Schriftliche Kleine Anfrage

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Schriftliche Kleine Anfrage
BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
20/10243
20. Wahlperiode
17.12.13
Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 09.12.13
und
Betr.:
Antwort des Senats
Historisch und städtebaulich bedeutender Wallring am Stintfang/Hafentor versus Bebauung nach Investorenwünschen
Im Bereich Hafentor/Stintfang ist eine Bebauung geplant, die massiv in den
alten Wallring eingreift. Gegen die Bebauung in diesem Teil der alten Hamburger Befestigungsanlage gibt es vor Ort vehementen Protest. Die Anwohnerinitiative Hafentor hat im November 2013 Herrn Professor Dr. Hermann
Hipp für eine Stellungnahme gewinnen können (siehe unter www.repus.de).
Er stellt unter anderem fest:
„Bei dem bisher unbebauten Gelände des „Stintfang“, das für einen beachtlichen neuen Wohnblock ausersehen ist, handelt es sich um die historisch und
schon physisch pro-minenteste (=heraus-ragendste) Situation des alten Wallrings, dem Hamburgs Innenstadt, also das eigentliche Hamburg, bis heute
seinen historisch geprägten Kontur verdankt. In den Stadtansichten von Süden – und das sind seit der Frühen Neuzeit die durchweg „offiziellen“ Stadtansichten – erscheint die mächtige Bastion „Albertus“, die den Festungsgürtel an der westlichen Seite und damit das Panorama der Stadt abschließt,
unbebaut, sozusagen als Ausweis der Unüberwindbarkeit der Stadt. Zugleich
war von dort aus der Hafeneingang zu überwachen.
Seit der Umwandlung der Wälle in eine Gartenanlage Ende des 18. Jahrhunderts und endgültig nach 1815 ist die nun „Elbhöhe“ genannte ehemalige
Bastion zum realen Höhepunkt der Spaziergänge in dem ausgedehnten
Stadtpark der Wallanlagen geworden. Der Platz wurde dementsprechend mit
einer kreisrunden Aussichtsterrasse hergerichtet und zum Gegenstand eines
neuen Typus von Stadtansichten, die ihn mit der Aussicht auf Stadt und Hafen von oben darstellen und gewissermaßen zum „Wahrzeichen“ Hamburgs
erhoben (vgl. z.B. die „Kundschaft“ der Hauszimmerleute von 1839 – siehe
Anlage). Diese besondere Aussichtssituation ist immer noch in ihrer Gestaltung der Gründerzeit mit einer schönen Brüstungsmauer und kleinen Aussichtsbuchten als ein Anziehungspunkt der Wallanlagen erhalten. …
Die Wallanlagen werden als Ganzes effektiv als Denkmal betrachtet und stehen auf Grund der neuen Gesetzeslage, die Anfang des Jahres geschaffen
wurde, de jure unter Denkmalschutz. …“
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
1.
Aus welchen Gründen wurden im Bereich Hafentor/Stintfang städtische
Flächen verkauft?
Drucksache 20/10243
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode
Die Sprinkenhof AG (SpriAG) hatte das Grundstück „Hafentor 7“ im Rahmen des Projektes Immobilienmobilisierung PRIMO ausgeschrieben und im Jahr 2007 an die Firma Euroland verkauft; vergleiche hierzu Drs. 18/3678 und 18/5494. Dieses Objekt des
Portfolio 4 des Projektes PRIMO kam aus Gründen der Belegenheit, der Größe und
Nutzung nicht für einen Paketverkauf in Betracht und wurde daher einzeln veräußert.
2.
Welche Grundstücksteile/-flächen wurden wann an wen und zu welchem
Quadratmeterpreis verkauft?
Die SpriAG hat mit Kaufvertrag vom 15. Oktober 2007 das in 20459 Hamburg,
Hafentor 7 belegene 577 m² große Grundstück (Flurstück 649 der Gemarkung Neustadt Süd) an die Euroland Hafentor 7 Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG (Euroland) verkauft (siehe auch Antwort zu 1.).
Kaufpreise im Segment des Wohnungsbaus unterfallen dem Geschäfts- und Betriebsgeheimnis des Käufers. Aufgrund der Besonderheiten gleichgelagerter Fälle im Wohnungsbau könnten von Mitbewerbern aus dem Kaufpreis Rückschlüsse auf die Kalkulationsgrundlagen des Käufers gezogen werden.
3.
Welche weiteren städtischen Flächen in dem Areal des Bebauungsplanentwurfs Neustadt 42/„Hafentor 7“ sollen verkauft werden? In welchem
Verfahrensstadium befinden sich gegebenenfalls diese Verkaufsverhandlungen?
