Der Konkurs

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Der Konkurs
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Juli 2013
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Stefan Wigger, MLaw., dipl. Steuerexperte*
Sarah Witschi, MLaw
01 Gesellschaften im Konkurs
06 Freiwillige Auflösung und Liquidation einer Aktiengesellschaft
09 Konkurs eines Ehegatten
thema
Gesellschaften im Konkurs
ALLGEMEINES ZUM KONKURS
Der Konkurs einer Gesellschaft hat
erhebliche Auswirkungen auf ihre
Kunden, Lieferanten und nahestehenden Gesellschaften. Droht ein Konkurs,
entstehen ausserdem Pflichten und
Risiken für ihre Organe, deren Nichtbeachtung zu einer persönlichen
Haftung für deren Mitglieder und
gegebenenfalls sogar zur Strafbarkeit
führen kann.
Zum Konkurs kommt es hauptsächlich, wenn
eine Gesellschaft überschuldet ist, d.h. wenn
der Wert ihrer Aktiven die Summe ihrer
Schulden nicht mehr deckt. Der Konkurs führt
zu einer vollständigen Verwertung aller
pfändbaren Güter der konkursiten Gesellschaft,
aus deren Erlös – soweit möglich – die
Schulden der Gesellschaft bezahlt werden.
Nach Abschluss des Konkursverfahrens wird
die konkursite Gesellschaft im Handelsregister
gelöscht und geht damit unter.
Die Konkurseröffnung bewirkt die Fälligkeit
sämtlicher Schuldverpflichtungen gegenüber
der Konkursitin, mit Ausnahme derjenigen, die
durch Grundstücke pfandrechtlich gedeckt
sind. Nach Konkurseröffnung erlässt das zuständige Konkursamt einen Schuldenruf, worin die Gläubiger aufgefordert werden, ihre
Forderungen oder Ansprüche samt Beweismitteln innert einem Monat seit der Bekanntmachung beim Konkursamt anzumelden. Eine
verspätete Forderungsanmeldung ist zulässig,
jedoch mit Nachteilen (insbesondere zusätzlichen Kosten) verbunden. Jedem der Konkursverwaltung bekannten Gläubiger wird zudem
ein Exemplar der Bekanntmachung zugestellt.
Der Gläubiger kann neben der Hauptforderung
Paragraph thema
Staiger, Schwald
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Partner | Juli 2013
Ein Unternehmer trägt die Gefahr, im Konkurs seiner
Gesellschaft für den entstandenen Schaden Dritten
gegenüber persönlich zu haften. In einer drohenden Überschuldungssituation entstehen besondere Verhaltenspflichten der Gesellschaftsorgane, deren strikte Einhaltung zur Vermeidung von Verantwortlichkeitsklagen
geboten ist.
Marc Bernheim, Rechtsanwalt, Dr. iur., LL.M
die Zinsen bis zum Konkurseröffnungstag
und die Betreibungskosten geltend machen.
Gläubiger müssen im Konkurs
ihre Forderungen anmelden,
ansonsten werden diese bei der
Verteilung des Konkurserlöses
nicht berücksichtigt.
Nach Ablauf der Eingabefrist prüft die
Konkursverwaltung die eingegebenen Forderungen und verfügt eine Rangordnung
(Kollokationsplan). Abgewiesene Forderungen
werden im Kollokationsplan mit Angabe des
Abweisungsgrundes vorgemerkt. Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will,
weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Umfang zugelassen worden ist, muss innert 20
Tagen nach der öffentlichen Auflage des
Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Konkursmasse klagen (Kollokationsklage). Will ein Gläubiger die Zulassung
der Forderung eines anderen Gläubigers,
deren Rang oder Höhe bestreiten, so muss er
gegen diesen Gläubiger klagen (auch Wegweisungsklage genannt).
