den Universitä-
kurzer Ausbildungszeit eben nicht forschungsbasiert
Studiengänge und der Unübersichtlichkeit der Studien-
ten wissenschaftsbasierte Studiengänge mit frühen Ab-
ausgebildet werden. Hier ist es vielmehr notwendig, die
angebote führt. Also muss hier wie immer mit Maß ver-
schlüssen zu verbinden. Zu beachten ist aber weiterhin
Ausbildungsinhalte auf die Vermittlung des Standes der
ändert werden.
der Umstand, besonders in Bezug auf solche Studien-
Technik zu konzentrieren. Das bedeutet, dass wir für diese
gänge wie Medizin, Psychologie oder Jura, dass die Be-
Ausbildung ganz andere Curricula haben müssen, als sie
Wir sind an der RWTH Aachen stolz darauf, dass wir
rufsverbände den Bachelor für einen nicht berufsbefähi-
die Ingenieurausbildung an den Universitäten heute bietet.
im Wettbewerb Exzellente Lehre erfolgreich waren. Im
genden Abschluss halten. Das heißt, es werden zunächst
Rahmen der Umsetzung bearbeiten wir im Bereich der
einmal Absolventen erzeugt, die in ihren angestrebten
Auch kann ich nicht einsehen, dass eine Ausbildung mit
Lerninhalte folgende Maßnahmen:
Berufen nicht unterkommen. Auch bei in den Ingenieur-
dem Ziel der Qualifikation für die Forschung für eine
wissenschaften sind wir der Auffassung, dass es sich bei
kleinere Gruppe von Ingenieuren zunächst in einer an-
• individuelles, flächendeckendes Mentoringsystem,
dem Bachelor an den Universitäten um ein erweitertes
wendungsbezogenen Berufsqualifizierung enden soll,
• Vorkurse und Einführungsveranstaltungen,
Grundlagenstudium mit nur mäßiger Anwendungsbe-
um dann später die Grundlagen für forschungsorientier-
• flächendeckende Blended Learning-Konzepte und
fähigung handelt. Dies kann dennoch ein interessantes
tes Arbeiten zu legen. Insoweit verbietet es sich aus der
• verstärkte Gruppen- und Projektarbeit (z. B. in der
Ausbildungsprofil sein und jemand kann gerne, wenn
Sicht der Universitäten, den grundlagenorientierten
er den beruflichen Erfolg nach dem Bachelor sucht, in
Teil des Studiums aus den ersten Studiensemestern zu
Leonardo-Reihe oder im Exploratory Teaching Space)
Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung › Ernst Schmachtenberg
81
Ausbildung von Fachhochschulen und Universitäten. An
plomstudiengang auf den nun zweizügigen universitären
den Universitäten herrscht hier und da noch immer der
Bachelor-Master-Studiengang im Bolognasystem (siehe
Irrglaube vor, dass es die „höherwertige universitäre
Bild 2)
Ausbildung“ gäbe. Dies ist, insbesondere auch juristisch
gesehen, eine Fiktion. Die Kultusminister haben rechts-
Übrigens wäre die Forderung, die anwendungsbezoge-
wirksam festgestellt, dass die Bachelor- bzw. Master-
nen Anteile des universitären Ingenieurstudiums erst
abschlüsse von Universitäten und Fachhochschulen
einmal an den Anfang des Studiums zu legen, um dann
gleichwertig sind. Basta!
20 Wochen Fachpraktikum
Grundstudium
Hauptstudium
Fachwiss.
Grundlagen
Allgemeine naturund ingineurwiss.
Grundlagen
später mit den Grundlagen fortzufahren, genau so un-
Bisheriger
DiplomStudiengang
Diplomarbeit
Eine oft gestellte Frage betrifft die Gleichwertigkeit der
stellung der Curricula von dem ehemals einzügigen Di-
Vorpraktikum
verlegen. Und in genau dieser Weise erfolgte die Um-
Spezialisg.
Vertiefung
Studienarbeit(en)
Dipl.-Ing.