Es ist beabsichtigt, neben der in der Antwort zu 2. genannten Fläche gelegene weitere
circa 965 m² große Flächen zu veräußern. Die Flächen sind anhand gegeben.
4.
Welche planrechtlichen Nutzungen waren zum Zeitpunkt des Verkaufs
jeweils möglich?
Die planrechtliche Grundlage ist – seit dem 14. Januar 1955 – der Baustufenplan
St. Pauli, der die Flächen als Grünfläche (Außengebiet) kennzeichnet. Da die Ausweisung von großflächigen Außengebietsflächen in Baustufenplänen für obsolet erklärt
wurde, ist die Zulässigkeit von baulichen Nutzungen hier nach § 34 beziehungsweise
§ 35 BauGB zu beurteilen.
5.
Welche planrechtlichen Nutzungen sollen im Rahmen des Bebauungsplanentwurfs Neustadt 42/„Hafentor 7“ ermöglicht werden?
Im vorhabenbezogenen Bebauungsplanentwurf „Neustadt 42 – Hafentor“ ist für die
überbaubaren Grundstücksteile Allgemeines Wohngebiet (WA) als Art der baulichen
Nutzung vorgesehen. Die konkretisierenden Nutzungen sollen im Durchführungsvertrag mit dem Bezirksamt Hamburg-Mitte vertraglich geregelt werden. Im Einzelnen
sollen nach derzeitigem Stand folgende Nutzungen zugelassen werden:
-
Insgesamt 52 Mietwohneinheiten, davon 34 WE öffentlich gefördert (1. + 2. OG =
18 WE für betreutes Seniorenwohnen + 14 WE für betreutes Wohnen für Studenten mit Behinderungen + 2 WE familiengerechtes Wohnen sowie 18 frei finanzierte
Mietwohnungen im 3. – 5. OG.)
-
Notwendige Pkw-Stellplätze im Untergeschoss.
-
circa 800 m² für gewerbliche und/oder kulturelle Nutzung im Erdgeschoss.
6.
2
Welche Vereinbarungen wurden beim Verkauf der städtischen Flächen
getroffen, die
a.
eine Änderung des Planrechts beinhalteten oder in Aussicht stellten?
b.
eine Nachleistungspflicht des Käufers bei Änderung des Planrechts
respektive höherer baulicher und damit wirtschaftlicher Ausnutzung
der Flächen auslösen? Falls eine solche Regelung nicht getroffen
wurde: weshalb nicht?
c.
Welche Regelungen wurden für einen Rückfall des Grundstücks an
die Stadt getroffen? Falls keine Regelungen getroffen wurden: weshalb nicht?
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Das in der Antwort zu 3. genannte Grundstück ist noch nicht verkauft, sondern anhand
gegeben worden. Vertragliche Regelungen im Sinne der Fragestellung sind daher
noch nicht getroffen worden.
7.
Welche Rolle spielt(e) der Denkmalschutz beim Verkauf der städtischen
Flächen und im Bebauungsplanverfahren?
Der Denkmalschutz ist ein wichtiger Belang im Bebauungsplanverfahren und wurde
dementsprechend im Verfahren mit den betroffenen Behörden und Trägern öffentlicher
Belange abgestimmt und abgewogen. Die Stiftung Helms Museum und die fachlich
zuständige Kulturbehörde haben der Planung zugestimmt.
8.
Welche Bereiche des Bebauungsplangebietes stehen unter Denkmalschutz? Falls Teile des alten Wallrings nicht unter Denkmalschutz stehen: weshalb nicht?
In dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan-Entwurf ist bis auf die Straßenverkehrsflächen der gesamte Geltungsbereich als Archäologische Vorbehaltsfläche gekennzeichnet und der im Geltungsbereich befindliche Teil des Wallrings als Denkmalschutz-Ensemble ausgewiesen. Der Bereich der bestehenden Bebauung und des
Zugangs zur S-Bahn sind davon ausgenommen.
9.
Wann wird mit der Vorweggenehmigungsreife für den Bebauungsplan
gerechnet?
Nach jetzigem Planungsstand wird davon ausgegangen, dass die Vorweggenehmigungsreife im 1. Quartal 2014 erreicht werden kann.
10. Welche weiteren städtischen Grundstücke wurden seit Beginn der ersten
Kauf- und Verkaufsgespräche am Hafentor/Stintfang an den Investor
Euroland verkauft?
Keine.
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