übertragen hat, nicht mehr vom Vertrag
zurücktreten und die übergebene Sache zurückfordern (so wie dies das Kaufrecht bei Verzug des Käufers vorsehen würde), auch wenn
er sich dies ausdrücklich vorbehalten hat. Dem
Verkäufer bleibt somit nichts anderes übrig, als
seine Kaufpreisforderung im Konkurs anzumelden. Anders verhält es sich nur, wenn die
Kaufsache unter einem gültigen Eigentumsvorbehalt übertragen wurde. In diesem Fall bleibt
das Eigentum an der Kaufsache beim Verkäufer; dieser kann vom Vertrag zurücktreten und
die Aussonderung des Kaufgegenstandes aus
der Konkursmasse verlangen.
K O N K U R S VO N L I E F E R A N T E N
Fällt ein Lieferant in Konkurs und hat dieser
noch offene Forderungen, werden diese von
der Konkursverwaltung eingetrieben. Verfügt
ein Gläubiger seinerseits über eine Geldforderung gegenüber dem konkursiten Lieferanten,
können die gegenseitigen Forderungen miteinander verrechnet werden.
KONKURS EINER NAHESTEHENDEN
GESELLSCHAFT
K O N K U R S VO N K U N D E N
Besteht mit der Konkursitin ein Kaufvertrag,
kann ein Verkäufer, der der Konkursitin die
verkaufte Sache vor der Konkurseröffnung
Fällt eine Tochter- oder Schwestergesellschaft
in Konkurs und wurde der Konkursitin kurz
vor Konkurseröffnung ein Darlehen gewährt,
kann ein sogenanntes kapitalersetzendes
Darlehen vorliegen. Die Folge davon wäre,
dass das Darlehen im Konkurs als Eigenkapital
behandelt würde und somit vom Darlehensgeber nicht mehr zurückgefordert werden
könnte. Ein kapitalersetzendes Darlehen steht
dann zur Diskussion, wenn das Darlehen zu
einem Zeitpunkt gewährt wurde, als die
nahestehende Gesellschaft bereits überschuldet
war und kein unabhängiger Dritter (insbesondere keine Bank) mehr bereit gewesen wäre,
der Gesellschaft ein Darlehen zu gewähren
(„Drittmannstest“). Der Verweigerung der
Rückzahlung des Darlehens (bzw. der Abweisung einer solchen Darlehensforderung im
Kollokationsverfahren) liegt die Überlegung
zugrunde, dass durch die Gewährung solcher
zusätzlicher Mittel einzig die weitere Teilnahme der überschuldeten Gesellschaft am Wirtschaftsleben ermöglicht wird, ohne aber eine
nachhaltige und strukturelle Sanierung zu
bewirken.
Zu bemerken ist, dass diese Umqualifikation
von Fremd- in Eigenkapital umstritten ist und
die Gerichtspraxis diesbezüglich noch keine
abschliessende Antwort gefunden hat. Eine im
Ergebnis analoge Variante ist die Behandlung
entsprechender Forderungen als Darlehen mit
implizitem Rangrücktritt. Auch dazu finden
sich aber noch keine Präzedenzentscheide.
PFLICHTEN UND RISIKEN FÜR DIE
ORGANE EINER ÜBERSCHULDETEN ODER
U N M I T T E L BA R VO M K O N K U R S B E D R O H TEN GESELLSCHAFT
Überschuldungsanzeige
Wenn bei einer Kapitalgesellschaft, etwa bei
einer Aktiengesellschaft oder bei einer GmbH,
begründete Besorgnis für eine Überschuldung
besteht, muss eine Zwischenbilanz erstellt
werden. Ergibt sich aus der Zwischenbilanz,
dass die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger weder zu Fortführungs- noch zu Veräusserungswerten gedeckt sind, so hat das oberste
Leitungsorgan der Gesellschaft (etwa der
Verwaltungsrat bei der Aktiengesellschaft oder
die Geschäfstführer der GmbH) den Richter zu
benachrichtigen, der den Konkurs über die
Gesellschaft eröffnet.
Wenn bei einer Kapitalgesellschaft
Besorgnis für eine Überschuldung
besteht, muss eine Zwischenbilanz
erstellt und gegebenenfalls der
Richter benachrichtigt werden.