Vordiplom
schen, die befähigt sind zu abstraktem Denken, analyti-
und Fähigkeiten grundsätzlich anders aufgestellt sind.
schen Verstand haben, motiviert sind, können gar nicht
Die Fachhochschulen, an denen Professorinnen und
früh genug mit forschungsorientierter Lehre beginnen,
Professoren zwar forschen dürfen, die aber nicht für
dazu die Grundlagen jeder ingenieurwissenschaftlichen
die Forschung ausgestattet sind, haben vor allem die
Logik, die Mathematik und die Naturwissenschaften ler-
Aufgabe der Lehre. Dies drückt sich nicht zuletzt in der
nen und sich dann auf die Erkundung neuen Wissens in
Festlegung des Lehrdeputates aus, dass in der Regel bei
einem ingenieurbezogenen Kontext zu machen. Deshalb
Professoren der Fachhochschule einen doppelten Um-
bin ich nach wie vor der Meinung, wir sollen die dazu
fang einnimmt. Dies bewirkt ein anderes Profil der Fach-
befähigten jungen Menschen in der universitären Inge-
hochschulen mit erhöhter Lehrkapazität und wesentlich
nieurausbildung gleich in die Wissenschaft führen und
reduzierter Forschungskapazität im Vergleich zu den
die sind dann – und das wissen wir ja auch von unseren
Universitäten. Dies befähigt die einen eher zu anwen-
Absolventen – nicht nur in der Wissenschaft, sondern
dungsbezogener Lehre auf der Grundlage des Standes
auch in der Industrie sehr gefragt.
der Wissenschaft und Technik und die anderen eher zu
einer Lehre, die zu Forschung befähigt.
Semester
1
2
3
4
5
6
Bachelor - Studium:
Allgemine naturund ingineurwiss.
Fachwissenschaftliche
Grundlagen und Fährigkeiten
Orientierungsphase
7
8
9
MasterStudium:
Spezialisg.
Vertiefung
10
Master - Arbeit
bildungseinrichtungen, die bezüglich ihrer Aufgaben
Fachpraktikum
Abitur erst mal eine Lehre zu absolvieren. Junge Men-
Bachelor - Arbeit
Das Problem liegt an einer anderen Stelle: Es sind Aus-
Vorpraktikum
sinnig, wie die Forderung, vor der Oberstufe und dem
Bachelor/
MasterStudiengang
MSc.l
Dipl.-Ing
BSc.
Bild 2: Universitärer Diplomstudiengang und universitärer Bachelor-Studiengang.
Quelle: DFG-Konzeptpapier des Präsidiums zur Umsetzung der Bolognareform in den Ingenieurwissenschaften an
den Universitäten
Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung › Ernst Schmachtenberg
83
Ich glaube, die Unterscheidung zwischen anwendungs-
wäre, wenn von den etwa 400.000 Ingenieurstudieren-
getragen wird, mit höchst differenziertem Wissen. Die
differenziert ist, dass ohne Frage eine Professur „Pho-
bezogen oder zur Forschung befähigenden Studiengän-
den, die wir in Deutschland haben, vielleicht 80.000 in
Zahl der Wissenschaftler steigt also an, und die Men-
tonische Technologien in der Kunststofftechnik“ sehr
gen in den Ingenieurwissenschaften ist sehr sinnvoll. Ich
den Universitäten wären.
ge des verfügbaren Wissens steigt noch stärker an. Der
sinnvoll sei. Dabei muss man aber sehen, dass selbst bei
einzelne Wissenschaftler verfügt also als Resultat viel
den TU9-Universitäten überhaupt nur vier einen Ordina-
bin ebenso davon überzeugt, dass es einen hohen Bedarf
an kurzen Studiengängen, an anwendungsbezogen aus-
Tatsächlich haben wir eine massive Fehlsteuerung. Es
weniger von der Gesamtheit des Wissens. In der per-
rius für Kunststofftechnik haben. Bei den anderen wird
gebildeten Ingenieuren gibt. Ich ziehe diese Erkenntnis
gibt tatsächlich doppelt so viele Studierende in den Uni-
fekten Wissensgesellschaft also, in der das Wissen ge-
dieses Fach von den Werkstoffkundlern gelehrt.
aus meiner eigenen Industrietätigkeit, bei der ich grö-
versitäten und die Fachhochschulen sind meiner Kennt-
gen unendlich strebt, geht der Anteil des Wissens des
ßere Entwicklungsgruppen geleitet habe. Hier haben wir
nis nach oft unterausgelastet.
einzelnen Wissenschaftlers also gegen Null, er kennt
Weiterhin gibt es die Verkürzung von Innovations- und
also von der Wissenschaft nichts mehr (Bild 3).