Eine vegleichbare Regelung besteht auch für
die Stiftung. Für Banken und Versicherungen
sind in solchen Fällen die einschlägigen
Regelungen aus der Banken- bzw. Versicherungsgesetzgebung massgebend. Die Überschuldungsanzeige (oder Bilanzdeponierung) ist
von der Insolvenzerklärung zu unterscheiden,
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Paragraph thema
Staiger, Schwald
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Partner | Juli 2013
Für kreditgebende Banken und Lieferanten bergen Transaktionen mit Gesellschaften in finanziellen Schwierigkeiten
im Hinblick auf einen allfälligen Konkurs rechtliche und
finanzielle Risiken. Eine vorgängige rechtliche Abklärung
kann sich in solchen Situationen lohnen.
Damian Hess, Rechtsanwalt, lic. iur., LL.M.
welche die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners voraussetzt und nicht zwingend auch
eine Überschuldung bedeutet.
Trotz Überschuldung muss der Richter nicht
benachrichtigt werden, wenn gültige Rangrücktrittserklärungen von Gläubigern im
Ausmass der Unterdeckung bestehen. Dies ist
dann der Fall, wenn Gläubiger verbindlich zu
Gunsten aller anderen Gläubiger erklären, im
Falle des Konkurses, einer Nachlassstundung
oder einer Liquidation der Gesellschaft, für
ihre Ansprüche erst befriedigt werden zu
wollen, wenn die Schulden gegenüber allen
anderen Gläubigern vollständig erfüllt sind.
Zweck der Rangrücktritte ist es, der überschuldeten Gesellschaft die Fortführung ihrer
Geschäftstätigkeit zu ermöglichen, um
schliesslich die Überschuldung zu beseitigen.
Unterlässt es das oberste Leitungsorgan der
Gesellschaft in einer Überschuldungssituation
rechtzeitig den Richter zu benachrichtigen,
kann nicht ausgeschlossen werden, dass
dessen Mitglieder in einem späteren Konkurs
für den daraus entstandenen Schaden haften.
Die Haftung erstreckt sich auf den Schaden
der Gläubiger, der zwischen dem Zeitpunkt
entstanden ist, als der Richter hätte benachrichtigt werden müssen und dem Zeitpunkt,
als dieser tatsächlich benachrichtigt wurde. In
Bezug auf die Rangrücktritte muss das oberste
Leitungsorgan der Gesellschaft sicherstellen,
dass diese die zahlreichen Anforderungen
(wie bspw. die Unwiderruflichkeit, die
Bedingungslosigkeit oder den Verrechnungsverzicht des Gläubigers) erfüllen. In der Praxis
wird in unkomplizierten Fällen regelmässig
die Vorlage der schweizerischen TreuhandKammer verwendet. Bei komplexen Ausgangslagen und Fragestellungen empfiehlt es
sich, Rangrücktritte unter Berücksichtigung
der konkreten Umstände zu formulieren.
Anfechtung von Leistungen und
Gläubigerbevorzugung
Tätigte eine konkursite Gesellschaft innerhalb
gewisser Fristen vor der Konkurseröffnung
Zahlungen an ihre Gläubiger, birgt dies
Risiken für ihre Organe, aber auch für die
Gläubiger, die solche Leistungen empfangen
haben.
Solche Zahlungen können von der Konkursverwaltung angefochten werden (paulianische
Anfechtungsklage) und müssen bei Vorliegen
der Voraussetzungen an die Konkursmasse
zurückerstattet werden. Die Anfechtung ist
erfolgreich, wenn die konkursite Gesellschaft
innert eines Jahres vor Konkurseröffnung
Schenkungen oder andere unentgeltliche
Verfügungen getroffen hat (Schenkungsanfechtung), oder wenn bei bestehender
Überschuldung innert eines Jahres vor
Konkurseröffnung „ungewöhnliche“ Handlungen vorgenommen wurden, wie bspw. die
Zahlung einer nicht fälligen Schuld, die
Tilgung einer Schuld anders als durch übliche
Zahlungsmittel oder die nachträgliche
Bestellung von Sicherheiten für bereits bestehende Verbindlichkeiten (Überschuldungsanfechtung).
Bezahlt die Gesellschaft kurz vor
der Konkurseröffnung eine Schuld,
muss der Gläubiger das Empfangene unter Umständen im Konkursverfahren wieder zurückerstatten.
Die Anfechtung wird auch dann erfolgreich
sein, wenn nachgewiesen werden kann, dass
innert fünf Jahren vor der Konkurseröffnung
Zahlungen an Gläubiger geleistet wurden, die
in der erkennbaren Absicht der Schädigung
anderer Gläubiger getätigt worden sind (Absichtsanfechtung). Die Vermeidung einer Absichtsanfechtung ist insbesondere für kreditgebende Banken von Bedeutung, bspw. im
Zusammenhang mit der Amortisation von
Kreditschulden durch eine Gesellschaft, die
sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet.
Die Organe einer (demnächst) konkursiten
Gesellschaft müssen im Falle der Vornahme
solcher Leistungen damit rechnen, wegen
Gläubigerbevorzugung (Art. 167 StGB)
strafrechtlich belangt zu werden. Die Strafandrohung beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe.
Ob ein durch solche Leistungen entstandener
Gläubigerschaden auch gesellschaftsrechtliche
Verantwortlichkeitsansprüche gegenüber den
Mitgliedern des obersten Leitungsorgans
auslöst, ist umstritten und gegenwärtig von
der Rechtsprechung noch nicht eindeutig
geklärt. Es scheint allerdings so, als dass das
Bundesgericht eine gesellschaftsrechtliche
Gleichbehandlungspflicht der Gläubiger
befürwortet, weshalb solche Ansprüche nicht
ausgeschlossen werden können. Im Gegenteil,
in grösseren Konkursverfahren werden
Verantwortlichkeitsansprüche unter diesem
Titel regelmässig geprüft und auch geltend
gemacht. §
Marc Bernheim, Damian Hess
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Staiger, Schwald
Partner | Juli 2013
Die freiwillige Auflösung und Liquidation einer Aktiengesellschaft kann eine Alternative zur konkursamtlichen
Liquidation darstellen. Besteht allerdings die Gefahr, dass
Gläubiger zu Schaden kommen, sollte möglichst frühzeitig
juristische Unterstützung in Anspruch genommen werden.
Stefan Knobloch, Rechtsanwalt, PD Dr. iur.
Freiwillige Auflösung und
Liquidation einer Aktiengesellschaft
Die Aktionäre einer Aktiengesellschaft können ihre Gesellschaft durch
Beschluss auflösen und die Liquidation anordnen. Durch eine freiwillige
Auflösung mit Liquidation wollen die
Aktionäre in der Regel entweder an
das gesperrte Kapital einer inaktiven
Gesellschaft kommen oder aus
Reputationsgründen einer Konkurseröffnung zuvorkommen.
AUFLÖSUNGSBESCHLUSS MIT
L I Q U I DAT I O N
Die Aktionäre können die Auflösung der
Aktiengesellschaft beschliessen und die
Liquidation anordnen. Einen bestimmten
Grund braucht es nicht. Für diese Beschlussfassung ist eine Mehrheit von mindestens zwei
Drittel der an der Generalversammlung vertretenen Stimmen und die absolute Mehrheit
der vertretenen Aktiennennwerte erforderlich.
Die Auflösung ist durch den Verwaltungsrat
umgehend beim Handelsregister anzumelden.
In der Folge wird die Gesellschaft mit dem
Firmenzusatz „in Liquidation“ geführt.