Wissenszyklen. Ein Ingenieur, der kein Erfahrungs- und
wunderbar in einem Team von Ingenieuren zusammengearbeitet, in einem Verhältnis von 4:1, also seinerzeit
Ich plädiere dafür, die Ausbildung von Ingenieuren in
80% Absolventen aus kurzen Studiengängen, auf die
zwei unterschiedlichen Profilen, wie wir Sie in Deutsch-
Es ist eine interessante Frage, wie wir damit umgehen.
nach, nicht kreativ sein. Je mehr er jedoch von dem
jeweiligen Anwendungsbezüge fokussiert, und nur etwa
land schon seit vielen Jahren erfolgreich betrieben ha-
Es zeigt allerdings auch sehr deutlich, dass das anwen-
Methodik- und dem Erfahrungswissen hat, desto mehr
20% Absolventen mit einem forschungsbezogenen Aus-
ben, weiter zu pflegen, anstatt eine Angleichung auf ei-
dungsbezogene Wissen, das in der Umsetzung benötigt
droht, dass seine Kreativität unter diesem Wissen er-
bildungsprofil. Dies ist jedenfalls meine Erkenntnis aus
nem einheitlichen Niveau zu suchen. Die Formel muss
wird, und mit dem die meisten Ingenieure folglich aus-
stickt wird. Wie erreiche ich, dass Methoden- und Erfah-
meiner damaligen Berufserfahrung.
also beim Bachelor lauten: Gleichwertig, aber andersar-
gebildet werden müssten, sehr kurze Lebenszyklen hat.
rungswissen mit der Kreativität in die richtige Balance
tig. Und das Andersartige ist ein Wert, den wir alle ver-
Das Methodische, was an den Universitäten gelehrt wird,
kommen? Ich glaube, wer dies für sich individuell löst,
stehen und fördern sollten.
also durch Forschung neues Wissen erzeugen, wird des-
kann sehr fähig durch seinen Beruf gehen.
Meiner Meinung nach ist es für die kurzen Studiengänge
nicht erforderlich, dass die Hochschullehrer selbst akti-
kein methodisches Wissen hat, kann meiner Meinung
halb notwendigerweise eine große Rolle spielen.
ve Forscher sind. Es stellt sich doch die Frage: Wenn wir
An dieser Stelle möchte ich etwas zu den Anforderungen
40% eines Jahrganges akademisch ausbilden wollen,
im Beruf sagen, bezogen auf meine eigenen Erfahrungen.
wie viele der staatlichen Ressourcen in den Hochschulen
Außerdem: Die Flexibilisierung der Berufswege. InnoIch versuche ein paar allgemeine Trends noch einmal
vative Prozesse existieren heute nur noch als Teamleis-
zusammenzufassen, so wie ich sie beobachtet habe.
tung. Deshalb ist es wichtig, dass die Absolventen Team-
können wir uns dann noch für die Forschung leisten? Die
Es gibt ein wunderbares Paradoxon in der Wissensge-
Fachhochschule soll nahezu alle Ressourcen in die Leh-
sellschaft. Bei Leonardo da Vinci haben wir die Vorstel-
Einer ist die immer weiter um sich greifende Spezialisie-
die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens, um mit
re investieren, die Kollegen haben das doppelte Lehr-
lung, dass er die gesamte Wissenschaft in seinem Kopf
rung. So konnte ich bei einem Symposium über optische
der Geschwindigkeit der Wissenserneuerung im Beruf
deputat. Sie haben damit bei gleicher Personalstärke
hatte. Er war der Universalgelehrte. Heute wissen wir,
Technologien in der Kunststofftechnik beobachten, dass
Schritt zu halten.