WIRKUNG DES AUFLÖSUNGS-
D I E L I Q U I DAT O R E N
A B L AU F D E R L I Q U I DAT I O N
Die Liquidation wird von Gesetzes wegen
durch den Verwaltungsrat besorgt. Die
Statuten oder die Generalversammlung
können die Liquidation aber auch einzelnen
Mitgliedern des Verwaltungsrats oder anderen
Personen übertragen. Mindestens ein Liquidator muss in der Schweiz wohnhaft und zur
Vertretung der Gesellschaft berechtigt sein.
Die Liquidatoren sind vom Verwaltungsrat
umgehend beim Handelsregister zur Eintragung anzumelden.
Der Ablauf der Liquidation lässt sich, vereinfacht dargestellt, wie folgt zusammenfassen:
BESCHLUSSES
Mit dem Eintritt der Liquidation werden die
Befugnisse der Organe der Gesellschaft auf
Handlungen beschränkt, die für die Durchführung der Liquidation erforderlich sind,
nicht jedoch von den Liquidatoren vorgenommen werden können. So ist es der
Generalversammlung beispielsweise untersagt, Dividenden oder – zumindest nach
herrschender Lehre – Kapitalerhöhungen zu
beschliessen. Die Befugnisse des Verwaltungsrats werden weitgehend durch die Befugnisse
der Liquidatoren ersetzt; insbesondere ist der
Verwaltungsrat nicht mehr befugt, die Vermögenswerte der Gesellschaft zu veräussern.
Der Verwaltungsrat ist insbesondere
nicht mehr befugt, die Vermögenswerte der Gesellschaft zu veräussern.
Im Übrigen bleibt die Gesellschaft voll
rechts- und handlungsfähig, wobei nach
traditioneller Auffassung der Gesellschaftszweck auf die Liquidation beschränkt ist. Mit
dem Eintritt der Liquidation fallen statutarische Übertragungsbeschränkungen dahin,
weshalb nach Eintritt der Liquidation auch
vinkulierte Namenaktien grundsätzlich frei
übertragen werden können.
Die Generalversammlung kann die Liquidatoren jederzeit abberufen. Bei Vorliegen von
wichtigen Gründen kann zudem der Richter
auf Antrag eines Aktionärs Liquidatoren
abberufen und nötigenfalls neue Liquidatoren
ernennen.
WIDERRUF DER AUFLÖSUNG MIT
L I Q U I DAT I O N
Nach aktueller bundesgerichtlicher Rechtsprechung können die Aktionäre die beschlossene
Auflösung mit Liquidation widerrufen. Ein
Widerruf ist allerdings nur so lange möglich,
als noch nicht mit der Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Aktionäre begonnen
wurde.
- Erstellung einer Übernahme- bzw. Liquidationseröffnungsbilanz per Stichtag der Auflösung. Unklar ist, ob diese Bilanz von der
Revisionsstelle zu prüfen und durch die
Generalversammlung zu genehmigen ist.
Abhängig von den Verhältnissen, kann es
aber vor allem für die Liquidatoren ratsam
sein, diese Bilanz durch die Revisionsstelle
prüfen und von der Generalversammlung
genehmigen zu lassen.
- Die der Gesellschaft bekannten Gläubiger
sind durch Brief und die übrigen Gläubiger
durch dreimaligen Schuldenruf im Schweizerischen Handelsamtsblatt sowie gegebenenfalls durch weitere statutarisch vorgesehene
Publikationsorgane über die Auflösung in
Kenntnis zu setzen und zur Anmeldung ihrer
Ansprüche aufzufordern.
- Die Forderungen sind einzuziehen und die
übrigen Aktiven zu verwerten.
- Einforderung von ausstehenden Liberierungsbeträgen. Reichen die Aktiven der Gesellschaft nicht aus, um die Verbindlichkeit der
Gesellschaft zu erfüllen, sind die ausstehenden Liberierungsbeträge von den Aktionären
einzufordern.
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Staiger, Schwald
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Partner | Juli 2013
Im Falle von finanziellen Schwierigkeiten oder des
Konkurses eines Ehegatten kommt es nicht selten zu
vermögensrechtlichen Dispositionen unter den Eheleuten.