doppelte Lehrkapazität. Auch, glaube ich, dass es richtig
dass die Wissenschaft von vielen tausenden Menschen
dieser Bereich in der Industrie inzwischen so breit aus-
fähigkeit und soziale Fähigkeiten entwickeln. Wir haben
Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung › Ernst Schmachtenberg
85
nahmen. Vielleicht führen Sie sich vor Augen: Wenn die
genieurausbildung an unserer Universität sagen. Die
RWTH die Exzellenzinitiative in der Forschung gewinnt,
RWTH Aachen ist eine typische technische Universität,
erhält sie aus dem Exzellenzprogramm des Bundes und
wie ich gerne sage: vermutlich die technischste aller
der Länder pro Jahr ungefähr 45 Millionen Euro. Wenn
Technischen Universitäten in Deutschland. Das sieht
wir die Auszeichnung „Exzellente Lehre“ des Stifter-
man daran, dass die Mehrzahl der Studierenden in der
verbands gewinnen, erhalten wir 1 Million Euro. Daran
Ingenieurausbildung zu finden ist, und dann nochmal
ist eine Schwerpunktsetzung erkennbar. Erst als der
ein zusätzliches Viertel in den Naturwissenschaften.
Bund sich entschloss, in einem Wettbewerb für exzel-
Das heißt, wir sind stark natur- und ingenieurwissen-
lente Lehre weitere Fordermittel bereitzustellen, kann
schaftlich geprägt. Wir sind aber sehr stolz darauf, eine
die RWTH nun auch in der Lehre langfristig sich auf eine
integrierte Technische Hochschule zu sein, mit unseren
bessere Finanzierung einstellen.
Menge des
verfügbaren Wissens
Wissen
Zum Schluss möchte ich gerne noch etwas zu der In-
Wirtschaftswissenschaften, unseren Sozial- und Geisteswissenschaften und unserer Medizin. Das ist ein
Meiner Meinung nach ist ein wichtiger Faktor für eine
zukunftsweisendes Profil, denn, soweit ist das heute
exzellente Lehre das Betreuungsverhältnis. Wenn man
unbestritten, wissenschaftliche wie auch technische In-
alle Professuren und wissenschaftlichen Angestellten,
novationen finden an den Rändern der Disziplinen, diszi-
also auch die, die aus Drittmittelforschungsvorhaben
plinenübergreifend statt.
finanziert werden, addiert, so hat die RWTH etwa 2.800
Anzahl der Wissensträger
(wissenschftler)
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das ergäbe
Insgesamt studieren an der RWTH 33.500 Studierende
ein Betreuungsverhältnis von 1/12, was wahrscheinlich
bei etwa 450 Professorinnen und Professoren. Ist dies
im Vergleich zu vielen anderen Universitäten recht or-
nicht ein Ausweis der Vermassung der Lehre gegen alle
dentlich ist. Das scheint mir das wesentliche Element
didaktischen Prinzipien? Ich glaube, dass dies leider zu
zu sein, was dazu führt, dass wir immer wieder in den
großen Teilen die Realität in unserer Lehre ist. Die ein-
Rankings gut sind:
Anteil des einzelnen
Wissensträgers am gesamt
verfügbaren Wissen
zige wirksame Maßnahme wäre, die Relation zwischen
den Lehrenden und den Studierenden in ein rechtes Lot
Wir lernen leider im Grundstudium in Massenveranstal-
zu bringen. Dies versuchen wir mit verschiedenen Maß-
tungen, im Hauptstudium aber später, in den Vertiefun-
Zeit
Bild 3: Paradoxie der Wissensgesellschaft
Die Zukunft exzellenter Ingenieurausbildung › Ernst Schmachtenberg
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Theses on Next Generation Engineering Education
TeachING-LearnING.EU Advisory Board
Learning Outcome
Next generation engineering education will prepare graduates to solve open problems and to fulfill specific as well as
competing requirements. This is based on mastery of problem definition and analysis skills, domain specific knowledge
in required areas, interaction collaboration, and self management skills as well as self guided initiative and creativity.