Solche Dispositionen können das eheliche Vermögen
schützen und daher sinnvoll sein, sollten aber wohl
überlegt werden.
Markus Gottstein, Rechtsanwalt, lic. iur.
- Erfüllung von Verbindlichkeiten. Soweit
keine Überschuldung zu befürchten ist, sind
die Verbindlichkeiten grundsätzlich zu begleichen. Ausnahmsweise ist anstatt einer
Begleichung die gerichtliche Hinterlegung
eines entsprechenden Betrages oder die Bestellung einer gleichwertigen Sicherheit erforderlich.
Die Verteilung des Vermögens an die
Aktionäre darf erst erfolgen, wenn
sämtliche Schulden getilgt oder
sichergestellt worden sind.
- Erstellung einer Schlussabrechnung und
Verteilung des Vermögens an die Aktionäre.
Basis für die Verteilung des Vermögens bildet
die Schlussabrechnung. Dabei ist unklar,
ob diese Schlussabrechnung von der Revisionsstelle zu prüfen und durch die Aktionäre
zu genehmigen ist. Die Verteilung des Vermögens an die Aktionäre darf erst erfolgen,
wenn sämtliche Schulden getilgt oder
sichergestellt worden sind, frühestens jedoch
nach Ablauf von einem Jahr nach dem
dritten Schuldenruf. Bestätigt ein zugelassener Revisionsexperte, dass die Schulden
getilgt und die Interessen Dritter nach den
Umständen nicht gefährdet sind, darf die
Verteilung dagegen bereits drei Monate nach
dem dritten Schuldenruf erfolgen.
- Löschung der Gesellschaft im Handelsregister. Nach Beendigung des Liquidations-
verfahrens haben die Liquidatoren das Erlöschen der Gesellschaft beim Handelsregisteramt anzumelden. Das Liquidations verfahren
ist beendet, sobald die Verbindlichkeiten der
Gesellschaft beglichen und die Aktiven verteilt
worden sind. Erfolgt die Löschung der Gesellschaft zu früh bzw. werden nach der Löschung
noch Aktiven und/oder Passiven entdeckt,
kann die Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen wieder im Handelsregister eingetragen werden.
Die vorerwähnten Handlungen sind durch die
Liquidatoren vorzunehmen. Stellen diese fest,
dass die Aktiven der Gesellschaft nicht ausreichen werden, um die Verbindlichkeiten der
Gesellschaft zu erfüllen, also die Gesellschaft
überschuldet ist, müssen die Liquidatoren den
Richter benachrichtigen, der den Konkurs zu
eröffnen hat. Die Pflicht zur Benachrichtigung
des Richters hat auch die Revisionsstelle, wenn
die Liquidatoren nicht tätig werden. Der Verwaltungsrat ist nach aktueller Rechtsprechung
(obiter dictum) im Liquidationsstadium von
dieser Verpflichtung dagegen befreit. Ist die
Gesellschaft überschuldet, kann der Gang zum
Richter vermieden werden, wenn durch Zuschuss von Mitteln (in der Regel von Aktionären) oder Forderungsverzichte die Überschuldung entfällt oder Gläubiger im Umfang der
Überschuldung im Rang hinter die übrigen
Gläubiger zurücktreten. §
Stefan Knobloch
Konkurs eines Ehegatten:
Haftungsfolgen und mögliche
Schutzmassnahmen
Gerät ein Ehegatte in Konkurs, so
stellen sich für dessen Ehepartner
unterschiedliche Fragen:
Wie wird sein Vermögen tangiert?
Welches Schicksal tragen seine
Forderungen gegenüber dem
konkursiten Ehegatten? Hätte er sich
vor allfälligen negativen Auswirkungen auf sein Vermögen schützen
können?
H A F T U N G S S U B S T R AT B E I K O N K U R S
E I N E S E H E G AT T E N
Grundsätzlich haftet jeder Ehegatte für seine
Schulden gegenüber Dritten mit seinem
gesamten Vermögen (Art. 202 ZGB). Das
Vermögen jedes Ehegatten besteht aus seiner
Errungenschaft und seinem Eigengut (sog.
Errungenschaftsbeteiligung nach Art. 181
ZGB), sofern nicht durch Ehevertrag etwas
anderes vereinbart wurde oder die Gütertrennung eingetreten ist.
Forderungen des konkursiten Ehegatten gegen
den anderen Ehegatten gehören zur Konkurs-
masse, womit die Gläubiger grundsätzlich
darauf zugreifen können.
Welcher Ehegatte Schuldner der jeweiligen
Forderungen ist, bestimmt sich nach den
obligationenrechtlichen Bestimmungen und
Regeln. Unerheblich ist dabei, ob der Ehegatte
die Schulden vor oder während der Ehe
eingegangen ist. Der andere Ehegatte kann
mit seiner Errungenschaft und seinem
Eigengut grundsätzlich nicht zur Haftung für
die Schulden des Ehepartners herangezogen
werden, es sei denn, vertragliche Regelungen
mit einem Gläubiger führen zur Mithaftung
des anderen Ehegatten. Der andere Ehegatte
haftet allenfalls auch als Solidarschuldner für
die laufenden Bedürfnisse der Familie (Art.
166 ZGB).
Das Vermögen des anderen Ehegatten
haftet grundsätzlich nicht für die
Schulden des konkursiten Ehegatten.
Leben die Ehegatten unter dem Güterstand der
Errungenschaftsbeteiligung, so hat der
Konkurs über einen Ehegatten keinen Einfluss
auf den Güterstand. Jedoch berechtigt dieser
Umstand den anderen Ehegatten die gerichtliche Anordnung der Gütertrennung zu
verlangen (Art. 185 ZGB). Leben die Ehegatten
in Gütergemeinschaft, so tritt die Gütertrennung von Gesetzes wegen ein (Art. 188 ZGB).
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Staiger, Schwald
Partner | Juli 2013
Ein Konkurs hat zwar erhebliche Konsequenzen für die Unternehmenden,
ihre Angestellten und ihre Gläubiger, also Geldgeber, Lieferanten oder
auch Kunden. Ein Konkurs muss aber keinesfalls das Ende einer unternehmerischen Laufbahn bedeuten. Staiger, Schwald & Partner hat langjährige Erfahrung im Bereich des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts
und kann einen Konkurs sowohl beratend als auch forensisch begleiten.
Zudem muss für jeden Ehegatten der Saldo
der Errungenschaft bestimmt werden. Dabei
handelt es sich bei einem positiven Saldo um
einen Vorschlag, bei einem negativen um
einen Rückschlag. Jeder Ehegatte hat bei der
güterrechtlichen Auseinandersetzung Anspruch auf den hälftigen (bzw. vereinbarten)
Anteil am Vorschlag des anderen Ehegatten
(Art. 215 Abs. 1 ZGB). Wer einen Rückschlag
erleidet, hat diesen allein zu tragen (Art. 210
Abs. 2 ZGB).
Solange keine güterrechtliche Auseinandersetzung stattgefunden hat, gehört der Anteil der
Errungenschaft des Ehegatten nicht zum
Haftungssubstrat, sondern gilt als blosse
Anwartschaft. Die Gläubiger können daher
nicht darauf zugreifen. Aus diesem Grund sind
die finanziellen Folgen einer güterrechtlichen
Auseinandersetzung für die Ehegatten nicht
immer vorteilhaft. Fällt der Vorschlag des
konkursiten Ehegatten geringer aus als
derjenige des anderen Ehegatten, so sollte
vom Wechsel des Güterstandes abgesehen
werden.
Es ist kritisch zu beurteilen, ob durch
einen Wechsel des Güterstandes eine
Besserstellung des anderen Ehegatten
tatsächlich eintritt.