Personal development
gen, in den Fachstudien, in den Instituten von Mensch zu
Mensch im Dialog und aus der Vorbildfunktion. Ein wesentliches Element dabei ist die Hands-On-Forschung.
Das müssen wir uns erhalten: Ein gutes Betreuungsverhältnis; eine gute Ausstattung der Laboratorien,
dort hervorragende Fachwissenschaften, die jeweils die
Spitze des wissenschaftlichen Fortschritts in ihrem Fach
repräsentieren. Dies wird verkörpert durch exzellente
Professorinnen und Professoren, die aus den Naturwissenschaften, wo es um die Grundlagen geht, und aus der
Industrie, wo es um die Anwendung geht, wegen ihrer
herausragenden wissenschaftlichen Leistungen berufen
Ich glaube nämlich zum guten Schluss, dass man
nicht Lehre alleine dadurch machen kann, indem
man sich abends nochmal an den Computer oder
das Fachbuch setzt. So kann man natürlich Gleichungen auswendig lernen, aber erleben, was
Forschung ist, sich an Vorbildern orientieren, ist
so nicht möglich. Dabei ist es für Menschen sehr
wichtig, an diesen Vorbildern selbst zu wachsen.
Aus diesem Grund ist auch das Tutorienprinzip so
wichtig.
Dies scheinen mir die wichtigen Aspekte für Exzellente Lehre zu sein.
wurden, die in ihren Forschungseinrichtungen zeigen zu
können, wie der Ingenieurberuf und die Forschung funktionieren – das ist das zentrale Element.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Next generation engineering education will be aware of the fact, that especially the first year of study is crucial for
the personal development and thus requires personal coaching of the students by experienced mentors. Especially
underrepresented groups can make a valuable contribution to engineering education and can benefit from strong role
models in order to remain motivated.
Didactics
Next generation engineering education will move from teacher centered (passiv to student centered (active) learning.
Add to this it will make effective use of technologies and new media for learning.
Employability
Next generation engineering education will deliver the necessary generic skills (e.g. teamwork, leadership, communication …) as well as business, commercial and entrepreneurship skills. That enables graduates to be successful in
professional life, create value and make a contribution to society.
Culture of the profession
Next generation engineering education will prepare engineers to serve society. This entails a preparation for creative,
caring, and interdisciplinary work. It also entails issues concerning social and intergenerational justice. It links technology, engineering profession, and broader society. This necessarily invites and requires a diverse range of participants.
Systematic transformation
Next generation engineering education will be based on systematic processes of quality and change managment. This
entails aspects of accountability of education systems and a closed educational research - practice loop.
Talent pipeline
Next generation engineering education will introduce engineering studies to students across their entire primary and
secondary school curriculum (including math, science and liberal arts). As they are exposed to engineering within the
curriculum, all students, regardless of social background, will have opportunities to develop their engineering- related talents in preparation for college or university study.
Work environment of the future
Next generation engineering education will provide a preparation on challenges of the future like for example distributed interdisciplinary team work, work across countries, discussion of socio - technical aspects etc. by adequately
integrating anticipated professional practice into existing study formats.
TeachING-LearnING.EU
Posterbeiträge
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Hands-on IE!
TrainING Units for Industrial Engineers
Entwicklung modularer Lehrbausteine zum bedarfsgerechten und
anwendungsnahen Lernen in der Ausbildung von Industrial Engineers
Hintergrund
Zielsetzung
Der Lehrstuhl für Arbeits- und Produktionssysteme
(APS) setzt seinen Schwerpunkt in die interdisziplinäre
Ausbildung von Industrial Engineers.
Zentrale Aufgabe des Industrial Engineering (IE) ist die
Planung, Implementierung und kontinuierliche
Verbesserung sozio-technischer Arbeitssysteme mit
dem Ziel, ein optimales Zusammenwirken von
Menschen, Betriebsmitteln und Arbeitsgegenständen
zu ermöglichen. Diese Gestaltung von Arbeitssystemen verlangt von einem Industrial Engineer
fundierte Methodenkenntnisse, Systemverständnis
und eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit.
Diesen Kompetenzanforderungen begegnet das
Ausbildungskonzept angehender Industrial Engineers
am APS u.a. durch die Einbindung des IE-Labors in die
Lehre.
Für das IE-Labor soll daher basierend auf den bereits
geschaffenen Grundlagen ein modulares Lehrkonzept
entwickelt werden, welches zwei Ziele verfolgt:
 Individuelle Aufarbeitung fehlender IE-spezifischer
Grundlagen
 praxisnahe und bedarfsorientierte Vertiefung
bestehender Vorlesungsinhalte.
Vorlesungen im Bachelor of Science
Vorlesungen im Master of Science
Arbeitswissenschaften
Arbeits- und
Produktionssysteme III
Arbeits- und
Produktionssysteme I
Arbeitssystemgestaltung I
Arbeits- und
Produktionssysteme II
Arbeitssystemgestaltung II
Modulare Lehrbausteine im IE-Labor
Zeitermittlung
(MTM/REFA)
Ergonomische
Arbeitsplatzgestaltung
Materialbereitstellung
Fertigungslayoutplanung
Prozessablaufplanung
Leistungsabstimmung /
Austaktung
Digitale
Fabrik
Weitere
Bausteine
Lehrmodule zur Unterstützung der industrienahen Ausbildung von Industrial Engineers
Lehrveranstaltung im IE-Labor des APS
Die gesammelten Erfahrungen zeigen, dass die
Möglichkeit, innerhalb einer Experimentierumgebung
wie dem IE-Labor zu arbeiten, bei den Studierenden
großes Interesse weckt. Dabei zeigt sich jedoch, dass
die Teilnehmer durch das zweigliedrige Bachelor- und
Mastersystem unterschiedliche IE-spezifische Vorkenntnisse mitbringen. Hieraus erwächst die Herausforderung
des
Umgangs
mit
heterogenen
Wissensspektren.
Parallel zu den angebotenen Vorlesungen kann so im
Masterstudium eine frühzeitige Heranführung an
konkrete Problem-stellungen der industriellen
Produktion erfolgen. Die Studierenden erfahren
„hands-on“ die einzelnen Planungsschritte und den
ganzheitlichen Prozessgedanken bei der Gestaltung
sozio-technischer Arbeitssysteme. Dabei ermöglicht
die Experimentierumgebung nicht nur Wissen zu
erarbeiten bzw. zu vertiefen, sondern fördert auch die
Entwicklung eigener Ideen und innovativer Gedanken.
Bei der Arbeit in Projektteams und anschließenden
Ergebnispräsentationen
werden
zudem
die
Sozialkompetenz und die damit verbundene
Kommunikationsfähigkeit der angehenden Industrial
Engineers weiterentwickelt.
Vorgehensweise
Die Vorgehensweise im Projekt umfasst die folgenden Arbeitsschritte:
 Konzepterstellung und Definition der Module
 Ausarbeitung der didaktischen Konzepte
gefördert im Rahmen der Initiative
von
 Pilotanwendung in der Lehre und Evaluation
 Weiterentwicklung der Module
Ansprechpartner:
Dipl.-Logist. Markus Droste
Lehrstuhl für Arbeits- und
Produktionssysteme
Leonhard-Euler-Str. 5
44227 Dortmund
Tel.: (0231) 755-2796
Fax: (0231) 755-2649
E-mail: [email protected]
Internet: www.aps.mb.tu-dortmund.de
Dipl.-Wirt.-Ing. Marlies Steffen
Lehrstuhl für Arbeits- und
Produktionssysteme
Leonhard-Euler-Str. 5
44227 Dortmund
Tel.: (0231) 755-5712
Fax: (0231) 755-2649
E-mail: [email protected]
Internet: www.aps.mb.tu-dortmund.de
Posterbeiträge
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Posterbeiträge
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gefördert im Rahmen der Initiative
von

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