S T E L L U N G D E S E H E G AT T E N G E G E N Ü B E R
MÖGLICHE SCHUTZMASSNAHMEN
ANDEREN GLÄUBIGERN
Der Ehegatte ist in seiner Stellung als Gläubiger
des konkursiten Ehegatten grundsätzlich
gegenüber den anderen Gläubigern nicht
privilegiert. Die Forderungen des Ehegatten
sind gewöhnliche Forderungen dritter Klasse
(Art. 219 SchKG). Dazu gehören auch Forderungen aus güterrechtlicher Auseinandersetzung. Einzige Ausnahme stellen familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsansprüche
der letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung
dar – diese gehören der ersten Klasse an (Art.
219 SchKG). Die Forderungen werden mit Eintritt des Konkurses fällig (Art. 208 SchKG) und
der Ehegatte muss diese nach Bekanntmachung
der Konkurseröffnung beim Kokursamt anmelden (Art. 232 SchKG).
Ehegatten werden im Konkursverfahren
gegenüber anderen Gläubigern grundsätzlich nicht privilegiert behandelt.
Güterrechtliche Ansprüche zwischen den Ehegatten entstehen (erst) mit der güterrechtlichen
Auseinandersetzung bzw. mit dem Wechsel des
Güterstandes. Folglich muss zuerst die güterrechtliche Auseinandersetzung stattfinden,
bevor die Forderung im Konkurs eingegeben
werden kann. Dabei ist zu beachtten, dass die
Eingabe der Forderung bis zum Abschluss des
Konkursverfahrens erfolgen muss (allenfalls mit
zusätzlichen Kosten, Art. 251 SchKG).
Gläubiger des konkursiten Ehegatten haben
grundsätzlich keinen Anspruch auf Deckung
ihrer Forderung aus dem Vermögen des
anderen Ehegatten. Dennoch kann der ordentliche Güterstand zu Ungewissheiten im
Zusammenhang mit dem Umfang des
Haftungssubstrates führen. Die Zugehörigkeit
einzelner Aktiven und Passiven zu den unterschiedlichen Gütermassen der Ehegatten ist
nicht immer eindeutig. Folglich könnte diese
Ungewissheit durch die vorzeitige Vereinbarung der Gütertrennung – und der damit
klaren Abgrenzung der Gütermassen – beseitigt werden. Die Ehegatten können jederzeit
durch Ehevertrag einen anderen Güterstand
vereinbaren (Art. ZGB 187). Zudem kann
durch Vertrag mit dem Gläubiger nur eine
bestimmte Gütermasse als Haftungssubstrat
bezeichnet werden.
Abschliessend ist die Verschiebung von
Vermögenswerten des konkursiten Ehegatten
in das Vermögen bzw. die Gütermasse des
anderen Ehegatten, mit welcher die Ehegatten
diese Vermögenswerte vom Zugriff der
Gläubiger zu schützen versuchen, aufzugreifen. Hier gilt es zu beachten, dass ausnahmsweise Vermögenswerte des anderen Ehegatten
als Haftungssubstrat für die Gläubiger des
konkursiten Ehegatten dienen können. Falls
sich die Vermögenswerte durch Änderung des
Güterstandes oder durch güterrechtliche
Auseinandersetzung zwar mittlerweile im
Vermögen des anderen Ehegatten befinden,
zuvor jedoch zum Haftungssubstrat des
konkursiten Ehegatten gehört haben, kann
dieses Vermögen der Haftung nicht entzogen
werden (Art. 193 ZGB).
Andererseits sind bei der Verschiebung von
Vermögen aus dem Haftungssubstrat des
konkursiten Ehegatten in das Vermögen des
anderen Ehegatten die Bestimmungen der
paulianischen Anfechtungsklagen (Art. 285
ff. SchKG) zu beachten: Konkursnahe Verschiebungen von Vermögenswerten aus dem
Haftungssubstrat des konkursiten Ehegatten
können nämlich unter bestimmten Voraussetzungen und innerhalb gewisser Fristen durch
jeden Gläubiger angefochten werden. §
Markus Gottstein, Bianca Steiner

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